1884 / 257 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 31 Oct 1884 18:00:01 GMT) scan diff

beamten, denen einePension aus dem Allgemeinen Civil- Pensionsfonds zu gewähren ist, mit Ausnahme derjenigen, deren Ernennung und Anstellung nach §. 6 der Organisation der D S averaitung LN Minister vorbehalten i i

ist, den Königlichen enbahn - Direktionen vom 1. April 1885 ab die Entscheidung darüber übertragen, ob und zu welchem Zeitpunkte dem auf Verseßung in den Ruhe- stand gerichteten Antrage eines Beamten stattzugeben ift, sowie ob und welche Pension demselben bei einer von ihm beantragten Verseßung in den Ruhestand gebührt. Bezüglich derjenigen Beamten, welchen auf Grund statutarisher Vor- schriften eine Penfion aus den bestehenden Beamten-Pensions- und Unterstüßungskassen oder aus Betriebsfonds zu gewähren ift, bleibt es bei den bisherigen Bestimmungen.

Eine außergerichtliße Einigung ftreitender Parteien darüber, an die Stelle eines von dem Kläger nahzusuchenden Arreftes eine von dem Beklagten freiwillig zu bestel- lende Sicherheitsleistung treten zu lassen, ist nah einem Urtheil des Reichsgerichts, I. Civilsenats, vom 24. September d. Z,., rehtlih ebenso zu behandeln, wie der Fall der gerihtlihen Anordnung eines Arrestes auf Ansuchen des Klägers; es sind daher die dem Beklagten aus der Kau- tionsbestelung erwachsenen Spesen als Kosten des Rechtsstreits zu betrahten, welche der Kläger, wenn er unterliegt, ohne

üdcksiht auf ein ihm zur Last fallendes Verschulden zu tragen hat.

Vom 1. April 1885 ab haben die bisher zur 7. Jn- fanterie - Brigade gehörenden Landwehr - Bataillone Schivelbein, Cöslin, Schlawe und Stolp mit ihrer bisherigen Bezeichnung und den bisherigen Aushebungs: Bezirken den Bezirk der 6 Jnfanterie-Brigade, sowie die bisher zu leßterer gehörenden Landwehr-Bataillone Gnesen, Schneide- mühl, Jnowrazlaw und Bromberg gleichfalls mit ihrer bie- herigen Bezeihnung und den bisherigen Aushebungs-Bezirken den Bezirk der 7. Fnfanterie-Brigade zu bilden.

Das westafrikanishe Geschwader, bestehend aus S. M. Stiffen „Bismark“, „Gneisenau“, „Olga“ und „Ariadne“, ist, dem „W. T. B.“ zufolge, gestern von Wil- helmshaven ausgelaufen,

Württemberg. Stuttgart, 30. Oktober. (St.-A. f. W.) Der König und die Königin sind heute Nachmittag von Friedrichshafen wieder hier eingetroffen.

Baden. Baden, 28. Oktober. (Karlsr. Ztg.) Bei Eröffnung der gestrigen Versammlung des Bürger- ausschusses ergriff Ober-Bürgermeister Gönner das Wort zu folgender A nsprache a1 die Versammlurg:

„Meine Herren! Bevor wir zur Erledigung der auf der heuti- gen Tagesordnung stehenden Gegenstände schreiten, babe ih die Ehre, Ihnen eine hocherfreuliche Mittheilung zu machen. Jhre Majestät die Kaiserin hat kürzlih bei zxei nahe aufeinanderfolgenden An- läfsen die hohe Gnade gehabt, in den huldvollsten Worten mir, als dem Vertreter der hiesigen Stadtgemeinde, zu erkennen zu geben, wie Allerhöchstdiefselbe mit aufrichtigster Freude und dankbarer Gesinnung von den erneuten Beweisen treuer Liebe und Anhänglichkeit der hiesigen Bürgerschaft und Einwohnerschaft Kenntniß genommen habe, welche JFhrer Majestät anläßlih Allerhöcbstihrer jeweiligen Wiederkehr in hiesige Stadt und insbesondere bei der Feier Allerhöchstihres Geburts- festes entgegergebracht werden, Jhre Majestät geruhte auszusprechen, daß der Aufenthalt in hiesiger Stadt Allerhöchstderselben jeweils zu besonderem Wohlgefallen gereibe, und beauftragte mich, meinen Mitbürgern den Ausdruck Allerhöchstihres Dankes zu über- mitteln. Dem Stadtrath habe ich hiervon, unmittelbar nah Empfang des gnädigsten Auftrages Kenntniß gegeben, und ih benuße nun den seitdem erstmals erfolgten Zusammentritt der Stadtverordneten, um auch diesem Kollegium die gleite Eröffnung zu machen. Die gesammte Bürgerschaft und Einwohnerschaft der hiesigen Stadtgemeinde ift von dem aufrichtigsten Wunsche beseelt, daß es ihr vergönnt sein möge, Ihre Majestäten den Kaiser und die Kaiserin noch recht oft in den Mauern dieser Stadt begrüßen zu dürfen, und ih lade die Mitglieder dieser zur Vertretung unseres gesammten ftädtishen Gemeinwesens berufenen Versammlung ein, dem Ausdruck der herzlichsten Segenéwünsche für die Kaiserlichen Majestäten zuzustimmen, indem Sie sih von Ihren Siten erheben.“

Die Versammlung folgte dieser Aufforderung.

Sachsen-Weimar-Eisenach. Weimar, 30. Oktober. (Thür. Corr.) Dem Landtage is, gemäß seinen früheren Beschlüssen, bei seinem heutigen Zusammentritt eine Darlegung des Ergebnisses des neuen Einkommensteuer- geseßes zugegangen, um eine Vereinbarung darüber zu treffen, ob und inwieweit für die beiden leßten Jahre der Finanz- periode eine Abänderung der Steuersäze und Steuerstufen sih nothwendig mache, und ob vielleicht eine fernere Erleichterung in den untersten Steuerstufen durch theilweise Nichterhebung des leßten Steuerquartals möglich sei. Nach den Mittheilungen der Regierung ist in Folge der neuen Steuer- geseßgebung der jährliche Ertrag der Einkommensteuer um 413 000 M gestiegen. Doch glaubi dieselbe dem Landtage eine Abänderung des Steuergeseßes niht vorschlagen zu jollen, sondern beantragt einen Steuererlaß für die untersten Steuer- stufen auf die drei Jahre der Finanzperiode. Sie macht für die Aufrechterhaltung der bestehenden Steuersäße und Stufen zunächst den allgemeinen Grund geltend, daß es bedenklich sei, während der Finanzperiode solche Abänderungen vorzunehmen ; dann aber wird darauf hingewiesen, daß jene Summe von 413 000 M nicht in den nächsten Fahren als Mehrertrag zu erwarten sei, da einmal künftig von der Anmel- dung der Schuldzinsen ein stärkerer Gebrauch als bisher ge- macht werden würde, also eine Verminderung um etwa 72000 #4 jöhrlich zu erwarten sei, ferner ein Zurück- bleiben der Sportelerträge um 98000 M jährli hinter dem Voranschlage konstatirt sei, und endlich voraussihtlich die Matrikularbeiträge im Jahre 1885/86 in Folge eines Mehr- bedarfs des Reichs von etwa 40 Millionen Mark um etwa 50 pCt. steigen, d. h. etwa 670000 A statt 450000 M von dem Großherzogthum aufzubringen seien. Nach Abzug dieser Summen, im Betrage von 390000 M, verblieben von der Mehreinnahme von 413 000 6 nur 23000 4 Der Vorschlag der Regierung geht nun dahin: der untersten Steuerklasse bis 490 / Einkommen das vierte Jahreëquartal der Einkommensteuer ganz, der zweituntersten Klasse bis

690 M6 zwei Monate, der drittuntersten Steuerklasse bis 990 46 -

einen Monat dieses Steuerquartals zu erlassen. Der Erlaß würde sich auf 80 Prozent sämmtlicher Steuerpflichtigen erstrecken.

WWaldeckŒ und Pyrmont. Arolsen, 30, Oktober. Der zur diesjährigen verfassungsmäßigen Sißung einberufene Landtag der Eirsienthümér Waldeck und Pyr- mont wurde heute Mittag von dem Landes-Direktor von Puttkamer im landständishen Sißungssaale im Gerichts- gebäude mit nachfolgender Rede eröffnet:

Meine Herren! :

Durch Allerhöchste Ordre Sr. Majestät des Königs von T LER ba bin ich ermächtigt worden, den diesjährigen ordentlichen

andtag der Fürftenthümer zu eröffnen. :

Zunächst habe ib Ihnen davon Mittheilung zu machen, daß Se. Majestät der König Allergnädigst geruht haben, mich zum Regierungs- Vize-Pr äsidenten bei der Königlichen Regierung zu CoblMiz zu ernennen, daß ih jedo angewiesen bin, vor Antritt meines neuen Amtes noch den Landtag abzuhalten. Es is hiernach das leßte Mal, daß ich die Ehre haben werde, mit der Landesvertretung zu verhandeln ; ih kann hierbei nicht unterlassen, dem Danke für das Bertrauen und das Wohlwollen, welde mir aus der Mitte der Landes- vertretung stets gezeigt worden sind, den herzlihsten Ausdru zu geben. Wie mir die Erinnerung an meine biesige amtlihe Wirksamkeit stets eine besonders liebe und angenehme bleiben wird, so möchte ih au an Sie, meine Herren, die Bitte richten, mir bei meinem Scheiden aus Ihrer Mitte ein freuyvdliches Andenken zu erhalten. .

Unter den Vorlagen, welte Sie beschäftigen werden, darf h als die wichtigeren hervorheken einen Geseßertwurf über gemein- \caftlihe Holzungen, welcher dazu dienen soll, eine der Landeskultur \cchädlice Theilung von Interessenten-Waldungen zu verhindern, ferner den Entwurf ciner Körordnung für Zuchtstiere, welher, aus den wiederholt kundgegebenen Wünschen der überwiegenden Mehrheit unserer Landwirthe hervorgegangen, vezweckt, die für die hiesigen land- wirthschaftlichen Verhältnisse so besonders wichtige Rindviehzucht zu heben und zu fördern.

Es werden Jhnen außerdem noch vorgelegt werden ein Gefeßtz- entwurf wegen Berichtigung des Grundkatasters und der Grundbücher bei Auseinanderseßzungen vor Bestätigung der Rezesse, ein Geseßent- wurf über den Betrieb des Hufbesblaggewerbes, ein Gesetzentwurf über die Einführung baupolizeiliher Bestimmungen in den Gemarkungen von Holzhausen und Oesdorf, sowie endlih ein Geseßentwurf über die Bildung einer Kirchengemeinde der separirten Lutheraner im Ederkreise. :

Die Staatskassenre{nung für das Jahr 1882 wird Ihnen zur Wahrnehmung Ihrer verfassungsmäßigen Rechte zugehen; int Anschluß an dieselbe lasse ich Ihnen eine Uebersicht über die vorläufigen Ab- \{lüfse der Staatékafsenrehnung für das Jahr 1883 vorlegen, aus welchen Sie ersehen werden, daß auch dies Rechnungsjahr wieder mit einem Fehlbetrage abgeschlofsen hat. i S

Endlich werden Ihnen noch mehrere ge\sckäftlihe Mittheilungen sowie Erklärungen der Regierung auf frühere von der Landesvertre- ung gestellte Anträge zur Beschlußfassung bezw. Kenntnißnahme zu- gehen.

Im Namen Sr. Majestät des Königs von Preußen er- kläre ih hiermit den Landtag für eröffnet.

Desterreich-Ungarn. Wien, 30, Oktober. (W. T. B.)

„Armee - Verordnungsblatt“ veröffentliht das November-Avancement. Ernannt wurden: Erzherzog Karl Ludwig zum General der Kavallerie, die Erz- herzöge Ludwig Victor und Ferdinand, Großherzog von Toëêcana, zu Feldmarschall-Lieutenants, Erzherzog Karl Stefan zum Korvetten-Kapitän.

Die „Politishe Correspondenz“ konstatirt: Die Auffassung, daß die in der Kaiserlichen Thronrede ent- haltene Man ifestation der gemeinsamen Regierung durch ein vorangegangenes Mißverständniß abgerungen worden sei, sei eine irrige, Die Ansprache des Monarchen sei ein viel zu feierliches und bedeutsames Ereigniß, als daß d:eselbe zu einer Korrektur vorübergehender JFrrthümer benußt werden dürfte. Die. Kaiserliche Ansprache sei für si Selbstzweck ge- wesen und würde nicht Lühler oder reservirter gelautet haben, auch wenn vorangegangene Mißverständnisse die Auffassung der Situation in Ungarn nicht einen Moment lang in eine irrige Richtung gelenkt hätten.

Niederlande. Haag, 30. Oktober. (W. T. B.) Nach dem nunmehr vorliegenden definitiven Wahlergebniß find 37 Liberale, unter denen sich 4 gesonderte Liberale be- finden, und 36 Antiliberale in die Kammer gewählt worden ; außerdem finden 13 Stichwahlen statt.

Großbritannien und Jrland. London, 29. Oktober. (Allg. Corr.) Der „Standard“ theilt mit, daß die kon- servativen Führer einen Neueintheilungsplan in Vorbereitung haben, der mit dem Regierungsentwurf zu riva- lifiren bestimmt is. Wie es heißt, wird der neue Plan das Prinzip der Minoritätsvertretung ausdehnen.

Lord Dufferin wird am 12. November die Reise nah Indien antreten, Zux Bewillklommnung des bisherigen Vize-Königs von Jndien, Marquis von Ripon, werden in E und anderen Theilen von Yorkshire Vorbereitungen ge- troffen.

GroßbritanniensStaatseinnahmen vom 1. April bis 25. ds. beziffern sich auf 43 660 024 Pfd. Sterl., gegen 45 740 1556 Pfd. Sterl. in demselben Zeitraum des leßten Finanzjahres. Die Ausgaben betragen 48 004 043 Pfd. Sterl. gegen 48 789 964 Pfd. Sterl. in 1883. Das Guthaben des Schatzamtes stellte sih am 25. ds. auf 1 901 752 Pfd. Sterl. (an demselben Tage des Fahres 1883 auf 3 075 240 Pfd. Sterl.)

30, Oktober. (W. T. B.) Bei der heute im Unterhause fortgeseßten Berathung des Adreßentwurfs brachte Chur- chill das bereits angekündigte Amendement ein, durch wel- ches dem Bedauern über die jüngsten Reden und Handlungen des Präsidenten des Handels-Ministeriums, Chamberlain, Aus- druck gegeben wird. Chamberlain widerlegte die Anklagen Churchills und wies nach, daß die Unruhen in Bir- mingham durh die Konservativen provozirt worden seien. Nach 8stündiger Debatte wurde das Amendement Churchills mit 214 gegen 178 Stimmen verworfen. Die Parnelliten stimmten mit der Minorität.

Sydney (Australien), 31. Oktober. (W. T. B.) Die Legislatur von Neu-Süd-Wales hat die in der Kon- vention von Sydney im Rovember 1883 gefaßten Beschlüsse zu Gunsten einer Föderation der australischen Kolonien und einer Annexion Neu-Guineas durch Uebergang zux Tagesordnung beseitigt.

Frankreich. Paris, 29, Oktober. (Fr. Corr.) Der Bericht über den Gesetzentwurf, betreffend den neuen Wahlmodus für den Senat, hat in Kürze (er nimmt über drei enggedruckte Spalten der großen Tages- blätter ein) folgenden Fnhalt :

Er prüft die verschiedenen Systeme, welche vorges{lagen worden sind und deren Zahl sih auf fünf beläuft, um \{chlteßlich der Regie- rungsvorlage den Vorzug zu geben. Diese schafft die Senatoren auf Lebenszeit ab und behält die bisherigen Wahlkollegien mit der Norm bei, daß fortan die Gemeinderäthe, statt je einen einzigen Delegirten für die Senatorenwahlen zu sftellen, nah der Zahl ihrer Mitglieder die Wahlkollegien zu- beschicken haben. Demnach werden die Delegirten der Gemeinderäthe verdoppelt, von einigen Dreißigtausend auf Vierundsechzigtausend gebracht, und können die Freunde demokratisheèer Einrichtungen sih \{chmeiceln, daß in Zukunft auch der Senat auf dem allgemeinen Stimmrechte fußt. Außer aus Gemeinderäthen, welche die große Mehrheit des Wahl-

Das

Förpers für den Senat bilden werden, ift dieser noch zusammengeseßt aus: den Arrondifsements-Räthen, General-Räthen, den Abgeordneten der jeweiligen Departements. Nicht wählbar sind: die Mitglieder der Dynastien, welhe über Frankreih geherrs{t haben; die Militärs der Land- und See - Armee, mit Ausnahme: 1) der Marschälle und Admirale, 2) der Generale, die ohne Altersgrenze im Cadre der 1. Sektion des Generalstabs tehen und keinen Oberbefehl ausüben, 3) die Generale, die in dex 2. Sektion des Cadres des Generalstabes stehen, 4) die Militärs der Land- und See-Armee, welcbe der Reserve des aktiven Heeres oder der Territorial-Armee angehören. Die Zahl der Senatoren beträgt na wie vor 300. Seine gegenwärtigen Mitglieder bleiben so lange mit ihrem Mandat bekleidet, als ihre Wahl durch die Nationalversamwlung und den Senat oder aber durch die Departe- ments und die Kolonien dies im Voraus bedingte. Damit foll gesagt sein, daß die Senatoren auf Lebenszeit ihre Sitze beibehalten. Das Seine-Departement wählt zehn Senatoren, das Nord-Departement deren acht, die Departements Cotes du Nord, Finistère, Gironde, Ille et Vilaine, Loire, Loire-Inferieure, Saone ét Loire, Rhone, Seine- Inferieure und Pas de Calais je 5; dann kommen 12 Departements mit je 4 Senatoren, 52 mit je 2, 10 Departements mit je 2, das Gebiet, von Belfort, die drei Departements Algeriens, die vier Kolonien Martinique, Guadeloupe, Réunion und Französish-Indien mit je 1 Senator. Hieraus ergiebt sich, daß die 75 Sitze der Un- abseßbaren für die Zukunft an die volkreihften Departements vertheilt find und daß das neuve Gese für alle Senatoren nur einen Ursprung und einen Wahlmodus kennt. Der Bericht betont, daß die Aufhebung der Unabsetbarkeit eines Viertheils der Senatoren diejenige Reform gewesen sei, welche von der Gesammtheit des Landes am übercinstim- mendsten und nachdrüdcklicsten verlangt wurde.

Das Journal „Paris“ bringt nachstehende Note :

„Wir wissen nicht, oder besser, wir wollen für den Augenblick nicht sagen, bei wem sib die marokkanisbe Regierung Raths erholt. Es herrscht aber seit einigen Monaten bei den Ministern Sr. Majestät des Sberifs eine augenfällige Voreingenommenheit gegen Alles was französisch it. Man meldet aus Tanger, von «estern, daß die marokkanisce Regierung 13 fremde Schüßlin ge, darunter 4 Franzosen, verhaften ließ. Alle werden in Eisen nah dem Gefängnisse von Marokko geschickt, vacbdem sie die größten Städte berührt haben. Der Minister Frankreichs hat protestirt, wie er cs schon in den früberen Fällen gethan hat. Allein dadur, daß man fortwährend am Stricke zieht, zerreißt man ihn, und eine große Macht, wie die französische Republik, kann sich nit immer auf pla- tonische Proteste beschränken.“

830. Oktober. (W. T. B.) Ein Telegramm des Generals Brière de l’'Jsle von gestern, daß die Garnison von Tuyenquan in der Zeit vom 14, bis 19. d M. mehvère Anagriife zurüdckgewiesen und hierbei keine Verluste erlitten habe. rothen Flusses Die Feindes betrage nur 4000 Mann. liche Streitmacht si{tbar. Französishe Kolonnen durchzögen

zurückgezogen.

die Gegend in der Nähe von Yenthe. Brière kündigt an, Maß- /

regeln treffen zu wollen, um dieSeeräuberei zu unterdrücken. “Ein Telegramm der „Demps“

Truppenabtheilungen zur Verfolgung entsendet worden.

Jtalien, Nom, 30, Vitobd@r (v. L. D) „Propaganda“ ist die Nachriht zugegangen, daß in Can- ton eine große Anzahl christlicher Kapellen zerstört

und geplündert, die Christen mißhandelt und ihre Häuser |

niedergebrannt worden seien. Jn Hongkong befänden sih

gegenwärtig zwei Bischöfe, 30 Missionäre und 300 Christen, |

die aus Canton dort eingetroffen seien. Der Vizekönig von Canton habe sich den Christen gegenüber sehr feindselig gezeigt. Gestern kamen in den von der Cholera infizirten

Provinzen 26 Erkrankungen und 11 Todesfälle vor; davon F

in der Stadt Neapel 5 Erkrankungen und 6 Todesfälle.

Nußland und Polen. ber. äußert bei einer Besprehung der österreichischen Thron- C0:

Es sei eine wahrhafte

solchen feierlihen Weise geantwortet. Fortan

Thronrede in deutsher und ungarisher Sprache. werde Niemand auf beiden Ufern der Leitha

haben und noch auffassen, Ergebnisse, welche so wohlthätig seien sowohl für den Frieden im Allgemeinen als auch für die

freundschaftlichen Beziehungen der drei Kaiserreiche zu einander, F deren volle Uebereinstimmung auf der Aufrechterhaltung der Verträge und dem gegenseitigen Vertrauen basirt sei. Jn solcher Weise habe man in St. Petersburg die Entrevue auf: F gefaßt, und diese Auffassung sei nun bei der ersten Gelegen- | heit, wo einer der drei Monarchen sich hierüber geäußert habe, |

bestätigt worden.

Amerika. Washington, 28, Oktober. Der schwedische Gesandte, Graf Löwenhaupt, über- reihte heute dem Präsidenten Arthur sein Abbe- rufungsschreiben.

New-York, 28, Oktober. (Allg. Corr.) An Stelle Mr. Greshams, welcher zum Richter ernannt worden, ist Mr.

Hugh Mc Culloh zum Sekretär des Schayamtes :

ernannt worden. Derselbe hat diesen Posten {hon früher

einmal bekleidet.

Asien. China. (W. T. B.) Ein Tecegramm des „Reutershen Bureaus“ berichtet: Aus Shanghai wird gemeldet: Die chchinesischen Behörden haben die Arbeiten zur Absperrung des Woosung-Flusses begonnen. Die Konzentrirung der chinesishen Truppen bei Shanghai und Peking dauert fort.

Afrika. Egypten. Kairo, 29. Oktober. (Allg. Corr.) f

Eine Reutershe Depesche lautet: Die von einer heutigen Lon-

doner Morgenzeitung veröffent ihte Meldung: Lord Wolseley F

sei instruirt worden, mit dem Mudir von Dongola ei Abkommen zu treffen, durh welches Leßterer zum Gouverneur des Grenzdistrikts im Sudan unter der nominellen Souzeränt- tät des Khedive ernannt werden würde, wird in hiesigen amt- lichen Kreisen als jeder Begründung entbehrend be- zeichnet.

Wady Halfa, 28. Oktober. und seine Begleiter traten heute Morgen die Kameelreise nach Ambigol an. Eine kleine Abtheilung egyptischer Kavallerie bildete die Eskorte und einige Scheichs dienten als Führer. Die kanadishen Bootsleute sprehen, nah dem, was sie bereits gesehen, von den Schwierigkeiten beim Passiren der Katarakte mit Geringschäßüng. E

Assuan, 28. Oktober. (A. C.) Die Garde-Division des Kameel-Corps unter dem Befehl des Oberst-Lieu-

meldet aus Hanoi, |

Der | entmuthigte Feind habe sich an den oberen Lauf des | Stärke des f Vor Chu sei keine feind- y

: aus Hanoi, f vom 28. d. M., sagt: gegen die Piratenbanden, die sih | auf dem Stromschnelleñ-Kanale gezeigt hätten, seien schleunigst 4

Der |

St. Petersburg, 29. Okto: | (W.D.BV) Das Journal de S1: Petersboura F

Noch nie habe der Kaiser auf die herkömmlichen Aus- drücke der Ehrerbietung von Seiten der Delegationen in einer F

M / übersehen F dürfen, in welcher Weise der Kaiser und seine Regierung F die Entrevue in Skierniewice und deren Ergebniß aufgefaßt F

(Allg. Corr.) F

(A. C.) Lord Wolseley ff

tenants Boscawen, sowie des Obersten Clarke mit der {weren Division der berittenen JnfAUnterie sind hier angekommen.

Zeitungsfstimmen.

Der „Berliner Zeitungs-Correspor!denz“ ent- nehmen wir:

Von einer am 26. Oktober in einem Orte bei Bayreuth abge- haltenen Wahlversammlung wurde die Absendung cines Telegrammes an den Fürsten Bismarck beschlossen. Dasselbe lautete: -

„Die aus dem Hummelgau zu einer Wahlbesprechung versammel- ten Landwirthe bringen Ew. Durcblaucht ihren herzlihsten Dank für das, was bisher für die Landwirthschaft geschehen ist. Sie knüpfen daran die Bitte, auf dem bisherigen Wege zu beharren.“

Darauf kam umgehend folgende Antwort:

„Danke herzlih und werde beharren.“

Jn der „Post“ lesen wir: 4

Das Anwachsen der Sozialdemokratie auf Rebnung des Sozialiften- gesetzes oder gar der Polizei zu seßen, und dasselbe jedenfalls von den Schultern der deutschfreisinnigen Partei abzunehmen, die sich Übrigens recht gut wieder des kürzeren Namens des Fortschritts bedienen könnte, da die Fusion ein unzweifelhaftes Fiasko gemacht hat darin sind die liberalen Blätter, wie cs sceint, vollkommen einig. ;

Ohne daß wir glauben, irgend einen Einfluß auf die sich frei- sinnig nennende Partei ausüben zu können, wollen wir do einen Gesichtspunkt für die Beurtheilung dieses unter allen Umständen be- denflihen Wachsthums der Sozialdemokratie entwickeln, welcher zwar früher {on manchmal berührt worden, aber unserer Ansicht nah immer noch nit mit der genügenden Klarheit hingestellt worden ift.

Unter den heute im politischen Leben stehenden älteren Männern ist ja noch die Revolution vom Jahre 1848 in lebendigem Gedäctniß. Die demokratishePartei jener Zeit stand in den unmittelbarsten Ver- kehr mit den großen Massen, den arbeitenden Klassen, oder, wie sie es am liebsten nennt, mit dem Volke. Im Laufe der Zeit sind die Erben jener Traditionen allmählich in eine ganz andere gesellshaftlihe Klasse gerückt. Sie berufen sich darauf, die Gesinnungen des gebildeten und sogenannten höheren Bürgerstandes zu vertreten, und bis zu einem gewissen Grade ist dies ja auch, wie man gern zugeben kann, der Fall. Sie übersehen dabei aber, daß ihnen in der Zwiscbenzeit der Einfluß auf die Massen des Volkes verloren gegangen ist, und sie begehen den ungeheuren Fehler, dessen Folgen si larasam, aber mit immer größerer Deutlichkeit zeigen, {ih auf einen Rückhalt in den Massen zu berufen, den sie nit be- sitzen. Die gesammte konservative Bewegung, gegen welche sich die äußerste Erbitterung der Liberalen richtet, ist an dieser Cntwikelung viel weniger Schuld, als das Verkennen veränderter Verhältnisse, welches dem gegenwärtigen Programm der deutsch-freisinnigen Partei zu Grunde liegt. Man erinnere sih noch jener DEIT, wo die Berliner Fortscbrittspartei die Maschinenbauer auffordern konnte, bei dem Be- gräbnisse Alexanders von Humboldt die öffentliche Drdnung zu hüten, und diese, zu vielen Tausenden geschaart, dem Nufe freudig gehorhten. Seit Lassalle . . ist die Führung der Arbeiter Schritt für Schritt dem Fortschritt und dessen Erben aus den Händen gegangen. Die Führer dieser Partei aber verschlossen sich dieser Einsicht und verlangten von der Regierung alles, was man verlangen kann, wenn man wirklich eine sehr große materielle Macht besißt. Am deutlicsten trat dies seit dem Erlasse des Sozialistengeseßes hervor. Dieses Gesetz war der Fortschrittêpartei gegenüber dem Ansturm der Sozia- listen äußerst nüßlich, die Fortschrittépartei muß dies erkannt haben, aber aus Doktrinarismus und in einem falschen Urtheile über das, was ihren Zwecken dienlih sein könnte, zog sie es vor, ihre Dppo- sition gegen das Geseß in der ausgedehntesten Weise geltend zu machen und diejenige gegen die Regierung noch zu steigern, während fle bei einiger Ueberlegung sich wohl hätte sagen müssen, daß ihre Inter- essen, die heute keinesweges mit denjenigen der arbeitenden Klassen übereinstimmend find, sie darauf hinweisen müßten, sich mit der Regierung auf einen Fuß zu tellen, der ein Zusammengehen erlaubte und lei dem immerhin gewisse Forderungen des Liberalismus mit Nacbdruck geltend gemacht werden konnten. l

Grenzen für eine solche Politik genau zu ziehen, ist unmöglich. Es fommt in jedem einzelnen Falle auf die Klugheit der Leitenden an, und diese hat eben der Fortschrittépartei immer und jeßt mehr als je gefehlt. Man braucht dabei nur an die Kolonialpolitik zu denken. Die von der Regierung vertretene Politik berührte die corde sgensible unseres Volkes und die deutscfreisinnigen Führer hatten dafür auch nicht das geringste Verständniß. Was ihnen dies bei den jeßigen Wahlen geschadet hat, mögen sie si selbst sagen. Ein Ein- geständniß in dieser Richtung, von ihnen selbst sich selbst gemacht, würde sie jedenfalls weiter bringen, als die thôridte Cinbildung, daß ihre Niederlagen bei der Wahl auf die Lässigkeit der Wähler, die doch wahrlich in einem, alles bisher Dagewesene überschreitendem Maße kearbeitet worden waren, zurück zu führen sei. :

Aber von einer solchen Erkenntniß ist nicht das Geringste zu \spüren und einer der hervorragendsten Führer der Fortschrittspartei,

r. Dr. Virchow, hat dies nah dem Bekanntwerden des Wahl- resultats in der eklatantesten Weise gezeigt. . .. :

So ist die Ausbreitung der Sozialdemokratie zu einem großen Theil der Fortschrittspartei selbst zuzuschreiben. Andere Gründe der- selben entziehen sich dem Können jedes Einzelnen und jeder Partei. Der ungeheure Fortschritt unserer Zeit hat fin breiten Klassen neue Ideen und zwar soziale Ideen und das Gefühl der Kraft angeregt, und Bestrebungen, welde immerhin noch in regelmäßige Bahnen geleitet werden können, wenn alle erhaltenden Kräfte sich in Weisheit und Selbftbes{ränkung zu- fammenschaaren, welche aber auch alle Dämme überfluthen können, wenn es an diesen Eigenschaften fehlt. Und Niemand würde unter Katastrophen, bei welben das Gebot der Selbsterhaltung eintritt, mehr zu leiden haben, als diejenigen, welche, wie wir immerhin gern zugestehen C von ih selbst ehrlich überzeugt sind, daß sie der Sache der Freiheit dienen. .

ie A noch einen Punkt erwähnen. Es ist mehr oder weniger ofen von allen Seiten anerkannt, und wir glauben, das Zeugniß des Hrn. Dr. Virchow în diefer Beziehung als eines kompetenten Richters anrufen zu können, daß die jüngere Generation, von welcher an den Wahltishen des Jahres 1884 wieder cin bedeutend größeres Kontingent erschienen is, als an denen von 1881, niht mit den formalistishen Ideen der alten demokratish-fortshrittlihen Partei harmonirt. Solcher Wesel ift der Lauf der Welt. Die Alten werden niht verworfen und sie mögen ihrer Zeit ihre Rolle gespielt haben; aber es giebt keinen größeren Fehler, als wenn sie ihre Augen vor einer veränderten Lage \{licßen und glauben, daß ihr Rezept das „Allheilmittel“ für alle Zeiten wäre.

Der Münchener „Allgemeinen Zeitung“ wird zu dem Ausfall der Reichstagswahlen in Berlin geschrieben :

. ,_, Daß die Fortschrittspartei, welche in der Reichshauptfstadt bei den vorleßten Wahlen nochmals alle se{ch8 Mandate errang, den Höhepunkt ihrer Macht überschritten hat, is dur die heutigen Ab- stimmungen sehr bemerkbar geworden : sie hat vorläufig nur einen einzigen Kandidaten, Hrn. Löwe, durcgeseßt und diefen nur mit geringer Stimmenmehrheit gegen den konservativen Kandidaten. Selbst ihre bedeu- tendsten Vertreter, Virchow und Eugen Richter, dürfen Beide gegen Konservative erst von einer Stichwahl die Erneuerung ihres hiesigen Mandats erhoffen. Auch aus einer Anzahl anderer größerer Städte wird eine Zunahme der sozialdemokratischen, ein Rückgang der fort- \hrittlihen (,deutschfreisinnigen“) Stimmen gemeldet. Grfreulich ist der aus süddeutschen Wahlbezirken gemeldete neue Aufschwung des nationalgesinnten Liberalismus, welchem zugleich mehrfach eine ersicht- lih flauere Stimmung ultramontaner Wählerschaften zur Seite steht.

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Der „Deutschen volkswirthschaftlichen Cor- respondenz“ wird zur Beantwortung der Frage: „Wer trägt die Getreidezölle?“ aus Pest folgender Beitrag mitgetheilt :

Mit nit geringer B-sorgniß blicken die ungarischen Getreide- export-Interessenten nah Frankreich, ibrem besten Absazmarkt, wo man Fich mit der Erböhung der Zölle auf Getreide und Vieh be- schäftigt. Insbesondere soll der Zoll auf Weizen von 0,60 auf 4 Fr., der Zoll auf Mehl von 1,29 auf 8 Fr. gebracht werden, Wäre es wahr, daß der französishe Konsument den Getreidezoll unbedingt zu tragen habe, so fkönnten die Ungarn wahrli beruhigt sein. Als Deutschland geringe Getreide- zôlle einführte, da höhrten auc hier die Doktrinäre, beklagten den Konsumenten und thaten ganz unbesorgt Jett haben sich die Meinungen gewaltig geändert und man erblickt in der Erhöhung der französisben Getreidezölle eine Gefahr für den ungarischen Getreide- export, nachdem man die Wirkungen der deutshen Zölle erkannt und gefühlt hat. Diese Wirkungen bestehen wesentlich darin, daß nach Einführung bezw. Erhöhung von Getreidezöllen als- bald die Nachfrage nah ausländishem Getreide in dem betreffenden Lande abnimmt und Leßteres, um mit dem einheimischen Erzeugniß konkurriren zu können, relativ wohlfeiler an- geboten werden muß, will es den erwünschten Absay finden. Wer da wiffen will, wer zu nicht geringem Theile die deutsbhen Ge- treidezôlle zu tragen hat und fortan auch die französishen Zollerhö- hungen theilweise wird auf sich nehmen müssen, der frage nur die hiesigen Getreide Exporteure; sie klagen ihr Leid Jedem, der es hören will und kümmern sich nicht mehr um die todten Doktrinen ihrer gelehrten Gesinnungsgenofsen.

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Armee-Verordnungs-Blatt. Nr. 19. Inhalt: Anlegung von Trauer zu Ehren des verewigten Herzogs von Braunschweig Hoßbeit. Ueberführung der Landwehr-Bataiüone der 7. in den Ver- band der 6., und derjenigen der 6. in den der 7. Infanterie-Brigade. Bestellung von Amtskautionen. Abänderung des Etats für die jährliche Uebungs- 2c. Munition, 1883. Reisepläne für die den Aushebungen beiwohnenden Stabsoffiziere der Garde. Nachtrag zur Dienstanweisung zur Beurtheilung der Militär-Dienstfähigkeit 2c. Eröffnung neuer Eisenbahnen.

Amtsblatt des Reichs-Postamts. Nr. 55. Inhalt: Verfügungen: vom 23. Oktober 1884. Eröffnung der Eisenbahn- \strecke Greiffenberg (Schlesien)— Friedeberg (Queis). Eröffnung der Eisenbahnstrecken Allenstein bezw. Göttkendorf—Wormditt und Braunsberg—Mehlsack.

Eisenbahn-Verordnungs-Blatt. Nr. 26. Inhalt : Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten: Vom 20. Oktober 1884, betreffend Entschädigung der Eisenbahnverwaltung für die der Reich8-Postverwaltung zur Aushülfe überlassenen Güterwagen. Vom 22. Oktober 1884, betreffend Pensionirung von Beamten der Staats. Eisenbahnverwaltung. Nachrichten.

Centralblatt der Bauverwaltung. Nr, 43. Inhalt : Nichtamtliches: Die Klosterkirhe von Jerichow. Tunnel der \chweizerishen Eisenbahnen. Ueber Kupplungen zwischen Lokomotive und Tender. Vermischtes: Rosten der Schienen. Spanische Eisenbahnen. Technische Hochschule in Berlin. Bücherschau.

Neichstags - Angelegenheiten.

Nach einem Extrablatt des „Anh. Staats-Anz.“ ist im 1. An- haltishen Wahlkreise der Kommerzien-Rath Gustav Ziegler als NReichstagt-Abgeordneter mit 7839 Stimmen gegen 6723 Stimmen der Deutsch-Freisinnigen und 697 Stimmen der sozialdemokratischen Partei gewählt worden.

Statistische Nachrichten.

Der Erwerb und Verlust der Reichs- und Staats- angehörigkeit im preußisben Staate während des Jahres 1883. (Stat. Corr.) Die alljährlihe Erhebung über den Grwerb und Verlust der Reichs- und Staatsangehörigkeit hat im Jahre 1883 zum erften Male nach den neuen, auf dem Bundesraths- bes@lusse vom 19. Dezember 1882 beruhenden Formularen, und zwar unter Anwendung des Zählkartensystems, stattgefunden. Die neuen Formulare hatten cine gegen die früheren erweiterte Fassung, berück- sichtigten jedo die Fälle des Erwerbes und Verlustes der Staats- angehörigkeit in Folge von Legitimation, Verheirathung, Anstellung im Staatsdienste und Aus\sprucb der Behörde nicht mehr, da diese Arten der Aenderung des Indigenats mit Sicherheit und Vollständig- keit kaum zu erfassen find.

Die Aufbereitung des für 1883 eingegangenen Urmaterials hat nun ergeben, daß im preußishen Staate während des bezeichneten Jahres 4948 Personen die Staatsangehörigkeit erworben und 17 623 Personen dieselbe verloren haben, und zwar war der Erwerb am höchsten in den Bezirken Düsseldorf (767), Berlin (525) und Wiesbaden (442), der Verlust am stärksten in den Bezirken Stettin (2377), Cassel (1473) und Stade (1217). Der Erwerb der Staatsangehörigkeit erfolgte durch 465 Aufnahmeurkunden für 1366 Angehörige anderer Bundesstaaten, durch 852 Naturalisationêsurkunden für 2173 Ausländer, durch 495 bezw. 111 Wiederverleihungs - Urkunden für 1190 bezw. 219 frühere Reichsgangehörige, welhe im Auslande verblieben bezw. in das Reichs8gebiet zurückkehrten. Unter den 2173 Naturalisirten befanden sich 989 Niederländer, 375 Angehörige Oesterreich-Ungarns und 205 Russen; von letzteren waren 91 jüdischer Religion. Der Verlust der Staatsangehörigkeit erfolgte durch 115 Entlassungsurkunden für 280 Personen, welche die Auf- nahme în einem anderen Bundesfstaate nacchsucbten, und durch 9388 Entlassungsurkunden für 17 343 Personen, welcbe ins Ausland ziehen wollten ; davon gaben 14609 die Vereinigten Staaten von Amerika, 719 die Niederlande und 377 Oesterreihh-Ungam als Reiseziel an. Das größte Kontingent der ins Ausland gezogenen stellten die Be- zirke Stade (1208), Kassel (1444) und Stettin (2372); von den Be- rufsarten war die der Tagelöhner und Dienstboten am meisten ver- treten.

Abgesehen von jenen Fällen des Verlustes der Staatsangehörig- feit, find im Jahre 1883 nah den in Gemäßheit der bezüglichen Vorschriften gleichzeitig eingegangenen Angaben der Kreis» bezw. Amtsbehörden 46 570 Personen ohne Entilafsungsurkunden ausge- wandert, von denen ein beträchtlicher Theil zweifellos ebenfalls dem Staatsverbande Preußens verloren gehen wird, und zwar durch zehn- jährigen Aufenthalt im Ausélande. Die angegebene Ziffer umfaßt jedo, wie die Zahlen der überseeishen Auswanderung über deutsche Häfen und Antwerpen lehren, ketneswegs die gesammte Auswanderung aus dem preußischen Staate, während fie anderseits nicht wenige Personen mit enthalten mag, welche, anstatt ins Ausland zu gehen, ih an einem anderen Orte der Monarchie niedergelassen haben, wie denn überhaupt eine genaue Kontrole der Auswanderung, und Analoges gilt von der Einwanderung, bei dem gegenwärtigen Stande der Geseßgebung nicht ausführbar erscheint.

Nach Mittheilung des Statistishen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 19. Oktober bis incl. 25. Oktober cr. zur Anmeldung gekommen : 456 EChescließungen, 892 Lebendgeborene, 33 Todtgeborene und 586 Sterbefälle. y

Die Zahl der Geburten in Berlin hat, nah dem Sta- tistishen Jahrbuch der Stadt Berlin, in den Jahren 1873 bis 1882 relativ abgenommen. Im Jahre 1873 wurden 36 159 Geburten oder 40,98 pro Mille der Bevölkerung gezählt, 1882 dagegen 46 268, aber

nur 38,80 p. M. Von 1873 bis 1876 war die Geburts8ziffer bis auf 46 283 (also auch absolut höôöber als im Jahre 1882) oder 47,17 p. M. gestiegen, seitdem ift sie andauernd gesunken. Im Ganzen wurden in diesen 10 Jahren 226 695 Knaben und 215 008 Mädchen, zusammen 441 696 Kinder (43,07 p. M.) geboren, darunter 59 619 (5,81 p. M. der Bevölkerung) uneheliche. Die Zabl der letzteren ist absolut faft andauernd, von 4989 auf 6400 (5,38 p. M.) gestieaen, relativ er- reichte fie im Jahre 1875 mit 6,17 p M. den höchsten Stand, von da an ist sie fortwährend gesunken. Mit Ausnahme des Jahres 1871 ift die Geburtéeziffer in Berlin seit dem Jahre 1863 nicht so niedrig gewesen, wie in 1882, In den einzelnen Stadttheilen tellt sib die Geburtsziffer sehr vershieden: wenn man die ir den Jahren 1881 und 1882 Geborenen zusammenreuet, so ergiebt sich für jedes Jahr eine Geburtsziffer von 39,64 p. M. Auf dem Wed- ding steigt sie aber auf 54,56, in der Luisenstadt jenseits auf 49,88, in der Rosenthaler Vorstadt auf 48,15 u. \. w., dagegen sinkt sie in der Friedrihé- und Schöneberger Vorstadt auf 29,29, in Berlin, Werder, Kölln und der Neustadt auf 28,04 und in der Friedrichstadt auf 24,31 p. M. Die Zahl der Mehrgeburten \{wankte in den Jahren 1873 bis 1882 zwischen 1,12 und 1,30 p. M. der Geburten, die der Todts- geborenen zwischen 37,4 und 42,3 p. M. der Geborenen, bei den unehe- lichen Kindern zwischen 52,6 und 72,6 p. M. der unehelich Geborenen. Wenn die Zahl aller von 1878 bis 1882 geborenen Kinder als 100 angenommen wird, so fielen an Geburten auf die Monate Januar 107,2, Februar 105,3, September 102,6, März 100,9, Dezember 100,2, August 99,4, November 98,4, Juli und Oktober 98,3, April 97,4, Juni 96,1, Mai 95,9.

Kuuft, Wissenschaft und Literatur.

Handbuch der Verfassung und Verwaltung in Preußen und dem Deutschen Reiche. Von Graf Hue de Grais, Königlihem Polizei-Präsidenten, 4. Aufl. Berlin. Verlag von Jul. Springer. 1884. Preis 7 46 Bekanntlich hat seit dem Erscheinen der 3. Auflage des vorstehenden Buches unser öffentliches Leben weit zahlreichere und eingreifendere Umgestaltungen erfahren als in den vorangegangenen Jahren. Neben einer Reihe von Einzel- geseßen find die Landeëverwaltung und die Zuständigkeit der allge- meinen Landesbehörden völlig neu geordnet, die Bestimmungen der Gewerbeordnung in wesentliwen Theilen abgeändert und so- dann in neuer Fassung veröffentliht worden, endlich auf dem Felde der Sozialgeseßgebung, in der Kranken- und der Unfali- versicherung ganz neue Geseße erwachsen. Bei dieser 4. vorliegen- den Auflage, die bereits binnen wenigen Jahren nothwendig gewor- den ift und hon für sich allein die Brauchbarkeit und Nüßzlichkeit des Handbuches erweist, hat fih ibr Verfasser daher nicht auf bloße Ergänzungen obwohl auch diese vielfach stattgefunden wie bei den früheren Auflagen beschränkt, sondern, um das Werk ftets bei der Gegenwart zu erhalten, eine Mehrzahl von Abscbnitten einer gänzlichen Umarbeitung unterzogen, Die neue Bearbeitung reicht bis zum 1. Oktober 1884, Plan und Einrichtung sind übri- gens dieselben geblieben. Der gesammte Stoff ist in 9 Ka- pitel vertheilt. Während das 1. Kapitel, das gewissermaßen als Einleitung dient, auf 27 Seiten vom Deutschen Reiche (seiner Geschichte, seiner Verfassung, den RMeichsbehörden und dem Reichslande Elsaß-Lothringen) kurz und übersichtlich handelt, beschäftigen sih die darauf folgenden 8 Kapitel auf ca. 450 S. mehr oder weniger eingehend mit dem preußischen Staate allein und zwar mit seiner Geschichte, seiner Verfassung, den Staats- behörden, Staatsbeamten und Kommunalverbänden (Kap. 2); ferner mit den auswärtigen Angelegenheiten (Kap. 3), mit Militär und Marine (Kap. 4), mit den Finanzen (Kap. 5), mit der Justiz (Kap. 6), mit der Polizei (Kap 7), mit dec Kulturpflege (Kap. 8) und mit der Wohlstandspflege (Kap. 9). Die einzelnen Paragraphen e mit Anmerkungen, in denen besonders auf die betreffenden Geseze )ingewiesen wird, versehen. Den Schluß bildet einSachregister. Wie in den früheren Auflagen, so dürfte auch in ihrer neuesten 4. Auflage das Werk sich als ein recht brauhbares, über die Verfassung und Verwaltung des preußischen Staates gut informirendes Handbuch erweisen und daher zu empfehlen fein.

Sammlung der preußishen Forst- und Jagd- atsete vom Jahre 1806 bin au] bie ncueitte Zeil mit Erläuterungen, herausgegeben von Dr. P. Kohli, Stadt- Syndikus. Berlin. Verlag von Jul. Springer. 1884. Preis 3 Æ 60 „. Nachdem Dr. Kohli vor 2 Jahren bereits die preußischen úIagdgeseße für sih allein mit Kommentar herausgegeben, hat er jeßt in vorstehendem Buche außer den preußischen Jagdgescßen auch noch die preußischen Forstgeseze vom Jahre 1806 an zusammengestellt und zwar in der Weise, daß iu der Sammlung alle auf das Forst- und Jagdwesen bezüglichen Bestimmungen, Geseße und Nerordnungen, Kabinetsordres und Erlasse, Regulative und Înstruk- tionen, soweit sich dieselben in der preußishen Geseßsammlung befinden, mit aufgenommen sind, selbst wenn das betreffende Gesetz 2c. an sich eine ganz andere Materie behandelt, in leßterem Falle jedo allerdings nur auszugsweisez; fortgelassen find nur alle direkt aufgehobenen oder ob- solet gewordenen Geseßze bezw. Vorschriften. Den einzelnen Ge- seten 2c. find kurze und knapp gefaßte Anmerkungen und Erläuterungen beigefügt. Den Schluß bildet ein genaues Sachregister. In dieser durchaus praktishen und höchst braubaren Bearbeitung dürfte die vorliegende Sammlung, die die gesammte preußische Forst- und Jagdgesegebung in einem Bande darbietet und gewissermaßen in nuce enthält, allen Interessenten, den Forst- und Jagdbeamten, den Waldbesitzern und Jagdfreunden u. |. w. wohl erwünscht und will- kommen sein, da fie denselben das mühsame Aufsuchen und Nach- \{lagen in den 79 Bänden der preußishen Geseßsammlung, wenn nicht ganz unnöthig, so doch wesentli bequemer macht und er- leichtert.

Im Verlage von M. Heinsius in Bremen erschien: „Die christlice Wissenschaft oder: die Wissenschaft der christlichen W ohlfahrt der Menschen oder: die christlihe Weltanshauung (der christlihe Glaube) in ihrer zeitgemäß - wissenshaftliden Form, dargestellt in aussührlihen Grundzügen von Ernst Schwerßzell, Pfarrer in Niedenstein.* Jesus hat den Menschen die Selig- feit ermögliht und gelehrt, wie folhe in Gott ruht und sihh verwirklicht dur die Weltshöpfung und Regierung, „insbesondere die christlihe Heilsgeshichte. Die christlide Wissenschaft würde daher, nah Ansicht des Verfassers, von der christlichen Wohl- fahrt des Menschen handelnd, nicht allcin ein höchst wissenschaftliches, sondern auch ein eminent praktishes Interesse haben, denn es ist ein dringendes Bedürfniß, die Wohlfahrt der Menschen uad zu dem Ende das Wohlwollen, insbesondere die christlih-sociale Sittlichkeit unter den Menschen in ihrem sozialen Rechtsverhältniß zu heben ; gehoben aber wird diese dur cine Förderung der wissen- \chaftlidben Erkenntniß der cchristlivden Wohlfahrt, welche Erkenntniß \seldsst \chon nicht allein das Wahre, sondern auch das Gute und Selige ift, die von Christo angeeignete Glaubens- gerechtigkeit. In seinen vieljährigen Studien hat der Verfasser einen ernsten Versu gemacht, nah obigen Grundsäßen eine christliche Wissenschaft zu .Tonstruiren, und ift nun zu Ueberzeugungsresultaten gelangt, welche er nach und nach in deutlich dieponirten Grundzügen, Thesea und immer ausführlicher ia der Hoffnung darstellen will, Allen, welche, wie er selbst, in der wichtigen Sache von allgemein menshlihem Interesse ins Klare zu kommen suchen, einen guten Dienst leisten zu können, und eventuell ihm zu weiterem Wirken die nöthige gütige Unterstüßung zu erwerben. Die vorliegende Arbeit enthält 26 Grundzüge, welche das System der christlichen Wissenschaft im Ganzen und Einzelnen betreffen. Um des leichteren, klaren Ueberblicks willen ist in den Ausführungen die Disposittionsgestalt beibehalten. Der Prcis des anregend geschriebenen Buches, an dessen Schluß der Verfasser noch die soziale Frage behandelt, beträgt 3 M 60 4. . x a Im Verlage der J. C. Hinrichss{en Buchhandlung zu Leipzig erschien (1885) „Von Herzen treu”, eine Familienge|chichte, von Emma Marshall, deutsch von Marie Morgenstern (359 S. 3 M 60 S, gebunden 4 A 40). Schon der Titel deutet darauf