1858 / 63 p. 3 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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__ Abgereist: Se. Excellenz der General-Lieutenant und Com- mandeur der 13. Division, von Schlemüller, nah Münster.

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 15. März. Bei Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen von Preußen zeigte sich am Sonnabend nah Ab- nahme des Kleister - Verbandes die Besserung soweit vorgeschritten, daß gestern ein vorsihtiger Gehversuch gemaht werden konnte, dessen Ergebniß zu behutsamer Wiederholung berechtigt.

Se. Königliche Hoheit der Prinz von Preußen nahm

estern im Laufe des Vormittags nacheinander die Vorträge des irklihen Geheimen Raths von Uechtriß und des Minister - Prä- fidenten entgegen und arbeitete heute Vormittag mit dem Wirk- lihen Geheimen Rath Jllaire und mit dem Minister-Präsidenten. Um 1 Uhr trat sodann heute bei Hôöchstdemselben das Minister- Conseil zusammen.

Hannover, 13. März. Die Ausschuß - Anträge zur Städte-Ordnung empfehlen die Vorlage zur Genehmigung unter einigen Modificationen, deren wichtigste die folgenden sein möchten. Es sollen zwar dem Regierungs-Vorschlage gemäß auch die unbesoldeten Senatoren auf Lebenszeit gewählt werden; doch wünscht der Ausschuß geseßlich die Möglichkeit offen zu lassen, daß diese Magistratsmitglieder nah Ablauf von 12 Jahren auf gemein- schaftlichen Beschluß des E und der Bürgervorsteher vom Ministerium des Jnnern in Ruhestand verseßt werden können. Von groper Tragweite ist dieser bereits vorgestern von der Zweiten

ammer genehmigte Zusay niht. Den wichtigen Antrag, wonach in Zukunft die Senatorenwahl vom Magiftrat und einer gleichen Anzahl Bürgervorfteher vorzunehmen ist, dem Magistrat also ziem- lih das Recht der Selbstergänzung seiner Mitglieder zugetheilt wird, hat der Ausschuß pure genehmigt und nur bezüglich der Stimmabgabe die Aenderung proponirt, daß sie shriftlich oder mündlich, nah Entschließung des Wählenden, erfolgen darf.

Zum g. 62 ber Städte - Ordnung wünscht der Ausschuß hin- zuzusehen, daß die nah dem neuen Staatsdienergeseß der RNe-

ierung zustehende Befugniß, königlihe Diener auf Wartegeld ohen zu können, keine Anwendung auf Magiftratsmitglieder finde. Genehmigt wird ‘die Befugniß des Königs zur Penfionirung ftäd- tisher Angestellter, welhe zum königlihen Dienst gehörige Ge- schäfte zu besorgen haben, mit dem Zusaze: „sofern nicht der Magistrat auf andere genügende Weise für die Wahrnehmung der Geschäfte sorgt.“

Nach dem Regierungs- Antrage 41 soll Entscheidung der Pro- vinzial-Regierung eintreten, wenn der Beschluß des Magistrats ab- weihend von dem der Bürgervorsteher und eine Einigung auch durch weitere Abftimmung uicht zu erreichen is. Der Ausschuß beantragt statt dieses Passus folgenden Saß: J der Beschluß des Magiftrats abweihend von dem der Bürgervorsteher, und eine Einigung auch durch eine weitere, jedoch niht an demselben Tage vorzunehmende Verhandlung zu erreichen, so tritt Entscheidung der P Es ein, wenn selbige vom Magistrat beantragt wird. Der Magistrat ift verpflichtet, solhe Entscheidung zu er- wirken, wenn dies von den Bürgervorstehern beantragt wird, oder wenn die e nicht beruhen bleiben fann.

Sefsen. armftadt, 13. März. Jhre Großherzoglichen Hoheiten die Prinzen Ludwig und Heinrich von Hessen sind heute von Göttingen hier eingetroffen. Höchstdieselben werden dann, wie man vernimmt, im Sommer - Semester ihre Studien auf der Landesg-Universität Gießen fortseßen.

Die Erfte Kammer hat sih heute auf mehrere Wochen vertagt.

Frankfurt, 13. März. Ju der Bundestagssißung vom 11. d. M, kam zur Anzeige, daß der bisherige erste Königlich preußishe Militair-Bevollmächtigte und Ober-Kommandant der zu ledi garnisonirenden Bundestruppen , General - Lieutenant reiherr v. Reihßenstein, von seiner Allerhöchsten Regierung zu eiuer anderen dienstlihen Verwendung abberufen worden sei, und daß der Königlih preußische General - Major Dannhauer den- selben als Königlich erster Militair - Bevollmächtigter erseßen , das Ober - Kommando über die Bundestruppen aber auf den Kaiserlich ôstexreihishen Militair - Bevollmächtigten, General - Major Ritter b. Sch merling, übergeben werde, daß ferner der Kaiserlich öster- reichische Oberst Freiherr Ra uberv. Planken stein von der Komman- dantur dahier abberufen und der Königlich preußische Oberst-Lieutenant Graf v. d. Golg bestimmt worden sei, diese Stelle zu überneh- men. Da am 19. Márz jedes Jahres bei der Stimmführung für die gemischten Armeecorps in der Militair - Komaission Wechsel einzu- treten haben, so zeigten die betreffenden Herxen Gesandten an, daß mit dem 19ten d. M. die Stimmführung für das 8. Armeecorps von dem Großherzoglih badischen Generalmajor von Neutter, für das 9. Armeecorps von dem Herzoglich nter (eno hierzu bevollmächtigten Königlich niederländishen Generalmajor van

Panhuys und für das -10. Armeccorps von dem Großherzoglich mecklenburg-s{werinshen Obersten Sheffer werde übernommen und daß der Königlich württembergishe Oberst Bayer von

Ehrenberg, der Großherzoglich hessische Oberst Frey, der Königlich sähsishe Oberst von Spiegel, der Königlich mie General van Panhuys und der Königl, bántoversthé OberstSch ul fernerhin als Divisions- Abgeordnete und beziehungsweise Territorial- Commissaire den Sizungen der Militair-Kommission anwohnen werden. Nachdem noch Standesausweise von Bundes-Kontingenten und Notizen über die Eisenbahnen und deren Verwendbarkeit zu mili- tairishen Zwecken überreiht worden waren, legte der Aus\{uß in Militair-Angelegenheiten die ten Nachweisungen der Pro- viant- und Lazareth-Vorräthe der Bundesfestung Mainz vor, welche richtig befunden wurden, und auf Vortrag des nämlihen Aus- husses genehmigte die Versammlung die Veräußerung verschiedener älterer D RG da uis in der Bundesfestung Landau. Ein UnterftüßungSgesuch eines Offiziers der vormaligen schleswig- holfteinischen Armee, auf welches der Bundesbeshluß vom 6. April 1854 keine Anwendung finden konnte, wurde abschlägig beschieden, und der Wittwe eines früheren Marine-Bediensteten, in Anbetracht E bedrängten Lage, eine Beihülfe aus der Bundeskasse rt.

___ Schweiz. Bern, 11. März. Dur die Wasserleitungen im Hauenstein wurden die Quellen abgegraben, welhe dem das Thal bewässernden Homburger Bach Nahrung gaben. Nun plöh- „licher Stillstand einiger Mühlen, Wassermangel in mehreren Dör- fern, Nothruf der Bevölkerung, Prozeß des Basellandschaftlichen Landraths gegen die Direction der Centralbahn. Lehtere wurde angehalten, durch Pumpenwerke das Wasser wieder in den Bach zu leiten. Ye der Mitte April soll nun aber der Tunnel dem allgemeinen Verkehr geöffnet werden, und um die hiefür- nothwen- digen Arbeiten Veendi gen zu können, erwirkte das Direktorium vom Bundesrath die Ermächtigung, für 10 Tage die Pumpwerke aus dem Tunnel entfernen zu dürfen. Als gestern die Pumpwerke herausgeshafft werden sollten, rottete sich die Maunschaft aus den benachbarten Dörfern zusammen und beseßte die Eingänge zum Tunnel. Als die Bahnarbeiter in ihrem Geschäft fortfuhren und eine entschlossene Haltung annáhmen, da wurde Sturm geläutet ; mehr Volk strömte zusammen; die Tunnelarbeiter wurden verjagt, der Beschluß des Bundesraths verhöhnt, Die Pumpwerke durften niht weggenommen werden. Der Bundesrath hat sofort der Re- gierung von Baselland telegraphisch die nöthigen Weisungen zur erhinderung fernerer Unordnungen zukommen lassen. (Fr. J.)

Niederlande. Amsterdam, 12. März. Das neue

Ministerium „ist gebildet. Der König hat den Herrn von

Rochussen zum Minister der Kolonieen ernannt; Herr von Bosse ist Finanz-Minister geworden, was er s{on im Ministerium von 1849 gewesenz Herr von Goltstein Minister des Auswärtigen ; Herr Tets von Goudrian Minister des Jnnern und Herr Boot, Bürgermeister von Amsterdam, is zum Justiz - Minister ernannt, Die Minister des Kriegs , der Marine - des reformirten und des katholischen Kultus sind geblieben. (Düss. Ztg.)

__ Haag, 13. März. Der preußishe Gesandte, Graf von Kö- nig8marck, welcher längere Zeit in Berlin verweilte, ist auf seinen biefigen Posten zurückgekehrt. f

Großbritannien und Jrlaud. London, 13. März, Unter der Ueberschrift: „Das „Mißverständniß“ zwischen Franuk- reich und England“, meldet die „Times*: „Dem Vernehmen nach wird die zwischen ‘den beiden Regierungen gewechselte Korre- spondenz beiden Häusern des Parlaments am Montag vorgelegt werden. Sie besteht aus einer Reihe von Depeschen, deren lebte, den Schluß der Korrespondenz bildende gestern Nachmittags gerade vor Begiun der Unterhaus-Sißung cintraf. Sowohl Lord Malmesbury wie Graf‘ Walewski haben, wie behauptet wird, in der ganzen Angelegenheit große Umsicht und Discretion be- wiesen. Als Antwort auf Lord Malmesbury's Begehr nach einer N in Betreff der Stellen, welhe das Haus der Ge- meinen so sehr beleidigt haben, erinnert Graf Walewski das Land sehr freimüthig an die unzweifelhaften Beweise, die der Kaiser durch die sowohl während des Krieges, wie nah dem Friedens\hlusse gemahten Zugeständnisse an unsere An- fihten davon gegeben habe, welchen Werth er auf das Bündniß mit uns lege. Er bemerkt ferner, daß, ‘nabdem der Kaiser zu wiederholten Malen Angriffen ausgeseßt gewesen und entgangen sei, deren Urheber Meuchelmörder gewesen seien, in Bezug auf welhe man den Beweis geliefert habe, daß fie ihre Plane in England shmiedeten, er es für keine Anmaßung gehalten habe, an die freundlichen Gefinnungen und das Gerechtigkeitsgefühl unserer Nation zu appelliren, um, wo möglich, eine Wiederholung solcher Verbrechen zu verhindern. Graf Walewski weist im Namen des Kaisers jeden Gedanken daran zurück, als habe er in die Kategorie der Flüchtlinge, auf welche er anspielte , Engländer mit einbegreifen wollen, - oder dén Wunsch gehegt, unsere Gesetze zu ändern, oder die Absicht gehabt, dieselben zu verdammen. . Er bittet aber jeßt, indem er die seiner Absicht gegebene falsche Deu- tung bedauert, daß die Korrespondenz aufhören und das Bündniß

fortdauern möge.“

Die „Times berichtet ferner: „Jn Folge des neulichen

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» epeinlichen Mißverständnisses““ wird, so behauptet man, der Graf von Persigny den Kaiser der Franzosen nicht länger an un- ferem Hofe vertreten. - Wir können uns jedo nicht für die Wahr- heit dieses Gerüchts verbürgen.“ : : Die „Times“ bringt heute einen sehr geharnischten Artikel gegen den Grafen Walew ski wegen der unterm 20. Januar an den Vertreter Frankreihs in Bern gerichteten Depeshe. „Am selben Tage“, sagt sie, „wo der Graf Walewski seinen Brief an Herrn von Persign unterzeihnete, unterzeichnete er einen anderen an den Gesandten Crankreichs zu Bern. Es is dies in der That ein hôchst seltsames Dokument. Nicht nuk ist jede Form der Höf- lichkeit bei Seite geseht, niht nur tritt überall die Anmaßung der überlegenen Stärke hervor, nicht nur künimert man fich niht um die Meinung anderer europäischer Staaten, sondern der Schweiz wird in den unumwundensten Worten gedroht für den Fall, daß fie nicht sofort die französishen Forderungen bewillige.““ Der neue Vice-König von Jrland, Lord Eglinton,' hielt gestern seinen Einzug ‘in Dublin. Jun der Nähe der Universität kam es wischen der Polizei und einer Anzahl Studenten, die sih einige leine Excesse, z. B. Werfen mit Orangeschalen, erlaubten, zum Handgemenge. Mehrere Studenten sollen gefährlich verwundet worden sein, da die Polizei von ihren Stäben und Seitengewehren Gebrauch machte. T6 i Der „Times“ zufolge hat der anglikanishe Erzbishof von Armagh und Primas von Jrland, Lord John Beresford, seinen Posten niedergelegt ‘und erhält zu seinem Nachfolger den Bischof von Ossory, D. „OD'Brien. i : In der gestrigen Unterhaussizung bemerkte Disraeli: Jch bin cs dem Hause schuldig, die erste fih mir darbietende Gelegenheit zu be- nugzen, um ihm mitzutheilen, daß Jhrer Majestät Negierung während der leßten Stunde eine Depesche vom französischen Gesandten als Antwort auf eine von Jhrer Majestät Staatssecretair an die französische Regierung gerichtete Depesche erbalten hat. Es gereicht mir zur großen Freude, „das Haus davon in Kenntniß seßen zu können , daß jenen peinlichen Mißver- ständnissen, welche leider eine Zeit E zwischen den Regierungen beider Länder bestanden, vollständig ein Ende gemaht worden ist, in einem freundschaftlihen und ehrenvollen Geiste und in einer Weise, von welcher ih glaube, daß L für die Gefühle beider Natio- nen eben so befriedigend sein wird, wie ih die Ueberzeugung hege, daß fie ihre Jnteressen und ihr Glück fördern wird. Sobald wir Jhrer Majestät Erlaubniß dazu erhalten, wird es meine Pflicht sein, die über diesen

Gegenstand stattgehabte Korrespondenz auf den Tisch des Hauses nieder- ulegen. Der Redner fügt hinzu, es sei die Abficht der Regierung, von

em Hause einige provisorische Kredit - Votirungen zu begehren, um den Anforderungen des öffentlichen Dienstes zu genügen, da das Budget der Mittel und Wege nicht vor Ostern votirt werden könne. Rich verlangte, daß die Regierung sich \o bald wie möglich klar darüber ausspreche, welchen Weg fie einzuschlagen gedenke, da verschiedene ihrer Mitglieder in ihren Wahlreden die entgegengeseßtesten Anfichten über Fragen von der größten Wichtigkeit geäußert hätten. O'Brien hielt dies gleïch- falls für nôthig. Das Parlament , meint er, müsse erfahren, was das Ministerium in Bezug auf die Verschwdörungs-Bill, das Unterrichtswesen und die Kirchensteuern zu thun gedenke. Kinglake verlangte Auskunft über die Angelegenheit des Cagliari und über die beiden in Neapel im Gefängniß befindlichen englischen Jngenieure. Disraeli: Das e dieser beiden Gefangenen flößt im Allgemeinen roße Theilnahme ein. Jch glaube, daß diese beiden Männer in moralischer Beziehung des Verbrechens nicht s{uldig find, dessen man fie anklagt. Nun kommt es aber leider häufig vor, daß Leute si .in einer ungünstigen Lage befinden, in welcher der legale Beweis der Unschuld schwer zu führen ist. Was die beiden Gefangenen angeht , um die es fih bier handelt, so ist die Frage keine politische, sondern eine rechtlihe. Die Regierung Jhrer Majestät hat der neapolitanishen Regierung das Recht eingeräumt, die beiden Engländer nah den Landes - Geseßzen zu richten. An diesem Entscheid muß die Regierung festhalten, während sie zu gleicher Zeit darüber wachen wird, daß die neapolitanischen Richter streng an dem ihnen dur das Landes-Geseß vorgezeichneten Verfahren festhalten. Vor 10 Monaten „ward das Verbrechen, um dessentwillen die beiten Jngenieure gerichtlich verfolgt werden , begangen , und es wlirde jeßt zu spät sein, eine neue Diskussion in Anregung zu bringen. Die Regierung kann jeßt nichts weiter mehr thun, als“ darüber wachen, daß den beiden Un- glücklihen aller der Beistand zu Theil wird, dessen fie: in ihrer as bedürfen. Hoffentlich werden fie ihrem Lande wiedergegeben werden, und das Ende des Prozesses wird nicht so peinlich sein, wie der Anfang. Die Regierung wird übrigens keinen Schritt verabsäumen, um die An- gelegenheit einem befriedigenden Schlusse entgegenzuführen. Headlam: Es ist neuerdings der Beweis geführt worden, daß die Wegnahme des „Cagliari“ keineswegs, wie man Anfangs geglaubt hatte, legal war. Es ist deshalb eine große Demüthigung für England, daß die englische Regierung gestattete, daß Watt und D auch nur eine einzige Stunde im Gefängnisse blieben, nachdem dieser Umstand bekannt geworden war. Hätte die Regierung ihre Pflicht gethan, so hätte fie die Freilassung der beiden englischen Unterthanen erlangen müssen. Roebuck: Die Ge- fangenen sind Engländer und müssen von England beshüßt werden, leichbiel, ob das Schiff innerhalb oder außerhalb der neapolitanischen

ewässer weggenommen worden ist. Sie hätten ehrlihes Gericht haben und pn vox Gericht geftellt werden mon, Statt dessen hat man fie in einen Kerker ew drien und in einer Weise behandelt, die eines civilifirten Landes unwürdig ift. Horsman: Es ist hohe Zeit, daß das Haus der Gemeinen die Sache in die Hand. nimmt. Wenn - es wirk- ; lich feststeht, daß der „Cagliari“ auf offener See weggenommen worden ist, so wird weder der jeßige, noch der vorige Attorney General zu be-

haupten wagen, daß die Wegnahme nicht eine gesezwidrige Handlung ge- wesen sei. War aber die Wegnahme geseßwidrig, so ist es auch geseß- widrig, daß die beiden Jungenieure gefangen gehalten und gerihtlich ver- folgt werden. Gladstone: Die Vorlegung der diesen Gegenstand be- treffenden Dokumente ist allerdings 4 wünschenswerth. Eine Diskusfion in diesem Augenblicke halte ih nicht für rathsam, da das Haus nur un- vollkommen von der Sachlage unterrichtet ist. Es ist {on eine geraume Zeit verstrichen, seit ih in den Zeitungen die Depeshe des Grafen Cavour - gelescn habe, und ih muß gestehen, daß ich- mit Schmerz, Staunen und BVeschämung sah, wie die Aufgabe, das Völkerrecht und die Rechte von Engländern zu I VS: statt daß England sie sih stellte, zufällig in die Hände des sardinischen Volkes gerathen ist. Die Sache ist leider jeßt so weit gediehen, daß jeder Schritt, den das Haus in Bezug auf fie etwa thun mag, uns leiht in den Augen der Welt lächerlich machen kann, da, wenn dieser Schritt erfolgt, der Prozeß der beiden armen Jugenieure vielleicht bereits beendigt ist. Lord Palmerston: Der Fall, von dem hier die Nede ist, hat lange Zeit die sorgsame Aufmerksamkeit der vorigen Regierung in Anspruch genoramen, und ih brauche wohl kaum zu sagen, daß wir äußerst froh gewesen wären, wenn wir Gründe hätten finden können, die uns ein Necht dazu gegeben hätten, von der neapolitanischen Regierung die Freilassung der beiden Engländer zu verlangen. Doch ließen wir uns bei allem, was wir in der Sache thaten, stets durch die Ansichten von Männern leiten, die besser, als wir, befähigt waren, völkerrechtlihe Fragen zu entscheiden. Wir glaubten aller- dings e Zeit, der „Cagliari“ sei innerhalb des Bereichs der neapoli- tanischen Gerichtsbarkeit n#ggenommen worden. Schließlich jedoch stellte fich aus dem Jnhalte gewisser Papiere heraus, daß dies nicht der Fall war. Dadurch änderte sich die Sachlage ganz bedeutend. Als wir aus dem Amte zurücktraten, waren wir noch mit Erwägung der Frage beschäftigt. Ein Theil der Papiere ist dem Hanse bereits in der vorigen Session vorgelegt worden, und was die übrige während unserer Amtsführung gewechselte Korrespondenz angeht, so muß ich, soweit ih mich ihres Jnhaltes erinnere, sagen, daß wir nichts gegen ihre Vorlegung einzuwenden haben können. Lord J. Russel sagte, selbst in dem Falle, daß die Wegnahme des Schiffes gerechtfertigt sein sollte, lasse fih die Härte, mit der man die Gefangenen behandelt habe, nicht entschuldigen. Das Haus konstituirte fih hierauf als Subsidien- Komité. Sir Y Pakington beantragte die Votirung einer Reihe von Pofitionen des Flotten-Budgets auf vier Monate. Die auf 59,380 Ma- trofen und Marine - Soldaten festgeseßte Zahl der Mannschaften wird ge- nehmigt. General Peel bemerkte, die Werbungen für das Heer hätten einen sehr guten Fortgang, indem im leßten Monat 7500 Mann einge- treten seien. Er beantragt, daß das Haus als Stärke des Landheeres 130,135 Mann mit Ausschluß der in Judien verwandten, von der oftin- dischen Compagnie besoldeten Truppen votire. Das Votum wird genehmigt. Die indische Anleihe-Bill wurde im Comité berathen. Lord Palmerston vertagte die zweite Lesung der indischen Bill auf 22. April.

13. März. Bernard ift als Mithelfer beim Morde den Asfisen überwiesen und nah dem Gefängnisse von Newgate ah- geführt worden. Das heutige Verhôr war kein geheimes; es wurden nur drèi neue Zeugen verhört.

Frankreich. Paris, 12. März. Die indirekten Ein- nahmen des Monats Februar Übersteigen (wie bereits gemeldet) die des Februar 1857 um 2,251,000 Fr., doch macht der „Moniteur“ auf den Umstand aufmerksam, daß der zweite Decime von den Ein- registrirungs - Abgaben, der im Jahre 1857 erhoben wurde, im Jahre 1858 aufgehört hat, so daß die Verbesserung eigentlich 4,269,000 Fr. beträgt. Der Monat Januar hatte eine Einnahme- Zunahme von 2,100,000 Fr. ergeben, so daß das Mehr für diese zwei Monate 6,369,000 Fr. beträgt. Der „Monikeur“ zeigt heute an, der Aerbauminister habe 25 Unterzeihnungen (6250 Fr.) für die Rarey'’sce Methode der Pferde-Dressur genommen, und das Geheimniß werde, so bald es bekannt geworden, den Kaiserlichen Geftüten zu Nutze kommen. Der Moniteur“ berichtet ferner, daß der Kaiser und die Kaiserin gestern die Anftalt der künstlichen Fischerzeugung des College de France besucht und mit dem leb- Ta Jntexesse die Vorrichtungen in Augenschein genommen

aben. :

Bekanntlich hat die französische Krieg8marine in den leßten 10 bis 15 Jahren ungemein rashe Fortscritte gemaht. Der großartige Plan, welchen die neapoleonishe Regierung zur Aus- führung zu bringen beshlofsen hat, wird nun auch das Material auf denselben respektablen Fuß bringen. Für den Umbau und den Neubau der Flotte ift auf 14 Jahre, von 1858 bis 1871, ein jähr- lier Kredit von 65 Millionen Francs bewilligt, und zwar werden sih bie Arbeiten in folgender Weise vertheilen: 1) Umwandlung der Segelschiffe, bei denen fich überhaupt Maschinen anbringen lassen, in sogenannte gemischte Schiffe. 2) Allmälige Herstellung einer Flotte von 150 shnellfahrenden Kriegs8dampfern verschiedener Größe und nach den besten bekannten Muftern gebaut. Z) Vollen- dung der angefangenen Transportschiffe und Umwandlung einer gewissen Anzahl von Segel-Fregatten in Transport-Dampfer, um so eine Flotte von 72 solher Dampfer zu erhalten. 4) Vollendung des Hafens von Cherbourg und Herstellung der für die neue Flotte erforderlichen Hafenbecken , Werkstätten 2c. in den übrigen Krieg8häfen.

Bei dem Auflaufe auf dem Roquette- Plaße in Paris in der Nacht vom 4, auf den 5. März wurde nicht blos „Vive la République!“ sondern au „Vive Orsini!“ gerufen. Eine Reiter- Abtheilung zersprengte die Unruhestifter und nahm zwänzig der- selben gefangen.