Der dann folgende Redner, Superintendent Wendel äus Hanau, bestritt die Nothwendigkeit von Synoden und hielt das ganze moderne Synodalwesen für gefährlich. Die Kirche sei das eminent fonservativste Jnstitut, und es sei bedenklich, ihre Jnstitutionen in Fluß zu bringen. Sie werde dadur an Autorität und Vertrauen verlieren. Außerdem müsse er be- streiten, daß die bisherigen Synodalordnungen ihren Zweck erfüllt haben. Er sehe in dem Parlamentarismus, mit dem der Staat vielleiht auskommen könne, kein Heil für die Kirche, sondern eine große Gefahr, und müsse dringend warnen, die davor bis jeßt noch glücklih bewahrte hessishe Kirche mit in den allgemeinen Strom treiben zu lassen.
Dem gegenüber bekannte Metropolitan Martin aus Gu- densberg, daß er {on seit langen Jahren die Schaffung synodaler Fnstitutionen gewünscht und erhofft habe, und daß er den Absichten des Kirchenregiments warme Sympathien entgegenbringe. Das könne ihn aber nicht abhalten, das Ge- botene sich genau zu beschen, und da könne er sih nitt ver- hehlen, daß neben vielem Guten sich auch Manches finde, was ihm {were Bedenken errege.
Nah seiner Meinung bestehe ein Bedürfniß der Reorga- nisation nur auf dem Gebiet der Gemeindeverfassung, wo es gelte, den Gemeinden eine Vertretung für ihre externen Ver- hältnisse zu schaffen; er erkenne ein solhes Bedürfniß auf dem innerkirchlihen Gebiete, wo die vorhandenen Presbyr- terien volllommen genügten, nicht an.
Ein Organisationsbedürfniß bestehe ferner für die Ver- fassung des Gesamn:tkirchenkörpers, und da sei er mit dem Entwurf einverstonven. Er fürchte aber, daß durch die Ein- fügung der General-Superintendenten in die Kirche das Superintendentenamt {wer geschädigt werde. Die hessischen Superintendenten haben eine wirkli oberhirtlihe Stellung, während die General-Superintendenten nach preußischem Muster eine rein bureaukratishe Stellung haben. Bedenklich sei ihm auch die Bestimmung, daß die Diözesansynoden zu ein Drittheil aus Geistlichen, zu zwei Dritttheilen aus Laien bestehen sollen und daß den Gemeinden ein Widerspruchsrecht gegen die Einführung von der Synode beschlossener Gesang- bücher, Katechismen, Agenden 2c. zustehen solle.
Hierauf erklärte der Synodale, Pfarrer Diedelmeyer aus Obernkirhen sein volles Einverständniß mit der Einführung von presbyterialen und synodalen Institutionen in die hessische Kirche, glaubte auch, daß dur den vorgelegten Entwurf allen wesentlichen Desiderien genügt sei. Er vermißte aber in demselben Bestimmungen über ein, seiner Meinung nach sehr wichtiges Reht der Gemeinden, das Pfarrwahlrecht, indem er sich vorbehielt, bei der Spezial: berathung darauf weiter zurückzukommen.
Der Synodale, Pfarrer Schimmelpfeng aus Abterode widersprah zunächst entschieden den Ausführungen des Vorredners wegen der Einführung des Pfarrwahl- rechts und ging bei der Beurtheilung des Entwurfs von dem Saße aus, daß es bisher in der hessischen Kirche möglich gewesen sei, Wort und Sakrament ungestört nah den Ordnungen der Kirche zu verwalten. Er wollte bei
der Beurtheilung des Entwurfs vor Allem den Standpunkt einnehmen, ob dies demnächst auh noch möglich sei. Da
jei ihm vor Allem der §. 14 des Entwurfs bedenklih, wona der Pfarrer verpflichtet sein solle, sich einem Beschlusse des Presbyteriums über die Zulassung eines Gemeindegliedes zu den Sakramenten zu fügen. Auch die Thätigkeit der Super- intendenten scheine ihm durch den Entwurf wesentli ershwert zu werden.
Hierauf ergriff der Königliche Kommissarius das Wort Und ging in längerer Rede auf die von den Vorrednern be- tonten prinzipiellen Fragen ein, indem er sich die Erörterung der mehrfach angeregten Einzelpunkte für die Spezialdiskussion vorbehielt. Zunächst wandte er si gegen den Synodalen Wendel und wies in Bezichung auf den vermißten Nachweis der Nothwendigkeit \synodaler Jnstitutionen auf die hon im Jahre 1831 in der Verfassungsurkunde für das ehemalige Kurfürsten- thum Hessen ausgesprochene Verheißung und auf die seit jener Zeit immer wieder aus der Bevölkerung heraus laut gewordenen Wünsche und auf die stets erneut von den verschiedensten Seiten und au in der heutigen Sizung zum Ausdruck ge- kommene Ueberzeugung hin, daß es in der hessishen Kirche ohne Synodalordnung niht mehr gehe. Er betonte sodann die in ganz Deutschland, speziell auch in den älteren Provin- zen der preußischen Monarchie, sowie in Schleswig-Holstein, Hannover und Nassau gemachten Erfahrungen und wies den Gedanken, daß mit den Synoden der Parlamentarismus in die Kirche eingeführt werde, bestimmt zurück, da die SY- noden, wenn sie richtig eingerihtet und gehandhabt werden, keine Parlamente, sondern Versammlungen zu brüderliher Verständigung über Alles, was der Kirche fromme, sein follen und seien, welche ängstlich bemüht sein möchten, - das Parteigetriebe des Parlamentarismus so sern von si zu halten als mög!ich.
__ Hierauf fkonstatirte der landesherrliche Kommissarius mit Befriedigung, daß alle übrigen Redner keinen prinzipiell ablehnenden Standpunkt zu der Vorlage eingenommen haben und glaubte die Hoffnung hegen zu können, daß es möglich sein werde, den in einzel- nen Punkten hervorgetretenen Widerspruch zu überwinden oder zu begleichen. Derselbe ging dann auf die Einzelpunkte noch näher ein und führte insbejondere aus, daß es auf einer unzutreffenden Vorausseßung beruhe, wenn man annehme, daß die preußischen General-Superintendenten keine oberhirtliche, sondern nur eine bureaukratishe Stellung haben, daß 28 eben- falls nit zutreffe, wenn gesagt worden sei, es fehle für die Geltendmachung der sog. Qualifikationsbestimmungen an den nöthigen Handhaben. Das Widerspruchsreht der Einzel- gemeinden gegen beschlossene Gesangbücher 2c. sei bei der Anhänglichkeit der Gemeinden an ihre alten Jnstitutio- nen eine durhaus nothwendige Kautel und was die Einfügung von Bestimmungen über die Pfarr- wahl betreffe, so sei es zwar reiflih erwogen, ob nicht dieser Punkt schon in der Verfassung mitzuberücksihtigen sei, jedoch sei man an der Hand der Erfahrung in anderen Kirchen- körpern zu dem Schlusse gelangt, daß es nicht rathsam sei, das Schiff noh mit dieser shweren Frage zu belasten.
Sodann ging noch der Professor Dr. Heinrici auf die Be- denken des Synodalen Wendel näher ein und beleuchtete die- selben vom theologish-wissenshaftlihen Standpunkte, indem er darlegte, daß für den in den Ausführungen des Herrn Wendel zum Ausdruck gelangten Pessimismus in der heiligen Schrist keinerlei Anhalt geboten sei.
Bayer. Münchén, 17, November. (W. T. B.) Jhre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Kron- prinzessin Victoria ist hier eingetroffen. Höchstdieselbe wurde von dem preußischen Gesandten und dem englischen Ge- schäftsträger empfangen und nahm in dem Hotel „Zu den vier Jahreszeiten“ Absteigequartier. Die Abreise wird am Mittwoch früh erfolgen.
Württemberg. Stuttgart, 16. November. (St.-A. f. W.) Mit Note des Königlichen Staats-Ministeriums vom 15. November ist dem ständischen Aus\chuß der Entwurf eines Ausführungsgeseßes zu dem Reichsgeseß über die Abwehr und Unterdrückung der Reblaus- Krankheit zur weiteren Behandlung zugegangen.
Sachsen-Weimar-Eisenach. Weimar, 17. November. (W. T. B.) Der Landtag hat heute cine 0,2prozentige allgemeine Herabseßung der Einkommensteuer ge- nehmigt.
Oesterreich-Ungarn. Pest, 17. November. (W. T. B.) In der ungarischen Delegation wies der Referent Falk auf den Bericht des Ausschusses hin, welcher den Ein- druck, den die Erklärungen des Ministers des Aus- wärtigen auf den Aus\{huß gemacht hatten, möglichst getreu wiedergebe, und beschränkte sich auf die Bitte, den Bericht an- zunehmen. Nachdem Szilagyi sih entschieden gegen die besonders in der auswärtigen Presse verbreitete Ansicht ver- wahrt hatte, als ob in Ungarn nur eine Rußland feind- liche Politik auf eine günstige Aufnahme rechnen könne und sih die ungarische Nation von Gefühlsmotiven leiten ließe, wurde das Budget des Auswärtigen ohne weitere Debatte in der General- und Spezialberathung angenommen.
Niederlande. Haag, 17. November. (W. T. B.) Der König hat die Generalstaaten eröffnet und hier- bei darauf hingewiesen, daß die Neuwahlen, welche ein so großes Jnteresse erregten, in vollkommener Ordnung vor sih gegangen seien. Die Thronrede kündigt sodann einen Geseßentwurf an, durch welchen die bereits angenommene Verfassungsänderung in Bezug auf die Regentschaft sanktionirt wird, sowie einen Geseßentwurf zur Regelung der eventuellen Vormundschaft für die Prinzessin.
Luxemburg, 15. November. (Luxemb. Ztg.) Das Staatsbudget für 1885 sieht an gewöhnlichen Einnahmen die Summe von 6234417 Fr. vor; die Ausgaben sind auf 6 831 632 Fr. veranschlagt. Mithin würde sch Ende 1885 ein Fehlbetrag von 597 215 Fr. ergeben. Da indessen von den vorhergehenden Jahren noch 1700000 Fr. vorhanden sind, wird die Staatskasse Ende 1885 noch 1200000 Fr. in Bargeld auf- zuweisen vermögen. Vermuthlich wird dieser Ueberschuß noch be- trächtlicher sein. Die für 1885 gegen 1884 vorgeschlagenen Mehrausgaben betragen rund 258 000 Fr., darunter 30 000 für das Denkmal Wilhelms II., 17 500 Fr. mehr für die öffentliche Gesundheitspflege, 20 000 Fr. mehr für Vermehrung des Personals der Post: und Telegraphenverwaltung, 45 000 Fr. mehr (im Ganzen 683000) für Anlagen von Telephon- leitungen, 15 000 Fr. für die Antwerpener Ausstellung, 9500 Fr. mehr für den Primärunterricht.
Großbritannien und Jrland. London, 15. November. (Allg. Corr.) Dem Vernehmen nah soll die Negierung beschlossen haben, das Parlament anzugehen, Vorschläge von Bedeutung bezüglih der Marine zu genehmigen. Außer der Ausgabe für Kohlenstationen wird die Regierung vorschlagen, daß mehrere {werarmirte Kreuzer nah dem Muster der „Esmeralda“ sowie auch eine große Anzahl Torpedoboote und andere für die Hafenvertheidigung brauchbare Schiffe gebaut werden. Die große Geldausgabe, welche die Ausführung dieser Vorschläge im Gefolge hat, wird über eine Reihe von Jahren vertheilt werden.
Bezüglih der in mehreren Londoner Zeitungen er- schienenen Mittheilungen ist der „Standard“ in dex Lage zu konstatiren, daß die Führer der konservativen Partei sich an keinerlei Unterhandlungen betreffs der Wahlreformbill betheiligt haben und auch nicht von Jhrer Majestät Regierung zur Theilnahme an irgend solchen eingeladen worden sind. Auch vernimmt der „Standard“, daß die jeßige Absicht der konservativen Führer im Oberhause da- hin gehe, nah kurzer Debatte der zweiten Lesung der Bill 4U- zustimmen und bei dem Antrage zum Eintritt in die Aus- shußberathung eine Resolution zu unterbreiten, welche die weitere Erwägung der Maßregel hinausschiebt, bis die Re- gierung im Einklang mit ihren erklärten Absichten eine Neu- eintheilungsbill eingebracht hat.
In Bezug auf die wahrscheinlihen Kosten der Nil- expedition erfährt der egyptishe Korrespondent der „Times“, daß Lord Wolseley vor seiner Abreise von Kairo erworlete, dieselben würden sich auf 61/2 Millionen Pfd. Sterl. stellen, ja daß der Betrag möglicherweise diese Ziffer über- steigen dürfte. Die amtlihe Schäßung der Kosten lautet jetzt auf 10 bis 12 Millionen Pfd. Sterl.
Der Herzog von Edinburg wird nah Ablauf seiner Dienstzeit als Commandeur des Kanalgeschwaders am 3. k. M. durch den Vize-Admiral Algernon F. de Hor ey erseßt werden.
— 17. November. (W. T. B.) Jn der heutigen Ober- haussißung erklärte Lord Granville: die Nachrichten über angeblihe Gewaltsamkeiten in Macedonien seien von den dortigen Konsuln nicht bestätigt worden; im Gegentheil sei der Zustand in Macedonien ein besserer geworden, und das Räuber- wesen habe sich wesentlih vermindert.
Jm Unterhause stand die Wahlreform auf der Tagesordnung. Der Premier Gladstone erklärte: in Betreff der gesammten Wahlreformfrage könne nur dann ein Arrangement erreiht werden, wenn die Regierung hinläng- liche Sicherheit dafür habe, daß die Wahlreformbill in der Herbstsession angenommen werde. Für diesen Fall stellte der Premier folgende drei Eventualitäten auf: Die Re- gierung sei bereit, entweder sofort die Hauptzüge der Bill über die Neueintheilung der Wahlbezirke, oder diese selbst der Opposition freundschaftlih4 mitzutheilen , oder zweitens diese Bill dem Unterhause vorzulegen, deren Berathung mög- lichst zu beschleunigen und die zweite Lesung im Unterhause gleichzeitig mit der Spezialdebatte der Wahlreformbill im Oberhause zu beantragen, oder endlih drittens aus der An- nahme der Bill über die Neueintheilung der Wahlbezirke eine Kabinetsfrage zu machen und sich die Aufgabe zu stellen, deren Annahme frühzeitig im nächsten Jahre dur{chzuführen. —
Hierauf wurde die Generaldiskussion geshlos}sen.
Der Kanzler der Schaÿkammer, Childers, beantragte zur
Di E s E e s AUE SE
Decküng des durch die Nachträgskredite entstehenden Defizits von 2 Millionen, die Einkommensteuer im laufenden Finanzjahr von 5 auf 6 Pence zu erhöhen, Dieser Antrag wurde ohne Abstimmung angenommen. Delhi (Indien), 15. November. (A. C.) Ueber Tausend Adressen aus allen Theilen Jndiens sind dem Lord Ripon überreiht worden. Jn Beantwortung derselben drüdte der Vize-König den Glauben aus, daß Indien niemals loyaler gewesen, als es dies gegenwärtig sei.
Frankreich. Paris, 16. November. (Fr. Corr.) Der Ausschuß für die Tongkingkredite hielt gestern eine lange Sißung, um den Bericht seines neuen Referenten Arthur Leroy entgegenzunehmen. Die Erörterungen zwischen der Majorität und der Minorität waren stellenweise jo heftiger Art, daß Leroy seinen Entschluß ankündigte, nah dem Beispiele seines Vorgängers das ihmanvertraute Amt nieder- zulegen, und nur dur eindringliche Bitten bewogen werden konnte, dies nit zu thun. Die Minorität mit Clémenceau an ihrer Spiße bestand darauf, daß die Bedingungen des Ver- trages von Tientsin nit in der bisherigen Fassung, sondern genau nach den diplomatishen Schriftstücken dargelegt werden sollten; allein der Antrag wurde cließlich mit 6 gegen 5 Stimmen verworfen. Als dann Maze beantragte, in dem Bericht anzudeuten, daß Frankreih mit China nit eher fertig werden würde, bis es Langson, Kaobang und Laokai beseßt hätte, enthielten sich sieben Mitglieder der Abstimmung, und die Motion wurde mit 2 gegen 1 Stimme abgelehnt. Dem Drängen Clémenceau's gelang es, den Beschluß herbeizuführen, daß ein Protokoll der Sißungen mit nur wenigen, aus diplomatischen Rücksichten unerläßlihen Unterdrückungen, sowie ein Theil der von dem Kabinet mitgetheilten Aktenstücke veröffentliht werden soll, Der Bericht wird wahrscheinlich {hon am Montag auf den Tisch der Kammer gelegt werden, die Debatte aber kaum son im Laufe der Woche in Angriff genommen werden können, weil der Druck die Vertheilung erheblih verzögern wird.
Der Conseils-Präsident erschien gestern im Schooße des Ausschusses für die Wiedereinführung des Listenskrutiniums, welches er bekanntlich im Jahre 1881 als Minister:Präsident bekämpfte. Ueber die Stelluna der Regierung zu der Wahlreform befragt, erklärte Hr. Jules Ferry: dieselbe wäre ihr ganz und gar geneigt, und er sei bereit, sie auf der Tribüne zu befürworten. Gegen den An- trag eines der Kommissäre, in .das Wahlgeseß der Depu- tirtenkammer wie in dasjenige des Senats die Bestim- mung aufzunehmen, welhe den Mitgliedern der einstigen Herrscherfamilien die Wählbarkeit abspricht, hatte er sowohl in seinem als im Namen seiner Kollegen keine Einwendung zu machen. Hinsichtlich der verfrühten Auflösung der jetzigen Deputirtenkammer und der Einberufung des Wahlkörpers auf den Monat April oder Mai, statt auf die Herbstmonate, gab der Lonseils-Präsident eine ausweichende Antwort.
— 17. November, Nachmittags. (W. T. B.) Gestern find in Paris 44 Cholera-Todesfälle vorgekommen, und zwar 11 in der Stadt und 33 in den Hospitälern, heute von Mitternacht bis Mittag 4 Todesfälle in den Hospitälern, in der Stadt keiner. — Der Präfekt in Toulon theilt mit, daß der Gesundheitszustand der Matrosen und Soldaten ein vortrefflicher sei.
Die brasilianische Gesandtschaft hat bekannt ge- macht, daß die Häfen Brasiliens für aus Frankreich kommende Schiffe gesperrt seien.
— 17. November, Abends. (W. T. B.) Jn der heutigen Sizung der Deputirtenkammer verlas Leroy den Be- riht der Tongking-Kommission, welcher sih für die Entsendung von Verstärkungen ausspriht, und erklärte: die Regierung halte für das erste Halbjahr 1885 40 Mill. für erforderlih, Die Berathung wurde auf den Antrag des Conseils-Präsidenten Ferry auf nähsten Montag festgesetzt.
Der Munizipalrath nahm einen Antrag un, n welchem der Seine-Präfekt aufgesordert wird, provisorisch die Brodtaxe wieder herzustellen.
Von Mitternacht bis heute Abend 6 Uhr sind hier 20 Todesfälle an Cholera vorgekommen, davon 7 in der Stadt und 13 in den Hospitälern.
Madrid, 17. November. (W. T. B) Aus Valencia) werden 9 Cholera-
Spanien. Beniopa (Provinz Todesfälle gemeldet.
Türkei. Konstantinopel, 18. November. (W. T. B.) Der Großfürst Paul Alexandrowitsch von Ruß- land ist aus Athen hier eingetroffen und war gestern zum Diner in Yildiz-Kiosk geladen. Heute reist der Großfürst nah Odessa weiter.
Asien. China. (W. T. B.) Wie der „Times“ aus Shanghai u. d. 17. November gemeldet wird, werden von hinesischer Seite Anstalten getroffen, um durch englische und amerikanishe Schnellsegler die Blokade von For- mosa von verschiedenen Punkten ber Küste aus zu durc- brehen. — Zwanzig bis dreißig Tausend chinesische Sol- daten haben zu Ende vergangenen Monats den Yangtse- Kiang südwärts in der Nähe des Gojang-Sees überschritten.
Afrika. Egypten. (W. T. B.) Nach einem Tel e- gramm der „Times“ aus Alexandrien, vom 17. No- vember, meldet der Mudir von Dongola telegraphisch, daß er einen Brief Gordons vom 4. November erhalten habe, in welhem Gordon ihn, den Mudir von Dongola, zum Brigade-General ernennt und hinzufügt, daß in Khartum Alles gut gehe.
Zeitungsftimmen.
Der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ wird aus Bremen mitgetheilt :
In der leßten Sißung der hiesigen Handelskammer gelangte der an die Regierung erstattete Bericht über die Lage der Industrie und des Handels während des mit dem 1. Oktober abs{ließenden Sommer- halbjahrs zur Mittheilung. Es wird darin erfreulicerweise fest- gestellt, daß, wenu auch nit in allen, so doc in den hervorragendsten Industriezweigen unseres Bezirks eine entschiedene Wendung zum Befsern eingetreten sei.
— Dem „Deutschen Handelsarhiv“ (November- heft) wird aus Gaboon (Bai an der Westküste von Süd- Afrika) geschrieben :
det Das Jahr 1883 is für den deutschen Handel im Allgemeinen ein
fo günstiges gewesen, wie das Vorjahr, obgleih eine größere- Sciffsbewegung in unserem Hafen stattgefunden hat.
Es katen ein 50 deutshe Seeschiffe mit einem Netto-Raum- gehalt von 15 861 Reg,-T., mit Ausnahme von 3 Segelschiffen von 230 Reg.-T. Raufngebalt, sämmtlich Dampfschiffe. Von Schiffen fremder Nationalität kamen ein:
34 Britische, meistens Dampfschiffe, von 33 734 Reg.-T,,
12 Französische Segelschiffe D 1DO
3 Amerikanishe , 7 4:445 2 Oesterreichische O02 3 Portugiesische z 759 1 Norwegisches G 264 zus. 55 Schiffe von 42 144 Reg.-T.
Der Hamburger Firma C. Woermann gehören von den 50 deutshen Siffen allein 43 mit einem Netto-Raumgehalt von 15211 Reg.-T. Diese Sciffe bringen von Europa fast nur deutsche Fabrikate, wie Baumwollenwaaren, Steinzeug, Lier, Spirituosen, Eisen- und Messingwaaren, Pulver, Gewehre, Kistenbretter, Bretter und Balken, Staßfurter und Stader Salz, Seife, ordinäre Parfü- merien, Möbel, Berliner Lampen und Konfektionswaaren 2c. und laden auf ihrer Rückreise nah Hamburg über Havre Elfenbein, Gummi elasticum, Palmöl, Palmkerne, Eben- und Rothholz.
Von den Woermannschen Schiffen kamen 2 in Ballast; 2 solche und 1 anderes Dampfschiff gingen in Ballast wieder aus.
Durch ein vom vorigen Gouverneur von Gaboon, Kommandant Masson, erlassenes Einfuhrverbot auf Pulver und Gewehre, welches ganz ohne Grund 8 Monate dauerte, is der Handel mit Elfenbein und Gummi elafticum \{chwer ges{ädigt worden, da ohne Gewehre (Steinschloß der ordirärsten Art) von den Eingeborenen kein Elfen- bein und Gummi eingetauscht werden kann. :
Wenn fomit für die hier etablirten deutshen Firmen und deren Lieferanten in Europa das leßte Jahr keine so günstigen Geschäfts- resultate ergeben hat, so ist doch erfreulicherweise im Großen und Ganzen der deutshe Erporthandel davon weniger betroffen worden ; derselbe hat, . begünstigt durch die vielseitigen Dampferverbindungen und namentlich seit der Eröffnung der direkten Woermannschen Dampferlinie mit der Küste bedeutend zugenommen,
Namentlih \äcsishe und rheinishe (Elberfeld) bedruckte rothe Kattune und andere Baumwollenwaaren führen sich immer mehr in den Markt ein und bilden bereits unentbehrliche, viel begehrte und beliebte Tauschartikel bei den Negern; ferner konkurriren grobe und feine Eisen- (Hagen) und Messingwaaren vollständig mit den englischen. Seit Jahren beherrscht Deutschland an der ganzen Küste den Markt in Pulver, und erstaunlihe Mengen gehen davon mit jedem Schiffe von Hamburg und Bremen ab; au Berliner Artikel, Konfektions- waaren, Lampen 2c. finden immer mehr Anklang und verdrängen die sogenannten Articles de Paris. i :
Ein neuer deutscher Jadustriezweig hat seit einem Jahre dem amerikanischen Import von mit Papier und Blech verzierten Holz- kfoffern den Rang streitig gemacht; es ift unalaublich, welche Mengen von diesem Artikel hier Absay finden, Durch Anweisungen und Drängen der Hamburger Erxporteure {sind denn unsere Fabrikanten endlih dahin gelangt, diese bislang von New-York gelieferten Artikel vollkommen konfurrenzfähig auf den afrikanischen Markt zu bringen. Auch Glaswaaren (Karaffen und Gläser 2c.), sowie sächsishes Stein- zeug werden in immer größeren Mengen von Deutschland aus bezogen.
Das Interesse des deutschen Handelsstandes in Afrika is noch immer im Steigen begriffen, wie die vielen Anfragen von Fabrikanten über Auskunft nur zu gut bezeugen. Dasselbe is aub vollkommen berechtigt, da die Aussichten auf immer weitere Erschließung des \{chwarzen Kontinents die denkbar günstigsten find.
Armee-Verordnungs-Blatt. Nr. 20. — Inhalt: Ein- führung eines neuen evangelischen Militär-Gesang- und Gebetbuchs. — Beförderung von Unter-Lazaretbgehülfen des Beurlaubtenstandes zu Lazarethgehülfen. — Winter-Fahrplan der Militär-Eisenbahn. — Termine für die Portepeefähnrihs- und Offiziersprüfungen im Jahre 1885, — Erhöhung der Kapitulantenzulage für militärische Kranken- wärter. — Eröffnung neuer Eisenbahnen. — Eisenbahnbeförderung von Militärpersonen und Militärtransporten mit Eil- und Scnell- 2c. Zügen. — Nachtrag zum Verzeichniß der höheren Lehranstalten, welche zur Ausstellung von Zeugnissen über die wissensbaftlihe Be- fähigung für den einjährig- freiwilligen Militärdienst berechtigt sind. — Militär-Wittwenkassenangelegenheit. — Eröffnung neuer Eisenbahnen. — Vorräthighaltung von Formularen.
Amtsblatt des Reichs-Postamts. Nr. 59. — Inhalt: Verfügungen: vom 6, November 1884, Beitritt Serbiens zur inter- nationalen Reblaus-Konvention. — Vom 7. November 1884, Deutlich- keit der Nach- und Rücksendungsvermerke bz. Verwendung besonderer Umschläge bei Nach- und Rüksendungen. — Vom 11. November 1884, Seepostverbindung mit Norwegen.
Archiv für Post und Telegraphie. Nr. 20. — Inhalt: Aktenstücke und Aufsäße: Zur Bestimmung des Begriffs ,Telegraphie*. — Zur Geschichte des Postwesens in Sachsen-Weimar und Eisenach. — Ncues mexikanishes Postgeseß vom 18, April 1883. — Kleine Mittheilungen: Herstellung von Post- und Telegraphengebäuden in Oesterrei. — Das Arlberg-Tunnelkabel, — Flaschenpost. — Die nördlichste Eisenbahn Europas. — Die Landbestellung in England. — Die Drahtseilbaha des Wallischen Rigi. — Belohntes Wohlverhalten bei Postunterhandlungen. — Fortschritte im Verkehrswesen von Ar- gentinien. — Die ersten Eisenbrücken. — Literatur und Verkehrs- wesen: Technisches Wörterbuch für Telegraphie und Post, deutsch- französisch und französish-deutsch, von T von Ma, Geh. Rechnungs- Rath im Reichs- Postamt. Berlin, Verlag von Julius Springer. 1884. 89%, — Zeitschriften-Ueberschau.
Marineverordnungsblatt. Nr. 23. — Inhalt: Ver- seßung von Sanitäts-Offizieren. — Inspektion der Marine- Artillerie. — Personalveränderungen. — Benachrichtigungen.
Eisenbahn-Verordnungs-Blatt. Nr. 28. — Inhalt: Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten: vom 4. November 1884, betr. die Uebertragung der Verwaltung und Betriebsleitung der Verbindungsbahn Eschwciler-Aue—Stolberg an das von der Köntg- lihen Eisenbahn-Direktion (linksrh.) zu Cöln ressortirende Königliche Cisenbahn-Betriebsamt zu Aachen und der Zechenbahn Zeche „Unser Friß“—Bismarck an das von der Königlichen Eisenbahn-Direktion (re{tsrh.) zu Cöln ressortirende Königliche Cisenbahn-Betriebamt zu Essen; — vom 7. November 1884, betr. die höheren Lehranstalten, welche zur Ausstellung gültiger Zeugnisse über die wissenschaftliche Be- fähigung für den ecinjährig-freiwilligen Militärdienst berechtigt sind. — Nachriwten.
Central-Blatt der Abgaben-Geseßgebung und Ver- waltung in den Königlich preußishen Staaten. Nr. 23. — Inhalt: Anzeige der im Reihs-Geseßblatte ershienenen Gesetze und Verordnungen. — Allgemeine Verwaltungsgegenstände: Ver- änderungen in dem Stande und in dea Befugnissen der Zoll- und Steuerstellen, — Verrechnung der zur Zahlung von Ausfuhrver- gütungen erforderlihen Vorschüsse. — Indirekte Steuern: Verzeichniß der dem Vereine deutsher Eisenbahnen angehörenden ausländischen Bahnen. — Stempelverwendung zu Lieferungsverträgen. — Personal- nachrichten. :
Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 46. — Inhalt : Amtliches: Personalnachrichten. — Nichtamtliches: Versammlung in Münden zur Vereinbarung einheitlicher Prüfungsarten für Bau- und Konstruktions-Materialien. — Eisenbahn-Viadukt in Kapland, — Die Klosterkirhe von Jeribow (Fortseßung). — Der bauliche Zustand des Wormser Doms, — Vermischtes: Abbruch der Stiftskirche in Idensen. — Preisaufgaben zum Scinkelfest 1886. — Preisbewerbung: Wieder- herstellung des Aachener Rathhauses. — Ehrenbürgerreht an Eduard Wiebe, — Das Fremdwort in der Aussprache. — Gedankenlose Ver- wendung architektonisher Formen, — Neue Einrichtung an Petroleum- lampen. — Eigenthümlihe Oberbau-Konstruktion. — Cisenbahn- Sciffsbrücken. — Vershwäcung der Konstruktionstheile durch Niet- lôher, — Bau der Forth-Brüe.
ir E I S E E E E P L P T E e
Aas e Es s in, Lr S h E É R R S R A U E
Neichstags - Angelegenheiten.
Fernere Ergebnisse der Stichwahlen zum Reichstage:
2. Wahlkreis Danzig. von Gramaßtzki, Landrath in Danzig (Kons.), mit 4578 Stimmen gegen 4261 Stimmen für Pfarrer Sten- gert in Danzig (Centr.), gewählt. : : :
2. Berlin. Dr, Virchow, Profefsor in Berlin (Dfr.), mit 23797 Stimmen von 39 647 gültig abgegebenen Stimmen gewählt.
3. Berlin. Rechtsanwalt Munckel in Berlin (Dfr.) mit 13 002 Stimmen von 21 950 gültig abgegebenen Stimmen gewählt.
5, Berlin. Eugen Richter, Schriftsteller in Berlin (Dfr.), E 10946 Stimmen von 18 837 gültig abgegebenen Stimmen ge- wählt.
6, Berlin. Hasenclever, Wilhelm, Schriftsteller in Halle a. Saale (Soz.-Dem.), mit 24 465 Stimmen von 25 187 gültig ab- gegebenen Stimmen gewählt. i f E
6, Schleswig-Holstein. Das bisher ausstehende Stimmverhält- niß ist: für Halben 9303 gegen 8233 Stimmen tür Sachau.
7. Swleswig-Holstein. Dr. Hänel, Professor in Kiel (Dfr.), mit 13579 Stimmen gegen 9166 Stimmen für Heintzel, Schneider in Kiel (Soz.-Dem.), gewählt. h
13, Hannover. von Alten, Oberst-Lieutenant a. D. in Han- nover (Centr.), mit 8097 Stimmen gegen 6759 Stimmen für Re- gierungs-Präsident von Pilgrim in Minden (D. Reichsp.), gewählt.
. Hannover, von Estorff, Ober-Amtsrichter a. D. zu Veerfsen (Centr. ), gewählt. Stimmverhältniß \teht noch aus. S
3, Arnsberg. Das bisher noch ausstehende Stimmverhältniß ist: 11802 Stimmen für Dr. Langer hans (Dfr.) gegen 9107 für Colsmann (Nat.-Lib.). L
3. Mittelfranken. Kr oeb er, Holzhändler in München (Volksp.)., mit 7452 Stimmen gegen 5832 Stimmen für Jegel, Steinbruch- besißer in Wendelstein (Dfr.), gewählt. y
2, Sahsen. Fährmann, Fabrikant und Gutsbesiger in Groß-Swönau (Dfr.), mit 8216 Stimmen gegen 8167 Stimmen für Dr. Pfeiffer, Rittergutsbesißer auf Burkersdorf (Nat.-Lib.), gewählt.
22. ESachsen. Max Kaiser (Soz.-Dem.) mit 9041 Stimmen gegen 7641 Stimmen für Albert Niethammer (Nat.-Lib.) gewählt.
1. Braunschweig. Blos, Schriftsteller in Stuttgart (Soz.- Dem.), mit 10 994 Stimmen gegen 9994 Stimmen für Kulemann, Amtsrichter in Braunschweig (Nat.-Lib.), gewählt.
Sawsen-Altenburg. Herrmann Julius, Rektor in Kuhla (Dfr.), mit 1294 Stimmen gegen 10 852 Stimmen für Wohlfarth, Berg- rath in Altenburg (D. Reichsp. ), gewählt.
2, Coburg-Gotha. B o ck, Schuhmacher in Gotha (Soz.-Dem.), mit 10754 Stimmen gegen 6938 Stimmen für Dr. Barth in Berlin (Dfr.), gewählt.
_Schwarzburg-Sondershausen. Lipke, Nechtsanwalt in Berlin (Dfr.), mit 5749 Stimmen gegen 4986 Stimmen für Wilson, Amtsrichter in Sondershausen (Nat.-Lib.), gewählt.
Reuß jling. Linie. Rödiger, Bildhauer in Gera (Soz.-Dem.), mit 6923 Stimmen gegen 5820 Stimmen für Lautenshläger, Bürger- meister in Langenwolshendorf (Dfr.), gewählt.
Landtags- Angelegenheiten.
Im 1, Aachener Wahlbezirk (Swleiden, Malmedy, Mont- joie) ift an Stelle des verstorbenen Rentnesr, Kreuser zu Bonn Frei- herr Julius von Dalwigk, Rittergutsbesißer zu Münster i. W,., (Centr.) mit 241 gegen 11 Stimmen für von Frühbus, Gutsbesißer und Landrathsamtsverweser in Wallerode, zum Mitglied des Hauses der Abgeordneten gewählt.
Statistische Nachrichten.
Gemäß den Veröffentliwungen des Kaiferlichen Gesund» heitsamts find in der 45. Jahreswoche von je 1000 Einwohnern, auf, das Jahr berehnet, als gestorben gemeldet: m Berlin 22,9, in Breslau 29,2, in Königsberg 28,0, in Cöln 20,9, in Frankfurt a. M. 16,0, in Hannover 16,3, in Caffel 12,8, in Magdeburg 27,7, in Stettin 28,5, in Altona 22,0, in Straßburg 21,1, in Met 21,5, in München 22,9, in Nürnberg 33,66, in Augsburg 37,4, in Dres- den 21,6, in Leipzig 24,6, in Stuttgart 17,9, in Braunschweig 22,3, in Karlsruhe 12,0, in Hamburg 29,0, in Lübeck —, in Wien 22,5, in Budapest 25,0 in Prag 25,4, in Triest ?, in Krakau 28,9, in Basel 12,4, in Brüffel 21,8, in Amsterdam 23,2, in Paris 23,4, in London 19,7, in Glasgow 25,6, in Liverpool 26,0, in Dublin 25,3, in Gdinburg 17,7, in Kopenhagen 24,7, in Stockholm 19,4, in Ghri- ftiania 214, in St. Petersburg 22,8, in Warschau 30,7, in Ddessa 259, în Rom —, in Turin 25,4, in Bukarest 23,4, in Madrid 29,8, in Alexandrien 32,4. — Ferner aus der Zeit vom 12, bis 18. Oktober cr.: in New-York 24,0, in Philadelphia 20,4, in Chicago —, in Cincinnati —, in St. Louis —, in San Franzisko 14,6, in Kalkutta 24,0, in Bombay 29,6, in Madras 51,9.
Beim Beginn der Berichts8woche herrschten in Bremen und Karlsruhe s{hwache westlihe und südwestlice, in München östliche, an den übrigen Stationen südöstlihe Windrichtungen, die an den meisten Stationen am 3. und 4., in Koniß erst am 6. nah Süd und Südwest, in München am 3. über Nordwest nah West und dann nah Südwest drehten. Jn der zweiten Wochenhälfte ging der Wind in München wieder nah Oft, in Karlsruhe nach Nordost, in Heiligenstadt nah Südost, an den übrigen Stationen blieben zwischen West und Süd laufende Luftströmungen bis zu Ende der Woche, wo sich vielfah auch nordwestlihe Strömungen geltend machten, vor- wiegend. — Die Temperatur der Luft roar für die Jahreszeit eine ungewöhnlih Hohe und überstieg das Monatsmittek “an allen Stationen um mehrere Grade Celsius. — Bei meist beiterer, nur des Morgens vielfa nebliger Witterung erfolgten meßbare Nieder- {läge sehr selten und spärlich. Der beim Wochenbeginn hohe Dru der Luft zeigte unter wiederholten mäßigen Schwankungen am Schluß der Woche an allen Stationen eine erheblihe Zunahme.
Die Sterblichkeitsverhältnisse der meisten Großstädte Europas blieben in der Berihtswoche günstige. Für die deutshen Städte zeigte die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl keine wesentliche Ver- änderung, sie stieg auf 23,4 von 22,5 der Vorwoche pro Mille und Jahr berechnet. Die Theilnahme des Säuglingsalters an der Sterbs- lichkeit erfuhr eine geringe Steigerung. Von 10000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 72 Säuglinge, in Berlin 61, in München —.
Unter den Todesursachen haben Masern, Scharlach und Diphtherie erheblich zugenommen, während das Vorkommen von Keuchhusten, Ruhr und Pocken ein selteneres wurde und typhöse Fieber und Darm- fatarrhe im Aligemeinen nur unwesentlihe Veränderungen zeigte. — Masern herrshen in Königshütte, Ingolstadt, Dresden, Hamburg, Barmen, Iserlohn, Neuß, Hagen, Berlin, Augsburg, Nürnberg, obwohl in leßterer Stadt eine Abnahme der Todesfälle ersihtlih ist. Auch in Paris, London, Glasgow, Kopenhagen nahm die Zahl der Masern- todesfälle zu, in Warshau ab. — Das Scharlachfieber, in vielen Orten in Verbindung mit Diphtherie auftretend, hat beson- ders in Königsberg, Greifswald, Kolberg, Graudenz, Königshütte, Breslau, Leipzig, Elberfeld , Berlin, Xrag, London, Glasgow, Amsterdam viel Todesfälle hervorgerufen, in Danzig, Elbing, Stolp, Warschau ist ein Nachlaß der letzteren zu konstatiren. — Diphtherie und Crouy forderten in Ce aodera, Stettin, Elbing, Stolp, Dres- den, Zwickau, Plauen, Eisleben, ünchen, Berlin, Leipzig, Magde- burg, Frankfurt a. Dder, Kottbus, Zeiß, Hamburg, Wien, Prag, Amsterdam, Stockholm, Paris, St. Petersburg, Warschau, Odessa, Madrid, Murcia und anderen. Orten zahlreiche Opfer. — CTyphöfe Fieber blieben im Allgemeinen in ihrem Vorkommen beschränkt, nur in Posen, Hamburg, Turin, Pest, Warschau war die Zahl der dur sie veranlaßten Sterbefälle eine größere. — Todesfälle an Fleck- typhus kamen aus London, St. Petersburg und Palma je 1, aus Madrid 3 zur Mittheilung. — Der Keuchhusten verlief in Berlin milder, in Hamburg nahm die Zahl der Sterbefälle
p S E I I E ai De Da G ana Gan Ln a an u S E I I T I I N MOP I
daran - zu. Die Sterblichkeit an Darmkatarrhen der Kinder war in Hamburg, Berlin und Wien eine größere als in der Vorwoche. — Todesfälle an Ruhr haben sehr abgenommen, aus deutschen Städten kam nur 1 Todesfall zur Mittheilung. — Dem Kindbettfieber erlagen in deutshen Städten 19 Frauen. — Poen veranlaßten in Paris, St. Petersburg, Wien, Warschau, Odeffa, Prag, Turin nur wenige Todesfälle, in Venedig stieg die Zahl der- selben auf 6, in London auf 22. Aus Görliß wird 1 Todesfall an Varicellen mitgetheilt. — Die Cholera is in Paris ausgebrochen, do zeigt sie sid bis jeßt auf wenige Stadtviertel besränkt und nimmt einen im Allgemeinen milden Verlauf. Au in Toulon sind wieder eine größere Zahl von Erkrankungen gemeldet worden. In Nantes hat die Epidemie abgenommen, au aus den indischen Städten werden weniger Sterbefälle an Cholera gemeldet.
— Den „Mittheilungen der Großherzogli hessi- schen Centralstelle für die Landesstatistik (Oktober 1884)“ entnehmen wir in Bezug auf die Ergebuisse der Verwaltung der Sparkassen im Großherzog- thum Hessen im Jahre 1882 folgende Daten: In der Provinz Starkenburg belief sich die Zahl der Einleger (Sparkafsenbücher) zu Anfang 1882 auf 65602 Personen, der Zugang 1882 (neue Einleger) auf 13084, zusammen 78686 Personen. Der Abgang 1882 betrug 7227, der Bestand zu Ende 1882 betrug T1 459. Der Betrag der Einlagen wies an Bestand zu Anfang 1882 (Guthaben einscließlich der gutgeschriebenen Zinsen) auf 36656 041,87 Æ Der Zugcng 1882 (neue Ein- lagen, Zuschußeinlagen und agutgeschriebene Zinsen) betrug 9 078 122,34 M, zusammen also 45 734 16421 A Der Abgang 1882 (Rückzahlungen) betrug 6 814 670,84 « Der Bestand Ende 1882 (Guthaben eins{l. der gutgeschriebenen Zinsen) belief #ich auf 38 919 493,37 M Baarer Kassenbestand Énde 1882 betrug 1 660 659,45 A BVerzinslih angelegte oder ausgeliehene Kapitalien Ende 1882 39 264 224,26 Æ, Reservefonds Ende 1882 2 826 113,40 6 — In der Provinz Oberhessen betrug die Zahl der Einleger (Sparkassenbücher) 35333 zu Anfang 1882. Der Zugang 1882 (neue Einleger) 6361, zusammen 41694. Abgang 1882 4234. Bestand am Ende 1882 37460, — Der Betrag der Einlagen wies zu Anfang 1882 einen Bestand (Guthaben ein\{l. der gutgeschricbenen Zinsen) von 15 894 732,14 A auf, der Zugang 1882 (neue Einlagen, Zuschußeinlagen und gutgeschriebene Zinsen) 2874 378,87 Æ, zusammen 18769 111,01 / Abgang 1882 (Rü- zahlungen) 2 061 562,78 #4, Bestznd zu Ende 1882 (Guthaben einschl. der gutgeshriebenen Zinsen 16 707 548,23 « — Bagarer Kassenbestand Ende 1882 73377281 M Verzinslih an- gelegte oder ausgeliehene Kapitalien Ende 1882 16 991 083,93 Mt. Reservefonds Ende 1882 1349 167,43 M In der Provinz Rheinhessen wies die Zahl der Einleger (Sparkassenbücher) zu An- fang 1882 auf 25 117, der Zugang 1882 (neue Einleger) 6698, der Ab- gang 1882 3841. Der Bestand zu Ende 1882 27974. — Der Betrag der Einlagen wies zu Anfang 1882 einen Bestand (Gut- haben einschl. der gutgeschriebenen Zinsen von 20 151 873,53 H auf, Zugang 1882 (neue Einlagen, Zu|chußeinlagen und gutgeschriebene Zinsen 6504 092,53 #4, zusammen 26 655 966,06 4 Der Ab- gang 1882 (Rückzahlungen) 401107490 A Der Bestand zu Ende 1882 (Guthaben eins{l. der gutgeschriebenen Zinsen betrug 22 644 891,16 MÆ Baarer Kassenbestand 862 044,47 M Verzinslih angeleate oder ausgeliehene Kapitalien Ende 1882 23 448 295,27 Æ Reservefonds Ende 1882 1 946 800,09 A — Im ganzen Großherzogthum betrug die Zahl der Ginleger (Sparkassen- bücher) zu Anfang 1882 126 052. Der Zugang 1882 (neue Einleger) 26 143, zusammen 152 195, Abgang 15 302, Bestand Ende 1882 136 893. — Der Betrag der Einlagen wies zu Anfang 1882 einen Bestand (Guthaben ein\ch{l. der gutgeschriebenen Zinsen) 72 702 647,54 M auf. Zugang 1882 (neue Einlagen, Zuschußeinlagen und gutgeschrie- benen Zinsen) 18 456 593,74 4, zusammen 91 159 241,28 6 Der Abgang 1882 (Rückzahlungen) 12 887 308,52 «6 Der Bestand zu Ende 1882 (Guthaben eins{l. der gutgeschriebenen Zinsen) 78 271 932,76 M. Baarer Kassenbestand 1882 3256 476,73 M Verzinslich angelegte oder ausgeliehene Kapitalien 1882 79 703 603,46 M4 Reservefonds Ende 1882 6 122 080,92 4 Ueber das Anwachsen der Kapitalien u. \. w. giebt folgende von 1875—1882 reichende Tabelle Auskunft :
Betrag der Ein-]|Baarer Kafsse- lagen. beftand.
Zabl der Einleger. |—
Verzinslih angelegte oder ausgeliehene Kapitalien.
M.
Am Ende der Jahre.
A M.
Großherzogthum. 46 364 245,57 | 2 196 917 03 50 511 690,87 } 2 339 547 73 53 970 740,02 | 2 336 006,27 56 997 738,47 | 2 329 009,58 60 218 879,57 | 2 801 781,10 67 143 357,56 | 3 526 248,54 1881 125 190 } 72 656 681,94 | 3 259 624,30] 73 949 305,40 1882 136 893 | 78271932,76 | 3 256 476,73 | 79 703 603 46 Die Reservefonds stiegen von 3 740 589,25 4 im Jahre 1875 auf 6 122 080,92 \& im Sahre 1882,
Kunft, Wissenschaft und Literatur.
Die „Geschichte desideutscben Volkes“, von Dr. David Müller, erschien zuerst im Jahre 1864 und erwies sich dur den patriotischen Geist, welcher den Verfasser beseelte, und durch ihre auf gründlichem Studium beruhende, anregende, dabei kurzgefaßte über- fichtlihe Darstellung bald als ein fo trefflihes Hülfsmittel bei dem Unterricht in den höheren Lehranstalten wie zur Selbstbelehrung, daß zehn Auflagen rasch auf einander folgten. Der Verfasser hat den sich steigernden Ruhm seiner Arbeit nur bis zur 7. Auflage (1871) erlebt, aber es war ihm noch vergönnt, sein Werk bis zu dem glorreichen Wiederaufbau des Deutschen Reichs fortzuführen. Mit der 8. Auflage (1872) hat der Direktor des Gymnasiums zu Greiz, Professor Dr. Friedrich Junge, die Revision und weitere Bearbeitung der Müllerschen Geschibte ganz im Sinne des Verfassers fort- geführt und fih selbst dadurÞ ein niht zu untershätzendes Verdienst erworben, daß das Werk sih auf der Höhe der Zeit erhalten hat. Auch der jeßt von ihm herausgegebenen 11. Auflage (Berlin, Verlag von Franz Vahlen) dürfte eine weite Verbreitung sicher sein.
In demselben Verlage hat der Professor Dr. Junge „Geschichts- repetitionen für die oberen Klassen höherer Lehr- anstalten" herausgegeben. Diese Repetitionen liefern dem Schüler den gesammten Gescbichtsstoff so zusammengedrängt und übersichtlich geordnet, daß er denselben in 40 Stunden wiederholen kann, wozu Lehrbücher zu umfangreich und Tabellen zu kurz und trocken sind. Die Arbeit des Verfassers wird gewiß den Lernenden ho wills kommen fein.
— Von der bei Max Woywod, Verlagsbucbhandlung in Breslau, erscheinenden „Vaterländishen Geschihts- und Unter- haltungs-Bibliothek, Patriotishe Erzählungen für die heran- wachsende deutsche Jugend und für das deutsche Volk“ sind 3 neue Bändchen (10—12) erschienen. Der Zweck dieses Unternehmens ift, der heran- wachsenden Jugend und dem deutschen Volke in fefselnder Darstellung seine Herrscher und Helden, seine hervorragenden Staatsmänner und verdienten Bürger zu schildern. Unbeschadet der historishen Treue hüllt fich jedes dieser Zeit- und Charakterbilder in das Gewand einer anfprechwenden Erzählung, deren Leser die Liebe zum Vaterlande wie zum Herrscberhause, zur bestehenden Ordnung, wie zu allem Guten und Sittlichen fördert und festigt. Dieser patriotischen und (riftlihen Tendenz, welche bereits dur Anerkennung zahlreicher Be- hörden gewürdigt worden ist, entsprechen auch die neuen Bändchen. Sie enthalten: Band X: „Jesus meine Zuversicht!“ Aus dem Leben der Kurfürstin Louise Henriette. Von Ludovica May — Band XI: „Cine feste Burg ist unser Gott!“ Erzählung aus der Zeit
47 287 681,77 50 312 132,26 55 869 639,53 58 819 334,62 61 233 433,03 67 655 244,27
1875 1876 1877 1878 1879 1880
93 947 92 777 96 142 98 318 100 764 108 236