1905 / 128 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 31 May 1905 18:00:01 GMT) scan diff

Antrag geht sehr viel weiter. Er stellt den behandelnden Arzt vollständig gleich mit dem beamteten Arzt und \chaltet dessen Urteil zu den vorgeshlagenen Maßnahmen aus, wenn seiner Meinung nach eine ausreihende Absonderung in der Wohnung sihergesiellt ist. Für den Fall, daß nach Ansicht des be- handelnden Arztes eine ausreichende Absonderung in der Wohnung sithergestellt ist, is die Befugnis und Umsicht des beamteten Arztes gegenstandslos geworden. Eine derartige Gleistelung gibt die Entscheidung über die Absonderung in diesen Fällen in der Tat in die Hand des behandelnden Arztes, und so weit darf nach meiner Ansicht das Gesetz nicht gehen. Es {ränkt die Befugnisse des beamteten Arztes in einer Weise ein, die mit ver Absicht des Reichsgeschzes gar nicht übereinstimmt, die mit den Aufgaben der Medizinalpolizei nicht vereinbar is und zwischen dem Reichsgeseß und dem Ausführungsgeseß einen Widerspruch dar- stellen würde. Um es necch einmal kurz zu präzisiercn: das Neichs- gesez und die vorliegende Gesetesvorlage, letztere abgesehen von den Fällen des § 8 Nr. 1, die si ledigli auf Diphtherie beziehen und als Ausnahme behandelt sind, teilen die Befugnisse in der Weise, daß der beamtete Arzt die Absonderung auferlegt und der behandelnde Arzt exklärt, daß die Maßnahme ohne Schädigung des Kranken erfolgen fann. Wenn aber die Befugnisse so geordnet sind, daß enlweder von der Ansicht des beamteten Arztes oder von der des behandelnden die Maßnahme der Absonderung des Kranken abhängig ist, dann sind die Befugnisse des behandelnden Arztes in einem Maße erweitert, wie es sch mit den Aufgaben der Seuchenbekämpfung nicht verträgt. Ich bitte den Antrag abzulehnen.

Graf voa Seidlit kann diesen Ausführungen nit beistimtmen. Dar O GE und der bebhandelnde Arzt seien doch vollständig gleich- gestellt. : S

Freiberr Lucius von Ballhausen: In§8 ist unter Nr. 5 auch die Lungen- und Keblfkopftuberkulose unter den Krankheiten auf- geführt, bei denen die Desinfektion polizeilih angeordnet werden kann. Die Kommission hat hinzugefügt: „nah Entfernung des Kranken aus der Wohnung oder bei Todesfall.“ Dieser ‘bis erscheint mir nicht unbedenklich, und ih beantrage, ihn zu streichen.

Geheimer Obermedizinalrat Dr. Kirchner: Es muß unter- schieden werden zwishen der Gefahr, in der der Kranke felbst \{chwebt, und derjenigen Gefahr, die er für die Allgemeinheit darstellt. Schon aus diesem Grunde ist die Verallgemeinerung der Ueberführung von Kranken nach dem Antrage des Grafen Seidliz nicht annehmbar. Dieser Antrag würde die an \sich {on fo \chwierige Seuchen- bekämpfung nur noch mehr komplizieren.

Graf von Oppersdorff spriht ih ebenfalls gegen den Antrag Seidlit aus, der lediglich Schwierigkeiten und MißheUigkeiten zwishen den beamteten und den behantelnden Aerzten shaffe. Er beantrage seinerseits, unter die Absperrungs- und Aufsichtsmaßregeln bei Geniditarre au) die Fernhaltung vom Schul- und Unterrichts- besuch aufzunehmen. Diese Befugnis müsse bei der sehr gefährlichen Natur der Genickstarre ebenfalls der Medizinalpolizei zugesprochen werden.

Herr von Jerin wendet sich ebenfalls gegen den Antrag von Seidliz. Dem beamteten Arzt müsse allein die Diéposition zustehen.

Professor Dr. Loening: Das Mißtrauen, welches bier von ver- schiedenen Seiten gegen die praktischen Aerzte bekundet worden ist, fann ich do nicht teilen. Wir dürfen zu der Gewissenhaftigkeit der behandelnden Aerzte das Vertrauen haben, daß sie sih einer

Neberführung des Kranken niht widerseßen werden, wenn diese notwendig ist. Ih kann daker dem Antrage des Grafen Seidlitz zusttmmen.

Graf von Seidliß und Freiherr Lucius von Ball- hausen schließen sih diesen Ausführungen an.

Minister der geistlihen 2c. Angelegenheiten Dr. Studt:

Meine Herren! Ih bin genötigt, noch einmal auf die grund- legende Bedeutung des Antrags des Herrn Grafen von Seidlitz zurück- zukommen. Wie ih mir vorhin {on au2zuführen erlaubt habe, haft der Antrag insofern ein Unikum, als er die Befugnisse des behandelnden und des beamteten Arztes in allen Fällen des § 8 der Vorlage, also nit nur in denen der Nr. 1, gleihmäßig behandelt. Das geht aus dem Worte „oder“ hervor, welches alternativ die Meinung des beamteten und des behandelnden Arztes nebeneinander stellt. Der Antrag fällt damit vollständig aus dem Rabmen des Reichsgesezes und ebenso aus dem Rahmen der Konstruktion, die unter Billigung Ihrer Kommission in die Vorlage aufgenommen worden ist: denn er generalisiert die Sonderbestimmung der Nr. 1 des L 8 für alle in diesem Paragraphen erwähnten übertragbaren Krankheiten. Nun, meine Herren, wenn Sie auf diese Weise das Zustandekommen des Gesetzes ershweren, so wollen Sie auh erwägen, daß Sie einer Verbesserung des gegenwärtigen Zustandes dadur Hindernisse bereiten Denn der § 16 des Regulativs von 183ò stellte in dem Falle, wo es infolge des Widerspruchs des Haushaltungsvorstands zweifelhaft war, ob der betreffende Kranke anderswo untergebracht werden sollte, die Entscheidung in die Hände der Polizeibehörden, ohne des be- handelnden oder Hausarztis zu erwähnen. Dieser Zustand foll durch die Vorlage gemildert werden, und es würde eine Verslechterung be- deuten, wenn Sie dem Antrage stattgeben wollten. Es bleiben aber außerdem die prinzipiellen Bedenken bestehen, daß hier dem behandelnden Arzte Zuständigkeiten zugewiesen werden, die ihm vom grundsäßli(en Standpunkte aus vorzuenthalten sind. Die Gleichstellung zwischen den Befugnissen des beamteten und des behandelnden Arztes in dem vor- liegenden Falle, das muß ih nochmals betonen, erscheint im höchsten Maße bedenklich.

An der weiteren Debatte beteiligen sih noch Graf von Seidl B, Geheimer Obermedizinalrat Dr. Kirchner, Freiherr Lucius von Ballhaufsen, Oberbürgermeister Dr. Bender und der Referent Oberbürgermeister E hler s. Die beiden leßteren \prehen sih ent- schieden gegen den Antrag Seidliy aus. i

Der Antrag Lucius betreffs der Lungen- und Kehlkopftuberkulose wird angenommen. Alle übrigen Anträge werden abgelehnt. § 8 ge- langt mit dem Antrag Lucius zur Annahme. ;

Zu § 9 befürwortet Generalfeldmarshall Graf von Haeseler feinen oben mitgeteilten Antrag. In größeren Garnisonen seien es niht bloß diejenigen, welche gewerb8mäßig Unzucht treiben, die den Ansteckungs\toff verbreiten, sondern auch andere weibliche Persönlich- keiten. iese letzteren seien unter Umständen die Gefährlichsten, weil sie nit der sittenpolizeilichen Kontrolle unterstehen. Er, der Redner, würde sich sehr freuen, wenn fein Antrag Annahme finden sollte.

Geheimer Obermedizinalrat Dr. Kir chner: Die Bekämpfung der Geshlehtékrankheiten im großen Stil durhzuführen, ist eine ebenso wichtige wie s{wierige Sache. Es handelt fi hier um äußerst intrikate Dinge, die nur mit größter Borsicht in Angriff genommen werden dürfen. Die Anzeigepflicht, die în Anregung gekommen war, ist vom Abgeordnetenhause wieder abgelehnt worden. Der Antrag des Herrn Grafen Haeseler geht über das hier verfolgte Ziel weit hinaus. Die gemeingefährlihen Geschlehtskrankheiten werden vielleicht noch viel mebr als durch Frauen durch gewissenlose Männer verbreitet.

Der Antrag würde der Denunziation Tür und Tor öffnen und könnte mehr schaden als nügen.

8 9 wird nach Ablehnung des Antrages des Grafen Haeseler unverändert angenommen, ebenso ohne Debatte die SS 10 bis 24.

An dieser Stelle wird die weitere Beratung abgebrochen.

Schluß nah 53/4 Uhr. Nächste Sißung Mittwocch 11/5 Uhr. (Fortsezung der eben abgebrochenen Beratung; Geseßentwurf zur Verhütung von Hohwass ergefahren; Warenhaussteuergeseß- novelle; kleinere Vorlagen.) Eingegangen ist ein Antrag des Freiherrn von Manteuffel, die Regierung zu ersuchen, im Bundesrat ihren Einfluß gegen die Einführung einer Neichs- erbschaftssteuer geltend zu machen.

Haus der Abgeordneten. 192. Sißung vom 30. Mai 1905, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphishem Bureau.)

Ueber den ersten Teil der Verhandlungen is in der

gestrigen Nummer d. Bl. berihtet worden. Die daselbst im Auszug wiedergegebene Antwort des

Ministers für Landwirtschaft, Domänen und Forsten von Pod- bielski auf die Jnterpellation des Abg. Cahensly (Zentr.), betreffend die Verpachtung der fiskalischen Mineralbrunnen Niederselters und Fachingen, hat folgenden Wortlaut:

Zunächst möchte ich auf den ersten Teil der Interpellation antworten, ob der Vertrag, der bisher bestanden hat, aufgehoben ift; das muß ich mit einem Nein beantworten. Der zur Zeit bestehende Vertrag ist nit aufgehoben, sondern läuft, wie den Herren aus den Erörterungen der Budgetkommission bekannt ist, noch bis zum Jahre 1916. (Hört! hört!) Infolgedessen konnte ih jeßt niht etwa eine Neuaus\chreibung vornehmen, sondern nur fragen, ob dieser Vertrag, gegen - dessen einzelne Bestimmungen vershiedene Einwendungen

meiner Ansicht nach nicht mit Unrecht erboben wurden, geändert werden sollte. Jh habe also nicht etwa, wie der Begründer der Anfrage, Herr Abg. Cahensly, ausführte, den

Beschlüssen dieses hohen Hauses zuwidergehandelt, sondern ih glaube, daß der Herr Abgeordnete selbst den Verhandlungen in der Budget- fommission in diesem Jahre niht beigewohnt hat. Ich habe dort bei den Bädern erklärt, daß eine Reihe von zwingenden Gründen mich veranlassen, den Pachtvertraz voraussichtlih im Laufe des Jahres zu ändern und auf gewisse Zeit zu verlängern. Ich glaube, mit dieser Erklärung sehr loyal gehandelt zu haben, und die Herren Mitglieder der Budgetkornmission werden mir bestätigen, daß ih diese Möglichkeit in Aussihht gestellt habe.

Zur Klarlegung möchte ih folgentes anführen. Der Vertrag der Regierung ging mit Friedrih Siemens; die Führung der Geschäfte war auf Widerruf der Firma Siemens u. Co. gestattet. Als nach dem Tode von Friedri Siemens diese Firma in Liquidation getreten war, bat die Regierung in meinem Auftrage den Widerruf vollzogen und die Firma Siemens u. Co. ausgeshlofsen, d. h. ihr den Weiter- vertrieb entzogen, sodaß nun der Vertrag mit Siemens Erben besteht. Meine Herren, ich bitte, immer die Firmen aus8einanderzuhalten! Weil die Firma liquidierte, darum ist ihr eben die Führurg der Ge- \chäfte entzogen, und nun haben die Erben, d. h. die Witwe von Friedrich Siemens und ihre drei Söhne, bis zum Jahre 1916 den laufenden Vertrag ; mit ihnen ist verhandelt worden. Der Herr Be- gründer der Interpellation hat ja auch {hon ausgeführt, daß der \{werwiegendste Punkt in dem alten Vertrage die Unklarheit darüber war, wieweit der Pächter verpflichtet war, bei der Neu- fassung der Quellen, die nicht allein für Fachingen, fondern au für Niederselters notwendig ist, mitzuwirken. Wir wären unter Umständen in sehr \{wierige Verhältnisse gekommen; es konnten nit nur die Quellen \sih vershlechtern, sondern überhaupt der ganze Absay in Frage gestellt werden. Die Konsequenzen, die sich nat allen diesen Richtungen für die Staatsregierung ergaben, find die Veranlassung gewesen, den neuen Vertrag mit dea Erben derartig zu vollziehen, daß fie unter dem Zugeständnis einer 11 jährigen Ver- längerung in die Beteiligung bei der Neufassung der Quellen ein- gewilligt haben.

Im übrizen waren das wird mir der Herr Abgeordnete auch zugestehen auch eine Reihe von Klagen aus Nassau bezüglich der billigeren Abgabe von Wässern an die Bevölkerung erhoben. Diese Klagen haben wir in dem Vertrage berücksihtigt. Ferner klagten die Krugbäcker, und da kann ich mich auf einen Kollegen des Herrn Abg. Cahensly berufen: den Hercn Abg. Dr. Dahlem, der mit einer Abordnung der Krugbäker bei mir war, welche mir sogar ibren besonderen Dank dafür ausgesprochen hat, daß ih mich der Krugbäcker so warm angenommen habe. Ich habe mi also bemüht, nach allen diesen Richtungen Beschwerden zu beseitigen, die ja auch verschiedentlih die Budgetkommission des hohen Hauses beshäftigt haben.

Meine Herren, es hat wahrlich nicht in meiner Absicht gelegen, eine Resolution dieses hohen Hauses niht zu beachten. Ich habe der Budgetkommission von meiner Absicht Kenntnis gegeben. Ich habe die Beschwerden zu beseitigen gesucht, und hoffe, daß sih nunmehr ge- deiblihe Verhältnisse entwickeln werden. Ih habe nur zu erklären, daß ih den Vertrag mit dem Herrn Finanzminister vollzogen habe, und daß wir glauben, nah jeder Richtung hin den Wünschen des hohen Hauses wie auch den Interessen des Staats selbst entsprochen zn haben. Beschwerden haben bestanden, wie ih immer wieder hervorheben muß; ih hoffe, daß durch den Vertrag endli eine Besserung der ganzen Verhältnisse herbeigeführt werden wird.

Auch über den Beginn der weiter auf der Tagesordnung stehenden zweiten Beratung des vom Abg. Gamp (freikons.) eingebrahten Geseßentwurfs, betreffend die Abänderung des Allgemeinen Berggeseßes (Sperrung der Mutungen auf Steinkohlen und Steinsalz), ijt hon berichtet worden.

Die Om aN beantragt die Annahme des Geseß- entwurfs in folgender Fassung:

8 1. Die Annahme von Mutungen auf Steinkohle sowie auf Steinsalz nebst den mit diesem auf der nämlichen Lagerstätte vor- kommenden Salzen firdet vom Tage der Verkündigung dieses Gesetzes an bis zu anderweiter geseyliher Regelung der Belstimuiunges des Allgemeinen Berggeseßes vom 24. Juni 1865 über das Muten und Verleihen, längstens aber auf die Dauer von 2 Jahren, bei den staatlihen Behörden nur insoweit statt, als die Mutungen eingelegt werden auf Grund von Schürfarbeiten, welche

1) vor dem 31. März 1905 begonnen worden sind oder

2) im Umkreise 4184,8 m um den Fund einer noh \{chwebenden Mutung unternommen werden, deren Mineral bei der amtlichen

Untersuchung bereits vor Verkündigung dieses Gesetzes nachgewiesen worden ist.

Das Feld einer Mutung nach Ziffer 2 darf sih an keiner Stelle über den dort bezeichneten Umkreis hinaus erstrecken.

Zwei Punkte der Begrenzung eines auf Grund des gegen- wärtigen Gesezes gestreckten Feldes dürfen bei einem zulässigen Flächeninhalt von 2 189 090 qm nit über 4150 m voneinander entfernt liegen. : 1 :

Zu den Mutungen, welche vor dér Verkündigung dieses Gesetzes eingelegt worden sind, Gub innerbalb eines Jahres nah dem Tage der Verkündigung des Gesetzes, und zu den nach diesem Zeitpunkte einzulegenden Mutungen muß innerhalb sech8s Monaten nach der amt- lien Untersuhung von dem Muter der Súlußtermin beantragt werden. Jst dieser Antrag nit innerhalb der vorgesehenen Fristen gestellt worden oder wird er zurückgenommen, fo ist die Mutung von Anfang an ungültig. Auch dan in diesen Fällen ein Dritter auf denselben Fundpunkt eine neue Mutung nicht einlegen. i j

2. Unberührt von dieser Vorschrift bleiben diejenigen Mutungen, die die staatlihen Bergbehörden in Vertretung der In- haber von Bergregalitätsrehten anzunehmen bere{htigt find.“

Die Kommission beantragt ferner folgende Resolution: „die Regierung zu ersuchen, i

a. in eine eingehende Prüfung darüber einzutreten, in welcher Beziehung das Berggeseß inébesondere über das Muten und die Berleihung des Bergwerkseigentums einer Aenderung zu unterwerfen sein. möchte, und den diesbezüglichen Gesetzentwurf sobald als mêëg- lih vorzulegen ; i /

þ. vorher aber dem Landtage in einer eingehenden Denkschrift über die einshlägigen berggeseßlichßen Bestimmungen der vorzugs- weise in Frage kommenden außerpreußischen Staaten im Vergleich mit den preußishen Bestimmungen Mitteilung zu machen ;

c. möglichst noch in dieser Session durch einen Nachtragsztat diejenigen Geldmittel anzufordern, die zu einer systematishen Auf- \chließung des Landes, insbesontere der östlichen Provinzen in bezug auf das Vorhandensein von Kohlen und Steinsalzen entweder durch Vermehrung der staatlichen Bohrversuhe oder durch den Abschluß von Verträgen mit privaten Bohrgesellshaften not-

wendig sind." Die Abgg. von Bockelberg (kons.), Gamp (freikonfs.),

Dr. König (Zentr.) und Oeser (fr. Volksp.) beantragen, in 8 1 zwishen Abs. 1 und 2 folgenden neuen Absatz ein- zuschieben :

„Die Annahme von Mutungen nah Absay 1 Ziffer 2 ist aus- ges{chlofsen, wenn der Muter innerhalb zwei Wochen nah Verkündigung dieses Gesetzes dem zuständigen Oberbergamt erklärt, daß er auf weitere Mutungen in dem in Ziffer 2 bezeichneten Umkreise verzichtet. Diese Erklärung ist unwiderruflich.“

Abg. Gamp (fr. konf.): Wir haben in die Kommission einen recht kräftigen Jungen geshickt, und aus der Kommission ift nur ein Simmerblaltiua berausgekommen, sodaß man si fragen muß, ob man ih dafür noch besonders interessieren sol. Ich bedaure die Einschränkung meines Antrags durh die Kommission. Das Kohlen- syndikat und die Bohrgesellshaften haben geshickt operiert, indem fie ih an das Mitleid des Hauses, an das efühl und nit an ben Berstand gewandt und über alle möglichen Nechtsverlezungen in ihren Eingaben geklagt haben; und es sind immer dieselben Leute, die in den Bohrgesellshasten und in dem Kohlensyndikat maßgebend sind. Man wollte glauben machen, daß mein Antrag die Koblen und das Kalt wesentlih verteuern und die Landwirtschaft s{ädigen würde. Die Bohrgesellschaften täten besser, die Vertretung der Inteiessen der Landwirtschaft dem Bunde der Landwirte zu überlaffen. Das Kohlensyndikat hat mit der Internationalezn Bohrgesellsckchaft bereits im vorigen Jahre über den Erwerb sämtlicher Felder der Bohrgefell- haft verhandelt, die Bohrgesellshaft hat den Verkauf nur abgelehnt, weil ihr nit genug dafür geboten wurde. Auch ich persönlich wurde beftig angegriffen. Es if mir în einer Zeitung aus berg- baulichen Kreisen vorgeworfen, ih hätte den Antrag nur gestellt auf Veranlassung einiger Freunde, die der Kaliinduftrie nahe sländen. Fh habe aber den Gedanken {hon 1889 angeregt. Was ist es denn mit der sogenannten Bergfreiheit? Auch in der Kommission hieß es: Hoch die Bergfreiheit! Aber die energischen Bekämpsfer der Bergfreiheit sind ja gerade die Bohrgesellschaften, die alles in ihre Hände allein bringen wollen. Der Bergfreiheit soll alles ofen stehen ; aber wer einmal zwei oder drei Bohrlöcher hat, kann jeden andern in gewissem Umkreis aus- \{chließen. Von einer wirklichen Bergfreiheit ist also überhaupt infolge der Tätigkeit der Bohrgesellshaften keine Rede mehr. Man hat gegen den Antrag eingewendet, daß er die Arbeiter der Bohrge- sellshaften brotlos mache; aber der Staat hat \ich bereit erklärt, diese Arbeiter weiter zu b:\häftigen bei den Eisenbahnen oder da- dur, daß er scinerseits die Bohrgesellschaften mit Bohrungen zur Aufshließung des Landes beauftragt. Wie jeyt die Bohrgeseli- \chaften vorgehen, is es eine Vergeudung nationaler Arbeits- kraft und nationalen Kapitals. Es wäre ein Akt einer großzügigen, voraussehenden Finanzpolitik, wenn der Staat durch die Bohrgesell- schaften behufs Aufs{ließung des Landes weitere Bohrungen vor- nehmen ließe; es handelt sich dabei vielleiht um ¿wei bis drei Millionen Mark jährlich. Es wird jeßt in ganz irrationeller Weise gebohrt, und es werden Millionen unnüß dafür ausgegeben. Die Hauptsache ist doch, daß die Produktionskosten verbilligt werden und damit die Kohle billiger wird. Herr Röhling sagt, ih bâtte eigentlih den Mund halten und der Negierung die Einbringung einer Vorlage überlassen follen. Ih werde dies Herrn Röchling unter die Nafe halten, wenn einmal Anträge der Nationalliberalen gestellt werden. Es is {hon früher von anderer Seite anerkannt worden, daß gegen den Unfug der wiederholten Streckung der Felder ein Not- geseß erlaffen werden müßte. Wenn die Auslegung des Neichsgesetzes dem Geist des Gesetzes und dem Willen des Geseßgebers widerspricht, muß eine authentische Interpretation durch die Velebgebun erfolgen. Fn E hat man meinen Antrag einen unerhörten ingriff in die Bergfreiheit genannt, aber in Hannover besteht ja gar keine Bergfreiheit. Der Staat hat an die Boßhrgesellshaften für jede Fund- telle 200 000 A mehr bezahlen müssen, als die Kosten des Bohrloches betragen. Das mat insgesamt einea Gewinn von 68 000 000 für alle die Kever aus, welche die Internationale Bohrgesellshaft jeßt b-fizt. Der Standpunkt der Minderheit der Nationalliberalen bezüglih der Beragfreiheit wird wohl von sehr wenigen geteilt werden; er bedeutet die Verwüstung unseres nationalen Besißes an Kali. Der Antrag von Bockelberg wäre eigentli überflüssig, da der Kommissions- antrag in Nummer 2 ausdrücklih von „einer no \{chwebenden Mutung“ spricht; aber der Antrag schafft volle Klarheit. Ih empfehle die Annahme des Kommissionsantrages und bitte den Präsidenten, im Einverständ- nis mit den Vertretern aller Parteien, die dritte Beratung unmittel- bar an die zweite Lesung anschließen zu laffen.

Die Abgg. von Arnim-Züsedom (kons.) und Genossen

bringen den Antrag ein:

„die Regierung zu ersuchen, möglichst bald ein Gese vor- zulegen, das die Aufsuhung und Gewinnung von Stein- foblen und Kalisalzen dem Staate vorbehält.“

Minister für Handel und Gewerbe Möller: Ich bitte um An- nahme des Kommissionsantrags. Wir erkennen die Segnungen, die uns das Allgemeine Berggeseß gebracht hat, in höchstem Maße an; aber seît einigen Jahren sind Zweifel aufgestiegen, ob das gegenwärtige System den Grundlagen entjpriht, die zur Emanierung des Gesetzes geführt haben. Man glaubte damals alles von der freien Konkurrenz er- warten zu können, und diefe hat sich auch bewährt; aber jeßt haben fi die Grundlagen vershoben, wir haben keine freie Konkurrenz mehr, sondern fast aus\{ließlich nur den Einfluß der Bohr- gesellshaften. Wir müssen unsere Koblen- und Kalischäße für die Allgemeinheit reservieren. Wir laufen Gefahr, daß eine Ver- \{leuderung des Kalis eintritt und haben alle Ursache, diese Gefahr nit zu untershägen. Es ist uns zum Vorwurf gemacht worden, da nit die Regiecung die Vorlage eingebraht hat. Wir hatten bereits die A für eine ähnlihe Vorlage getroffen, aber wir wollten das Haus in dieser Session nicht mebr damit belasten.

(Séluß in der Zweiten Beilage.)

zum Deutschen Reichsanzeiger und

„M2 12S.

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Nachdem der Abg. Gamp seinen Antrag Jes eingebraht hatte, wollten wir ihm den Vorrang lafsen. Der Antrag Gamp läßt eine Frist für die Einbringung einer endgültigen Vorlage ofen, i bedaure aber, daß die Frist von der Sommiliion nur auf zwei Jahre bemessen worden ist, während der Antrag Gamp fünf Jahre vorsah. Die zwei Jahre werden niht dazu genügen, eine organische Aenderung des Berggesetzes vorzubereiten. Nachdem aber die Frist so bemessen is, werden wir uns bemühen, {on in der nächsten Session eine ent- vere Vorlage einzubringen. bg. G yßling (fr. Volksp.): Wir können diesem Gesetze unsere Zustimmung nit geben, weil es zum Staatsmonopol führt, und wenn wir darüber noch im Zweifel sein konnten, so hat uns der eben ein- gebrahte Antrag von Arnim darüber belehrt. Der Abg. Gamp hat allerdings wenig Vaterfreude gehabt, denn es is aus der Kommission ein Shwächling herausgekommen; wir hätten jedoch gewünscht, daß der Knabe in der Kommission gestorben wäre, wir hätten ihm den ewigen Vit geagönnt. Auch die nationalliberale Partei wird niht gerade eudig zustimmen. Die Angriffe auf die Bohrgesellshaften sind durdaus nit berechtigt; sie haben gar fein so bedeutendes Kapital und baben nicht nur mit Kapital, sondern auch mit großer In- telligenz gearbeiiet, und ich hâtte nur gewünsht, daß der Staat die- selbe Intelligenz in der Vornahme von Bohrungen bewiesen bâtte. Wir werden also die Vorlage ablehnen, dagegen die Resolution der Kommission unterstüßen. Wenn wirkli Mißstände sich herausgestellt haben, so hâtte die egierung uns längst einen solhen Geseßentwurf, wie ihn der Abg. Gamp A vorlegen müssen. Die Resolution fordert die Regierung auf, die erhältnisse genau zu prüfen. Ueber den Umfang unserer Kohlenshäge sind die Annahmen der Sach- verständigen geteilt. Insbesondere wünsche ih, daß die Regierung au in den öôstlihen Landesteilen, ‘die industriearm sind, Bohrungen vor- nehmen läßt. Dort könnte die Industrie einen großen Aufshwung er- fahren, wenn Kohlen gefunden würden. Im Volke sehnt man nah einem Mittel gegen das Kohlensyndikat, aber der Antrag Gamp würde eher das Syndikat fördern, anstatt es zu bekämpfen. Ic er- fenne an, daß dieses Bedenken, das \{chon der Abg. Traeger in der ersten Lesung äußerte, durch die Kommissions- fa}ung abgeschwäht ist, ferner haben wir das Bedenken, daß gerade durch den Antrag die Kohle verteuert werden kann. Die Verteuerung durch die Bohrgefellshaft ist sehr gering. Sie beträgt nur 8 & pro Tonne. Aber ausf{laggebend für uns ist die Tendenz des Antrages Gamp, wie sie besonders durch den Antrag von Arnim erläutert wird. Um die Bestimmungen des Berggeseßzes über das Muten zu ändern, bedurfte es nit dieses Antrages Gamp, sondern eines anderen Gesegzentwurfs, für den aub {on Vor- {läge gemait sind. Der Antrag Gamp führt zum Staats8moropol oder zum Bergregal, wir aber wollen an dem Prinzip der Berg- freiheit festhalten. Abg. Dr. Fervers (Zentr.): Das Kind des Abg. Gamp ift aus der Kommission matt, blutleer und s{lapp zurückgekommen. Wir müssen versuchen, es wieder gesund zu machen. ie Bergfreiheit

war ein guter Grundsaß, aber auch die besten Grundsäße hören einmal auf, gut zu sein. Die tatsäßlichen Ber- hältnisse sind doch fortwährend im Flusse; das beste Gese,

Verhältnisse rihtig gestelt hat, kann einmal

das einmal die bestehen bleiben. So is es nach Auf-

niht unverändert

fassung meiner Freunde in der Tat. mit dem Berggesez. Die Verhältnisse haben sich so total geändert, daß gerade das, was die Bergfreiheit verhindern sollte, das Monopol, jetzt eintritt. Die

Kohlen- und Kaligewinnung wird bald in die Hände weniger Privat- leute gekommen sein, wenn wir nicht das Seseß ändern. Deshalb sind wir mit der Tendenz des Antrages Gamp durchaus einverstanden. Wir bedauern, daß der Antrag noch am Shluß einer fo arbeit3s reichen Se'‘sion eingebra%t worden ijt. Wäre er früher eingebracht worden, wäre es vielleiht möglich gewesen, die Sache gleich definitiv zu regein. Von einem Staatsmonopol fann {hon deshalb keine Rede sein, weil niemand daran denkt, die im Privatbesiß befindlichen Berg- werfe zu cxprcpriieren. Wer heute mit uns gebt, entscheidet sh für ein gemishtes System, für Staatébetrieb und Privatbetrieb ; wer aber niht mit uns geht, entscheidet sich für ein Privatmonopol. Wenn wir jeßt nit mit einem Geseß vorgehen, wird es zu einem wirk- famen Eingriff des Staates zu spät sein. Die Mehrheit meiner Freunde hätte allerdings einen Zittelweg zwischen dem Antrag Gamp und dem KFommissionsbe\hluß gewünscht, etwa in der Art, daß die Maximalfelder vergrößert würden und die Nummer 2 des F 1 gestrihen würde. Wir stimmen aber do für die Kommissionsfassung,

weil wir einen anderen Antrag für aussichtslos halten und das Zus |

ftandekfommen des Gesezes wünschen.

Abg. O e se r (Hosp. d. fr. Volksp.) : Nachdem einmal der Antrag eingebraht worden ist, würde es ein \{chwerer Fehler sein, wenn wir die Sahe nit zum Abschluß bräten. Ich für meine Perfon stimme dem Kommissiontantrag zu; ih würde Bedenken tragen, dafür zu stimmen, wenn die Bergfreiheit in der Tat noch bestände. Aber in der Praxis ist das Beragesetß ganz in sein Gegenteil verkehrt. Nach dem Gesetz hat jeder Anspruh auf Schürfarbeiten ; die Bohr- gesellschaften schließen aber fast jede Konkurrenz aus. Zwei Gegen- stände sprechen für das Gesez. Einmal die Entwicklung der Bohrtechnik. Es wird beute ein Bohrloch, zu dem man früher drei Jahre braußte, in 50 Tagen niedergebraht ; in einem Tage ist son bis zu 240 Meter ebohrt worden, und es besteht die Gefahr, daß in nicht zu langer Zeit fast der ganze preußische Boden durch die Bohrgesellschaft be- ohrt ist. Und dann liegt eine Gefahr für die Allgemeinheit in der Bildung des Syndikats. Gewiß könnte der Antrag Gamp gerade dem Syndikat nützen, weil keine Felder mehr äuf den Markt kommen und dann dem Syndikat keine Konkurrenz mehr geboten werden kann; ih würde diesen Einwand gelten lassen, wenn der Antrag Gamp eine definitive Regelung enthielte, aber es soll do später tas Gesetz organish geändert werden. Der Hauptangriffspunkt ist der § 22 des Berggesetz:s, der das Verleihungêrecht regelt. Da eine positive Regelung nah den Erklärungen der Regierung niht so {nell zu magen ist, bleibt uns nichts anderes übrig, als nach dem Antrage

Gamp zeitweise eine Sperre eintreten zu lassen. Der An- trag Bock-elberg bringt eine Milderung, die unbedenklich ist. Der Antrag von Arnim geht über das Ziel des An-

trages Gamp hinaus, und ich meine, daß wir uns am besten auf die Kommissionsfassung beschränken. Ein Staaismonopol ift nicht zu befürchten, denn die Privatindustrie in der Kohlen- und Kaligewinnung ist \o stark, daß diese Gefahr nit besteht. Wir wollen aber, daß nit fisfalishe Interessen maßgebend sind, sondern ledigli die Interessen der Allgemeinheit, der Konfumenten. Gs handelt ih hier darum, die Interessen der Allgemeinheit sicher zun stellen gegen die Angriffe einzelner, und wenn man dics draußen im Lande richtig darstellt, wird die Mebrheit der Bevölkerung auf unserer Seite sein.

Abo. Dr. von Woyna (sreikons.) beantragt zu dem Antrag von Arnim den Zusaß: „soweit sie nicht, fraft Gesezes dem Eigentümer des Bodens gehören“, und führt aus: Der Minister hat in der ersten Lesung erklärt, daß er nicht daran denke, die Rechte der Grund- eigentümer in Hannover anzutasten. Wir haben zur Klarstellung diesen Antrag eingebracht, der den Intentionen des Ministers ent-

. daß jedes Tier, lebend und auh na

Zweite Beilage

niglich Preußishen Staatsanzeiger. 1905.

Berlin, Mittwoch, den 31. Mai

r. Da jedoch die Konsequenzen des Antrages sehr wer zu übersehen sind, würde ich empfehlen, noch nicht darüber abstimmen zu lassen, sondern ihn der Kommission zu

überweisen. Die Regierung bätte hon vor Jahren die Grundeigen- tümer züglih der Verwertung ihrer Bodenshäge organisieren sollen. Es ist eine ganz wilde Art des Abkommens über die Verwertung des Bergvorkommens eingetreten. Ich will nicht weiter die wüste Spekulation darstellen, aber der Staat muß endlich Ordnung bincin- bringen in die Gewinnung unserer Kalishäte. Bei der Zerrissen- beit der bannovershen Grenze kommt der Bergwerkseigentümer in der F ropiui Hannover sehr oft in die Lage, in die Bergfreiheit einer enahbarten Provinz überzutreten. Zwar können sie sich dann durch O uten helfen. Ih möhte die Regierung fragen, ob rechtliche edenken vorliegen, den § 60 des Berggeseßes auf sol.)e Fälle an- zuwenden. Der Antrag von Arnim wird mit dem Antrag von Woyna an die Kommission verwiesen. berberghauptmann von Vels en erwidert dem Abg. von Woyaa, daß solche rehtlihen Bedenken niht vorliegen.

Damit schließt die Debatte. Die Vorlage wird in der Kommissionsfassung mit dem Antrag von Boelberg an- genommen, ebenso die Resolution der Kommission.

Das Haus geht sofort zur dritten Beratung über und nimmt die Vorlage ohne weitere Debatte endgültig an.

Es folgt die Beratung von Petitionen.

Die Petition des Oberlandmessers Müller in Neuruppin um andere Regelung der amtlihen Stellung der Auseinander- seßzungslandmesser bei der Umgestaltung der Generalkommissionen wird der Regierung zur Erwägung überwiesen.

Ueber die Petition des Vereins preußisher SchlaWßthoftierärzte um Aenderung des Shlck{hthausgeseyes beantragt die Gemeindekommission zur Tagesordnung überzugehen.

Abg. Rosenow (fr. Volksp.) schildert eingehend die Gefahren, welche dur das Verbot der nohmalig-n Untersuhung des in die Städte eingeführten Fleisches entstehen. Es komme massenhaft Fleis von auswärts in die Stadt, welches zwar tierärztlih untersucht, aber nah der Untersuchung verdorben sei. Die Städte ver!angten nichts weiter, als gegen ungesundes Fleish gesichert zu sein. Es müsse den Städten gestattet werden, eigene Kontrollstationen einzurichten. Es werde wirkli nöôtia, daß auch die Herren von der Rechten das endli einmal einsehen. Deshalb dürfe die Petition nicht durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt werden, sondern er beantrage, sie der Ne- gierung zur Berücksihtigung zu überweisen.

Abg. Freiherr Pons r f f a (fon): Die Gemeindekommifsion hat den Uebergang zur Tagesordnung beantragt, um oie alte Streitfrage nicht von neuem aufzurollen. Die Tierärzte auf dem Lande müssen si verwahren gegen die Vorwürfe, die ihnen in diesec Frage von der Linken gemaht werden. Was wird denn dur die zweite Unter- suhung in der Stadt geändert? Es hat sich auch na der Unter- suchung auf dem Berlinec Schlachthof krankes Fleisch ergeben. In Berlin heißt es immer : die Untersuchung auf dem Lande ift s{lecht, nur die Untersuung in Berlin ist gut. Das ist eine Anmaßung, gegen die man Verwahrung einlegzn muß. Es besteht die Vorschrift, i ; nah der Shlachtung untersucht werden muß. Das ist die beste Ausführung des Fleischbe\chaugesches, und ih bitte, den Kommissionsantrag anzunehmen.

Abg. Rosenow (fr. Volksp): Der Vorredner tut üinrner fo, als ob es sich nur um Berlin handele. Es haben aber die Bürgermeister aller Städte sich den Eingaben Angel en. In Berlin besteht aller- dings in dieser Nichtang gar keine Nahrungsmittelkontrolle. Den Stlachthausgemeinden muß das Recht der nochmaligen Untersuhung werden.

Regierungskommissar, Geheimer Oberregierungêrat Schroeter: Ih muß der Behauptung des Herrn Vorredners widersprechen, als 0b in einer Ministerialversügung zum Auêsdruck gekommen sei, daß das, was in der vorliegenden Petition der Shlachthoftierärzte angestrebt wird, auch von der Staatsregierung gebilligt worden sei. In dem Erlasse der zuständigen Herren Minitter, auf den der Herc Abg. Rosenow hingewiesen hat, ist lediglich bestimmt, daß die Wirkungen des Fleishbeschaugesezes, namentlih der Vorschriften über die [os genannte Freizügigkeit des Fleisches in dem abgeänderten 8 5 des Aus- führung8geseßes, von den Regierungspräsidenten und den sonstigen zu- ständigen Behörden beobahtet werden sollen und daß nah Ablauf dieses Jahres Bericht erstattet werden möge, ob Mißstände hervorgetreten feien und was zur Abhilfe etwa geschehen könne. Dieser Inhalt tes Er- [asses gibt zu der Schlußfolgerung, daß die Königliche Staatsregierung den Gedanken der Einrihtung von Kontrollstationen in dem Sinne, wie sie von den Schlachthoftierärzten angestrebt werden, billige, keinen Anlaß. Jedenfalls scheint mir aber die Petition deswegen jeßt nit geeignet zu sein, zur Berücksichtigung oder auh nur als Matertal überwiesen zu werden, wil das, was die Petition erstrebt, hon durch das Abänderungsgeseß vom 23. September 1904 erledigt ist; dadu: ch ist ja zum Ausdruck gebracht worden, daß die Errichtung von Kontroll- stationen für etingeführtes Fleisch seitens der S@lachthau8gemeinden niht erfolgen soll. Für die Zukunft wird möglicherweise zu erwägen sein, wie etwaigen Mißständen auf dem Gebiete der Fleis&kontrolle entgegenzutreten und eine Besserung anzustreben sein wird. Ob hierbei Kontrollstationen überßaupt in Frage kommen werden, ift jeßt durchaus noch nicht zu übersehen. Ich möchte für meine Person glauben, daß bis jegt noch kein Anlaß vorhanden isi, anzunehmen, daß sich ein Be- dürfnis für Kontrollstationen herausstellen wird.

Das Haus beschließt nah dem Antrage der Kommission.

Die Vorstände der westfälishen Landgemeindeiage für die Ne- gierungsbezirke Arneberz und Minden petitionieren um Abänderung der Kreisordnung für - die Provinz Westfalen (Wählbarkeit zum Kreistage und zum Kreisaus\husse für diejenigen Personen, die cin et O Amt bekleiden, das der Aufsicht des Landrats unter- ¡1eUt 111).

Dié Gemeindeckommission beantragt, über die Petition zur Tages- ortnung überzugehen.

Abg. Dr. Berndt (nl.) empfiehlt die Wünsche der Petenten und beantragt die Ueberweisung der Petition an die Regierung als Material.

j Abg. Dr. O str op (Zentr.) erklärt sich für den Kommissions- antrag.

Das Haus beschließt nah dem Kommissionsantrag.

Eine Petition des Bauunternehmers Ki p Þþ in Lehe a. W. um Nachzahlung für geleistete Arbeiten für den Dortmund-Ems-Kanal beantragt die Handels- und Gewerbekommission zum Teil zur Berück- sichtigung zu überweisen, zum Teil durch Uebergang zur Tagesordnung zu erledigen.

Abg. Pleß (Zentr.) beantragt dagegen, Uebergang zur Tagesordnung zu erledigen. missionétwesen werde so lange weiter beftchen, wie man nit den Mindestbietenden von der Lieferung auéëschließe. Der anständige Unternehmer müsse vor der elenden, erbärmlihen Preisdrückerei geshüßt werden. Deshalb solle auch in diesem Falle dem Petenten nichts weiter gezahlt werden.

Aba. Hamme r (kons.) erkennt an, daß das vom Vorredner ver-

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tretene Prinzip berechtigt sei, aber hier handele es fich doch um einen

die Petition ganz dur Das unheilvolle Sud-

Ausnahmefall, in dem man die Wünsche des Petenten empfehlen müfse. Die Behörden machten sih vielfah die Aus\chreibungen der Sub- missionen so leiht, daß die Bedingungen niht klar seien und die Unternehmer nit richtig kalkulieren fönnten. Die Kommission des Hauses habe ein neues Submissionsverfahren vorgeschlagen ; auch die Kommunen hätten alle Veranlassung, ibr Submissionsverfahren zu regulieren und das neue Verfahren anzuwenden.

Das Haus be{licßt na dem Kommission®antrage.

Ueber die Petition des Vereins deutsher Briefumschlag- fabrikanten, betreffend die Beschäftigung der Gefangenen mit der Her- stellung von Briefumschlägen, geht das Haus zur Tagesordnung über.

Petitionen des Zentralverbandes dettscher Kaufleute und Gewerbe- treibender um Verbot der Beteiligung von Beamten, Offizieren,

Geiftlichen und Lehrern an Produktivgenossenshaften und Verbot der Gründung von Beamten - Produktivgenofsenshasten, des Zentral- verbandes deutscher Zigarren- und Tabakladeninhaber um Verbot der Tätigkeit von Beamten in Konsumvereinen, Beamtenvereinen und Genoffenschaften und des Kaufmännishen Provinzialverbandes in Stettin um Aenderung der geseßlichen Bestimmungen über die Konsumvereine (Bestrafung des Verkaufs von Waren an Nicht- mitglieder, Einführung eines Nachweises des Bedürfnisses für die Bildung von Konsumvereinen, sowie der Genehmigung durch die Ver- waltungsbehörden) sowie Verbot der Bcteiligung von Staatsbeamten an der Verwaltung von Konsumvereinen und die Petition des Provinzialverbandes der Vereine zum Schuße des Handels und Gewerbes für Schlesien um Abhilfe gegen die Schädigung der Handel- und Gewerbetreibenden dur die Konsumvereine beantragt die Handels- und Gewerbekommission durch Uebergang zur Tages- ordnung zu erledigen. :

__ Abg. Hammer (fons.) spricht si im Sinne der Petitionen gegen die Tätigkeit der Konsumvereine aus. Die Aufsichtsräte bezögen hohe Tantiemen, die Arbeiter würden aber s{chlecht bezahlt. Man sage, daß die Steuerfreiheit der Konsumvereine ein Steuerprivileg für die wirtschaftlih Schwachen sei, aber wie die wirtschaîtlih SchwaWen in dem Konsumverein beschaffen feien, ersehe man daraus, daß von Konsumvereinen Moselwein bis zu 9 ä die Flasße und Pommery für 12 # verkauft werde, ferner Seidenstoffe, kostbare Teppiche usw. Es sei notwendig, die ganze Frage der Konsum- vereine gesezlich zu regeln, und er behalte sich für die nächste Session Anträge vor.

Das Haus beschließt darauf nach_ dem Kommissionsantrage.

_ Au eine Petition des Schlesishen Provinzialverbandes zum Schutze des Handels und Gewerbes um Heranziehung der Konsumvereine zur Einkommensteuer, höhere Be- steuzrung der Wanderlager und Ermäßigung der Fleishschaugebühren wird durch Ueberganz zur Tagesordnung erledigt.

Eine Petition des Landwirtschaftlihen Kreiévereins in Schönau an der Katbah bittet um Aenderung des Geseßes, betreffend Schußpmaßregeln im Quellgebtete der links- settigen Zuflüsje der Oder in Schlesien (Entschchädi- AUn Las das Bestehenlassen von Holzungen).

y ie Agrarkommission beantragt, über die Petition, soweit fie eine Aenderung des SURO wünscht, zur Tagesordnung überzugeben, sie dagegen, soweit die ewährurg von Beihilfen zur Umwandlung der Nicderwaldbestände in Nadelwald in Frage kommt, der Re- gier ung zur Berücksichtigung zu überweisen.

Abg. Baensch-Schmidtlein(fr.kons.) unterstügt das Petitum, bemerkt aber, daß an eine Aenderung des Gesc828 nicht gedaht werden könne. Das Haus beschließt nah dem Kommissionsantrage.

Die Petition der Gemeindevertretung zu Stegligt um Verleihung des Städterehts wird mit Rücksicht darauf, daß mit der Verleihung der Städteordnung an Stegliß bei seiner Einwohnerzahl das Necht zum Auëseiden aus dem Kreise verbunden sein würde, der Regierung als Material überwiesen.

Außerdem erledigt das Haus noch einige Petitionen lokalen oder persönlid:en Inhalts. __ Auf eine Frage des Abg. von Arnim (kons.) über die Ge - \chäftsdis8positionen erwidert dec Präsident von Kröcher,

daß e si empfehlen würde, vor Pfingsten alles zur Zeit vorhandene Material aufzuarbeiten, denn dann würden die meisten Herren wahrs{cinlih nach Pfingsten gar nicht mehr wiederzufommen brauen; es sei möglih, daß dann nur noch eine formelle kurze Schlußsißung nötig sei, denn nach den Nachrichten, die er soeben erhalten habe, sei es wahrscheinli, daß im Herrenhause an den Berggeseßen nichts geändert

werde, daß sie vielmehr lediglich angenommen oder abzelehnt werden würden. In beiden Fällen sei dann eine weitere Sitzung diefes Hauses niht nötig. Bis zu diesem Sonnabend könne das Haus alles aufarbeiten.

Schluß 4 Uhr. ste Sizung: Mittwoh 12 Uhr. (Gese über die gemeinschaftlichen Jagdbezirke; Geseh über die Kosten E Prüfung der überwachungsbedürftigen Anlagen ; Petitionen.

Handel und Gewerbe.

(Aus den im Reichsamt des Innern zusammengestellten „Nachrichten für Handel und Industrie“.) Ausschreibungen.

Neue Bewässerungsprojektein British-Indien, welche neuerdings vom Staatssekretär genehmigt wurden, find folgende: Bes wässerung von Divi-Island an der Mündung des River Kistna (Prä- sidentshafi Madras); Anshlag : 1 860 000 Nupien. Das Waser soll aus dem Flusse mittels Zentrifugalpumpen gehoben werden. Ein 20,5 engl. Meilen langer Kanal vom Dassan River na% dem Hamipurdistrilt (Vereinigte Provinzen) mit Zweigkanälen nach Ialalpur und Mar. dha von 285 und 14,5 Meilen Länge; die Gefamtlänge der Nekenkanäle wird auf 210 Meilen geschäßt. Die Anlagekoßen werden auf mehr

als 4 Millionen Ruvien veranschlagt. (The Board of Treade Journal.) Vorarbeiten zu: dem Projekt einer Wassersperre

und Bewässerungsanlage in Uhwa3 (Persien) werden, wie der britishe Konsul in Mohammerah berichtet, gegenwärtig von einem holläntishen Ingenieur im Auftrage der persisen Regierung vor« genommen. '

4 P A E E E E S R E H

Zwangüöversteigerungen.

_ Beim Königlichen Amt8gerickt1 Berkin stand das Grund- stück Heidenfeldstraße 18, dem Bau'nt!errehmer Wilhelm Mahnke, im selben Hause wohnhaft, gehöuig, zur Versteigerung. 7,99 a. Nutungéwert 10400 6 Mit dem Gebot von 187 600 bar blieb Rentier Philipp Mosino, Rauvchstraße 2, Meistbietender.

Ben Sönigliheni Amtsögeriht ll WBerilu standen die nahbezeihneten Grundftücke zur Versteigerung: 3,53 a in Weißen- see, Gäblerstraße, der Handelszes. i. F. N. Kaulfuß u. Co. zu Berlin gehôrig. Mit dem Gebot von 21 000 A bor und 14 084 46 Hypotheken blieb Zimmermeister Ludwig Fischer in Weißensee, Wilhelmstraße 26,