1884 / 244 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 16 Oct 1884 18:00:01 GMT) scan diff

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nahme. Das Relief am Bach-Denkmal zu Eisenaw. Modellirt von Prof. A. Donndorf. Fürst Karl Anton von Hohenzollern- Sigmaringen und seine Gemahlin. Nah den neuesten Aufnahmen des Hof-Photographen Fr. Kugler in Sigmaringen. Eine „wilde Sonne“. Nach einer Erscheinung in Wallis gezeichnet von J. Weber. Kaisertage am Rhein: Die Begrüßung des Kaiserpaars durch Jungfrauen am Kaiser Wilhelms-Ring in Cöln. Mit Benußung einer Momentphotographie von O. Anschüt in Lissa gezeihnet von Karl Gehrts. Die Cholera in Neapel. 2 Abbildungen. Nach Zeichnungen von Salvatore de Gregorio: 1) Im Quartier Mercato. 2) Aufrichten von Heiligenbildern zum Schutz gegen die Cholera im Quartier Mercato. Die militäris{he Galatafel im Banketsaale der Albrechtsburg zu Meißen am 15. September. Originalzeihnung on F. W. Heine. (Zweiseitig). Die Unruhen in Brüssel am 23. Sep- tember. 2 Abbildungen. Nach Zeichnungen von Leo von Elliot: 1) Verhaftungen in der Passage. 2) Die Ovation für den Bürger- meister von Brüssel auf der Place de la Monnai. Reiterfigur aus Blei, in den Tumuli bei Rosegg in Kärnten aufgefunden. Himmels- erseinungen: Die Venusscheibe mit dem vermeintlihen Venusmond, gesehen von dem Astronomen Stuyvaert am 3. Februar d. I. auf der Sternwarte zu Brüssel. Polytechnishe Mittheilungen: Die Kunst des Bouguet- und Kranzhindens. 6 Abbildungen: Handbougquet, Vasenbouquet, Blumenkissen, Kranz, Feldbouquet, Blumenkörbcben. Frauenzeitung: Fürstin Anton Radziwill. Moden: Herbst- mantelet mit \{warzem Spitzenüberzug. Hut aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts.

Land- und Forstwirthschaft.

Weimar, 15. Oktober. (Thür. Corr.) Der Bezirks-Direk- tor im Eisenacher Oberlande hat einen bemerkenêwerthen Erlaß an die Gemeindevorstände seines Bezirks gerichtet, in welchem er diese auffordert, dahin zu wirken, daß die Bauern sich beim Verkauf ihrer Predukte von den Zwischenhändlern frei machen möchten, die den ohnehin nit großen Verdienst des Landmannes verringern. Es sollen in den Gemeinden leit zugäng- lie Kaufs- und Verkaufsregister angebracht und durh Beschaffung einer Dezimalwaage dem Taxiren beim Viehhandel vorgebeugt werden.

Veterinärweseu.

In Schiedam, im scacnanrten Spoelingsdifirikt (Süd- Holland), find wiederum zahlreiche neue Fälle von Lungenseuche des Rindviebs festgestellt worden. Auch außerhalb des Spoelings- diftrikts find weitere 24 Fälle von Lungenseucbe vorgekommen, und ¿war 17 zu Oud-Roosteren, 5 zu Roosteren (Limburg) und 2 zu Clinge (Zeeland). Ferner ist die Seuche in Schoondijke (Zeeland) aufaetreten.

Gewerbe und Handel.

Die hiesige Direktion der Diskonto - Gesellschaft ladet im Verein mit den Firmen S. Bleichröder in Berlin und M. A. von Rotbschild u. Söhne in Frankfurt a. M. zur Zeihnung auf 12 800 000 (A 59% Anleihe der Stadt Bukarest ein. Die Subskription findet zum Course von 90% am 20. und 21. d. M. bei den genannten Firmen statt.

In der auf den 9. d. M. ausgeschriebenen ordentlichen Ge- neralversammlung der Dörstewit-Rattmannsdorfer Braun- Ttobhlen-Industrie-Gesellschaft waren 12 Aktionäre erschienen. Der Vorsitßende theilte den Erschienenen mit, daß die Generalver- famnilung nicht stattfinden könne, da solche nicht legal berufen wor- den sei, indem übersehen worden wäre, die betreffende Einladung außer in den Gesfellschaftsblättern auch in dem „Reichs-A nzeiger“, wie dies das neuve Aktiengeseß vorschreibe, zu erlassen. Es wird deshalb die Generalversammlung am 30. d, M., Vormittags 112 Uhr, in Halle stattfinden.

Verkehrs-Anstalten.

Das „Berliner A B C - Eisenbahn - Kursbuch nebst Taschenfahrplanbuch für den Winterdienst 1884/85" if soeben er- schienen. Das seiner zuverlässigen und praktischen Einrichtung halber binlänglih bekannte Kursbu enthält sämmtliche bis September cr. neu eröffneten sehr zahlreiwen Eisenbahnstationen Deutschlands, nah amtlichen Quellen bearbeitet, und dütfte gerade diesmal besonders willkommen sein, da durch Eingehen des bisherigen Berlin-Hamburger Bahnhofes und durch Hinzutreien des Zoologischen Gartens als Bahnhof für den Stadtbahn-Fernverkehr sehr zahlreiche und ein\schnei- dende Veränderungen der Abfahrts- und Ankunftszeiten bei fast allen hier mündenden Eisenbahnen eingetreten find.

Wremen, 160, Vllober. (W. D..B) Der Dampfer dés Norddeutschen Lloyd „Nürnberg“ ift gestern in Baltimore eingetroffen. :

Hamburg, 15. Oktober. (W. T. B.) Der Postdampfer «Bohemia“ der Hamburg-Amerikanischen Padcketfahrt- Aktiengesellscha ft ist, von Hamburg kommend, heute früh 3 Uhr in New-York eingetroffen.

Hamburg, 16. Oktober. (W. T. B) Der Postdampfer „Moravia“ der Hamburg-Amerikanischen Paletfahrt- Aktiengesellschaft hat, von New-York kommend, gestern Nachmit- tag 5 Uhr Scilly passirt,

Sanitätswesen und Quarauntänewesen. Schweiz,

Der \chweizeris{e Bundeétrath hat unterm 7. Oktober die am 4, Juli, bezw. 3. September gegen Frankreich und Italien aus Anlaß der Choleragefahr erlassenen Ein- und Durchfuhrverbote (,N.-A.“ Nr. 161 und 214 vom 11, Juli und 11. September) durch Einfügung des Artikels „Därme“ ergänzt.

Gibraltar.

Laut Gouvernements-Verordnung vom 1. Oktober haben alle Proventenzen aus Oran und Bona den Hafen zu verlassen, ferner werden Schiffe aus tunesishen Häfen einer 14tägigen Quarantäne unterworfen.

Gemäß Gouvernements-Verordnung vom 4. Oktober sind alle Provenienzen aus französishen Häfen Nordafrikas gehalten, den Hafen zu verlassen.

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Berlin, 16. Oktober 1884.

Morgen, Freitag, findet Königliche Parforce-Jagd statt. Rendezvous: Mittags 1 Uhr am Forsthaus Plantagen-

haus.

Die Bebauung der neuen Kaiser-W-ilhelm-Straße in einem ihrer hervorragendften Theile, dem unmittelbar an die Üeber- brückung der Spree anschließenden Terrain zwischen der Burg- und der Heiligengeisistraße sowie an den anstoßenden Fronten der beiden lehteren, bildet den Gegenstand einer soeben von der „Baugesellschaft Kaiser-Wilhelm-Straße“ ausgeschriebenen allgemeinen Konkurrenz, deren Programm von der künftigen Erscheinung dieses Straßentheils

das Beste erwarten läßt. Die beiderseits zu errichtenden Gebäude- Tomplexe sollen sich als ein einheitlihes Ganzes darstellen, wobei indeß keineëwegs eine völlig symmetrische Anoxdnung der Façaden verlangt, sondern vielmchr die Bermeidung einer einförmigen Wirkung ausdrücklich betont wird. Bei möglichst vortheilhaster Ausnußzung des Terrains und praktischer Anordnung der zu shaffenden Räume fordert das Programm für die ganze Arlage eine durchgehend künftlerishe Aus- gestaliung. Ueber dem unterkellerten Erdgeshoß sollen die Gebäude durchweg nit mehr und niht weniger als drei Stockwerke erhalten, von denen das erste gleih dem Erdgeshoß für Geshäftsräume, das zweite und dritte für Wohnungen bestimmt ist. Die Ausbildung der Façaden, für welche die Anwendung eines rein mittelalterlihen, also des romaniscben oder gothischen Styls ausgesc{lossen bleibt, sowie diejenige der Flure, Treppen 2c. soll eine in jeder Beziehung würdige fein und vornehmlich die nach der Burgstraße belegenen und die in

der Kaiser-Wilhelm-Straße daran anstoßenden Theile durch elegante «und monumentale Gestaltung auszeichnen, dabei aber jede Ueber- treibung in der Gesammtanlage wie im Einzelnen und vor allem, was man angesihts mancher modernsten Architektur gewiß nur wün- \cen kann, ein rein defkoratives Detail ohne organische Begründung vermeiden. Als maßgebend wird in dieser Hinsicht betont, daß es nicht Zweck der Konkurrenz ist, Palastfaçaden zu schaffen, sondern die bürgerliche, demGeschäftsleben dienende Bestimmung der Gebäude in vornehmer Weise zum Ausdruck zu bringen. Die Einlieferung der Konkurrenzprojekte. die in Grundriß und Fagadenskizzen nebs Durhscnitten im Maßstab von 1 : 150 darzustellen find, hat bis 8. Januar 1885 an das Bureau der Baugesellschaft zu e:folgen, von welhem auch die ausführlichen Programme des Preisausschreibens ausgegeben werden. Ueber die Vertheilung eines erften Preises von 49000 A und zwei zweiter Preise von je 2000 M entscheidet eine Jury, die aus den Herren Stadt- baurath Blankenstein, Architekt des Reichstag8gebäudes Wallot, Bau- rath Professor Ende, Geh Regierungs-Rath a. D. Simon und Bau- rath Neuhaus besteht. Außer den prämiirten bekält sih die Gesell- schaft vor, noch weitere Entwürfe gegen cin Honorar von je 1000 M zu erwerben. Die präniirten und angekauften Arbeiten werden in jedem Fall, die gesammten Einsendungen, sofern sich eine bierzu geeignete Lokalität bietet, öffentlich ausgestellt werden.

Die Preußische Haupt-Bibelgesell\scchaft feierte gestern Abend in der Dreifaltigkeitskircbe ihr 70. Jahresfest. Der Festpredigt des Superintendenten Dryandæ lagen die Schluß- worte der Apostelgeshihte zu Grunde; den Bericht erstattete der Agent der Gesellschaft, Lic. Breest. Das Werk der Bibelverbreitung ist, wie der Referent konstatiren konnte, auch im leßten Jahre von Sr. Majestät dem Kaiser und Seinem Hause getreulich gefördert und unterstüßt worden, dagegen hat die Zahl der Mitglieder, wie {on seit Jahren, so auch diesmal wieder abgenommen. In ganz Berlin und Charlottenburq sind es nur 700 Personen, die sich dur Jahresbeiträge an dem Werke fördernd be- theiligen. Die Zahl der Tochtergesellschafien ift dagegen auf 170 angewacbsen. Zur Ausgabe gelangten im letzten Jahre insgesammt 69 659 Bibeln und 15 754 Neue Testamente, darunter die Schriften in einfachen Einbänden zu bedeutend ermäßigten Preisen. Tochtergesell- schaften, Kirchen, Institute, Vereine und einzelne Arme crhielten an Geschenken 265 Bibeln und 358 Testamente, die Berliner Stadt- \{ulen für Erträge der Bibel-Pfennigbüchsen 239 Bibeln, die Militärshulen 400 Bibeln; Traubibeln mit illustrirter Fami- lien - Chronik und Jubelbibeln mit illustrirtem Widmungsblatt für goldene und silberne Hochzeiten wurden 13632 verlangt. Seit der Stiftung der Gesellschaft, im Oktober 1814, sind 1283 254 Bibeln und 223 597 Neue Testamente verbreitet worden. Gemeinsani mit der britischen und ausländishen Bibelgefellshaft versorgt der Verein auch durch Vermittelung des Majors Westphal die deutsce Armee mit heiligen Schriften, Im Vorjahr kamen 5000 Bibeln und 20000 Neue Testamente, seit 1831, seitdem diese gemeinsame Thätigkeit besteht, 135 000 Bibeln und 670 000 Neue Testamente zur Vertheilung. General-Superintendent Büchsel \sprah nah Erstattung des Berichtes das Schlußgebet und den Segen.

Fünfundzwanzigste Plenarversammlung der historishen Kommission bei der Königlich baye- rischen Akademie der Wissenschaften. (Bericht des Sekretariats.)

München, im Oktober 1884. In den Tagen vom 2. bis 4. Oktober hielt die historishe Kommission ihre diesjährige Plenarversammlung. Anwesend waren von den ordentlichen Mitgliedern der Präsident der K. K. Akademie der Wissenschaften zu Wien Wirkl. Geheime-Rath Ritter von Arneth, Hofrath Professor Sickel aus Wien, Geheimer Regierungs-Rath Wait aus Berlin, die Professoren Baumgarten aus Straßburg, Cornelius von hier, Dümmler aus Halle, Hegel aus Er- langen, von Kluckhohn aus Göttingen, Wattenbach aus Berlin, von Wegele aus Würzburg, von Wyß aus Züri, und der ständige Se- kretär der Kommission, Geheim-Rath von Giesebreht, der in Ab- wesenheit des Vorstandes Wirkl. Geheim-Raths von Ranke die Ver- handlungen zu leiten hatte.

Zu außerordentlichen Mitgliedern der Kommission hatten Se. Majestät in Folge der in der leßten Plenarversammlung stattgefun- denen Wahlen zu ernennen geruht: die Professoren Ritter zu Bonn und von Bezold zu Erlangen, Ober-Bibliothekar Dr. Riezler hier- selbst, die Privatdozenten der hiesigen Universität Dr. von Druffel und Dr. Stieve, Professor Heigel hierselbst, Ober-Bibliothekar Dr. Kerler zu Würzburg und Stadtarchivar Dr. Koppmann zu Rosto; von diefen neu ernannten Mitgliedern nahnien die fünf erstgenannten an der Plenarversammluna Antheil.

Die Verhandlungen thaten dar, daß für alle Unternehmungen die Arbeiten in ununterbrochenem Fortgange sind. Seit der vor- jährigen Plenarversammlung kamen folgende neue Publikationen der Kommission in den Buchhandel:

1) Briefe des Pfalzgrafen Johann Casimir mit verwandten Schriftstücken, gesammelt und herausgegeben vvn Friedrich von* Bezold. Bd. II. 1582—1586.

2) Jahrbücher der deutshen Geschichte. Jahrbücher des Deutschen Reichs unter Konrad 11. Von Harry Breßlau. Bd, IL. 1032—1039.

3) Forschungen zur deutshea Geschichte. Bd. XXIV.

4) Allgemeine deutsche Biographie. Liefg. LXXXVI--XCVI.

Der Druck mehrerer arderer Bände hat begonnen und ift zum Theil bereits weit vorgeschritten. Mit dem wärmsten Danke ist immer von Neuem die große Gefälligkeit anzuerkennen, mit welcher die Vorstände der Archive und Bibliotheken des Jn- und Auslandes alle Arbeiten der Kommission unterstüßen.

__ Die Geschichte der Wissenschaften in Deutschland geht ihrer Vollendung entgegen, doch fehlen noch einige wichtige Abtheilungen. Der Druck der Geschichte der deutschen Historiographie, bearbeitet von Professor von Wegele, mußte einige Zeit unterbrochen werden, ist aber jeßt wieder aufgenommen und wird hoffentlih ohne Störung fortgeführt werden können. In dem Nachlasse Noderichs von Stintzing hat sich eine fast druckfertige Fortseßung der bereits publizirien Ab- theilung seiner vortreffliben Geschichte der deutschen Rehtswissen- schaft gefunden; mit der Revision des Stintzingschen Manuskripts ist der Privatdozent Dr. Ernst Landsberg in Bonn beauftragt worden und hat der Dru dieser Fortseßung bereits begonnen. Leider sind die Bemühungen, das Werk im Geiste Stinßings zu völligem Ab- {luß zu bringen, bisher noch vergeblib gewesen, aber man hofft in näcbster Zeit eine dieser Aufgabe gewahsene Kraft zu gewinnen.

Die Arbeiten für die Deutschen Reichstagsakten sind im ver- flossenen Jahre wesentlich gefördert worden. Der unter der Presse befindliche fünfte Band, der zweite der Regierungszeit König Nuprechts, wird im nächsten Jahre erscheinen. Außer Professor Weizsäcker, dem Leiter des ganzen Unternchmens, haben Professor Bernheim in Greifewald und Dr. Quidde in Frankfurt a. M. an der Periode K. Ruprechts, Ober-Bibliothekar Dr. Kerler an der Zeit K. Sigmunds weitergearbeitet. Die Vorbereitungen \tehen so, daß mit dem Er- scheinen des laufenden Bandes sogleich zur Drucklegung eines neuen Übergegangen werden kann. Gleichzeitig haben die Arbeiten für die Regierung Friedrichs II1. ihren Foktgang. Sie sind in Frankfurt in der Hand des Dr. Quidde konzentrirt, unter dessen Leitung dort Dr. Froning gearbeitet hat. Der Erstere befindet ih jeßt auf der Reise in eine Anzahl süddeutsher Archive. Es kann wiederholt die Hoffnung ausgesprochen werden, daß {ih der Druck der Akten Friedrichs III. ohne Unterbrehung an Sigmund III. und Albrecht II. anschließen wird.

Die von Professor Hegel herausgegebene Sammlung der Städte- chroniken wird demnächst eine werthvolle Bereicherung erfahren. Der 19. Band is im Druck fast vollendet; mit ihm beginnen die Lübecker Chroniken in der Bearbeitung von Dr. K. Koppmann und enthält dieser erste Band derselben die Detmar-Chronik von 1105—1386 in drei verschiedenen Rezensionen. Für den folgenden Band sind der Schluß der Detmar-Chronik bis 1395 nebft Fortseßung bis 1400, die sogenannte Rufus-Chronik und verschiedene kleinere Stücke bestimmt.

Von der Sammlung der Hanserezesse, bearbeitet von Dr. K. Kopp- mann, hat der Druck des sechsten Bandes, welcher die Zeit von 1411 bis 1420 umfassen soll, auf längere Zeit eingestellt werden müßen Der Herausgeber hofft ihn jedoch im Winter wieder aufnehmen und dann s{nell fördern zu können.

Die Jahrbücher sind im Laufe des Jahres dur den Slußband der Jahrbücher Kaiser Konrads II., bearbeitet von Professor Breßlay vervollftändigt worden, Mit den Jahrbüchern Heinrihs 1V. und Le V. ift Profefsor Meyer von Knonau zu Züri, mit dey

ahrbühern Kaiser Friedrichs 11. Hofrath Professor Winkel, mann zu Heidelberg beschäftigt. Auch die Arbeiten für die Jahr, bücher Kaiser Friedrihs I. werden vorausfichtliÞch demnächst in An, arif genommen werden. Da die Verlagsbuchhandlung von mebreren Theilen der Jahrbücher, die entweder ganz vergriffen oder dow nyr in wenigen Exemplaren noch käuflih sind, neue revidirte Auflagen zy veranstalten gewillt ist, hat die Kommission für eine Revision jener Theile Sorge zu tragen gehabt. Hr. Professor Oelsner in Frankfurt a. M. hat die Durchsicht der Arbeit des verstorbenen H. E. Bonnell; „Die Anfänge des karolingisben Hauses“, Hr. Professor Simson in Freiburg i. B. die Revisivn des ersten Bandes der Jahrbücher Karls des Großen, bearbeitet von dem gleichfalls verstorbenen Sigurd Abel, bercitwillig übernommen. Geh. Regierungs-Rath Wait und Professor Dümmler werden \sich selbs der Revision der von ibnen früher bearbeiteten Theile der Jahrbücher unterziehen.

Die allgemeine deutsche Biographie, redigirt vom Kloflerprobf Freiherrn von Liliencron und Professor von Wegele, hat ihren regel- mäßigen Fortgang; der 18. und 19. Band sind im Laufe des Jahres in den Buchhandel gekommen, und auch vom 20. Bande ift bereits eine Lieferung ausgegeben.

Die Zeitschrift „Forschungen zur deutshen Geschichte“, deren 24. Band vollständia erschienen ift, wird unter Redaktion des Geh. Regierungs-Raths Wait, der Professoren von Wegele und Dümmler in der bisherigen Weise fortgeführt werden.

Die Arbeiten für die Wittelebater Correspondenzen {find aug

im verflossenen Jahre thunlichst gefördert worden. Für die ältere vfälzishe Abtheilung ist Professor von Bezold thätig gewesen. Der zweite Band der von ihm bearbeiteten Briefe des Pfalzgrafen Johann Casimir i} erschienen, und mit der Redaktion des dritten (Scbluß-) Bandes wird er sih zunächst beschäftigen. Für die ältere bayerishe Abtheilung hat Dr. von Druffel seine Arbeiten fort- geseßt; nachdem noch einige notbwendige Nachforshungen in den Archiven zu Dresden und Wien angestellt sein werden, hofft er den Druck des vierten Bandes der „Briefe und Akten zur Gescbichte des 16. Jahrhunderts“ beginnen lassen zu können. Dr, Stieve hat seine Arbeiten für die jüngere pfälzisbe und bayerisde Abtheilung im leßten Jahre besonders darauf gerichtet, das gewaltige Material für den 6. und 7. Band der „Briefe und Akten zur Ge \cbichte des dreißigjährigen Krieges“ vollständig zu sammeln und zu sichten. Diese beiden Bände sollen sich auf die Geschichte der Jahre 1608—1610 beziehen, und wird mit dem Druck des 6. Bandes vor S im Herbste des nächsten Jahres der Anfang gemacht werden. . Die Arbeiten, welhe auf Anregung des Geheime-Raths von LWöher sür die Geschichte Kaiser Ludwigs des Bayern in Rom, namcntlih im vatikanishen Archiv, begonnen sind, werden hoffentli p nähsten Winter durch eine neue römische Neise zum Abshluß gelangen.

Die vorjährige Plenarversammlung hatte dem Dr. Fr. Ant, Specht hierselbst für seine Arbeit über die Geschichte des Unterrichts- wesens in Deutschland von den ältesten Zeiten bis zur Mitte des 13, Jahrhunderts einen Preis von 2500 A zuerkannt, obwohl die Arbeit noch nit ganz vollendt war; zugleich wurde eine Erhöhung des Preises um weitere 1500 in Ausficht gestellt, wean die Arbeit abgeschlossen wieder vorgelegt und gebilligt würde. Nachdem dies inzwischen geschehen ist, wurde dem Verfasser die versprochene Prämie bewilligt; die Arbeit desselben wird demnächst veröffentlicht werden.

Wie die Kopenhagener „National-Tidende* berihtet, ist Thorwaldsens „Alexanderzug“ (eine Wiederholung des Originals in der Villa Carlotta am Comer See), der in einem Saale des Hauptflügels des abgebrannten Schlosses Christiansborg anzebracht war, bei den Aufräumungsarbeiten vollständig erhalten an seinem Plate gefunden worden. Unter Professor Steins Leitung ist am Sonnabend mit der Herabnahme des prachtvollen Marmor- frieses begonnen worden.

Paris, 13, Oktober. (Fr. Corr.) Am gestrigen Sonntage wurden in Frankrei nicht weniger als drei Gedächtnißfeiern berühmter Männer begangen: Corneille's in Rouen, Wat- teau's in Valenciennes und des Generals Joubert in Bourg. Das größte der drei Feste war unstreitig dasjenige, welches dem Dichter des „Polyeucte“ und des „Cinna“ galt. Eine Dele- gation der französischen Akademie, das ganze Personal der Comédie française sammt den Spißen der Kunst, der Literatur und Presse waren nach Rouen gefahren, um der Feier des 200jährigen Todes tages eines der größten Bürger der normännischen Stadt beizu wohnen. Die Feier wurde leider durch Unwetter beeinträchtigt. Dem Maler der Sc{äferidylle, Watteau, und dem General Joubert wurden in ihren Heimathsstädten Statuen errichtet. Der Minister der öffent- lien Arbeiten, Raynal, hielt bei der Enthüllung des Denkmals Watteau's eine Rede.

Nachdem im Victoria-Theater die Mitglieder des Herzog- li Sachsen-Meiningishen Hoftheaters ihr erfolgreiches Gastspiel beendet haben, wird seit gestern wieder das Ausf\tattungsftück „Excelsior geaeben, nachdem ein halbes Jahr lang mit den Aufführungen desselben paufirt worden war. Die wirkli großartige Pracht, welche in der Ausstattung, in dea Ballets und Dekorationen zur Geltung kommt, hat dem Stück eine ursprünglich niht beabsichtigte Wiederholung für längere Zeit gesichert. Das Haus war gestern, wo „Excelsior“ die zwei hundert und fünfundzwanzigste Aufführung erlebte, wie bei einer Première gefüllt, und das Publikum zollte den Anstrengungen der Direktionen dankbare Anerkennung, Die größtentheils neuen Kostüme sowie einige neue Dekorationen trugen dazu bel, die Anziehungskraft zu erhöhen. Die Kamerun-Landschaft war recht originel, was von der Handlung während der Scene gerade nicht gesagt werden kann; etwas geist voller ließe fsich ein so dankbarer Vorwurf denn do wohl verarbeiten. Die Göttin des Lichts wurde von Frl. Marie Nova recht angemessen gegeben, wenngleich das Organ der Dame dieser Aufgabe nicht gewachsen is. Frl. Mary Miller, erste Solotänzerin von Her Majesty's Theatre in London gefällt durch Grazie und tüchtige Leistung. Sgr. Achille Coppini, welchem für die trefflihe Einstudirung des Stückes entschieden Anerkennung gezollt werden muß, hatte die Rolle des Sklaven übernommen und machte seinem bewährten Rufe alle Ehre. Anläßlich der „neuen Kamerun-Scenerie hat Hr. C. A. Raida einen „Kamerun-Marsch“ kom ponirt, der gestern gespielt wurde.

Im Walhalla - Theater sind die Aufführungen von „Rosina durch cin Unwohlsein des Hrn. Wilhelmi plögtlih unterbroWen worden und wird, um gleichzeitig den von . vielen Seiten an 4 Direktion gerihteten Wünschen nachzukommen, {hon von heute 5 „Nanon“ gegeben werden, in welcher Operette Hr. Philipp die Rolle de „d’Aubigné“ singt.

Nedacteur: Riedel.

Verlag der Expedition (S ch olz). Druck: W. Elsner. Fünf Beilagen (einschließlich Börsen-Beilage).

Berlin:

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

Berlin, Donnerstag, den 16. Oftobcr

1834,

M 244.

Die drltte internationale Konferenz der Vercine vom Rothen Kreuz zu Genf,

vom 1. bis 6. Septemker 1884.*)

Nach einem Zeitraum von 15 Jahrea, in welchem das Rothe Kreuz in zwei großen Feldzügen in Europa und auf zahlreichen Kriegs- \{aupläßen in Asten, Afrika und Amerika aroße und anerkannte Dienste geleistet, find seine Vertreter aus allen Staaten, wel{e der Gezefer Konvention angehören, wieder einmal zu gemeinsamer Be- ratbung zusammen getreten, und zwar an der Stätte, von welcher dies großartige Verein8wesen seinen Ausgang nahm.

Das Verdienst, die dritte internationale Vereinskonferenz, welcher auch die Regierungen ihr Interesse zuwandten, herbeigefübrt zu haben, erwarb si das Genfer Comité, welchem das deutsche Centralcomité dabei getreulib zur Seite stand. _

Die feierlice Eröffnung der Konferenz fand am 1, September in der großen Aula der Genfer Universiiät statt, deren Emporien und Logen von Zuhörern beseßt waren. Im Saale selbs waren die Delegirten versammelt, 86 an der Zabl. Dorunter auf refer Äirten Pläßen die Megierungsbevollmächtigten von Argentinien, Belgien, Bulgarien, Dänemark, England, Frankreich, Jtalien, den NMieder- landen, Oesterrei, Preußen, Peru, Portugal, Rußland, Sacsen, der Schweiz, Schweden, Serbien. Seitens der Vereinigten Staaten von Nordamerika waren, zugleih in Vertretung der Regierung, Miß Clara Barton, Präfidentin, die Herren Solowmons, Vize- Präsident, und Sheldon, Anwalt des amerikanischen Rothen Kreuyes, erschienen. Die Regierungédelegirten waren meist hohe militärishe Medizinalbeamte, auch einzelne Militärs und Gelehrte. Viele Staaten halten mehrere Bevollmäch- tigte gesandt. Preußen vertrat der General-Arzt Dr. Coler, Chef der Medizinal-Abtbeilung des Kriegs - Ministeriums in Berlin. Sawsen General-Arzt Dr. Noth. Oesterrei - Ungarn General- Stabsarzt Dr. Hoor. Von Ritter - Orden waren erschienen aus Preußen: der Johanniter Dr, von Brünneck, aus Bayern: der Georgsritter Graf Arco-Valley. Aus Oesterreicy fehlten fie. über- haupt war dasselbe äußerst s{wach vertreten. Unter den Landes- vereinen des Rothen Kreuzes ragten die deutschen Vercine dur tine ganz besonders zahlreihe Vertretung hervor. Dbwohl von den An- gemeldeten zwölf am Erscheinen verhindert worten, waren do zwanzig deutsche Delegirte anwesend, wovon sechs dem preußischen Central- Comité angehörten, Nächstdem hatte Frankreich die Konferenz zahl- rei bescbickt (siebzehn Delegirte, darunter drei Damen). Die japaniscbe Regierung konnte nit offiziell vertreten sein, weil fie der Genfer Konvention noch nit beigetreten isl; doch befand si der Chefarzt der japanishen Armee in der Versammlung, ebenso ein Mitglicd der Gesellschaft Ha-ku-ai-sha.

Der Präsident des internationalen Moynier, leitete die Konferenz mit einer Mittheilung über die Verhandlungen ein, welche zu ihrem Zusammentritt in Genf geführt haben. Er hob die Schwierigkeit des Unternehmens, aber auch die Nothwendigkeit hervor, daß die Ver- eine der vérschiedenen Nationen wieder einmal Füblung unter einander nähmen und zur Fortseßung des weit entwickelten Werkes neue Kraft \{öpften. Seine Mittheilungen crgänzten den Bericht, welchen das internationale Genfer Comité über seine Thätig- keit in dem Zeitraum scit der Berliner Konferenz (von 1869 bis 1884) erstattet hat und wel@er den Konferenzmitgliedern bereits gedruckt übergeben war. Unter gespannter Aufmerksamkeit der Versammlung verlas sodann Gustave Moynier cin an das inter- nationale Comité gerichtetes Schreiben Ihrer Majestät der Kaiserin Auçusta, in welchem dieselbe ihre große Theilnahme an den Ver- handlungen ausspricht, denen sie cinen glücklichen Fortgang wünsct. Die Kaiserin stiftete zugleich für das internationale Comité cinen Preis von 5009 Fr. für eine von demselben zu stellende Aufgabe zur Förderung der Zwecke des Nothen Kreuzes. Die Versammlung be- \chloß unter lebhaften Zurufen telegraphiswe Danksagung an Jhre Majestät und die Einschung eines Ausschusses zur Berathung der Aufgabe. Zu Ehrenpräsiden!en der Konserenz wurden ernannt Hr. von Langenbeck (Berlin), Professor Longmore (England) und Graf Sérurier (Paris), Zu Vize- Präsidenten von Holleben (Preußen), Dr. Schblcsinger (Desierreich), Vernes d'Atrlandes (Frankreich), Oberst Tosi (Jtalien) und von Dom (Rußland). Der Vorfiß in der Versammlung wurde unter raushendem Beifall Gustave Moynier übertragen, welcher jeßt 22 Jahre an der Spiye des internationalen Comités steht. Derselbe ertheilte zunä dem Grafen Séxurier, dem Vertreter der französishen Regierung, das Wort. Graf Sérurier is eines der ältesten Mitglieder des franzö- sischen Rothen Kreuzes. Er ehrte in wenigen Worten das Gedächt- niß der bervorragenden Männer, welche demselben in den verflosse- nen 15 Jahren durch den Tod entrissen wurden. Der erste Name, den er verkündete, war der des Präsidenten des preußischen Central- Comités, Hrn. von Sydow. Nach Graf Séryvrier erhielt General-Arzt Dr. Coler das Wort. Er sprach in warmen Worten dem Präsidenten des internationalen Comités Dank und Anerkennung für die Leistungen aus, mit welchen das freiwillige Rothe Kreuz unter der verdienst- vollen Leitung des Comités dem militäriswen Sanitätéwesen im Sinne edler Humanität zur Seite gestanden. Im Auftrage des Kricgs-Ministers Bronsart von Scellendorff überreichte Dr, Coler sodann die ersten Theile des großartigen Werkes über die Leistungen des Sanitätswesens im Feldzuge von 1870/71, welches das Werk des preußischen Generalstabs würdig ergänzt. Dr, Coler mate dabei darauf aufmerksam, daß darin die Wirksamkeit der freiwilligen Krankenpflege und ihre hohen Verdienste aufs Eingehendste beleuchtet werde, Hierauf wurde von deutscher Seite der erste Antrag ein- gebracht, er lautete wie folgt: „Die dritte internationale Konferenz \priht bei der feierlichen Eröffnung ihrer Sitzungen dem internatio- nalen Comité zu Genf ihren vollsten Dank und ihre wärmste An- erkennung für die hingebende Thätigkeit aus, welde dasselbe an der Spiße des Nothen Kreuzes in den verflossenen 15 Jahren mit großem Erfolge geübt hat einer Thätigkeit, die in dem vorliegenden Berichte nur in hö} bescheidener Weise zum Aus- druck gelangt ist. Die Konferenz sicht mit vollem Vertrauen der weiteren Wirksamkeit des internationalen Comités entgegen, welche sid nunmehr über beide Hemisphären erstreckt. Sie ist bereit, dem- elben ihren vollen Beiftand zu leihen und wird den Wünschen des Comités hierin gern entsprechcn. Dr. Hepke, von Langenbeck, Dr, Gurlt, Dr. Port, von Holleben.“ Dieser Antrag ward ein- stimmig genchmigt und die Eröffnungssizung damit geschlossen. Das wichtigste Ereigniß in derselben war das Erscheinen der Delegirten der Vercinigten Staaten von Nordamerika, welches sich 18 Jahre

*) In der deutschen Presse sind, die „Allg. Zeitung“ ausgenom- men, über die Verhandlungen der dritten internationalen Vereins- konferenz des Rothen Kreuzes, in derea Sißungen vom 1, bis 6. Sep- tember d. I., keine zusammenhängenden Berichte veröffentlicht worden. Auch in den Genfer Zeitungen, wie in der französischen Presse, ist dies in irgend genügender Weise nicht geshehen. Da eine amtliche Publikation der Verhandlungen erst in vielen Monaten zu erwarten steht, so haben wir bei der Wichtigkeit der Sache die folgende Zu- fammenstellung aus den Sigzungsberichten der „Allg. Ztg. “, welche uns von sachkundiger Händ zugegangen und mit einigen Ergänzungen ver- sehen ist, im Interesse unserer Leser zum Abdruck gebracht: :

Die Redaktion,

Comités, Gustave

lang von der Genfer Konvention fern gehaltcn hatte, obwohl es an der Berathung derselben betbeiligt mar.

Die eigentli{hen Verßardblungen der Konferenz begannen erst mit der zweiten Sißung, und es wurde schr bald der Mangel an Tras dition in der Versammlung bemerkbar, welche in acnz überwiegender Mehrheit aus Mitgliedern bestand, die von den Verhandlungen und Beschlüssen der früheren Konferenzen nur eine unvollkommene Kenntniß hatten. In der That waren nur 17 Mitgkieder der Versammlung in der zweiten internationalen Vereinskonferenz, wel&e im April 1869 in Berlin stattgefunden hatte, betheiligt gewesen.

Die zweite Sitzuna der Konferenz wurde mit dem Bericht des niederländishen Central- Comités über seine Thätigkeit seit der Ber- liner internationalen Konferenz eröffnet. (Diese Berichterstattungen unterblieben in der Folge, um Zeit zu ersparen, unxd sollen twrch Ah - druck der Referate in den Verhandlungen erseßt werden.) Sodann hielt Baron von Mundy einen höchst interessanten Vortrag über die Anwendung elektrisber Beleuhtung8maschinen beim Aufsuhen und bei der Pflege der Verwundeten auf den S{blachtfeldern. Er wies auf die vorbereitenden Versuche in Paris, Wien und im Lager von Aldershot hin, erwähnte die von der franzöfischen Regiecung bewirkte Anschaffung von 30 Beleuchtung8waggons für die Armee und sprach die Zuversicht aus, daß die Einfübrung solcher Rettungsapparate in das Militär-Sanitätswesen fi bold allgemein als eine Nothwendig- keit herausstellen werde. Hr. von Langenbeck, welcher bierauf, von der Versammluna lebhaft begrüßt, das Wort er- arif, erkannte den s{önen Zweck der Vervollkommnung dieses Zweiges des NRettung2wesens an, dem er eine gürstige Zukunft wünschte. Wünsche nicht eber gedabt werden könne, als his die eleftcishen Be- leuchtungéapparate für allgemeine militärische Zwecke in die Armeen cingesüÜhrt sein werden. Dann würde auch das Militärsanitätéwesen berüdfihtigt werden fönnen. Laterne und Fackel zur Aufsubung und zum Verband der Verwundeten würden übrigens auch neben der elcktriscben Beleubtung nothwendig sein, Der Vertreter der franz sischen Regierung, médecin major Dr. Zuber. bestätigte die Angaben über den in Frankreich bereits eingeführten Apparat und glaubte der günstigen Entwicklung der Einrichtung entgegensehen zu Eönnen. Auch der englische Regierungédelegirte, Professor Dr. Longmore, hob die Vortheile der elektrischen Beleubtung hervor, die er im Lager von Uldershot beobachtet hat, im übrigen trat er aber Langenbeck8 Auf- fassung bei. Ebenso John Furley, vom englischen Johanniter-Orden, der noch besonders darauf hinwies, daß das Rothe Kreuz über solche in der Entwicklung begrisfene Apparate zu beschließen wohl noch nicht in der Lage set.

Der russische Delegirte, Geheime Rath v. Oom, Kabinets-Sekretär Ihrer Majestät der Kaiserin, vertheidigte sodann den vom St. Peters- burger Central-Comité aufgestellten Grundsaß: „Daß alle Ver- wundeten, für wel%e von dem Militär-Sanitätswesen der Armeen nicht gesorgt werden könne, unmittelbar unter den Schuß des inter- nationalen Comités vom Nothen Kreuze, beziehentlich der Nertreter desselben, gelangen follen. Diese Agenten müßten fortwährer de NRepräsenten der neutralen Autorität bei oder in der Nähe der krieg- fübrenden Armeen sein.“ Graf Sérurier vom französischen, wie Präsident von Holleben vom deutschen Central-Comité traten dieser Auffassung des russisden KGentral-Comités entgegen und erklärten die Ausführung des Vorscblages für unmöglih. Die neutrale Hülfe könne wohl “in beiden Lagern gewährt werden, nie aber eine neutrale Autorität zwischen den Kitegführenden auftreten. Der russise Megierungsbevollmächtigte Staatsrath Prof. Dr. Martens erkiärte das Ziel des Vorschlages näher. Er glaubte, daß dadurch allerdings cine wirksamere Hülfeleistung des Rothen Kreuzes bei Un- zulänglichkeit des offiziellen Sanitätswresens nah der Schlacht errei werde. Der Vicepräfident des internationalen Comités, Micheli de la Rive, erörterte hierauf eingehend die Stellung des leßteren zu der Frage. Bisher babe die Kompetenz des internationalen Comités auf dem Beschlusse dec Berliner Konferenz von 1869 beruht, welche dasselbe zur Errichtung von Hülfsagernturen in der Nähe des Kriegs- schauplaßes autorisire. Ob eine Erweiterung dieser Kompetenz statt- baft und wohin fie zu richten, ob ferner nicht aus der Verwirklichung Dcs russishen Vorschlags, der genauer zu formuliren fei, leit eine Verminderung der Aktionsfreihßeit und des mora- liswen Cinflusses des Comités hervorgehen l'önne dies seien Fragen, welcbe das internationale Comité selbst nicht zu beantwœrorten in der der Lage scìi, Bei der Diskussion der allgemeinen Grundsäße über die Beziehungen des Central-Comitès ¿u einander und die Unter- ftüßungêmethode im Kriege würden diese Fragen näher zur Er- örterung fommen. Dr. Hepfe vom preußischen Central-Comité machte darauf aufmerksam, daß für bie Herstellung einer neutralen Autorität in den Heerlagern odec in der Nähe der Kriegführenden die Genfer Konvention keinen völkerrechtlicen Boden biete; daß diefer vielmehr erst von den Regierungen gescwaffen wecden müsse. Die Konferenz êöónne füglih von Beschlüssen im Sinne des russiswen Vorschlags für jeßt abschen. Es wurde hierauf die Vertagung der Frage beschlo}sen. Später fand der Vortrag des Professors Lacointa von der Pariser katholishen Universität über die Genfer Konvention statt. Am Abend wurde eine Krankenwärterübung bei elektrischem Licht ausgesührt. Zu den Mitgliedern, welche am s{wersten in der Konfeeenz vermißt werden, rechnete der Präsident Gustave Moynier uv. a. Dr. E8march aus Kiel, Dr. de Landa aus Pamplona und d’Espine vom intere nationalen Comité in Genf.

Der dritte Sißungstag begann mit der Beschlußfassung. über die Anwendung des elektrischen Lichtes bei Absuchung der Sczkacht- felder zur Rettung der Verroundeten. Eine Nbends zuvor vorgznom- mene Uebung der militäcisen Krankenwärter-Compagnie bei Laternen- licht und bei eleftrisher Beleuchtung, an welcter eine Anzah’ Äerzte aus der Delegirtenversamm!lung praktisch theilnahm, hatte ein befrie- digendes Ergebniß gehabt. Der Beschluß der Konferenz geht dahin: Nachdem die Versuche mit beweglichen elektrischen Belcuch- tungsmascvinen in Wien, Paris, im Lager von Aldershot und nun- mehr in Genf günstig ausgefallen, ist die Einführung dieses-Rettungs- mittels wünschenswerth, und wird dafselbe von den Vsareinen des Rothen Kreuzes mit Zustimmung der Militärbehörden in Anwendung zu bringen sein.

Den zweiten Punkt der Tagesordnung bikdet der russisce An- trag, welcher die Verroundeten, denen das Militär-Sanitätëwesen Feine Hülfe zu bieten vermag, der unmittelbaren Fürsorge und dera Schuß des internationalen Comitès des Rothen Kreuzes oder der Agenten desselben übertragen wissen will. Dieser Antrag berührt die bisherige Stellung und die Kompetenz des internationalen Comités und wird mit dem Bericht des lehteren über die allgemeinen Grund- lagen der Beziehungen der Landebvereine der verschiedenen Nationen unter sich ‘und über den eigenen Wirkungskreis zur Diskussion ge- bracht. Graf Sérurier beantragt die Vertagung dieser Frage bis zu einer nä&sten internationalen Kovferenz und die Ueberweisung des russische Vorschlages an die Central. Comités der versciedenea Natiov èn zur Vorberathung. Präsident von Holleben aus Berlin tritt diesew. Antrage bei, mit axHdrüdlicher Hinweisung darauf, daß die Land esvereine sh über diesen wichligen Gegenstand vorher wm. ihren Regierungen zu verständigen hätten. Der Antragsteller Geheimrath von Oom, wie der Vertreter der russiscen Regierung, Prof. Dr. Martens, erläutern nochmals die Tragweite ihres Vor- \chlages, um die Kor.ferenz zu einer Besclußfassung zu seinen Gunsten zu veranlassen, Dr. Hepke vom preußishen Central-Comité weist

Er glaubt jedo, daß an eine Verwirklichung der -

nah, daß es sib hier um Einführung einer neuen Autorität und Alterirung der Stellung des internationalen Comités handle, also um eine Neuerung, für d? es eiaer völkerrebtliden Grundlage be- dürfe. Die Genfer Konven ion, welche die freiwillige Krankenpflege und ihre Organe nit einm, Al erwähne, gewähre diese Grundíage niht. (s liege also geradezu’ die Frage der Revision dieser Kon- vention im Hintergrunde, die, nach dem Programm der Konferenz, nit diékutirt werden dürfe Die Konklusionen , wel&e das internationale Comité dex. Konferenz zur Genehmigung vorgelegt habe, Tonftatiren dagegen lediglih diejenige Stellung, we!He das Comité durch feine eigene (Fntwidelung und durch die ihm von den früherer internationalen Vere.*nskonferenzen gewährten Autorisa- tionen einuerhme. Die Grundlage dieser Stellung sei aber lediglich eine moralische, keine völkerreck tlibe, was nit verhindert habe, daß das Coniité bei den Regierunzer in hobem Ansehen stehe. Ge- rade diese moralische Grrandlage lbe das Comité, wie das Rothe Kreu! Überhaupt, zu einer Max anw.1chfen lassen, welche ihren Wirkungskreis über beide Hemispbären «orstreck. Man müsse bei Alterirung dieses Verhälträfses äuferst vorsichtig vorgehen und vor Allem die Wünfche des international Con1ités selbst berücksihtigen. Die Erweiterung der völkerrechtlicheæ Grunt lage der Genfer Konven- tion fei den Regierungen überlassen. Die U. *berweisung des russischen Antrages an die Landesvereine zur Vovberathurg unter dem Ausdruck der Stmpathien für das ideckte Ziel, welches derselbe verfolgt, wurde hierauf, nabdem noch mehrere Redner in gle item Sinne das Wort ergriffen, mit allen gegen eine Stimme genelhmigt. Die Konferenz schritt fodann zu eingehender Berathung mehr\'rer Artikel, welche die Vorberetluna eines möglichst konformen Santt.ittpersonals und Ma- terials betreffen, und es wurden in dieser Bezi ehung namentli von französischer und s@weizerisber Seite neue Vorfbläge aemaHt. Sie verlanaten: den Austaus@® von Mastern unter den Central- Comités; die Einselzzng einer internationeen Kommifßon zur Prü- sung des neuesten Ambulance-Materials; die Einführung deffelben Maaßes für die Traaknhren für Verwundetz; endlich die Gründung von internationalen Museen für das Sanitätk1 naterial überhaupt.

Entsprechende Resolutionen rourden angene mmen.

Dr. Port aus München bielt fpäter jeinca Vortrag über die im- provisirten Rettungsmittel an dex Hand ciner Sammlung. Die er- finderiscen Gaben desselben haben fich an 1 Benützung der ein- fasten, oft der allergewöhnlichsten Gegenständ! zu wichtigen Vor- rihtungen glänzend bewährt. Ganz besonderes ch éntereffe erreaten die praktischen Vorkehrungen Dr. Ports bei den amerikanifchen Delegirten, welce sehr {spezielle Kenntniß davon nahmen. Auf Dr. Ports Vor- irag folgte die Vorführung eines Theiles des s@toeizerifhen Militäre Sanitätsmateriais durch den Obersten Ziegler.

An die Resolutionen in Betreff des von ver Vereinen bereitzu- stellenden Sanitätsmaterials bei möglister Einführung cinheitlicer Formen und in Betreff der Gründurg von Mxseen in den cinzelnen

taaten, um neue Erfindungen sofort zugängli#& zu macen, reihte sih in der vierten Sißung cin withtiger Anteag, welcher von her- vorragenden Notabilitäten der Wiffenschaft urid: ver Praxis einge- braht wurde. An der Spitze derselben steher von Mundy, von Langenbeck, Longmore, Guerlt, Socin. Er geht dahin: „Die Kons- ferenz wolle das antiseptische Heilverfahren als eine wünschen8werthe Reform empfehlen, und darauf hinwirken, daß in den Vereinen des Rothen Kreuzes die Ausktildung des Sanitätäperfonaks in diefem Ver- fahren eingeleitet werde, damit das militärische: Sanitätäwesen si aus einem vorgebildeten Personal ver freiwilligen Krankenpflege cr- gänzen Éönne. von Langenbeck begründete den Antrag unter Beifallunterbrechungen : eine auf Veranlassung der Kaiserin Augusta in Berlin durch den Kriegs-Minister in Berün zusanamenberufene militärische Sanitätskommission, bei welher namhafte FaGmänner und Sachverständige aus den Vereinen des Rothen Kreuzes mitwirk- ten, hat nach gewissenhaften und gründlihen Untersueungen das neue antiseptische Verfahren sür die deutsche Armee festae# ellt. Es wird nunmebr bereits mit der Einführung desselben in Preußen vorgegan- gen. Erforderlich ist, daß die freiwillige Krankenpflè 1e, sowohk bei Ausbildung des Sanitätspersonals, als auch bet der Beschaffung des antiseptischen Materials, fobald als möglich diesem L eisyiel folae. Ein Konferenzbesbluß in dieser Richtune würde von arofzr Wichtigkeit fein. von Mundy konstatirt, daß noch ix mehreren Armeca1 gar kein aunti- feptishes Verfahren eristire, und meirt, d Resolution der Konferenz auch auf die Hebung. dieses Mangels nicht ohne Ein- fluß bleiben werde. Colonel Tosi von dem titcßmuis{en Medizinal- wesen {ließt sich Hrn. von Langmnbeck im Allzewetnen an; ebenso Dr. Duchaufsoy von dex medizinischen Fakultät in Paris, obwohl ein Abscbluß in den antisentischen Neuerungen bis jezt noch nit erfolgt sei, und darüber noþ manche Wntersuungen sckweben. Die geraue Formulirung der“Resclution müße deshalb vor behalten werden. Der Bertreter des sächsisben Central-Comités erskattete fodann den Bes riht über die Frage na dev besten Oerga1zisation der Vereine im Frieden, wobei er auch die Frauenvereine in Kürze berührte. Er wirft einen vergleichenden Blick auf de Organisationen in den verschiedenen Ländern. Derselbe wird von s fterreichi){Wer Seite dur die Herren Schlesinger (Wien) und Juan fa (Pest) ergänzt. Graf Séruriex, Dr. Duchaussoy und Ellissen beleuchten die französische... Organifation, welche în threr früheren, eng an die Militärverfaffurg angeschlossenen Form dur das Reglement vom 3. Juli 1884 noch mehr befestigt wird. Das freiroillige Sa'aitätéwesen ist ein „Annerx“ der Axmce, kommt aber als Reserve immé;r erft in zweiter und dritter Linie zur Verwendung. Dp. Duchausfoy, Präsident des franzöfischen Damenvereins, gtebt cin äußerst interessantes Bild von der Organtis sation desselben. Er leitet seinen Vortrag mit einer rückhaltlofen Anerkennung der Mustergülligkeit der deutschen Frauenveratine ein. Deutschland sei der eigentlihe Boden dafür. In Frankreich kônne Gleiches nit euzielt werden. Die seit neun Jahren entwi@telten franmösishen Damenvereine bieten in der That ein eigenaztiges Bild. Die Grundlage ihrer Thätigkeit ift cine heshränkie. Die Damen sollen nur den Verwundeten und Inva- liden ihre Fürsorge zuwenden und in allgemeinen Nothständen helfend eingreifen. Weiter geht ihre Wirkfamkeit uicht. In diesen

Richtungen foll fie aber von dem Sentral-Comèté immer lebendig

erhalten werden, Die Beschaffung von Kapitak und Material ift Griedensaufgabe die Krankenpflege nur ausnalm?weise. Jm Kriege treibedazu der Patriotismus an. Besonders forgsältig wird von den Damen für: Auswahl des Verbandmaterials fowie für dessen Aufbewahrung (in lustdichtem Ble@versbluß) gesorgt. Entscheidend für das Gedeihen der Frauenvereîine in Frankreich if nach Dr. Ducbhauffoy die richtige Methode der Inanspruchnahme ihrer Hülfe und die Vermeidung unliebsamer Zumuthungen im Frieden. Der MRedncr erntet außer- ordentlichen Beifall. E

Von dem internationalen Comité i zu dem Berichte über die Organisationsfrageu eine Reihe von Resolutionen aufgestellt, über welche si eine außerordentlih lebhafte Dis- kussion entwidelt. Den Swerpuakt bildet der Wider- streit der Meinungen über die „MWiüitarisation®* der freiwilligen Krankenpflege, wie Graf Sérurier die Aufnahme derselben in den Rahmen der Armee, behufs unbedingtec Verfügung darüber, bezeichnet. Für eine folhe „Mikitarisation" ist unter Anderem auch das italienische Central Comits, dessen Vertreter in seinem Spezialbexicht über die Beziehungen der Vereine zur Militärgewalt zu dem S@&luß kommt: „Das Rothe Kreuz bar im Frieden der Militärautorität stets Sympathie und Nücksß&inakme, im Kriege absoluten Gehorsam