1884 / 268 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 13 Nov 1884 18:00:01 GMT) scan diff

Oesterreich-Ungarn. Pest, 12. November. (W. T. B.) Die österreihische Delegaiion genehmigte in der heuti- en Plenarfißzung ohne Debatte die Voranschläge des gemein- amen Finanz-Ministeriums, des obersten Rehnungs3hofes, der Zollgefälle und des Ministeriums des Auswärtigen.

183. November. (W. T. B.) Jn dem in der unga- rishen Delegation erstatteten Beriht Falks über das Budget des Auswärtigen wird konstatirt, daß nah den Mittheilungen des Ministers die Basis für die auswärtige Politik, wie früher, so auch jeßt das enge Freundschastsverhältniß zu Deutsch: land bilde, welhes nach Tkeiner Rihtung hin irgend eine Aenderung erlitten habe. Der Bericht hebt sodann den offenen Anschluß Rußlands an die friedlihe konservative Politik Oesterreihs und Deutschlands hervor, welcher ge- legentlich der jüngsten Begegnung der Monarchen zu feierlihem Ausdruck gelangt sei. Diese Begegnung habe die prinzipielle Uebereinstimmung der drei Mächte behufs allscitiger Sicherung des europäishen Friedens und die Konsolidirung des auf Verträgen beruhenden Zustandes festgestellt. Der Auss{huß erblickt in solhem Einverständniß der drei Mächte. eine neue Garantie für den Frieden ; dasselbe müsse daher die volle Zustimmung namentlich Ungarns finden, umsomehr, als die friedliche Politik der drei Mächte die bis- herigen Zwecke und Jnteressen der österreichish-ungarischen Politik nicht ändere und in keiner Weise die vor der Begegnung der Monarchen vorhanden gewesenen Beziehungen zu den anderen Staaten alterire. Jn dieser Hinsicht sei besonders die Er- klärung des Ministers, daß namentlich Jtalien gegenüber niht nur das herzlihe Freundschajstsbündniß unver- ändert fortbestehe, sondern beiderseits eine sorgfältige Pflege und Entwickelung desselben angestrebi werde, \ym- patisch aufgenommen worden. Ebenso befriedigt habe der Ausschuß die Mittheilung von dem herzlichen Verhältnisse zu Serbien, sowie von dem bereitwilligen Entgegenkommen Rumäniens gegenüber den befriedigende freundnachbarlihe Beziehungen anstrebenden Bemühungen VDesterreich:Ungarns entgegengenommen. Der Ausschuß theile gern die Anerkennung für die Haltung Monte- negros. Bezüglih der Orientbahnen habe der Aus- {chuß beruhigt die Versiherung des Ministers entgegen- genommen, daß derselbe dafür einstehe, daß die Pforte ihren wiederholten Zusagen in Betreff der rechtzeitigen Her- stellung der Bahnanschlüsse nachkommen werde. Von der Er- flärung des Ministers, betreffend die Kündigung des öster- reihish-türkischen Tarifvertrages, betreffend die An- bahnung eines Handelsvertrages mit Griechenland und endlih hinsihtlich des österreichisch - ungarischen Lloyd habe der Ausshuß in zustimmender Weise Kennt- niß genommen. Der Bericht gelangt sodann zu dem Schluß, daß der Ausschuß die rüdckhaltlose Ueberzeugung aus- sprechen könne: der Minister des Aeußern führe die Geschäfte mit voller Hingebung eifrig und in richtiger Weise. -

Schweiz. Bern, 13, November. (W. T. B.) Von der Cholera-Kommission ist an der Grenze eine ärzt- liche Untersuhung und ein Umsteigen aller mit den A Paris-Bern und Paris-Basel ankommenden

ersonen in schweizerische Wagen angeordnet worden.

Belgien. Brüssel, 12. November. (W. T. B.) Frère- Orban hat für den nächsten Dienstag eine Fnterpellation über die allgemeine Politik der Regierung ange- kündigt. Rouvier beabsichtigt, eine JFnterpellation über die Anwendung des Schulgeseßes einzubringen. Der Finanz-Minister Beernaert hat die Absicht ausge- sprochen, zur Aufbesserung des Budgets eine Beschränkung der Ausgaben derart in Vorschlag zu bringen, daß ein Ueberschuß von 200 000 Fres. erzielt werde.

Großbritannien und Jrland. London, 11. November. (Allg. Corr.) Die Wahlreform-Vorlage wird heute voraussichtlich im Unterhau)e ohne Abstimmung in dritter Lesung angenommen werden und spätestens am Donnerstag wiederum dem Oberhause zur Begutahtung vorliegen ; allein die Aussicht auf deren Annahme von Seiten der Opposition in der Pairskammer isst fast gänzlih ge- shwunden. „Die Chancen eines Kompromisses,“ schr:ibt der „Standard“ in einem inspirirten Communiqué, „Werden jeßt als entfernter denn zu irgend einer Zeit jeit dem Zusammentritt des Parlaments betrachtet, und ein feindseliges Vorgehen des Oberhauses gegen die Wahlreform- Vorlage in ihrer gegenwärtigen Form wird als unvermeidlich angesehen. Man sagt, daß gestern (Montag) ein nicht for- meller Meinungsaustaush zwischen hervorragenden Mit- gliedern der konservativen und liberalen Partei gepflogen wurde, der zum Aufgeben der Jdee führte, daß die Schwierigkeii durch die Annahme von Resolutionen, welche die Hauptprinzipien einer Bill für die Neueintheilung der Wahlkreise präzisiren, beseitigt werden könnte.“ Ueber die Ursache dieses Umshwunges in der Haltung der Tory- partei weiß die „Daily News“ Folgendes mitzutheilen. Am Sonntag Abend, schreibt das liberale Blatt, wurde ein Meeting von konservativen Führern zusammen- berufen in welhem das Ergebniß der Wahl in Süd-War- widshire Gegenstand der Erörterung bildete. Lord Salis- bury, der zugegen war, betonte, daß die beträchhtlihe kon- servative Majorität die Richtigkeit seiner Anschauungen über die Aussichten der Partei, Falls eine allgemeine Parlaments- wahl mit dem gegenwärtigen Elektorate stattfinde, beweise. Es ward beschlossen, von der in der Naht am Freitag ein- enommenen Stellung zurüclzutreten und die Annahme der ahlresorm-Vorlage entschlossen zu bekämpfen. Ferner kam man überein, der Bill im Hause der Gemeinen keine Opposition zu bereiten, sondern ihr Schicksal dem Oberhause zu überlassen. Soweit die Mittheilung der „Daily News“, deren Nichtigkeit aber von dem konservativen „Globe“ inso- fern in Frage gestellt wird, als eine Zusammenkunft der kon- servativen Führec am Sonntag überhaupt nicht stattgefunden haben soll.

Einer amtlihen Notiz zufolge soll das indische Truppenschiff „Serapis“, welches mit dem 13, Husaren- Regiment und ausgedienten Mannschaften an Bord heute von Bombay absegelt, das Cap der guten Hoffnung an- laufen, um dort Truppen zu landen, falls dies erforderlich ist.

In Penzance wurde gestern unter großen öffentlichen Festlichkeiten ein neues s{wimmendes Dock eröffnet, dessen Herstellung mit einem Kostenaufwande von 60 000 bis 70 000 Pfd. Sterl. fünf Jahre in Anspruch genommen hat.

_ Die Kriegskorvette „Nambler“ wurde heute in Dienst gestellt, um das britishe Geschwader in den chinesi- schen Gewässern zu verstärken.

(W. T. B.) Der Supplementarkredit, welchen die Regierung für die Expedition nach dem Betschuana- [lande von tem Parlament fordert, beträgt für Armee und Marine zusammen 725 000 Pfd. Sterl. ; auf die Armee allein entfallen davon 675 000 Pfd. Für die Armee und Marine in Egypten werden 1324000 Pfd. Sterl. in Anspruch genommen ; auf die Armee allein entfällt davon 1 Million.

Frankreich. Paris, 11. November. (Fr. Corr.) Der heutige Ministerrath beschäftigte sih hauptsählich mit den Erklärungen, welche der Ackerbau-Minister morgen der Viehzollkommission der Kammer über die Getreide- zölle im Namen der Regierung abgeben soll. Die Regierung erfennt, entsprehend den vom Conseils:Präsidenten bei der Jnterpellation des Abgeordneten de Roys gethanen Aeuße- rungen, an, daß die landwirthschastlihe Fndustrie wie alle anderen berechtigt ist, gewisse Zölle auf fremde Produkte in demselben Verhältniß wie auf die eigent- lich industriellen Produkte zu verlangen. Die Regie- rung wird daher der Kommission erklären, daß sie der Einführung eines mäßigen Getreidezolls im Prinzip zustimme ; doch bejtimme sie noch keinesfalls die Höhe desselben, um nicht das Treiben der Spekulanten zu begünstigen, da die Frage ein Anschein nah in dieser Session nicht erledigt werden

nne. :

Das Journal „Paris“ brivgt folgende Note: „Ent- gegen den von einigen unserer Kollegen veröffentlichten Mel- dungen entspringt die Demission des Hrn. Fran ck- Chauveau als Berichterstatter der Kommission für die Tongkingkredite fkeinesweas einer Mei- nungsverschiedenheit zwischen dem Conseils-Präsidentéèn und dem ehrenwerthen Abgeordneten der Oise über die China gegenüber zu befolgende Politik. Diese Meinungsverschieden- heit hätte nur dann eintreten können, wenn Hr. Jules Ferry si zur Doktrin der Minorität bekehrt hätte, welche Doktrin darauf hinausläuft, die Machtvollkommenheiten der „ausübenden Gewalt zu beschränken und die ministerielle Verantwortlichkeit durch die einer parlamentarishen Kom- mission oder eines Comités zu ersezen. Der Conseils- Präsident will, wie man weiß, seine volle Handolungs- freiheit bei den Unterhandlungen gewahrt haben, wenn solche. überhaupt geführt werden. Er hat sih geweigert, der Kommission und deren Berichterstatter die Verhaltungslinie anzugeben, die er einshlagen würde, falls gewisse Eventuali- täten eintreten sollten. Wahrscheinlih muß man dieser Weige- rung des Conseils:Präsidenten die Demission des Hrn. Franck- Chauveau zuschreiben. Unter solchen Umständen darf man begreifliherweise die über den Stand unserer Beziehungen zu China ve1öffentlihten Jnformationen nur mit einer besonderen Reserve aufnehmen. Alles, was man jeßt sagen kann, ist, daß die Regierung Grund hat, mit der Wendung der Dinge zufrieden zu sein.“

12, Nova, Nam. (W. T. B.) Nach dem heutigen offiziellen Cholera-Bericht sind am gestrigen Tage, in der Zeit von Mitternacht bis Mitternacht in den Hospitälern 132 neue Cholera-Erkrankungen hinzuge- kommen und 51 Pexsonen an der Cholera gestorben. Die Gesammtzahl der gegenwärtig in den O befindlichen Cholerafkranfen beträgt 271. Jn der Stadt und den Hospitälern sind im Laufe des gestrigen Tages insgesammt 107 Personen an der Cholera gestorben.

12. November, Abends. (W. T. B.) Die Kammer der Deputirten lehnte heute mit 248 gegen 219 Stimmen den Antrag von Salis ab, welcher dahin geht, den zur Weinbereitung verwendeten Spiritus bei einem Gehalt bis zu 15 Grad mit 20 Fr. per Hektoliter zu besteuern. Der Antrag war von der Regierung unterstüßt worden. Ein Antrag des Deputirten Graux, den zur Weinbereitung verwendeten Spiritus von bis zu 12 Grad Gehalt mit einer einheitlihen Steuer von 256 Fr. zu belegen, wurde mit 226 gegen 226 Stimmen ebenfalls abgelehnt.

Die hiesige Gesandtschaft von Haiti giebt bekannt, daß der Präsident der Republik Haiti durch Verfügung vom 23, Oktober allen Denjenigen, welche die politishen Er- eignisse von Haiti vertrieben und ferngehalten haben, voll- ständige Amnestie ertheilt hat, und daß auch alle diejenigen haitishen Staatsangehörigen begnadigt wurden, welche durch kriegsgerichtlihes Urtheil vom 15. April 1882 wegen politischer Verbrechen und Vergehen verurtheilt worden sind.

Nach einem offiziellen Bericht des Seine- Präfekten sind heute in der Zeit von Mitternacht bis 6 Uhr Abends hierselbst 43 Personen an der Cholera ge- storben, davon 17 in der Stadt: und 26 in den Hospitälern. Auf dem Posten vor dem Palais Elysée wurde heute Vormittag ein Soldat von plöglihem Unwohlsein befallen und sogleih in die Kaserne gebracht. Wie die Blätter mel- den, ist der Soldat an der Cholera erkrankt. Jn Nantes ist gestern eine, in Oran sind 4 Personen an der Cholera gestorben. {Fn Melun kamen seit zwei Tagen 7 Cholera- Erkrankungen, davon 2 mit tödtlihem Ausgange, vor.

Italien. Rom, 12. November. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer ist zum 27. d. M. einberufen worden. Nach der Eröffnung der Sitzung wird von der Regierung die sofortige Berathung der Eisenbahnvorlage, unter einst- weiliger Zurücstellung der anderen, bereits auf der Tages- ordnung stehenden Berathungsgegenstände, beantragt werden.

Numänien. Bukarest, 12. November. (W. T. B.) Der König und die Königin sind heute Abend in Be- gleitung des Minister-Präsidenten, der ihnen bis Verciorowa entgegengefahren war, hier wieder eingetroffen.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 13. No- vember. (W. T. B.) Auf Anordnung des Medizina l- Departements sind dieEisenbahnstationen, besonders die der nah der Westgrenze führenden Bahnen, einer sanitären Untersuchung unterworfen worden.

Amerika. New-York, 12. November. (W. T. B.) Es liegen nunmehr die offiziellen Berichte über- die Wahlmännerwahlen aus 46 Grafschaften des Staates New-York vor. Dieselben stimmen fast ganz mit den bereits gemeldeten nihtamtlihen Berichten überein, Die Majorität sür Cleveland dürfte 1276 Stimmen betragen.

Afrika. Egypten. Kairo, 10. November, (Allg. Corr.) Ein Gerücht über den Fall von Chartum lief heute hier via Massauah ein. Es mag der Begründung ent- behren, aber der Umstand, daß dasselbe Gerücht, welches den exluß abwärts quer über die Wüste hierher gelangte, an der abyssinischen Grenze wiederholt wurde, mat es um so ernster. In den Bazars waren heute Gerüchte im Umlauf, daß

Osman Digma sich aus der Umgegend von Suakim nach Berber begeben habe, um dem Mahdi gegen die Engländer Beistand zu leisten.

12. November. (W. T. B.) Das „Reutersche Bureau“ meldet: Der Khedive hat auf Antrag des Minister-Conseils ein Dekret erlassen, durch welches die Erhebung der Steuern auf die Häuser der Ausländer, die mit Genehmigung der Mächte auferlegt war, aufgehoben wird. Das Dekret ist von einem Schreiben des Finanz-Ministers begleitet, in welchem erklärt wird, daß diese Maßregel erforderlich gewesen sei in Folge der Weigerung der europäischen Hausbesißer in Alexandrien und Kairo. bei der Repartition der Steuern in Gemäßheit der Bestimmungen des Dekrets über die Be- steuerung der Häuser zu verfahren.

Zeitungsstimmen.

__ Der „Novddeutshèén Allgemeinen Zeitung“ wird aus Mülheim a. d. Ruhr, 10. November, berichtet :

Am 7. d. M, am Abende des glänzenden Wahlsieges der ver- einigten nationalliberal-konservativen Partei, wurde von der Fest- versammlung auf Antrag des Postsekretärs Schaake eine Depesche an den Fürsten von Bismarck in Berlin gesandt. Hierauf ist, nah der „Elberfelder Zeitung“, heute unter der Adresse des Herrn Schaacke folgendes Dankschreiben eingegangen :

«Berlin, den 9. November 1884. Jhr Telegramm habe ih mit verbindlihem Danke erhalten und aus demselben zu meiner Freude ersehen, daß das Zusammenwirken der nationalen Elemente auch dort erfolgreih gewesen ist. Möge das gute Beispiel auch anderweit Nachahmung finden. von Bismarck.*

__— Dem „Schwäbischen Merkur“ wird aus Heiden- heim, 7. November, geschrieben :

Einem hiesigen Bismarck-Verehrer, der in der Freude dcs Wahl- siegs den Sieg der deutschen Partei auch dem Reichskanzler mit- theilte mit der Bemerkung, daß die Gegner die Kandidatur Fiscbers einen dummen Schwabenstreih nannten, wurde unter dem 4. No- vember folgendes Kanzleischreiben zugesandt:

„Für die Begrüßung durch Jhr Schreiben vom 30. v. M. danke ih verbindlichft und freue mich, daß der 14. Wahlkreis seine reichs- treue Gesinnung durch die Wahl des Bürgermeisters von Fischer so erfolgreich bestätigt hat. Wenn das ein Schwabenstreich ist, so ist er es im Sinne von Uhlands bekanntem Gedicht, zur Ehre des s{wäbishen Stammes. von Bismarck.“

_— Die „National - Zeitung“ empfiehlt dem neuen Reichstage, die überseeishen Unternehmungen thunlichst zu fördern; sie sagt:

__.. . Die Cinzelheiten dieser Vorschläge werden natürlih noch zu prüfen sein; die Tendenz, welche diesclben durchzieht, der ganzen Aktion, welche sich darin ausdrückt, immen wir rückhaltlos zu; und es scheint uns, daß dies nicht früh und nachdrücklih genug Seitens desjenigen Liberalismus geschehen kann, welcher der Regierung gegen- über seine Selbständigkeit wahrt, aber sih auch nit im Banne einiger verbitterten Fraktionsführer befindet. Denn {on tauchen in der Presse die ersten Anzeichen derselben Nörgelei auf, welche gegen die ursprüng- liche Dampfervorlage und gegen die Anfänge einer Kolonialpolitik geritet, sich während der leßten Wahlen so bitter an den Liberalen gerächt haben. Aus den verschiedensten Theilen des Landes liegen uns die Beweise dafür vor, daß sogar zahlreihe Wähler, welhe immer zur Fortschrittspartei gehörten, durch die Haltung der deutsch-frei- sinnigen Fraktion in jenen Fragen sich verhindert fühlten, für fie zu stimmen, daß au hier eine der Hauptursachen der Verluste diefer Partei zu suchen ist. Man verleßt nit ungestraft die Empfindungen der Volksseele. Wenn die heute im Mannesalter stehende Generation in threr Jugend mit Zorn und Beschämung auf die demüthige Rolle blickte, welche Deutschland in der Wettbewerbung um die der Civilisation noch zu ershließenden Theile der Erde ehedem spielen mußte um wieviel energischer mußten sih da noch auf die Seite einer zugleich zielbewußten und doch vorsichtigen Üüberseeishen Politik diejenigen Jahrgänge der Wählerschaft stellen, welche unter Kaiser und Reich aus Knaben und Jünglingen zu Männern geworden! Eine Wahl- niederlage, wäre es auch die \{chwerste, kann und darf eine Partei nicht zur Aufgabe ihrer Prinzipien veranlassen. . .. Aber es ist niht wabr, daß in den Fragen, um welche es \sich behufs der Förderung Ckolonialer und sonstiger üÜberseeisher Unter- nehmungen handelt, liberale Prinzipien bedroht wären, und darum sollte die in den Wahlen empfangene Lehre beachtet werden. Jeder Liberale, der auf Staatskosten Eisenbahnbauten oder Subvcn- tionen bewilligt hat und welcher hätte es nicht gethan? fkann Dampfer-Subventionen bewilligenz aus\{ließlich Geldfragen, in

denen die Abgeordneten, wenn es sich um Bewilligungen handelt, ,

sicherlich der öffentlihen Meinung folgen dürfen, kommen auf diesem Gebiete in Betracht. Nachdem wir uns im Frühjahr vergebens be- müht haben, die Freisinnigen von einem verkehrten Verfahren abzu- halten, wiederholen wir die Warnung diesmal beim ersten Auftauchen der Anzeichen einer erneuten Politik der Negation. Und diesmal darf man wohl hoffen, daß das Gros der Partei, falls einzelne Führer diese Politik wieder aufnehmen sollten, dieselben niht so lange ge- währen lassen wird, bis es zu \pät ist.

Die Einrichtung einer Anzahl neuer Konsulate und die erweiterte Entsendung von Kriegsschiffen in fremde Meere bezweckt zum Theil die Förderung des üÜberseeishen Handels nach derselben Methode, na der sie, unabhängig von allen Kolontialplänen, auch bisher \chon erfolgte, nur besser und nachdrücklicher; speziel die Verwandlung der an politisch oder merkantil wichtigen Orten ganz unzulänglichen kaufmännishen in Berufs-Konsulate ist eine Forderung, welche auh aus der Mitte der Liberalen im Reichstag von allen Kennern des Auslandes, besonders fremder Erdtheile, erhoben worden ist, Wenn bei den in dieser Hinsicht jeßt vorgeslagenen Neuerungen, fo bei der Errichtung von Konsulatsstellen in Afrika und auf den Inseln des Stillen Oceans, zugleih der Zweck verfolgt werden kann, den deutshen Handel auch unter kolonial-politischen Formen auszubreiten, dann nur um so besser. Im Marine-Etat werden einige Millionen mehr im Vergleih mit dem Vorjahr für die verstärkte Indienststelung von Schiffen gefordert, und es ist richtig, was eine fortschrittlihe Etatskritik sofort einwendet, daß s{chon bisher die ausreihende Bemannung der auszusendenden Kriegs\chiffe Schwierigkeiten machte, weil die Zahl unserer Secoffiziere und Matrosen noch unzulänglich ist; aber wenn durch Anspannung aller Kräfte diese Schwierigkeit über- wunden wird, dann verdient das nur Anerkennung; unzureichend be- mannte Schisfe wird die Admiralität, auf welche die Veran1wortlich- keit dafür lastet, wohl nicht aus\senden, Der Gouverneur von Kamerun wird ein Gehalt bekommen müssen, und für die zwei kleinen Dampf- Fahrzeuge, die ihm zur Verfügung zu stellen sind, ift eine Geldforde- rung bereits angekündigt; aber wenn dies genügt, um in der Presse den ¿Alarmruf zu erheben, {on jeßt würden die von dem Kanzler vorgezeihneten Grenzen einer vorsichtigen Kolonialpolitik üÜüber- \hritten, so müssen wir, obgleich wir weder den Beruf, noch den Wunsch haben, für den Fürsten Bismarck das Wort zu führen, sagen, daß folhe Behauptungen durchaus grundlos sind. Niemand kann im Ernst geglaubt haben, daß der den privaten kolonialen Unternehmungen verheißene Schuß des Reiches si ledig- lih auf das Aufziehen von «in paar Flaggen beschränken könne ; zwischen der Anstellung einiger Beamten, denen einige Schiffe zur Verfügung gestellt werden, und der Erwerbung weiter Landstrecken dur das Reich aber behufs Kolonisirung derselben bleibt immer noch die Kluft, welche das „französishe System“ der Kolonialpolitik von dem unserigen trennen soll; dieselbe verschwindet nit dadur, daß mit dem Schuy des Reiches, wie sich von selbst versteht, Ernft gemacht wird.

Wenn eine große Thatsache den Menschen zum erften Mal klar bewußt wird, so berichtigt sie sehr häufig ein System von Ansichten, in das man sich vorher eingesponnen hatte. Die Beurtheilung der kolonialpolitisden Fragen war in Deutschland lange Zeit au in Kreisen, in denen man den Mangel an deutschen Kolonien tief be- flagte, durch die Ansicht beherrs{cht, daß die Welt bereits vertheilt sei. Die Erschließung Inner-Afrikas dur die geogra;hisbe For- {ung war die Thatsache, welche durch die Auffassuna einen dicken Strich gezogen hat; heute is die öffentlihe Meinung von dem Gedanken erfüllt, daß, wenn auch unter wesentli anderen Bedingungen, als es in Amerika und Australien der Fall war, doch noch ein Erdtheil des Unternehmungsgeistes der Europäer harrt, und das deutsche Volk will hier auf seinen Antheil nicht ver- zihten Selbst wenn mit der Möglichkeit gerechnet werden muß, daß die iet darauf geseßten Hoffnungen \sich nit erfüllen sollten eine Nation, welhe eben erst durch die staatlihe Einigung zur Herrin ihrer Geschicke geworden, verzichtet niht auf den Versuch, auch nit, wenn er für cine Reibe von Jahren alljährlich ein paar Millionen kosten kann. Wenn in den näcsten Tagen die europäisbe Konferenz wegen der westafrifanishen Fragen gerade in der deutschen Hauptstadt zusammentritt, so ist das der richtige Ausdruck für das Interesse, welhes in Deutschland an diesen Fragen genommen wird. Früher ist wohl das Swlagwort laut geworden, unsere Kolonialpolitik liege im Freihandel. Das wäre vielleicht wirthschaftlich, wenngleih auch dann nicht nationalpolitish, zutreffend, wenn ganz zu \{chweigen von Europa und der amerikanischen Union die Kolonien anderer europäisher Staaten freibändlerisch wären. Aber Kanada, Australien, Westindien und fast alle anderen Kolonialländer haben \{hußzölnerishe Tarife. Die alte koloniale Handelspolitik, welhe im Monopol des Mutterlandes ihren Ausdruck fand, ist freilid dahin; aber dafür ist das Streben mündig geworde- ner Kolonien entstanden, sich durch Tarife gleihmäßig gegen das Mutterland und das fremde Ausland zu {ütßen, wobei das Mutter- land aber die Vorzüge b-hält, welhe sich aus dem nationalen Zu- sammenhang ergeben. Wenn Deutschland unternimmt, auch seinerseits diejenige Kolonialpolitik zu treiben, welche den gegenwärtigen internatio- nalen Verhältnissen entspricht, also ohne den Anspruch auf ein Handels- monopol in den eigenen Kolonieen, aker zugleih unter Ausscließung aller Monopole anderer Staaten, z. B. am Kongo, so kann der Um- stand, daß cine solche aktive Politik theuerer ist, als thatloses Still- sigen, den Liberalen nit einen Augenblick als cin Einwand dagegen gelten; sie haben nur als ihre besondere Aufgabe die Sorge dafür zu betrachten, daß die erforderlichen Geldmittel in verständiger und ge- rechter Weise aufgebracht werden.

Deutshes Handels-Archiv. Novemberheft. Inhalt: Erster Theil. Gesetzgebung und Statistik. Gesetzgebung. Deutsches Reich: Errichtung gemischter Pcivattransitlager in Friedrichshafen. Zollerleibterungen für Roheisen im Veredelungsverkehr. Zoll- behandlung von Hutkalotten. Oesterreih-Ungarn : Befugnisse der Handlungsreisenden (wandernden andelsagenten). Berichtigung des öôsterreibishen Zolltarifs. Rumänien: Tara für Manufaftur- waaren in Sâcken. Berichtigungen des rumänischen Zolltarifs. Großbritannien: Zolltarif für Barbados. Zolltarif für die Insel Ceylon. Zolltarif für die Kapkolonie. Zollnahlaß für Waaren, welche in die Kapkolonie behufs Durcfuhr auf dem Landwege nah dem Orange-Freistaat 2c, eingeführt werden. Accise- abgaben von Getränken in der Kapkolonie, Berichtigungen und Aenderungen des Zolltarifs für die Kolonie Victoria. Erhöhung des Spritzolls in der Kolonie Victoria. Berichtigungen und Aenderungen des Zolltarifs für Queentland. Berichtigungen und Aenderungen des Zolltarifs für Südaustralien. Berichtigungen vnd Aenderungen des Zolltarifs für die Turks- und Caicosinseln, Be- richt gungen und Aenderungen in dem Zolltarif für Jamaica. Ver- bot der Einfuhr von Dynamit und von Nitroglycerinmischungen in Neusüdwales. Schweiz, Frankrei und Türkei: Verzollung shwei- zerisher und französisher Waaren in der Türkei. Rußland: Be- rihtigungen und Ergänzungen des finnischen Zolltarifs. Zollfreier Eingang von Gegenständen, welche zur Verfrahtung von nah dem Aus- lande bestimmten Waaren gedient haben. Japan: Aenderungen des japanisben Zolltarifs. Siam: Berichtigung und Aenderung des

olltarifs. Centralamerika: San Salvador: Ermäßigung der Cer. die. Guatemala: Berichtigungen und Aenderungen des

Zolltarifs. Nicaragua: Berichtigungen und Aenderungen des Zoll-

tarifs. Hayti: Ergänzung des Zolltarifs. Marokfo : Berichtigungen des Marokkanischen Zolltarifs. Schweiz: Zoll- tarif. Verordnung des Schweizerishen Bundesraths, betr. die Statistik des Waarenverkehrs der Schweiz mit dem Auslande. Tarifentsheidunaen des Schweizerischen Zolldepartements im Monat September 1884. Chile: Zollamtlihe Behandlung der zur Durchfuhr über Antofagasta nach Bolivien bestimmten Waaren. Ergänzung des Yolltarifs. Niederlande: Zoll- tarif für Niederländish-Guiana. Geseß, betreffend nähere Bestimmungen hinsichtlich der Accise auf Zucker, vom 20. Juli 1884. Beschluß vom 25. Juli 1884, betr. Vorschriften bezüglich der Gehaltsprüfung von Roh- und Bastardzucker, Ergänzungen und Berichtigungen des Zolltarifs. Berichtigungen und Aende- rungen des Zolltarifs für Niederländish-Indien. Peru: Scblie- ßung von Häfen. Argentinishe Republik: Aenderungen des Zoll- tarifs, Frankreih: Aenderungen des französisen Zolltarifs in Folge des Gesetzes vom 29, Juli 1884, betr. die Zuckerbesteuerung. Berichtigungen und Aenderungen des französischen Zolltarifs. Mittheilung über die ina Aussicht stehende Erhöhung der Viehzölle. Zollbehandlung von Filz aus Wolle, gemisht mit Jute. Zoll- behandlurg von Atbzugsröhren aus Steinzeug (Doultonröhren). Zollbchandlung von Mowrablüthen. Zollbehandlung von gedruckten Etikctten und Drucksachen. Sweden und Norwegen: Aenderungen und Berichtigungen des norwegischen Zoll- tarifs Belgien: Berichtigungen und Ergänzungen des belgischen O —- Gesetz, betreffend die Besteuerung des inländischen Branntweins, vom 16. September 1884, Ge1eßz, betreffe1d die Besteuerung des ausländishen Zuckers, vom 17. September 1884, Königliche Verordnung vom 25. September 1884, betreffend die Be- steuerung des ausländischen Zulers. Spanien: Berichtigungen und Aenderungen des Zolltarifs für Cuba. Aufhebung und Errichtung von Zollämtera auf den Philippinen Berichtigungen und Aecnde- rungen des Zolltarifs füc die Philippinen. Aenderung der uckerzôle. Aenderung der Besteuerung des inländisben uckders. Griehenland: Die Abfertigung der einem CEin- gangszoll unterliegenden Gewebe und Stoffe betreffend. Serbien: Innere Abgaben von Getränken. Erhebung von Gebühren für das Ausladen und Lagern von Einfubrgütern, Hawaiische Inseln: Aenderungen und Berichtigurgen des Zolltarifs. Statistik. Deutsches Rei: Uebersicht Über die Braunkohlen- förderung in Preußen im 1. Semester 1884, verglihen gegen das 1. Semester 1883, na vorläufigen Ermittelungen. Uebersicht über die Produktion an Roheisen, Schweißeisen und Flußeisen in Preußen im 1. Semester 1884, verglichen gegen die Produktion im 1. Semester 1883, nah vorläufigen Ermittelungen und Schäßungen. Uebersicht über die Steinkohlenförderung in Preußen îm 1. Semester 1884, verglichen gegen die Förderung im 1. Semester 1883, nach vorläufigen Ermittelungen. Großbritannien: Wirthschaftlihe Verhältnisse der Kolonie Südaustralien. Zweitec Theil. Berichte über das Inland. Bremen: Konsulatsbericht für 1883. Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 45. Inhalt: Nichtamtliches: Die Bestimmung der Zähigkeit der Materialten. Zur Baugeschichte und zur Restauration von Or San Michele in Florenz. (Schluß.) Vermischtes: Anerkennung für die Studirenden der Technischen Hochschule in Berlin. Elektrishe Stadtbahn in ien, Architekten» und Ingenieur-Verein in Hannover. Technische Hochschule in Karlsruhe. Sternwarte auf dem Montgros

Neichstags- Angelegenheiten.

Ferneres Ergebniß der Stibwahlen zum Reichütage :

8. Wahlkreis Frankfurt. Witt, Stadtrath in Charlottenburg (Dfr.), wit 8053 Stimmen gegen 6731 Stimmen für Amtsrichter Iohn in Sorau (Kons.) gewählt.

8. Magdeburg. von Bernuth, Staats - Minister a. D. zu Berlin (Nat.-Lib.) mit 8056 Stimmen gegen 6222 Stimmen - für Graf zu Stolberg-Wernigerode (Kons.) gewählt.

2.- Caffel. Professor Dr. Loh (Kons.) mit 7744 gegen 7493 Stimmen für Pfannkuh in Caffel (Soz.) gewählt.

6. Pfalz. Grohe, Gutébesißer zu Hambach (Volkspartei) mit 10 327 Stimmen gegen 9474 Stimmen für Neumayer, Bürgermeister und Recbtsanwalt zu Kaisertlautern (Nat.-Lib.) gewählt.

3. Württemberg. Haerle, Gemeinderath in Heilbronn (Volks- partei) mit 10403 Stimmen gegen 10 127 Stimmen für Frhr. von Ellrichshausen (Reichspartei) gewählt.

Statiftische Nachrichten.

Nah den im Septemberheft zur Statistik des Deutschen Reis veröffentlichten Nachweisungen über die Verun- glückungen deutsher Schiffe in denJahren 1883 und 1882 gelangten im erstgenannten Jahre 190 Totalverluste zur amtlichen Kenntniß, welche registrirte deutsde Secescbiffe mit einem Gesammtraum- gehalt von 59 532 Reg.-T. betrafen, und außerdem verunglückten 2 deutsche Schiffe mit 2822 Reg.-T., . welche bis zur Verunglückung noÞ nicbt in etn Scbiffsregister eingetragen waren, fondern unter Flaggenattest fuhren. 34 von diesen Verunglückungen entfallen auf frühere Jahr- aânge, so daß also als irn Jahre 1883 verloren geaangen 158 deutsche Schiffe mit einem Raumgehalt von 53 168 Reg T. zur Anzeige ge- langten. An Bord dieser Schiffe befanden sich 1483 Mann Be- faßung und 491 Passagiere, von denen 383 Mann oder 25,8 "/ der Besatzung und 380 oder 77,49%/6 der Passagiere bei den Verunglückun- gen ihr Leben verloren. Diese Zahlenangaben sind jedoch nur als vorläufige zu betrachten, die durch weitere Anzeigen noch ergänzt wer- den. Als vollständig dagegen dürfen jeßt die Erhebungen über die im Jahre 1882 erfolgten Verunglückungen deutsher Seeschiffe be- trabtet werden. Hiernach gingen von dem Gesammtbestand der registrirten deuts{en Seeschiffe, welher am 1. Januar 1882 4509 Dampf- und Segel\chifffe mit einer Gesammtbesatung von 39 109 Mann betrug, in der Zeit vom 1. Januar bis 31 Dezember 1882 243 Schiffe oder 5,4% (5,3% im Vorjahre) dur Seeunfälle verloren, wobei 414 Mann der Besaßung (auf je 94 Seeleute 1 Mann) und 12 der an Bord gewesenen Passagiere ihr Leben verloren. Von diesen 943 Schiffen, zu denen noch 1 registrirtes - aber nicht im Bestande nachgewiesenes kleineres Schiff hinzutritt, sind 98 gestrandet, 5 gefkentert, 33 gesunken, 2 verbrannt, 35 verschollen, 20 in Folge von Kollisionen und 51 in Folge sonstiger s{werer Beschädigungen verloren gegangen. Was die Ursachen anbelangt, so sind bis jeßt erft in Bezug auf 207 der Verunglückungen die seeamtlihen Untersucbungen abgeschlossen; dieselben haben ergeben, daß 34 durch menschliches Ver- \hulden hervorgerufen, 144 unverschuldet erfolgt, und von 29 die Ursachen nicht zu ermitteln gewesen sind. Die größte Zahl der 244 Verungllickungen fällt auf die Nordsce bezw. deren Küsten, wo 123 Sciffe verloren gingen ; 45 Schiffe sind auf dem Atlantischen Ozean, 40 in der Ostsee, einschließli Sund, Belte und Kattegat, 13 auf dem Stillen Ozean, 7 im englischen Kanal, 4 im Indischen Ozean, 3 im Brislol-Kanal und in den Gewässern zwischen Großbritannien und Jrland und 1 im Mittelländishen Meer zu Grunde gegangen ; in Bezug auf 4 Schiffe ist niht genau ermittelt, ob der Untergang in der Ostsee oder Nordsee stattgefunden hat, und von weiteren 4 Schiffen ist der Ort des Unfalls ganz unbekannt geblieben.

Funft, Wiffenschaft und Literatur.

Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen undangrenzender Gebiete Herausgegeben von der Historishen Kommission der Nrovinz Sawsen. Neue. Folge, L Band. „Die Stadr Halle und der Saalkreis“, bearbeitet von Guftav Schöner- mark, Architekt. Halle a. d. S. Verlag von Otto Hendel. 1884. 1. Lieferung (Pr. 1,50 #4). Die neue Folge dieser Publikation wird mit cinem Vorwort der Historischen Kommission eingeleitet, in welchem es heißt : Als es die Historische Kommission der Provinz Sachsen vor nunmehr 6 Jahren unternahm, eine bescreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkwäler des Feimathlandes herauszugeben, konnte sie sich nicht entschließen, ciner oder der andern der aus Nachbarprocinzen bereits vorliege1den ähnlichen Arbeiten als Muster unbedingt zu folgen, sondern zog es vor, ihre eigenen Wege zu gehen. Ohne diesen Beschluß bereuen zu müssen und ohne das bisher Geleistete verwerfen zu dürfen, haben dec Kommission die inzwischen gemachten Erfahrungen doch einige Aenderungen in der Form des Werkes wünschenswerth erscheinen lassen. Noch dürfte es an der Zeit sein, diesen Bedürfnissen Rechnung zu tragen. An erster Stelle schien es angezeigt, im Interesse der Abnehmer eine Veröffentlihung des Werkes in Lieferungen zu veranlassen; dieselben werden in kürzeren Zwischenräumen regelmäßig einander folgen, während bisher die Hefte, je nachdem sie eincn an Denkmälern reicheren oder ärmeren Kreis be- handelten, nur in höcst ungleicwen, oft überlangen Pausen erscheinen mußten. Die erschienenen Lieferungen werden sid nah wie vor in Hefte zue \fammenfassen lassen. Zugleich glaubt die Rommission bei der Bearbeitung eines Kreises wie Halle, der einen hervorragenden Schatz an bemerkens- werthen mittelalterlihen Denkmälern besißt, die Behandlungéform ge funden zu haben, die am meisten dem diesseits vorshwebenden Ziele nahe kommt; noh haften ja den bisher erschienenen Heften mehr oder weniger Spuren der in anderen Provinzen beliebten kahleren statisti- hen Bearbcitungsart an. So sien es denn gerathen, mit dem die Stadt Halle behandelnden Abschnitt des Werkes eine „Neue Folge“ zu beginnen, Den Besißern der älteren Abtheilung wird hieraus kein Nachtheil erwachsen; sollte später ein oder das andere der bereits ausgegebenen Hefte in der „Neuen Folge“ eine umgestaltete Ausgabe erfahren, so wird der Herr Ver- leger dieselbe gegen Einlieferung der älteren verabfolgen. In der vorliegenden 1. Lieferung beginnt die Beschreibung der Stadt Halle, und zwar zunäbst der kirchlichen Bau- und Kunstwerke. Vorangeschickt ist eine geschichtlihe Einleitung über die Entstehung und die bauliche Entwickelung der Stadt. Dann folgt die sehr ein- gehende und gründliche Beschreibung der Kirche zu Unser Lieben Frauen oder Marktkirche, des ältesten und bemerkenswerthesten Kirchenbaues. Die den Text begleitende illustrative Auéstattung ist eine ganz be- sonders reihe: 5 große Blätter zeigen in sorgfältigen Auf- nahmen den Grundriß, die äußere (Süd - Ost-) Ansicht, die Innenansicht, den Hauptcingang und ein Joh der Empore. Im Tert finden wir u. v. a. eine Abbildung des in der Kirche angebrach- ten Wahrzeichens der Stadt: ein Relief mit der Jahreszahl 1583, darstellend einen auf Rosen gehenden Esel, dem der Treiber folgt, sowie die Wiederholung desselben ohne Treiber an einem Hause der Leipziger Straße ; ferner arcbitektonische Details und Ornamente sowie den Aufriß des Kanzelfußes aus der Marktkirwe. Angesichts dieser erweiterten Gestalt und der außerordentli forgfältigen Aus- stattung fann man sich dem Wunsche der Historischen Kommission nur ans{licßen, daß das Werk sich auch ferner der lebhaften Theilnahme in engeren und weiteren Kreisen erfreuen und dazu dienen mödte, die Bekanntschaft der jüngeren Geschlehter mit den künstle- rishen Leistungen der Vorältern zu fördern, die Achtung vor denselben und die Liebe zur Heimath zu bewahren. Die Neue Folge der „Bescbreibenden Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen und angrenzender Gebtete“ erscbeint in ein- bis zweimonatlichen Lieferungen zum Preise von 1,50 46 Titel, Vorwort, Jnhalt, Register 2c. zu den einzelnen

geben. Den bisherigen Interessenten werden die bereits erschienenen Hefte, sobald sie in Neubearbeitungen der Neuen Folge einverleibt werden, gratis geliefert.

Die in Leipzig und Berlin am 15. d. M. erscheinende Nr. 2159 der „Jllustr irten Zeitung“ enthält folgende Abbildungen: Stephen Grover Cleveland, der neue Präsident der Vereinigten Staaten von Nordamerika. Hsü-Ching-Chêng, der neue chinesische Gesandte am deutscben Kaiserhofe. Deutshe Sc{löfser und Burgen: Schloß Tzschocha bei Marklissa in der \{lesisben Oberlausiß. Nach einer Zeichnung von A Blaschnik Die Einweihung der neuen Gebäude der Kaiser-Wilhelms-Universität zu Straßvurg. 3 Abbil- dungen. Originalzeichnunaen von unserem Speztalzeichner E. Limmer ; 1) Die Beleuchtung des Münsters am Abend des 26. Oktober. (Zwei- seitig) 2) Der Festcommers am 26. Oktober. 3) Der Weibeakt in der Aula des neuen Kollegienhauses am 27. Oktober. Der deutsche Meisterruderer Achilles Wild in einem Auslegerrennboot. Eine Krähenhütte. Originalzeihnung von Ludwig Beckmann. 2E Burger, f am 22. Oktober. Nach einer Photographie von H. Gra in Berlin. Ein durch einen Baum gesprengtes Grab auf dem Gartenkirchofe zu Hannover. Schweppermanns Grabmonument in der Klosterkirhe zu Kastel in Bayern. Pokytechnishe Mitthei- lungen: Patent-Spickicheere. 2 Figuren. Moden: Promenaden- anzug. Elegante Gesellschaftstoilette.

Land- und Forstwirthschaft.

Paris, 12. November. (W. T. B) Nach dem vom „Journal officiel* veröffentlihten Ernteberiht für das Jahr 1884 umfaßte die mit Weizen angebaute Fläche 6 976 603 ha, und belief sich der Ertrag davon auf 111 141 845 hl. Im Jahre 1883 waren 6 803 821 ha mit Weizen angesät, und stellte sich der Ertrag auf 103 753 426 h1. Mit Roagen waren im Jahre 1884 1 765 616 ha angesäet, und der Ertrag bezifferte ih auf 25 487 589 h1; im Jahre 1883 waren 1 719 666 ha mit Roggen angebaut, und der Ertrag ftellte ih auf 24342 602 h. Washington, 12. November. (W. T. B.) Der Bericht des Departements für Landwirthschaft konstatirt, daß die Baumwollen-Produktion per Acre fast in allen Staaten hinter dem Voranschlage zurückbleibt. Die Ernte dürfte wenig größer scin als im Jahre 1883, wo unter ausnahmsweise guten Bedingungen geerntet wurde. Die Produktion an Mais wird vor- ausfichtlih etwas mehr als 1800 Millionen Bushels ergeben. Die Qualität ist fast überall besser als im Jahre 1883, Die Kar- toffelernte dürfte 190 Millionen Busbels betragen. Washington, 13. November. (W. T. B) Nach dem Be- rit des Departements für Landwirthschaft für den Monat November hat die Trockenheit noch weiter angehalten und die Baumwollernte beeinträchtigt. Die Trodckenheit berrscht noch gegenwärtig in einigen Bezirken am Golf von Mexiko. Die geringsten Ernten werden Florida. Georgia, Alabama und Texas bringen. Sehr erheblich wird die Ernte vermindert sein in Louisiana und Arkansas. Was die einzelnen Staaten anlangt, so ergiebt der Bericht, daß die Ernte in Virginia 180 Livres per Acre, in Nord-Carolina 175, in Süd-Carolina 152, in Georaia 135, in Florida 105, in Alabama 130, in Mississippi 175, in Louisiana 190, in Texas 143 und in Tennessee 160 Livres betragen wird.

Veterinärwesen.

Fn Alt-Ofen (Ungarn) ist die Klauenseuche unter dem Rindvieh ausgebrochen. Gegenwärtig sind etwa 2200 Ochsen von der Krankheit ergriffen.

Gewerbe und Handel.

Nah dem Geschäftsberiht der Aktien-Gesellschaft Scloßbrauerei Schöneberg pro 1883/84 belief sih der Bier- absay auf 316181916 t. Am 1. Oktober 1883 war ein Malzbestand von 109 650 kg vorhanden. Im J. 1883/84 wurden 1 380 905 kg Gerste gekauft und 18351224 kg vermälzt und ergaben Malz 1044 800 kg; verbraut wurden 1883/84 1042 700 kg Malz; bleibt am 1. Oktober 1884 Bestand an Malz 111750 kg. An Bier wurden gebraut 32 2831/16 t, dazu Bestand am 1. Dftober 1883 889211/16 t, zusammen 41 1768/16 t. Verkauft wurden pro 1883/34 31 61819/16 t, bleiben Bestand am 1. Oktober 1884 9557/16 t. Außerdem wurden für fremde Rechnung vermälzt 405 7409 kg Gerste. Die liquiden Mittel, als: Vorräthe, Wesel, Effekten, Kasse und Banquierguthaben, belaufen fich auf 342265 #Æ, wozu noch an Außenständen auf Bier-Konto-Korrent 40224 4A kommen. Diesen Aktiven stehen Kreditoren mit 27 365 M gegenüber. * Das Jahr 1883/84 hat einen Gewinn von ca. 81000 #4 erbracht; eine Ver- theilung desselben erscheint unzulässig, da ein ansehnliches Quantum des am 30, September cr. vorräthigen Bierbestandes sich zum gewinnbringenden Vertriebe in der Kundschaft nicht eignet. Es wurden deéhalb 73 712 #4 auf deu Bierbestand des 30. September abgeschrieben. : i

Gotha, 12, November. (W. T. B) Be BVisserenz ber Deutschen Grundkreditbank mit dem Dresdener Konsortium wegen Prüfung des Hypothekenbesitzes der Deutshen Gcundkreditbank hat ihren Ausgleih im Sinne des Dresdener Konsortiums gefunden.

Submissionen im Auslande.

Belgien. I. Verwaltung der Staats-Eisenbahnen.

96. November, Mittags. Börse zu Brüssel. Lieferung von 95 vierthürigen Waggonkasten. Preis der Pläne 2 Fr. 25 Gts. pro Quadratmeter. Lastenheft Nr. 205 in der Expedition des „Reichs- Anzeigers“.

II, Verwaltung für Brücken- und Wegebau. _

1) 28. November, 11 Uhr. Provinzial-Gouvernements- Gebäude zu Hasselt. Bau einer Sektion der Straße Kerkom -—- Trognée. Ab- \hätzung 32 400 Fr. Vorläufige Kaution 1500 Fr. Preis der Pläne 6 Fr. 75 Cts. Lastenheft Nr. 110 bei der Administration des ponts et chanussées et des mines, rue de Lonvain Nr. 24 zu Brüffel, käuflich.

u 5, Dezember, 104 Uhr. Provinzial-Gouvernement8sgebäude zu Brüssel. Fertigstellung der Verlängerung der rue du trône. Ab- \{chätzung 101500 Fr. Vorläufige Kaution 5250 Fr. Preis der Pläne 6 Fr. 45 Cts. Lastenheft Nr. 111 wie zu 1. :

3) 6. Dezember, 10 Uhr. Provinzial-Gouvernements-Gebäude zu Gent. Dammbau und Baggerarbeiten zwishen der Brücke du Muide und dem Vorhafen von Gent am Canal Gand-Terneuzen. Abschätzung 78 500 Fr. Vorläufige Kaution 4090 Fr. Preis der Pläne 5 Fr. 40 Cts. Lastenheft Nr. 122 wie zu 1. N

4) 6. Dezember, 10 Uhr. Provinzial-Gouvernements-Gebäude zu Gent. Wiederaufbau der festen Brückenjoche auf dem Canal de la Lys zu Bahte Maria Leerne, Landegem und Meerendré. Ab- \häßung 35 900 Fr. Vorläufige Kaution 1700 Fr. Preis des Planes 3 Fr. Lastenhest Nr. l vez j

5) 20. Dezember, 104 Uhr. Provinzial-Gouvernements-Gebäude zu Brügge. Vergrößerung des Trockendocks für die Fischerschiffe zu Ostende. Abshätzung 833 500 Fr., hierin nicht inbegriffen ein Theil des Mauerwerkes, welches nah spezielem Verfahren zu errichten ist. Vorläufige Kaution 50 000 Fr. Preis der Pläne 11 Fr. Lastenheft Nr. 128 wie zu 1.

III. Verwaltung des Enregistremeats und der Domänen,

15. Dezember. Direction de lenregistremenr et des domaines zu Arlon. Vergebung der Konzession von Blei-, Kupfer-, Eisen- und Swefeleisen-Minen auf eine Ausdehnung von 9654 ha. Näheres bei genannter Direktion.

Verkehrê-Anftalten.

Hamburg, 12. November. (W. T. B.) Der Postdampfer „Suevia“ der Hamburg. Amerikanishen Packetfahrt- Aktiengesell\chaft is, von New-York kommend, heute Nach-

bei Nizza.

Kreisen wie zu den einzelnen Bänden werden gratis beigegeben. Die einzelnen Kreise, resp. Bände, werden wie bisher auch einzeln abge-

mittag auf der Elbe eingetroffen.