1905 / 113 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 13 May 1905 18:00:01 GMT) scan diff

Der Landgerichisrat Weißer in Potsdam, der Rechts- anwalt, Justizrat in B Thiele in Celle und der Notar, Justizrat Holter in Düsseldorf sind gestorben.

Ministerium der geistlihen, Unterrihis- und Medizinalangelegenheiten. DéebanntmaGhung.

Zur Abhaltung der Wissenschaftlihen Prüfung der Lehrerinnen (Oberlehrerinnenprüfung) in Berlin habe ih Termin auf

Montag, den 27. November d. J. Vormittags 9 Uhr, im Gebäude der hiesigen Augustaschule, Kleinbeeren- straße Nr. 16/19, anberaumt.

Die Meldungen zu dieser Prüfung sind bis spätestens zum 27. Juli d. J. und zwar seitens der im Lehramt jtchenden Bemwerberinnen durch die vorgeseßte Dienstbehörde, jeitens anderer Bewerberinnen unmittelbar \{riftlich an mich einzureichen.

Wegen der der Meldung beizufügenden Schriftstücke ver- weise ih noch besonders auf § 4 der Prüfungsordnung vom 15. Juni 1900.

Berlin, den 8. Mai 1905.

Der Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten. 7 A0 UUfIrage: Müller.

Finanzministerium.

Das Katasteramt Charlottenburg im Regierungs- bezirk Potsdam isl zu besetzen.

Ministerium für Handel und Gewerbe.

__ Der Baugewerkschullehrer Kunath in Frankfurt a. O. ist zum Königlichen Oberlehrer ernannt worden.

Ministerium der öffentlichen Arbeiten.

Der Negierungsbaumeister Petersen in Berlin ist zum Landbauinspektor ernannt.

Evangelischer Oberkirchenrat.

Zum Pfarrer der deutschen evangelishen Gemeinde zu Santiago in Chile ist der Hilfsprediger Leopold Tappe in Nowawes bei Potsdam berufen worden.

ei 00RD M T E E: EIE E TAA M E R P A E Ae L L L I

Abgerei st: Seine Exzellenz der Staatsminister und Minister des Jnnern Dr. von Bethmann-Hollweg, nah Urville; der Unterstaatssekretär im Ministerium für Handel und Ai D Wirkliche Geheime Rat D. Lohmann, mit kurzem rlaub.

Nichtamtliches. Dentsches Neich.

Preuszen. Berlin, 13. Mai.

Seine Majestät der Kaiser und König besihtigten gestern früh um 8 Uhr auf dem Exerzierplaß Frescati bei Meh das Konigsinfanterieregiment (6. Lothringisches) Nr. 145. An die Besichtigung {loß sih eine Gefeht3übung im Feuer an, zu der auh Kavallerie und Artillerie zugezogen waren.

Heute haben Sih Seine Majestät nah Urvill e begeben.

Jn- und ausländische Blätter geben militärishe Ansprachen wieder, die Seine Majestät der Kaiser und König in Wilhelmshaven und Straßburg gehalten haben soll. Wir sind zu der Erklärung ermächtigt, daß in den fraglichen Mit- teilungen die Worte Seiner Majestät teils tendenziós entstellt, teils vollständig erfunden worden sind.

Dem Neichskommissar für die Weltausstellung in St. Louis sind von der amerikanischen Ausstellungsleitung Abbildungen von der Nückseite der goldenen, silbernen un bronzenen Medaillen zugesendet worden. Hiervon sind Licht- drucke hergestellt worden, die gegen Einsendung von #4 0,30 von dem Bureau des Reichskommissars, Berlin W., Schöne- berger Ufer 22, bezogen werden können. Die Abbildungen von der Vorderseite der Medaillen sowie von der Medaille des Großen Preises sind nah Mitteilung der Ausstellungs- leitung noch nicht fertig gestellt.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. Jacht „Hohen- ollern“ am 12. Mai in Gibraltar eingetroffen und seßt eite die Reise nah Brunsbüttel I

S. M. S. „Friedrich Karl“ ist auf der Heimreise am 11. Mai von Venedig nah Cadix in See gegangen.

S. M. S. „Panther“ ist am 11. Mai ‘in Antigua (Kleine Antillen) eingetroffen und geht am 16. d. M. von dort nah St. Pierre auf Martinique in See.

S. M. S. „Condor“ ist gestern von Sydney nah Apia in See gegangen.

Deutsche Kolonien.

Ein Telegramm aus Windhuk in Deutsh-Südwesstt - afrika meldet, dem „W. T. B.“ zufolge, daß der Reiter Gustav Schemschies, geboren am 22. September 1882 zu Wingillen, früher im Infanterieregiment Nr. 33, am 27. April auf Patrouille ôstlich von Karichab gefallen (Unterleibs- huß) und der Reiter Peter Witt, geboren am 20, Mai 1881 zu Stieglimd, früher im Jnfanterieregiment Nr. 37, am 4. Mai im Lazarett zu Kalkfontein an Lungenentzündung gestorben ist.

Der Kaiserlihe Gouverneur von Deutsch-Of- afrika hat unter dem 22. März eine Verordnung, betreffend die Erhebung einer Häuser- und Hüttensteuer, erlassen, nach der alle Wohngebäude, soweit der friedlihe Machtbereich der lokalen Verwaltungsbehörde reiht, einer R und Hüttensteuer unterliegen. Es wird zwishen Wohnhäusern nah Europäer-, ete oder Araberart und Häusern und Hütten nah Eingeborenenart und bei beiden wieder zwischen städtishen und ländlihen Ortschaften unterschieden. Für europäische Häuser in Städten beträgt der Steuersaßz 5 v. H. des Mietswerts, jedoch niht weniger als 13 und niht mehr als 100 Rupies. Für die Hütte in einer ländlihen Ortschaft werden 3 Rupies erhoben. |

Die auf den privaten land- und forstwirtschaftlichen Untèrnehmungen von Europäern angesicdelten, in Häusern der Pflanzung usw. untergebrahten erwachsenen farbigen männlichen Arbeiter zahlen eine monatlihe Kopf- steuer von 12/0 Ee mit Ausnahme der Arbeiter, die mehr als 6 onate hintereinander in demselben Betriebe gearbeitet haben. Bei den Eingeborenen kann die Erhcbung der Steuern in natura festgeseßt werden. Als Naturalleistung sind Delfrüchte, wie Erdnuüsse, Sesam usw., Baumwolle, Kopra, Kautschuk, A und Bienenwachs zugelassen. Getreide und Vieh darf nur angenommen werden, wenn €s bald vecwertet werden kann.

Eine Verordnung des Gouverneurs von Deutsch-Ostafrika, betreffend die Lung der Eingeborenen zu öffentlihen Arbeiten, von demselben Tage bestimmt, daß die Reinigung und Unterhaltung der nicht befestigten öffent- lichen Straßen und Wege den Eingeborenen obliegt. Daneben können diese von den lofalen Verwaltungsbehörden zu Arbeiten beim Wegebau sowie zur Reinigung und Unterhaltung der befestigten Straßen und Wege herangezogen werden. Arbeits- pflihtig sind nur die U tenen arbeitsfähigen Männer. Für die Arbeit wird im allgemeinen ein Entgelt nicht gewährt. Nur in Fällen besonderer Art i die Ge- währung von Belohnungen an die Eingeborenen zulässig. Die Arbeiter haben si selbst qu verpflegen. Jst indessen die Entfernung der Arbeitsstelle von den Wohnpläßen so erheblich, daß die Verpflegung durch die Angehörigen mit Schwierigkeiten verbunden ist, so ist ein zur Beschaffung von Nahrungsmitteln ausreihendes Verpflegungsgeld zu zahlen, an dessen Stelle auch Naturalverpflegung Getahet werden kann.

Vom 5. bis zum 7. Oktober 1905 wird der zweite Deutsche Kolonialkon greß in Berlin im Reichstagsgebäude ab- gehalten werden. Präsident des Kongresses is, wie früher, Seine Hoheit der Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg, Präsident der Deutschen Kolonialgesellschaft; als Vizepräsident steht ihm der Kaiserliche Botschafter a. D., Wirkliche Geheime Nat Dr. von Holleben zur Seite. Unter den 81 Veranstaltern des Kongresses steht an erster Stelle die Deutsche Kolonial- gesellshaft; neben ihr sind an Vereinen für koloniale und Überseeische Angelegenheiten zu nennen: das Kolonialwirtschaft- liche Komitee (wirtschaftliher Ausshuß der Deutschen Kolonialgesellshaft), der Deutshe Flottenverein, der Haupt- verband deutscher Flottenvereine im Ausland, der Allgemeine Deutsche Schulverein zur Erhaltung des Deutsch- tums im Auslande, der Zentralverein für Handelsgeographie und Förderung deutscher Jnteressen im Ausland, die Deutsch- Asiatishe Gesellschaft, der Ostastatishe Verein (Hamburg), der Verein westafrikanischer Kaufleute (Hamburg), der Deutsch- Brasilishe Verein, der Verein für Deutshe Auswanderer- wohlfahrt (Hannover), der Deutsche Frauenverein für Kranken- pflege in den Kolonien. Jm übrigen werden Handel und Zndujstrie unter den Veranjstaltern hauptsächlih vertreten durch den Deutschen Handelstag, den Zentralverband Deutscher Jndustrieller, den Bund der Jndustriellen, die Zentralstelle für Vorbereitung von Handelsverträgen. Als L Anstalten sind folgende Königlih preußishe Institute beteiligt: Botanishes Museum, Geologishe Anstalt und Bergakademie, Museum für Naturkunde, Museum für Völkerkunde, Pharmazeutishes Jnstitut, Seminar für orientalishe Sprachen; hierzu treten ähnlihe Jnstitute in Leipzig, Hamburg, Lübeck und eine Reihe wissenschaftlicher, meist geographisher Vereine. Endlich beteiligen sih religiöse Vereine, darunter alle evangelishen und katholishen Missions- gesellschaften, die in den deutshen Kolonien tätig sind. Bis zum Beginn des Kongresses können noch weitere gemeinnügige Vereine und Jnstitute unter die Veranstalter aufgenommen werden. Auf welche Gebiete sich die Verhandlungen des Kongresses erstreen werden, ergibt sih aus der Bildung fol: gender Sektionen: 1)Geographie, Ethnologieund Naturkunde der Kolonien und überseeischen Jnteressengebiete (Obmann : Paul Staudinger, Berlin W. 30, Nollendorfstraße 33); 2) Tropen- medizin, Tropenhygiene (Obmann: Direktor Dr. Wußdorff, Berlin W. 15, Meineckestraße 5); 3) die rehtlihen und politischen Verhältnisse der Kolonien und überseeischen Jnteressengebiete (Ob- mann: Kammergerichtsrat Dr. Meyer, Berlin W. 15 Meierotto- straße 5); 4) die religiösen und kulturellen Verhältnisse der Kolonien und überseeishen Jnteressengebiete (Obmann : Kontre- admiral z. D. Strauch, Friedenau, Niedstraße 39); 5) die wirtschaftlihen Verhältnisse der Kolonien und überseeischen JZnteressengebiete (Obmann: Fabrikbesißer Supf, Berlin NW. 7, Unter den Linden 40); 6) die Ucbersiedlung in deutsche Kolonien und die Auswanderung in fremde Länder (Obmann Regierungsrat a. D. Dr. Leidig, Wilmersdorf, Pfalzburger Straße 28); 7) die wet es Beziehungen pwiGen Deutschland und seinen Kolonien und überseeishen Jnteressen- gebieten (Dbmann: Dr. Soetbeer, Berlin C. 2, Neue Friedrich- straße 53—54). i

Anmeldungen von Vorträgen sind an den Obmann der dafür in Betracht kommenden Sektion, im Falle des Zweifels an den Vorsißenden des Vortragsausschusses (Paul

taudinger, Berlin W. 30, Nollendorfstraße 33) zu rihten, Mit dem Kongreß werden eine tropenmedizinishe Ausstellung, eine fkartographishe Ausstellung und eine Ausstellung von folonialen Erzeugnissen, Nugpflanzen der deutschen Kolonien und tropenlandwirtschaftlihen Maschinen verbunden sein. An- meldungen zu den Ausstellungen, deren Beschickung nur ge- meinnüßigen Vereinen und Jnstituten zusteht, nimmt der Vor- sißende des Ausftellungsausshusses (Geheimrat, Professor Dr. Engler, Dahlem bei Berlin) entgegen. Mitglieder des Kongresses können Herren und Damen gegen einen Beitrag von 10 F werden; die Stellung eines Ehrenförderers wird dur einen Beitrag von mindestens 500 M erworben. Das Bureau des Kongresses befindet sich Berlin W. 9, Schellingstraße 4. :

Oesterreich-Ungarn.

Der ungarische Ministerpräsident Graf Tisza ist heute vormittag vom Kaiser in besonderer Audienz empfangen worden.

Das österr eichische Abgeordnetenhaus seßte gestern, wie „W.T.B.* meldet, dieSpezialdebatte über die Zolltarifgruppen „Eisen, Maschinen“ fort. Der Handelsminister Freiherr von Call führte aus, die günstige Entwickelung der NRoheisen- und Hüttena industrie Desterreihs müsse von allgemein wirtshaftlihem Standpunkte aus zweifellos begrüßt werden, wenn auchG vom Standpunkte der modernen Organisationsform betrachtet, das Verhältnis der Hütten- industrie zu thren Abnehmern in vereinzelten Fällen eine gewiß zu bes klagende Spannung zeige. Außer in dem Gisenzoll und dem Eisen- kartell liege der Hauptgrund der Klagen hauptsächlih in den bisher zu niedrigen Zöllen auf Endprodukte. Dieser Disparität trage der Zolltarif ausgiebig Nechnung. Er bewerkstellige den Ausgleich zwischen den Interessen der Großindusirie und der Kleinbetriebe sowie der Hüttenwerke und der Werkstätten. Bei der aus dem Hause bean- tragten Herabseßung des Noheisenzols müsse berücksihtigt werden, tel Oesterreih-Ungarn nicht unabhängig von den anderen Staaten Eisenzölle aufstellen könne und mindestens den deutschen Eifenzoll berücksihtigen müsse. Eine Reduktion der Zölle auf Roheisen, Stabeisen, Blehe und Drähte würde dahin führen, daß die inländishe Industcie, die unter ungünstigeren Bedingungen arbeite als die deutsche, eines geringeren Zollshußes teilhaftig würde als die deutsche Cisenproduktion. Der Zolltarif gewähre den eisenverbrauchenden Industrien fast durchgängig wesentliße Erhöhungen, während die Hüttenwerke mit dem status quo sich begnügen müßten. Die Ne- gierung werde naw Beobachtung der Wirkung des “neuen Regimes nôtigenfalls gewiß nicht zögern, es einer Nevision zu unterziehen. Der Minister bat {chließlich um Annahme der Regierungsvorlage. Ein Negierungsvertreter erörterte sodann zunächst die Gründe, die für die Festsezung der Eisenzölle A gewesen seten, und hob hervor, daß die Erhaltung der Noheisenzölle auf dem status quo vornehmlich dcshalb geboten erscheine, weil als E einer Aba änderung dieser Zölle eine Masseneinfuhr deutshen Noheisens zu befürhten sein würde. Aus dem gleichen Grunde erfolge dis Erhöhung der P volcliguen für andere Fabrikate. Nicht im Juter- esse der großen Eisenindustrie, sondern vornehmlih zum Schuße und im Interesse der eisenverarbeitenden Industrien seien die Ansäße des Tarifs bei der gegenwärtigen Konslellation der Gisenproduktion nots wendig, Das Handelsministiezium sei sehr glücklih, daß das Parla- ment ihm den wichtigsten Rückhalt. für die bevorstehenden Handels- vertragsverhandlungen dur die parlamentarishe Erledigung des Zolls tarifs zu geben im Begriff stehe. Der Redner verwies darauf, daß die Cisenzôlle die chwer errungene Konzession von Ungarn und das Nükgrat des österreihishen Tarifs im Handelsvertrage mit Deutschland bildeten, und bat {ließlich das Haus, die Regierung von der Sorge zu befreien, daß das ganze mühsam aufgerihtete Gebäude des Zolltarifs in Trümmer gehe. Nach kurzen weiteren Bemerkungen wurden die zur Verhandlung stehenden Tarifklassen unter Ablehnung sämtlicher Abänderungsanträge nah dem Vorschlag des Ausschusses angenommen. Das Haus erledigte sodann die leßten Gruppen des Zolltarifs, nahm das Zolltarifgeseß und schließlih au in der dritten Lesung den Zolltarif und das Zolltarifgeset an.

Großbritanuniea und Jrlaud.

Der koreanische Geschäftsträger in London Yi-Han-Euna hat, wie „W. T. B.“ berichtet, in der koreanischen Gesandtschaft Selbstmord verübt. Sein Verhalten in der leßten Zeit habe auf Geistesstörung shließen lassen.

Frankreich.

Der Minister des Auswärtigen Delcassé hat gestern mittag, wie „W. T. B.“ erfährt, den japanischen Gesandten Motono empfangen. Die Unterredung dauerte eine halbe Stunde.

Der Präfekt in Limoges Cassagneau ist seines Postens enthoben und zum Finanzdirektor des Departements La Manche ernannt worden.

N. Paris ist eine Abordnung von Kaufleuten aus Limoges eingetroffen, um den Ministerpräsidenten sowie die Minister des Jnnern und des Handels auf die durch die monatelange Streikbewegung hervorgerufene schwierige Lage aufmerksam zu machen und Steuernachlässe zu erbitten.

Rußland.

Das Ministerkomitee wird, der „St. Petersburger Telegr.-Agentur“ zufolge, in seiner nächsten Sizung über das Dol alien der weltlihen und geistlihen Macht gegenüber den Predigten katholisher Missionen, über die Fassung katholisher Polen zum Staats- dienst usw., ferner über das Verhältnis der Ses ur Städteverwaltung, über die Militärpflicht der dsracliten und über das Recht des Aufenthalts der Jsraeliten an den verschiedenen Oertlichkeiten des Reichs beraten.

Das Zentralkomitee der Fu IGen sozialdemo- kratishen Arbeiterpartei hat, wie dem „W. T. B.“ mitgeteilt wird, einen neuen Aufruf veröffentliht. Jn diesem macht das Komitee der liberalen Presse Vorwürfe und ersucht die Bürger, an die der Aufruf gerichtet ist, sih davon zu überzeugen, daß ohne eigene Hilfe nihts erreiht werden könne. Die St. Petersburger Arbeiter würden sich niht durch die Haltung der liberalen Presse beirren lassen; die Arbeiter ständen täglich vor dem Dilemma, von der Bildfläche zu ver- shwinden oder in dieser Welt das Unterste zu oberst zu kehren. Dro Arbeiter, wählten das leßtere und verfolgten begeistert ihr Ziel.

Jn den leßten Tagen haben in St. Petersburg, wie ,W. T. B.“ berichtet, mehrere Arbeiterversammlungen stattgefunden, darunter auch eine im Rumjanzewwalde, bei der sich die Arbeiter im Bombenwerfen und Schießen übten. Verschiedene Verbände haben die Stadtduma ersucht, geeignete Maßnahmen für den Fall eines Zusammen- stoßes und zur Verhütung von Blutvergießen zu treffen. Jm allgemeinen is man der Meinung, daß die Polizei eine fried- liche Maifeier niht hindern werde.

Aus Schitomir wird berichtet, daß unter der Be- völkerung in der Umgegend noch immer Erregung herrsche. Jn Trojanow seien zehn Jsraeliten ershlagen worden.

In Odessa ist im Matrosenviertel eine Werkstatt zur R Una von Bomben entdeckt worden, in der ses

omben gefunden worden sind.

JFtalien.

Die Deputiertenkammer setzte gestern die Beratung über das Budget des Auswärtigen fort. Der Minister des Aeußern Tittoni entgegnete, wie ,W. T. B.“ berihtet, auf Ausführungen verschiedener Redner folgendes: „Die Kosten für die Landesyerteidigung dürfen uns niht beunruhigen, da sie auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt sind. Sie sind kein Anzeichen dafür, daß ih die friedlihen Absichten der italienishen Politik geändert haben oder daß die internationale Lage für Italten weniger zufriedenstellend sei als im vorigen Jahre. Die Vermehrung der Ausgaben für die Landesverte!digung is niht das Zeichen irgend einer Verän! erung in unserer auswärtigen Politik und darf keine Beunruhigungeu oder Befürchtungen erwecken, die niht gerechtfertigt sein würden. Ich

habe das Bewußtsein, im Parlament immer aufrichtig und klar gé- sprohen zu haben, da ih das für notwendig halte, um das Vertrauen des Parlaments und der öffentlichen Meinung zu verdienen und aud) das Bertrauen anderer Staaten zu erwerben. Grünbücher über Mazedonien, Somaliland und Benadir werde ih ver- öffentlichen; die Erklärungen, die ih im Senat über die Tripolis- frage abgegeben habe, kann ih hier nur bestätigen. Der Léfung des wirtschaftlihen Problems in Tripolitanien müssen ernste Studien vorangehen; die Lösung muß aber versuht werden. Die Negierung muß dieser Aufgabe besondere Sorgfalt zuwenden, weil, wenn Tripolitanten auch nur ein beschränktes wirtshaftlihes Interesse für uns haben kann, man doch nit vergessen darf, M das wirtschaftliche R das politische Interesse unterstüßt, das für uns von erstem Nange ist. Eine Vereinigung Kretas mit Griechenland ist unmöglich, befonders wegen der Rückwirkung, die sie auf dem Balkan ausüben würde. Die Kreter vergessen zu leicht die Dankbarkeit, die fie den Mächten schulden, die ihnen Freiheit und Autonomie gegeben haben, und schaffen ihnen jeßt Ungelegenheiten. Das is von Grie(heuland in loyaler Weise anerkannt worden. Seit langer Zeit glauben die Kreter, die Schußmächte und der Prinz Georg müßten Ihnen eine ernsthafte Ver- waltungs- und Finanzreform sichern. Jtalien hat zwei Kriegs\chiffe in die fretischen Gewässer entsandt zum Schutze des ttalienishen Kon- tingents und der italtenishen Gendarmerieoffijtere. Die Behauptung, daß der Dreibund sich als wentger wertvoll für Jtalien als für Deutschland und Oesterreich. Ungarn erwiesen habe, und daß er für Ztalien eines seiner größten Vorteile entbehre, denn Italien müsse seine Militärausgaben erhöhen, muß ich zurückweisen. Der Dreibund bewahrt uns vor übertriebenen Militärausgaben; nie konnte aber jemand behaupten, daß er uns davon entbinde, ein Heer und eine Flotte zu unterhalten, und es ift verlorene Mühe, genau feststellen zu wollen, für wen er von ein wenig mehr oder weniger Vorteil fet, denn er hat \ich als ein kostbares Element für die Er- haltung des europäischen Friedens erwiesen. Wir betraten ihn stets als ein Unterpfand und eine Garantie des Friedens und als einen wichtigen Faktor unserer Politik. Wenn der Deutsche Kaiser der willlommen geheißene Gast Italiens und seines Königs war, und wenn Graf Goluchowski in Venedig den Besuch erwiderte, den ih ihm in Abbazzia gemacht habe, so hatte weder der Besuch des Deutschen Kaisers den Zweck, die Bande des Dreibundes zu stärken, denn diese hatten \\ch nit gelockert, noch hatte die Zusammenkunft in Venedig den Zweck, unsere Beziehungen zu Oesterreih-Ungarn, die aus8gezeihnet find, zu bessern oder das Ein- vernehmen, das bereits ein vollständiges war, noch enger zu gestalten. Das von mir im Se Jahre dargelegte Programm, das unsere Interessen auf dem Balkan vollständig Mat ist nach und nah, wie wir es vorhergesehen und gewünscht baben, zur Ausführur

gus Alle Fragen wurden mit Oesterreih-Ungarn freunds{aftlid esprochen und geregelt. Deutschland hatte den einzigen Wunsch, daß das Einvernehmen zwischen Italien und Oesterreih-Ungarn weiter fortbestebe. Gerade im Hinblick auf unsere Me im Orient habe ich es mir angelegen sein lassen, gute Beziehungen zu Rußland zu pflegen in s{wierigen Augenblicken, die Jtalien in Grregung hielten. Mit England und Frankreich unterhielten wir ber;lihen Ge- dankenaustaush, und in der Balkanfrage bewies England uns die ge- wohnte, Frankreih eine wieder erneute Freundshaft. Unsere klare Haltung hat uns das Vertrauen der Türkei und die Sympathie bder Balkanstaaten erworben. In Mazedonten bat das Werk der „Zivilagenten in den vergangenen ersten 18 Monaten keine beträhtlihen Grgebnisse gehabt. Man muß aber die großen Schwierigkeiten in Betracht ziehen, gegen die die ivilagenten an- zukämpfen hatten, und es würde niht gerecht sein, die troß- dem von den Zivilagenten erreihten Resultate verkennen zu wollen. groei Hauptpunkte der Reformen waren Garantie des Lebens und des igentums mit Hilfe einer reorganisiecrten Gendarmerie und Ab- schaffung bon Mißbräuchen durch eine Reorganisation der Finanzen. Für die Ausführung des ersten Punktes wurde unter der Mithilfe dec übrigen Signatarmächhte des Berliner Vertrages gesorgt, und der zweite Punkt foll unter der Mitwirkung und der Kontrolle Europas zur Ausführung gingen. So besteht, unseren Absichten gemäß, das europäishe Konzert für die Behandlung der Balkanfragen weiter und kräftiger fort. Was die Gendarmerie betrifft, so hatte de Giorgis die Gendarmerie nicht zu reorganisieren , sondern auf neuer Grundlage und mit neuen Elementen zu schaffen. Den ‘ttalienishen Offizieren im Wilajet Monastir, das cialenige Wilajet Majzedoniens ist, das die größten Schwierigkeiten ietet, gebührt große Anerkennung. Diese Schwierigkeiten haben dank der energischen, intelligenten Tätigkeit der italienischen Offiziere unter der Mitwirkung der italienischen Botschaft in Konstantinopel und der italienishen Konsuln nach und nah abgenommen und {ind zum großen Teile bereits beseitigt. Im Januar unterbreiteten die Botschafter I etne und Nußlands auf Grund des Mürzsteger Pro- gramms der Pforte eine Denkschrift, betreffend einige Maßregeln für die Reorganisation der Verwaltung in Mazedonien, und den Ent- wurf eines Reglements, das auf den von der Pforte ausgesprochenen Wunsch bezug hat, daß die Eingangszölle ad valorom von § auf 11 9% erhöht würden. Während Italien diesen Entwurf aufmerksam prüfte und Desterreih-Ungarn und Rußland feine Bemerkungen und Vorbehalte mitteilte, erwiderte die Pforte ihrerseits am 5. März den beiden Botschaftern, daß sie felbst für einen guten Gang der Ver- waltung in Mazedonien geforgt habe, und zwar mit Hilfe eines mit der Katserlihen Bank verabredeten Finanzreglements, dessen Tert der Note beigefügt war. Dabei wiederholte die Pforte ihr Gesu um Erhöhung der Eingangszöôlle. Nah einem Gedankenaustausch unter den Mächten, während dessen die italienishe Regierung unausgeseßzt dafür eintrat, daß die Finanzreorganisation der Kontrolle aller Signatarmächte des Berliner Vertrags unterstellt werde, wurde be- {hlossen, den türkishen Gegenentwurf, dessen Bestimmungen übrigens bereits zur ird, gelangten, anzunehmen, aber unter Hinzufügung eines Artikels, der bestimmt, daß zur Ueberwachung der Ausführung der Finanzreformen Italten, England, Frankrei und Deutschland je einen Finanzdelegterten ernennen sollten, der seine Tätigkeit im Einvernehmen mit dem Generalinspekteur und dem österreichisch-ungarischen fowie dem russischen Zivilagenten auszuüben habe. Die fo gebildete Kommission soll die nôtige Vollmacht zur Durchführung ihrer Aufgabe haben, besonders zur Ueberwachung der regelrechten Einziehung der Steuern einschließlich der Zehnten. Die Budgets follen erst endgültig werden, wenn die internationale Kommission, die geeignete Abänderungen daran vor- nehmen kann, fie gebilligt hat. Die Kommission kann ferner in jedem mazedonischen ilajet einen Speztalinspektor ernennen. Eine Kollektivnote, die der Pforte diese Entschließungen der Mähte notifiziert, ist von den Botschaftern in Konstantinopel bereits unterzeichnet worden. Ich freue mi, der Kammer erklären zu können, 2 Graf Aren vollständig mit mir darin einig ist, daß, wenn auf Grund des Artikels 3 des Mürzsteger Programms an eine Ver- waltungsreorganisation in Mazedonien herangetreten wird, die heute mit Mazedonien vereinten Distrilte, wo die Albanesen überwiegen,

| wieder mit dem Oen Albanien vereint werden sollen. as

sind die Ergebnisse einer weisen Politik, die aber auch über den Inter- essen des Landes eifersüchtig? wacht. *

Portugal

Nach einer aus {Lissabon ín !Madrid eingegangenen Meldung wird dort, wie die „Agence Havas“ meldet, infolge von Meinungsverschiedenheiten, die zwishen dem Just iz- minister und dem Finanzminister in der ( rage der Ver- pachtung der Einnahmen aus dem Tabak herrschen, eine Ministerkrisis für unvermeidlih gehalten. Die Zensur halte alle auf die politishe Lage bezüglichen Depeschen zurü.

Schweiz, Jn der Botschaft än die Bundesversammlung, in

der der Bundesrat Kredit für den Betrieb des Simplon- tunnels im 4. Quartal 1906 verlangt, wird erklärt, daß der

Stand der Arbeiten am Simplon die Eröffnung des Betriebs

zu Anfang Oktober möglich mache.

G s Türkei. Wie die „Frankfurter Zeitung“ aus Saloniki meldet, fand im Dorfe Saint 6A Granitsowo im Kreise Flo- rina ein Kampf zwischen einer ziemli starken griechischen Bande und Bulgaren statt, 15 Bulgaren wurden getötet und mehrere Häuser niedergebrannt.

Aus Kanea meldet das „Reutershe Bureau“, daß in der Nacht zum 12. d. M. bei dem Dorfe Zekalaria wieder ein Mohammedaner ermordet worden sei. Von Kanea seien gestern über 300 Personen ausgewandert. Der englische Kreuzer „Lancaster“ sei vor Kanea eingetroffen.

Schweden und Norwegen.

Der Expeditionshef im s{chwedis{chen Justizdepartement Petrén ist, dem „W. T. B.“ zufolge, zum Staatsrat ohne Portefeuille ernannt worden.

Das norwegische Storthing hat gestern abend mit 64 gegen 46 Slimmen einen Antrag des Finanzministers angenommen, der dahin geht, L der Vorschlag der Mehrheit der Zollkommission, betreffend den Zoll auf Kartoffeln, provisorish sofort in Kraft trete. Man erwarte, daß die endgültige Behandlung des Vorschlags in 14 Tagen beginnen und etwa in einem Monat beendet werden könne; es werde angenommen, daß die Säge des Vorschlags eine Mehreinnahme von etwas über drei Millionen Kronen jährlich bringen würden.

Afien.

Der General Linewitsch telegraphiert, wie die „St. Petersburger Telegr.-Agentur“ berichtet, unterm 11. Mai:

Eine unsecer Abteilungen wurde in einem Engvaß, 10 Werst südwestlih von dem Dorfe Schimiaotse, am 5. Mai yon dem Gn angegriffen und gezwungen, sich nah Schimiaotse zurückzuziehen. Am 6. Mai zwang eine andere rusfishe Abteilung zehn Werst von Ufangor die Japaner, zurückzugehen. Gegen Abend ging der Feind wieder zum Angriff über. Es kam zum Bajonett- kampf; der Angriff wurde jedoch zurückgewiesen. Die erst- genannte Abteilung hatte am 7. d. M. während des ganzen Tages und während der Nacht bei Schimiaotse zu kämpfen; das Gefecht blieb jedoch unentschieden. Die unserer zweiten Abteilung gegenübers stehenden japanishen Truppen erhielten Verstärkungen; am 7. Mai begann deshalb diese Abteilung si zurückzuziehen. Eine dritte Ab- teilung, die bis zum Engpaß von Tawangulin vorrückte, wurde von dem Feinde angegriffen und operierte so glüdcklih gegen ibn, daß es ihr gelang, von dem Engpaß Besitz zu ergreifen. Am 7. Mai unternahm der Feind einen entschiedenen Ängriff gegen unsere rechte Flanke, wurde aber zurückgeschlagen.

Aus Ts\chifu meldet das „Reutershe Bureau“, daß der japanmshe Transportdampfer „Sheyntsu - Maru“, mit Kriegsvorräten nah Niutschwang beslimmt, am 4. Mai in der Nähe der Miautau-JÎJnseln auf cine Mine ge- stoßen sei. Dadurh sei ein Teil des Schiffes weggerissen worden und das Schiff, wie man glaube, noch in derselben Nacht im Sturm gesunken.

Die „St. Petersburger Telegr.-Agentur“ erfährt aus Täbris (Persien) vom 10. d. M.: infolge von Machen- haften des Gouverneurs, Emir Nizam mit den Grund- besißgern gelange kein Getreide in die Stadt. Schon seit drei Tagen sei Brot zu keinem Preise zu haben. Nur infolge des S des russishen Konsuls und der Drohung der Diskontoleihbank, die Stadt zu verlassen und sich an einem anderen Orte auf Kosten des Gouverneurs nieder- gu en, sei es nah me gigen Verhandlungen gelungen, E rotbedarf des Personals der Bank und der Russen zu eden.

Aus Enseli (Persien) wird vom 12. d. M. gemeldet, daß durch die Reise des Shahs der Warenverkehr auf der Straße zwishen Teheran und Enseli auf 15 Tage werde unterbrochen werden.

Afrika.

Die „Agence Havas“ meldei aus Lalla-Marnia, der Sohn Bu-Hamamas habe sih nah Udjda begeben und sei dort von dem Vertreter des Sultans aufs herzlichste empfangen worden. Dieser Besuch werde als ein Beweis des Einvernehmens Bu-Hamamas mit dem Maghzen “angesehen.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Bericht über die gestrige Sißung des Reichstags befindet sih in der Ersten Beilage.

Das Haus der Abgeordneten nahm in der heutigen (180.) Sißung, welcher der Justizminister Dr. S chön- stedi und der Minister für Landwirtschaft, Domänen und Horten von Podbielski beiwohnten, zunächst die Wahl eines

titgliedes der Statistischen Zentralkommission an Stelle des |

verstorbenen Abg. Freiherrn von Buddenbrock vor und wählte auf Vorshlag des Abg. Grafen zu Limburg - Stirum

Nach § 1 bilden die Eigentümer der Grundstücke cines emeinschaftlichen Bat eine Jagdgenossenschaft, die ehtsfähigkeit besißt. ie Verwaltung der Angelegenheiten der Jagdgenossenschaft geschieht durh den Jagdvorsteher. Jagdvorsteher ist der Gemeindevorsteher, E. Bürgermeister. 8 4 lautet nah den Kommissionsvorschlägen:

„Die Verpachtung ist durch den Jagdvorsteher vorzunehmen.

Für die Art der Verpachtung is das Interesse der Jagd- genossenshaft maßgebend.

Der Jagdvorsteher hat die von ihm beabsichtigte Art der Ver- pas in ortsübliher Weise bekannt zu machen. Die von ihm in Aussicht genommenen Pachtbedingungen find zwei Wochen lang öffentlih aus¡ulegen. Ort und Zeit der Auslegung sind in der Bekanntmachung über die Art der Verpachtung anzugeben.

Jeder Jagdgenosse kann gegen die Art der Verpachtung und gegen die Pachtbedingungen Einspruch während der Auskegungsfrist beim Kreisausshuß, in Stadtkreisen beim Bezirksauss{uß erheben.

Ort und Zeit der Verpachtung sind mindestens zwei Wochen vorher in ortsüblicher Weise und dur das von der Jagdaufsidts«- behörde bestimmte Blatt bekannt zu machen.“

Zu diesem Paragraphen liegt ein von allen Parteien mit Ausnahme der Konservativen unterstüßtter, lediglich redaktioneller

Antrag vor. Í

Abg. Kaute (Zentr.): Meine politishen Freunde sind nah

wie vor der Ansicht, daß die Jagd in erster Linie eine An- gelegenheit der Jagdgenossen ist, und daß diesen der weitestgehende Einfluß auf die Ain der Jagdgeschäfte eingeräumt werden muß. Gegen die Wahl des Jagdvorstands durch die Jagdgenossen wurde eingewendet, daß diese Wahl zu unliebsamen Agitationen führen könnte, daß die Jagd eine öffentlihe wirt\chaftlihe Bedeutung habe und es deshalb als wünschenswert erscheine, daß der Ortsyorsteher die Verpachtung in der Hand behalte. Wir waren gezwungen, unsern Antrag betreffs der Wahl des Iagd- vorstandes zurüczuziehen, nachdem die Königliche Staatsregierung wiederholt auf das lebhafteste erklärt hatte, daß mit der Annahme unseres Antrages der Gefeßentwurf für die Staatsregierung unannehmbar sein würde. Meine politischen Freunde glauben die Verantwortung für ein Scheitern des Ge- seßes und für die Aufrechterhaltung eines Zustandes, der auch von den Gegnern der Vorlaçe als unerträglich bezeihnet worden ist, um so weniger übernehmen zu können, als nah der Er- flärung der Staatsregierung in absehbarer Zeit auf eine neue Geseßesvorlage nicht zu rechnen ist. Wir hätten troßdem ten ewählten Jagdvorstand nicht fallen lassen, wenn uns nicht Kompen= s Der Redner geht auf diese näher ein und erörtert dann noch verschiedene Bedenken gegen andere Be- stimmungen des Gesetzentwurfs, namentlich in bezug auf die Mit- wirkung des Kreisauss{husses. L :

Abg. Heckenroth (kons.): Wir haben ebenfalls während der anzen Kommissionsberatung den Standpunkt festgehalten, daß die

nteressen der Jagdgenossen am besten dur einen Jagdvorstand ge-

wahrt werden, der von den Jagdgenossen gewählt wird. Es ift ihre Sache, es find ihre Verhältnisse, bei deren Regelung sie mitzusprehen baben. Wir bedauern, daß die Staatsregierung sid auf diesen Standpunkt nit gestellt hat. Wenn gefagt wird, daß die Wahlen eine Aufregung in die Gemeinden ineintragen könnten, so können wir dies niht anerkennen. Wäre dies ridtig, dann müßte man überhaupt alle Wahlen abschaffen. Wir sind ja doch im Begriff, ein Geseh zu erlassen, in dem den Bergarbeitern zur Negelung ihrer Interessen ein Arbeiteraus\chuß zugestenden wird, der durch Wahlen zustande kommt. Was dem einen recht, ist dem anderen billig. Darum ift es uns unverständlih, weshalb man den Bauern dieses Recht vorenthalten will. Die Mitwirkung des Kreisausschusses hilft auch nicht viel, die Hauptverantwortung wird ja doch auf den Schultern des Gemeindevorstehers ruh-n. Wir wollen nun, daß wenigstens noch die beiden Schöffen hinzus gezogen werden, wie es bereits in der Kommission vorgeschlagen war. Ich möchte die Herren von der Linken bitten, fich auf dicfen Boden zu stellen und mit uns cine Einigung zustande zu bringen; ein erheblicher Teil meiner Freunde würde dann für das ganze Ge- seß sein. Ich kann nur die Hoffnung ausspre@en, daß \{chließlich doh etwas Ersprießliches aus unseren Beratungen hervorgehen möge.

Von dem Abg. Heckenroth ist inzwishen der Antrag eingegangen, den zweiten Saß des H 1 folgendermaßen zu

assen :

fas „Die Verwaltung der Angelegenheiten der Jagdgenofssenschzft geschieht dur den Jagdvorstand. Derselbe besteht aus dem Bor steher der Gemeinde als Vorsißzendem und den zwei ältefien Söffe als Beisißern. Leßtere müssen zur Zahl der Interessenten gebören. Sind Schöffen nit vorhanden oder die vorhandenen nicht Jagd- interessenten, so bestimmt die Gemeindevertretung aus der Zakl der Jaagdinterefsenten die beiden Beisitzer.“

Der Abg. von Bodckelberg (kons.) beantragt, den vierten Absaz des §8 4: „Jeder Jagdgenosse erheben“ an dieser Stelle zu streichen; dagegen beantragt er zu § 6 welcher lautet:

„Der Jagdvorsteher hat den Pahtvertrag zwei Wochen lang öffentliÞ au3zulegen. Ort und Zeit der Auslegung sind in orts üblicher Weise bekannt zu machen. Jeder JIagdgenosse kann währen der Auslegungéfrist beim Kreisausshuß gegen den Pa Ginspruch erheben. Diefer darf sih jedo gegen di: Art der pachtung und gegen die Pachtbedingungen tnsoweit nit richten als dieselben durch das im § 4 vorgeshriebene Verfahren fest gestellt find.“

die Abänderung, daß der Einspruch auch gegen die der Verpachtung und gegen die Pachtbedingungen zuläsfig sol, und er will demgemäß den leßten Saß des S 6 gestriche:

ationen geboten worden wären. j

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den Abg. Grafen von Wartensleben - Shwirsen (kons.) durch Zuruf, nahm darauf in dritter Beratung den Geseßentwurf, betreffend die Erweiterung des Stadt- kreises Essen (Eingemeidung von Rüttenscheid), ohne Debatte an und ging dann zur Beratung des Geseßentwurfs ur Abänderung des Gesetzes, betreffend die Aus- Fabrung des Reichsviehseuchengeseßes, vom 12. März 1881 über, nah dem die Anordnungen zur Abwehr der Seucheneinschleppung niht nur von den Regierungs- räsidenten mit Genehmigung des Landwirtschaftsministers, Fondern auch von diesem direkt sollen getroffen werden können. Nach unerheblicher Debatte wurde dieje Vorlage in erster und zweiter Lesung angenommen.

Jn zweiter Beratung wurde ferner der Geseßzentwurf, betressend die Aenderung der Amtsgerichtsbezirke Cochem, Mayen und Zell a. d. Mosel, gegen den Widerspruch des Abg. Knie (Zentr.) und die Stimmen des Bentrums unverändert angenommen, und die dazu eingegangenen Petitionen wurden für erledigt erklärt.

Ebenfalls in zweiter Beratung nahm das Haus den Ge- seßentwurf, betreffend die Aenderung der Amtsgerichts- bezirke Köslin, Kolberg und Körlin, nach den Beschlüssen der Kommission an. Die Kommission hat im Gegensaß zu den Beschlüssen des Herrenhauses auh die Gutsbezirke Alt- Marrin, Neu-Marrin und Zürkow vom Bezirk des Amts gerichts in Kolberg abgetrennt und demjenigen" des Amtsgerichts in Körlin zugelegt

Alsdann folgte die zweite Beratung des Gesecßentwurfs betreffend die Verwaltung gemeinschaftliher Jagd: bezirke,

Die 88 1 und 4 werden gemeinsam besprochen.

wissen. s (Schluß des Blattes.)

V c: L AR Rlenarsizung des

nächste

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Die Montag, den 29. Mai, Nachmittags j

Statiftik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Der „Verband der sammlung der Herrenmaß- und Maßkonfektio Berlins zuea Donxnerstagabend cinberufen «Voss. Ztg.* berihtet, zu der vom Vorstant geberverbandes für die Herrenschnciderci* gemeinen Aussperrung Stellung zu nebmen der Arbeitgeber ist in Ausführung des Braun) \{lufsce: „Ausstandsarbeit in allen deutschen zu laffen“, in mehreren Städten, unter anderer Nürnberg, auf den Widerstand der Arbett: gestoßen indem diese \ole Arbeit wverwcigerten und in den Aus- stand cintraten. Na@Sdcemn die Versammelten aufgefordert waren, genau a@t zu geben, daß n Berkin au ferner jede Anfertigung von Auksstardsarbeit verhindert werde wurde cine Erflärung angenommen, in der das Verhalten der Arbeitgeber {arf lritisiert roird und die Versammelten de:dAliten jede tbnen ane gebotene Aukstandsarbeît zu verwcigern und G uit den außn ärts im Karnpfe stebonden Genoffen folidarf& zu crflären

Die Pllasterer in Frankart a. M. (val. Nr 102 d. Q) batten kürzli neue Forderungen aufgestellt und waren, da di Mo tot

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