1884 / 254 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 28 Oct 1884 18:00:01 GMT) scan diff

Nichtamtliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 2. Oktober. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen gestern, Nachmittag 4 Uhr noch den Vortrag des Reichskanzlers Fürsten von Bismarck entgegen.

Im Laufe des heutigen Vormittags empfingen Aller- höchstdieselben nah dem Vortrage des Polizei- Präsidenten militärishe Meldungen und ließen Sih darauf von dem Chef des Militärkabinets sowie von dem Chef der Admiralität Vortrag halten. E |

Um 1 Uhr stattete Zhre Königliche Hoheit die Herzogin Wilhelm von Mecklenburg-Shwerin Sr. Majestät im Palais einen Besuch ab.

Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit der Kronprinz stattete am Sonnabend Vormittag 11 Uhr dem Professor Curtius einen Gratuklationsbesuh ab und wohnte der Ueberreichung des Geschenkes seiner ehemaligen Schüler bei.

Um 12 Uhr nahm Se. Kaiserliche Hoheit militärische Meldungen enigegen, und gegen 2 Uhr begab Sich Höchst- derselbe zur Eröffnung der Staatsrathesibungen in das Königlihe Schloß. i

Um 5 Uhr nahm Se. Kaiserliche Hoheit an dem Gala- diner bei Sr. Majestät dem Kaiser Theil und besuchte sodann das Deutsche Theater, wo Höchstderselbe mit Jhren König- lihen Hoheiten dem Prinzen und der Prinzessin Wilhelm {0- wie dem Prinzen Heinrih bis zum Schluß verblieb.

Gestern Vormittag fuhr Se. Kaiserliche Hoheit mit den: 10 Uhr: Zuge nah Potsdam, besuchte daselbst den Bazar in der Friedenskirhe und mate mehrere Einkäufe, stattete \0- dann Jhrer Königlichen Hoheit der Herzogin Wilhelm von Mecklenburg-Schwerin einen Besuch ab, frühstückte bei Jhren Königlichen Hoheiten dem Prinzen und der Prinzessin Wilhelm und kehrte mit dem 3 Uhr-Zuge nach Berlin zurück.

Um 4 Uhr empfing Se. Kaiserliche Hoheit in feierlicher Audienz den neu ernannten großbritannishen Botschafter Sir Edward Malet.

Abends 7 Uhr besuchte Höchstderselbe die Oper.

Von Sr. Kaiserlihen und Königlihen Hoheit dem Kronprinzen is der hiesigen Stadtverordneten: Versammlung folgendes Dankschreiben zugegangen :

„Mit aufrichtigera Danke habe Jch das freundliche Sthreiben erhalten, in welhem die Stadtverordneten Mir ihre Glückwünsche zum 18. Oktober darbringen und Mich zuglei der treuen Ergeben- beit der Bürgerschaft versichern. Mögen Berlins Bürger ihrerseits davon überzeugt sein, daß der erncute Ausdruck der alt bewährten Anhönglichkeit an Mich und die Meinen einen lauten Wiederhall iy dem warmen Wohlwollen findet, welches Jh ihnen fortgeseßt bewahre. Der gewaltige Aufschwung, den die sich täglich ver- \höônernde Hauptstadt im leßten Jahrzehnt geno:nmen, gereicht der tüchtigen Leitung ihrer Verwaltung, wie dem umfsichtigen und fleißigen Streben der Einwohner zu gleicher Ehre. Je lebhafter Mein, wie der Kronprinzessin, Meiner Gemahlin, Interesse an den) Fortschritten ist, welhe nicht minder in der Vervolllommnung ge“ meinnüßiger Einrichtungen und Anlagen, wie auf gewerblihem Gebiete in der Zunahme von Kunstfertigkeit und Geshmack Here vortreten, desto mehr werden Wir auch in der Zukunft bemüht sein, durch Bekundung Unserer Theilnahme nach lesten Kräften da anregend zu wirken, wo es gilt, geistige und leibliche Noth zu lindern, wie Bildung und Wohlstand zu fördern.

Berlin, den 23, Oktober 1884.

Fried rich Wilhelm, Kronprinz."

Am gestrigen Tage hielt der Bundesrath eine Plenarsitzung unter dem Vorsiß des Staats-Ministers, Staats- sekretärs des Jnnern, von Boetticher, ab. Es wurde beschlo}sen, daß die von dem Regentschastsrath für das Herzogthum Braunschweig nah Maßgabe der Reichsverfassung zu be- stellenden Bevollmächtigten als Vertreter Braunshweigs im Bundesrath im Sinne des Artikels 6 der Reichsverfassung anerkannt werden. Eine Vorlage, betreffend die allgemeine Rechnung über den Landezhaushalt von Elsaß-Lothringen für 1880/81, der Entwurf eines Postsparkassengeseßes, endlih eine Vorlage, enthaltend den Antrag Preußens, betreffend die Erledigung einer Streitigkeit zwishen Preußen und Mecklen- burg-Streliy wegen Stauung des Dechower Sees, wurden den zuständigen Ausschüssen überwiesen.

—- Der Stadtgemeinde Schön ebe ck ist durch Allerhöchste Ordre vom 1. d. M. auf Grund des Gesezes vom 11. Juni 1874 das Recht verliehen worden, die auf dem Grundstü „Falke“ zu Schönebeck, Baderstraße 3, ruhende Servitut zur Benutzung des anstoßenden Elbvorlandes resp. Elbufers im Wege der Enteignung zu erwerben.

Mit Rücksicht darauf, daß in neuerer Zeit zu den Staats- papieren zehnjährige Zinsscheinserien ausgereicht werden bezw. ausgegeben werden sollen, ist die Bestimmung in den auch für Anleihen der Stadtgemeinden in Jnhaberpapieren zu benußenden Mustern zu den Kreisanleihesheinen und zu den Zinsschein:Anweisungen : daß mit deim Anleiheschein Zins- cheine für fünfjährige Zeiträume ousgegeben werden follen bezw. daß der Jnhaber der Zinsshein-Anweisung eine Reihe von Zinsscheinen für fünf Jahre zu empfangen habe, dahin abgeändert worden, daßin Zukunft die Ausgabe von Zins- scheinen auch für zehnjährige Perioden als zulässig erachtet wird.

Es sind in neuerer Zeit mehrfache Fälle zur Kenntniß des Ministers des Jnnern gelangt, in welchen eine Bestra- fung kTontraktbrüchiger ländliher Arbeiter auf Grund des Geseyes vom 24. April 1854 nicht hat stattsinden können, weil die von den diesseitigen Polizeibehörden gestellten Anträge auf vorläufige Festnahme von den Polizeibehörden in den außerpreußischen Hasenstädten, in welche sih die in Rede stehenden Personen zum Zwele der Auswanderung begeben Dae unbeachtet gelassen, bezw. als mit den in dem betref- enden Staate geltenden Gesehen unvereinbar bezeichnet worden sind. Der Minister macht deshalb die Ober-Präsiden- ten in einem Cirkularerlaß vom 8. August d. J, darauf auf- merksam, daß die vorläufige Festnahme ländlicher Dienstboten und Arbeiter auf Grund des vorerwähnten Gesehes durch die Polizeibe-

hörden zulässig sei, auch daß dieselbe dur Requisition anderer Polizeibehörden bewirkt werden könne, unterliege an sih keinem Bedenken. Handele es fih aber um eine Requi- sition, welche an die Behörde eines anderen deutshen Staats gerichtet werden solle, so komme in Betracht, daß das Geseß vom 24. April 1854 ein preußishes Landesgeseß ist, und daß, selbst wenn die außerpreußishe Behörde dem Ansuchen auf vorläufige Festnahme Folge geben sollte, der Richter des betreffenden Ortes voraussihtlih den Verhafteten wieder in Freiheit seßen würde, weil die polizei- lihe Verhaftung auf Grund eines am Orte der Verhaftung nit geltenden Strafgeseßes erfolgt sei. Diese Möglichkeit sei aber jedenfalls ausgeschlossen, wenn die Verhaftung gerichtlih angeordnet sei, indem die Ausführung gerichtlicher Hastbefehle dur das ganze Deutsche Reich zu geschehen habe, auch wenn die That, auf Grund deren die Verhaftung stattfinden soll, nur landesgeseßlih mit Strafe bedroht ist. Hiernach werde es sih empfehlen, in allen denjenigen Fällen, in denen die kon- traktbrühigen Dienstboten und Arbeiter in Preußen nicht mehr festgenommen werden können, Behufs ihrer Festnahme und Bestrafung die Mitwirkung der zuständigen Gerichte in Anspruch zu nehmen.

Der General-Lieutenant von Leszczynski, Com- mandeur der 11. Division, hat Berlin nach Abstattung per- sönlicher Meldungen wieder verlassen.

Breslau, 27. Oktober. (Schles. Ztg.) Das „Dels'er

Kreisblatt“ veröffentlicht folgende Bekanntmachung: Breslau, den 20. Oktober 1884. Der Königliche Regierungs-Rath Bayer, zur Zeit in Dels, ist von mir mit der Leitung der vorläufigen Verwaltung des Thronlehns Fürstenthum Oels vnd der außer diesem Thronlehne zum Nachlasse Sr. Hoheit des Hochseligen Herzogs von Braunschweig gehörigen, in der Provinz Shlesien liegenden Fidei-Commiß- und Allodialgüter

betraut worden. L Der Ober-Präsident, i Wirkliche Geheime Rath von Seydewiß.

Sigmaringen, 24. Oktober. Die „Hohenz. V.-Z.“ veröffentlicht folgende Danksagung:

An die Bewohner der Hohenzollernsben Lande! Es sind Uns bei dem fünfzigjährigen Jubiläum Unseres Ehebundes aus den Hohen- zellerns{en Landen von Privaten, Korporationen, Vereinen und GSe- meinden so zahlreidhe Beweise von Anhänglichkeit und Liebe, theils in mündlichen : reichen Zuschriften und Drucksahen oder in kunstvoll ausge- statteten Adressen, theils in sinnigen und kostbaren Geschenken und Chrungen zugegangen, daß es Uns nicht mögli ist, jedem Einzelnen sofort besonders zu danken. Und doch liegt es Uns am Herzen, ohne Verzug auszusprechen, wie sehr Wir den Werth aller diefer wohl- thuenden Kundgebungen zu {äßen wissen. Wir wählen darum den Weg der Oeffentlichkeit, um von ganzem Herzen Allen auf das Wärmste zu danken. Unser Familienfest gestaltete si durch die liebevolle allgemeine Theilnahme zu einem öffentlihen, und Wir sprechen mit freudig bewegtem und gerührtem Herzen aus, daf diese Theilnahme Unser durch Gottes Gnade gewäbrtes Glück auf das Wesentlichste erhöht hat. Insbesondere danken Wir den Einwohnern Sigmaringens, welche durch festliche Ausshmückung der ganzen Stadt sowie durch die herzlihsten Kundgebungen aller Art gezeigt haben, daß Unser Familienfest auch zu dem ihrigen geworden war. Wir fühlen Uns zu unvergänglicher Dankbarkeit verpflichtet und können \chlicßlich nur versichern, daß Wir die Uns kundgewordenen Gesinnungen von

ganzem Herzen erwidern. Sigmaringen, 24. Oktober 1884. Karl Anton. Josefine.

Württemberg. Stuttgart, 25. Oktober. (St.-A. f. W.) Die Kommission der Kammer der Abge- ordneten für die Vorberathung des Entwurfs eines Ge- seßes, betreffend die Gemein deangehörigkeit, hat gestern ihre Sißungen geschlossen. Dec Kommissionsbericht wird vor- aussihtlich im Laufe der nähsten Woche im Druck erscheinen.

In würdigster und gelungenster Weise ist heute Vormittag die Enthüllung des von dem Bildhauer von Hofer ge- fertigten und gestifteten Denkmals des verewigten Königs Wilhelm und die Uebergabe desselben in die Obhut des Staates erfolgt. Nachdem der Prinz zu Sachsen-Weimar als Ehren-Prädent des Vereins zur Förderung der Kunst in zün- denden Worten auf die Bedeutung der Feier des Tages hin- gewiesen hatte, fiel die Hülle des Denkmals, dessen erster Eindruck auf die geladene Festversammlung ein durchaus günstiger war. Der Staats-Minister des Kirchen- und Schulwesens, Dr. von Geßler, übernahm hierauf sichtlich be- wegt das wohl gelungene Denkmal Namens der Kunstschule, in deren Hofe es steht, worauf Stadtpfarrer Weitbrecht im Festsaal der Kunstschule die treffliche Festrede auf den ver- ewigten König hielt. Es {loß sich hieran die Uebergabe des Kommenthurkreuzes zweiter Klasse des Friedrihs-Ordens und einer Dankadresse der bürgerlichen Kollegien von Stuttgart an den Stifter des Denkmals, und ein von dem Prinzen zu Sachsen-Weimar ausgebrachtes, begeistert aufgenommenes Hoch auf den König Karl beschloß die Feier.

Braunschweig. Braunschweig, 27. Oktober. (W.T.B.) In der heutigen Sißung des Landtages verias der Prä- sident von Veltheim ein Schreiben des Fürsten von Bismarck an den Staats-Minister Grafen Görg - Wrisberg, in welhem mitgetheilt wird, daß ber Reichskanzler das Schreiben des Regentschaftsraths, vom 18. d. M,, zur Kenntniß Sr. Majestät des Kaisers ge- bracht und daß Se. Majestät es abgelehnt habe, den von dem Herzog von Cumberland abgesandten Grafen Grote zu empfangen und das Schreiben des Herzogs von Cumber- land entgegenzunehmen. Der Präsident verlas ferner folgen- den Erlaß Sr. Majestät des Kaisers an den Negentschafstsrath:

„Ic Habe Ihr Schreiben vom 18. d, M,, in welhem die in Ge- mäßheit des braunshweigishen Geseßes vom 16. Februar 1879 erfolgte Konstituirung des Regentschaftsrathes zu Meiner Kenntniß gebraht wird, mit Dank entgegengenommen. Jadem Ih Ihnen Meine aufrichtige Theilnahme an dem \{merzlichen Verluste aus- spreche, welcher das braunshweiger Land dur den Hintritt des leßten Erlauhten Sprossen einer ruhmreihen Reihe von Fürsten be- troffen hat, erkenne Jh die Konstituirung sowie das Verhalten des Regentschaftsrathes als mit ven Gesehen übereinstimmend an und bin gerne bereit, dem in dem Schreiben vom 18. d. M. an Mich gerichteten Ersuchen zu entsprechen. Demgemäß habe Ich zu der ersten Nummer Ihres An- trages angeordnet, daß im Bundesrathe der Antrag gestellt werde, die von dem Regentschaftsrathe zu ernennenden Bevollmächtigten als berechtigte Vertreter des Herzogthums im Sinne des Krtikel 6 der Reichsverfassung anzuerkennen, und werde bezügli des zweiten Punktes die in Artikel 66 der Reichsverfassung dem Herzoge als

Ansprachen, theils in inhalts- }

Bundesfürsten vorbehalten gewesenen Rechte rücksihtlid des braun- \chweigischen Kontingents, gestüßt auf die Vorschriften der Artikel 63 und 64 der Reichsverfassung, für die Dauer der Regentschaft selb ausüben. Ih werde es Mir angelegen sein lassen, die si aus der Situation ergebenden Reichs- und Verfassungsfragen, welche mit der Zukunft des Herzogthums verknüpft sind, in Ge- meinschaft mit den verbündeten Regierungen verfassungsmäßig zu lôsen und dabei die Rechte und die Interessen des Herzogthums und seiner Bevölkerung der Verfaffung und den gegenwärtig bestehenden Gesetzen entsprehend sicher zu stellen.“

Hierauf wurde der Bericht der staatsrechtlihen Kommission verlesen und folgende, von derselben beantragte Resolution einstimmig angenommen:

Die Landesversammlung hat die Seitens des Regentschaftsrathes und des Staats-Ministeriums in der Sißung vom 24. Oktober d. J. ihr pewordenen Mittheilungen entgegengenommen, mit vollster An- erfennung des von derselben eingenommenen ReWtsftandpunktes bei der Konstituirung des Regentschaftsrathes und gegenüber sowohl der Reich8gewalt als auc der Kundgebung Sr. Königlichen Hoheit des Herzogs von Cumberland. Die Landeêversammlung spribt dem Regenitschaftsrathe und dem Staats - Ministerinm den Dank des Landes aus und erwartet mit demselben die weiteren Schritte, welche die ordnungsmäßige Erledigung der Thronfolgefrage erforderlich maten in der durch die vorläufige Aeußerung Sr. Majestät des Kaisers begründeten Hoffnung, daß dabei das aus der Verfassung des Landes si ergebende Recht nicht minder als die Sr. Majestät dem Kaiser und dem Reiche gebührenden Rechte werden gewahrt werden.

Sodann wurde der außerordentlihe Landtag durch Reskript des Regentshaftsraths bis auf Weiteres vertagt.

Elsaß - Lothringen. Straßburg, 27. Oktober. (W. T. B.) Die Feier der Einweihung des neuen Universitätsgebäudes, welcher der Statthalter General- Feldmarschall Frhr. von Manteuffel, die Spißen der Civil- und der Militärbehörden und ein sehr zahlreiches Publikum beiwohnten, wurde heute Vormittag 10 Uhr dur die Uebergabe der von den Frauen Straßburgs der Studenten- schaft gewidmeten Fahne eröffnet. Sodann seßte sich der Festzug von der bisherigen Universität nah dem neuen allge- meinen Kollegiengebäude in Bewegung. Der Weiheakt, der im Lihthcfe desselben vollzogen wurde, wurde dur eine Festcantate eingeleitet. Hierauf hielt der Rektor Sohm eine Rede, welche mit dem Wahlspruh „Literis et patriae“ \{loß. Das Ende dexr Feier bildete die Publikation der Ernen- nungen zum Ehrendoktor und zwar des Kurators der Universität , Ledderhose, des Landesausshuß - Präsidenten S(lumberger und des Architekten Professor Warth.

27. Oktober, Abends. (W. T. B.) Bei der Fest- tafel in der Aula des neuen Kollegiengebäudes, an welcher 176 Personen theilnahmen, brachte der Rektor der Univer- sität, Prof. Sohm, das Hoh auf Se. Majestät den Kaiser aus, der Statthalter, General-Feldmarschall Frhr. von Manteuffel, toastete auf die Universität und Elsaß- Lothringen, Prof. von Recklinghausen auf den Statthalter, Prof. Baumgarten auf den Reichskanzler Fürsten von Bis- mard. Weitere Toaste galten der philosophischen ata den deutschen Studenten, der Stadt Straßburg 2c. Während der Tafel wurden Telegramme an Se. Majestät den Kaiser und an den Reichskanzler Fürsten von Bismarck abgesandt. Nach Aufhebung der Tafel wurden das Kollegiengebäude und der Universitätsplay bengalish beleuhtet und auf dem gegen- über liegenden Ufer der Zll ein Feuerwerk abgebrannt.

Oestecreih-Ungarn. Wien, 27, Oktober. (W. T. B.) Das den Delegationen vorgelegte gemeinsameBudget beläuft sich im Ordinarium auf 109 000 000 Fl., im Extra- ordinarium auf 7 000 000 Fl. Nach Abzug der Einnahmen aus den Zöllen mit 18 000 000 Fl. verbleibt ein Gesammt- erforderniß von 97 800 000 Fl. ; die auf Oesterreich entfallende Quote beträgt 67 000 000 Fl. Jm Extraordinarium der Kriegsmarine werden für ein Torpedoschiff 300 000 Fl. und für 16 Torpedoboote 840 000 Fl. gefordert. SR

Pest, 27. Oktober. (W. T. B.) Die österreihische Delegation wählte einstimmig Smolka zum Präsi- denten und Ceschi zum Vize-Präsidenten. Der Präsident theilte mit, daß der Kaijer die Delegation morgen Mittag empfangen werde. Unter den gemeinsamen BVor- lagen befindet sich ein Exposé, betreffend die Einführung eines neuen Gehalts\systems für die Konsularbeamten, wofür pro zweites Semester 1885 27 837 Fl. beansprucht werden. Das Gesammtnetto-Erforderniß für das Kriegsbudget ist gegen 1884 um 163 017 Fl. geringer, das des Marinebudgets um 1 205 659 Fl. größer; der Ofkupationskredit ist um 837 000 Fl, geringer, und das Budget für Bosnien weist einen Uebershuß von 65 353 Fl. auf.

Agram, 27. Oktober. (W. T. B.) Jm Landtage gab heute der Banus eine Erklärung ab über den Stan d- punkt dexr Regierung zu den Wahlen und dem Aus- glei h. Mazuranic erklärte, daß, nachdem die Anhänger Starcevics von den. Verhandlungen ausgeschlossen seien, auch die Unabhängigen niht mehr an den Verhanblungen theil- nehmen würden, Die Linke verließ sodann in corpore den Saal. Das Haus beschloß \{ließlich, in die Spezialdebatte des von der Majorität beantragten Adreße ntwurf}s ein- zutreten.

Schweiz. Bern, 27. Oktober,

(W. T. B.) Von den gestern stattgehabten 145 Wahlen zu m Nationalrath is

bis jeßt das Resultat von 141 definitiv bekannt. Von den Gewählten gehören 85 den Freisinnigen und Demokraten, 37 den Ultramontanen und Konservativen, 19 dem Centrum oder keiner bestimmten Partei an.

Belgien. Brüssel, 27. Oktober. (W. T. B.) Auf die Beshwerde des Bürgermeisters bei dem Polizei- hef wegen Verwendung von Ge nsd’armen in Civilkleidung ist ein S chreiben des Polizeichefs eingegangen, in welchem derselbe mittheilt, daß er auf Befehl des Justiz-Ministers ge- handelt und niht nöthig habe, dem Bürgermeister Rechen- schaft abzulegen. Der Bürgermeister verlas dieses Schreiben in der heutigen Sißung des Kommunalraths und erklärte, daß diese Frage bei dem Zusammentritt der Kammern zum Gegc-nstande einer JFnterpellation gemacht werden solle. Der Kommunalrath hat ferner eine auf Aufhebung des Shulgeseßes gerichtete Resolution beschlossen. Moti- virt wird dieselbe durch den Hinweis, daß die Kommunal- wahlen die flerikale Politik verurtheilt und daß die zu den Kommunalwahlen Berehtigten den Protest des Kompromisses der Gemeinden auf das Entschiedenste ratifizirt hätten; es sei daher eine dringende Nothwendigkeit, den durch die Aus-

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führung des neuen Schulgeseßes hervorgerufenen Agitationen ein Biel zu seßen. on den gestrigen Kommunal-Stihwahlen sind bis jeßt die Ergebnisse aus 92 Kommunen bekannt. Jn 53 Kommunen siegten die Kandidaten der Liberalen, in 29 die Klerikalen; in 10 Kommunen wurden theils Liberale, theils Klerikale gewählt. Antwerpen, 27. Oktober. (W. T. B.) Der hiesige Kommunalrath hat si ebenfalls für die Aufhebung des neuen Schulgeseßes ausgesprochen.

Großbritannien und JFrlaud. London, 25. Oktober, (Allg. Corr.) Der Hof wird Ende November in Windsor eintreffen und dort bis gegen Weihnachten verbleiben, um dann, wie sons, nah Schloß Osborne überzusiedeln. Lord Dufferin, der neu ernannte Vizekönig von Fndien, welcher in wenigen Tagen abreisen wird, hatte am Mittwoch in Balmoral Abschieds-Audienz bei der Königin.

27. Oktober. (W. T. B.) Das Blaubuch enthält u. A. folgende Aktenstücke über die Sudan-Ange- legenheiten: eine Depesche des Generals Gordon an den Mudir von Dongola, welche zwar ohne Datum ist, jedoch aus der Zeit vor dem 23. Juli herrühren muß, und in welcher es heißt: „Jh bin hier wie eine Geisel und wie ein Wächter; es ist unmöglich für mich, Khartum zu verlassen, ohne eine regelmäßige, von irgend welher Macht aufgerichtete Regierung zu hinterlassen ;“ ferner die Fnstruktionen der englishen Regierung an den General Wol- seley; dieselben lauteten dahin: Gordon und dem Obersten Stewart den Abzug aus Khartum zu ermöglichen ; sobald dies Ziel erreicht sei, solle keine offensive Operation irgend welher Art weiter unternommen werden; sie {ließen damit: daß weder England noch die egyptishe Re-ierung die geringste Verantwortlichkeit für eine Regierung im Nilthale südlich von Wady Halfa übernehmen wollten.

Frankreich. Paris, 27. Oktober, Abends. (W. T. B.) Das Journal „Paris“ führt aus: es handele sih gegen- wärtig nur darum, soviel Mannschasten nah Tongking zu senden, als nothwendig seien, um die Effektivstärke der Com- pagnien wieder zu ergänzen. Die Entsendung von 10 000 Mann, welche bestimmt sein sollten, die Angelegenheit mit China rasch zu Ende zu bringen, dürfte nur mit Genehmi- gung der Kammern erfolgen.

Aus Tanger wird gemeldet, daß gegen den fran- zösishen Konsularagenten in Fez ein Attentat be- gangen und wegen dieser Angelegenheit bereits diplomatische Schritte eingeleitet worden seien.

Italien. Rom, 27. Oktober. (W. T. B.) Die Eisenbahnkommission hat ihre Arbeiten beendet, den erstatteten Bericht genehmigt und dessen Vorlegung an das Kammerprösidium bescblossen. Sämmtlihe Vorschläge der Kommission sind im vollen Einvernehmen mit der Regierung gena und auch von den drei Eisenbahngesellschaften acceptirt worden.

Gestern kamen in 5 von der Cholera infizicten Pro- vinzen 35 Erkrankungen und 21 Todesfälle vor, davon in der Stadt Neapel 6 Erkrankungen und 6 Todesfälle.

Bulgarien. Sofia, 27. Oktober. (W. T. B.) Die Session der Nationalversammlung ist heute mit einer Thronrede des Fürsten eröffnet worden. Jn der Thronrede wird auf die im ganzen Lande Hherrshende Ruhe hingewiesen und gleichzeitig das fortdauernde Wohlwollen aller Mächte, namentlich Rußlands, Bulgarien gegenüber be- tont. Die Thronrede lenkt die Aufmerksamkeit der Kammer auf die Verbindung der serbisch:-türkishen Eisenbahnen durch Bulgarien, konstatirt, daß die zur Ausführung bestimmte Frist abgelaufen sei, und giebt s{ließlich der Hofsnung auf eine baldige Beilegung der Differenzen zwischen Serbien und Bulgarien Ausdruck. :

Nußland und Polen. St, Petersburg, 28. Okto- ber. (W. T. B.) Die Einführung der Friedens- rihtec in den baltischen Provinzen ist auf Kaiser- lihen Befehl bis zum Erlaß des neuen Regulativs für die Bauerngerichte daselbst aufgeschoben worden.

Afrika. Egypten. Suakim, 24, Oktober. (Allg. Corr.) Major Chermside is von Massauah zurüd- gekehrt. Massauah is in keiner Gefahr. Die Häupt- linge in der Umrunde sind loyal- und wünschen nur Beistand von der Regierung. König Johann hat Nas Alula Befehle ertheilt, auf Kassala zu mar- \chiren. Major Chermside bemüht sich, dies zu verhindern. Die Concentrirung von Osman Digma's Streilkräften ist nicht von Erfolg begleitet, und die Beniamers und Amarars, die sih ihm zwangeweise anschlossen, verlassen ihn, sobald si eine Chance bietet.

Nun, wir glauben, daß ein großer Theil der Wählerscaft, namentlih einer an den Interessen von Handel und Industrie \o innig bethei- ligten nee durch eine sjolche Taktik sich nicht abhalten lassen werde, diese wahrhaft nationalen Unternehmungen aufritig und ernftlich zu unterstüßen. Wir wollen nit dazu thun, daß die ganze weite Erde unter die anderen Völker vertheilt werde und nur der deuts%he Michel wie der Schillersce Poet immer wieder post festum komme; und darum wählen wir keinen Deutsfreisinnigen.

2) Der Militäretat und das Septennat. Die Deutschfreisinnigen wollen alle Jahre den Militäretat diskutiren, jährlich die Präsenz- stärke, die Zahl der Regimenter, die Länge der Dienstzeit beschließen u. \. w. Angenehm und ersprießlih wäre das Geschäft nicht, etwa so, als ob Einer immer bescbließen wollte, wie viel Athemzüge und Herzshläge er machen wolle, Es möchte indessen noch angehen, wenn irgend welche Aussiht wäre, daß dabei das Urtheil kompetenter Sachverständigen Beachtung fände. Aber die Grund- lagen unserer Armee-Organisation und damit unserer nationalen Sicherheit und Eriftenz alljährlich auf die Schneide, sei es ultra- montan-konservativer, sei es ultramontan-forts{rittlicher Kompromisse oder fol{er Zufalls-Abstimmungen zu stellen, wie fie in neuerer Zeit bei uns so hâufig gewesen, das wollen wir niht. Am allerwenigsten aber wollen wir die Entscbeidung über militärisde Fragen in die Hände einer Partei legen, die ihre besondere Befähigung für die- selben durch ihren Abstufungsantrag vom Frühjahr 1370 fo glänzend dargethan hat. E

3) Das Sozialistengeseßh. Die deutschen Fortschrittler haben aus der Verwerfung der Verlängerung dieses Ausnahmegeseßes einen wesentlichen Punkt ihres Parteiprogramms gemacht. Hr. von Fordenbeck hat erst in diesen Tagen im Nachbarwahlkreise gezeigt, wie {wer es sei, im Wege der Abänderung des gemeinen Rechts wirksame Handhaben zur Hintanhaltung der auf den Umsturz von Staat und Gesellschaft gerichteten Bestrebungen der Sozialdemokratie zu gewinnen und bat deshalb die Uebernahme einer verartigen Ver- bindlihkeit abgelehnt. pr: Büchtemarn hat si durch diese Schwierig- feiten nit abhalten lassen, auch diesen Punkt zu vertreten. Darum werden Alle, die sich nach gewictigeren Garantien, als papierene Pro- gramme fie gewähren können, gegen jene Gefahren umsehen, ihm ihre Stimmen nicht geben können.

_4)Ultramontan-Deutschfreisinniger Wablkompromiß. Die Deutsch- freisinnigen betrachten sih als die alleinigen Liberalen. . .. Da muß es denn doch Wunder nehmen, wie diese Partei, die den ganzen Libe- ralismus gepachtet zu haben meint, sib jo trefflich mit dem Ultra- montanismus, d. i. der ärgsten Reaktion, wie sie im Syllabus theoretish und im belgishen Schulgeseß prafktisch ihre Ziele vor Aller Augen Ie ddt at, doner WAR . Da Bismarck troß manches Entgegenkommens zum Gange nah Canofja fich nun einmal doch nicht bequemen will, wollen diese kreuz- liberalen Leute ihn an seiner Stelie antreten, Möge cs thnen nach Verdienst bekommen! Der gehoffte Lohn ift {on jeßt nicht aus-

geblieben. . .. Oktober) wird derselben

Aus Könnern (23. Zeitung berichtet :

Am 22. d. M. fand im Gasthof zur Preußish:n Krone eine Versammlung der Wähler der nationalliberalen, freifonservativen und konservativen Partei statt, die zahlrei besucht war. Hier führie der Professor Dr. Boretius-Halle den Borsig. Derselbe begründete in seiner Ansprache die Vereinigung der drei politischen Parteien zum gemeinsamen Handeln im bevorstehenden Wakhlkampfe da- mit, daß in Folge der entschiedenen Opposition der deutschfreisinnigen Partei die Politik des Fürsten - Reichs- fanzlers unterstüßt werden müsse und daß sich zur Er- reichung dieses Zweckes alle staatserhaltenden Parteien ihre Sonder- interessen bei Seite seßen und gemeinsam handeln müßten. Die Be- fürtungen, die Nationalliberalen könnten {ih mit den Konservativen verschmelzen, seien niht gerechtfertigt. Die nationalliberale Partei werde auch fernerhin für fich bestehen bleiben, aber da, wo es gelte, den Staat zu unterstüßen, fich mit anderen Parteien zum gemeinsamen Handeln vereinigen. Die Kandidatur des Dr. Alexander Meyer müsse auf das Entschiedenste bekämpft werden, erstens wegen feiner Zu- gehörigkeit zur deuts{freifinnigen Partei und dann zweitens wegen seiner Opposition gegen die Regierung. . . . Mit großer Majorität wurde die Kandidatur Täglichsbeck vorgenommen,

__— Der „Kölnischen Zeitung“ wird über die bereits mitgetheilte regierungsfreundliche Acbeiterkundgebung aus Leipzig geschrieben :

Aus dem von sozialdemokratischen Elementen besonders bearbei- teten Leipziger Landkreise, in dem von den vereinigten National- liberalen und Konservativen als Reichstagskandidat der Gutsbesitzer Dr, Heine aus Plagwiß, von den Sozialdemokraten dagegen der Re- ferendar a. D. Viereck, von dem Fortschritt endlich (als bloßer Zähl- kandidat) Redacteur Krieger aufgestellt worden, ist heute ein Ereigniß zu melden, welches von nicht zu untershäßender Tragweite sein fann. Es hat sich daselbst nämlich eine neue Arbeiterpartei gebildet, welche fih ofen sowohl von den sozialdemokratischen Agitatoren als auch von den alles negirenden Deutschfreisin- nigen losfagt und sich freudig bereit erklärt, für die arbeiterfreundlihen Pläne der Neichsregierung und für den diese Pläne unterstüßen wolleaden Kandidaten der Ordnungßsparteien, Hrn. Dr. Heine, cinzustehen. Der mit fünfzehn Unterschriften von Arbeitern bedecktte Aufruf macht im s{rofffen Gegensaße zu den sozialdemokra- tischen Schreiereien und Hetereien einen äußerst wohlthuenden Ein- druck und ist bezeibnend genug, um wenigstens die Hauptpunkte des umfangreichen Schriftstücks au fir weitere Kreise hervorzuheben. (Es folgt eine Analyse und ein klängeres Citat aus dem Aufruf.) Jeder wirkliche Arbeiterfreund wird seine Freude über diese offene Kundgebung aus einem der von der Sozialdemokratie seit Jahren ge- fährdetsten Wakblkreise haben.

Feitungsstimmen.

Die „Magdeburgische Zeitung“ tritt in ihrem Wahlaufruf gegen die Fortschrittspartei auf; sie sagt:

Die Erwartung hat sich nicht bestätigt, die hier und da anfäng- li gehegt wurte, daß . . . die gemäßigtere Seite der Fortschrittéparüiei zu erhöhtem Einfluß auf die neue S gelangen werde. Vielmehr ist in dieser heutzutage der Einfluß Richters unumschränkter, als er je in der Fortschrittspartei gewesen.

Dies hat si in der noch jungen Geschichte der Deutschfrei- sinnigen, namentlich aber im Verlaufe dieser Wahlbewegung, während welcher wir es erleben mußten, daß diese Partei sogar so gut liberale Männer, wie Hrn. von Benda, auf das Heftigste befehdet, deutlich fundgethan. Wir erinnern nur an folgende vier Hauptpunkte, in Bezug auf welche die Haltuyg der Deutschfreisinnigen die höchsten und fundamentalsten Lebensinteressen der Nation so empfindlich be- rührt, daß jeder liberale Mann, der nit aufhören will, national gesinnt zu sein, sh sagen muß: „Hier kann îch mit der deutsch- \freisinnigen Partei niht zusammengehen“.

1) Die Kolonial- und Dampfersubyentionsfrage. Die ganze Art und Weise, wie die Deutschfreisinnigen im Bunde mit den Ultra- montanen diese wichtige, die Lebensbedingung des deutschen über- seeischen Handels- und UÜnternehmungsgeistes eben so wie der ein- heimischen Industrie innig berührende Frage in der leßten Session behandelt haben, mußte in den weitesten Kreisen der Bevölkerung tiefe Verstimmung erregen. Was die Vertreter der Partei feitdeIm in den Wahlreden Über diese Frage geäußert haben, ist nicht sehr geeignet, diesen Eindruck abzuschwächen. Jeßt stellt man sich, theils, als ob man gegen die Vorlage gar nichts ein- zuwenden hatte, und eigentli genau Alles das auc will, was Bigs- marck vorgeschlagen habe, theils als ob es fich überhaupt bei der ganzen Kolonial- und Dampferfrage, um nebensächlihe Dinge handle, die von Bismarck nur um von der Wahrung der WVerfassungs- rechte abzulenken, durch ein pfiffiges Manöver hervorgeholt seien.

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

Die Nr. 43 von „Schorers Familienblatt“ hat folgenden Inhalt: Apotheker Heinrih. Voa Hermann Heiberg. (3. Fortseßung). Vom bayerischen Volksstamm. Von A. Woldt. Mit Jllustrationen nah Skizzen Fr. Defreggers. Das Geheimniß der Wünschelruthe. Von Julius Stinde. 11. (Sch{luß) Mit einer Illustration. Ein moderner Rutengänger. Altes Gold in neuer Prägung. Von E. JFakobsen. Aus dem Tagebuche eines Kriminalbeamten. Von A. Oskar Klaußmann. 111. Falsches Papiergeld. (Fortseßung.) Sprech- saal. Briefkasten. Plauderecke: Wie findet man den sechsten Sinn? Sehr gern. Die Vögel und die Evidemien. A ni\sches Reisbier in Deutsbland gebraut -— Ein Werk in zwei Bâän- den. Das Erwachen Scheintodter in ihren Gräbern. Unsere Bilder. Holzschnitte: Ein Opfer des Jrrwahns. Von Franz Reiff. Erste Beilage: Deutschland in Westafrika. Mit 8 Jllu- strationen nah Originalaufnahmen und einer Handschrift, Zweite Beilage: Humoristishes: Ode an meinen Freund, den Bildhauer, als er auf Freiersfüßen ging. Mit Jllustration von P. Klette. Kindliche Rache. Hauswirthschaftlihe Neuheiten, Laubsägearbeiten. Denkübungen. Graphologischer Briefkasten.

Veterinärwesen.

In Distrikten Virginiens und Marylands is neuerdings die sogenannte Shhweine- Cholera ausgebrochen, welche im Weften der Vereinigten Staaten von Amerika {on vor längerer Zeii auf- getreten war.

Gewerbe und Handel.

Das 9. Heft 18. Jahrgangs 1884 von „Kunst und Gewerbe“, Zeitschrift zur Förderung deutscher Kunstindustrie, herausgegeben vom Bayerishen Gewerbemuseum zu Nürnberg (Druck und Verlag von G. P. J. Bieling (G. Dieß) in Nürnberg) bringt den Schluß der Studien über Schmiede-Urbeiten, von Fr. Otto Schulze. Auch

dieser Theil des interessanten Sssays ift mit einer Reihe von Abbil- dungen bemerkenêwerther älterer und neuerer Arbeiten, diesmal aus Italien, ausgestattet. Carl Friedrih sucht eine präcise Antwort fest- zustellen für die Frage „Was nennt man Kanne und was Krug?“ Die 10 geläufigsten Typen beider Gefäßarten illustriren den Auffay. Sodann bescreibt Hermann Billung die Ausftellung der Kron- diamanten zu Paris. Daran reihen si kleinere Artikel über den Augsburger Rathhausbau und die urgirte Freibaltung der Ostfaçade, über die Glaéperleninduftrie zu Franffurt a. M., über den Erwei- terungsbau des Provinzial-Museums in Hannover, über das Gewerbe- Museum in Bremen, über die Auëstellung für das Kleingewerbe zu Wien, über die Ausftellung von kirhliden Gegenständen în Brünn, über das Landes-Museum „Rudolfinum“ in Klagenfurt, über den Verfall des mauriscben Kunstgewerbes und Handwerks in Algier und über die neuesten Ausgrabungen "in Athen. Von den 3 Kunstblättern des Hefts zeigt das erfte (Radicung) cine Reihe alter Schmudckgegenstände aus der Mustersammlung des Bayerishen Gewerbemuseums: ein \chöônes emaillirtes Armband aus Gold, italienisher Herkunft (16. Jahrh.), einen Halsbandsbmack und ein Halsgehänge (deuts, 18. Jahrh ) und eine Gürtelsbnalle (deuts, 17. Jahrh.); das zweite den F\chönen Taufftein (aus Sandstein und Zinn mit hölzernem Deckel) in der Marienkirhe zu Zwicktau (aus dem Jahre 1538), das dritte den Entwurf zu einem Rähmchen in Metall mit geäßten Ocnamenten, von Otto Häberle. Im Text fin- den wir ferner den \{önen Entwurf zu einem Majolikateller, von C. Mell und eine Ofenkachel mit Löwenmaske aus dem Schlosse Vie- hofen in Steyermark.

Im 10. Heft der Zeitschrift berihtet zunäwst Richard Steche über die leyte Ostermeß-Ausfstellung des Börsenvereins der deutschen Buchhändler zu Leipzig. Dann folgt ein Auszug aus dem interefsan- ten Vortrage des Kustos Dr. Stocktbauer über die Textilabtheilung in der Mustersammlung des Bayerischen Gewerbemuseums und eine amt- lihe Darstellung der Entwicktelung der gewerblichen Fachschulen in Preußen. Kleinere Aufsäße enthalten Nachrichten aus Karlsruhe, Uber die Organisation zur Förderung des Gewerbewesens in Baden; aus Brünn, über die Ausstellung der K. K. Fach- s{ule für Weberei daselbst; aus Buda-Pest, über das Königlich ungarische technologiswe Gewerbe-Museum dasel und über die ge- plante Einrichtung des orientalischen Pavillons auf der nächstjährigen ungarischen Landesausftellung; aus Zürich, über das dortige Gewerbe- Museum, nah dem 9. Jahresberiht. Rathschläge für die Werkstatt, Mittheilungen aus dem Buchhandel und kurze Notizen reihen si an. Ein dem Heft beiliegender \{chöner Farbendruck reproduzirt eine \chöóne türkishe Fayerce-Platte von Jechil Dami in Brussa; die zweite Tafel zeigt die sorgfältige Aufnahme eines schönen durchbrochen gearbeiteten Kugelleuhters von Messing aus der Marienkirche zu Zwidckau, * die dritte den Entwurf zu einem Sthreibtisch in modernem Renaifsancestil, erfunden von Paul Koch. Im Text wird auch noch eine Seitenansiht dieses Schreibtisches, fowie zwei Zeichnungen von ges{mackvollen, dazu passenden Stühlen gegeben, welche denselben Urheber haben. Fernere Textillustrationen bieten die Aufnahmen zweier Fayence - Fußbodenplatten aus San Sebastian in Venedig und eine Tafel von dem Diptychon des Konsuls Fl. Theodorus Valentinianus im Berliner Königlichen Museum.

Gleichzeitig mit den beiden Heften wurden die Nrn. 16 bis 19 der „Mittheilungen“ des Bayerishen Gewerbe-Museums ver- sandt, deren Redaktion an Stelle des erkrankten Hrn. Dr. Otto von Schorn, gleichwie die der Zeitschrift „Kunst und Gewerbe“, der Kustos der Mustersammlung, Hr. Dr. J. Stockbauer, übernommen hat. Wir entnehmen denselben zunächst, daß das chemis{e Laboratorium des Mufeums in den fogenannten Nonnengarten verlegt und dort seit dem 24. v. M. in Thätigkeit ist, sowie daß mit dieser Ver- legung auch Aenderungen der Bureaus im Gewerbe-Museum ver- bunden gewesen find und sich das Auskunftsbureau jeßt im Erd- geschoß mit dem Zugange vom Glashof aus b.findet. Diese Ver- änderungen wurden dadurch nothwendig, daß, um einem dringenden Bedürfniß abzuhelfen, die Vorbildersammlung und der Zeicbensaal vergrößert und für leßteren der gegen- wärtige Bibliothekraum mit benüßt werden muß. Ferner wird in der Nr. 18 das Programm für die historische Abtheilung auf der Internationalen Ausstellung von Arbeiten aus edlen Metallen und Legirungen in Nürnberg 1885 veröffentlicht. Dasselbe lautet : Der Zweck dieser historishen Abtheilung ist, einen Ueberblick über die Entwick-lung der Arbeiten aus edlen Metallen und Legirungen zu geben, die Vor- züge der alten Arbeiten in techvisher und künstleriswer Beziehung zur Anschauung zu bringen und dadurch zu erköhten Fort- schritten und Verbesserungen auf dem Gebiete der neuen hierher ge- hörigen Metallarbeiten anzuregen. Die historische Abtheilung um- faßt kunstgewerbliche Arbeiten ältester, alter und neuer Zeit bis zu dem Beginn dieses Jahrhunderts, und zwar: Gold- und Silber- \chmiedearbeiten, Juwelierarbeiten, Kunfstarbeiten aus Kupfer, ein- \chließlich der Cmaillen, kunstgewerblihe Bronze- und Messingarbeiten, Kunstarbeiten der Zinngießer. Die Gegenstände der historishen Ab- theilung werden in bevorzugter Weise aufgestellt und mit den Namen der Besitzer versehen. Für den Schuß und die Sicherheit der aus- gestellten Gegenstände wird in gleicher Weise wie für die Objekte der eigenen Sammlungen gesorgt und werden hierfür die umfassendsten Maßregeln getroffen werden. Das Bayerische Gewerbemuseum trägt sämmtliche Kosten dieser Abtheilung; es übernimmt die Kosten der Beryacckung, des Transports hierher und zurück und der Transport- versicherung, der Versicberung gegen Feuersgefahr, soweit dies von den Ausstellern verlangt wird, cs besorgt die Auëstellungsbehälter, das Ausstellen der Gegenstände und deren Bewachung. Die Ein- sendung der Gegenstände für die historische Abtheilung wird bis zum 30. April 1885 erbeten. Zum Zwetcke der Kontrole der eingesendeten Gegenstände werden Liefersheine ausgegeben, welche in triplo aus- gefüllt den Kisten beigelegt werden müssen. Bei effnung der Kisten wird deren Inhalt mit den Lieferscheinen verglihen, über den Befund ein Protokoll aufgenommen und der eine Lieferschein mit der Empfangsbestätigung zurückgesendet. Die eingesendeten Gegen- stände können von den Besißern als verkäuflich - bezeichnet und ver- kauft, aber erft nab Schluß der Ausstellung an die Käufer abgegeben werden, Die Versendung der verkauften Gegenstände an die Käufer besorgt im besonderen Auftrage der Besißer das Bayerische Gewerbe- museum auf deren Kosten vnd Gefahr. Von alien Verkäufen if an T ISE Gewerbemuseum eine Provision von 10 9% zu ent- richten.

__— Naw den statistishen Ermittelungen des Vereins deutscber Eisen» und Stahlindustrieller belief sih die Noheisenpro- duktion des Deutschen Reichs (einschließlich Luxemburgs) im Monat Septbr. 1884 auf 294 330 t, dacunter 16 428 t Puddelroheisen, 11 033 t Spiegeleisen, 3720) t Bessemerroheisen, 44 641 t Thomas- roheisen und 32 928 t Gießeceiroheisen. Die Produktion im September 1883 betrug 278486 t. Vom 1 Januar bis 30. September 18834 wurden. produzirt 2678 953 r gegen 2 514 358 t im Vorjahr.

Die Genc:ralversammlung der Chemnißzer Werkzeug- maschinen- Fa brik, vorm. Joh. Zimmermann, ertheilte dem Vor- stande einstimmig Decharge und genehmigte die Vorschläge desselben, wona von dem erzielten Rohgewian von 591 019 4 df %/9 Divi- dende = 297 000 (A an die Aktionäre zur Vertheilung gelangen, 204 910 für normale Abschreibungen, 14 920 4 für statutarishe Do- tirung des Reservefonds, sowie außerdem 47 314 # als außerordent- liche Abschreibung auf vorräthige Maschinen verwendet werden. Der nach Abzug der Tantièmen verbleibende Rest in Höhe von 10 141 4A wird auf neue Recbnung vorgetragen.

Essen, 28. Oktober. (W. T. B.) Laut dem Wotbenbericht der „Rheinisch-Westfälishen Zeitung“ über den rheinisch-west- fälischen Kohlenmarkt ist die Lage gegen die Vorwoche nur insofern geändert, als für Hausbrandkohle allgemein lebhaftere Nachs frage hercrs{ht. Die Lebhaftigkeit des Geschäfts früherer Jahre if haupt\ächlich wegen andauernd niedrigen Wasserstandes des Rheins und geringerer Konsumtion der Eisenindustrie und der Zukerindustrie noch nicht erreicht.