1884 / 267 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 12 Nov 1884 18:00:01 GMT) scan diff

Am 8. d. M. verstarb zu Bern im 81. Lebensjahre

der frühere Kaiserlihe Gesandte bei der Scbweizerishen Eid- genossenschaft, General der Jnfanterie von Roeder. Am 10. Oktober 1804 in Berlin geboren, trat von Roeder

am 6. April 1822 in die Königlihe Armee ein und wurde im darauf folgenden Jahre zum Seconde-Lieutenant ernannt. n den Jahren 1838 bis 1850 fungirte er als militärischer egleiter Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Alexander, von 1850 bis 1864 als dienstthuender persönlicher Adjutant bei Höchstdemselben.

Nachdem er die einzelnen militärishen Chargen dur: laufen und 1863 zum General-Major befördert worden, trat er als solcher im Jahre 1864 in den auswärtigen Dienst ein und wurde durch Allerhöhste Ordre vem 30. Zuni dess. Jahres zum Gesandten in Cassel und demnächst dur Ordre vom 12. März 1869 zum Gesandten in Bern ernannt, welchen Posten er bis zu seiner durch Allerhöchste Ordre vom 25, Oktober 1882 erfolgten Verseßung in den Ruhestand be- fleidete. Auch während seiner diplomatischen Laufbahn ver- blieb er im Verbande der Königlihen Armee und erhielt unter dem 21. November 1878 den Charakter als General der Jnfanterie,

In allen von ihm wahrgenommenen Stellungen hat si General von Roeder während einer selten langen Dienstzeit als ein Mann von unermüdlicher Pflichttreue und Hingebung gegen seinen Kaiser und König bewährt, auch mannigfache Zeichen Allerhöchster Huld und Anerkennung erfahren. Er befand sich im Besiße des Großkreuzes des Rothen Adler- Ordens mit Brillanten und des Kreuzes der Großkomthure des Haus-Ordens von Hohenzollern, welch leßtere Dekoration ihm bei EMNERE seines 60jährigen Dienstjubiläums verliehen wurde.

Des Kaisers und Königs Majestät verlieren in dem Dahingeschiedenen, dem es nur vergönnt war, sich die kurze Zeit von zwei Jahren der wohlverdienten Ruhe zu erfreuen, einen unter oft s{hwierigen Verhältnissen erprobten treuen Diener, dem ein ehrendes Andenken stets bewahrt bleiben wird.

Am 13. d. M. finden im Reihs-Eisenbahnamt über Abänderung verschiedener Bestimmungen der Anlage D zum §8. 48 des Betriebs-RNeglements für die Eisen- bahnen Deu!shlands Berathungen statt, an denen sich Kommissare der Regierungen von Preußen, Bayern, Sachsen, Württemberg und Baden betheiligen. Es handelt ih um die anderweite Festseßung der Vorschristen über die Besör- derung von Benzin und anderer feuergefährlichen Gegen stände, bei deren Transport in neuerer Zeit mehrfach Brand- unfälle vorgekommen sind. Da neben den Rücksichten der Betriebssicherheit auch wesentlihe Fnteressen des Handels- standes und der Jnduftrie in Frage kommen, so sind auch aus den Kreisen der Leßteren Sachverständige zu den Be- rathungen zugezogen worden.

Wird durch eine vorsäßlihe Körperverleßung ein Arm des Verleßten dauernd gelähmt, ohne daß dadurch der Organismus des Verleßten in einer umfassenden Weise ergriffen wird, so liegt, nah einem Urtheil des Reichs- gerichts, I. Strafsenats, vom 25, September d. J., eine „\hwere“’ (aus §. 224 Str.-G.-B. mit Zuchthaus zu bestra- fende) Körperverleßzung nicht vor.

Der Kaiserliche Gesandte am Königlich dänischen Hofe, Wirkliche Geheime Rath von Philipsborn, hat einen ihm, Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten. Während. seiner Abwesenheit von Kopenhagen fungirt der Legations-Sekretär Dr. Freiherr von Gaertner-Griebenow als interimi- stisher Geschäftsträger.

Der Königlih rumänische Gesandte am hiesigen Aller- höchsten Hofe, Liteano, hat Berlin mit Urlaub verlassen. Während seiner Abwesenheit fungirt der Legations-Sekretär Cuciurano als interimistisher Geschäftsträger.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Königlich bayerischer Staats-Minister Freiherr von Craiisheim und Königlich württembergischer Präsident des Staats-Ministeriums, Dr. von Mittnacht, sind hier angekommen.

Der zum Chef des Jngenieur-Corps und der Pioniere und zum General-Fnspecteur der Festungen ernannte General- Lieutenant von Brandenstein, bisher Commandeur der 31. Division, ist zur Uebernahme der neuen Stellung aus Straßburg i. Els. hier eingetroffen.

Württemberg. Stuttgart, 6. November, Die Kom- mission der Kammer der Abgeordneten hat sih mit den leitenden Grundsäßen des von der Regierung eingebrachten Gesetzentwurfs, betreffend die Gemeinde-Angehörig- keit, einverstanden erklärt. Was die leitenden Grundsäße dieses eine größere Autonomie der Gemeinden anbahnenden Geseh es anbelangt, so sind es, nach der M. „Allg. Ztg.“, fol- gende: das Streben, dem Bürgerreht wieder einen lebens- kräftigen Fnhalt zu verschaffen; Beibehaltung des Bürger- rechts als althergebrachtes persönliches Necht, aber Anknüpfung der Erwerbung des Bürgerrehts an den Wohnsiß im Gegen- faß zum Bürgerrechtsgeseß vom 4. Dezember 1833; Zwang für württembergische Staatsbürger, die im Gemeindebezirk wohnen, das 25 Lebensjahrzurückgelegt und 3Jahre Steuern bezahlt haben, das Bürgerrecht zu erwerben ; Ausschließung der Nichtbürger von gemeindebürgerlihen Wahl- und Wählbarkeitsrehten ; Er- Elärung der Pflicht, Gemeindedienste zu leisten, als eine Pflicht sämmtlicher Gemeinde-Einwohner ; Bestehenlassen alt- hergebrahter Rechtszustände bezüglih der Gemeindenüßungen ; Regelung der Ausweisung bestraster Personen einerseits im Sinne einer Milderung des bestehenden Zlechts durch die Veiwandlung des Rechtsanspruchs der Gemeinden auf Ausweisung in ein Antragsreht, andererseits im Sinne der Verschärfung des bestehenden Rechts durch Aus- dehnung der Ausweisungsbefugniß auf bestrafte Personen derjenigen Gemeinde, in welcher sie das Bürgerrecht haben. Im Schoße der Kommission erhob sich nur ein Wider- fspruh gegen jedes Zwangsrecht bei einer Bürgerrechtserthei- lung, und bezüglih der wegen Fruchtlosigkeit verschiedener Ungehorsamsstirafen erfolgten Aberkennung des gemeinde- bürgerlihen Wahl- und Wählbarkeitsrechts sprah sich die Kommission für Zulässigkeit der Beschwerde aus. Was end- lih die wichtige Frage der Zulässigkeit der Ausweisung be- straster Personen anbelangt, so will die Kommission darüber erst nach Einberufung des Landtages eine endgültige Beschluß- fassung herbeiführen. Es erscheint sicher, daß der württem- bergische Landtag noch im Laufe dieses Monats zusammen-

treten wird. 11. November. (W. T. B.) Bischof Hefele ist

Kultus-Minister. Die Abreise des Hofes nah Nizza ist auf den 18. d. M, festgeseßt. 12, November. Der heutige „St.-A. f. W.“ ver- öffentliht eine Königliche Verordnung vom 9. d. M., welche den Wiederzusammentritt der vertagten Ständ e- S IIMIGRs auf Donnerstag, den 27. November, be- immt.

Oesterreich-Ungarn. Pest, 11, November. (W. T. B.) Der König und die Königin von Rumänien, welche heute hier eintrafen und am Bahnhofe von dem Kaiser empfangen und auf das Herzlichste begrüßt wurden, seßten am Abend ihre Rückreise nah Bukarest fort. Der Kaiser gab dem Königlichen Paar bis zum Bahnhof das Geleit und verabschiedete sih dort auf das Herzlichste.

Belgien. Brüssel, 11. November. (Köln. Ztg.) Heute beginnt die Session beider Kammern, und zwar ohne Thronrede, so daß also au keine Adresse an den König ge- rihtet zu werden brauht. Wie sich die Mehrheit der beiden Häuser zu dem gemäßigten Ministerium Beernaerts-Thonissen stellen wird, das ist die Frage der nächsten Zeit. Die Gensd’armen in Civilkleidung haben auf Anordnung des Ministers des Jnnern ein unter dem Ueberrock zu tra- gendes Schild erhalten, dur das sie sih den Polizeibeamten zu erkennen geben können.

11. November. (W. T. B.) Der belgische Gesandte in Berlin, Graf Vanderstraeten-Ponthoz, und Baron Lambermont, General - Sekretär im Ministerium des Aeußeren, sind endgültig zu Bevollmächtigten Belgiens für die westafrikanishe Konferenz in Berlin ernannt worden und werden morgen dahin abreisen. Denselben sind noch drei Beamte beigegeben.

Die Kammern sind hèute eröffnet worden. Der Senat hat das frühere Bureau wiedergewählt. Zum Präsidenten wurde Anethan, zu Vize-Präsidenten wurden Mérode und Kint gewählt.

Großbritannien und JFrland. London, 10. November. (Allg. Corr.) Die Königin wird am 28. d. mit dem Hofe nach Windsor übersiedeln und sih nah etwa dreiwöchigem Aufenthalt von dort nah Schloß Osborne auf der Jnsel Whigt begeben, woselbst Fhre Majestät, wie gewöhnlich, das Weihnachtsfest begehen wird.

Der Prinz von Wales vollendete gestern sein 43, Le- bensjahr. Jm Westend von London wurde der Géburts- tag des Thronfolgers am Sonnabend Abend durch glänzende Jllumination der Klubs, Theater und Geschäftslokale der Hoslieferanten gefeiert.

A A Derby ist von seiner Unpäßlichkeit wieder her- gestellt.

Der „Observer“ schreibt: „Die Abstimmung im Hause der Gemeinen anläßlih der zweiten Lesung der Wahlreform-Bill hat die Hoffnung der Mitglieder in beiden Häusern des Parlaments, welche si bestrebten, eine gütliche Lösung des Verfassungs-Konflikts herbeizuführen, wesentlih gestärkt. Auf beiden Seiten glaubt man, daß diese Anstrengungen von Erfolg gekrönt werden würden. Welches Ergebniß die jeßt im Gange be- findlihen Unterhandlungen auch haben mögen: die kon- Jervative Partei im Oberhause hat beschlossen, die zweite Lesung der Réformbill nicht zu beanstanden. Die Ne- gierung ist niht abgeneigt, im Unterhause eine Reihe von Resolutionen einzubringen, welche die Umrisse des Plans zur Neueintheilung der Wahlkreise fixiren, falls ihr die Versiche- rung ertheilt wird, daß ein fsolhes Verfahren die Einwände der Lords gegen die Annahme der Reformbill beseitigen werde, und dies würde geschehen, sobald die Reformbill dem Ober- hause vorgelegt worden ist.“

Die Regierung trifft umfassende Vorbereitungen für die Expedition nah Betshuanaland, wozu aus verschiedenen Kavallexie- und FJnfanterie-Regimentern Frei- willige zur Bildung eines berittenen Shüßencorps aufgefordert werden. Das 1. Bataillon des Königlichen schottishen Ne- giments sowie die 7. Compagnie des Geniecorps sind nah Süd-Afrika beordert worden. Sir Charles Warren, der die Expedition befechligen wird, erklärte bei einem ihm von der Londoner Handelskammer gegebenen Abschiedsmahl: er hoffe den Streit friedlih beizulegen, doch müsse die Regierung auf Eventualitäten vorbereitet sein.

Der dem Parlament vorgelegte Ausweis der agra- Len BerbdreWen in Lando eralebdt Ur das am 30. September beendete Quártal 232 Ausschreitungen. Die- selben umfassen 9 gegen Personen verübte Attentate, die jedo keinen Lebensverlust zur Folge hatten. Die Verleßungen von Eigenthum zerfallen in 38 Brandstistungen und 15 Ver- stümmelungen von Vieh. Die Einshüchterungen bilden mehr als die Hälste der Ausschreitungen im ganzen Quartal; es befinden sich darunter 106 Drohbriese und 15 andere Ein- shüchterungsversuhe. Von der obigen Gesammtzahl entfallen auf Munster 144 cinzelne Fälle, wogegen -Monaghan, Carlow, Dublin, Kildare und Meath von agrarishen Ausschreitungen ganz frei blieben.

In Jslington, einem Stadtbezirk im Norden Lon- dons, hat sih ein Verein gebildet, welher bezweckt, die industricllen Klassen derartig zu organisiren, daß bei der nächsten allgemeinen Parlamentswahl nur folche Kandidaten bevorzugt werden sollen, welche sich verpflichten, Maßregeln zu unterstüßen, die dazu angethan sind, der hei- mischen Jndustrie durh Schußzölle zum Wiederaufshwunge zu verhelfen. :

11 November. (W. T. B) Das Unterhaus hat die Reform bill in dritter Lesung ohne Abslimmung ange- nommen.

Frankreich. Paris, 10. November. (Fr. Corr.) Das „Journal des Débats“ veröffentlicht folgende Depesche aus London: „Ein Abkommen zwishen Frankreich und China scheint sehr wahrscheinlih. China stimmte der Ausführung des Vertrages von Tientsin zu; Frankreich hielte Kelung bis zur vollständigen Räumung Tongkings durch die Truppen des himmlischen Reichs besezt. Von China würde keine «Fndemnität gezahlt werden, doch wäre es möglich, daß die chinesische Regierung sich dazu ents{lösse, den Familien der bei Bac-Le getödteten anlliiben Soldaten eine gewisse Summe zu zahlen.“

_ (Köln. Ztg.) Das Journal „Paris“ meldet: „Es ist niht unmöglich, daß die Absendung von Verstärkungen nah Tongking durch Abschluß des Friedens mit China über-

zum König berufen worden und konferirte auch mit dem

sih mit der vollständigen Räumung Tongkings und mit der Beseßung Kelungs bis zur vollständigen Ausführung des Vertrages von Tientsin und der Ratifizirung der bevorre{- teten Handelsverträge, welche die Folgen des Vertrages sind, begnügen.“

11. November. (W. T. B.) Der Präsident

Grévy empfing heute den Besuch des Großherzogs von Sachsen-Weimar.

Der Ministerrath hat die Erhöhung derEingangs- zölleaufausländischeCerealien imPrinzip angenommen. Die Ziffer für die Erhöhung soll in der Weise festgeseßt werden, daß die Landwirthschast den gleihen Schuß erhält, welcher anderen Fndustriezweigen zugestanden wurde.

Der Deputirte der Yonne, Guichard, der Doyen der Kammer, ist heute im Palais Bourbon, während er sich mit seinen Kollegen unterhielt, plößlich gestorben. Der Präsident Brisson eröffnete die Sißung, gedahte in ehrenden Worten des Verstorbenen und beantragte, zum Zeichen der Trauer die Sißung zu schließen. Es erfolgte allgemeine Zustimmung, und die Sißung wurde geschlossen.

Nach offiziellen Berichten kamen gestern in der Stadt und in den Hospitälern 83 Cholera-Todesfälle vor; die Zahl der gestern in die Hospitäler eingelieferten Cholera-Kranken betrug 119, die Zahl der in den Hospi- tälern augenblicklich in ärztliher Behandlung befindlichen Cholera: Kranken beträgt 190. %on heute Mitternacht bis heute Mittag wurden 40 Cholera- Erkrankungen und 13 Cho- lera: Todesfälle in der Stadt konstatirt. Die Epidemie be- schränkt sih fortgeseßt auf die ungesunden Stadtviertel, die gesünderen Stadtviertel sind cholerasrei. Aus Nantes wurden 2, aus Oran 4 Cholera-Todesfälle gemeldet.

Der „Agence Havas“ wird aus Shanghai gemel- det: Zwei chinesishe Panzerkreuzer sind im Begriff, unter dem Komr1ando Takou's auszulaufen. Man nimmt an, daß sie die Blokade von Formosa brechen wollen. Die Chinesen haben 3/ von den englischen Kohlenvorräthen in Shanghai aufgekauft.

«Fn Montceau-les-mines haben 39 Haussuchun- gen stattgefunden, bei welchen auf eine geheime Gesell- schast bezügliche Papiere mit Beschlag belegt wurden.

_— 11. November, Abends. (W. T. B.) Von Mitternacht bis heute Abend 6 Uhr sind in der Stadt und in den s im Ganzen 56 Cholera-Todesfälle vorge- ommen.

Spanien. Madrid, 11. November. (W,. T. B.) Die spanische Regierung hat einen Schiffs-Lieutenant als Gouverneur der Jnsel Elgobey, welche zu Fer- nando da Po gehört, eingeseßt. Von Seiten der fran- zösischen Regierung wurden Versicherungen ertheilt, daß dieselbe keine Veränderungen in Marokko herbeizuführen beabsichtige.

Amerika. Ueber die Präsidentenwahl wird der

„Allg. Corr.“ aus New-York unterm 8. d. berichtet: Der demokratische Ausschuß hat eine Adresse an das Volk der Vereinigten Staaten erlassen, worin erklärt wird, daß die Wahl von Mr. Cleveland und Mr. Hendricks als Prä- sident bezw. Vize-Präsident nicht länger mehr bezweifelt werden könne, und das Volk aufgefordert wird, ihre thatsächlihe Er- wählung heute Mittag durch das Abfeuern eines nationalen Saluts anzuerkennen, sowie ferner heute Abend im ganzen Lande zusammenzutreten und seine Meinung in einer Weise auszudrüdcken, die niht mißverstanden werden kann. Die Adresse fügt hinzu: „Die Vcänner von New: York sind ent- schlossen, sih nicht der groben Gewaltthätigkeit zu fügen, die gegen ihre Rechte versuht worden; sie werden für sich selber sprechen.“ Die Republikaner werden eine amtliche Zählung der Stimmen verlangen, welhe im Staate New-York abgegeben wurden, um das Resultat des Prä- sidentschaftsstreits endgültig festzustellen; aber im Allge- meinen geben sie zu, daß der Gouverneur Clevelan d erfolg- reih gewesen ist. Seit der heute Morgen erfolgten leßten Ankündigung des Resultats der Präsidentenwahl hat die Auf- regung im Lande merklih abgenommen. Mit Ausnahme der erreuden sbezeugungen der Demokraten geht Alles seinen ge- wöhnlihen Gang. An einigen Orten ersuhten die Polizei- behörden die Zeitungen, keine weiteren Bulletins über die Präsidentenwahl zu veröffentlihen, und überredeten das Volk, von Partei-Umzügen abzustehen, um das Zusammenströmen von Menschenmassen und daraus möglicherweise entspringende Ruhestörungen zu vermeiden. Der republikanische Na- tionalaus\chuß beharrt bei seiner Behauptung, die amt- liche Zählung werde ergeben, daß die republikanische Partei im Staate New-York gesiegt und somit die Herren Blaine und Logan erwählt hat. Eine Depesche vom 9. ds. meldet ferner: Der republi- kanische Nationalausschuß hat eine weitere Adresse erlassen, worin gesagt wird, daß er alle Maßnahmen ergreife, um Fälschungen oder Jrrthümer, falls dergleichen in den Wahl- listen des Staats New: York vorgekommen sind, ans Tages- licht zu ziehen. Der Auss{huß wiederholt seine Ansicht, daß Mr. Blaine eine Majorität von mehreren Hunderten im Staate New: York erzielt habe.

New-York, 11. November. (W. T. B) Die of fi- ziellen Berichte über die Wahlmännerwahl für die Präsidenten wahl, welhe nunmehr aus 14 Graf- schaften des Staates New-York vorliegen, weisen fast durhweg dasselbe Zahlenergebniß auf, welches in den bis- herigen nihtamtlihen Berichten zu Gunsten dex Wahl Clevelands angeführt wurde.

Asien. China. Hongkong, 12, November. (W. T. B.) Das „Reutersche Bureau“ meldet: Die Chinesen griffen die französishen Truppen bei Kelung an, wurden aber mit großen Verlusten vollständig zurücckgeshlagen. Die eFranzosen erlitten nur geringe Verluste. Das chinesische Kanonenboot „Feihoo“ wurde von den Franzosen genommen.

Afrika. Egypten. Kairo,8. November. (Allg. Corr.) Lord Wolseley telegraphirte gestern aus Dongola, daß der Mahdi mit einer nur kleinen Truppenmacht sich in Korshambat, nördlih von Chartum, aufhalten soll. Er begab sich dorthin nah seinem Angriff auf Omderman, wo- selbst viele Rebellen im Kampfe getödtet wurden. Es ver- lautet, daß jeßt der ganze Kababish-Stamm den Mahdi ver- * lassen habe. General-Major Darmer wird sih in der näh- sten Woche nah Suakim begeben, um die Befestigungs- werke daselbst zu inspiziren.

Wady-Halfa, 8. Nodember. (A. C.) Das große Thor

flüssig wird. Statt der Geldentshädigung wird Frankreich

des zweiten Katarakts wurde gestern wegen des Fallen s

| geschritten werden.

des Nils geschlossen, der jeßt dur{schnittlih jede 24 Stunden 8 Zoll sinkt, so daß die Boote über Land befördert werden müssen, wenn sie zu den Stromschnellen kommen.

Dongola, 8. November. (A. C.) Zwei Ueber- lebende von General Hicks Armee, welche {wer ver- wundet gefangen genommen worden waren, sind von El Obeid entwihen und in Dongola angekommen. Sie erzählen, daß der Mahdi wegen der Beute von der Hickss{hen Armee mit dem Volke von Jabeldair fortwährend im Kgmpfe liege.

Suakim, 8. November. (A. C.) 100 Amarars und

30 Mann der hiesigen Polizei griffen eine Rebellen-Ab- theilung unweit Handub an, töoteten 15 Mann und 4 Ka- meele und erbeuteten Waffen sowie 26 Kameele.

Zeitungsfstimmen.

Jn der Münchener „Allgemeinen Zeitung“ giebt Dr. Moriß Ströll am Schluß seiner Artikel „Zur Ge- hihte der staatssozialistishen Bewegung in Deutschland“ ein Bild von der leßten Phase dieser Bewegung. Er schreibt :

.…. Als vor nunmehr sechs Jahren der Reichskanzler den Vorder- grund der sozialpolitishen Bühne betrat, strahlte keine belle Sonne über Deutschland. Die Quellen des Wohlstandes waren versiegt und cin wüster agitatorisher Lärm erfüllte die Gassen. Aber {on die bloße Beschäftigung des gewaltigen Mannes mit den fozialpolitiscben Fragen und die gleichzeitige Anbahnung einer nationalen Zoli- und Handelspolitik \tüßten das schwindende Vertrauen. . 2

Zuerst galt es, das öffentliche Leben vor dem Miasma zu {hüßen, welches ihm durch die sozialdemokratischen Wühlereien tägli aufs Neue eingeimpft wurde. Das 1878 erlassene und seither verlängerte Gesetz gegen die gemeingefährliben Bestrebungen der Sozialdemokratie {uf wenigstens äußerlid Ruhe. Dann erst konnte zur Aufstellung und allmählihen Durchführung eines positiven sozialen Programms Es folgte am 17. November 1881 die berühmt gewordene Kaiserliche Botschaft, diese magna charta des Staats \sozialismus, welche auf Lebensalter hinaus die Richtschnur der sozial- politishen Gesetzgebung zu bilden geeignet ift.

Nachdem diese an den Reichstag gerichtete Botschaft den An- \spru der Hülfsbedürftigen auf größere Sicherheit und Erg!ebigkeit des Beistandes anerkannt, und tie zu erwartenden sfozialpolitischen Gesetesoorlagen, welche den Arbeiterklassen ein höheres Maß staat- liher Fürsorge als bisher zu bringen hätten, aufgezählt hat, fährt sie wörtlich folgendermaßen fort: „Für diese Fürsorge die reten Mittel und Wege zu finden, ist eine \{wierige, aber au eine der höchsten Aufgaben jcdes Gemeinwesens, welches auf den sittlihen Fundamenten des christlihen Volkslebens steht. Der engere Anschluß an die realen Kräfte dieses Volkslebens und das Zusammenfassen der letzteren in der Form korporativer Genossenschaften unter {taatlihem Schuß und staatliher Förderung werden, wie Wir hoffen, die Lösung auch von Aufgaben möglih machen, denen die Staatsgewalt allein in gleichem Umfange nicht gewachsen sein würde.“ S

Historisher Geist weht aus den Worten dieses Kaiserlichen Evangeliums, Ein Geist, weler sih so maßvoll und fest zuglei, so \{licht und voraussetzungélos äußert, daß seine Kundgebung wie eine Offenbarung durch den wüsten, leidenschaftlihen Lärm unseres Zeitalters klingt. Mit Recht ist gesagt worden, daß unser greiser Kaiser damit fein sozialpolitishes Testament der Nation, der Zukunft und den späteren Regierungen ans Herz gelegt habe. Die Botschaft greift mit voller Bestimmtheit auf die großen sozialpolitischen Üeberlieferungen der Hohenzollern zurück, auf dieselben Üeberlieferun- gen, welche Preußen seit mehr als zweihundert Jahren groß gemacht aben.

) Den Kaiserlihen Worten folgte alsbald die That. Von den in Aussicht gestellten sozialpolitischen Geseßen Unfallversicherung, Krankenkassengesetz, Altersversorgung sind die beiden ersteren nach mühsamen parlamentarischen Reibungen glücklich zu Ende gebracht ; die Altersversorgung wird voraussichtlich den neugewählten Reichstag beschäftigen. In ihrer Gesammtheit werden diese Gesetze die Grund- ¡üge eines neuen Arbeiterrechts bilden, welcbes, auf korporativen Ver- bänden beruhend, die soziale Klassernstellung der Arbeiterbevölkerung dauernd heben und mit bisher nit gekannten Rechten und Sicherheiten umgeben wird. Es steht zu hoffen, daß das Gefühl der Dankbarkcit für diese staatlihe Fürsorge in Arbeiterkreisen immer weitere Wurzeln chlägt. Freilich lehren die jüngsten Wahlergebnisse, daß auf raschen Meinungsumschwung in diesen verheßten und methodish verbitterten Klassen nicht zu rechnen ift. S O G

Es hieße indessen die staatssozialistishe Thätigkeit der Reichs- regierung zu eng auffassen, wollte man dieselbe lediglih in dem Ein- greifen zu Gunsten der arbeitenden Klassen finden. Die nationale Zoll-, Handels- und Kolonialpolitik, die zu Guasten der Gewerbe und Industrie getroffenen Maßnahmen, der Schuß der agrarischen Interessen, die in Preußen fast völlig zur Durchjührung gebrachte Verstaatlicung ter Eisenbahnen, die Steuergeseßgebung alle diese

| und ähnliche Staatsmaßregeln entspringen denselben Anschauungen

und Quellen, aus welchen die soztalpolitiscen Geseße zu Gunsten der Arbeiter erflossen sind. Angesichts dieser vielseitigen staatsfozia- listishen Aeußerungen und Bethätigungen wird doch endli der viel- genährte Aberglaube, als ob das Wesen des Staatssozialismus in finanziellen Leistungen Seitens der Staatskasse bestehe, ver- shwinden. Der Staatssozialismus ist weit mehr und etwas weit Höheres. Er ist die Seele, welche die gesammte Reichs8geseßgebung gegenwärtig durchdringt. Er . hat sih bereits zum Glaubenssaßtz ver- dihtet und ist zu cinem Bestandtheile der geistigen Luft geworden, in welcher die Gegenwart lebt und Athem holt.

Gegenüber diesen Ergebnissen und Erfolgen des mehr und mehr maßgebenden Prinzips beginnen sih die Reihen der Gegner erheblich zu lichten. Es ift bezeichnend genug, daß kaum eine einzige Partei mehr es unternimmt, gegen das leitende Staatsprinzip kräftig Stellung zu nehmen. Gleihwohl find noch immer zahlreiche Ab- neigungen vorhanden. . .. |

Einen wirklich beachten8werthen Widerstand findet die staats sozialistishe Bewegung in Deutschland zur Zeit nur noch in den- jenigen politischen und bürgerlichen Kreisen, welbe ihie parlamen- tarishe Vertretung auf der linksliberalen Seite des Reichstags besitzen. Darüber, daß die Durchführung staatsfozialistischer Pläne und zwar nicht nur in der eigentlicen Sozialpolitik gewisse Opfer Seitens einzelner Interessenten, ja ganz allgemein eine gewisse Selbstentäußerung und Selbstbeshränfung der besißen- den Klassen erheischen, daß sie einen Bruh mit alten ieb- gewordenen Gewöhnungen und überlieferten Anschauungen be- deuten, darüber konnte ja niemals der leiseste Zweifel sein, Aus dieser Nothwendigkeit aber entspringen mancherlei Verstimmun- gen. Es regen sich die kurzsihtigen Interessen des Geldbeutels, und die alten manchetterlichen Erinnerungen werden wach. Es ift aber kein fester Mörtel, welcher die einzelnen losen Theile dieser Opposition ver- bindet. Die Kantonisten jenes Lagers sind von ganz ungleichartigem S{hlag. Da finden sich alte demokratische Doktrinäre, welche fich in die Crinnerungen ihrer achtundvierziger Jahre eingesponnen haben und es dem Kanzler nicht verzeihen können, daß die En1wickelung der deutshen Angelegenheiten nicht nah thren alleinseligmacenden Rezepten gegangen, fernec mannihfahe durch die neuere Zoll- und

andelspolitik gekcänkte Interessenten, Veteranen der alten liberalen Vekonomie, unzufriedene Staatsbeamte außer Dienst und andere aus irgend welchen Ursachen mißvergnügte Elemente. Die Partei hat kein festes Rückgrat, es wäre denn die gemeinsame, vielfach persönliche

bneigung gegen den Kanzler. Jeder sozialen Neuerung widerstrebend, nennt sie sich mit Unrecht fortschrittlih. Diese Bezeichnung ent- sprähe dem Wesen nah -weit mehr denjenigen Gruppen, welche die progressionistisÞe Sozialpolitik der Reichsregierung billigen und vertreten. Der Widerstand dieser fälshlich sogenannten

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naturgesetzliden Gründen zer- brôckeln, weil es nicht gelingt, im Herbste das vergilbte Blatt am Stamme zu erhalten. Die nahdrängende Generation aber wird zur Fortshrittspartei keine Rekruten mehr abgeben, fie ist in ganz anderen, wesentlich verschiedenen Ansbauungen und Grund- sätzen auferzogen worden. Jhr {weben die Männer, welhe Deutsch- land zu seiner gegenwärtigen Höhe emporgeführt haben, vor wie Ge- stalten aus antiker Zeit. Und aus den akademischen Hörsälen hat sie die ethisben und staatésozialistishen Grundsäße in den praktischen Beruf mit hinaus8genommen. Diesem jungen Deutschland gehört die est, denn der Lebende hat Recht. Ist doch diese nahdrängende Seneration dieselbe, welhe in zahllosen Schlachten begeistert dem Feinde die Stirn bot, um dem deutschen Volke zu Kaiser und Reich zu verhelfen. N i

So wird denn der Staatssozialismus seine gesammte Gegner- schaft überwinden, weil ihm die zwingende Kraft eines Kulturgedan- kens innewohnt. Fassen wir es nochmals in Kürze zusammen : der Staatssfozialismus ist die kräftige Einflußnahme der Staatsgewalt auf die jeweiligen Formen der sozialen und wirthschaftlichen Ver- gesellshaftung, Staatssozialièmus ist die Bewahrung des uralten Vestafeuers der Kultur gegenüber zerstörenden, das Völkerleben ver- gifter den Einflüssen. Staatssozialismus ist das Attribut eines jeden felbstbewußten und kräftig emporstrebenden Staatswesens. Wir sahen zuerst den altpreußisben Adler mit diesem Zierrath ge\ckchmüdckt. Heute prangt der gleihe Shmuck zu Häupten des Reichsadlers der geeinig- ten deutschen Nation.

Wir haben im Eilschritt zwei Jahrhunderte durhwandert. Nur das Nothwendiaste konnte gestreift, Vieles und Wichtiges nicht ein- mal mit einem kurzen Worte erwähnt werden. Ueberall aber fanden wir die Spuren derselben treibenden Krast und im Ganzen war unser Wandern kein trostloses vergebliches Forshen. Die Pfade führten zu libteren Höhen und über unseren Häuptern ftrahlt die Sonne einer glücklich-ren Zukunft. So mag es denn jedem gebildeten Deutschen in der Enge seines Berufskreiscs und bei den Verdrießlichkeiten des Alltagslebens zum Trofte gereihen, daß wir Alle inmitten eîner fulturellen Bewegung flehen, welbe mit zwingender Gewalt unser Volk zu höheren Stufen emportragen wird. Das walte Gott!

Die „Berliner Börsen-Zeitung“ berichtet :

Die aus Rheinland-Westfalen und aus Schlesien eingehenden Berichte lassen erkennen, daß der Geschäftëgang in der Eisenindustrie si in der That langsam bessert, wenn auch die Preise hiervon vor- läufig noch nicht Zeugniß ablegen. Bekannilich waren die leßten 2 Fahre für die deutshe Eisenindustrie sehr ungünstig, vorzugsweise deshalb, weil England scine Produktion in ganz außerordentlicher Weise gesteigert hatte, dasselbe mehr oder weniger in Frankreih und Belgien der Fall war und man auch wohl in Deutschland, ebenso in Oesterrei und Schweden bier und da mehr produzirt hatte, als der Markt aufzunehmen im Stande war. Die Lage der deutschen Eisenindustrie würde indessen noch ungleih ungünstiger gewesen sein, wenn \ich dieselbe nit eines mäßigen Schutzes durch die Cisenzölle erfreut hätte. Sobald früher eine Ucberproduktion in England vorhanden war, warf dasselbe alle die Eisen- artifel, die anderswo nicht abzusezen waren, in großen Massen nach Deutschland, so lange hier kein Zoll zu zahlen war und die Folge war, daß jede Krisis in Deutshland am schärfsen und nachtheiligsten zur Erscheinung gelangte. Vor solchen schädlichen UVebershwemmungen mit fremden Erzeugnissen {ütt uns heute der neue Zolltarif, und zum ersten Male ift der erfreuliche Fall beobachtet worden, daß wir unter den Fehlern der ausländischen Produktion niht am s{limmsten zu leiden hatten. Während in England, theilweise auch in Belgien und Frankreih, manche Hüttenwerke ganz ssttill- gelegt, viele Tausende von Arbeitern entlassen, die Löhne sehr erheblich reduzirt werden mußten sind diesmal troß der {lechten Geschäftslage solhe Erscheinungen in Deutschland weniger auffällig zu Tage getreten. Beschäftigung war in den meisten Werken doch noch in ziemlich ausreichender Weise vorhanden, nur sind die Preise allerdings so niedrig, daß von einer befriedigenden Rente der Anlage- kapitalien zur Zeit nicht die Rede scin kann. Man sieht hieraus sehr deutlih, daß der eingeführte Zollshuß in erster Linie den Arbeitern zu Gute kommt und, wenn auch in Zeiten \{lechten Geschästsganges hier und da eine fkleine Ab- \{wächung in der Zahl der beschäftigten Arbeiter oder in den Lohn- sätzen eingetreten sein sollte Erscheinungen, die unvermeidlich find, \obald irgend ein Jndustriezweig in allen Ländern ins Stocken ge- langt —, do die s&werwiegenden Verluste in Folge der Krisis nicht von den Arbeitern, sondern von den Arbeitgebern zu tragen gewesen find, welche Letztere der ungenügenden Preise wegen ihre Anlage- fapitalien entweder gar nicht, oder nur zu sehr bescheidenem Zinsfuße verwerthen konnten,

Forts{hritismänner wird aus

Amtsblatt des Reichs-Postamts. Nr. 58. Inhalt: Verfügungen: vom 4. November 1884: Rückmeldungen wegen der durch mangelhafte Verpackung , verursahten Beschädigungen von Packeten; vom 4. November 1884: Eröffnung der Eisenbahnstrecke Zittau— Reichenau (Sachsen)}—Markersdorf.

Neichstags - Angelegenheiten.

Fernere Ergebnisse der Stichwahlen zum Reichstage:

3. Wahlkreis Königsberg. Dr. Moeller in Königsberg (Dfr.), gegen Godau, Schlosser (Soz.), gewählt. Stimmenverhältniß steht noch aus. / :

3, Danzig. Landes-Direktor a. D. Rickert hat die Wahl in Danzig abgelehnt. L 7

1. Marienwerder. Der gewählte Abgeordnete Landrath Müller hat 7988 Stimmen erhalten, von Donimirski dagegen nur 7136 Stimmen. i O

9, Marienwerder. Das bisher noh fehlende Stimmenverhältniß ist: Graf Dohna-Finken stein 8405, Dr, Rzepnikowsky 6994

Stimtmen.

4. Magdeburg. Heine (Soz.) mit großer Majorität gegen Büchtemann (Dfr.) gewählt. Stimmenverhältniß steht noch aus. *

1. Arnsberg. Stöcker, Hofprediger in Berlin (Kons.), mit 12 978 Stimmen gegen 6676 Stimmen für Fabrikant Schmidt in Elberfeld (Dfr.) gewählt. . :

6. Arnsberg. Lenzmann, Rechtsanwalt zu Lüdenscheid (Dem.), mit 17 363 Stimmen gegen 16 780 Stimmen für Stadtrath Kleine zu Dortmund (Nat.-Lib.) gewählt : V

3, Düsseldorf. Schumacher, Lederhändler zu Solingen (Soz.), mit 8734 Stimmen gegen 5317 Stimmen für Kaufmann Fuchs in Cöln (Gentr.) gewählt. l : | |

1. Pfalz. Dr. Groß, Bürgermeister in Lambsheim (Nat.-Lib.), mit 10 756 Stimmen gegen 7259 Stimmen für Dreesbach, Kauf- mann in Mannheim (Soz ), gewählt. N

4. Baden. Pflüger, Landwirth zu Lörrah (Dfr.), mit 7657 gegen 7080 Stimmen für Landwirth Blankenhorn zu Müllheim (Nat.-Lib ) gewählt. i

7, Baden. Dr. Franz Roßhirt in Heidelberg, Ober-Hof- gerihts-Vizekanzler (Centr.), mit 9356 gegen 8461 Stimmen für Kaufmann Schwarzmaun in Straßburg (Nat.-Lib.) gewählt.

Statistische Nachrichten.

Die überseeische Auswanderung aus dem Deutschen Reich über deutsche Häfen und Antwerpen betrug nah einer Mit-

Ouartalen 1884 122 345 Köpfe, 1883 133954 1882 16096 ,„ 1061 100A

1884 1883 1882 1881

11092 und in den 3 ersten S o I h - E U I 1E ¿ L 1889 79957

10 Sa. L 1879 25546 ,

Gegenüber dem Jahre 1881, in welchem die deutshe Auswande- rung ihren höchsten Stand erreichte, stellt si sonach für die 9 erften Monate eine Abnahme der Auswanderung um 50239 Personen heraus. Die Direktion der Lebensversiherungsbank für Deutschland in Gotha versendet den in ihrem Bureau bearbeiteten, in „Hilde- brand-Conrads Jahrbuch für Nationalökonomie und Statistik“ erschie- nenen Aufsatz über den „Zustand und die Fortscbritte der deutshen Lebensversiherungs-Anftalten im Jahre 1883* in einem Separatabzuge Wir entnehmen demselben folgende Mittheilungen: Die Geschäftsergebnisse der in Deutschland domizili- renden Leben ‘versiherungsanstalten sind im vorigen Jahre ziemli zufriedenstellende gewesen. Der neue Bruttozugang war, hingesehen auf die Personenzahl, größer, als in allen Vorjahren, mit Ausnahme der Jahre 1876, 75, 74, 73, 69 und 68, hingesehen auf die Ver- siherungssfumme ausnahmslos größer, als in jedem früheren Jahr. Der Abgang bei Lebzeiten entführte zwar sämmilichen Anstalten zu- sammen, fast den dritten Theil ihres Gesammtzuwachses, war aber doch weniger beträcbtlih, als im Vorjahre. Sämmtliche Anstalten haben einen reinen Zuwachs erzielt, der hingesehen auf die Personen- zahl nur in den Jahren 1875, 74, 73, 72, 69, 68, 67, 65 und 64, hingesehen auf die Versiherungssumme nur in den Jahren 1875, 74 und 73 übertroffen wurde. Was den Versicherungsbestand anbelangt, so kam Ende 1883 erst auf ungefähr 67 Köpfe der Bevölkerung (nah der Zählung von 1880) eine bei einer deutschen Anstalt versicherte Person ; und nach ungefähr annähernder Schäßung dürften etwa 40—50 000 Ange- hörige des Deutschen Reiches bei fremden Anstalten versichert sein. Deutsch- land steht also in dieser Beziehung noch erheblih hinter Große britannien und den Vereinigten Staaten von Amerika zurück. Wäh- rend aber in Deutschland vor 50 Jahren nur etwas über 8009 Per- sonen bei deutschen Anstalten mit durbschnittliÞ 4800 A versichert waren, sind gegenwärtig doch über 670090 Personen mit durh- \cnittlih 3720 M versichert ; bei diesen Daten find olle \fogenannten Sterbekasse - Versicherungen sowie die sogenannte Arbeiter-Lebens- versicherung ausgeschlossen. Den verhältnißmäßig hohen Rein- zuwahs hat im vorigen Jahre der günstige Verlauf der Sterblichkeit unter den Versiterlen wesentlich be- einflußt. Der Abgang durch Sterbefälle war bei einem wesentlih vergrößerten Versicherungsbestande nur um 871 Personen und 2 285 992 M. größer als in 1882. In den tabellarishen Zusammen- stellungen des Aufsates sind folgende 34 Anstalten berücksichtigt: Gotha, Karlsruhe, Stettin (Germania), Stuttgart (Leb -Vers.- u. Ersparn.- Bk.), Leipzig (Leb.-Vers.-Ges.), Berlin (Victoria), Magdeburg (Leb.-, Vers.-Ges.). Cöln (Concordia), Berlin (Berlinische), Halle a. S. (Jduna), Lübeck, Lei pzig (Teutonia), Berlin (Pr. Leb.-Vers.-Akt.-Gef.) Hannover (Pr. Beamten-Vers.), München, Erfurt (Thuringia), Schwe- rin i. M., Berlin (Nordstern), Elberfeld, Hannover (Leb.-Vers.-Anft.), Magdeburg (Allg. Vers.-Akt.-Ges.), Breslau, Frankfurt a. M. (Pro- videntia), Bremen, Frankfurt a. M. (Leb.-Vers.-Ges.), Berlin (Armee und Marine), Berlin (Friedrich Wilhelm), Hamburg (Janus), Posen (Vesta), Stuttgart (Renten-Anst.), Darmstadt, Berlin (Pro- metheus), Braunschweig und Potsdam. Außer diesea Anstalten be- stehen im Deutschen Reiche noch die Leipziger Kranken-, Jnvaliden- und Lebensversicherungs-Gesellshaft „Gegenscitigkeit“ seit 1861, die Lebensversicherungs-Gesellschaft „Atropos“ in Leipzig feit 1873, die Badische Militärversicherungs- Anstalt in Karlsruhe seit 1875, welche aber mehr als rationell eingerihtete Sterbekafsen anzusehen find; außerdem befindet sich seit 1882 im Elsaß eine Lebens- versicherungs - Anftalt „Alsatia“ in Wirksamkeit, von welcher ein vollständiger Geschäftsbericht pro 1883 niht hat erlangt werden fönnen. Im Mai 1884 endli wurde in Nürnberg die Nürnberger Lebensversicherung8bank, eine AktiengeselUschaft, gegründet. Liqui- dationen älterer Anstalten sind in 1883 in Deutsbland nicht vor- gekommen. Von zwei Tabellen giebt die erste Auskunft über die Ergebnisse des eigentlichen Lebensversiherungsge\chbäfts (der Kapital- versicherung auf den Todesfall) in Bezug auf Versicherungsbestand, sowie auf Zu- und Abgang in demselben, während die zweite eine möglichsstt klare Uebersiht über die finanziellen Geschäfts- ergebnisse gewähren soll. Die Lösung dieser Aufgabe wird dadurch erschwert, daß mehrere Arstalten neben der Lebensversicherung noch andere Geschäftszweige betreiben, ohne in den Rechenschafts- berichten die verschiedenen Geschäftszweige strenge zu scheiden. Es haben dabter für verschiedene Anstalten einzelne Daten {ätßungsweise ermittelt und angegeben werden müssen. Das in Anrechnung gebracht, find bei den 34 deutschen Anstalten der Tabelle in 1883 82 706 neue Lebensversicherungéanträge über insgesammt 339 878017 4 zur Vor- lage und Erledigung gekommen, gegen 82133 Anträge über 332 728 190 M Vei siherungssumme in 1882. Die Zahl der Anträge ist also um 573, die beantragte Versiherungssumme um 7 149 827 gegen das Vorjahr gewachsen. Bon allen gestellten Anträgen führten der Zahl nah 22,7% und der Summe nah 241% zu feinem WVersicherungsabscchluß. Die augenommenen 63965 Anträge führten den 34 deutshen Lebens - Ver- sicberungs8anftalten 61 752 neue Personen resp. Policen zu und lauten zusammen auf 257 985 476 4 Versicherungskapital. In 1882 betrug der neue Zugang 60424 Personen mit 250 027 345 4 Versicherungs- summe. Anfang 1883 betrug der Bestand sämmtlicher Anstalten 646 697 Personen mit 2 361074913 # Versicherungssumme, so daß einschließlich des obigen Zugangs Ende 1883 versichert gewesen wären 708 449 Personen mit 2 619 060 389 A Hiervon \chieden aus durh Tod 11 514 Personen mit 36 318 398 4 und durch Abgang bei Leb- zeiten 25 912 Personen mit 86 792331 #4; es verblieb also Ende 1883 ein Bestand von 671 023 Personen mit 2 495 949 660 4 Ver- sicheruygssumme und der Zuwachs in 1883 betrug 24 326 Personen mit 134874747 M

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

Im Verlage von Puttkammer & Mühlbre{cht in Berlin hat Franz Richter, Professor an der Landes-Ober-Real- und Handels- \{ule in Krems die „Anfangsgründe der Volkswirth- {haft von Dr. E. J. Kiehl in einer Neubearbeitung erscheinen lassen. Der ursprüngliche Vcrfasser hatte sein Buch speziell als Lehr- buch für den Unterricht in den höheren Klassen holländischer höherer Bürgerschulen, in welchen auh Volkswirthschaft gelehrt wird, bestimmt. Der Bearbeiter des Kiehlshen Werkes hat dasselbe während seiner Lehrthätigkeit in Krems als Leitfaden benußt und rühmt tnit Recht von demselben, das es wie kaum ein anderes für den Elementar- unterriht und zur Anregung für volkswirthschaftlihe Studien geeignet sei. In der vorliegenden Bearbeitung, welche in knapper Form alles Wissens8werthe berührt, wird in der That „dem Lehrer ein weites Gebiet für seine Vorträge eröffnet, dem Lernenden eîne Fülle von Anregungen geboten“. Akter in leßterer Beziehung wird der nah diesen Anfangsgründen Lernende immer eines Lehrers bedürfen, der die zahlreichen kleinen Bemerkungen und Hinweise, welche dem vorher Uneingeweihten unverständliÞ bleiben müssen, erläutert und erklärt. Es erscheint dies selbstverständliÞh bei einem . Büchlein, welches auf ‘118 Seiten das ganze weite Gebiet der Volkswirthschaft durcbeilt, und mag nur erwähnt sein, weil das Büchlein zum Selbstunterriht eben weniger geeignet, aller- dings auch nicht bestimmt is. Zur Charakteristik des Büchleins möge hier der Gang der Darstellung mitgetheilt werden. Nach der Definition der „Grundbegriffe“ im ersten Abschnitte behandelt der zweite „die gesellschaftlihen Güter felbst von ihrem Ursyrunge bis zu ihrem Untergange“; hier werden die Produktionsfaktoren: Natur, Arbeit und Kapital in ihrer Bedeutung als solche und in ihrem

ufammenwirlen gekennzeichnet, sowie die Güter der menschlichen Gesellshaft nah ihren Erscheinungsformen, der Gütervertheilung und des Güterumlaufes besprohen. Der dritte Abschnitt, welcer vom Einfluß der Megierung auf die menstblide Ge- sellshaft handelt, umfaßt naturgemäß die wirthschriftlide

theilung im Septemberheft der Monatshefte zur Sta-

tistik des Deutschen Reichs im Monat September

Bedeutung der Auflagen und Steuern sowie die Handels-