1884 / 210 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 06 Sep 1884 18:00:01 GMT) scan diff

Oesterreich-Ungarn. Malaczka, 4. September. (Wien. Ztg.) Heute um 2 Uhr Nachmittags traf der Kaiser ier ein und wurde mit n nceER E Jubelrufen begrüßt. or der Triumphpforte auf dem Marktplaye wurde der Kaisew von dem Vizegespan des Preßburger Komitats an der Spiße der Gemeindevertretung ehrfurhtsvoll bewillkommnet, Unter fortwährendem Ubel der Volksmenge fuhr der Monarch in das Palffy’she Schloß, wo Allerhöchstderselbe von der Gräfin Geraldine Palffy und dem Fürstlihen Güterdirektor Bacsak begrüßt wurde. Abends wird das Schloß illuminirt und

findet ein großes Feuerwerk statt. Czernowiß, 4. September. (Wien. Ztg.) Der einer Ansprahe des

Landtag wurde heute nah Landeshauptmannes, in welcher derselbe einen Rück-

blick auf die ersprießlihe Thätigkeit und auf ‘das Zu- standeklommen wichtiger Geseße warf, das einvernehm- lih harmonishe Zusammenwirken der Abgeordneten hervor- hob und dem Landespräsidium für die Förderung der land- täglichen Arbeiten dankte, mit einem dreimaligen begeisterten Hoh auf den Kaiser geschlossen. Das Landespräsidium dankte für die sympathishe Kundgebung und gab die Versicherung, die beshlossenen Gesetze zu befürworten.

Belgien. Brüssel, 4. September. (Weser-Ztg.) Der Senat hat heute nach einer langen Debatte die Errichtung S NEIAAN beim Papst mit .4b gegen 19 Stimmen ge- nehmigt.

Die sämmtlichen Lehrer Belgiens veranstalten in der nächsten Woche eine große Manifestation in der Hauptstadt.

Großbritannien und Jrland. London, 4. Septem- ber. (Allg. Corr.) Das stille Dörshen Chenies in Buckinghamshire, wo auch Lord Russell ruht, war gestern Morgen Zeuge des Begräbnisses des ersten Lords Ampthill, bisherigen britishen Botschafters in Berlin, dessen Leiche, bedeckt mit Kränzen und Blumen, seit Sonnabend in der an die Kirche anstoßenden Kapelle gelegen hatte. Das Be- gräbniß fand um 1 Uhr statt. Der eihene Sarg war mit scharlahrothem Sammet ausgeschlagen und trug eine Platte, auf der einfah der Name des Verblichenen sowie sein Geburts- und Todestag verzeichnet stehen. Unter den Leid- tragenden befanden sih zunächst die Wittwe und Kinder Lord Ampthills, sowie der Herzog von Bedford (älterer Bruder des Verstorbenen), Lord Edward Russell, Lord Arthur Russell, Lord H. Rufsell, Graf und Gräfin Lathom, Oberst und Lady Constance Stanley, Lord Clarendon ; ferner General Du Plat als Vertreter der Königin; General Sir Henry Ponsonby und Oberst Arthur Ellis als Vertreter des Prinzen und der Prinzessin von Wales; Mr. Walter Douglas Campbell als Vertreter der Herzogin von Albany; Baron Plessen als Ver- teter des Deutschen Kaisers; Graf Seckendorff als Vertreter des Deutschen Kronprinzenpaares.

General-Major Sir Peter Lumsden, der Chef der briti-

hen Kommission für die Regulirung der Nordgrenze Afgha- nistans, hat, begleitet von Major Napier, Oberst Stewart und anderen Offizieren, London verlassen, um via Da UND PoU na Zeberan zu reten, Nach kurzem Aufenthalte in der persishen Hauptstadt wird er sich in öôstlijher Richtung nah Mesched be- geben, woselbst die aus Jndien kommenden und von einer britishen Eskorte begleiteten Mitglieder der Kommission zu ihm stoßen werden. Die russishen Kommissäre werden sich Ende Oktober oder Anfangs November in Sarachs ein- finden. Mit den politishen Zwecken dèr Kommission sind au wissenschaftlihe verknüpft. Jm Gefolge der Kommission befinden sih drei Topographen, ein Botaniker (Dr. Aitchison) und ein Geologe (Mr. Griesbach). __ Bei einem Meeting der irischen Nationalliga in Dublin hat der Abgeordnete Healy, welcher den Votsiß führte, eine heftige, aufwieglerishe Rede gehalten, die heute viel von sih reden macht, und mögliherweise sich als das Signal für eine neue gewaltthätige agrarishe Agitation auf der grünen FJnsel erweisen dürfte.

__ Frankreih. Paris, 4. September, (Köln. Ztg.) Der nächste Ministerrath findet am Dienstag L o statt. Man erwartet vor nächster Woche keine nähern Nah- richten von Courbet und weiß nur, daß er seine Operationen wieder begonnen hat. Die „Corr. Havas“ spriht vom Bau einer strategischen Eisenbahn von Chalons-\sur- Marne nah „Saint Mihiel. Letzteres liegt fast gleih weit von Verdun ¡und Toul, is mit beiden Festungen verbunden und bildet das Centrum der Vertheidigungslinie der Maas. De e Ga a A ip G Chalons, den Siß des

Armee-Corps, und die großen vershanzten Lage Verdun und Toul verbinden. 9 gts E O

5b, September. (W.T. B.) Minister-Präsident Ferry wird für nächsten Sonntag früh hier zurückerwartet. Die heutige Depesche der „Times“ von der neuerlichen Bombardirung Keelungs wird von unterrihteter Seite als unbegründet bezeihnel. Der fra ne Konsul in Shanghai, Lemaire, ist zum Minister-Residenten in Hue ernannt worden. Das Journal „Paris“ \chreibt, die Frage wegen des Kommandos in Tongking werde in einem nächsten Dienstag stattfindenden Ministerrathe ent- schieden werden, die Aktion Frankreichs werde sich niht auf die Besibergreifung von Formosa beschränken. Der „Li- berté“ zufolge wäre es möglih, daß vom Admiral Courbet einige Schiffe zur Blokirung des Golfs von Petschili entsendet würden. Depeschen aus Hanoi konstatiren, daß im ganzen Delta vollständige Nuhe herrsche, die beseßten Pläße seien in Vertheidigungszusiand geseßt.

Jn Marseille sind am 2. September 4, am 3. September 3, am 4, September 2 Personen an der SURLT A Eut: N

5, September, Abends. (W., T. B. n Marseille kam von gestern bis heute kein L vor, die Zahl der gestern in den Ostpyrenäen an der Cholera Ge- storbenen beträgt 14.

Spanien. Madrid, 5. September. (W. T. B.) Jn der Provinz Alicante starben gestern 10 Personen an der Cholera.

Italien. Rom, 5. September. (W. T. B.) Jn den von der Cholera heimgesuchten Provinzen kamen gestern im Ganzen 253 Erkrankungen und 104 Todesfälle vor. Auf die Stadt Neapel entfallen 136 Erkrankungen und 52 Todes- fällé, unter den an der Cholera Erkrankten befindet sich auch der Vize-Bürgermeister von Neapel. Der Bürgermeister von Spezzia ist heute der Cholera erlegen. ¿

6. September. (W. T. B.) Die Minister Depretis,

zurück; der Minister des Aeußern, Mancini, verbleibt noch in Neapel. Von einem Unbekannten sind der Regierung 61 000 Fr. für die von der Cholera heimgesuchten Familien übergeben worden.

Bulgarien. Sofia, 5. September. (W. T. B.) Fürst Alexander isst heute Mittag nah Varna abgereist, wo er einen Monat zu bleiben gedenkt.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 5. Sep- tember. (W. T. B.) Der Kaiser und die Kaiserin trafen heute Nachmittag 2 Uhr aus Peterhof hier ein, be- suchten die Festungskirche, ertheilten dem außerordentlichen persishen Gesandten Mac Da an eine Abschieds- audierz und haben darauf St. Petersburg wieder verlassen.

_— 6, September: (W. T. B.) Das „Reichs-Gesehblatt“ veröffentlicht ein vom Kaiser bestätigtes Gutachten des Reichs- rathes, wonach die Wirkungsdauer der durch Erlaß vom 14. August 1881 angeordneten Maßnahmen zur Wahrung der Staatsordnung und der öffentlihen Ruhe auf weitere 3 Jahre und die zur verschärften Sicherheitsaufsicht in St. Peters- burg, Moskau und in den bekannten anderen ODertlichkeiten [laut Reglement vom 27. August 1883 getroffenen Maßnahmen um ein Jahr verlängert werden, während bei den niht unter vershärftem Schuße stehenden Oertlichkeiten die unter dem 14. August 1881 erlassenen Bestimmungen für denselben Zeit- raum in Kraft bleiben.

Warschau, 6. September. (W. T. B.) Die Ankunft des Kaisers wird, wie jeßt bestimmt verlautet, nächsten Montag erfolgen. General Tscherewin trifft bereits früher hier ein und fährt mit dem General-Gouverneur Gurco und mit einer Deputation des Adels dem Kaiser bis Wilna ent- gegen, von wo aus der Kaiser sih direkt hierher begeben wird.

Afrika. Egypten. Kairo, 3. September. (Allg. Corr.) Ein von gestern Abend 6 Uhr datirtes Telegramm aus Wady Halfa meldet, daß der Dampfer „Ghizeh“ dort angekommen ist und heute versuhen wird, den zweiten Kata- rakt zu passiren, Die die Katarakte aufwärts gehenden Damy»fer erhalten starke Taue unter ihrem Kiel, die an Stahl- ketten befestigt sind, welhe um den Rumpf der Schiffe gelegt werden und vermittelst welcher das Heraufziehen der Dampfer gegen die Stromschnellen ermöglicht wird. Der Mundir von Dongola bittet, ihm den ersten heraufbeförderten Dampfer nah Merawi zu senden, da sein eigener unbrauch- bar geworden sei.

Australien. Neu-Seeland. Wellington, 3. Sep- tember. (Allg. Corr.) Das unlängst gebildete neue Mi- nisterium, dessen Premier Hr, H. A. Atkinson war, ist durch ein Mißtrauensvotum des Repräsentantenhauses zum Sturz gebracht wordén, und hat einem neuen Kabinet Play machen müssen. Leßteres ist wie folgt zusammen- geseßt : N. Stout, Premier und General-Anwalt; Sir Julius Vogel, Kolonial-Schaßmeister und General-Postmeister; E. Richardson, Minister für öffentliche Arbeiten; J. Ballance, Sekretär für Kronländereien und Minister für Eingeborenen- Angelegenheiten ; J. A. Tode, Justiz-Minister; W. H. Reynolds, Minister ohne Portefeuille.

Zeitungsstimmen.

. f fn A C E I E E R \hreibt in nfnüpfung an die von dem Hrn. Abg. Richter kürzlih in Berlin Ms Rede L is . « Die gegenwärtige Wirthschafts- uud Finanzpolitik, vor welcer bereits Steuern bestanden (oder nicht ?), ist in Hk Augen bee ein Gräuel, weil sie sich troß seiner \{limmen Prophezeihungen fo trefflich bewährt hat; - das darf riht zugestanden werden, deshalb wird die Steuervermehrung eine Tochter der gegenwärtigen Wirth- schaftspolitik genannt. Und doch verdanken wir der letzteren den wirthschaftlihen Aufs{wung Deutschlands, dessen Zusammentreffen mit der Feststellung des. Zolltarifs von 1878 den Oppositionellen so außerordentlich unwilllommen gewesen is. Und dieser Aufs{hwung wird durch immer neue gewichtige Thatsachen bezeugt. An der Spiße derselben steht die Abnahme der Auswanderung. Seit dem Jahre 1881 hat die Zahl der auf nordamerikanishem Boden gelandeten Deutschen sich alljährlich vermindert; eine solche Verminderung ' ist auch während des leßten amerikanischen « Fiósfaljahres* (1. Juli 1883 bis 30. Juni 1884) beobachtet und festgestellt worden, daß etwa 14 000 Deutsche weniger als im Vor- jahre jenseit des Dzeans eine neue Heimath gesucht haben. Hand in Hand damit geht die Zunahme der deutschen Ausfuhr. Nach einer uns vorliegenden Statistik des hamburgishen Handels waren aus dem genannten Hafen ausgegangen : im Jahre 1881 5137 beladene Schiffe, 4 ¿71882 D285 ; ¿ 18838 0887 ¿ i Der Werth der ausgeführten Waaren hatte betragen : im Jahre 1881 820 446 000 4, L ¿O OTOOE SSOL SOTUODO Als besonters ‘erfreulich felt si bierbei die ejonters erfreulich stellt sih hierbei die Zunahme des Ver- kehrs zwischen dem größten deutsben Hafen und den übrigen deutschen Seepläßen dar. Aus deutschen Häfen waren nah Hamburg einge- führt worden: im Jahre Lal Waaren im Werthe von i Mill. Mark, " l

E a A daß sie zumeist zur Ausfuhr in über-

von denen sih annehmen läßt, 1e E Wit waren. er Werth der auf dem Eisenbahnwege in Hamburg angekom- menen Waáren war von 1876 bis 1880 aid a tri: gegangen. Nachdem er während der Jahre 1871 bis 1875 durch- \cnitllih 9814 Millionen jährlich betragen hatte, ging er während des gedachten ungünstigen Zeitraums auf durchschnittlich 9262 Millionen A us. de 1881 V ae eine beständige Zunahme eo et worden. Die per Eisenbahn in Hambu Werthe beézifferten sich | di A im Jahre 1881 auf 9684 Millionen, « rv OGL8IS W904 Daf in Gambuts“ aufdem Bie Ant amburg auf dem Binnenwege ‘ankommende Waaren fast aus\{ließlich zur Verschiffung bestimmt sind, versteht sich von Lb Höchst bezeichnend ist ferner, daß von den im Jahre 1883 aus Ham- burg auê8gegangenen Schiffen 4853 beladen waren und nur 1534 leer r ) aag R E ilden 1876 und 1880 nur eere oder im S abgegangen waren e Ballast fahrende Seeschiffe unahme der deutschen Einfuhr nach Hamburg und gleichzeitiges Wachsthum der Ausfuhr aus Hamburg ins Ausland A Be- lege für den Aufschwung unseres nationalen Wirthschaftslebens kann es überhaupt nit bedürfen! Handelte es ih um vereinzelte Er- \{einungen, so könnte von einem zufälligen Zuszmmentreffen günstiger Umstände die Rede sein: gegenüber alljährlich zunehmenden Fort- ritten hat das f{lechterdings keinen Sinn und bleibt nichts Übrig,

Brin und Grimaldi kehren heute von Neapel hierher

_Es wäre nicht unmögli, daß die „Freisinnigen* in kurzer Frist ih diesen Thatsachen niht mehr vers(ließen können und daher unverfroren erklären, sie wären von jeher für die innere Politik Bismarcks gewesen, ga fie sei so recht eigentlich ihr Werk, wie sie das von der fo viel befeindeten Kolonialpolitik heute auch mit freund- licher Miene versichern.

Es ift wahr, im Jahre 1882 sah man den Wirkungen des Zolltarifs von 1878. auch in nationalliberalen Kreisen vielfach mit Besorgnissen entgegen; heute steht es bei ‘ihnen fest, daß dieser Tarif zu einem Aufshwunge unseres wirthschaftlichen Lebens den Anstoß gegeben hat, der sich in erfreuliher Weise fortseßt. Aber damals hörte man auch vielfah die Meinung aussprechen, die von der Reichsregierung vorbereiteten sozialpolitischen Reformen würden, weil sie der gehörigen Bestimmtheit und Ausführ- barkeit entbehrten, verwirrend und beunruhigend auf die arbeitenden Klassen einwirken, und erst auf mühsamem und weitem Wege ans Ziel gelangen: gegenwärtig is Deutschland im Besiße zweier geseßz- lihen Einrichtungen (der Kranken- und Unfallversiherung), um welche es ganz Europa beneidet und deren Fortseßung nicht nur nicht die öfentlibe Ruhe und Sicherheit gestört, sondern befestigt und der Sozialdemokratie bereits jeßt einen erheblihen Abbruch gethan hat.

Man muß froh bekennen (froh im Interesse des ganzen deutschen Volkes), daß si innerhalb kurzer Zeit eine gründlihe Umstimmung der politisden Parteien unseres Vaterlandes vollzogen hat, eine Um- stimmung, über die das deutsche Volk jubeln darf und über die es nur ein betrübtes Gesicht giebt, das der freisinnigen Partei. Denn darüber braucht heute wohl nicht mehr gestritten zu werden, daß diese Partei sib unfähig èrwiesen hat, für die wahren Bedürfnisse des Volkes Verständniß zu gewinnen und an einer darauf gerichteten \chaffenden Thätigkeit Theil zu nehmen. Auf nationalliberaler Seite hat man den Gedanken an eine Gemeinschaft mit den Fortschrittlern aufgeben müssen, nachdcm dieselben mit ihrer Widersprubsmanier dabei angelangt waren, nicht nur den beiden zu Gunsten der Arbeiter eingebrahten Gefeßentwürfen, sondern ebenso den zu Gunsten der Er- weiterung und Ausdehnung des nationalen Wirthschaftsgebiets vor- geschlagenen Maßregeln von vornherein zu widersprechen.

Die Deutschen leiden zwar heute noch unter einem gewissen Grade von Meinungsuneinigkeit, aber es haben sib doch cinige Dinge gefunden, über die im Reiche die Mehrzahl der Bürger einer Ansicht find, wie über die Nothwendigkeit, der Industrie neue Absaßzgebiete eröffnet und Spielraum gewonnen zu sehen für den Uebershuß an Menschenkraft, den das Land regelmäßig erzeugt: jede Opposition da- gegen ist ein Attentat auf die deutsche Nation selbst.

Zur Charakeristik der weiten Kluft zwischen Nationalliberalen und Freisinnigen mögen diese Zeilen beitragen. Die Klärung beider Parteien nah ihrem Sein und Wollen wird aber bewirken. daß aus den bevorstehenden Reichstagswahlen eine starke Majorität hervor- gehen wird, welche zur völligen Lösung der großen sozialpolitischen Reformen die Hand zu bieten bereit ist, kurz eine Majorität der That und nit der Phrase

Die „Schlesische Zeitung“ meldet:

Mit welcher Scnelligkeit sich in einem verbältnißmäßig kurzen Zeitraum die Steuerverhältnisse in Görliß zum Nachtheil der Bewohner geändert haben, läßt sich aus einer Mittheilung der rNieders{lesishen Zeitung“ ersehen; das genannte Blatt erwidert einem seiner Leser auf eine Anfrage Folgendes: „Bis 1869 war die «reiche Stadt“ Görlitz in derselben glücklicben Lage wie das Städtchen Seeburg, d. h. man zahlte gar keine Kommunaleinkommensfteuer. Im Jahre 1873 betrug der Prozentsaß 15, damals wurde anläßlich der Stadtverordnetenwahlen eine lebhafte Agitation in Rücksicht auf die in Aussicht „genommene Erhöhung auf 6/9 ins Werk gesetzt. Seit jener Zeit ist es allmählich in die Höhe gegangen jeßt zahlen wir bekanntlih 112%.“ Eine recht erhebliche Steigerung binnen 11 Jahren.

In den „Berliner Politishen Nachrihten“ lesen wir :

,_ Man erinnert sich wohl noch, mit welcher apodiktishen Gewiß- heit ‘seinerzeit die Opposition gegen Getreide- und Holzzölle voraus- sagte, daß nah Annahme dieser Schußmaßregel der Handel der deutshen Ostseehäfen zurückgehen, ftatt dessen aber die russishen Ostseehäfen, namentlich Libau, O u Dai dominirenden Handelspläßen der baltishen Länder ent- wickeln würden, Die Zet hat in diesem Punkte, wie in so vielen, vielen andern, den oppositionellen Schwarzsehern ganz êntschieden Unrecht gegeben. Weder haben unsere geringfügigen Zölle dem Handel unserer Ostseepläte die prophezeiten {weren Wunden ges{lagen, noch haben si die russishen Konkurrenzhäfen auf Koften der diesseitigen Pläße entwickelt. Im Gegentheil, die russischen Blätter führen Über das Darniederliegen der baltischen Handels- o ständig Klage und was Libau insonderheit anlangt, o konstatirt der „Russische Kurier“ in einer seiner leßten Nummern, daß die Zahl der Schiffe langer Fahrt, welche in Libau domiziliren, von 35 auf 10 herabgesunken i}. Königsberg, Danzig 2c. brauchen sich also vor Libau noch lange nicht zu für@ten.

Centralblatt für das Deutsche Reich. Nr. 36. JIn-

R D E Befugnisse pen B und A ellen. Konsulatwesen: Ernennung. izeiwesen : i

von Ausländern aus dem Reichgebiete. P O

Statistische Nachrichten.

Wie die Großherzoglich hessische Centralstelle für di

Landesstatistik mittheilt, waren im Jahre 1883 U Ge thum Hessen 34 Bergwerke im Betrieb. 1) 11 Braunkohlen- bergwerke förderten in 1883 49 281 t im Werthe von 288 975 4 davon ab eigener Verbrauch 3610 t im Werthe von 17244 4, die abfaßfähige Jahresproduktion 45 671 t hatte einen Werth von 270 831 M, per Tonne 5,93 46; die durchschnittliche tägliche Beleg- schaft betrug: unter Tage 248 Arbeiter, über Tage 212 männ- lie, 1 weibliher Arbeiter, zusammen 213 Arbeiter, im Ganzen 461 Arbeiter. 2) 23 Eisensteinbergwerke förderten in 1068 127/931 t ‘im Werthe von 809799 #Æ, per Tonne 6,33 #; die durschnittlibe täglihe Belegshaft betrug unter Tage 399 Arbeiter, über Tage 438 Arbeiter, zusammen 837 Arbeiter. 3) 2 Braunstein-Bergwerke förderten in 1883 72700 t an aufgereiteten Erzen im Werthe von 3000 4, diese wurden zum Verbrauch ohne Verhüttung abgegeben. II. 4 Salinen produzirten in 1883 15 868 t im Werthe von 424610 , yer Tonne 26,76 M; die dur{s{nittlihe tägliche Belegschaft betrug 166 männliche Ar- Deiter, I, 2 Hüttenwerke für Eisenerze verarbeiteten in 3 ohöôfen in 1883 36 376 t im Werthe von 2546 321 M4 (70 4 pro Wn die durschnittlibe täglihe Belegschaft betrug 271 mänr.lihe Ar- 214A 26 de, E E Ea 5 Roheisens verarbeiteten

on M; die i ä

S Reus 0s Arbeiter. E Ee , Jm Sanzen wurden im Großherzogthum Hessen in 1883 pro- duzirt : I. in den Bergwerken Werthe von e M, bei e: dur{sch{nittlichen täglichen Zahl der Arbeiter 1298; Il. in den Sa- linen 2c. 790 360 #6 Werth, bei einer Arbeiterzahl von 201; 111. in den Hüttenwerken für Eisenerze 2546 321 ( Werth, bei 271 Ar- beitern; IV. in der Verarbeitung des Roheisens 1 225 878 & Werth, bei 648 Arbeitern, in Summa 5646129 Werth, bei 2418

Arbeitern. Kunft, Wissenschaft und Literatur.

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Gewerbe und Handel.

(Leipz. Tagebl.) Der Vorstand des Deutschen Buchdrucke r- vereins hat unter dem 1. d. Mts. an das Reichs-Versicherungsamt in Berlin das nachstehende Schreiben gerichtet :

„Leipzig, den 1. September 1884, An das Reichs-Versicherur.gs8amt in Derlin, ,

Der unterzeichnete Vorstand beehrt sih bei dem Reichs-Versich e- cungsamt auf Grund §. 13 Abs. 2 des Unfallversiherungs- gesetzes vom 6. Juli 1884 die Einberufung einer Generalversamm- lung der Besitzer von Buhdruckereien und damit verwandten Gewerbe- betrieben in Deutsbland behufs Bildung einer Berufsgenossenschaft für das deutsche Buchdrukereigewerbe und die damit verwandten Gewerbebetriebe zu beantragen. : i : :

Zur Unterstüßung dieses Antrages * fügen wir bei 1021 eigen- händig unterschriebene Beitrittserklärungen mit 28 457 darauf an- gegebenen versicherungepflihtigen Personen, wobei wir uns darauf hinzuweisen erlauben, daß die Zahl der unserem Antrage beitretenden Unternehmer mehr als den zwanzigsten ja beinahe den sechsten Theil, der Unternehmer aller derjenigen Betriebe darstellt, für welche die Berufêsgenossenshaft gebildet werden soll, uwd daß die Zahl der angemeldeten versiherungs8pflichtigen Personen gleichfalls mehr als den zehnten Theil, ja beinahe die Hälfte aller derjenigen Personen beträgt, welche in diesen Betrieben beschäftigt werden dem geseß- lihen Erforderniß des §. 13, Abs. 2 des Unfallversicherungsgesetzes somit hinlänglich genügt ift. L:

Als Ort für die Abhaltung der Generalversammlung dürfte Leipzig wegen seiner Lage im Mittelpunkte Deutschlands am meisten

zu empfehlen fein. Hochahtungsvoll Der Vorstand des Deutshen Buchdruckter-Vereins. Dr. Ed. Brockhaus, Vorsitzender. Dr. P. Schmidt, Vereinssekretär.

Es ist dies, so viel wir wissen, der erste derartige Antrag, welcher auf Grund des Unfallversicherung8geseßes beim Reichs-Ver- cherungsamte eingereiht worden ist. Die respektable Zahl von 1021 Unternehmern mit 28'457 von denselben angegebenen versiche- rungspflichtigen Personen, welhe dem Antrage des Vorstandes bei- getreten sind, begrüßen wir als ein hocherfreuliches Zeichen für das ein- müthige Zusammengehen der deutschen Buchdruckereibesißzer in dieser wichtigen Angelegenheit. Dieser glänzende Erfolg, welchen der Vor- stand des Deutschen Buchbdruckervereins mit seinem Vorgehen erzielt hat, dürfte auch andere Industriezweige veranlassen, bei den vor- bereitenden Schritten zur Genossenschaftsbildung den gleihen Weg einzuschlagen. E :

Bekanntlich hatte der Vorstand an \sämmtlihe Besißer von Buchdruckereien und damit verwandten Gewerbebetrieben ein Rund-

Sanitäts8wesen und Quarantänewesen.

Jal ren. 4 Uebersicht der dem italienishen Ministerium des Innern gemeldeten Neuerkrankungen und Todesfälle an Cholera

{reiben versandt, welches in übersichtliher Weise die eins{lagenden Bestimmungen des Gesetzes klar hervorhebt, sodann in knappen Sätzen die Gründe angiebt, welche die Bildung einer Berufsgenofsen- haft für das deutshe Buchdruckereigewerbe und die damit ver- wandten Gewerbebetriebe wünschenëwerth, ja nothwgndig erscheinen laffen, und am Schlusse die Aufforderung enthält, eine dem Schreiben beigelegte Beitrittserklärung mit Angabe der in den betreffenden Be- trieben beschäftigten versicherungEpflihtigen Personen4 zu unterzeichnen und einzusenden.

Andere Industriezweige stehen jeßt im Begriffe, die nah dem Gesetze erforderliche Unterstüßung in der Weise herbeizuführen, daß fie Versammlungen einberufen, welche über den beim Reichs-Versiche- rungsamt einzureichenden Antrag beschließen sollen. Derartige Ver- fammlungen sind in diesem Monate mehrere anberaumt. Ob damit aber die erforderliche Unterstüßung beschafft werden wird, ist eine an- dere Frage. Denn das würde nur dann der Fall sein, wenn in einer solden Versammlung der Beschluß auf Einberufung einer Generalversauinmlung von mindestens dem zwanzigsten Theile der Unternehmer derjenigen Betriebe, für welche die Berufsgenossenschaft gebildet werden soll, oder doch von einer folchen Anzahl, welche mindestens den zehnten Theil der in diesen Betrieben vorhandenen versicherungspflichtigen Personen beschäftigen, gefaßt würde. Die Er- fahrungen aber lehren, daß solche Versammlungen, wenn damit mehr oder weniger weite Zureisen verbunden find, nur \pärlih besucht und aub nur s\pärlich von Vertretern beschickt werden. Daher cheint das Vorgehen des Vorstandes des Deutshen Buch- druckervereins den Vorzug zu verdienen, weil hier auch die große Anzahl Derjenigen, welche verhindert ift, einer solchen Versammlung beizuwohnen, über die Sache aufgeklärt und in den Stand gesetzt werden, ihre Erklärungen abzugeben. Und welche Er- folge damit zu erzielen sind, beweist die Unterstüßung, welche der An- trag des erwähnten Vorstandes auf Einberufung einer General- versammlung in den betheiligten Kreisen gefunden hat. Da die Frist zur Einreichung derartiger Anträge beim Reichs-Versicherungsamt erst am 9. November d. J. abläuft, so bleibt für die Vertreter in O noch genügend Zeit, auch diesen Weg zu be- reiten.

Nürnberg, 4. September. (Hopfenmarktberiht von Leopold Held.) Gestern war am Markte reger Verkehr, etwa 350 Ballen wurden den Lagern entnommen, wobei Preise keinerlei Veränderung erfuhren. Heute kamen namhafte Abladungen zum Markte und zwar ca. 2000 Ballen Landhopfen und einige 100 Ballen Bahnabladungen. Der Einkauf vollzog sich Anfangs s{leppend und erst durÞd Eingreifen mehrerer auswärtigen Firmen und einiger Exporteure konnten bis Mittag die Markthopfey fast vollständig ab- gesetzt werden. Die Preise waren für obige Sorten durchschnittlich fünf, in vielen Fällen aht Mark billiger. In fremden Sorten wie badischen, württemberger und Hallertauer war wegen Mangel an entsprechender Qualität kein lebhafter Verkehr, es notiren heute prima Markthopfen 84—90 A, mittel 75—80 #, Secunda 66—72 A, badisbe 110—120 A, württemberger 110—125 M, Hallertauer 100—127 Æ

London, 5. September. (W. T. B.)

Wollauktion waren Preise unverändert.

New- York, 5. September. (W. T. B.) Baumwollen- Wochenbericht. Zufuhren in allen Unionshäfen 16 000 B., Aus- fuhr na Großbritannien 12000 B., Ausfuhr na dem Kontinent 5000, Vorrath 112 000 B.

Verkehrs-Anstalten.

Bremen, 6. September. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Fulda“ ist gestern Abend 9 Uhr in New- York eingetroffen. : -

Belgrad, 5. September. (W. T. B.) Die Eisenbahnlinie Belgrad-Nisch, deren feierlihe Eröffnung gestern stattfand , soll am 15. d. Mts. dem öffentlichen Verkehr übergeben werden. Wie die „Presse“ meldet, ist die Herstellung von zwei Flügelbahnen, die von der Eisenbahnlinie Belgrad-Nish abzweigen, nunmehr gesichert, die eine soll nah Kragujevac, dem Arfenale Serbiens, die andere soll von Kuprija nach Scuic geführt werden, wo sich reihe Kohblenlager befinden.

New-York, 5. September. (W. T. B.) Der Dampfer Amerika“ von der National-Dampfschiffs-Compagnie

Bei der gestrigen

(C. Messingsche Lin i e) ift hier eingetroffen.

Eingegangen in der Zeit vom

25.—26. | 26.—27. | 27.—28. |

24.—2ò.| August Mitternachts.

23.— 24. |

| Provinzen. | | | | |

Erkrankungsfälle. Erkrankungsfälle. Erkrankungsfälle. Erkrankungsfälle. Todesfälle.

Todesfälle. Todesfälle. Todesfälle. Todesfälle.

28,—29. | 29,—30.

Grkrankungsfälle.

Todesfälle.

Erkrankungsfälle.

Todesfälle.

|

4

S | |

AUQUU A 6 Bergamo

—_

|

- |

oto [Erkrankungéfälle.

o |

Bologna Campobasso . Wosenza. ..

Cremona Cuneo

Qa ¿. «-

Mailand . Massa

Modena MeUDED a 4 + Ara «s

Porto Mau- f E

Gemeinde Barrea, / 34 Gemeinden z. B. Palladina mit 12, Bergamo mit 8, Lenna und Treviglio mit je 6, Zogno mit Osio Sotto und Ponte S. Pietro mit je 4, Verdello und Villa d’Almé mit je 3, Clenefsso, Osio Sopra, Pallazzago, Alzano Maggiore, Ca- nonica, Endenna, S. Pellegrino und Vertova mit je 2 Erkrankungsfällen. | Gemeinde Poretta mit 15, Montagna und Gaggio Ntontano mit je 2 Erkrankungen.

6 Gemeinden : Pizzone 35, S. Vincenzo und Castel- lone je 8, Roccetta 4, Cerro 3 und Scapoli 2 Erkrankungen.

Gemeinde Paterno.

Gemeinde Crema.

16 Gemeinden : Busca 159, Cuneo 33, Tarantasca 9, Villafaletto 7, San Damiano Macra 3, Sa- vignano, Savigliano und Cherasco je 2.

4 Gemeinden: In Spezia, bezüglih welches Ortes die Erkrankungs- und Sterbezahlen auf die ein- zelnen Tage sch na: den offiziellen Bulletins nicht cher vertheilen lassen, bis zum 30. August 140 Todesfälle, S. Terenzio 4 Erkrankungen.

Gemeinde Mulazzano.

10 Gemeinden: Castelnuovo Garfagnana 29, Fos- dinovo 9, Tra Filizzano und Fivizzano je 5, Mi- nucciano, Piazza al Serchio und Camporgiano je 3, Aulla und Molazzano je 2 Erkrankungen.

Gemeinde Frassinoro.

4 Gemeinden, davon Stadt Neapel 6 Erkrankungen.

6 Gemeinden: Berceto und Parma je 10, Noceto 4, Borgotaro, Colorno, Cortile San Martino je 2 Erkrankungen. , i

5 Gemeinden: Bagni Casciana und Pisa 2, Cal- cinaja, Vecchiano und Veco Pisano je 1 Erkran-

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kung. Ganelitve Seborga mit 4, Perinaldo mit 3 und Tavole mit 2 Erkrankungen. . 9 Gemeinden : Pancalieri 11, Bargone und Villa- franca je 7, Sombriasco 3 Erkrankungen.

Generalsekretariate ein

z=&@ Berlin, 6. September 1884.

Mannheim, 3. September. In der heutigen Verfamunm- lung des Vereins deutscher Ingenieure fanden zunächst die Berathungen über das Les einen versöhnlihen Abfluß. Darnah beauftragt die Hauptversammlung die Kommission des Berliner Bezirksvereins, die vershiedenen Bezirksvereine aufzufordern, bis spätestens 15. November l. J. ihre den Vorschlägen der Berliner Kommission entgegenstehenden Ansichten über die Vorlage demnächst nah Maßgabe der Vorschläge zu amendiren, und die so ge- \chaffcne Arbeit dem Reichskanzler zu überreichen. Soweit der engere Vorstand sich den Vorschlägen der -Bezirks- vereine nicht anzus{hließen vermag, sind die betreffenden Ausführungen, sofern es die fraglihen Bezirksvereine wünschen, in einem besonderen Anhange der vorstehend genannten Geseße8reform- Denkschrift anzuhängen. Zu den Berathungen des engeren Vorstandes in Berlin werden die Vertreter von Bezirksvereinen, welche dieses wünschen und die dadurch cntstehenden Koften tragen, beigezogen. Zur leichteren Orientirung der Bezirksvereine wird vom übersihtlihes Bild der zu den ur- Anträgen der Berliner Kommission gestellten Arträge, näht den abändernden Beschlüssen des Vor- standsraths in besonderer Broschüre recht bald gegeben wer- den. Diese Beschlüsse fanden einstimmige Annahme Hr. L. Post von Mannheim berihtete sodann gewissermaßen als Vor- bereitung für die Exkursionen des folgenden Tages über die Industrie im Bezirk des Mannheimer Bezirksvereins, der die Städte Worms, Frankenthal, Ludwigshafen, Speyer, Heidelberg, Weinheim und Mannheim und Nebenorte umfaßt. Hierauf sprach Hr. Fehlert, Ingenieur in Berlin, über die Bedeutung der Patent- {riften und Patentansprüche unter Berücksichtigung bisher bekannt gewordener gerichtlicher Entscheidungen.

Die bekannte Firma I. C. Sch{midt, Hoflieferant, Erfurt, hat ein neues, verbessertes Hyazinthenglas zum Patent angemeldet, das ebenso praktisch wie bequem ist. Zu einer resultatvollen Kultur von Hyazinthen auf Gläsern gehört vor allen Dingen eine regelmäßige Erneuerung des Wassers und Reinigung der Gläser, beides war aber bisher mit Schwierigkeiten verknüpft, da man, um diese Manipulation vorzunehmen, die Zwiebel heben und mitsammt den Wurzeln aus den Gläsern herausziehen mußte, was abgesehen von der um- ständlihen Hantirung dem Gewächs nur zum Nacbtheil gereichte. Das neue Schmidtsche Patent-Hyazinthenglas besteht dagegen aus 2 Theilen die Zwiebel liegt in dem Kopf und die Wurzeln wachsen in cine daran befindlihe Röhre hinein. Letztere steckt in dem Glase, welches das Wasser enthält, und kann also mit der Zwiebel und den Wurzeln herausgehoben und bei Seite gestellt werden, ohne daß beide im Geringsten leiden. Das Wasser wird dann mit Leichtigkeit er- neuert und das Glas gereinigt. Da der Preis nur niedrig ist (A 5,50 per f blau oder weiß) so wird diese praktische Neuheit gewiß vielen Anklang finden.

\sprünglichen

In der Weißenseer Flora is} heute Mittag die Blumen- ausstellung eröffnet worden, mit welcher die Weißenseer Gärtner einen trefflihen Beweis ihres Könnens erbracht haben. Die Aus- stellung gewährt in ihrem ges{madckvollen Arrangement ein farben- prächtiges Bild, das nicht verfehlen wird, zahlreihe Besucher anzu- - lockden. Entsprechend den Aufgaben, die den Gärtnern in der Um- gebung der Residenz zufallen, find es vor Allem die ortsüblihen Marktpflanzen, die zur Schau gestellt sind. Diese selbst aber präsen- tiren sib in einer Vorzüglichkeit der Zut und in einer Varietäten- fülle, die dem Streben der Weißenseer Gärtner die vollste Anerken-

nung sichert.

Das Deutsche Theater brahte gestern Abend „Die Räuber“ mit theilweise neu beseßten Rollen zur Aufführung. Die Partie der Amalie, welbe früher von Frl. Walles gespielt wurde, war gestern dem U, Jürgens zugetbeilt. Son die äußeren körper- lichen Vorzüge gaben der Dame ein großes Uebergewiht über ihre Vorgängerin, welcher es an Anmuth und Vornehmheit der Ecscheinung gebra. Frl. Jürgens entsprah in den äußeren Formen durchaus dem Bilde, welhes man si von der jugendlich \{wärmerischen und sentimentalen Amalie machen könnte und unterstüßte dadur ihr Spiel auf das Beste. Die klangvolle Stimme verleitete die Künstlerin auch dies Mal, auf die deklamatorishe Seite des Vortrags zuviel Nachdruck zu legen, der gegenüber die seelishe Empfindung mehr in den Hintergrund treten mußte. Dennoch i in der Vertiefung der Auffassung, soweit es fih um die Darstellung der heftig erregten Leidenschaften handelt, ein Fortschritt gegen früher nit zu verkennen. Die Rolle des „Kosinsky“ war durch Hrn. Bolz neu beseßt. Der junge Künstler besißt nit jene Vorzüge der äußeren Erscheinung, welche von vornherein gewinnend auf die Zuschauer wirken. Dafür entschädigt jedo sein wirkungsvoller Vortrag, welcbem Tiefe der Empfindung und Feuer der Leidenschaft innewohnen. Das Haus war ziemlich gut beseßt, wenn au nicht in der Fülle, welhe man sonst dort gewöhnt ist. Der Beifall fehlte den vershiedenen Leistungen nicht und dehnte sich auch auf die äußere Ausftattung aus, über welche früher an dieser Stelle hon berichtet ist, und deren großartige Wirkung in dem Brand und Zusammensturz des Schlosses ihren Höhepunkt erreichen E Das Repertoir des Deutschen Theaters für die kommende Wote zeigt in folgenden Stücken wieder Neubeseßungen. So wird in „Romeo und Julia" Fr. v. Poellniß die „Amme“, in „Donna Diana* Hr. Kadelburg dea „Perin“ und in „Don Carlos“ Frl. Schmiedt die „Königin“ und Frl. Jürgens die „Eboli“ spielen. Außerdem finden in der foigenden Woche Wiederholungen von „Da Welt, in der man \ich langweilt“ und „Der Probepfeil“ statt. i: In Krolls Theater seßt Sgra. Fohströôm na wie vor mit dem größten Erfolg ihr nun bald zu Ende gehendes Gastspiel fort. Dicht davor, die an künstlerishen Erfolgen so reihe Saison zu \clicßen , bietet das Etablissement in rascher Aufeinanderfolge eine ganze Reihe eigenartiger Kunstgenüsse und Leistungen ersten Ranges. Die Namen Nachbaur, Schott, Robinson, Fohstrôm vereinigen si, um das Interesse der kunstsinnigen Berliner mehr denn je auf das Theater am Königsplaß zu lenken, welches durch das Zusammen- wirken verschiedener Gäste noch erhöht wird. Gestern Abend wieder- holte Frl. Fohström die Traviata, in welcher sie bereits am Mittwoch mit Hrn. Nachbaur aufgetreten war. Was nun diese Leistung der Gastin anbetrifft, so ist zu bemerken, daß sie gesanglih auf derselben hohen Stufe steht, wie alle Rollen, in welchen wir bis jeßt die Dame hörten. Auch hier kommt das prächtig gesculte Organ in allen seinen Feinheiten zur vollen Geltung und entzücft dur seinen Wohllaut und seinen reinen weichen Klang. Diese Rolle erfor- dert jedo eine größere Leidenschaftlichkeit, als sie Frl. Fobstrôm selbst in die Stimme legte. Die Kameliendame, welche uns die Gastin bot, war, wenn man so sagen darf, zu nordif{, nicht gewaltig, nicht feurig genug, und so vermißten die Liebhaber dieser Rolle einen gewissen carakteristishen Theil derselben. Dem- entsprehend war auch die Darstellung8weise nicht ganz erschöpfend, man glaubte nicht an die Leidenschaftlichkeit dieser schönen Sünderin. Dessenungeactet errang Frl. Fohstrôm einen achtenswerthen Erfolg. Hr. Nachbaur sang den Alfred recht ansprechend, obgleih auch er mehr die liebenswürdige Seite seiner Rolle herauékehrte und au hier und da gesangli nicht ganz auf der Höhe stand. Hr. Rathiens als Garmont gefiel allgemein mit seiner \ympathishen Stimme und dem warmen Vortrag. i: Die Troubadour - Aufführung in Krolls Theater mit Fr. Mathilde Mallinger als „Leonore“ und Hrn. Schott als „Man- rico* findet am Dienstag statt. Wie bereits angezeigt,“ treten nun- mehr morgen (Sonntag) vereint in Gounods „Margarethe“ Frl. Alma Fohström, sowie die Herren Schott und Robinfon auf, die in den bezüglichen Rollen „Margarethe“, „Faust“ und „Valentin“ für das Berliner Publikum sämmtlich neu find. Am Montag wird in dieser

Saison zum leßten Male „Der Wilds{ütz“ wiederholt.