1884 / 253 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 27 Oct 1884 18:00:01 GMT) scan diff

Die Erledigung dieser Aufgaben wird in Ihre Hände gelegt, weil Se. Majestät das Vertrauen hegen, daß die von Ihnen in den verschiedensten Wirkungskreisen durch eigene Berufsthätigkeit gewon- nenen Erfahrungen die Regierung Sr. Majestät des Königs bei den Vorarbeiten für die Gesetzgebung in einer den Interessen des ge- sammten Vaterlandes förderlihen Weise unterstüßen und das Material vervollständigen werden, welches den Verhandlungen der geseßgebenden Körper als Unterlage dient.

Damit dies Ziel erreicht werde, wollen Sie es Sich angelegen sein lassen, die Gesetzentwürfe, ehe sie zur parlamentarischen Ver- handlung gelangen, einer forgfältigen Prüfung daraufhin zu unter- ziehen, ob sie den Bedürfnissen des Landes entsprechen, ob die Mittel, durch welche sie den leßteren gerecht zu werden suchen, unter den ge- gebenen Verhältnissen die angemessenen und erfolgverheißenden find, und ob die praktische Durchführung der Grundsäße, auf welchen die Entwürfe beruhen, in solcher Weise geordnet ist, daß der Zweck des Gesetzes so vollständig und mit so geringer Belästigung wie möglich erreiht werden kann. Neben diesen sachlichen Erwägungen wird es dem Staatsrath obliegen, die Redaktion der Entwürfe aufmerksam zu prüfen, damit dieselben nicht nur cine klare und in sich wider- \spruchslose Fassung erhalten, sondern auch in ihrer Konstruktion dem System der bestehenden Gesetzgebung ih organisch anschließen-

Geehrte Herren, der Staatsrath hat in der Organisation, welche ihm durch die Allerhöchste Verordnung vom 20. März 1817 gegeben worden ist, während der ersten Periode seines Bestehens von 1817— 1848 die gleichen Aufgaben zu lösen gehabt, welche gegenwärtig Ihnen übertragen werden. Er hat sich diesen Aufgaben stets mit voller Hingebung und mit einem Erfolge gewidmet, welcher seinen Arbeiten die Anerkennung des Königs und des Landes erworben hat. Jch ver- traue darauf, daß Sie Sih mit Mir in dem Bestreben vereinigen werden, dem neu berufenen Staatsrath durch pflichttreue, unbefangene und umsichtige Erledigung seiner Geschäfte dieselbe Anerkennung zu gewinnen, welche Ihren Vorgängern zu Theil geworden ist.

Auf Allerhöchsten Befehl Sr. Majestät des Kaisers und Königs erkläre Ich die Sitzungen des Staatsraths für eröffnet. Durch Allerhöchste Erlasse ist dem Staatsrath zunächst die

Begutachtung der Entwürfe von Geseßen wegen Erweiterung der -

Unfallversicherung, wegen Subvention überseeischer Dampfschiffahrt und wegen Errichtung von Post-Sparkassen zugewiesen. Jh beab- sihtige zunächst, den leßteren Ihrer Berathung zu unterstellen, und er- nenne zum Referenten für denselben den Staatssekretär des Reichs-Postamts, Wirklichen Geheimen Rath Stephan und zum Kor- referenten den Staatssekretär des Reichs-Schaßamts, Wirklichen Geheimen Rath von Burchard, und bestimme zur Theilnahme an der Berathung die Abtheilungen für Angelegenheiten der inneren Ver- waltung und für die Finanzen. Die Mitglieder dieser Abtheilungen, denen die Vorlage inzwischen zugestellt werden wird, ersuche Jb, Sich am Mittwoch den 29. d. M. hier wieder zu versammeln.

Nachdem \ich darauf die Versammlung in den Thronsaal der Königin Elisabeth begeben hatte, nahm Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz die Vorstellung der neu berufenen Mitglieder des Staatsraths entgegen und richtete an jedes derselben einige Worte.

Die Feierlichkeit endete gegen 3 Uhr Nachmittags.

Der Justiz-Minister seßt die Justizbehörden dur eine allgemeine Verfügung vom 17. d. M. davon in Kenntniß, daß zwischen den zuständigen Ministern ein Einverständniß dahin erzielt worden ist, daß den Beamten der Eisen- bahnverwaltung für Reisen zu gerichtlichen Ter- minen in den im §8. 14 der Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige vom 30. Juni 1878 vorgesehenen Fällen Tagegelder und Reisekosten nach den in den 8. 1 und 9 der Allerhöchjten Verordnung vom 830, Oktober 1876 be- stimmten Säßen gewährt werden. Demgemäß erscheine namentlich eine analoge Anwendung des §. 5 der erwähnten Allerhöhsten Verordnung auf die Gewährung von Tage- geldern und Reisekosten für Reisen zu gerihtlihen Terminen ausgeschlossen. Ferner werde es nicht Sache der Justizbehörden sein, die Bemessung der Tagegelder und Reisekosten davon abhängig zu machen, ob dem vernommenen Beamten freie Fahrt gewährt worden sei. Bei Aufstellung der Liquidationen sei jedo von den betreffenden Beamten eine Erklärung des Inhalts zu erfordern, daß freie Fahrt niht in Anspruch ge- nommen sei bezw. auch für die Rückreise niht in Anspru tem werde, und es sei der Jnhalt dieser Erklärun g auf er Liquidation zu vermerken.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich säch- sishe Geheime Finanz-Rath G olz ist hier eingetroffen.

Baden. Karlsruhe, 25, Oktober. (Karlsr. Ztg.) Zu Ehren des Geburtstages des Großfürsten Michael Nikolajewitsch findet heute große Hoftafel bei den Großherzoglihen Herrschaften in Baden statt, zu welcher zahlreiche Einladungen ergangen sind und welcher der Schwiegersohn des Großfürsten, der Großherzog von Med? lenburg-Schwerin, anwohnen wird. Die Großherzogin von Mecklenburg-Shwerin hat sich am heutigen Tage nah Amsterdam begeben, wo dermalen ihre Eltern weilen, welche beabsichtigen, Ende dieses Monats nah Baden zu kommen. Der Erbgroßherzog ist heute früh in Braunschweig ein- getroffen und im Herzoglichen Schlosse abgestiegen. Se. Königliche Hoheit gedenkt heute Abend nah Berlin zu reisen und dann gemeinsam mit dem Prinzen Ludwig Wilhelm nah Baden zurückzukehren. Der Großherzog und die Großherzogin beabsichtigen mit der Kronprinzessin von Schweden und Norwegen, welche si dermalen mit dem Kronprinzen in Amsterdam befindet, in Cöln für einen Tag zusammenzutreffen, bevor Jhre Königliche Hoheit nah Schweden zurückehrt.

Hessen. Darmstadt, 26. Oktober. (W. T. B.) Der Landtag ist auf den 24, November einberufen.

Braunschweig. Braunschweig, 25. Oktober. (W.T.B.) Die Beisezungsfeier wurde heute Mittag durch eine Trauexrparade auf dem Schloßplaß eingeleitet, an welcher das Herzogliche e 7 Meginu eine Compagnie des Braunschweigishen Jnfanterie - Regiments Nr. 92 aus Met, die Braunschweigische Batterie aus Wolfenbüttel und das vierte Magdeburgische Jnfanterie-Regiment Nr. 67 theil- nahmen. Nachdem sich das Trauergefolge versammelt hatte, begaben sich die Fürstlichen Personen aus dem ersten Stock- werk des Schlosses nah dem Gartensalon, wo die Leiche des Herzogs aufgestellt war. Der Sarg wurde durch die dazu

bestimmten Hofchargen unter Assistenz von 18 Unteroffizieren aufgehoben und auf den Leichenwagen gestellt. Darauf seßte si der Zug um 2 Uhr unter dem Geläut sämmtlicher Glocken nah dem Dom in Bewegung. Voran marschirten die Truppen der Trauerparade, und sodann folgten in verschiedenen Abtheilungen die Beamten der Hofverwal- tung. An sie {lossen \sich höhere Regierungsbeamte, welche die Krone und das Szepter sowie den Haus- orden Heinrih des Löwen auf florumhüllten Kissen trugen. Der Leichenwagen wurde von aht s{warzbehängten Pferden gezogen; der Sarg stand unter Palmen und war mit einem s{warzsammtnen, durch Silberbesaß geshmüdckten Leicheu- tuche bedeckt, dessen in silbernen Quasten bestehende Zipfel von Hofchargen getragen wurden. Hinter dem Sarge s{hritten die hier anwesenden Fürstlichen Personen, sodann die Vertreter der fremden Höfe, die Mitglieder des Regentschaftsraths und General- Major von Hilgers, die Generale aus dem Gefolge der Fürst- lichen Herrschasten, die Mitglieder der Landesversammlung, des Magistrats, die Militärdeputationen, die Spißen der Behörden 2c. in programmgemäßer Reihenfolge. Das Defiliren des sehr imposanten Zuges dauerte etwa 3/4, Stunden, Fn den Straßen, durch welche sih der Zug bewegte, bildeten Krieger- vereine, Korporationen und andere Vereine Spalier; die Fenster der Häuser waren dicht beseßt, und auf den Straßen war eine große Menschenmenge versammelt. Ueberall herrschte ehrfurchtsvolles Schweigen. Die Häuser waren mit Trauer- draperien dekorirt, die brennenden Gaskandelaber mit Flor umhüllt.

Um 2/ Uhr langte der Zug am Dome an. Der Abt Thiele spra, als der Sarg dem Domportal sich näherte, einen kurzen Segens\spruch. Hierauf wurde der Sarg, unter Vorantritt der gesammten Geistlichkeit, in die Kirche getragen und auf dem vor dem [kleinen Altar errichteten, mit einer großen Anzahl von Kandelabern um- gebenen Katafalk niedergeseßt. Der Herzog von Cam- bridge nahm in der Nähe des Katafalks Plaß; neben ihm befanden fich . die anderenck hier anwesenden Fürstlihen Personen, der Erzherzog Franz Ferdinand von Este, der Großherzog und der Prinz Heinrih von Hessen, Prinz Albrecht von Preußen, Prinz Georg von Sachsen, der Erbgroßherzog von Baden, Prinz Wilhelm von Schaumburg-Lippe. Die Mitglieder des Regentschaftsraths, der General-Major von Hilgers und die anderen Theilnehmer am Leichenzuge {lossen sich an. Nachdem ein Gesangverein eine Kantate vorgetragen, hielt Abt Thiele die Liturgie, an welche er in bewegten Worten einen Nachruf an den verstorbenen Herzog knüpfte.

Nach der Einsegnung der Leiche wurde der Sarg, welchem die anwesenden Fürstlichen Personen, die Mitglieder des Re- gentschaftsraths und der General-Major von Hilgers folgten, in die Gruft getragen. Während dieser Ueberführung des Sarges ertönte das volle Geläut der Glocken des Domes und wurden von der auf dem Burgplaß aufgestellten Trauer- parade drei Gewehrsalven abgegeben, in welche sich die Trauer- falutshüsse der Artillerie mishten. Nachdem die Begleitung der Leiche aus der Gruft zurückgekehrt war, {loß Abt Thiele die Feier mit der Ertheilung des Segens, worauf die Fürst- lichen Personen und das ganze übrige Trauergefolge die Kirche verließen. :

26. Oktober, Nachmittags. (W. T. B.) Der Herzog von Cambridge hat heute Nahmiîttag die Rüdreise nach England angetreten ; die anderen Fürstlichen Personen, welche der Beisezung des Herzogs beigewohnt hatten, sind bereits gestern Abend oder heute früh wieder abgereist.

_ Elsaß - Lothringen. Straßburg, 26, Oktober. (W. D. B) Ux Vorseter dax Einweihung des neuen Universitätsgebäudes brachte die Studen- tenshaft dem Statthalter General-Feldmarschall Frhrn. von Manteuffel, dem Rektor Sohm und dem Kurator der Universität Ledderhose, heute Abend einen Fadckel- zug dar. Jn dem Zuge befanden sih 1500 Faelträger und 5 Musikcorps. Den Sq@luß der heutigen Feier bildete eine glänzende Beleuhtung des Münsters.

Desterreich-Ungarn. Pest, 25. Oktober. (Prag. Ztg.) Das Abgeordnetenhaus hat die Adresse der Majo- rität mit 195 gegen 133 Stimmen angenommen. Der Finanz-Minister legte das Staatsbudget für das «zahr 1885 vor; nah demselben betragen die Einnahmen 3263/19 Mill., die Ausgaben 3379/9 Mill. ; das Defizit ist mit 116//6 Mill. (um 89/19 Mill. geringer als im Vorjahre) präliminirt.

Agram, 250 Vktobe, (Wien. 3g) Dex Landtag nahm heute nach Ablehnung des Gegenantrages Mazzura's den Antrag Loncsaric' auf Verschärfung der Haus- ordnung auch in der Spezialdebatte an. Bei §8. 55 wurde ein von Gyurgyevic beantragtes Amendement auf Einführung der Cloture angenommen. Jm Sinne desselben kann na ch Schluß der Debatte jede Partei aus der Reihe der vorgemerk- ten Redner einen Generalredner wählen.

Schweiz. Bern, 27, Oktober, früh. (W. T. B.) Die

gestrigen Wahlen zum Nationalrath haben, soweit das Wahlresultat bekannt, das Verhältniß der Parteien zu ein- it niht geändert. Bern hat ausschließlich radikal ge- wählt. __ Basel, 27. Oktober. (W. T. B.) Wie die „Baseler Nachrichten“ mittheilen, sind die gestrigen Wahlen zum Nationalrath zu zwei Dritttheilen \reisinnig und zu einem Dritttheil konservativ-ultramontan ausgefallen.

Velgien. Brüssel, 26. Okttober. (W. L. B.)- Der König hat heute Nachmittag folgende Ministerliste ge- nehmigt: Beernaert: Finanzen, de Volder: Justiz, Tho- nissen: Jyneres und Unterricht, Pontus: Krieg, van den Peereboom : et Caraman-Chimay: Auswärtiges, de Moreau : Landwirthschaft.

Von den heute vorgenommenen Kommunal-Slich- wahlen sind bis jeßt die Ergebnisse aus 48 Orten bekannt. An 26 Orten siegten danach die Kandidaten der Liberalen, an 12 Orten die Kandidaten der Klerikalen; an 10 Orten wurden theils Liberale, theils Klerikale, und in Seraing wurden 5 Republikaner und 5 Liberale gewählt. TFnRenairx (Osfiflandern) und in Morialmè (Namur) fanden gelegent- lich der heutigen Stihwahlen ernste Ruhestörungen statt.

In Löwen sind wegen der Ruhestörungen, die am Donnerstag dort stattfanden und bei welchen einige Per- sonen verwundet wurden, mehrere Verhastungen vor- genommen worden.

427. Oktober, früh. (W. T. B.) Der amtliche „Moniteur“ publizirt die Bildung des neuen Kabinets in der bereits gestern Abend gemeldeten Zusammenseßung.

Großbritannien und JFrland. London, 27. Oktober früh. (W. T. B.) Gestern Nachmittag fand im Hy de-Parf ein von 100 000 etwa Personen besuhtes Meeting gegen

das Oberhaus statt. Jn der Versammlung wurde eine Re- F

solution angenommen, welche das Dberhaus für überflüssi

und sogar für gefährlih erklärt und die Aufhebung desselben

verlangt.

Frankreih. Paris, 25. Oktober. (W. T. B.) Der Senat erledigte heute den Geseßentwurf über die Rückfälligen in erster Lesung. Der Artikel 14 des Gesek- entwurfs, in welchem die für die Verbannung bestimmten Orte angegeben waren, wurde gestrichen, Artikel des Entwurfs genehmigt.

Jn der Deputirtenkammer wurde der Antrag dez Bonapartisten Cuneo d’Ornano, das Ministerium

in Anklagestand zu verseßen, weil es ohne Zustimmung der |

Kammer einen Krieg unternommen habe, abgelehnt. Der Antrag wurde von dem Antragsteller Cuneo d’Ornano hierauf

in eine Jnterpellation an die Regierung umgewan: |

delt. Raspail (von der Linken) interpellirte die Regie- rung über ein von den Eisenbahngesellschaften er: lassenes Cirkular, welhes den Beamten derselben ver- bietet, Mitglieder von Wahlräthen zu sein. Der Arbeit s-

Minister Raynal erklärte: die Regierung habe kein Retht, | sih in die Angelegenheit zu mischen, sie habe indeß offiziós |

mit den Eisenbahngesellschasten konferirt. Es wurde sodann eine Tagesordnung, welhe das Vertrauen der Kam-

mer zu den Erklärungen des Ministers ausspricht, mit 290

gegen 4 Stimmen angenommen. Die Budgetkommission genehmigte einen Antrag RNoche's, wonach die dreiprozentige Abgabe, welche die Gesell:

shasten zu zahlen haben, auch auf die Kongregationen und

Ordensgesellshaften Anwendung finden soll. Auf den Antrag des Finanz-Ministers Tirard wurde ferner be: {lossen 40 Millionen Obligationen mit kurzem Termin zu emittiren, um damit pro 1885 die Vizinal- wegebaukasse und die Schulkasse zu dotiren. Diese 40 Millionen treten zu den 195 Millionen hinzu, welche be- reits für das Extraordinarium in dem Budget des Kriegs- Ministeriums und des Arbeits-Ministeriums in Aussicht ge- nommen sind.

Der „Temps“ sGreibt: Die Negterung Vâbe he: \{hlossen, zahlreihe Verstärkungen abgehen zu lassen, so:

wohl für die Armee in Tongking wie auh zur Vervollstän- |

digung des Okkupationscorps im Norden von Formosa, Abgeschen von der Absendung dieser neuen Truppentheile sei ferner eine Kompletirung der bereits in TDongking be: findlichen Bataillone beabsichtigt. Demzufolge sei nah

Toulon der Befehl ergangen, alle disponiblen Transport- |

dampfer auszurüsten, und seien mit Schiffs-Transportgesell: haften Verhandlungen wegen Miethens mehrerer Dampfer eingeleitet; eine große Menge von Proviant und Munition sei bereits nach Toulon unterwegs. Die Verstärkungen würden gegen Mitte kommenden Monats in 2 Abtheilungen abgehen und zu Anfang Januar in Tongking eintreffen.

Ein Telegramm aus Shanghai, von heute, sagt: |

Die Arbeiten zur Eindämmung und Absperrung des Flusses Woosung beginnen am 28. d. M.; für alle be: freundeten Schiffe wird eine 260 Fuß breite Durchfahrt offen gehalten. Die Blokade der Westküste von Formosa hat am 23. d. M. begonnen; es ist keinem Schiffe gestattet,

auszulaufen oder zu landen, so daß die Fnsel Formosa voll

(W. T. B.) Die „Agence Havas“ f

ständig isolirt ist.

26. Oktober. meldet: General Brière de l’Fsle giebt in den leßten Depeschen, die von demselben hier eingegangen sind, nicht die geringste Unruhe über die Sicherheit des Deltas kund; von der Seite von Kouangsi her, wo der Rothe Fluß strôme, sei von Seiten der Chinesen nichts zu befürchten. Das Gerücht, daß Honghoa von den Chinesen belagert werde, sei bis jeßt ganz unbe stätigt.

Jtalien. Rom, 25. Oktober. (W, T. B.) Die Eisen:

bahnkommission hat alle Artikel des Geseßentwurfs, betreffend die Eisenbahnkonventionen sowie Maßregeln zur Verbesserung des Dienstes auf den Ergänzun gs- linien, angenommen.

Gestern kamen in sieben von der Cholera infizirten Provinzen 51 Erkrankungen und 37 Todesfälle vor; davon

entfallen auf die Stadt Neapel 14 Erkrankungen und 12

Todesfälle.

96. Oktober. (W. T. B.) “Dex Cholera- Berit

vom 25. d. M. meldet: Es kamen vor: Jn den Provinzen |

Brescia 7 Erkrankungen und 6 Todesfälle, in Chieti 12 Er krankungen und 6 Todesfälle, Neapel 68 Erkrankungen und 17 Todesfälle, davon in der Stadt Neapel 17 Erkrankungen

und 9 Todesfälle, und in Salerno 3 Erkrankungen und |

: ) “Die Eisenbahn: | fommission begann gestern die Lesung des der Kammer |

5 Todesfälle. 27 Dito Q L D) vorzulegenden Berichts ; heute soll dieselbe fortgeseßt werden Der König hat die ihm anläßlich seines Besuches del Cholerakranken in Neapel von der Humanitären Gesellschaft in Oporto angebotene goldene Medaille

abgelehnt.

Türkei. Konstantinopel, 26. Oktober. (W. T. V.) Das Direktorium der türkishen Taba ck-Reg!& Gesellschaft hat sich definitiv, wie folgt, konstituirt : Lang, General-Direktor; Bertram Effendi, beurlaubter Beamter des preußischen Finanz-Ministeriums; Hassan Bey, General-Jn- \pektor der türkischen öffentlihen Staatsschuld ; Bove, gegen? wärtig Jngenieur der französishen Taback-Regie. Die Vel handlungen mit der Pforte bezüglich der egyptischen Junteressen Ar S Taback-Regie-Gesellshaft nehmen einen günstigen

erlauf.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 26. Ofto- ber. (W. T. B.) An Stelle des Generals der Jnfanterit, Grafen Raswodowski, ist General - Major Krook zun Kommandanten von Warschau ernannt worden.

Der französishe Botschafter, General Appert, hat der russishen Regierung angezeigt, daß die fran sische Regierung beschlossen habe, die Küsten der Jnse Formosa vom 23. Oktober ab effektiv zu blockiren, U daß die Schiffe der Frankreih befreundeten Mächte aufgefor de es seien, die Häfen Formosas innerhalb 3 Tagen i! verlassen.

die übrigen |

Süd-Amerika. Peru. Lima, 26. Oktober. (W. T. B.)

_ Jn Folge der Weigerung der cchilenishen Regierung,

den Reklamationen wegen der Verluste gerecht zu werden, welche hiesigen Einwohnern und Handeltreibenden während des Kriegs mit Peru entstanden sind, fand heute ein internationales „Meeting statt, in welhem be- {lossen wurde, den Beistand der Großmächte Chile gegenüber telegraphish anzurufen.

Asien. China. Tientsin, 25. Oktober. (W. T. B.) Nachrichten aus Peking zufolge sind alle Kaiserlichen Prinzen angewiesen worden, bei den am 5. und 7. Novem- ber in Peking stattfindenden Kaiserlichen Audienzen zu erscheinen.

Afrika. Egypten, Kairo, 2. Oktober. (W. T. B.) Der Minister-Präsident Nubar Pascha hat, dem „Observer“ zufolge, in einem Rundschreiben an die Mächte die : Wiederaufnahme der regelmäßigen Zahlungen an die Staatsschulden-Kasse angezeigt.

Nach einer amtlichen Meldung aus Wadi-Halfa sind die beiden Boten zurückgekehrt, welche ausgesendet waren, um über den Schiffbruch des Dampfers, auf dem sih Oberst Stewart befand, zuverlässige Erkundigungen einzu- zichen. Dieselben bestätigen, daß Oberst Stewart mit seinen Begleitern von den Arabern niedergemacht worden ist und daß zu den ermordeten Begleitern desselben auch zwei Konsuln gehörten, deren einer Nicola genannt worden sei. Jeder Zweifel darüber, daß Oberst Stewart zu den Ermor- deten gehöre, sei ausgeschlossen.

Zeitungsstimmen.

Die „Berliner Börsen-Zeitung“ schreibt in ihrer lezten Abendnummer :

Nur noch eine sehr kurze Spanne Zeit ift cs, die uns von dem Tage trennt, an welwem es sib an der Wahlurne zeigen soll, ob die große Mehrheit des deutschen Volkes politis und wirthschaftlih fo weit gereift is, um unter den verschiedenen politisden Parteien, welche ihre Kandidaten präsentirten, die wahrhaften Freunde auch wirklich richtig zu erkennen. Bei den leßten Reickstagtwaßblen im Fahre 1881 waren die Folgen des Zolltarifs vom Jahre 1879 noch nit allseitig zu Tage getreten, und konnten es damals auch noch nit sein, weil derselbe gewaltige Umänderungen im Gefolge führte. Auch brachte diese große Aenderung der deutschen Zollpolitik mancherlei Scattenseiten ebenso mit sich, wie alle großen wirthschaftlichen Re- volutionen. Es ist im Leben der Völker stets unvermeidlih gewesen, daß, sobald in Folge einer genialen That sich ein bedeutender Auf- \{wung eines Volkes nach irgend einer Richtung hin geltend machte, sogleich cine mehr oder weniger beträhtlihe Minorität des nämlichen Volkes dadurch zu Schaden kam. Solche Schäden und all’ ihre sozialen Folgen bald wieder möglihst auszuheilen, ift noh niemals in einem Staate fo voll und redlih angestrebi worden, als dies von Seite der deutshen Regierung geshah. Aber auch in keinem Lande haben es die staats- bezw. regierungsfeindlichen Parteien fo schr ver- tanden wie in Deutschland, selbst die kleinsten Schattenseiten aufzu- suchen, und sogar Lichtseiten in Schattenseiten zu verkehren, um Alles was die Regierung plant und thut, möglichst wieder zu verdunkeln, um hierdurch alle ungebildeten, oder doch zur Beurtheilung großer Fragen inkompetenten Brucbtheile der Nation, in eine feindselige

timmung zu verseßen gegen die nämliche Regierung, welche un- ablässig bestrebt ist, jedweden Stand im Staate zu s{chüßen und zu pflegen, und ihn vor Erdrückung durch übermächtig gewordene Elemente zu bewahren. An der Wahlurne wird es sich nun zeigen, wie groß und bezw. wie klein der Bruchtheil der deut- schen Nation ist, der die Unterscheidungsgabe besißt, den Ursprung der in unserem staatlichen Leben sich geltend machenden Licht- und Schattensciten zu erkennen, und wie viele Rethsbürger eine dankbare Erinnerung dafür haben, wem sie die Größe Deutschlands und seinen wirthschaftlihen Aufshwung verdanken. Es wird si ferner zeigen, ob die Wähler au die Intelligenz besißen, sih die Frage vor- zulegen und dieselbe richtig zu entsheiden, ob denn jene Partei, deren Kandidaten sie zu wählen überredet werden, all’ die segensreihen Pläne au wirkli unterstüßen will und wird, die der große Kanzler im Schilde führt, um Deutschland noch zu größerer Macht und zu einem noch höheren Aufschwunge zu verhelfen. Es fommt hier aber anch noch die weitere Frage dazu, ob die Wähler denn glauben könnten, daß ein Kandidat, der sich als Gegner der gegen- wätligen Regierung aufspielt, und alle ihre Handlungen zu durchkreuzen unv eine Aenderung des gesammten gegenwärtigen Systems herbeizufüh- ren verspricht, den begonnenen wirthschaftlihen Ausbau des Reiches nit vielmehr verhindern, als fördern wird, so daß die Negierung, wenn die staatsfeindlihen Parteien sie überstimmen, abermals um volle drei Jahre in allèn ihren Handlungen gelähmt sein würde, während doch bei der gegenwärtigen Weltlage, wo alle Handels- nationen uns in jedem Punkte zuvorzukommen trachten, jede einzelne Stunde für uns eminent wichtig geworden ist. Es handelt ih ferner auch darum, ob das deutsche Volk von seinem großen Kanzler gelernt hat, die wirthscbaftliche Seite der Wahlfrage allen politischen ob diese oder jene innere administrative Angelegenheit künftighin auf eine Seiten derselben voranzustellen. Politische Diskussionen darüber, andere als die seitherige Weise erledigt werden soll, spielten bei der deutschen Nation früher leider immer eine nur zu große Rolle. Wir dächten jedoch, das deutshe Volk müßte jeßt förmlich berauscht dar- über sein, zu welcher Stellung unter den Nationen ihm die Weisheit seines Kaisers und der Arm seines großen Kanzlers verholfen hat, so daß es alle kleinlihen inneren Fragen und Rücksichten ganz und gar vergessen sollte und somit mit der Absicht an die Wakhlurne trâte, nur einem solchen Kandidaten scine Stimme zu geben, welcher die ohnehin offen und klar zu Tage liegenden wirthschaftlihen Absichten der Regierung unterstüßt.

Der „Reichsbote“ äußert zu dem Bündniß des Centrums mit den Freisinnigen : : i

Schon jeßt müssen wir dem Centrum bemerken, führt seine neueste Taktik. seine Führer in Situationen, die mehr von dem fomishen Element an sih haben, als einer Partei lieb sein kann oder als irgend eine Partei auf die Dauer vertragen kann. So geht Hr. von Schorlemer am Sonnabend in Gelsenkirchen energisch für Verdoppelung und Verdreifachung der Getreidezölle und für die In- ‘teressen der Landwirthscaft überhaupt ins Zeug. Dann, nachdem er seinen verdienten Beifall eingeheimst und das Manuskript seiner stramm agrarischen und antifortschrittlichen Rede in die Tasche gesteckt hat, seßt er sich an seinen Schreibtish und giebt die Parole aus, alle:thalben den Fortschritt zu unterstüßen. . E

Dem Centrum aber überhaupt geben wir den Rath zu überlegen, was es thut. Es mag si vorsehen, daß es si nicht von Leuten, deren Interessen und Ziele mannigfaltige und dunkel vers{lungene sind, auf Wege treiben und zu taktischen Zwecken mißbrauchen läßt, die, wie wir fest überzeugt sind, wenn klar erkannt, von der großen Mehrheit der Centrumswähler mit Entschiedenheit zurückgewiesen werden wüiden.

Statistische Nachrichten.

Nach dem Bericht über die Gemeindeverwaltung der Stadt Berlin in den Jahren 1877 bis 1881 ftellten sich die Kosten des Armenwesens in der Stadt Berlin einshließlich der An- stalts- und Krankenpflegekosten auf

Davon für die_ ae\{chlofsene Armenpflege

i.

2381 774 2 442 099 2 443 141 2 800 737 2870 836

3 896 719 3 324 603 3 629 281 3 715 862 3 836 277

ofene infl. Waisenpflege

M. 1 822 551 1 807 814 1878 523 1 985 963 2 148 266

3 168 709 2 688 952 2819818

1872 1873 1874 1875 1876 1877 u. I. Quartal 1878 1878—79 & 1879—80 1880 —81

6 449 099

6 718 448 3 002 586

1881—82 7054655 3218378

In Prozentsäßen war das Verhältniß

der Zunahme der Bevölkerung gegen das Vorjahr

der Kosten der Armenverwaltung 1872 10,3 1873 1874 1875 1876 1877—78 §878 —79 1879—80 1880—81 1881—82

Fn der Steigerung von 1875 an spiegelt sih der Rückgang der Erwerbsverhältnisse ab. Die Kosten der offenen Armenpflege bildeten 1881—82 456 9/0, die der geschlossenen 54,6 ?/9 der Gesammtkosten, die größte Differenz war 1875: 41,5 : 58,5, Wiedereingezogen sind von den Kosten im Jahre 1881—82 9,2 %/, im Minimum - 1874: ¿A2 2/0:

Die offene geseßli6: Armenpflege trat im Jahre 1881— 82 für 14079 Almosenempfänger ein, d. #. 1,29 ‘a der Einwohnerschaft. Die Zahl ift seit dem Jahre 1872, wo nur 8638 Almosenempfänger (1,05 9/6 der Ginwohnerschaft) vorhanden waren, absolut fortdauernd gestiegen, relativ ist die Zahl in den Jahren 1873 —75 (auf 0,45 9%) gefallen, von da aber konstant höher geworden. Die Zahl der Pflege- finder ist von 1872 bis 1881/82 von 4227 (0,51 9/6 der Einwohner) auf 6470 (0,57°%/c) gewachsen. An Almosengeld wurden 1872: 1002 586 A (11607 4 pro Kopf der Empfänger), 1881—82: 1826 124 A (129,71 M) verabreiht. Seit dem Jahre 1878—79, in welchem das Almosengeld 132,87 4 pro Kopf betrug, ist dasselbe im Durschnit1t beständig herabgegangen. An Extraunterstüßungen sind im Jahre 1872 124671 M (15 4 auf den Civileinwohner), 1881—— 82 9248409 K. (22 Wh gezuhlt worden. Die Summe der Almosen, Pflegegelder und Ertraunterstüßungen belief N®O - 1872 auf 1A M, 1881—82 dau 9 513 752 MÆ.; die Zunahme, die 1872 und 1873 nur 1,68 bzw. 1,28 9/0 betrug, steigerte sih bis 1877—78 auf 11,11 %/% und sank dann bis 1881—82 auf 6,09 9% Wiedcreingezogen find von den baaren Unterstüßungskosten 1872 1,45 %, 1881—82 83,13 °/o, die Zahl der armen Hauskranken ist relativ viel konstanter geblieben ; sie betrug im Jahre 1872 35 437 oder 4,19 %/% der Einwohner, 1881 82 52 252 oder 4,63 9/9; geheilt wurden 76,73 bzw. 79/9 der Kranken, ungehbeilt entlassen oder blieben aus der Kur 4,13 bzw. 2 9/0, es starben 4,78 bzw. 5 9/0, blieben am Jahres\clusse im Bestande 9.85 bzw. 3 9/0, und wurden Krankenhäusern oder Hospitälern Über- wiesen 11,51 bzw. 11 9%. Die“ Nettokosten der Hauskrankenpflege steigerten sich von 1872 bis 1881—82 von 115 068 M auf 171 672

Für Bekleidung armer Konfirmanden wurden im Jahre 1881—82 für 1263 Kinder 23 193 M verausgabt. Zum Kartoffelland rourden Armen im Jahre 1881 11494 a in 2873,50 Parzellen überwiesen, der dadur veranlaßte Kommunalzushuß betrug 19 801 A (1877: 7685 a in 1921,25 Parzellen mit 14 609 4 Zuschuß).

Die ge\chlossene Armenpflege kam in den verschiedenen Kran- fenhäusern i. J. 1872 17254 Kranken mit 557 403 Verpflegungs- tagen, 1881—82 28 251 Kranken mit 886 122 Verpflegungstagen zu Gute. In den Siechenanstalten wurden 426 bzw. 438 Sieche mit einem Kostenaufwande von 34811 bzw. 25247 4 verpflegt. Der Bestand an Irren in der Anstalt zu Dalldorf betrug Ende 1882 1088, in Privatanstalten 498.

In dem Arbeitshause war Ende 1881 ein Bestand von 780 Häuslingen und 308 Hospitaliten. In das Asyl für obdaclose Fa- milien wurden i. F. 1881 239 Familien und 258 einzelne Personen aufgenommen. Das Asyl für nächtlich Obdachlose wurde i. J. 1877 von 101106, 1881 von 141 505 Personen aufgesucht; in der Nacht vom 25. zum 26. Februar 1881 befanden sich 811 Männer und 20 Frauen in diesem Asyle.

In den AlterversorFung8anstalten der Stadt wurden im Jahre 1881 täglich im Durschnitt 597 Personen verpflegt ; die Kosten der Verpflegung eines Benefiziaten stellten fih im Jahre 1881 auf 353,75 A

Die Waisenpflege erstreckte sich im Jahre 1877 über 3317, im Jahre 1881 über 3596 Kinder, 379 bezw 83,21 pro Mille der Einwohnerzahl. 19,99 bezw. 12,55 9/0 der neuaufgenommenen Kinder fanden wegen Todes der Eltecn, 80,01 bezw. 87,45 °/9 aus anderen Gründen Aufnahme. In dem Waisendepot wurden 1881 im Durch- {nitt tägli 115 Kinder verpflegt. In der Kostpflege befanden si in dewselben Jahre 3051 Kinder, davon 1595 in Berlin und 1456 außerhalb.

Zur Zwangserziehung find in den Jahren 1879 bis 1881 150 Kinder (114 Knaben und 36 Mädchen) überwiesen worden.

An Armenleichen kamen auf dem Armenkirhhof im Jahre 1883 2782 (1643 Erwasener, 1130 Kinder) außerdem 697 Anatomie» leichen zur Beerdigung

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Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Das 4. Heft V. Bandes der Jahrbücher der Königlich preußischen Kunstsammlungen (Berlin, Wetidmann'\{he Buch- bandlung) bringt außer dem in der leßten Nummer des eR.-A.* citirten Aufsatz von W. Bode über den von ihm entdeckten „Leonardo“ den Schluß der von dem Direktor des Kupferftichkabinets, Dr. Friedri Lippmann, verfaßten Arbeit über den „italienischen Holzscbnitt im 15. Jahrhundert.“ Unter den sorgfältigen Facsimilien na Origi- nalen aus dem Kupfersti-Kabinet, mit denen auch dieser Theil der Arbeit tei illustrict is, verdient namentlich Hervorhebung ein die Bekehrung der Magdalena darstellendes Blatt aus dem „Tesauro sgpirituale“ des Joh. Pet. Ferraro da Viglevano (Mailand 1499), von welchem das Berliner Kupferstih - Kabinet das einzige bekannte Exemplar besißt. Ferner sind dem Aufsaß Reproduktionen beigegeben von Blättern aus „De veritate contricionis“ und dem „Opus Regale“ von Vivaldus (Saluzzo, 1503 und 1507), aus „De claris mulieribus“ von Bergo- mensis (Ferrara, 1497); dann von zwet großen Holzschnitten, den freuztragenden Heiland und ein Ecce Homo darstellend; weiter der hl. Hieronymus vom sog. Meister Giovanni Battista del Porto (ein Theil der linken Seite des Blatts) und endlih auf einer besonderen Lichtdrultafel das Profil-Brustbild eines Mannes, dessen Contur und Ausdruck an Andrea Solario’s Hand erinnert und vielleit als der höchst interessante künstlerische Versuch dieses Meisters, die Wirkung einer Tuschzeihnung mittels der Holzplatte wiederzugeben, zu be-

trachten ift.

N 2 XL3I1VS QUIDIW iCN3—-

Am Sluß des Hefts würdigt Jaro Springer das von denr Königlichen Museum erworbene Skizzenbuch von Marten van Heems- ferck. Dasselbe ift nach mannigfachen Schicksalen und na@dem es ein Fahrbundert hindurch verschollen gewesen, in die Sammlung des Pariser Architekten Detailleur und 1879 mit di.ser Sammlung in den Besiß des preußischen Staats gekommen. Der 78 Blätter meist auf- beiden Seiten bezeihneter Feder- und Rötelstudien enthaltende Band zeigt Studien nach antiken römischen Bauten und Statuen sowie von christlihen Bauten. Unter den leßteren sind namentli die gewaltigen Vierungépfeiler der Peterskirce, eine Ansicht des Ka- pitols der Kirhen San Giovanni in Laterano und San Lorenzo. fuori le mura interessant. Der Werth des Skizzenbuchs besteht nicht in seinem künstlerishen Gehalt, denn Heemskerck gehörte zu den in Ftalien verdorbenen Niederländern des 16. Jahrhunderts, welche dort ihre nationale Eigenart völlig abstreiften und dafür falsche VFdealität, Gezwungenheit, und leeres Pathos eintauschten. Was dasselbe uns werthvoll macht, ist vielmehr der Fleiß, mit welchem er der antiken Kunst nachging, indem er die aus dem Alterthum erhal- tenen Bauwerke und Skulpturen eifrig nachzeihnete. Die neuere Kunstgeshichte gewinrt aus dem Skizzenbuch nur für einige Fragen (vor Allem für den Bau der Peterskirhe und Miwelangelo's fünst- lerishes Wirken) Material, im Ganzen aber doch wenig. Ganz andere wichtigere Ergebnisse hat dagegen die antike Kunstforshung zu erwarten, wenn dieselbe ihre Untersuhungen abges{lofsen haben wird.

_ Im 4. Heft des 12. Jahrganges der von der historischen Ge“ \ellschaft in Berlin herausgegebenen und in deren Auftrage von Prof- Dr. Ferd. Hirs ch redigirten „Mittheilungen aus der bisto* rischen Litteratur* (Berlin 1884, Gärtners Verlagsbuchh., Herten“ Heyfelder), deren Aufgabe es bekanntlich is, mehr durch referirende als kritishe Besprechungen über den Inhalt der neuesten historischen Werke zu orientiren, werden folgende historishe Schriften mehr oder weniger ausführlih ihrem Inhalte nach vorgeführt und charakterifirt : v. Ranke, Weltgeschichte III. u. TV,, Clasen, histor -krit. Unter- fubungen über Tunais von Tauromenion, Fränkel, die Quellen der Alexander-Historiker, Petersdorff, cine neue Hauptquelle des Q. Curtius Nufus, Die Geschichts\chreiber der deutshen Ver- gangenbeit, Monumenta Germaniae Historica, Sohm, Lex Ribuaria et lex Francorum Chamovorum, Foß, Benedict von Aniane. Winkelmann, Geschichte der Angelsahsen bis zum Tode Königs Aalfreds. Wolfram, Friedrich T1. und das Wormser Konkordat. Block, Zur Kritik des Petrus de Ebulo. Hessisches Urkundenbuh. Hoffmann, Ueber allgemeine Hansetage in Lübeck. Mollerup, Dänemarks Beziehungen zu Livland vom Verkauf Estlands bis zur Auflösung des Ordens\taates. Arnold, Studien zur deutshen Kulturgeschichte. Grube, Gerhard Groot und seine Stiftungen. Villari, Nicolo Machiaveli und seine Zeit. IL. III. Corpuscalum Inuscriptionum Vitebergensinm. RKoldeway, Heinz von Wolfenbüttel. Hülße, die Ein- führung dec Reformation in der Stadt Magdeburg. Gharveriat, l'Educaiion d’un prince allemand à la úa da seizième siècle, Briefe des Pfalzgrafen Johann Casimir mit verwandten Schriftstücken. 11. Gindely, Ein Beitrag zur Bio- graphie des Petrus Dominicus a Jesu Maria, des Zeitgenossen der Schlacht auf dem Weißen Berge. Wehrhahn, Festschrift zu der am 28. Juni 1883 in Oldendorf stattfindenden 250jährigen Gedächtniß- feier der Schlacht bei Hessish-Oldendorf am 23. Juni 1633. Brockhaus, Der Kurfürstentag zu Nürnberg im Jahre 1640. Fischer, Beiträge zur Geschichte des Kurbrandenburgishen Feld- marschalls Georg NKeichsfreiherrn von Derfflinger. von Kenner, Wien im Jahre 1683 Toifel, Die Türken vor Wien im Fahre 1683. Kluczycki, König Johann 111. vor Wien. Smets, Wien in und aus der Türken-Bedrängniß. von Renner, Johann Andreas von Liebenberg. Detto, Horaz und seine Zeit.

Gewerbe und Handel.

Nürnberg, 25. Oktober. (Hopfenmarktbericht von Leopold Held.) Der gestrige Markt brachte einen Umsaß von ca. 700 Ballen zu unveränderten Preisen. Auch heute zeigte das Geschäft bei ciner Landzufuhr von 300 Säcken keinerlei Veränderung; zu den leßten Preisen wurde langsam und sehr s{chleppend fcrtgekauft. Die Stim- mung ist matt. Die Notirungen, welche größtentheils nominell sind, lauten: Markthopfen 80—100 4, Gebircgshopfen 100—110 A, Aischgründer 90— 110 #4, Württemberger, Hallertauer und Ba- discher 95—125 4, Elsässer 90—110 4, Posener 115—135 M

Gotha, 27. Oktober. (W. T. B.) In der gestrigen Sißung des Aufjichtsraths der Deutschen Grun dkredit-Bank wurde beschlossen, eine Generalversammlung auf den 28. November zu be- rufen. Die Tagesordnung wird demnächst veröffentlicht werden.

Antwerpen, 2. Oktober. (W. T. B.) Wollauktion. An- geboten 2040 Ballen Laplata-Wollen, davon 1530 B, verkauft; sehr fest und belebt. Angeboten und verkauft wurden ferner 533 B. aufstralishe Wollen und zwar zu dem Preise der leßten Londoner Wollauktion.

Glasgow, 2. Oktober. (W. T. B.) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sh auf 580 900 Tons, gegen 589 100 Tons im vorigen Jahre. Zahl der im Betriebe befindlichen Hochöfen 95 gegen 105 im vorigen Jahre.

St. Petersburg, 26. Oktober. (W. T. B) In dem Zeitraum vom 1. Januar bis 1. August d. J. betrugen die Staatsein- nahmen 349576 333 Rbl. gegen 335 766 682 Rbl. in dem gleichen Zeitraum des Vorjahres; dieStaatsausgaben betrugen 373 464 809 Rubel gegen 368 050090 Rbl. in dem gleichen Zeitraum des Vor- jahres.

Das „Journal de St. Pétersbourg* erfährt, daß cin Syndikat, an dessen Spitze die St. Petersburger Diskontobank f\tehe, von Wynans den Rest sciner Aktien der großen russishen Eisen- bahngesell\chaft erworben habe.

Aus Nerts\chinsk wird gemeldet, daß im Transbaikalgebiet 300 Pud Gold gewonnen wordeu feien, davon ca. 10 Pud in den Kabinetswäschereien.

New-York, 26, Oktober. (W. L. D) Ver Werth der Waarenetinfuhr in leßter Woche betrug 6 261000 Dollars, davon entfallen 1 798 009 Dollars auf Manufakturwaaren.

Verkehrs-Anstalten.

Bremen, 26. Oktober. (W. T. B) Die Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Elbe“ und „Habsburg“ find gestern in New-York angekommen.

27. Oktober. (W. T. B.) Der Dampfer des Nord- deutschen Lloyd „Ohio“ ift heute in Galveston angekommen.

Hamburg, 25. Oktober. (W. T. B.) Der Postdampfer „Silesia“ der Hamburg-Amerikanishen Packetfahrt- Aktiengesell\chaft is, von New-York kommend, heute Nah- mittag auf der Elbe eingetroffen.

26, Qilivher (V. V) Per Postdampfer „West - phalia®* der Hamburg- Nmerikanishen Packetfahrt- Aktiengesell\chaft ist von New-York kommend, Nachts 12 Uhr, in Plymouth, der Postdampfer „Suevia“ derselben Gesellschaft, von Hamburg kommend, heute Morgen in New-York eingetroffen. : 97. Okober. (W. T. B.) Der Postdampfer „Borussia der amburg- Amerikanischen Packetfahrt- Aktien- gesellschaft ist, von Hamburg kommend, gestern in St. Thomas

eingetroffen.

t, 26. Oktober. (W. T. B.) Der Lloyddampfer A Sils ist heute Mittag mit der oftindischen Veberlandpoft aus

Alexandrien hier angekommen.