1884 / 239 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 10 Oct 1884 18:00:01 GMT) scan diff

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Beseßes, betreffend die Fürsorge für Wittwen und Waisen von Angehörigen des Reichsheeres und der Marine, in der durch die Beschlüsse des Reichstages angenommenen Fassung, beschloß der Bundesrath seine Zustimmung zu versagen. Auf den Antrag der Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Justizwesen wurde über die zum Zweck der Krankenstatistik einzufordernden Uebersichten und Rechnungsabs{lü}se und die hierbei anzuwendenden Formulare Beschluß gefaßt. Eine Eingabe, betreffend die Befreiung der Stickerei- und Weißwaaren-Konfektionsbetriebe von der Unfallversiche- rungspfliht, wurde dem Reichskanzler behufs Anhörung des Reichs-Versicherungsamts überwiesen. Bezüglih der Rehnung der Kasse der preußishen Ober-Rehnungskammer für das Etatsjahr 1882/83, soweit sie den Rehnungshof des Deutschen Reichs betrifft, wurde die Entlastung ertheilt. Endlih wurde über die geschäftliche Behandlung eingegangener Eingaben Mittheilung gemacht bezw. Beschluß gefaßt.

Bevollmächtigte zum Bundesrath sind zur Zeit 1

Königreih Preußen. Fürst von Bismarck, Reichskanzler. Maybach, Staats-Minister und Minister der öffentlihen Arbeiten, Chef des Reichsamts für die Verwaltung der Reichs-Eisenbahnen. Pr. Friedberg, Staats- und Justiz- Minister. von Boetticher, Stellvertreter des Reichskanzlers, Staats-Minister, Staatssekretär des Jnnern. von Scholz, Staats- und Finanz-Minister. Bronsart von Schellen- dorff, Staats- und Kriegs - Minister. Dr. Stephan, Wirklicher Geheimer Rath, Staatssekretär des Reichs-- Postamts. Dr, von Sgelling, Wirklicher / Ge- heimer Rath, Staatssekretär des Reichs - Justizamts. von Burchard, Wirklicher Geheimer Rath, Staatssekretär des Neihs-Schaßamts. von Caprivi, General-Lieutenant, Chef der Kaiserlichen Admiralität. Hassel bach, Wirklicher Geheimer Rath, General-Direktor der indirekten Steuern. Meinede, Wirkliher Geheimer Rath, Unter-Staatssekretär. Dr. von Moeller, Staatssekretär des Staatsraths. Dr, DUsQ, Uiler-Staatssekrelär. Herrfurth, Unter- Staatssekretär. Lohmann, Geheimer Ober-Regierungs-Rath. Stellvertreter: Marcard, Wirklicher Geheimer Rath, Unter - Staatssekretär. von Hänisch, General - Major. Dr. von Mayr, Unter-Staatssekretär. Bu rghart, General- Direktor der direkten Steuern. A schenborn, Direktor im Reichs-Schaßamt. Körte, Geheimer Ober-Regierungs-Rath. Kräfft, Geheimer Ober-Regierungs-Rath. Dr. Schulz, Geheimer Ober - Regierungs - Rath. Fleck, Geheimer Ober- Regierungs-Rath.

Königreih Bayern. Dr. Freiherr von Luß, Staats- Minister des Jnnern für Kirhen- und Schulangelegenheiten und Vorsißender im Ministerrath. Dr. von Fäustle, Staats-Minister der Justiz. Dr. von Riedel, Staats-Minister der Finanzen. Freiherr von Crailsheim, Staats-Minister des Königlichen Hauses und des Aeußern. Graf von Lerchenfeld-Koefering, außerordentliher Gesandter und bevollmächtigter Minister. von Xylander, General-Major. Stellvertreter: von Hocheder, General-Direktor der Verkehrsanstalten. von Kastner, Ministerial-Nath. Frei- herr von Stengel, Ministerial - Rath. Herrmann, Ministerial-Rath. Scchmidtkonz, Ober-Regierungs-Räth.

Königreih“ Sachsen. von Nostiy - Wallwißtß, Staats-Minister des Jnnern und Minister des Königlichen Hauses. Frhr. von Könneriß, Staats-Minister der Fi- nanzen. von Nostiz-Wallwiß, Wirklicher Geheimer Rath, außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister. von Schlieben, Major. Stellvertreter: Held, Geheimer Rath. von Waßtdorf, Geheimer Nath. Anton, Geheimer Justiz-Rath. Hoffmann, Geheimer Finanz: Rath. Golz, Geheimer Finanz-Rath. Böttcher, Geheimer Re- gierungs-Rath.

NONiarei0 Württemberg. Dr, von Mittnawt, Präsident des Staats-Ministeriums, Staats-Minister des Königlichen Hauses und der Auswärtigen Angelegenheiten. von Baur-Breitenfeld, außerordentliher Gesandter und bevollmächtigter Minister, Staatsrath. von Faber du Faur, General-Lieutenant. von Schmid, Wirklicher Direktor. Stellvertreter: von Heß, Ministerial -Rath. von Horion, Wirkliher Geheimer Kriegsrath. von Weiz- jaecker, Wirkliher Direktor. von Moser, Ober-Finanz- Rath. Schicker, Regierungs: Rath.

Großherzogthum Baden. Turban, Staats-Mi- nister, Präsident des Staats-Ministeriums und des Ministe- riums des Jnnern. Ellstätter, Präsident des Finanz- Minifteriums, Wirklicher Geheimer Rath. Nokk, Präsident des Ministeriums der Justiz, des Kultus und des Unterrichts. Stellvertreter: Frhr. von Marshall, außer- ordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister. Scherer, Ministerial-Rath. Seubert, Ministerial-Rath.

Großherzogthum Hessen. Finger, Staats- Minister, Minister des Großherzoglichen Hauses, des Aeußern, des Innern und der Justiz. Dr, Neidhardt, Wirklicher Ge- heimer Rath, außerordentlicher Gesandter und bevollmähtigter Minister. Weber, Präjident des Finanz-Ministeriums. Stellvertreter: Hallwahs, Geheim-Rath. von Werner, Ministerial-Nath. Müller, Ministerial-Rath. Schulz, Geheimer Ober-Finanz-Rath.

Großherzogthum Medlenburg - Schwerin. von Bülow, Staatsrath, Vorstand des Finanz- Ministe- riums. von Prollius, außerordentliher Gesandter und bevollmächtigter Minister , Geheimer Legations - Rath. Stellvertreter: Oldenburg, Ober-Zolldirektor.

__ Großherzogthum Sachsen-Weimar: Dr. Stich- ling, Staats-Minister. Stellvertreter: Dr. Heer- wart, Staatsrath.

Großherzogthum Mecklenburg-Streliß. Prollius (siehe Mecklenburg-Schwerin).

Großherzogthum Oldenburg. Selkmann, Geheimer Staatsrath. Stellvertreter: Dr. von Liebe (siche Braunschweig).

Herzogthum Braunschweig- Lüneburg. Graf Görß-Wrisberg, Wirkliher Geheimer Rath. Dr. von Liebe, Minister-Resident, Wirklicher Geheimer Rath.

Herzogthum Sachsen-Meiningen. Frhr. von Giseke, Staats-Minister. Stellvertreter: Frhr. von Stengel (siehe Bayern).

Herzogthum Sachsen - Altenburg. von Leip- ziger, Staats-Minister. Stellvertreter: Dr. Heer- wart (siehe Großherzogthum Sachsen).

Herzogthum Sachsen - Coburg und Gotha. Dr, Frhr. von Seebach, Staats-Minister. Stellver- treter: Dr, Heerwart (siehe Großherzogthum Sachsen).

von

von Krosigk, Staats-

Herzogthum Anhalt. Dr. von Liebe (siehe

Minister. Stellvertreter: Braunschweig).

Fürstenthum Schwarzburg - Sondershausen. Reinhardt, Staats-Minister. Stellvertreter: von Wolffsersdorff, Geheimer Staatsrath und Kammerherr. Dr. Heerwart (fiehe Großherzogthum Sachsen).

Fürstenthum Schwarzburg - Rudolstadt. Dr. von Bertrab, Staats-Ministe. Stellvertreter: Dr. von Liebe (fiche Braunschweig).

Fürstenthum Waldeck und Pyrmont. von Puttkamer, Landes-Direktor. Stellvertreter: Herr- furth (siehe Preußen).

Fürstenthum Reuß ä. L. von Geldern-Crispen- dorf, Geheimer Regierungs-Rath. Stellvertreter: von Prollius (siehe Mecklenburg-Schwerin).

Fürstenthum Reuß j.L Dr. von Beulwißt, Staats-Ministe. Stellvertreter: Dr. Heerwart (siehe Großherzogthum Sachsen).

Fürstenthum Schaumburg-Lippe. Spring, Geheimer Regierungs-Rath. Stellvertreter: Dr, von Liebe (siehe Braunschweig).

Fürstenthum Lippe. Eschenburg, Kabinets- Minister. Stellvertreter: Dr. von Liebe (siehe Braunschweig). /

Free Und Hanseiadt Lübeca, - Dr, Minister-Nesident. Senator.

Freie Hansestadt Bremen. Dr. Gildemeister, Bürgermeister. Stellvertreter: Dr, Meier, Senator. Dr, Krüger (siehe Lübe).

Felle Und Hanfenaot Hamburg. Pr, Vêrs- mann, Senator. Stellvertreter: Dr. Schroeder, Senator. Dr. Krüger (siehe Lübe).

Kommmissare der Landesverwaltung für Elsaß-Lothringen: Fabricius, General-Direktor der ole und indirelten Steuern. Hauschild, Ober-Regierungs- Rath.

Der japanische General-Postmeister Nomura stattete heute in Begleitung zweier höherer japanischer Postbeamten dem Staatssekretär des Reichs-Postamts einen Besuch ab. Die Genannten werden sich zum Zweck des Studiums der deutschen Post- und Telegraphen-Einrichtungen längere Zeit hier auf- halten, und haben bereits einige der bedeutenderen hiesigen Verkehrsämter unter Führung durch deutsche Postbeamte in Augenschein genommen.

Der Königlih württembergishe Gesandte am hiesigen Allerhöchsten Hofe, Staatsrath und Kammerherr von Bau r- Breitenfeld ift vom Urlaube nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

Vom 7. d. ‘M. ab sind zu einem zehntägigen Jn- formations-Kursus bei der Militär-Schießschule in Spandau zahlreihe Regiments - Commandeure bezw. ältere Stabsoffiziere der Jnfanterie 2c. kommandirt, bezw. von außerhalb hier eingetroffen.

Hannover, 9, Oktober. (Hannoverscher Kourier.) Jm weiteren Verlaufe der geo#rigen (9.) Sißung des 18. han- novershen ProvifiFzal-Landtags wurde auf Antrag des Ausschusses dem Verein zur Förderung des Handfertig- keitsunterrihts in Osnabrück eine einmalige Beihülfe von 300 M aus den Ueberschüssen der Vorjahre bewilligt.

Die Ergebnisse der provinzialständishen Verwaltung vom Jahre 1883 wurden ohne erhebliche Debatte genehmigt.

Der Abg. von Nössing referirte über die Anträge des Ausschusses zu dem ständishen Pensionsreglement. Das hannoversche Pensionsreglement von 1869 sei im Allgemeinen niht so günstig, wie das neueste Reglement, das für Preußen erlassen sei, in den Anfangs- und Endjahren sei das han- novershe Reglement günstiger, in den mittleren das neue preußische Reglement. Das hannoversche Reglement steige bis zu 80 Proz. des Gehaltes, das neue Reglement nur bis 1/0 der Einnahmen. Der Ausshuß habe geglaubt, mit Annahme des neuen Reglements den Beamten nußzen zu können, namentlih weil in den mittleren Dienstjahren die Pensionen viel höher seien. Die Beamten, welche glaubten, bei dem alten Reglement sich besser zu stehen, könnten auch unter demselben bleiben, wenn sie eine desfallsige Erklärung abgäben. Nach dem Ausschußantrage soll der Paragraph folgende Fassung erhalten: Das Ruhegehalt soll vom voll: endeten 10. Dienstjahre an °/5g der Diensteinnahme betragen, welche der Beamte bei der Entlassung hatte, und mit jedem ferneren Dienstjahre um 1/39 derselben steigen. Der Antrag wurde ohne Debatte genehmigt.

S. 7 wird dahin geändert, daß das Ruhegehalt niht mehr als °/;g der Diensteinnahme betragen solle. Es soll ein §. 20 nahgefügt werden :

Denjenigen Beamten, welche bereits vor Erlaß dieses abgeän- derten Pensionsreglements mit Pensionsberechtigung angestellt worden find, ist es gestattet, bei ihrer Verseßung in den Ruhestand die Pensionirung nach den Grundsätzen des Pensionsreglements vom 28. September 1869 zu beanspruchen, wenn sie binnen 2 Monaten nach einer desfallsigen alsbald zu stellenden Anfrage des Landes- Direktoriums erklären werden, daß sie vorziehen, sh dem meuen Reglement nicht zu unterstellen.

Dieser Antrag wurde genehmigt.

Der Ausschuß beantragte, aus den Uebershüssen der Vor- jahre die Summe von 2250 # zu bewilligen für die Ver- änderungen, welhe im Sizungssaale des Provinzial-Landtages durch die Vermehrung der Zahl der Mitglieder des Provinzial- Landtages auf 99 erfordeclih werden.

Der Abg. von Bennigsen referirte: Jm Sitzungssaale ließen sich ohne Weiteres diese Aenderungen durchführen, und zwar dadur, daß das Büreau 2c. an die shmale Seite komme und die Gänge eingeshränkt würden. Eventuell könne man noch durch weitere Einengungen acht Sißpläße gewinnen. Ein Erweiterungsbau des Saales würde niht unter 30 000 M zu beschaffen sein.

Der Abg. von Linsingen erklärte sich gegen die Art des Umbaues, die große Unzuträglichkeiten herbeiführen werde. Der Abg. Dr, Müller wollte die jeßt vorhandene Freizügigkeit im Sizungssaale gern fallen lassen.

Nachdem der Abg. von Bennigsen den Ausschußantrag empfohlen hatte, wurde derselbe genehmigt.

Jn der heutigen (10.) Sißung des 18. hannover- shen Provinzial-Landtages wurde zunächst in die Be- rathung des Geseßentwurfs zur Ergänzung und Abänderung der Wegegeseßgebung in der Provinz Hannover einge- treten. §. 1 lautet nah den Vorschlägen der Kommission :

eBehufs ciner Ausgleihung zwishen den einzelnen Kreisen hinsichtlih der denselben als Wegeverbänden obliegenden Land-

Krüger,

Stellvertreter: Dr. Klügmann,

\straßenunterhaltung können in solchen Kreisen, in denen Provinzial- straßen nicht oder verhältnißmäßig nur in geringer Ausdehnun vorhanden find, ganze Landstraßen oder Strecken derselben in die Klasse der Provinzialstraßen versetzt werden. Ueber die Verseßung bes{ließt der Provinzial-Landtag unter Genehmigung des Ober, Präsidenten.

Die Versetzung von Provinzialstraßen in die Klasse der Land, straßen kann durch übereinstimmenden Beschluß des Provinzial, Landtages und des betreffenden Kreistages unter Genehmigung deg Ober-Präsidenten erfolgen.

Dur die Verseßung gehen Eigenthum, Nußungsrecht und Unterhaltungslaft auf die Provinz, beziehungsweise den Kreis über *

Der Referent Abg. von Hammerstein-Loxten bemerkte daß in den Berathungen der Kommission sowohl die einzelnen Anträge, als die veränderten Entwürfe im Ganzen nur mit 5 gegen 4 Stimmen angenommen seien, und daß eine Reihe von Anträgen gestellt sei, die mit geringer Majorität abgelehnt seien, Er persönli stehe heute noch auf dem Boden der Regierungsvorlage. Die Kommissionsvorschläge wichen nament: lih darin von der Negierungsvorlage ab, daß, während leßtere die vorgesehene Provinzialabgabe nur zur Unterhaltung dex Landstraßen zulasse, die Kommission sie auch eventuell zu Neubauten gewähren wolle. Persönlih wünsche er, daß der 8. 1 in der Regierungsvorlage angenommen und dann nah Beschluß der Kommission ein Zusaß gemacht werde. Dana würde §8. 1 lauten :

„Behufs einer Ausgleichung zwishen der einzelnen Kreisen binsihtlih der denselben als Wegeverbänden obliegenden Unterhal- tungêlaft können ganze Provinzialstraßen (Chausseen) oder Strecken derselben in die Klose der Landstraßen und andererseits ganze Landstraßen oder Strecken derselben in die Klasse der Provinzial- straßen verseßt werden. Durch eine folhe Verseßung gehen Eigen- thum, Nuzungsrecht und Unterhaltungslast der betreffenden Straßen oder Straßenstrecken auf den Kreis bezw. auf die Provinz über, und der Zusaß der Kommission: Ueber die Versetzung be- {ließt nad Anhöxung der Kreisvertretung der Ober-Präsident im Einverständnisse mit dem Provinzial-Landtage. Bei dem Beschluße ist insbesondere auf den Umfang der dem betreffenden Kreise alz Wegeverband obliegenden und noch bevorstehenden Lasten Rücksit zu nehmen.“

m Verlaufe der Debatte beantragte der Abg. Für- bringer, die Regierung möge die hier geplante Reform so lange vertagen, bis man sehen könne, welche Wirkung die Vereinigung von Wegeverbänden im Kreise habe 2c., und

statistishe Mittheilungen vorzulegen über die Verweisung von

Chausseen auf den Landstraßenetat. Für den Fall der Ab- lehnung des Antrags proponire er, dem Eventualantrag zu- zufügen, daß auch auf die Kommunal-, kirhlihen und Scul- lasten Nücksiht genommen werden solle, ferner in dem Prin- zipalantrag eine Bestimmung aufzunehmen, die sicherstelle, daß in den Städten auch die Kommunalvertretungen gehört würden,

Nachdem der Regierungskommissar Ebmeier si gegen den ersten Antrag des Abg. Fürbringer ausgesprochen hatte, zog nah kurzer Debatte der Abg. Fürbringer seinen ersten Antrag zurü.

Darauf beantragte der Abg. von Bennigsen den ersten Saß des §. 1 in der Regierungsvorlage als ersten Say im 8. 1 der Kommission aufzunehmen. Der Antrag wurde jedo gegen 29 Stimmen abgelehnt und das erste Alinea des §, 1 in der Kommissionsfassung mit 37 Stimmen angenommen.

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Zu dem zweiten Alinea lag der oben erwähnte Antrag Fürbringers vor ; ferner ein Antrag Brünings, hinter „kann“ einzuschalten: „für denselben Kreis“, Alinea 2 und beide An- träge wurden genehmigt, ebenso Alinea drei.

8. 2 lautet in der Fassung der Kommission:

„Zu dem gleichen Zwecke, sowie in sonstigen Fällen dringer den Bedürfnisses und zur Förderung des Landstraßenneubaues sind Sci- tens des Provinzialverbandes Beihülfen für die Unterhaltung, be- ziechungsweise den Neubau zu gewähren, soweit die hierzu vorhan- denen oder vom Provinzial-Landtage bewilligten Mittel ausreichen.

Der Provinzial-Landtag ift befugt, zur Beschaffung bezüglicher Mittel eine Provinzialabgabe nah dem für die Wegeverbands- lasten geltenden Vertheilungsfuße, und zwar eine sogen. kleine Wegeumlage in dem Betrage, welchen die einzelnen Stadt- und Landkreise von den Kreisangehörigen zu fordern berechtigt sind, oder einen Theil solher Umlage auszuschreiben und von den Krei-

sen zu erheben.

In den Stadt- und Landkreisen erfolgt die Aufbringung der auf sie entfallenden Antheile nah dem für die Ausschreibung der Abgabe maßgebenden Vertheilungsfuße. Den Stadtkreisen bleibt die Beschlußnahme darüber, wie ihre Antheile aufgebraht werden sollen, vorbehalten.“

Nach kurzer Debatte wurde §8. 2 in der Kommissions-

fassung angenommen.

Ebenso wurden die W. 3, 4 und 5 ohne erhebliche De- batte genehmigt.

Bayern. München, 10. Oktober. (W. T. B.) Der König von Rumänien is heute Vormittag über Lindau nach der Schweiz abgereist, während ih die Königin über Ulm nah Sigmaringen begeben hat.

Braunschweig. Braunschweig, 9. Oktober, Abends, (W. T. B.) Nach den bis heute Abend hier eingegangenen Nachrichten war eine Besserung in dem Befinden des Herzogs nicht eingetreten.

10. Oktober, Vormittags. (W. T. B.) Nath den leßten vorliegenden Nachrichten ist der Schwächezustand des Herzogs unverändert.

Elsaß-Lothringen. Straßburg, 8, Oktober. (Ldes. Ztg. f. Els.-L.) Die Feier der Einweihung des neuen Kollegiengebäudes der Kaiser-Wilhelm-Univer- sität wird in den Tagen vom 26. bis 28. d. M. stattfinden. Das Fest beginnt am Sonntag, den 26., um 101/, Uhr, mit der Uebergabe einer Fahne, die von den Damen der An- gehörigen der Universität gestiftet und in München verfertigt ward, an den Ausschuß, als offiziellen Vertreter der Stu- dentenschast; daran {ließt sich um 11 Uhr der Empfang der Gäste der Studentenschast bei einem musikalishen Früh- shoppen in der Festhalle. Am Abend um 7 Uhr findet der Fackelzug statt, der dem Kaiserlichen Statthalter, General- ¿Feldmarschall Freiherrn von Manteuffel, als Vertreter Sr. Majestät des Kaisers, des erhabenen Protektors der Hochschule, ferner auch dem Professor Dr. Sohm als Rektor und dem Unter - Staatssekretär Ledder- hose als Kurator der Universität dargebraht wird. Am Montag um 10 Uhr versammeln sich Rektor und Senat, ihre Ehrengäste, das Professorenkollegium, die Beamten der Universität und die Studentenschaft auf dem Schloßhofe. Um halb 11 Uhr bewegt sih der Zug unter Vorantritt der Kapelle des Regiments 105, die für die drei Festtage von der Studentenschaft engagirt is, zur Universität. Dort findet um 111// Uhr der Festaktus statt, der durch eine eigens für diesen Zweck gedichtete und komponirte Festhymne eingeleitet und ge? lossen wird. Am Nachmittage wird die von der Universität

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gegebene Festtafel im Lichthofe abgehalten, und daran {ließt sih eine Beleuchtung des Kollegiengebäudes. Der offizielle Fest- fommers beginnt um 8 Uhr in der Festhalle. Am Dienstag Morgen um 9 Uhr findet die offizielle Besihtigung der neuen Bauten und um 11 Uhr musikalisches Frühstück in der Festhalle statt. Am Abend des Tages giebt die Stadt Straßburg im Stadthause einen Festball zur Feier der Einweihung.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 8. Oktober. (Wien. Zbg.) Der König und die Königin sowie der Kronprinz von Serbien sind nah mehrwöhigem Aufenthalt in Gleichen- berg heute Nachmittag 5 Uhr wieder hier eingetroffen und auf dem Südbahnhofe von dem serbishen Gesandten und dem Personal Der Gesandtschaft empfangen worden, Die Majestäten nahmen das Absteigequartier wieder im „Hotel Jmperial“.

Prag: 10, Dilober. (W. 2: D) An dex Kom- mission für die Landtagswahlreform erklärte der Referent Tonner, in Folge der Opposition der Deutschen auch von dem Antrage auf Behandlung der Gesammt- vorlage im Landesausschusse abstehen und sich nur auf den Antrag rüclsih!llih der Einräumung des Wahlrechts an die sogenannten Fünfguldenmänner beschränken zu wollen. Da jedoch der Antrag des Landesausscusses weitergehe und Extrazuschläge in die direkte Fünfgulden- steuer einbeziehe, so beantrage der Referent, den betreffenden Bericht als Grundlage der Berathung anzunehmen. Herbst erklärte sih hiermit einverstanden. Die Abänderung der Landtagswahlordnung rücksichtlich des Wahlrehts der soge- nannten Fünfguldenmänner wurde hierauf beschlossen.

Pest, 7. Oktober. Jn der heutigen Sißung des unga- rischen Reichstages legte der Kommunikations-Minister Baron Kemény den Gesctentwurf übex die Verstaat- lichung der Alföld-Fiumaner Bahn zur Berathung vor

Belgien. Brüssel, 6. Oktober. (Wes.-Ztg.) Der

Kriegs-Minister hat angeordnet, daß fortan auch die flamländishe Sprache in der Armee mehr zur Geltung fommen soll. Die walonishen und flamländishen Rekruten sollen getrennt werden, die Leßteren nur in ihrer Sprache den Dienst erlernen und ihnen erst später das für das Militärische erforderlihe Französische beigebraht werden; es sind daher überall geeignete, des Flämishen mächtige Fnstruktoren an- zustellen. E Der Stadt Brüssel erwähst durch das neue Scul- gesetz eine jährlihe Mehrbelastung von 400 000 Fr. ; troß- dem schließt ihr Budget pro 1885 mit einem Ueberschuß von 700 000 Fr. ab.

Großbritannien und Jrland. London, 9. Oktober. (W. T. B.) Ein von den Zeitungen veuröffentlihter Brief des Staatssekretärs der Kolonien, Grafen Derby, enthält die Mittheilung, daß die Ernennung einer gemischten Kommission zur Regelung der von englishen und deutshen Staatsangehörigen in Angra Pequeña erhobenen, einander widersprehenden Ansprüche gegenwärtig den Gegenstand eines Schriftwechsels zwischen den bethei- ligten Regierungen bilde.

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“rankreich. Pas, S Dilover, (r. Eo) Jn allen Theilen des Landes macht sih augenblicklich eine starke \chußzöllnerishe Agitation geltend, und es vergeht fast kein Tag, an dem nicht irgend eine Versammlung von Protektionisten in der Provinz stattfindet. Die Gesell- haft der La!sndwirthe des Norddepartements et deten n Lille in Anwelenhelt des Pas fekten und der Präsidenten der Bezirk8vereine eine Sißung, in welcher einstimmig eine Tagesordnung zur Annahme gelangte, die an die Regierung die Bitte stellt: die Zölle auf Getreide, Schlachtvieh und Fleisch zu erhöhen, das neue Geseh über den Steuernachlaß für Zucker zur Weinver- besserung sofort in Anwendung zu bringen u. st. w. Eine Deputation, der sich auch der Präfekt Cambon anschließen wird, wurde mit der Ueberreihung dieser Wünsche an die Regierung beaufträgt.

(Köln. Ztg.) Der Vierundvierziger-:-Aus8\chu§ß der Deputirtenkammer für die Untersuhung über die volkswirthschaftliche Lage des Landes und besonders der Hauptstadt hat einen engeren Aus\chuß von sieben Mitgliedern ernannt, der sich nah Lyon verfügen und dort die Lage der Arbeiter untersuchen soll.

9, Oktober. (W. T. B.) Die Budgetkom- on veulandelle e M n Sinanz- Minister Tirard. Letlerer mochte der Kommission zum Vorwurf, daß sie die Ziffer der Einnahmen allzu sehr herab- seße, und beharrte dabei, daß das wirkliche Defizit nur 57 Millionen betrage. Gleichzeitig brachte der Minister, außer den beantragten Ausgabe-Ermäßigungen, die Unterdrückung der Defraudationen und die Abänderung und Umgestaltung gewisser Steuern in Vorschlag. Eine Aufhebung der Amor- tisirung wurde von dem Minister absolut zurückgewiesen. Der Kriegs-Minister Campenon hat die Budget- kommission benachrichtigt, daß er eine Erhöhung der Kreditforderung für die Befestigungen an der Pyrenäen-Grenze um 3 Millionen beantragen werde.

Heute kam in St. Ouen ein Fall von sporadischer Cholera vor.

9, Oktober, Abends. (W. T. B.) Bei einem heute Abend im Hotel Continental stattgehabten Bankett des keramishen Vereins sprach der Minister-Präsident Ferry über den Fortschritt der Kunstindustrie und forderte den keramischen Verein auf, alle Anstrengungen zu machen, um bei der allgemeinen Ausstellung im Jahre 1889 zu zeigen, was schon seit hundert Jahren die demokratishe Gesell- (Bit n habe, um die civilisatorishe Aktion zu fördern.

eifall.)

__ Die „Agence Havas“ meldet aus Hanoi: General Négrier stieß gestern bei Kep auf 6000 chinesische

eguläre, welhe mehrere, ein Centralshanzwerk um- gebende Verschanzungen beseßt hatten. Die Chinesen begannen den Angriff und suchten die französishen Truppen zu umringen. Das Gefecht dauerte von früh 9 Uhr bis Nachmittags 2 Uhr und endete mit der Fluht der Chinesen. Der Rüflzug nah der cinesishen Grenze wurde den Chinesen abgeschnitten ; dieselben flohen in vereinzelten Haufen in der Richtung auf Daognan und wurden von den franzÖö- sishen Truppen verfolgt. Die mit der Vertheidigung von Kep beauftragten cinesishen Truppen leisteten bemerkens- werthen Widerstand; in die Ortschaft Kep, welhe von den sranzösishen Truppen umzingelt wurde, mußte Bresche geschossen werden ; das Centralshanzwerk wurde mit dem Bajonnet ge-

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nommen. Jn der Ortschaft Kep allein verloren die Chinesen über 600 Mann an Todten. Die französishen Truppen gingen mit großem Muthe vor und operirten mit solher Umsicht und Entschiedenheit, daß man s\ich der Rückzugslinie des Fein- des bemächtigen konnte. Das gesammte Kriegsmaterial der Chinesen und eine große Anzahl von Maulthieren und Pferden fiel in die Hände der französishen Truppen. Die Verluste der französishen Truppen betrugen: 1 Kapitän und einige 20 Mann todt, 8 Offiziere und etwa 50 Mann verwundet. General Négrier und ein Ordonnanzoffizier sind leiht ver- wundet. General Brière de l’Fsle ist nah dem Schau- plaß der Operationen abgegangen.

__— 10. Oltober, Nachmittags. (W. T. B.) Ein hier eingegangener Bericht des Generals Brière del’JFsle bestätigt die bereits gemeldeten Details über den Kampf bei Lang Kep und sagt, daß in dem Dorfe allein 640 Leichen von Chinesen gefunden wurden. General Nég rier erhielt eine Verwundung im Sthenkel. Die Chinesen werden in der Richtung auf Yenthe verfolgt. Weiter berihtet General Brière de l'’Jsle: er lasse Lang Kep stark beseßen, um den Ausgang des Passes zu halten; er hoffe, auch Lochnan und das Defilé von Yenthe schließen zu können. Nach Westen und Süden hin jei die Nuhe durch die Beseßung der Festungen Phunnim und Myluong, aus denen die feindlichen Abtheilungen vertrieben wurden, gefihert. Der Anführer der Leßteren sei getödtet. Er, Brière de l’Jsle, werde nunmehr selbst den Oberbefehl über die Expedition übernehmen.

Italien. Rom, 9. Oktober. (W. T. B.) Der König hat für die von der Cholera betroffenen Familien in Genua 20 000 Lire gespendet.

Der Cholera-Bericht vom 8, d. Mts. meldet: Es kamen vor: Jn Alessandria 7 Erkrankungen und 2 Lodessdlle, m Aqula 1 Enrankunagosall in BDergamno 8 Erlkanlungen “und 4 Todesfalle, in Brescia 5 Erkrankungen und 6 Todesfälle, in Caserta 1 Erkrankungsfall und 2 Todesfälle, in Cremona 9 Erkran- kungen und 4 Todesfälle, in Cuneo 32 Erkrankungen und 11 Todesfälle, in Ferrara 3 Erkrankungen, in Genua 24 Erkrankungen und 14 Todesfälle, davon in der Stadt Genua 12 Erkrankungen und 10 Todesfälle, und in der Stadt Spezzia weder ein Erkrankungs- noch ein Todesfall, in Man- tua 1 Erkrankungs- und 1 Todesfall, in Massa e Carrara 1 Erkrankungsfall, in Mailand 3 Erkrankungen, in Neapel 39 Erkrankungen und 22 Todesfälle, davon in der Stadt Neapel 23 Erkrankungen und 15 Todesfälle, in Novara 1 Erkrankungsfall und 2 Todesfälle, in Parma 4 Erkran- kungen und 2 Todesfälle, in Pavia 4 Erkrankungen und 2

Todesfälle, in Reggio nell’ Emilia 2 Erkrankungen und

1 Todesfall, in Rovigo 6 Erkrankungen und 3 Todesfälle, in Salerno 3 Erkrankungen, in Turin 3 Erkrankungen und 4 Todesfälle.

Griechenland. Athen, 10, Oktober. (W, T. Dio @ A i , De Kammer ist zum 8, November einberufen worden.

Türkei. (Allg. Corr.) Wie das türkishe Blatt „Dse- ridni Havadiß“ (Militärische Nachrichten) meldet, ist der Pforte aus Hodeida die Nachricht zugekommen, daß die türki- hen Truppen den Jnsuvrgenten in der Provinz Yemen (Südarabien) bei dem Städthen Zefir eine totale Niederlage beigebraht und nachher auch diesen Ort im Sturm genommen haben. Zefir war in der leßten Zeit der Hauptstügpunkt dieser Jnsurgenten, und man glaubt nun in Pfortenkrcisen, daß mit dem Fall dieses Städtchens die Jnsurrektion gänzlich zerfallen und die Ruhe in dieser Provinz baldigst wiederkehren werde. Jedoh is es den beiden An- führern der JFnsurgenten, Scherif Eddin und Scheikh Hadi, im Kampfesgetümmel gelungen, mit einigen ihrer Getreuen zu entkommen und sih in die Gebirge zu retten. Der General- Gouverneur von Yemen hat daher sfogleich einen Trupp Reiter zur Verfolgung dieser Rebellenführer abgesendet und außerdem einen Preis auf deren Einlieferung ausgeseßt. Das türkishe Kriegs-Ministerium hat die fernere Absendung von Truppen nach Südarabien fistirt.

ÆAsvrita. Egypten. Alexandrien, 9. Ollober. (W. T. V) Vas Journal „Phare d'Alepandriè il wegen eines Artikels, der sich für die Wiedereinseßzung des früheren Khedive Jsmail Pasha ausf\priht, auf 3 Monate suspendirt worden.

B.)

Zeitungsftimmen.

Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ meldet:

Aus Anlaß der Dampfersubventions-Vorlage sind dem Fürsten Bismarck neuerdings wieder verschiedene Zustimmungsadressen zugegangen, u. a. auch Seitens der deutschen Kolonien in Messina und Buenos Aires. Die letztere trägt mehrere hundert Unterschriften und hat umsomehr Bedeutung, als unter den fremden Kolonien in Buenos Vires die deutsche kommerziell den ersten Rang einnimmt. , :

Jn einem längeren Artikel über die Chancen und die gegenwärtige Taktik der „deutsch: freisinnigen“ Opposition äußert die „St. Petersburger Zeitung“:

Ï Die Klagen der linksliberalen deuts{chen Presse, daß die Regierung troß der nahe bevorstehenden Wahlen über ihre Ab- fichten noch immer scchweige, daß sie jeder programmatischen Kund- gebung andauernd sich enthalte, find wohl begreiflih. War es doch beispielsweise so bequem, den Wählern vorzurechnen, daß durh die Einführung des Tabackmonopols eine Steige- rung der Preise und eine Verschlehterung der Waare bedingt werde Ganz ungeheuerlide Zahlen wurden damals ins Feld geführt und von dem Wähler bereitwillig ge- glaubt Das ift diesmal nun ganz anders, und dadurch aller- dings den oppositionellen Parteien das Konzept für ihre Agitationen in empfiadliher Weise verrückt. Aber auch sonst kämpfen sie augenblicklich unter einem ungünstigen Sterne. Erschwert ihnen die Zurückhaltung der Regierungspresse die Übliche Praxis der negirenden Kritik, so fühlen sie sich in den wenigen Fragen, die wirklich vorliegen, außer Stande, den lebendigen Strömungen im Volke entgegenzutreten. Die Getreidezölle haben ja viel herhalten müssen; was is nicht alles vom Brote des armen Mannes gesagt worden, das nur zum besten einiger Großgrundbesißer vertheuert werde. Blättert man in den Zeitungen von 1883, fo follte man erwarten, daß jeder oppositionelle Kandidat in seinen Wahlreden die Einbringung eines Antrages auf Abschaffung der Getreidezölle als seine erste parlamentarische That in Ausficht stellen würde, in der ganz logis{ben Folgerung aus dem absoluten Verdammungsurtheil, das die Freisinnigen über diese Zölle gefällt haben. Thatsächlich ist davon keine Rede; die Freisinnigen und felbst ihre radikaleren Hintermänner, die deutshen Volksparteiler erklären, eine Aufhebung derselben niht beantragen zu wollen, weil sie fürchten, fonfst ihre Klientel unter der ländlihen Bevölkerung zu verlieren. . ..

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Auch die Kolonialfrage giebt ihnen Gelegenheit, ihre Schmiegsamkeit zu zeigen. Gerade hier ift ihr Verhalten besonders charakteriftisck, die Situation für sie allerdings auch besonders {wierig. Die Führer der Freisinnigen hatten sih von vornherein, als es sich nob um die Subventionirung deutsher Dampferlinien na& australishen und chinesishen Häfen handelte, in einen förmlichen Fieberzustand hinein- geredet; Hr. Richter sah die Knochen deutscher Landwehrmänner auf den Sandfeldern von Angra Pequenna bleiben, und Hr. Bamberger mahnte, die Nahtmüßze bis über die Nase zu ziehen, damit man doch vor Nasenstübern siher sei... . Aber das Genie des Fürsten Bismarck befand sib aub hier in Uebereinstimmung mit den Wünschen und Bedürfnissen des Volkes, und die freisinnigen Führer erkannten sehr bald, daß sie auf einem bedenkihen Abweg seien; es erschien ihnen dringend gerathen, denselben baldigst zu verlassen. . Um den eigenen Uebergang aus ihrer früheren ablehnenden Haltung zu masfiren, ward den Gegnern eine Schwenkung angedicbtet. Seit einiger Zeit ist in freisinnigen Blättern viel zu lesen gewesen, wie gut es sei, daß in Bezug auf die Kolonialfragen darin wieder verständige und ruhige Ansichten si geltend maten, daß die anfängli so hoch gehenden Wogen der kolonialen Begeisterung wie- der zu ebben annfigen. .. . . Doch nicht auf dieser Seite ift eine Aenderung eingetreten, sondern ganz aus\cließlich auf Seite der früheren fortshrittliben Widersacher, die auch hier der Strömung im Volke sich nicht entgegenftemmen können, ohne geshädigt zu wer- den. Steht einerseits fest, daß die ruhige Zurückhaltung der Re- gierung, die, nebenbei bemerkt, auch würdiger is, als die frühere unruhige Vielgeshäftigkeit, der freisinnigen Opposition unbe- quem ist, so nicht minder, daß diese letztere in sehr wesentlichen Punkten in entschiedenem Geaensatz zu den Ansichten der Bevölkerung sib befindet und durch Konzessionen auf Kosten ihrer vielgerühmten Prinzipientreue ihr Terrain zu behaupten ubt. Als günstig sind daher die Ausfichten, unter denen die Freisinnigen in den Wahlkampyf eintreten, nicht zu bezeichnen.

Jn einer Wahlbetrahtung des „Kauz“ (eines Bei- blatts zum „Schalk“), die in feuilletonistisher Form die deutschen Parteiverhältnisse und die bevorstehenden Wahlen bespricht, heißt es:

._. . . Daß die freisinnige Partei in dieser Frage (der Kolonial- politik gegen den Strcm ges{wommen ist, betraten wir als die größte Errungenschaft dieses Jahres. Mit der {nöden Zurückweisung der Dampfervorlage hat die deuts{-freisinnige Partei den erften Spatenftich zu ihrem eigenen Grabe gethan und dafür muß man ihr eigentlich dankbar fein Der Deutsche kommt endlich dahinter, daß das ganze Parteileben, wie es fi bei uns in öôdester und arm- seligster Weise entwickelt hat wir besißen wenigstens zwölf Frak- tionen und Fraktiönchen absolut vom Uebel ift. Herr, erlöse uns von diesem Uebel! müssen wir Tag für Tag beten. Der Deutsche sehnt sich von Herzen danach, aus dem die besten Kräfte zerseßenden Parteihader herauszukommen und an den praktischen Auf- bau unseres jungen Staatsgebäudes tüchtig die Hand anzulegen. Das Heil ruht nicht bei den Konservativen und nit bei den Frei- Konservativen, auch nicht bei den Nationalliberalen ; noch viel weniger ruht es bei den Centruméleuten, den Sozialisten oder dem deutschen Freisinn von den Demokraten, den Wilden, den Polen, de Elsässern ganz zu \{Gweigen —; es rubt bei der gesammten und glücklih geeinten Nation, welhe große Ziele ins Auge fassen muß, die ihre edelste Verkörperung im Fürsten Bismarck finden. . Wie wir denken Hunderttausende von Deutschen, die es sib zur Ehre anre{nen, diesen Au8erwählten aus Millionen laut zu preisen. Dieser eine Mann hat so thurmhohe Verdienste um Deutschland aufzuweisen, daß unsere erbitteristen Feinde uns um diesen Heros, in welchem jeder Zoll einen Mann von echtem Schrot und Korn repräsentirt, beneiden. Und în unserer eigenen Nation sind Tausende und aber Tausende fo verblendet, den Segen nicht erkennen zu wollen, den uns feine bloße Existenz, felbst wenn er keinen Finger rührt, sichert. Die Geschichte lehrt, daß für jede Zeit au der richtige Mann kommt. Der Würdige, der Bismark in zehn Jahren, wenn auch nit zu erseßen, so doc zu vertreten be- rufen ift, kann ein Mann fein, dessen Namen man vielleicht beute kaum kennt, Dieser Mann wird {i einstellen und auf dem rühm- list vorgezeihneten Wege fortfahren. Bismarck ist der oberste Steuermann, Bismarck is der oberste Ingenieur, Bismarck ift der oberste Baumeister im Reihe. Wax8s nüßen dem Edlen die Statuen, die man ihm nah seinem Tode in jeder Provinz, fa, in jedem Bezirke seßen wird? Heute ist es an der Zeit, dem Wadckeren den Dankeszoll der Nation darzubringen. Man wähle Leute, die im großen Ganzen treu und fest zu seinen Reformplänen stehen, beherzte Männer, die sich ebenso wenig s{euen, ihm in Einzelberathungen, wo es Noth thut, entgegenzutreten! Die deutsche Nation möge zeigen, daß sie ein dankbares Gemüth besitzt! Länger als 8—10 Jahre wird es uns nach mens{chlicher Berechnung wohl nicht vergönnt sein, daß uns der kräftige Arm Bismarcks lenkt und regiert, aber während dieser 8—10 Jahre sollte ihm die Nation den weitesten Spielraum gewähren, um seine Reformpläne ins Werk zu setzen, unbeschadet der Einwendungen im einzelnen durch die ganze Nation. .

Veterinärwesen.

íIn dem sibirischen Gouvernement Tomsk hat die Rinderpe f eine große Verbreitung gewonnen; es sind daselbst in der Zeit vom 1.. Januar bis zum 31. Mai d. Is. 131528 Stück Rindvieh gefallen. Im Monat Mai allein, in welhem die Seuche am heftigsten aufe- trat, fielen 80 738 Stück Vieh. Am meisten wurden die Kreise Biisk und Barnaul heimgesucht; in ersterem fielen 54 218 und im letzteren 64 255 Stück Vieh Im Monat Juni und Juli soll die Zahl der an der Seuche gefallenen Thiere cine gleiche Höhe erreiht khaben wie im Monat Mai.

Gewerbe und Handel.

Der Aufsichtsrath der Neuen Bas-Aktien-Gesellschaft hat nach Vorlegung des Abschlusses pro 1883/84 die Dividende, ver- behaltliÞ der Prüfung durch die Revisionskommission, auf 37 M per ‘Aktie oder 61/6 9/9 festgesetzt. :

Aus dem Siegener Industriebezirk wird der „Rhein.- Westf. Ztg.“ unter dem 8, Oktober geschrieben: In den leßten Tagen haben in Roheisen einige größere Abschlüsse stattgefunden und ift die Produktion pro IV. Quartal zum größten Theile verkauft. In den Preisen hat sich keine Veränderung bemerklich gemacht. Puddel- eisen wird mit 47—48 4, Bessemereisen mit 49—50 4 und Spiegels eisen mit 52—53 M bezahlt. Die Eisensteinpreise haben sich eben- falls nicht verändert; Rost wird mit 122—124 4 und roher Spat mit 90—92 M. franko Waggon verkauft. Diese Preise sind aber für die Gruben sehr unlohnend. Die Puddel- und Wal,werke find flott beschäftigt, erzielen jedoch gleichfalls {lechte Preise, Der Grund- preis von Feinbleh steht auf 155—156 4 Im Ledergeschäft bält die gute Nachfrage an. Osen- und Kuhleder wird je na Qualität und Gewicht mit 1690—180 A pro Centner bezahlt.

Der fünfte diesjährige Bericht des Deutschen Hopfen- bau-V ereins (ausgegeben am 7. Oktober und in der „Allg. Brauer- u. Hopfen-Ztg.“ veröffentlicht) lautet im Eingange: Münen, 3. Oktober. Die von uns seit Langem in Aussicbt gestellte Erhöhung der Preise ist nun thatsählich eingetreten. Allmählich kommt mehr Klarheit in die herrschende Geschäftslage. Zu konstatiren is vor Allem, daß, wenn au in den meisten Hopfenbauländern mittlere bis gutmittlere Erträge erzielt worden sind, die Qualität des 8er Hopfens vielenorts nicht befriedigt. Wenn wir daher in un- serem leßten Berihte der Ansiht Ausdruck verliehen haben, es würden, ähnlich wie im Vorjahre, die geringeren Sorten verhält- nißmäßig bessere Preise behaupten, weil diejelben alsbald und großen- theils für den Erport Verwendung finden so müssen wir diese Meinungsäußerung heute dahin richtig tellen, daß sich wegen des bis jeßt anscheinend herrs{enden Mangels an feinen und feinsten Quali-