Der Geldbetrag der etwa fehlenden unentgeltli abzuliefernden Sneiebeine wird an dem Kapitalbetrag der Obligationen abge-

ten.

Soll die Einlösung von dergleichen Obligationen weder bei dem vorgenannten Bankhause, noch bei der Königlichen Negiequngs-VauB- kasse hier oder der Königlichen Kreiskasse in Frankfurt a. M., ondern bei einer der anderen Kassen bewirkt werden, so sind die

treffenden Obligationen nebst Zins\{einen dur diese Kasse vor der Auszohlung an den Unterzeichneten zur Prüfung einzusenden, weshalb diese Schuldverschreibungen einige Zeit vor dem Rüczahlungstermin eingereiht werden können. Rückständig sind noch: aus den Verloosunçèn

pro 1, Dezember 1857: A. 124.

pro 1. Dezember 1873: D. 135.

pro 1. Dezember 1881: B. 434.

p 1. Dezember 1882: B. 284, C. 24 219 438 609, D. 202 376 i

pro 1. Dezember 1883: A. 68 272, B. 268 285 442, C. 388 403 529, D. 105 272 282 340 377 429 478 614 674.

Wiesbaden, den 7. August 1884.

Der Regierungs-Präsident. von Wurmb.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 2. September. Se. Majestät der Kaiser und König sind gestern von Schloß Babelsberg nach Berlin gekommen und hörten die Vorträge des Civil- kfabinets, Danah nahmen Se. Majestät die Meldungen des General - Adjutanten Grafen Brandenburg 11. und des General-Lieutenants von Leszczynski entgegen.

Heute begaben Se. Majestät Allerhöchstsih zur Abhaltung der Großen Herbst-Parade über die Truppen des Garde-Corps nach dem Tempelhofer Felde.

— Jhre Majestät die Kaiserin und Königin besuhte gestern auf der Fahrt von Babelsberg nah Berlin das Augusta-Hospital und wohnte heute in Begleitung Jhrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Christian zu Schleswig- Holstein der Parade bei.

— Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm gestern im Laufe des Vormittags Vor- träge und Meldungen entgegen und empfing den General- Adjutanten, General der Kavallerie Grafen von Brandenburg IL., den großbritannishen Oberst-Lieutenant Swaine und sodann den n von Engelbrecht, militärischer Attaché bei der Botschaft in Rom. Um 1 Uhr begab Höchstderselbe Sich nach Potsdam und e um 4 Uhr hierher zurück. Das Diner nahm Se. Kaiserliche Hoheit bei Fhren Majestäten ein. Abends empfing der Kronprinz den aus Rußland zurück- gekehrten General-Lieutenant von Leszczynski, wohnte sodann der Vorstellung im Deutschen Theater bei und folgte einer Einladung Jhrer Majestäten zum Thee.

— Die diesjährige große Herbst-Parade über die Truppen der Berliner, Potsdamer und Spandauer Garnison, sowie über das Kadetten-Corps in Groß-Lichterfelde fand heute Vormittag 101/24 Uhr auf dem Tempelhofer Felde vor Sr. Majestät dem Kaiser und König in Anwesenheit Jhrer Majestät der Kaiserin und Königin, Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen, Jhrer Königlichen Hoheiten der Prinzen Wilhelm und Heinrich, des Prinzen Arnulf von Bayern, der Erbprinzessin von Sachsen-Meiningen, der Prinzessin Christian zu Schleswig-Holstein und anderer Hoher Fürstlichkeiten statt.

Die Truppen waren im Parade-Anzuge mit Gepäck, die Fußtruppen in weißen Beinkleidern, das 1. Garde-Regiment 4. F. mit Grenadier-Müßen erschienen und so zeitig ausgerückt, daß sie 20 Minuten vor Beginn der Parade zum Einrücken in das durch Täfelchen bezeichnete Alignement bereit standen.

Die Parade befehligte der kommandirende General des Garde-Corps, General der Jnfanterie von Pape.

Die gesammte Parade-Ausstellung erfolgte in zwei Treffen. Das 1. Treffen kommandirte der General-Lieutenant von Kleist, Commandeur der 1. Garde-Jnfanterie-Division ; das 2. Treffen der General-Lieutenant von Winterfeld, Commandeur der Garde-Kavallerie-Division.

Jm ersten Treffen hatten auf dem rechten Flügel die Leibgensd'armerie und die Stäbe Aufstellung genommen ; dann folgten die 1. Garde-Jnfanterie-Brigade unter Kommando des Oberst von Lettow, Commandeur des 4. Garde-Regiments z. F., bestehend aus dem Kadetten-Corps, dem 1. Garde-Regiment z. F., dem3. Garde-Regiment z. F., dem Lehr-FFnfanterie-Bataillon, der Unteroffiziershule Potsdam und dem Garde-Jäger-Ba- taillon ; die 2. Garde-cFnfanterie-Brigade, kommandirt von dem * General-Major von Derenthall, General à la suite Sr. Ma- jestät des Kaisers und Königs, gebildet aus dem 2, Garde-Regiment z. F. und dem Garde-Füsilier-Regiment ; die 3. Garde-Jnfanterie-Brigade unter dem Befehl des General- Majors von Wißmann, bestehend aus dem Kaiser Alexander Garde-Grenadier-Regiment Nr. 1, dem 3. Garde-Grenadier- Regiment Königin Elisabeth und dem Garde - Shüßen- Bataillon; die fkombinirte Garde - Jnfanterie - Brigade unter Kommando des Commandeurs der 4. Garde- Jnfanterie - Brigade, General-Majors Grafen von Roon, ge aus dem Kaiser Franz Garde-Grenad ier-Regiment

ir. 2 und dem 4. Garde-Regiment z. F., sowie die kombinirte

Brigade, befehligt vom Jnspecteur der 1. Fngenieur:Jnspektion, General-Major von Adler, bestehend aus dem Garde-Fuß- Artillerie-Negiment, dem Garde-Pionier-Bataillon, dem Eisen- bahn - Reziment und der Lehr - Compagnie der Artillerie- Schießschule. j

Jm zweiten Treffen befanden sich: die 1. Garde-Kavallerie- Brigade unter Kommando des General-Majors Grafen von Alten, General à la suite Sr. Majestät des Kaisers und Königs, bestehend aus dem Regiment der Gardes du Corps und dem Garde-Kürassier-Regiment ; die 2. Garde-Kavallerie- Brigade, befehligt vom General-Major von Versen, bestehend aus dem Garde-Husaren-Regiment, dem 1. Garde-Ulanen- Regiment und dem 3. Garde-Ulanen-Regiment; die 3. Garde- Kavallerie-Brigade unter Sr. Durchlaucht dem Obersten Prinzen i Dettie von Hohenzollern, bestehend aus dem 1. Garde-

ragoner:Regiment, dem 2, Garde-Ulanen-Regiment und dem 2. Garde-Dragoner-Regiment, und \{ließlich die Artillerie und der Train unter dem Befehl des Commandeurs der Garde-Feld-Artillerie-Brigade, General-Majors von Körber,

bestehend aus dem 1. Garde-Feld-Artillerie-Regiment, dem 2. Garde-Feld-Artillerie-Regiment, der Lehr- Batterie der Artillerie-Schießshule und dem Garde-Train-Bataillon.

Die Aufstellung war im ersten Treffen bei den Bataillonen in Compagniefront-Kolonne, bei der Lehr-Compagnie der Artillerie-Schießshule in Zug-Kolonne; im zweiten Treffen bei der Kavallerie in Kolonne in Escadrons, bei der Feld-Artillerie und dem Train in Linie. E E

Bei dem Erscheinen Sr. Majestät des Kaisers und Königs wurden die Honneurs zuerst gleichzeitig von der ganzen Pa- rade erwiesen; während des Abreitens der Aufstellung durch Se. Majestät wurde demnächst brigadeweise präsentirt. Das zweite Treffen wurde, nahdem das erste vom rechten Flügel aus abgeritten war, vom linken Flügel aus besichtigt.

Nach dem Abreiten der Fronten folgte der Parademarsch, welcher zweimal ausgeführt wurde, und zwar von den Truppen- theilen des ersten Treffens in Compagniefront, von der Kavallerie in Escadronsfront mit halber Distance im Schritt, von der Artillerie in Batteriefront und vom Train in Zügen gleichfalls im Schritt. : /

Bei dem zweiten Vorbeimarsh defilirten die Truppen des 1. Treffens in Regiments-Kolonne , aus\hließlih des Lehr-Jnfanterie-Bataillons, des Garde-Jäger-Bataillons, des Garde-Schützen-Bataillons und der Unteroffiziershule Potsdam, welhe in Compagniefront-Kolonne marschirten. — Das Eisenbahn-Regiment und das Garde-Pionier-Bataillon bildeten hierbei eine Regiments-Kolonne; das Kadetten-Corps und die Lehr-Compagme der Artillerie-Schießshule nahmen an diesem Vorbeimarsch nicht Theil, Die Kavallerie defilirte in Escadronsfront, die Artillerie in Abtheilungsfront ; die Lehr- Batterie der Artillerie-Schießshule für sih hinter der 2. Ab- theilung des 2. Garde-Feld-:Artillerie-Regiments, der Train in Compagniefront, sämmtlih im Trabe.

Nach Beendigung der Parade formirten sih die Truppen- theile zum Abmarsch und rückten demnächst unter klingendem Spiel in ihre Quartiere ab.

Die Fahnen, welche durch die Leib-Compagnie des 1. Garde-Regiments z. F., und die Standarten, welche dur eine Escadron des Regiments der Gardes du Corps aus dem Königlichen Palais abgeholt worden waren, wurden nah beendigter Parade wieder dorthin zurückgebracht.

Das Parade-Diner fand heute Nachmittag 33/4 Uhr im Weißen Saale und in den angrenzenden Gemächern des Königlihen Schlosses siatt, Die Taselmusik wurde von der Kapelle des Kaiser Franz Garde-Grenadier-Regiments Nr. 2 gestellt. — Abends findet eine Militär-Vorstellung im König- lihen Opernhause statt.

— Zur Feier des Tages von Sedan hat die Hauptstadt ein festlihes Kleid angelegt; die Hauptstraßen prangen im reihen Shmuck wehender Fahnen und Flaggen und sind von einer froh bewegten Menschenmenge erfüllt. Kriegervereine und patriotishe Gesellshaften haben zahlreihe festlihe Zu- sammenkünfte veranstaltet. / 7

Mittags 12 Uhr ließ in herkömmliher Weise ein Musik- corps von der Plattform des Rathhauses herab seine Weisen ertönen. Jn den Theatern finden zur Feier des Tages Fest- vorstellungen statt. Die Erleuhtung des Rathhaujes fehlt auch diesmal nicht in derx Reihe der an diesem Tage herkömm- lichen festlichen Veranstaltungen.

— Der General - Lieutenant Wiebe, Jnspecteur der 1. Fuß - Artillerie- Jnspektion, ist von den Schieß- und Armirungs-Uebungen der zur Jnspektion gehörigen Truppen- theile hierher zurückgekehrt.

— Das „Marine-Ver.-Bl.“ veröffentliht folgende Nach- rihten über Schiffsbewegungen (das Datum vor dem Orte bedeutet Ankunft daselbst, nah dem Orte Abgang von dort). S. M. Knbt. „Albatroß“ 29./3. Valparaiso 13./4. — 80,/5, Apia 3./6. — 12./6. Noumea 14./6. — 24/6. Sidney. — Beabsichtigte am 1./8. nah Apia zü gehen. (Post- station: Sidney [Australien].) S. M. S. „Ariadne“ Wil- helmshaven 19./8. — 19./8. Schillig Rhede 20./8. — 826./8. Wilhelmshaven. (Poststation: Wilhelmshaven.) S. M. Knbt. „Cyclop“ 28./8. Wilhelmshaven 29./8. (Poststation: Wilhelms- haven.) S. M. Knbt. „Drache“ 14./6. Wilhelmshaven 27./6. — Letzte Nachricht aus Bremerhaven 13./8. (Poststation : Cuxhaven.) S. M S, „Elisabeth“ 7,/6, Sl. Vincent [Cap Verds] 11./6. — 16.,/6. Factory:Fnsel [Los-rFnseln] 22./6. — 22./6, N 24./6, — Angra Pequenna 7./8, — 14./8. Kap- tadt 21./8. (Posistation: Sidney [Australien]). S. M. S. „Freya“ 18/8, Plymouth 30./8. (Poststation: bis 10.,/9. Kiel, vom 11./9. bis 13./9, Swinemünde, vom 14./9, bis 21./9. Zoppot.) S. M. S. „Hansa“ Kiel 11./8. — 13./8, Kiel 18./8, —- 21./8. Kiel 25./8. — 29,/8. Kiel. (Poststation: Kiel.) S. M. Knbt. „Hyäne“ 22./5. Apia 5./6. — nah Neu- Britannien. (Poststation: Sidney [Australien].) S. M. Knbt. „Jltis“ 820./6, Foohow %25./6. — Hongkong 20/7. — 20/7, Canton. (Postistation: Hongkong.) S. M. S. „Leipzig“ 11./7. Simonstowon 16./7. — Angra Pequenna 7./8. (Poststation: bis 11./9. St. Vincent [Cap Verds], vom 12./9. ab Plymouth.) S. M, Av. „Loreley“ 4./8, Bujukdere 25./8. — 27./8. Galaß. (Poststation: Galat.) S. M. S. „Marie“ 19./5. Callao 24./6. — 29,/6. Rhede Payta 30./6. — 1./7. Guayaquil Bay 2./7. — 2./7. Rhede Puna 3./7. — 3./7. Guayaquil 9./7. — 22./7. Punta Arena (Costa-Rica) 23./7. — nach Corinto (Nicaragua). (Post- station: Panama.) S. M. Knbt. „Möwe“ 16,/6, Factory- JInsel (Los-Fnseln) 24/6. — 24./6. Sierra Leone 26./6. — 28./6. Monrovia 28 /6, (Posistation: Madeira.) S. M. Knbt. „Nautilus“ 16./5. Canton 17./6. — 17./6. Hongkong 18./6, — nach der Mirsbay zur Abhaltung der Schieß- übung. — 26./6. Hongkong 3./7. — 83,/7. Canton. (Post- station: Hongkong.) S. M. S. „Niobe“ 27,/8. Eckern- förde. — Beabsihhtigtee, am 9./9, wieder in See u gehen. (Poststation Kiel.) S. M. S. „Nymphe“ 2 /8.

lymouth 14./8. (Poststation: bis 12./9. S1. Vincent [Cap Verds], vom 13./9. ab Bahia [Brasilien]). S. M. S. „Prinz Adalbert“ 16./6. Kobe 29./6, — 2./7. Yokohama 23./7. — über Kobe und die Jnlandseen nah Nagasaki. (Poststation: Honkong.) S. M. Trnsprtfrzg. „Rhein“ Kiel 8./8. — 18./8. Kiel, (Poststation: Kiel.) S. M. Brigg „Rovex“ 23./7. Swinemünde. — 13./8, Travemünde. — 18./8. Neustadt in Holstein. — 27./8. Sonderburg. — 30./8. Eckernförde. (Post- station: bis 9./9, Eckernförde, vom 10./9. ab Kiel.) S. M. S. „Sophie“ 28./7. Neustadt in Holstein 12/8. — 13./8. Kiel 18./8. — 24./8. Wilhelmshaven. (Poststation: bis 4./9. Wilhelmshaven, vom 5./9. bis 9./9. Kiel, vom 10./9. bis 13./9. Swinemünde, vom 14 /9. bis 21./9. Zoppot.) S. M. S. „Stosch“ 16./6, Kobe 25./6. — 27./6. Yokohama 22./7. — über Kobe, Nagasaki nah Chefoo. (Poststation: Hongkong.)

S. M. Brigg „Undine“ 5./8. Neufahrwasser. — 24./8, Zoppot. — 26./8. Swinemünde 29./8. (Poststation: bis 9,/9. Eckernförde, vom 10./9. ab Kiel.) S. M. Knbt. „Wolf“ 3./7. Port Louis 10./7. — 20.//. Port Natal 20./7. — 25./7. Port Elisabeth 28./7. — 31./7. Kapstadt 5./8. (Poststation : bis 11./9. St. Vincent [Cap Verds], vom 12./9. ab Ply- mouth.) Uebungsgeshwader 15./8. Wilhelmshaven 18./8. — zu Uebungszwecken. 26./8. Wilhelmshaven 30./8. (Post- station: bis 4./9. Wilhelmshaven, vom 5./9. bis 9./9. Kiel, vom 10./9. bis 13./9, Swinemünde, vom 14./9. bis 21./9. Zoppot). Panzerkanonenboots-Division 15./8. Wilhelmshaven 18./8. — zu Uebungszwecken. 26./8. Wilhelmshaven 30./8. (Poststation : bis 4./9. Wilhelmshaven, vom 5./9. bis 10./9. Kiel, vom 11./9. bis 21./9. Zoppot). Torpedoboots-Division 8./8. Wil- helmshaven 18./8. — zu Uebungszwecken. 26./8. Wilhelms- haven. (Poststation : bis 4./9. Wilhelmshaven, vom 5./9. bis 10./9. Kiel, vom 11./9, bis 21 /9. Zoppot.)

Bremen, 31. August. (Wes. Ztg.) Der Senat theilt der Bürgerschaft den Bericht der Ausschüsse für Zoll- und Steuerwesen, für Handel und Verkehr und für Rehnungs- wesen über den Antrag Bremens, betreffend den Zoll- anschluß Bremens mit. Jn demselben heißt es:

Nachdem die Berichterstattung der im Jahre 1877 niedergeseßten Deputation wegen der Freihafenstelung Bremens im Jahre 1880 zu dem E geführt hatte, von weiteren Schritten zur Herbei- führung des Zollanschlusses zur Zeit abzusehen, sah der Senat gegen Ende des genannten Jahres in Folge der veränderten Situation sich veranlaßt, dieser Frage von Neuem seine Aufmerksam- keit und Thätigkeit zuzuwenden. Er beauftragte zunächst, und zwar im Dezember 1880, die Behörde für Handel unv Schiffahrt, welche sich zu diesem Behufe mit der Handelskammer ins Benehmen setzte, in Erwägung zu ziehen, welche Erleichterungen im Zollverfahren und welche bauliche Anlagen für den Fall einer Einbeziehung Bremens in das Zollgebiet erforderlich sein würden. Sodann richtete er, da er inzwishen im Hinblick auf die damals Weges dès Anschlusses Hamburgs \chwebenden Verhandlungen die Veberzeugung gewonnen hatte, daß es im Interesse des Gemein- wesens geboten sei, auch bremischerseits mit der Reichsregierung eine Verständigung Über die Freihafenfrage zu versuchen, unter dem 5, April 1881 einen Antrag an die Bürgerschaft auf Niederseßung eines Vertrauensaus\husses, um diesen über die Sachlage orientiren und mit ihm die etwa zu ergreifenden Maßnahmen berathen zu können. Die Bürgerschaft entsprah diesem Antrage zur Dank- verpflihtung des Senats, und cs mag glei hier bemerkt werden, daß der Senat bei allen Schritten, welhe von ihm in dieser be- deutungsvollen Angelegenheit unternommen .. worden sind, in vollem Einverständnisse mit diesem Ausschufse gehandelt hat. :

Um eine Grundlage für die Lösung“ der Anscblußfrage zu gewin- nen, lag es nahe, vor der Einleitung eigentliher Verhandlungen den Weg einer informatorishen Besprechung, wie er Hamburg gegenüber beliebt worden war, auch hinsihtlid der für Bremen in Betracht fommenden Punkte zu beschreiten. Der Senat wandte sich deshalb im April 1881 an den Kösniglih preußischen Finanz-Minister, als den mit Hamburg verhandelnden Kommissar des Reichs, mit der ver- traulihen Anfrage, ob er, die Gutheißung der Reichsregierung vorausgeseßt, zu einer informatorishen Besprechung mit Bremen die Hand zu bieten und die dazu erforder- lien technischen Kräfte zur Verfügung zu tellen geneigt fei. Dieser Anregung wurde bereitwilligst entsprohen und im Laufe der Monate April und Mai 1881 wurden die erwähnten Vorarbeiten unter Mitwirkung eines Delegirten der Zollverwaltung erledigt. Die- selben führten zu der. Ueberzeugung, daß es möglich sein werde, den Zollanshluß Bremens unter solchen Modalitäten zu vollziehen, daß einerseits den Anforderungen des Reichs auf Sicherheit der R enbeis bung, andererseits den Erfordernissen des hier entwickelten Handels- und Schiffahrtsverkehrs Rehnung getragen werde. Auch durfte erwartet werden, daß das Reich, wie bei Hamburg, dessen mittlerweile fort- geschrittene Verhandlungen eine Verständigung in nahe Aussicht stellten, so auch in Betreff Bremens bereit sein werde, die mit dem Uebergange in das neue Verhältniß verknüpften Opfer und Kosten durch einen Beitrag zu den leßteren zu erleihtern. Nachdem daher auf Grund der informatorishen Besprehungen und unter Be- rücksichtigung der oben erwähnten, auf die Aenderung der Zollregulative bezüglichen Arbeiten der Handelskammer, welche dem WVertrauensaus\chufe zur Kenntniß gebracht waren, sowie der durh die Vermittelung der Gewerbekammer dem Senate zugängig gemachten Wünsche gewerblicher Kreise die dicsseits anzu- \trebenden Modalitäten festgestellt und von dem Vertrauensaus\chusse gebilligt worden waren, gab der Senat seinen Wunsch auf Eröffnung förmlicher Verhandlungen über die Modalitäten, unter welcen der Zollans{chluß Bremens zu erfolgen haben würde, zu erkennen. Nachdem durch Umstände, auf welche der Senat eine Einwirkung nicht auszu- üben vermochte, die Einleitung solcher Verhandlungen sih längere Zeit verzögert hatte, stellte der Senat, nach einer mit dem Herrn Reichskanzler gepflogenen Correspondenz, am 29. März dieses Jahres an den Bundesrath den Antrag auf eine kommissarishe Erörterung der An- gelegenheit. Der Bundesrath ermächtigte in Folge dessen seine zu- stän igen Ausschüsse, die Modalitäten des Zollanschlusses Bremens mit bremischen Kommissarien zu erörtern, und es fanden zu dem Ende Verhandlungen, bei denen die oben erwähnten im Vertrauent- aus\chusse festgestellten Grundzüge den bremisben Kommissarien als Richtschnur dienten, im Laufe der Monate Mai und Juni d. J. statt.

Das Ergebniß dieser Erörterungen, welches sih der Sache nah als cine Verständigung zwischen den Ausschüssen des Bundesraths und den bremishen Kommissarien darstellt, liegt in dem anliegenden Antrage der Bundesrathsausschüsse vor, und es steht nunmehr zur Frage, ob die Bürgerschaft gewillt ist, dem Senate die Ermächtigung zu ertheilen, auf dieser Grundlage den in der Reichsverfassung vor- gesehenen formellen Antrag auf Einbezichung Bremens in das Zoll- gebiet zu stellen. i

Der Senat nimmt keinen Anstand zu erklären, daß er die Er- theilung dieser Ermächtigung im Staatsinteresse für geboten hält, und zweifelt niht, daß auch die Bürgerschaft bei eingehender Er- wägung der Sachlage si dieser Auffassung anschließen wird.

Bei dieser Erwägung wird in Betracht zu ziehen sein, daß, nachdem die Reichégewalten dur ihre Beschlüsse bezügli Ham- burgs klar dokumentirt haben, daß die Einbeziehuna der Hanse- städte in das Zollgebiet als im Gesammtinteresse Deutschlands liegend zu ecachten sei, auch Bremen der Pflicht, sfih anzuschließen,

ich nicht entziehen darf, sofern dieser A ohne Schädigung der

Lebenéinteressen unseres Gemeinwesens geshehen kann, Maßgebend für die Entschließung, ob dem Anschlusse auf der vorliegenden Grund- lage zuzustimmen sei, wird daher lediglih die Erwägung sein können, ob die von den Bundesrathsausschüssen festgestellten Modalitäten geeignet sind, die Aufrechthaltung und Weiterentwicklung der Handels- stellung Bremens zu sichern.

Daß dies der Fall set, ist die Ueberzeugung des Senats.

was die staatsrechtlihe Qualität des Freigebiets und die Zulassung der Exportindustrie in demselben betrifft. Allein diese Punkte werden nicht als solche bezeihnet werden können, welche die Zustimmung zu der Verständigung in Frage stellen müßten, Denn in der That dürften die gewährten Bedingungen — der Aus\cchluß des Hafenareals in Bremerhaven vom Zollgebiet, der Besitz eines genügend großen Freibezirks bei der Stadt Bremen, welcher nah wie vor die freie O der Schiffe und Waaren gestattet, der unbehinderte Durchgang des Schiffsverkehrs bi3 Bremen, die Ueberlassung der Zollverwaltung an Bremen, die Zusicherung einer

Nevision der Regulative in Rücksicht auf die Bedürfnisse des bremischen V

Handelsverkehrs und die Gleichstellung mit Hamburg in dieser Beziehung — in der That dürften diese Bedingungen die Möglichkeit,

Zwar bleibt es zu bedauern, daß nicht in allen Punkten die diesseits geltend gemachten Wünsche Erfüllung gefunden haben — wie insbesondere

den Handel Bremens auf der bisherigen Höhe zu halten, gewähr- leisten, während andererseits voraussihtlich manche Zweige industrieller Thätigkeit und des gewerblichen Kleinverkehrs durch*den Zollans{luß gewinnen werden. .

Indem er annehmen darf, daß die Bürgerschaft mit der Erthei- lung eines solhen Auftrags eventuell einverstanden ‘sein wird, bean- tragt der Senat : „Die Bürgerschaft wolle ihn ermächtigen, für den Fall, daß der Bundesrath dem anliegenden Antrage der Bundesraths- aus\{chüfse für Zoll- und Steuerwesen, für Handel und Verkehr und für Rechnungswesen seine Zustimmung ertheilt und unter dem Vor- behalte, daß der Reichstag den vorgesehenen Reichsbeitrag zu den dur den Zollans{luß erwachsenden Kosten bewilligt, den Anschluß Bremens an das Zollgebiet zu beantragen. “

Oesterreich-Ungarn. Agram, 31. August. (Presse.) Der feierliche Shluß des Landtages erfolgte heute um 10 Uhr Vormittags. Mihalovics überreihte dem Vize-Präsi- denten Horvat das Allerhöchste Reskript. Dasselbe lautet :

„Nachdem im Sinne des §, 2 des Gesetzartikels II : 1870 die dreijährige, mit dem Königlichen Reskript, d, d. 28, August 1881, auf den 27. September desselben Jahres einberufene Legislatur- periode des Landtages der Königreihe Kroatien, Slavo- nien und Dalmatien zu Ende gebt, übermitteln Wir Ihnen Unser Königliches, an den genannten Landtag ge- rihtetes Reskript in Angelegenheit der Schließung und Auf- lösung des Landtages und ermächtigen Sie gleichzeitig, Unser König- lies Reskript in dem Landtage am 31. August 1884 zu verlesen und denselben in Unserem Namen als geschlossen und aufgelöst zu erklären. Gleichzeitig beauftrage ih Sie, für den nächsten Landtag im Sinne des Geseßes die neuen Wahlen auszuschreiben und bezüglich des Tages, an welchem der neue Landtag einberufen werden foll, den ent- \prechenden Antrag zu unterbreiten. Gegeben zu Wien, 22, August 1884, Franz Josef m. p. Koloman Bedekovics m. p. Graf Khuen-

Hedervary m. p.“

Pen, 2, Séplember. (W., L. D) Der König und die Königin von Serbien sind mit dem Kronprinzen gestern Abend 101/27 Uhr hier eingetroffen. Der Zug hatte in Folge eines bei Semlin erlittenen Ahsenbruchs eine längere Ver-

spätung.

Großbritannien und Jrland. London, 30. August. (Allg. Corr.) Jn Woolwich ist man jeßt mit den Vor- bereitungen zur Ausrüstung der für die Nil-Expedition erforderlichen 800 Boote eifrig beschäftigt. Falls man nach einer Besprehung zwischen General Wolseley und den Militär- behörden in Egypten die Route über die Baynda-Wüste fallen lassen sollte, dürfte die Anzahl der Boote wahrscheinlih auf 1000 vermehrt werden.

Es deutet Alles darauf hin, daß, wenn es möglich ist, den ganzen Weg bis Khartum hin die Nilroute benußt wer- den wird. Die Straße durch die Wüste von Baynda ist wenigstens für jeßt aufgegeben worden,

— 2, Seplembev. ( D B) Vet T1med wird aus Peking, von heute früh, telegraphirt: FFn den Straßen sind Anschläge angeheftet, in denen der Krieg gegen Frankreich proklamirt und gleichzeitig allen Bewohnern unter strengen Strafen anbefohlen wird, si jeder Belästigung von Angehörigen anderer Nationen zu enthalten.

Edinburg, 1. September. (W. T. B.) Jn der Rede, welche Gladstone heute vor einer großen Versammlung in der Kornhalle hielt, erwähnte der Premier auch die Frage der deutschen Kolonien und wies entschieden die in deutschen Blättern auftretende Behauptung zurück, daß die Engländer und Schotten die Bemühungen der Deutschen in Bezug auf die Kolonisation mit eifersüchtigen Blicken betrachteten; er sei vielmehr vom Gegen- theil überzeugt. Die Richtschnur für England müsse die sein, sih gegen Andere so zu verhalten, wie England wünscht, daß Andere sih gegen England verhalten. Der Redner sprach dann sein lebhaftes Bedauern aus über den Nichterfolg der Konferenz, der das Ansehen europäischer Kon- ferenzen als Organe der civilisirten Autorität im FJnteresse des Friedens und des Glüdes der Völker shwer schädigen werde, und verbreitete sich über die Politik der Re- gierung bezüglih Egyptens in der Vergangenheit; über die künftige Politik lehnte* er ab zu sprechen, bis Lord North- Me und General Wolseley ihre Mission durchgeführt haben würden.

Frankreich. Paris, 31, August. (Fr. Corr.) Die Gruppe der äußersten Linken hielt gestern Nachmittag ihre zweite Versammlung, welche von etwa 20 Mitgliedern, darunter Barodet, Tony Revillon, Clovis Hugues, Gaillard, Roques de Tilhol u. A. besucht war. Abermals wurde die Frage aufgeworfen, ob die Gruppe Angesichts des Fortganges der Kriegsereignisse im äußersten Osten nicht die Regierung ge- bieteris{ auffordern sollte, die Kammern endlich einzuberufen. Hierüber herrshte nur eine Meinung und die Verschieden- heit der Ansichten trat erst in der Erörterung der ge- eignetsten Mittel, die Negierung zum Nachgeben zu zwingen, hervor. Schließlich einigte man sih darüber, daß die Gruppe ein Schreiben an den Präsidenten der Republik mit der Auf-

forderung — nit mit der Bitte —, die Kammern sofort ein-*

zuberufen, richten solle. Wie die „Köln. Ztg.“ meldet, soll dos Schreiben dur eine aus Barodet, Granet und Brousse bestehende Abordnung nah Mont-sous:Vaudrey gebraht und dem Präsidenten vorgelegt werden.

— 1, September, (W, T. B.) Der Minister- Präsident Ferry is nah St. Dis ' abgereist, wo er diese Woche zu verbleiben gedenkt. — Dem „Journal Paris“ zufolge hat Admiral Courbet die Rhede von Matson verlassen und sich, wie man glaubt, nah Hainan begeben. Dasselbe Blatt meldet, daß 500 Mann des in Cochinchina stehenden Detachements nach Kelung gehen würden.

__— 2. September. Die „Agence Havas“ meldet aus Tien-tsin, daß Li-hung-chang degradirt und seines Ranges als Großsekretär und Vize-König für verlustig erklärt wurde. Die Nachricht bedürfe jedoh noch anderweitiger Be- stätigung.

Spanien. Madrid, 2. September, (W. T. B.) „Dia“ meldet, daß in Alicante, Novelda und Elche Cholera: fälle vorgekommen sind. Es sind sofort die nöthigen Jsolirungsmaßregeln getroffen worden.

Jtalien. Rom, 1. September. (W. T. B.) Gestern sind in den Provinzen Bergamo, Campobasso, Cuneo, Genua, Lucca, Massa e Carrara, Neapel, Parma, Pisa und Turin insgesammt 120 Erkrankungen und 74 Todesfälle an der Cholera vorgekommen.

_ Serbien. Belgrad, 1, September, (W. T. B.) Der König und die Königin sind mit dem Thronfolger heute Nachmittag 21/5 Uhr von hier abgereist, Während der Ab-

®

wesenheit derselben ist der Ministerrath mit der Regentschaft ®

betraut.

Der König von Rumänien is bereits gesiern Abend nach herzlihster Verabschiedung von der serbishen Königs- familie abgereist.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 1. Sep- tember. (W. T. B.) Der „Nordischen Telegraphen-Agentur“ wird aus Wladiwostock genxeldet: Die im Auslande ver- breiteten Gerüchte über Unruhen an der russisch- chine- sishen Grenze sind unbegründet. An der Grenze herrscht vollkommene Ruhe; weder offiziellerseits noch privaterseits ist

‘etwas über Ruhestörungen gemeldet worden.

Amerika. New-York, 1. September. (W. T. B.) Die strikenden Grubenarbeiter des Kohlendistrikt Hocking in Ohio haben am Sonnabend ernste Ruhestörun- gen begonnen, die Strikenden griffen die zum Schuß der Gruben aufgestellten Wachen an, tödteten einen der Wächter, verwundeten 2 andere und durhschnitten den Telegraphendraht. Die strikenden Arbeiter lagern bei den Gruben, um die nicht Strikenden am Arbeiten zu verhindern. Zur Herstellung der Ruhe sind Truppen abgesendet worden, der Gouverneur von Ohio hat sich persönlich an Ort und Stelle begeben, der Sheriff ist an- gewiesen, die Tumultuanten in der geseßlih vorgeschriebenen Weise heute zum Auseinandergehen aufzufordern. — Nach \pä- teren Berichten aus Hocking sind weitere Ausschreitungen da- n R vorgekommen ; die Ruhe wird nah und nach her- geste

_ Asien. China. Nach einer Reutershen Meldung aus Tien-tsin vom 28. v. M. hätte der japanesishe Gesandte die Souveränetät über die- Fnseln Loochoo für Fapan in Anspruch genommen und im Uebrigen dieselben Vertrags- rechte, welhe China anderen auswärtigen Staaten zugestanden habe, auch für Japan gefordert. Der japanesishe Gesandte würde sich nah Peking begeben, um dort darüber weiter zu verhande.n.

Ein Telegramm aus Hongkong vom 1. September, sagt, Admiral Courbet habe angezeigt, die französischen Flottenoperationen seien beendet, Handelsschiffe könnten von jeßt ab den Minfluß wieder ungehindert und in Sicher- heit passiren.

Afrika. Egypten. Kairo, 1. September. (W. T. B.) Dem Major Kitchener in Dongola sind, nah hierher ge- langten Miitheilungen, mehrere Briefe General Gordons zugegangen; der leßte derselben datirt vom 15, Juni c. und enthält die Versicherung, daß sich Khartum noch 4 Monate werde halten können.

Die „Allg. Corr.“ meldet aus Wady Halfa unter dem 28. Auguit : Zwei weitere Compagnien des 1. Bataillons des Sussex:Regiments sind hier angekommen, der Rest sollte heute Affuan verlassen. Das Bataillon hat den Befehl erhalten, mit dreimonatlichen Rationen für 1000 Mann unverzüglich nah Dongola aufzubrehen. — Ein amtliches Telegramm aus Nssuan meldet, daß sieben Dampfer den ersten Katarakt passirt haben, Der Nil steigt fortwährend, bei Wady Halfa ist er bereits vier Fuß gestiegen.

Zeitungss\timmen.

Wir lesen in der „Berliner Börsen-Zeitung“:

Es fteht wohl außer Zweifel, daß die Überwiegende Mehrheit des deutschen Volkes mit der Kolonialpolitik des Fürsten Bismark voll- kommen einverstanden ist. Jeder einzelne Bürger Deutschlands muß sich in seinem Nationalbewußtsein mächtig gehoben fühlen, wenn er sieht, wie die imposante Macht- und Kulturstellung seines Vater- landes in fernen Zonen zu Ausdruck und Geltung gelangt. Dieser Umschwung in dem Uriheil über die Wirthschaftspolitik Bismarcks tritt am deutlichsten in den Organen der freisinnigen Partei zu Tage, die den Kanzler noch vor Kurzem in einer üÜbersecishen Frage auf das Schärfste bekämpften. Ein Sturm von entrüsteten Protesten ging durch diese Blätter, als Fürst Bis- marck in der leßten Session der Volksvertretung cinen Zuschuß aus Neich8mitteln für Errichtung einer Dampferlinie nach Ofl-Asfien und Australien verlangte. Der Abg. Bamberger ertheilte die Loosung zum Angriff auf die Vorlage mit dem Wißet „Wir wollen überseeische Dinge nicht wie übersinnliche behandeln.“ Nun hat der geniale Lenker des Deutschen Reiches seinen Gegnern bewiesen, daß er kein Mann der phantastischen, nebulosen Uebersinnlichkeit ist, sondern dem Deut- schen Reiche sehr materielle und greifbare Vortheile von kostbarem Werthe zu erringen suht. Vor dieser Beweisführung muß selbft die prinzipielle Opposition beshämt die Flagge ftreihen, und es verdient hervorgehoben zu werden, daß auch die ausgesprochenen „antibismärcktishen“ Blätter der Aktion des Kanzlers aus vollem Herzen oder wenigstens aus vollem Munde beipflihten. — Aus dem Lager seiner Widersacher ist dem Fürsten Bismarck noch bei jedem volksthümlichen Akte, den er vollzog, der höhnende Vorwurf „Wahl- politik!“ entgegengeshleudert worden. Wenn er die Versorgung der arbeitenden Klassen anregte — es wurde als Haschen nah Populari- tät, als grobe Bauernfängerschaft bezeichnet, es war nichts weiter als Wahlpolitik. Wenn er einen Entwurf zum Schuß der heimishen Industrie vorlegte, wenn er die Entlastung der kleinen Steuerzahler als nothwendig erklärte, es wurde immer und immer wieder als Wahlpolitik \tigmatisirt. Vielleicht wird es auch beute noch unbeugsame Doktrinäre geben, in deren Augen die ganzen überraschenden Schachzüge des Reichskanzlers in Westafrika nihts weiter als ein verblüffendes Wahlmanöver, als eine Speku- lation auf die nationale Eitelkeit des deutschen Volkes sind. Aber die Masse der Nation dürfte mit dem Urtheil dieser verbitterten Richter \{chwerlich übereinstimmen, und an der Urne der nächsten Reichstagswahlen wird es fich herausstellen, daß das Verständniß für Bismarcks Bestrebungen unter den Deutschen zugenommen hat.

— Das „Posener Tageblatt“ schreibt :

„Wir haben {on wiederholt an konkreten Beispielen dargethan, wie gänzlih falsch die freihändlerishe Behauptung ist, daß durch Schutzzölle die Vertheuerung der nothwendigsten Lebensmittel des armen Mannes herbeigeführt werde. Nachdem nun Seitens des französischen Handels-Ministers die Erhöhung der Vieh-Importzölle ins Auge gefaßt und die betreffende Vorlage am Donnerstag in der Deputirtenkammer eingebraht worden ift, erscheint es nicht unzeit- gemäß, darauf hinzuweisen, daß kürzlih die schr kapitalsfreund- lihe Pariser „République française“ gelegentliÞ einer Besprechung der unverhältnißmäßig hohen Pariser Fleishpreise das intereffante Zugeständniß gemacht hat, daß der Zwischenhandel es ist, welcher Produzenten und Konsumenten dur fein verwerflihes Gebahren gleihmäßig \hädigt, welcher den inländischen, d. h. den französischen Biehzüchter dahin bringt, fein Vieh ins Ausland zu verkaufen, und andererseits den inländischen Konsumenten ganz nach Willkür aus- beutet. Wie drückend das Joch der Viehkommisfionäre und Zwischen- händler von den Betheiligten empfunden wird, geht aus einem, von den Blättern veröffentlihten Gutahten der Pariser Fleisherinnung hervor, in welchem es u. A. heißt: „Eine der Ursachen der Fleisch- theuerung liegt in den Geschäften, die vor Beginn der regelmäßigen Verkaufsslunden gemacht werden. Die Zwischenhändler stellen nur das Quantum des Tageêverzehrs zum Verkauf und halten so den Preis auf einer künstlihen Höhe. In Folge der gegenwärtigen

Organisation des Geschäftsbetriebes wird dieselbe Waare auf demsclben Markte mehrere Male verkauft. Die Zusammen- bäufung in wenigen Händen ift an \ich \chon eine Gefahr für den Handel mit nothwendigen Lebensbedürfnifsen ; dieselben der Agiotage preiszugeber, mußte aber unter allen Umständen vermieden werden.“ Aehnliche Klagen find von den landwirthschaftlihen Vereinen Frank- reis unzählige Mal erfolglos erhoben worden. , . . Die jeßigen Miß- stände sind so himmelschreiend, daß selbs ein Blatt, wie die „Rep. E die Berechtigung einer weitgehenden Staatseinmishung in Volksernährungsfragen einräumen und zugeben muß, daß die Inter- effsen der städtishen wie der ländlihen Bevölkerung eine gleich ge- bieterishe Rüksichtnahme erheischen.

— In ihrem Jahresberichte für 1883 sagt die Handels- kammer zu Lahr, wie wir der „Norddeutschen Allge- meinen Zeitung“.entnehmen:

Einen neuen Beweis der Fürsorge der Reicbsregierung und ein sehr geeignetes Mittel für die Hebung unseres Exportes enthält di- im April d. J. im Reichstag eingebrahte Vorlage, betr. die Ver- wendung von Reichsmitteln zur Einrichtung und Unterhaltung von Postdampfer-Verbindungen mit überseeishen Ländern, welche allerseits mit lebhafter Sympathie begrüßt wurde und der Zustimmung der gesetzgebenden Faktoren wohl gewiß ist. Wir erblicken in diesem Plane, dessen Ausführung unsern Handelsbeziehungen zum Auslande nicht blos materielle Vortheile, sondern durch die Befreiung aus einer zur Zeit noch bestehenden Abhängigkeit von fremden Verkehrsmitteln, au einen noch höher anzuschlagenden moralishen Gewinn, cine Er- höhung der Selbständigkeit und des Ansehe=:s des deutschen Handels bringen würde, ein Unternehmen von großer nationaler Bedeutung.

— Wie die „Zittauer Morgenzeitung“ mittheilt-

ist der Geschäftsgang in der Textilbranche, namentlich für die in Zittau uud Umgebung fabrizirten Artikel, ein anhaltend günstiger ge- blieben. Die meisten großen Fabriken sind voll beschäftigt, einzelne Etablissements bereiten sogar Erweiterungen ihrer Geschäftsräume vor, während in anderen Fabriken man damit beschäftigt ist, neuere und vervollkommnete Webstühle (welche leider zum großen Theil immer noch aus England [Bradford] bezogen werden), aufzustellen. Besonders fabrizirt werden jeßt halbwollene urd feine Kammgarn- stoffe. Bei länger andauerndem Bestand dieser Moderichtung müssen ss auch die seit Jahren in Zittau, namentli für die Arbeiterwelt, ehr ungünstigen Erwerbsverhältnisse wieder aufbessern.

Statistische Nachrichten.

Nach den Veröffentlihungen des Kaiserlihen Statistishen Amts waren die Preise für 100 kg Rohzucker I. Produkt, Korn- Zucker, 96 9/9 Polaris ation in Magdeburg in den ersten 7 Monaten

dieses Jahres folgende : Januar . 54,00 M Mai . 48,76 M. Februar . 05G Juni . 4907 , Mh. D208 SUl . 10. A. ODE

Der Dur{bschnittspreis für das Jahr 1883 stellte si auf 59,91 M, der für 1882 auf 64,05, für 1881 auf 65,69, für 1880 auf 64,08 4

— Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund- heitsamts sind in der 34, Jahreswoche von je 1000 Einwohnern, auf den Jahresdurch\chnitt berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 34,8, in Breslau 40,4, in Königsberg 33,8, in Cöln 34,0, in Frankfurt a. M. —, in Hannover 31,3, in Cassel 26,4, in Magdeburg 34,2, in Stettin 23,8, in Altona 33,8, in Straßburg 25,0, in Mey 22,5, in München 36,8, in Nürnberg 31,1, in Augsburg 33,3, in Dres- den 28,0, in Leipzig 28,4, in Stuttgart 21,7, in Braunschweig 30,0, in Karlsruhe 26,0, in Hamburg 26,0, in Lübeck —, in Wien 21,3, in Budapest —, in Prag 28,6, in Triest —, in Krakau 22,0, in Basel 17,0, in Brüffel. 24,8, in Amsterdam 27,3, in Paris 25,4, in London 20,5, in Glasgow 26,6, in Liverpool 30,5, in Dublin 30,3, in Edinburg 14,5, in Kopenhagen 26,1, in Stoctholm 17,2, in Chri- tiania 23,9, tin St. Petersburg 27,0, in s 097, M

dessa 53,8, in Rom 23,9, in Turin —, in Bukarest 26,0, in Madrid 35,6, in Alexandrien 44,1. — Ferner in der Zeit vom 27, Iuli bis 2. August cr.: in New-York 34,4, in Philadelphia 25,5, in Chicago —, in Cincinnati —, in St, Louis —, in San Franzisko 23,1, in Kalkutta 22,4, in Bombay —, in Madras 31,4.

Beim Beginn der Berichtswoche und bis gegen die Mitte der- selben herrschten an den meisten deutschen Beobachtungs8orten {chwache östlihe und südöstlihe, in Karlsruhe nordöstlihe Winde, die in München und Karlsruhe bald nah West- resp. Südwest gingen. Um die Mitte der Woche lief der Wind an den meisten Stationen Nordwest, in Konitz, Berlin und Brgmnen bis nah Nordost, nur t: Karlsruhe blieben südwestlihe bis nah Südost umlaufende Luftströ- mungen überwiegend. An den leßten Tagen der Woche drehte der Wind jedoch an den meisten Stationen wieder nah Nordost und Oft zurü, in Cöln nah Südost, in Bremen am Schluß der Woche nah Nord- west. Die Temperatur der Luft entsprach in Koniß dem vieljährigen Monatsmittel, in Breslau, Berlin und an den süddeutschen Stationen lag sie etwas - unter, in Heiligenstadt, Bremen, Cöln (hier um 2,0 Grad C.) über der normalen. Bei meist heiterem Wetter er- folgten Niederschläge nur nah Gewitterentladungen. Aus Mittel-, Ost- und Nordwestdeutshland wurden keine Niederschläge ge- meldet. Der beim Wochenbeginn hohe Druck der Luft nahm in den ersten Tage der Woche ab. Vom 20. an stieg das Barometer jedoch wieder und behauptete bis zum Schluß der Woche seinen hohen Standpunkt. : :

In der Berichtswoche hat die Sterblichkeit in den meisten Groß- städten Europas ein wenig abgenommen. Die allgemeine Sterblich- keitsverhältnißzahl für die deutshen Städte sank (aufs Jahr berecknet) von 31,5 der Vorwoche auf 30,8 in der Berichtswoche. tend hohen Temperaturen der Luft äußerten ihre ungünstige Ein- wirkung auf das noc immer abnorme Vorkommen von Darm- fatarrhen und Brechdurchfällen, die in den größeren englischen Städten eine bedeutende Steigerung, in den deutschen nur eine geringe Ab- nahme (1450 Todesfälle wurden gemeldet) zeigten. Die Sterblichkeit des Säuglingsalters blieb eine hohe, wenn sie aub etwas kleiner als in der Vorwoche wurde. Von 10 000 Lebenden f\tarben (aufs Jahr berechnet) 161 Säuglinge gegen 166 der Vorwoche; in Berlin 186, in München 197, — Eine Abnahme der Todetfälle an Darmkatarrhen und Brechdurbfällen war in Stettin, Nürnberg, (Vera, Leipzig, Berlin, Magdeburg und in den märkischen Städten, ferner in Braunschweig, Cöln, Düfsel- dorf, Aachen, Straßburg, Mainz, Mannheim, Karlsruhe, Wien, Paris, London ersichtlih, während in Königsberg, Danzig, Elbing, Breslau, München, Stuttgart, Dresden, Halberstadt, Hamburg, Han- nover, Altona, Elberfeld, Essen, Dortmund, Kopenhagen, Prag, St. Petersburg, Warschau, Odessa u. a. die Zahl der durch diese Krankheitsformen hervorgerufenen Todeéfälle eine größere wurde. Ein- zelne Fälle von Cholerine kamen aus Hamburg und Caffel, an Cholera nostras aus Paris, Madrid, Saragossa und Baltimore zur Anzeige. Auch in den amerikanischen Städten starben zahlreiche Kinder an diesen Darm- fatarrhen. — Sterbefälle an Ruhr wurden besorders in Berlin häufiger. — Auch die Infektionskrankheiten zeigten sich meist häufiger, nur Pocken nahmen ab. So wurden Sterbefälle an Masern aus Breslau, Leipzig, Barmen, Halberstadt, Worms, Kopenhagen, im Haag häufiger, in Elberfeld, Essen, Paris, London seltener. — Das Scharlachfieber grassirt in Gotha, Potsdam, Bremen, Elberfeld, auch in Amsterdam, London, Glasgow stieg, tn Berlin, Elbing, Dars fank die Zahl der Scharlachtodesfälle. Die Sterblichkeit an Diphtherie war in Berlin, Stolp, Königsberg, Stuttgart, anns, Frank- furt a. O., Hamburg eine größere, in Paris eine kleinere. — Typhöôse Fieber zeigten in Königsberg, Kiel, Breslau, Pofen, Berlin ein häufigeres Vorkommen, in Paris, London hat die Zahl der Sterbefälle etwas abgenommen, — Sterbefälle an Flecktyphus wurden nur aus Saragossa und Palma (je 1) ge- meldet. — Der Keuchhusten herrsht in Danzig, Dresden, Berlin,

Die anhal- -