— 1. Dftober. (Hannoversher Courier.) Jn der beutigen {3.) Sißung des 18. hannoverschen Provinzial-Land- tags stand der Entwurf eines Geseßes zur Ergänzung und Abänderung der Wegegeseßgebung in der Provinz Han- nover auf der Tagesordnung. Nah längerer Debatte wurde die Vorlage an eine Kommission von 9 Mitgliedern mit Zu- ziehung der Mitglieder des Landes-Direktoriums und des Wegbauraths der Provinz verwiesen. Die Wahl der Kom- missionsmitglieder wurde fofort vorgenommen. A
— 2. Oktober. (Hann. Cour.) Jn der heutigen (4.) Sißung des 18. hannoverschen Provinzial - Landtags wurde nach längerer Debatte der Geseßentwurf über die Abstellung von- Berechtigungen zum Hauen oder Stechen oon Plaggen, Hat1ide x. für die Provinz Hannover an eine Kommission von 9 Mitgliedern verwiesen. Darauf wurde die Berathung des Finanzetats pro 1885 wieder aufgenommen. Zunächst wurde der Dispositionsfonds für alle drei Jrren- anstalten mit 15 000 , und die Etats der ‘Taubstummen- anstalten, die gegen das Vorjahr wenig Veränderungen er- fahren haben, bewilligt. Dann wurden mehrere kleinere Etats (Hebeammenlehranstalt, Landwirthschaftsshule in Hildesheim, Ackerbaushule in Meppen, Beihülfe an milde Stiftungen und Vereine, gemeinnüßige und wohlthätige Anstalten 2c.) ohne Debatte genehmigt.
Ueber die Ausgaben für Chausseen, Landstraßen und Gemeindew ege referirte der Wegbau-Rath Willigerod. Die Besoldungen seien von 100700 auf 103 700 e. gestiegen. Es solle den Wegbau-Jnspektoren eine Gehaltserhöhung zu Theil werden, die in folgendem Ausschußantrage begründet
werde :
Der Provinzial-Landtag wolle beschließen, den Wegbau-Inspek- toren — unter Aufhebung der jetzigen Bestimmung, nach welcher dieselben dur chs{nittlich 4350 # Besoldung erhalten — künftig von 4 zu 4 Jahren eine Besoldungszulage von je 300 ( innerhalb des bisherigen Minimal- und Marimalsaßes von 3300—5400 4 zu bewilligen. . : i
Die Debatte wurde zur nähsten Sißung (Freitag 1 Uhr) vertagt.
Elsaß-Lothringen. Straßburg, 1. Oktober. (Land. Ztg. f. E.-L.) Der Statthalter gedenkt heute Gastein zu verlassen und sich zunächst für einige Tage nah Salzburg zu begeben. Der Tag der Abreise von dort ist noch unbestimmt. — Der Staatsrath von Elsaß-Lothringen wird am 7. Ok- tober behufs Berathung des Entwurss des Landeshaushalts- Etats für 1885/86 zu einer Sizung zusammentreten.
Oesterreih:Ungarn. Triest, 1. Oktober. (Wien. Abendp.) Heute Morgen is der König von Griecen- land mit seiner Familie und dem Gefolge hier angelangt und am Perron des Bahnhofes von dem Statthalter Baron Pretis, dem griehischen und dem russischen General-Konsul, dem Schiffskommandanten der Königlichen Yacht und einer großen Anzahl Notabilitäten der griechischen Kolonie mit leb- hasten Hochrufen empfangen worden. Der Königin wurden prachtvolle Bouquets überreicht. Der König schiffte sih sofort auf der Dampfsyaht „Amphitrite“ ein, welhe im Laufe des Vormittags abgeht. : |
Pest, 1. Oktober. (Wien. Abendpost.) Die _Sek- tionen des Abgeordnetenhauses haben sih Vormittags konstituirt. Jn acht Sektionen. hat die liberale Partei die Majorität, in einer (der fünften) Sektion siegte die Opposition mit 2 Stimmen, nachdem die Mitglieder der liberalen Partei nicht vollzählig ershienen waren. Die Sektionen begannen sofort nach ihrer Konstituirung das Verifikationsverfahren. Nach Beendigung desselben wird jede Sektion in den ständigen Verifikationsausshuß je ein ordentliches und ein Ersaßmitglied von jenen Abgeordneten entsenden, gegen deren Wahl kein Protest erhoben wurde. Die Sektionen werden über das Berifikationsverfahren in der morgigen Plenarsitzung Bericht erstatten.
Großbritannien und Jrland. London, 1. Oktober. (Allg. Corr.) Der Marquis von Salisbury eröffnete gestern in Glasgow den konservativen Feldzug, dur welchen seine Partei dem jüngst von dem Premier-Minister ausge- übten politischen Einfluß entgegenzuarbeiten hot. Der Führer der Opposition im Oberhause wurde auf dem Bahn- hofe in Glasgow von etwa 15000 seiner Gesinnungs- genossen mit Begeisterung empfangen und nahm zahlreiche Willkommen-Adressen der schottischen konservativen Vereine entgegen. Jn Beantwortung derselben betonte der Marquis, daß die Konservativen von dem Wunsche beseelt seien, die Wahlreform-Bill anzunehmen, aber ehe neue Wähler geschaffen würden, sollte festgestellt werden, in welhen Wahlkreisen sie ihr Stimmrecht ausüben sollen. Was die Konservativen anstrebten, sei niht die Vershleppung der Wahlreform, sondern zu verhin- dern, daß die Neueintheilung der Wahlbezirke und damit die Freiheiten dec Nation gänzlich der Willkür der jeßigen Re- gierung überlassen werden. — Sir Stafford Northcote hat an seine Parteigenossen im Unterhause ein Rundschreiben gerichtet, worin er sie dringend auffordert, am 283. d. sich im Hause einzufinden, da wichtige Geschäfte jofort zur Verhand- lung gelangen werden. — Graf Herbert Bismarck hat fich von Abergeldie nah Schloß Dupple zu einem mehrtägigen Besuche des Earls von Dudley begeben,
__— 83. Oktober, (W. T. B.) Der „Times“ wird aus Tientsin vom 2. d. M. telegraphirt, daß Frankreich die Mediation Amerikas wünshe und daß der amerika- nishe Gesandte in Peking in Folge ihm von seiner Regierung „zugegangenen FJnstruktionen in Tientsin ein- getroffen sei. Li-hung-chang habe den Wunsch zu erkennen gegeben, das Telegramm einsehen zu dürfen, durch welches dem Gesandten die bezüglihen Jnstruktionen zugegangen seien und sodann seine Ueberrashung über dessen Jnhalt aus- gedrüdt, wonach die französishe Forderung in dem Ultimatum vom 19. Augusl lediglich wiederhglt und hinzugefügt werde, daß Admiral Courbet die Operakionen fortsezen werde. — Außer dieser Mittheilung der „Times“ liegen keinerlei Be- stätigungen dieser Nachricht vor.
Frankreich. Paris, 1. Oktober. (Köln. Ztg.) Der Budgetauss\chuß hielt. heute seine erste Sißung ; die Ar- beiten desselben sind noch sehr im Rückstande; der General- Berichterstatter wird kaum vor dem 10. Oktober ernannt werden, und die öffentlihe Budgetberathung nicht vor dem 3. November auf die Tagesordnung gelangen können. Jn der heutigen Sißung theilte der Vorsißende des Budget- ausschusses, Rouvier, ein Schreiben des Kriegs - Ministers Campenon mit, der für 1885 einen Kredit von 2 Millionen verlangt, um vom 1. Januar an mit der Abtragung eines
Theiles der Festungswerke von Lyon zu beginnen und den dortigen unbeshäftigten Arbeitern Erwerb zu eröffnen. Der Ausschuß erklärte sih unverzüglih für die Bewilligung dieses Kredites.
— (Fr. Corr.) Die Arbeitskrisis, welhe in Lyon;
bereits einen so ernsten Charakter angenommen hat, macht sich auch in anderen industriellen Centren geltend, und aus ver- schiedenen derjelben wird von einer steigenden Aufregung unter den der Beschäftigung ermangelnden Arbeitern berichtet. So fand gestern in Saint- Etienne eine von etwa 1100 Personen besuchte Versammlung statt, in welcher nah einer oft tumultuarishen Debatte Resolutionen zur Annahme gelangten, die darauf hinauslaufen , die Munizipalität und im Allgemeinen alle Behörden aufzufordern, ehestens Werkstätten für die unbeschäftigten Arbeiter zu er- rihten und bei den Minengesellshaften dahin zu wirken, daß sie ihre entlassenen Arbeiter wieder beschäftigen. Ein weiteres Arbeitermeeting wurde gestern in Chamais bei Besançon abgehalten, Verschiedene Redner beleuhteten die traurige Lage der beschäftigungslosen Arbeiter, die sich noch ver- {limmern würde, falls die Regierung nicht sofort zu Hülfe
fommt.
— 2. Oktober. (W. T. B.) Der Präsident Grévy wird heute Abend 111/5 Uhr hier zurückerwartet. Der Kriegs- Minister legte in einem heute früh stattgehabten Minister- rathe den Entwurf für die Organisation der Kolonialarmee vor. — Die Kredite für die Expedition in Tongking und in China bis zum Ende des Jahres, welche bei Er- öffnung der Kammern beantragt werden sollen, werden im Ganzen nit mehr als 10 Millionen betragen. — Am Sonn- abend findet ein Ministerrath unter dem Vorsite Grévy's statt. — Jn Ciry le Noble bei Macon hat ein Dynamit- attentat stattgefunden, durch welches erheblicher Schaden an- gerichtet wurde. — Die heute hier über militärische Operationen des Admirals Courbet und über die Beseßung von Kelong dur französishe Truppen verbreitet gewesenen Nachrichten werden von der „Agence Havas“ mit dem Bemerken dementirt, daß die Regierung seit 2 Tagen keine offizielle Mittheilung von dem Admiral Courbet crhalten habe. — Nach einer Meldung aus Hanoi von heute is der neue französishe Minister- Resident Lemaire in Hue eingetroffén. — Aus Singapore ist gestern ein Schiff abgegangen, um die Kabelverbin- dung zwischen Saigun und Hæœiphong und Hongkong wieder herzustellen. — Jn Perpignan sind gestern 3 Cholera- Todesfälle vorgekommen. Aus Oran wird gemeldet, daß vom 1. d. M. Mittags bis zum 2. d. M. Mittags 10 Cholera-Todesfälle und 11 neue Cholera-Erkrankungen vorge- kommen sind.
Italien. Rom, 2, Oktober. (W. T. B.) Der Kais er von Rußland hat dem Minister des Aeußeren, Mancini, den Alexander-Newsky-Orden verlichen. Jn dem Schreiben, mit welchem der russishe Minister des Auswärtigen, von Giers, den Minister Mancini hiervon in Kenntniß sett, heißt es, der Kaiser habe Mancini einen Beweis seiner Achtung und seiner Anerkennung für die der Rehtswissenschast geleisteten Dienste geben wollen, wie auch für den Einfluß, den Mancini zur Aufrechthaltung und Befestigung der freundschaftlichen Beziehun- gen zwischen den beiden Regierungen ausgeübt habe. —- An- läßlich des heutigen Jahrestages der Beseßung Roms ist die Stadt festlih beflaggt. Abends fand eine allgemeine JZllumination statt, Der Ünterrichts-Minister wohnte der Ver- theilung der Preise an die Zöglinge der Kommunalschulen bei, welche auf dem Kapitolsplate stattsand. Die Vertagung des Wiederbeginns der Elementarschulen aus Gesundheitsrüsichten ist lediglih eine Vorsichtsmaßregel, der öffentliche Gesundheits- zustand in Rom ist ein ausgezeichneter.
Dem Cholera - Bericht vom 1. d. Mts. zufolge kamen vor: Fn Alessandria 7 Erkrankungen und 12 Todesfälle, in Aquila 2 Erkrankungen und ebenso viele Todesfälle, in Bergamo 13 Erkrankungen und 9 Todesfälle, in Brescia 4 Etkrankungen und 3 Todesfälle, in Campobasso 1 Ex- krankung und 2 Todesfälle, in Caserta 15 Erkrankungen und 10 Todesfälle, in Cremona 16 Erkrankungen und 7 Todesfälle, in Cuneo 34 Erkrankungen und 12 Todes- fälle, in Ferrara 5 Erkrankungen und 1 Todesfall, in Genua 81 Erkrankungen und 38 Todesfälle, davon in der Stadt Genua 45 Erkrankungen und 19 Todesfälle, und in der Stadt Spezzia 4 Erkrankungen und ebenso viel Todesfälle, in Mantua 2 Erkrankungen, in Mailand 5 Erkrankungen und 3 Todesfälle, in Modena je 1 Erkrankungs- und Todes- fall, in Neapel 133 Erkrankungen und 82 Todesfälle, davon in der Stadt Neapel 82 Erkrankungen und 55 Todesfälle, in Novara 2 Erkrankungen und eben s\o viel Todesfälle, in Parma 3 Erkrankungen und 3 Todesfälle, in Pavia 3 Exr- krankungen und 1 Todesfall, in Reggio nell’ Emilia 6 Er- krankungen und 2 Todesfälle, in Rovigo 4 Erkrankungen und 1 Todesfall, in Salerno 2 Erkrankungen und 1 Todes- fall, in Turin 2 Erkrankungen und 3 Todesfälle, in Venedig 2 Erkrankungen, davon eine in der Stadt Venedig.
Genua, 2. Oktober. (W. T. B.) Von gestern Abend 10 Uhr bis heute Abend 8 Uhr kamen hier 17 Cholera- Erkrankungen vor. Der Bürgermeister, welcher an der Cholerine erkrankt war, befindet fich auf dem Wege der Besserung. Der König von Birma hat dur seinen Konsul hier für die hiesigen Cholerakranken 5000 Fres. übergeben
lassen. Neapel, 2. Oktober. (W. T. B.) Von gestern Nach- mittag 4 Uhr bis heute Nachmittag 4 Uhr kamen 72 Cho-
[era- Erkrankungen und 40 Cholera-Todesfälle vor.
Numänien. Bukarest, 2. Oktober. (W. T. B.) Der König und die Königin treten nächsten Montag die Reise nach Deutschland an, um der Feier der goldenen Hochzeit des Fürsten und der Fürstin von Hohenzollern in Sigmaringen beizuwohnen.
Nußland und Polen. St. Petersburg, 3. Oktober. (W. T. B.) Der Präsident des Warschauer Bezirksgerichts, Smirnoff, ist zum Adlatus des Ober-Prokurators im Kriminal-Kassationsdepartement des Senats ernannt worden. — Die „Deutsche Petersb. Ztg.“ erfährt, die Judenkommission werde zunächst das Ansiedlungsrecht der Juden im Jnnern der Gouvernements und ihr Reht auf Grundbesiß berathen, Die Kommission hatte beide Fragen den örtlichen Administrations- behörden zur Begutachtung vorgelegt. Die Majorität hatte si für eine ganz allmählih zu verwirklichende Erweiterung des Ansied- [lungsrehtes ausgesprohen; hinsihtlich der zweiten Frage seien verschiedene Meinungen lautgeworden, und zwar wollten die cinen den Juden den Besiß und die Pachtung von Län- dereien verbieten, die anderen den Grundbesiß wohl, aber
niht die Landpachtung gestatten, andere endlich den Juden in dieser Beziehung die nämlichen Rechte zugestehen wie aus- ländischen Unterthanen.
Afrika. Egypten. Kairo, 30. September. (Allg. Corr.) bien 200 Mann der berittenen Jnfanterie sind in Don- la angekommen. — Die Garnison von Berbera hat
nah Suez eingeschifft. :
Alexandrien, 30. September. (Allg. Corr.) Ein aus Massaua heute hier eingegangener Brief besagt, daß die Ein- wohner von Kassala nicht geneigt sind, den Ort zu verlassen, wenn nicht Transportmittel für ihr sämmtliches Hab und Gut gestellt werden. Einer ungefähren Schäßung nah würden hierzu 30 000 Kameele erforderlih sein. Der Gouverneur kann nur deren 3000 liefern, und ist der Ansicht, daß die Karavane, wenn nicht von Truppen beshüßt, in großer Ge- fahr stehen würde, von Räubern überfallen zu werden, welche in großer Anzahl die Straße unsicher machen.
Kapstadt, 10. September. (Allg. Corr.) Aus Bet- shuanaland laufen fortwährend widersprehende Nachrichten ein. Die Boeren sollen auf einen Krieg versessen sein und die Diplomatie ist eifrig bemüht, einen Zusammenstoß zu verhindern. Es verlautet, der Besiß von Betschuanaland läge den Boeren deshalb so sehr am Herzen, weil dort Gold ge- funden worden sei.
Zeitungsfstimmen.
Jn der „Kölnischen Zeitung“ lesen wir:
Die s\ozialpolitischen Reformen des Fürsten Bismarck werdcn, darüber hat man sich auch in Regierungskreisen wohl . keiner Täuschung hingegeben, nur langsam die Wirkung erzielen, daß das aufwieglerische Treiben der sozialdemokratishen Führer lahmgelegt wird durÞd die in den Arbeiterkreisen auf- tauhende Erkenntniß, daß die wahren Freunde der Arbeiter niht auf der Seite der Feinde der Regierung zu suchen seien. Aber wenn auch diese wohlthuende Wirkung der Bismarckscen Sozialreform erst nah Jahren, vielleicht nah einem Jahrzehnt völlig eintritt, fo lassen sich {hon heute gewisse Anzeichen nicht verkennen, daß die sozialdemokratishen Aufrührer den Arbeitermassen gegenüber in etniger Verlegenheit sind, daß sie die Bismarckschen Bestrebungen niht mehr einfah mit einigen s\pöttishen Redensarten abthun können, sondern fich bemüßigt sehen, ernstlich Stellung zu denselben zu nehmen. Ift das innere Widerstreben auch noch unverkennbar, mit welchem der Bismarckschen Reform einige Zugeständnisse gemacht werden, so werden diese Zugeständnisse doch immerhin gemacht und es wird nur für die Sozialdemokraten als oberste Schiedsrichter in diesen Dingen das Recht der Prüfung vorbehalten. So ist heute im zweiten Berliner Reichstags8wahlkreise cin bemerkenswerth maßvolU gehaltener sozialdemokratisher Wahlaufruf zu Gunsten des Herrn Tußauer verbreitet worden, der {hon wenig Scheu mehr vor dem Bismarckshen Sozialismus zeigt. In demselben wird u. A. ausgeführt: „Daß die auf wirklicher freiheitlicher Grundlage vorzunehmende Erweiterung des Ünfallversicherungs8geseßzes nothwendig ift, bedarf feiner langen Auseinanderseßzung; wir wollen, daß alle Arbeiter, niht nur einzelne Kategorien derselben, vor Noth und Elend ges{üßt werden, wenn sie von Unfällen betroffen, in ihrer Erwerbsfähigkeit beeiaträchtigt oder gar ganz erwerbsunfähig werden. Wir verlangen auch, daß die durch das Vertrauen der Be- rufsgenofsen gewählten Arbeiter in freier, ungehemmter Thätigkeit an der Verwaltung dieses Gesetzes Theil nehmen, und müssen deshalb
die Beseitigung dieser Beschränkung sowohl als auc die Aufhebung.
der Karenzzeit, durch welche die Krankenkassen erheblih belastet werden, als dringendes Erforderniß bezeihnen, Die im Todesfall ihres Ernährers beraubten Witwen und Waisen haben ein durch die Arbeit des Gatten und Vaters geheiligtes Ret auf die Hülfe und Unterstüßung der Gesammtheit, und dieser Forderung in aut- giebigster Weise gerecht zu werden, halten wir für eine der wichtigsten Aufgaben der Geseßgebung. Ferner wollen wir staatliche Invaliden- und Altersversorgung für die Arbeiter; es is eine hohe sittliche Aufgabe des Staates, auch den Invaliden der Arbeit Schutz und Theilnahme zu gewähren. Nicht ein Almosen in Form von Unterstüßung soll gewährt werden, sondern der Lohn für treue, redlihe Arbeit is es, den wir durch Invaliditäts- und Alters- versorgung gewährt zu sehen wünschen. Auch unsere Reichsregie- rung hat sich der Thatsache nicht verschließen können, daß es hohe Zeit ist, auf dem Gebiete des Erwerbslebens bessere Zustände an- zubahnen. Verschiedene Vorlagen hat der neue Reichstag zu erwar- ten. An uns wird es sein, cinen Vertreter zu wählen, der diese Vor- lagen prüft, der sih überzeugt, ob das von der Regierung in Vorschlag Gebrachte auch wirklich zum Wohl des Volkes sein wird; der das Gute überall, gleihviel ob es von Seiten der Regierung oder aus der Mitte der Volksvertrcter kommt, anerkennt und annimmt, der aber auch von seinem Rechte, das Schädliche und Unnüße zu kritisiren und zu verwerfen, um kein Jota zurücktritt.“ Jn diesen Worten sind ja versciedene und aub wirklich beachtenswerthe Ausftelungen an der neuesten \ozialpolitischen Gesetzgebung ge- macht; aber es wird doch umumwunden in seinen wesentlichen Grundlagen und Bestandtheilen das sozialpolitische Programm der Kaiserlihen Botschaft und das bisher auf diesem Gebiete Geleistete gutgeheißen. Das ist gewiß an alle Gutgesinnten eine neue, ein- dringlihe Mahnung, auf dem einges{lagenen Wege fortzuschreiten ; denn auch das Ziel des sozialen Friedens, das die Reformpolitik ver- folgt, erscheint näher erreihbar, als noch vor Kurzem gehofft wurde.
— Dem. „Düsseld orser Anzeiger“ wird aus Düsseldorf geschrieben :
Die Kolonifationen in Westafrika sind, so wenig sie si zur Massenauswanderung eignen, der deutschen Arbeit do in doppelter Weise sehr förderlich. /
Zunächst durch Vermehrung des Absaßtes der heimischen Industrie. Schon jeßt hat si, seit der deutsche Unternehmungsgeist jenen Gegenden si zugewandt, in wenig Jahren die Ausfuhr aus deutschen Häfen nah Westafrika mehr als verzehnfacht; sie ist auf nahezu eine Million Centner gestiegen. Je mehr unter dem Schutze des Reiches deutsche Handelsniederlassungen dort gedeihen und ih ausbreiten, um so lebhafter und umfangreiher wird O der Waarenaustausch, die Ausfuhr ans den deutschen Häfen dorthin entwickeln.
Das bisherige Wachsthum der Ausfuhr ist allerdings nur zum Theil der deutschen Industrie zu Gute gekommen. Denn, so un- zweifelhaft au diejenigen Handeltreibenden, welche in den Hansc- städten Schiffe nah jenen Gegenden entsenden, bei der Befrachtung deutscher Waare den Vorzug geben, fo sicher ist es anderseitig, daß, 0 lange die Freihafenstellung von Hamburg und Bremen besteht,
et der dadur bedingten Ueberfüllung dieser Handelspläße mit eng-
lisher Waare, in vielen Fällen diese zur Verschiffung gelangen und gelangen müssen. Sobald beide Hansestädte dem Zollverein ange- \chlossen sein werden, wird aber der dortige Markt mehr und mehr von der deutshen Industrie beherrscht werden, deren Produkte werden demzufolge auch in den für Westafrika bestimmten Schiffsladungen vorherrschen.
Gehen aber erst in der Regel nur deutshe Waaren in die Han- delsfaktoreien ab, so ist die Aussicht eröffnet, daß die afcikanischen Abnehmer derselben an ihrer Qualität Gefallen finden und deshalb nah deutscher Waare eine dauernde Nachfrage entsteht. Erst damit wäre die Voraussetzung etnes ständigen, der Erweiterung ungemein fähigen Waarenaustausches zwischen Deutschland und unseren west- afrikanishen Kolonien geschaffen und zugleih die Perspektive auf Steigerung der inländishen Produktion, auf Vermehrung der Arbeits* gelegenheit und des Arbeitsverdienstes eröffnet. :
Man sent aufs Neue, wie wichtig gerade im Interesse der nationalen Arbeit die Beseitigung der Sonderstellung der Hansestädte ist und wie sehr Diejenigen, welhe dem Abkommen mit Hamburg si GENETIEPiEN, wiederum die Interessen der arbeitenden Bevölkerung verleßten.
achdem dur die Zollpolitik von 1879 dem deutschen Gewerbe- fleiß der beimisde Markt gesichert ist, liegt die Möglichkeit der weiteren Versorgung der {nell wahsenden Bevölkerung mit loh- nender Arbeit nahezu aus\{ließlich auf dem Gebiete der Ausfuhr. Jede dauernde Steigerung der letzteren bedeutet neben den Vortheilen, welhe sie den betheiligten Handel- treibenden bringt, vor Allem eine Vermehrung der heimi- {en Arbeitsgelegenheit, und, sofern sie rentabel ist, zuglei eine Besserung der Lohnverhältnisse in den bei der Ausfuhr betheiligten Gewerbszweigen. Mit Recht wird neben der Förderung der Ausfuhr durch Handelsverträge daher von der Regierung deren Steigerung durch Errichtung von deutschen Handelsfaktoreien gerade im Interesse der arbeitenden Bevölkerung angestrebt.
Neben der Förderung, welche auf diese Weise die nationale Arbeit im Innern erfährt, erwäbst dem deutschen Arbeitsmarkte aber, wie wir demnäcft erörtern werden, no eine direkte, niht unwesentliche Entlastung durch die gegenwärtige Kolonialpoliti?.
— Die „Neue Reichscorrespondenz“ schreibt:
Die deutscbe Industrie fährt unter dem Schutze der gegenwärtigen Wirthschaftspolitik fort, sib von dem Auslande und insbefondere von England zu emanzipiren. Selbst in Bezug auf Spezialitäten, welche bisher als Monopol gewisser ausländischer Industriellen galten, tritt der heimishe Gewerbfleiß mehr und mehr mit Erfolg in die Schranken.
So galt z. B. bis vor Kurzem Armstrong als so ziemlih der einzige, von dem hydraulise Krahnanlagen in größereni Umfang ein- gerichtet werden könnten. Noch bei der Ausftattung des Antwerpener Paten mit derartigen Einrichtungen is Armstrong betheiligt gewesen.
ie umfangreichen Krahnanlagen, welche für den neuen Pachof in Berlin erforderlich sind und _welche ebenso wie die Aufzugseinrich- tungen aus\{ließlich mit Wasserkraft getrieben werden sollen, haben dagegen einer deutschen Fabrik verdungen werden können, welche nit blos auf die Details des Proiekts, sondern auch in Bezug auf die e P V der englischen Konkurrenz sich mehr als gewachsen ge- zeigt hat.
Statistische Nachrichten.
j Summarische Uebersicht der im Prüfungsjahre 1883/84 bei den Königlich preußischen medi- zinishen und pharmazeutishen Prüfunas-Kommissionen geprüften Doktoren und Kandidaten der Medizin und Kandidaten der Pharmazie.
bei den Prüfungs- Kommissionen zu
A
Summa
Marburg
Königsberg
Greifswald
= 4 co = _——_ +— | — Q | |
| 4 A
l I. Doktoren und Kandidaten
der Medizin sind aus dem vorigen Jahre wieder in die Prüfung getreten ¿ neu eingetreten . e
28| 4| 7| 2 8 3| 310| 2 67 «. . . [146/29/39/31/39/39/19 26/25|393 zusammen Se 42/22/3627 460
davon haben die Prüfung als Arzt | | | bestanden : P | [4
mit der Censur genügend. . 40) 8| 9 — 15/23 4| 6114119
do. al. , «l 70/23/18/14/26/16|13119/ 9 194
do. eor out 1 A0 111000
: zufammen |112/33/31/23 35/39/18 21/23[335
nicht bestanden resp. zurückgetreten 62/— 15/1012 3| 4/15| 41125
IT. Kandidaten der Pharmazie N sind aus dem vorigen Jahre wieder in N | H die Prüfung getreten i d— 1————| 3—| 9 neu eingetreten . « . . «1 04/17/39/10/14/12] 3} 9/25/1193 zusammen | 69 17/40 10/14/12 3/12 251202 davon haben die Prüfung als Apo- | | a theker bestanden : N | H mit der Censur genügend . 15 6 4—| 4/ 3| 1/ 6| 6] 45 do. N 34 724 9 90 2 oILITO2 do. TEOL QUE 10 4110| 4/ 1! 1—| 1 6] 37 i : zusammen | 59 17/38| 9/14 11/ 3/1023/184 niht bestanden resp. zurückgetreten 10 —} 2| 1|—| 1—| 2| 9] 18 Was soeben erschienene Augustheft zur „Statistik des Deutschen Reichs“ veröffentliht eine Statistik der Straffälle in Bezug auf die Zölle und Steuern des Deutschen Reichs bszw. Zollgebiets im Etatsjahr 1883/84, bestehend aus 2 Nachwei- lungen, von denen die erste je nah der Gattung der hinterzogenen Abgaben 2. und nah Steuerdirektivbezirken die Zahl der im Laufe des Ctatsjahres anhängig gewordenen und erledigten Prozesse und ferner die Verurtheilungen zu Geld- und &reiheitsstrafen, zu denen die erledigten Prozesse geführt haben, angiebt, während die zweite die Konfiskationen wegen Zolldefrauden, na den Hauptwaarengattungen getrennt, verzeibnet. In Beziehung auf die Ein gangszölle sind der erstbezeihneten Nachweisung zufolge im Jahre 1883/84 17 347 Prozesse angefallen und 17 366 Prozesse erledigt worden gegen 16 098 bezw. 16598 Prozesse im Vorjahre. Dazu ist bemerkt, daß aus diesen Zahlen nicht etwa eine Zunahme des Schleichhandels überhaupt gefolgert werden könne, im Gegentheil eine Abnahme des gewer blihen Schmuggels zu konstatiren, und die große Zahl der anhängig gewordenen und erledigten Zollprozesse mehr auf den sogenannten Taschen- und Gelegenheits\{chmuggel zurückzuführen sei, Dies geht {on daraus hervor, daß bei den im Jahre 1883/84 erledigten Zoll prozessen es sich um hinterzogene Gefälle von nur 56917 M gehandelt hat gegen 132586 & im Vorjahr, und daß die erkannten Geldstrafen 340 804 M betragen haben gegen 547 549 #4 im Vorjahr. In Beziehung auf die Ein-, Aus- und Dur{gangsver- bote wurden 1883/84 anhängig 468 und erledigt 406 Pro- esse (350 bezw. 371 im Vorjahr), und sind Geldstrafen erkannt worden 6140 \Æ (16 681 / im Vorjahr). In Beziehung auf die Taba cksteuer wurden anhängig 9932 und erledigt 10118 Prozesse (11 838 bezw. 13278 im Vorjahr), Wecchselstempel- steuer 3448 bezw. 3698 (3878 bezw. 3886 im Vorjahr), Reichs- Stempel abgaben 2715 bezw. 581 (399 bezw. 359 im Vorjahr), Branntwe insteuer 1079 bezw. 1077 (1152 bezw. 1134 im Vor- ahr) und Brausteuer 1278 bezw. 1280 (1280 bezw. 1334 im Vor- jahr). Zu den letzteren Zahlen ist zu bemerken, daß sie sch lediglich auf die Gebiete der gemeinschaftlihen Branntwein- bezw. Brausteuer beziehen, und daß die Prozesse wegen Hintergehung der in den süd- deutschen Staaten geltenden besonderen Getränkefteuergeseßze in der Nachweisung für fi aufgeführt find.
— Na Mittheilung des Statistishen Amts der Stadt Berlin find bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 21, bis inkl. 27. September zur Anmeldung gekommen: 332 Cheschließungen, 920 Lebendgeborene, 29 Todtgeborene, 646 Sterbefälle.
— Im Monat S eptember 1884 wurden bei der Allgemeinen Unfall-Versiherungsbank in Leipzig 7 Todesfälle, 6 lebens- gefährliche Verleßungen, 11 Unfälle, die ihrer Natur na eine gänz- liche oder theilweise Invalidität erwarten lassen, und 1223 Unfälle von voraussihtlich nur vorübergehender Erwerbsunfähigkeit der Ver- leßten, zusammen 1247 Unfälle angemeldet.
|
E i N R E
Kunft, Wissenschaft und Literatur.
, Die gesammten Organisationsgeseze für die innere Verwaltung des preußischen Staates. Text- Ausgabe mit Anmerkungen, cinem die einshlägigen sonstigen Gesetze, Verordnungen, Regulative und Cirkulare enthaltenden Anhang und einem ausführliden Sachregister. Zweite neubearbeitete Auslage. Herausgegeben von Carl Pfafferoth. Berlin und Leipzig. Verlag von J. Guttentag (D. Collin) 1884. — Das vorstehende Werk bringt in einem handlichen Bande sämmtliche neuere Gesetze über die Organisation der inneren Verwaltung und das Verfahren derselben mit kurzen Erläuterungen und ergänzt durch die ein- \chlägigen Geseße, Verordnungen und die wesentlichen ministeriellen Ausführungterlafe, Cirkulare u. a, und zwar zunäbst das Gefeß über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883; ferner die Provinzialordnung für die 5 östlichen Provinzen des preuß. Staates, nebst dem Gesetze, betr. die Abänderung derselben, und die Bekanntmacung, betr. ihre Redaktion, sowie die Kreisord- nung für die 6 östlihen Provinzen, nebst dem Gesetze über die Ab- änderung und die Bekanntmachung derselben, endlich das Verwal- tungêgerihtgeses und das Zuständigkeitsgeset der Verwaltungs- 2c. Behörden. An diese Geseße u. \. w. {ließt sich ein Anhang an mit 21 eins{hlägigen Gesetzen bezw. Verordnungen, Cirkularen, Jn- ftruktionen und Regulativen, von denen 2 Geseße von 1842 und 1850 (die polizeilichen Verfügungen und die Polizeiverwaltung betr.), die Übrigen 19 einschlägigen Gesetze u. \. w. aber aus den Jahren 1872—1884 datiren. Auf diesen Anhang mit den 21 Geseten u. \. w. folgen sodann ein Verzeichniß der Stadtkreise und der Städte mit mehr als 100C0 Einwohnern in den Landkreisen der 6 östlichen Pro- vinzen und ein chronologisches Verzeichniß der in Bezug genomme- nen Geseße, Verordnungen, Allerhöhsten Ordres u. a. Den Schluß bildet ein ausführlihes Sachregister. — Was das Verhält- niß dieser 2. vorliegenden Ausgabe zu der ersten betrifft, so entspricht diese 2. Auflage dem gegenwärtigen Standpunkte der Gesetzgebung, wie sie aus der im vorigen Jahre vorgenommenen Reform hervor- gegangen ist. Die Anordnung des Inhalts ist im Wesentlichen die- selbe geblieben, nur if in der 2. Auflage das Verwaltungsgerichts- Geseß unmittelbar hinter das Landesverwaltungs-Gesetz gestellt, und die Verordnung Über das Verwaltungs-Zwangsverfahren in den An- hang übertragen. Der Anhang hat außerdem eine Erweiterung dur{ch Aufnahme einiger fernerer Ministerial-Ausführungserlafse erfahren. Endlich sind die Anmerkungen dur Anführung aller wich{tigeren Ministerialerlasse sowie der wesentlichsten Entscheidungen des Ober- Verwaltungsgerichts vermehrt und ergänzt worden. Nach diesen Ums- änderungen bezw. Verbesserungen dürfte auch diefe 2. Auflage ihren E als praktisches und zuverlässiges Handbuch in vollem Maße erfüllen.
Gewerbe und Handel.
Bei den Abrecchnungsstellen der Reichsbank sindimSep- tember cr. 974 359 800 M abgerechnet worden, gegen 873 199 300 M im August cr.
— Vom Berliner Pfandbrief-Institut sind bis Ende Sep- tember 1884 671 100 MÆ 32 %oige, 18 585 900 A 4 °/gige, 44 346 000 45 °/)oige und 9 317 700 M 5 °%%ige, zusammen 72 920 700 M Pfand- briefe ausgegeben, wovon noch 671 100 A 34 oige, 18 224 100 A 4 °/oige, 34 304 400 Æ 43 %/vige und 6568 800 M 5 /ige, zusammen 99 768 400 K Pfandbriefe verzinslih sind. — Es sind zugesichert, aber noch nicht abgehoben 297 300 Æ, im Laufe des Monats Sep- tember1884 angemeldet 2 Grundstücke mit cinem Feuerversicherungs- werthe von 187 300 M
— In der Generalversammlung der Württembergischen Kattun-Manufaktur Heidenheim wurde die Dividende für das Geschäftsjahr 1883/84. auf 10 9% festgestellt und beschlossen: dem Delcredereconto 40 000 (6, dem Reservefond 20000 /( und dem Beamtenpensionsfond 15 000 4 zuzutheilen.
Breslau, 3. Oktober. (W. T. B.) Nat dem Berichte der „Shlesisben Zeitung“ behält der Roheisenmarkt seine matte Haltung bei. Die Bestände übersteigen 11 000 t, Preis 5,20 4 und darunter, Walzeisen fest, Preise unverändert, Rohzink zu steigenden Preisen begehrt.
Nürnberg, 2. Oktober. (Ho pfenmarktbericht von Leopold Held.) Der Markt zeigte gcstern niht mehr die gehobene Stim- mung wie an den vorhergehenden Tagen, und die Preise der Markt- hopfen konnten sich nur s{chwach behaupten ; die Mittelsorten mußten sogar bis zu 5 M Einbuße erleiden. Der heutige Markt hatte eine Zufuhr von 1500 Ballen hiesiger Landwaare und etwa 600 Ballen fremde Sorten pr. Bahn. Das Geschäft zeigte weniger Animirtheit und Verkäufe vollzogen sich sehr \{leppend. Namentlich waren die Mittelsorten, welhe meist in gelber Farbe und geringer Qualität aufgestellt waren, vernäclässigt und konnten nur zum Theil verkauft werden, wobei die Preise, gegen den leßten Bericht, um ca. 5 A. nachließen. Die guten Markt- und Gebirgshopfen waren mehr ge- suht und sind alle, größtentheils zu unverändertem Course, über- nommen worden. In Württemberger, Elsässer und Hallertauer Hopfen war stiller Verkehr bei vermehrtem Angebot und noH unver- änderten Notirungen. Die Tendenz des Marktes ist abges{chwäHt. Heutige Notirungen: Markthopfen, prima 95—105 ÁÆ, mittel 82—88 M; Gebirgshopfen, prima 112—120 M, mittel 100—105 4; Aischgründer, prima 120—125 , mittel 105—110 A; Württem- berger, prima 128—130 M, mittel 115—118 4; Hallertauer, prima 128—130 MÆ, mittel 115—118 A; Badische, prima 128—130 A4, mittel. 115—118 4; Elsäfser, prima 128—130 6, mittel 115 bis 118 MÆ; Posener 128—135 M,
Gotha, 2. Oktober. (W. T. B.) Der Vorschlag der Dresdner Bank für die Sanirung der Deutschen Grundkreditbank ist heute prinzipiell angenommen und eine Kommission zum vorläufigen Vertragsabschluß gewählt worden.
Bradford, 2. Oktober. (W. T. B) Wolle ruhiger, Tendenz zu Gunsten der Käufer, Botanywollen ftetig, Mohair feft, Alpacca ruhiger. Garne ruhig, die Spinner halten ihre Aufträge A bis die früheren Kontrakte abgewickelt sind. Lustre fancies
âtig.
Submissionen im Auslande.
: Welden Verwaltung der Staatseisenbahnen.
1) 16. Oktober, Mittags, im Wartesaal 1. Klasse der Station Lüttih-Guillemins. Pflafterung und Umzäunung des neuen Waaren- Lagerplaßzes der Station Verviers (Gérard-Champs). Abschâäßung 53 212 Fr. Vorläufige Kaution 2000 Fr. Auskunft beim Ingenieur, Betricbshef Lambert, Rue des Guillemins Nr. 99 zu Lüttich. Lasten- heft Nr. 176 in der Expedition des „Reichs-Anzeigers“.
2) 15. Oftober, Mittags, rue d'’Italie Nr, 38, zu Brüffel. Lieferung bedeutender Quantitäten Bekleidungs\toffe, namentlich blauen Tuches und blauer Leinwand. 11 Loose. Lastenheft Nr. 143 und Avis 179 in der Expedition des „Reichs-Anzeigers“.
Verkehrs-Anstalten.
Bremen, 2. Oktober. (W. T. B) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Werra“ ist heute Nachmittag 2 Uhr in Southampton eingetroffen.
Hamburg, 3. Oktober. (W. T. B.) _Der Postdampfer „Frisia“ der Hamburg - Amerikanischen Packetfahrt- Aktiengesellschaft ist, von New-York kommend, gestern Abend 10 Uhr auf der Elbe eingetroffen.
Wiel, 2. Wllober, (W. T. B) Dee Lloyddampter „Diana“ ift heute Mittag aus Konstantinopel hier eingetroffen:
Sanitätswesen[7und Quarantänewesen.
Schweiz. WLJAn den Eisenbahnstationen Chiasso und Bellinzona wird eine ärzilihe Inspektion der aus Jtalien kommenden Reisenden vorge- nommen. Eine gleiche Inspektion findet an den Postrouten Brieg- Intra, Colico-Chiavenna-Samaden , Colico-Chiavenna-Chur und
Poschiavo-Tirano, an den Grenzorten Gondo, Castasegna, Splügen- dorf und Champocologno und für die Dampfschiffe des Langen und Luganersees an allen \{weizerisckchen Landungspläßen statt. Zur Er- möglichung leßterwähnter Inspektion haben die italienischen Dambv?f- \chiffaefellsbaften die Anordnunzen des Bundesraths angenommen.
Laut Beschlusses des Bundesraths vom 11. Juli find in der Schweiz Inhaber von Gasthöfen und Privathäusern, in denen Per- sonen aus infizirten Gegenden Quartier nehmen, verpflichtet, sofort von fsolben Zuzügen Anzeige zu machen, worauf die betreffenden Sanitätsbehörden diese Quartiere unter spezielle Kontrole zu stellen haben. Den Kantonen if der Inhalt dieses Beschlusses in Erinne- rung gebracht und gleichzeitig» verfügt, daß die Wäsche von aus Italien zugereisten Personen während der ersten vier Wochen ihrer Anwesenkeit nit zum Waschen gegeben werden soll, ehe fie der vor- \hriftsmäßigen Desinfektion unterworfen worden ift.
An den Eisenbahn-Stationsan Chiafso und Luino sollen die ge- wöhnlichen Personenwagen wie die Schlafwagen regelmäßig aus- gewechselt werden, so daß bis auf Weiteres italienis%es Rollmaterial genannter Art auf \{chweizeris hem und \{chweizerisches Material auf italienishem Gebiet niht über die genannten Bahnhöfe hinaus foll verkehren dürfen.
Ein gleicher Wagenwechsel ist für die internationalen Postrouten an den Grenzpunften Gondo, Castasegna und Splügendorf vorgesehen. Für den Postkurs Poschiavo-Tirano und den Omnibusdienst Luino- Ponte-Tresa wurde ein Wagenwebsel mit Rücksicht auf die große n au Endpunkte zu der Schweizergrenze niht für erforderli erachtet.
Berlin, 3. Oktober 1884.
Emden, 3. Oktober. (W. T. B.) Die Mitglieder des Westdeutschen _Fluß- und Kanalvereins sind nach Besichtigung der Groninger Hafenanlagen und einer Dampferfahrt auf dem Groninger Emsfkanal, dem Dollart und der Ems über Leer heute hier einge- troffen, werden hier eine Versammlung abhalten und beute nah Oldenburg weiterfahren.
„Weimar, 2. Oktober. Unter dem Vorsiß des Ober-Bürger- meisters Pa b st (Weimar), welchem die Herren Lammers (Bremen) und Seyffardt (Crefeld) assistiren, wurden heute Nachmittag die Ver- handlungen des Deutschen Sparkassentages eröffnet. Nach den üblichen Begrüßungsreden trat die ziemlich zahlreihe Versamm- lung in die Berathung des ersten Gegenstandes ihrer Tagesordnung ein: „Uebertragbarkeit der Einlagen.“ — Der Referent Ober-Bür- germeister Hache (Efsen) empfahl folgende Resolution: „Der deutsche Sparkafsentag erachtet die Einführung der Uebertragbarkeit für ge- boten und empfiehlt den Sparkafsenverwaltungen die Annahme der Düsseldorfer Normen des Uebertragungsverkehrs.“ in Die Versammlung stimmte der Resolution mit großer Majori- ät zu.
Ueber den zweiten Gegenstand der Tagesordnung: „Begrenzung der Einlagen nah oben“ erstattete Regierungs-Rath Dr. Roscher (Dresden) das Referat. Mit einem reichen statistishen Material führte er den Nachweis, daß nichts bedenklicher fei, als den Sparkafsen die Annahme hoher Beträge zu gestatten. Gerade in Zeiten der Krisis, der Revolutionen und der Kriege seien die Einlagen hoher Sparbeträge diejenigen, welhe am rücksi{tslos\esten ihre Forderungen an die Sparkassen geltend machen und diese dadur in Verlegen- heit bringen. Die Inhaber [kleiner Einlagen haben in den \{limmsten Zeiten sich als die tapfersten Sparer und geduldigsten Gläubiger erwiesen. Wenn man nit die Marimalsummen der Einlagen einshränke, so würden die Sparkassen immer mehr zu Depositenbanken werden, statt zu solchen Anstalten — die sie doch sein sollen, — welche kleinen Leuten die nußbringende Anlage kleiner Summen ermöglichen. Es ist gar niht wÜns\{enswerth, daß z. B. Gewerbtreibende ihre erübrigten Summen aus\ch{ließlich den Sparkaffen übergeben. Schon in dem Gleichniß des Heilands wird der als der beste Haushälter gepriesen, der sein Pfund hat wuchern laffen, d. h. der seine Mittel zu neuem Erwerbe angewendet hat, nicht aber der, welher nur Zinsen davon bezogen hat. — Als Mittel zur Wiederherstellung der wahren Aufgabe der Sparkassen empfiehlt der Referent: Ausschließung der hohen Einlagen, — Vermeidung fehr hoher Verzinsung, — Verbot der Bestimmung, daß hohe Einlagen mit einem Vorzugszinsfuß ausgezeihnet werden dürfen, und Erlaß eines Verbots, daß kein Einleger mehr als ein Sparbuch bei der- selben Sparkasse besißen dürfe. — Nur von einer Seite, von Hrn. Lefevre (Schwedt), wurde gegen eine allzu enge Begrenzung der Ein- lagen nah oben hin Widerspruch erhoben; die Stimmung der Ver- sammlung neigte si aber ersihtlih den Ausführungen Roschers zu.
Bei vorgerückter Stunde konnte der dritte Gegenstand der Tages- ordnung: „Betheiligung der Sparer am Reingewinn“ nur flüchtig gestreift werden. Der Referent Stadtsyndikus Dullo (Brandenburg) sprach si troß einiger untergeordneter finanzieller Bedenken für die Betheiligung der Sparer am Gewinn aus, so niedrig au der Prozentsaß dieses Gewinnantheils bemessen werden möge.
Die Versammlung wurde hierauf durd ein Danke3wort des Vorsitzenden an die Referenten in ziemlich später Abendstunde ges
\ch{lofsen.
München, 2, Oktober. (W.T. B.) Die deut\che Molkere i- ausstellung ist heute im Auftrage des Königs dur den Ehren- Präsidenten derselben, Prinzen Ludwig, eröffnet worden. Die hier anwesenden Mitglieder des Königlichen Hauses, die Minister, die Spitzen der Civil- und Militärbehörden, sowie die deutschen und fremdländishen Delegirten und sonstige Notabilitäten wohnten der Eröffnungsfeier bei.
Nach einer Bekanntmachung des Polizei-Präsidiums is am 26. v. Mts. bei den Pferden des Fuhrherrn Herrmann, Münchebergerstr. Nr. 8 hierfelbst, der Ausbruch der Rotkrankheit amtlih fest- geftellt worden.
Im Deutschen Theater tritt morgen Frau Niemann zum ersten Mal nah ihrem Urlaub als „Susanne von Brie“ in „Der leyte Brief“ auf. Die zu Donnerstag angekündigte erste Auf- führung des Lustspiels „Die große Glocke“ von Oskar Blumenthal findet erst am Sonnabend, den 11., statt.
Die Meiningischen Hofschauspieler werden ihr Gajt- spiel im Victoria-Theater am Sonntag, den 12. Oktober, be- {ließen ; morgen geht die „Ahnfrau“ in Scene. Dieses Drama kann nur cin Mal gegeben werden. Die zweite Aufführung von „Miß Sara Sampson" wurde mit lebhaftem Beifall aufgenommen; na allen Aktschlüssen wurden die Darsteller zu wiederholten Malen ge- rufen. Am Sonntag wird „Julius Cäsar“ aufgeführt werden.
Terefina Tua produzirt am Sonntag im Krolls{en Saale in ihrem vorleßten Concert Beriots 7. Concert, Wieniawsky's „Airs russes“ und Vieurtemys „Ballade und Polonaise“ (mit Orchester). Frl. Annie Dunker wirkt als Sängerin mit und bringt Lieder von Riedel, Franz von Holstein, Mozart und ein lombardishes Volkslied La smortina) zum Vortrag. Die Pianoproduktionen hat Hr. Conrad Ansorge übernommen. Dem Tua-Concert folgt unmittelbar am Montag das Abschiedsconcert des Frl. Fohström.
Im Zoologischen Garten werden auf vielfaben Wuns die großen Militär-Concerte Dienstag, Donnerstag und Sonnabend, so lange die Witterung es noch gestattet, fortgeseßt. Eine zweck- mäßige Aenderung soll insofern eintreten, als der Anfang der Concerte um 4 Uhr, das Ende gegen 8 Uhr in Aussiht genommen ist.
——Da.