1884 / 273 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 19 Nov 1884 18:00:01 GMT) scan diff

Für die lutherishe Gemeinde in Cassel sei aber die beabsih- tigte Organisation rücksihtlich einiger Punkte von fo folgen- \{hwerer Bedeutung, daß er schon jeßt darauf eingehen müsse, insofern nämlich einestheils eine Unterstellung der alten [utherishen auf Grund landesherrlichen Freibriefs unmittelbar unter dem Konsistorium stehenden Gemeinde unter den reformirten Superintendenten die größten Bedenken habe, anderntheils auch die externen Angelegenheiten dadurch sehr empfindlih berührt werden. .

Den leßten Gedanken führte Synodale Justiz - Rath Dr. Detker näher dahin aus, daß eine Mehrzahl alter Stiftungen vorhanden sei, deren Existenz und fruhtbringende Thätigkeit durch Veränderungen in den zur Vertretung berufenen Or- ganen leiht bedenklich geshädigt werden könne. Aus diesem Grunde habe die evangelisch - lutherishe Ge- meinde Cassel eine genauere Darstellung der betreffenden Verhältnisse der Synode zugehen Ee Er hoffe aber, daß es gelingen werde, einen Weg ‘zu finden, auf dem die in en Fragen bestehenden Schwierigkeiten beseitigt werden önnen.

Synodale Pfarrer Suabedissen glaubt, daß es vor allen Dingen erwünscht sei, zu wissen, wie denn eigentlih der Ent- wurf, der hier vorliege, zu Stande gekommen sei. Man er- zähle sih darüber allerlei dunkele Gerüchte, namentlich, daß derselbe gar niht auf der Jnitiative des Kirchenregiments beruhe, sondern von außen an das Kirchenregiment auf einem Wege herangebracht sei, der kein gerader gewesen.

Dem gegenüber fkonstatirte der landesherrlihe Kom- missarius, daß der Entwurf auf streng offiziellem Wege entstanden, im hiesigen Konsistorium ausgearbeitet sei und eine Einwir- kung von außen her überhaupt nit stattgefunden habe. Die in dieser B-ziehung ausgestreute Verdächtigung müsse er be- stimmt zurückweisen.

Sodann ging derselbe auf die einzelnen von den Vor- rednern hervorgehobenen Einzelbedenken über, beleuchtete die- selben und hob insbesondere auch hervor, daß es die Ten- denz des Entwurfs sei, anknüpfend an die historische Entwickelung, die verschiedenen in Hessen nah cinander in Geltung gewesenen Kirchenverfassungssysteme, von denen allen sih noch einzelne Ueberreste erhalten haben, zu einem wohl- géordneten Ganzen zu vereinigen, Redner gab dabei der Befriedigung Ausdruck über die von der überwiegenden Mehrheit der Synodalen bekundete Geneigtheit, mit Vertrauen auf das Gelingen in die Arbeit einzutreten.

Die Synodalen Metropolit an Hartmann, Amtsrichter Berner, Pfarrer Conrad äußerten verschiedene Wünsche und Bedenken in Beziehung auf Einzelheiten des Entwurfs, inë- besondere rücksichtlih des auf allen Stufen des presbyterialen und synodalen Organismus beabsichtigten Wüählens, dem die hessishe Bevölkerung gar keine Sympa- thien entgegenbringe und welches man auf das möglichst geringe Maß herabzuseßen Veranlassung habe.

Der Synodale Professor Dr. Ranfe spra sich dagegen im Wesentlichen für das System des Entwurfs aus und nahm nur Anstoß an den Bestimmungen über die Zu- sammensezung der Diöcesansynode, insbesondere dem Stimmen- verhältniß zwischen Geistlihen und Laien.

Nachdem noh Pfarrer von Lorentz über die Bedenklihkeit des Gemeindeprinzips in der Kirche sih ausgesprohen, und seinem Erstaunen Ausdruck gegeben hatte, daß die wichtigsten Angelegenheiten der Kirche, insbesondere Lehre und Bekennt- niß den Synoden nicht überwiesen werden, nahm Synodale Pfarrer Ahlfeld nochmals das Wort, um wieder- holt davor zu warnen, daß man sich doch ja nicht durch die Furcht vor dem Eintritt des Laienelements in die kirchlihe Mitarbeit bestimmen lassen möge. Gerade das Laien- element könne si in kritishen Zeiten als ein sehr wichtiges Bollwerk für die Kirche erweisen, wie dies durch Erfahrung sih bereits herausgestellt habe.

Der Synodale Landgerichts-Rath Keßler \sprah im We- sentlichen seine Zustimmung zu dem Systeme des Entwurfs aus, vermißte aber die erforderliche juristishe Präzisirung ver- schiedener technisher Ausdrücke und wünscht vornehmlich den Begriff der Kirchengemeinde als des untersten Substrats der ganzen Ordnung geseßgeberish präzisirt zu sehen.

Synodale Metropolitan Lohr erklärte, wie es ihn im höchsten Grade habe befremden müssen, daß der Synodale Suabedissen ihn als den intellektuellen Ürheber des Entwurfs bezeihnet habe. Das sei eine ganz haltlose Vermuthung, zu der er nie Anlaß gegeben hate, da er von dem Entwurfe nicht eher, als alle übrigen Betheiligten Kenntniß erlangt habe.

Auf die Replikation des Synodalen Suabedissen, daß man sich ganz öffentlich erzähle, der Synodale Lohr sei der intellektuele Urheber und Verfasser des Entwurfs und daß. es ihm erwünsht gewesen sei, darüber Klarheit zu erhalten, nahm nohmals der landesherrlihe Kommissarius das Wort und erklärte, daß die aufgestellte Behauptung, als jei der Synodale Lohc der Ver- fasser des Entwurfs oder bei dessen Feststellung zugezogen gewesen, eine durhaus unwahre sei. Der Name des Metropolitans Lohr komme ia den Verhandlungen über die Synodalorganisation zum ersten Male vor, als es sich um Ernennung der landesherrlihen Synodalmitglieder gehandelt habe und nachdem der Entwurf zur Vorlage längst festgestellt gewesen sei.

Redner ging sodann nohmals auf die von den übrigen Vorrednern hervorgehobenen Bedenken ein und suchte deren Ungrund auch an der Hand der gewonnenen Erfahrungen nachzuweisen,

Nach einigen persönlichen Bemerkungen entspann \ih eine Geschäftsordnungsdebatte, bei welher Amtsrichter Berner beantragte, den Entwurf vor der Spezialdiskussion einer ge- meinsamen Kommission beider Abtheilungen zu überweisen. Der Antrag wurde jedoch mit allen gegen 10 Stimmen ab- gelehnt, und wird die erste Lesung im Plenum stattfinden.

Bayern. München, 19. November. (W. T. B.) Je Kaiserliche und Königliche Hoheit die Kron prinzessin Victoria isst heute früh 6 Ühr 50 Minuten na Berlin abgereist.

Sachsen. Dresden, 18. November, Abends. (W. T. B.) Se. Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm von Preußen traf heute Abend 83, Uhr mit dem preußischen Gesandten, welcher dem Prinzen bis Röderau entgegengefahren war, hier ein und wurde am Bahnhof von Sr. Majestät dem König auf das Herzlihste begrüßt. Vom Bahnhof aus begab Sich der König mit dem Prinzen nach der König- lihen Villa in Strehlen.

Württemberg. Stuttgart, 18. November. (St.-A. f. W.) Der König und die Königin sind heute, Vor- mittags 10!/, Uhr, mittelst Extrazugs von hier abgereist, um sih zum Aufenthalt während der kälteren Jahreszeit nah Nizza zu begeben. Der König hat in Betreff der Besorgung der Staatsgeschäfte während seiner Abwesenheit verfügt , daß Gegenstände von größerer Wichtigkeit zur Einholung der Entschließung Sr. Majestät nachgesendet, die übrigen Ange- legenheiten aber im Vollmahtsnamen des Königs auf den Vortrag der Minister von dem Prinzen Wilhelm erledigt werden sollen.

Meckelenburg - Streliz. Neustreliß, 18. November. (W. T. B.) Die Großfürstin Katharina von Ruß- land ist mit ihren beiden ältesten Kindern zum Besuch des hiesigen Hofes eingetroffen.

Oldenburg. Oldenburg, 17. November. (Wes.-Ztg.) Jn der heutigen Landtagssißung machte der Präsident Roggemann zunächst Mittheilung über die Eingänge, meistens Petitionen, welche zur Vorberathung an die betreffenden Aus- \hüsse gingen, gleihwie ein Antrag der Staatsregierung, be- treffend Bewilligung einer staatlihen Beihülfe von 5000 zu der für das Jahr 1885 in Aussicht genommenen allge- meinen Gewerbe- und Fndustrie-Ausstellung für das Großherzogthum, und betreffend Uebernahme einer staatlihen Garantie bis zum Betrage von 5000 4 zur Deckung eines etwaigen Defizits. Von den zur Verhandlung stehenden Gegenständen riefen zwei eine längere Debatte hervor. Der erste von diesen war ein Geseßentwurf, betreffend Abänderung einer Bestimmung des Einkommensteuer- gesezes. Die Regierung hatte in den Motiven zu der Vor- lage die Frage angeregt, ob die untersten Stufen nicht von der Einkommensteuer befreit werden könnten, war aber zu dem Resultat gekommen, daß im Augenblick nicht der Zeitpunkt für die Revision des Einkommensteuergeseßzes eingetreten sei, und daß die Erleichterung der unteren Klassen eine besondere Dringlichkeit nicht bcsiße, da die Steuersäße in den ersten Stufen nicht hoch seien und das Geseß jeßt bereits weitgehende Befugnisse zu einer Befreiung Dürftiger gewähre. Bei der Diskussion bestritt der Abg. Jken, daß die Einkommensteuer in den un- tersten Stufen besonders drückend empfunden werde, wenig- stens niht durchweg, und der Abg. Windmüller bestritt, daß die neue Zoll- und Wirthschaftspolitik die unteren Klassen schädige, worauf nah einigen weiteren Bemerkungen die De- batte geschlossen wurde. Die andere Vorlage, welche eine längere Diskussion veranlaßte, betraf einen Geseßentwurf, durch welchen, wie das nach §8. 30a. der Reichs-Gewerbeordnung zuläßsig ist, der Betrieb des Hufbeschlaggewerbes von der Beibringung eines Prüfungszeugnisses abhängig sein soll. Die Regierung hatte diesen Geseßentwurf in Uebereinstimmung mit dem dringenden Wunsche des Centralvorstandes der Land- wirthschaftsgesellschast vorgelegt; der Ausschuß, an welchen der Entwurf zur Vorberathung überwiesen war, konnte sih nicht einigen : die Majorität beantragle Ablehnung, die Minorität Annahme der Vorlage. Der Negierungskomniissar berief sich für die Vorlage insbesondere auch noch darauf, daß die land- wirthscha stlihen Vereine im Fürstenthum Lübeck und Birken- feld sih ebenfalls gdie Nothwendigkeit einer Prüfung aus- gesprochen hätten, ußd daß in Preußen und in Bayern ähn- liche Gesetze bereits beständen ; allein die Verhandlung ergab, daß von den vielen Landleuten, welche im Landtage sind, sich nur die Abgg. Nüdebush und Hanken für den Geseßentwurf erklärten, während er von allen anderen, als den landwirth- schaftlihen Juteressen geradezu widersprechend, heftig bekämpft wurde, weshalb denn auch die Ablehnung der Vorlage mit 33 gegen 5 Stimmen erfolgte.

Desterrei-Ungarn. Pest, 18, November. (W. T. B.) Die österreichische Delegation genehmigte in ihrer heu- tigen Schlußsißzung das Finan zgeseßz endgültig. Der Mi- nister des Auswärtigen, Graf K alnoky, sprach der Delega- tion hierauf kraft des ihm ertheilten Austrags den Dank und die Anerkennung des Kaisers für die patriotische Auffassung und Opferwilligkeit aus, von denen die Delegirten bei ihren

Berathungen und Beschlüssen geleitet worden seien. Ebenso dankte der Minister Namens des gemeinsamen Ministeriums für das demselben bewiesene Entgegenkommen und Vertrauen. Hierauf folgte der Schluß der Session.

Swe, Vern, 1/7 Novembêr Der „Bund“ meldet über den weiteren Verlauf des „Tessiner Handels“, daß der Bundesrath auf Grund seines Beschlusses in der Extrasißung vom leßten Sonnabend Nachmittag die Tessiner Regierung aufgefordert hat, die Versteigerung des Enderlin- shen Grundstüdckes als null und nichtig zu erklären, wenn \ie nicht cine militärishe Okkupation des Kantons gewärtigen wolle. Die Regierung erklärte darauf, daß sie sih gegenüber der Gewalt unterwerse, aber förmlihen Protest einlege. Der Bundesrath forderte die Regierung auf, ihm einen Bericht einzusenden darüber, wie sie die Folgen jener Versteigerung aufgehoben und den status quo ante bergestellt habe. Unter- dessen bleibt das Luzerner Bataillon in Marschbereitschaft. Der eidgenössishe Kommissar Karrer ist am Sonnabend Mittag nah Luzern gefahren.

18. November. Die tessinishe Negierung hat sich durh Telegramm an den Bundesrath vom Sonntag Abend dahin erklärt, daß sie sih den Beschlüssen des Bundesraths in jeder Beziehung füge; daß sie daher 1) den stattgefundenen Verkauf eines Theiles der Enderlin- schen Besizung null und nichtig erkläre ; 2) daß sie die amtliche Zufertigung nicht werde vornehmen lassen und 3) daß \ie dem Käuser die Kaufsumme wieder zustellen werde. Der Bundesrath wird in dieser Angelegenheit erst dann einen weiteren Beschluß fassen, wenn der Bericht des eidgenössischen Kommissars vorliegt, Wie der „Bund“ ferner vernimnit, weigert sich der Käufer der Besißung Enderlins, nämli dessen Schwiegersohn Advckat Saroli, den Kauf rückgängig zu machen. Der tessinishen Regierung dürften hieraus, wie er meint, neue Schwierigkeiten entstehen.

, Niederlande. Haag, 18. November. (W,. T. B.) Die Zweite Kammer wählte in das Präsidium Maa (Calvinist), Reuchert (Katholik) und Cremers (liberal).

Velgien. Brüssel, 18. November. (W. T. B.) Der Minister des Auswärtigen, Prinz Caraman- Chimay, hatte sich als Mit lied der Repräsentanten- kammer, da er erst nah der Wahl zum Minister ernannt worden war, in Philippeville einer Wiederwahl in die

Repräsentantenkammer zu unterziehen, bei welher er mit einer Majorität von 17 Stimmen gewählt wurde.

Jn der Repräsentantenkammer entwickelte Frère- Orban heute die von ihm angekündigte Jnterpellation über die allgemeine Politik der Regierung und wünschte zu wissen, ob das Kabinet bei der Politik des frühe- ren verharre. Jm Laufe der Debatte bestätigte Malou, daß die früheren Minister des Jnnern und der Justiz, Jacobs und Woeste, auf Wunsch des Königs zurückgetreten seien, Der Minister-Präsident Beernaert erklärte in Beantwortung der Fnterpellation Frère-:Orbans : die Regierung have nicht nöthig, Aufklärungen darüber zu geben, weshalb einige Minister auf ihren Posten verblieben, während andere ihre Entlassung nahmen. Was das Programm der Regierung angehe, so wolle dieselbe die gouvernementale Aktion beschränken und der persönlichen Jnitiative einen größeren Spielraum gewähren; hierin bestehe die wahre Freiheit. Der Minister sprach sih sodann mit großer Anerkennung über das neue Schulgeseß aus und {loß mit dem Bemerken : die Regierung glaube die Shulgeseßfrage in wahrhaft liberaler Weise gelöst zu haben.

Großbritannien und Jrlaud. London, 18. November. (W. T. B.) An Stelle des verstorbenen Fawcett ist Shaw Lefevre zum Generalpostmeister rernannt worden. Sir Thomas Brassey wurde zum Sekretär der Ad- miralität ernannt an Stelle Campbel-Bannermans, welcher zum Staatssekretär für Jrland ernannt ist.

Die heutige Versammlung der konservativen Partei beshloß, die Vorschläge der Regierung in der Wahlreformfrage anzunehmen und in die zweite und dritte Lesung der Reformvorlage unter der Bedingung einzutreten, daß die Regierung sofort eine für beide Theile befriedigende v für die Neueintheilung der Wahlbezirke ein- ringe.

Das Oberhaus nahm heute nach halbstündiger De- batte die Wahlreformbill in zweiter Lesung ohne besondere Abstimmung an. Jm Laufe der Debatte erklärte der Marquis von Salisbury: er könne dem Vorschlage der Regierung in der Wahlreformvorlage erst definitiv zu- stimmen, wenn ein Meinungsaustaush über die Bill, be- treffend die Neueintheilung der Wahlbezirke, statt- gehabt habe. Er werde daher am Donnerstag beantragen, die Spezialberathung der Reformbill auf 14 Tage zu ver- tagen.

Kalkutta (Jndien), 16. November. (A. C.) Das Zhob-Thal-Expeditionscorps hat seine Aufgabe nun- mehr vollkommen gelös. Shah Jehan hat die Flucht er- griffen, und sein Fort wurde in die Luft gesprengt. Die Musa-Khcyl-Chefs haben sih den Behörden in Dera Ghazi Khan unterworfen.

Capstadt, 15, November. (A. C.) Mr. Upington, der Premier, und Mr. Gordon Sprigg, der General- Schatmeister der Cap:Kolonie, sind in Betshuanaland angekommen, um womöglih eine friedlihe Beilegung der bestehenden Schwierigkeiten zu bewerkstelligen. Sie hatten eine Unterredung mit Mankocoane, in welcher Leßterer sagte, daß sowohl er wie Montsioa hintergangen worden seien, und daß er kein Vertrauen in irgend Jemanden seße, aus- genommen in Sir Charles Warren.

Hier eingegangenen Meldungen zufolge haben die Boern in Goschen und Stellaland ihre Allianz mit Transvaal abgebrochen und sagen, sie wollen für eigene Rehnung kämpfen, um ihre Farmen zu behalten.

Frankreich. Paris, 17. November. (Fr. Corr.) Die mit der Wahlreform des Senats befaßte Kammer- kommission hat, nachdem sie sich einstimmig im Prinzip für die Beseitigung der Senatoren auf Lebenszeit ausge- sprochen, mit 5 gegen 4 Stimmen entschieden, daß die Be- seitigung der gegenwärtigen „ZJnamoviblen“ im Wege des Aussterbens geschehen soll. Es ist niht uninteressant, anzu- geben, welchen Parteigruppen die Senatoren angehören, die sich im Januar 1885 einer Neuwahl unterwerfen müssen. Es gehören an: dem linken Centrum 9, der republikanischen Linken 23, der Union républicaine 12 und der Rechten 40, im Ganzen 84, d. h. das zu erneuernde Drittel mit 75 und 9 zu ersetende verstorbene Senatoren anderer Departements.

17. November. (Köln. Ztg.) Pouyer-Quertier hat eine Anzahl von Landwirthen auf nächsten Donnerstag na Paris geladen, um eine großartige Kundgebung zu Gunsten des Schußzollsystems zu machen. Die Frei- händler in Lyon bereiten aber ebenfalls eine Kundgebung vor. Die Gemüther sind ziemlih erhißzt. Die Nachrichten aus Lyon selbst lauten nicht günstig: die Arbeiterkrisis dauert fort, und die unbeschäftigten Arbeiter haben in einer Versammlung einen Beschluß gefaßt, welher Drohungen gegen die Gemeindebehörden enthält.

18, November, Nachmittags. (W. T. B.) Die Kom- mission für die Zolltarife nahm heute mit 6 gegen 5 Stimmen im Prinzip die Erhöhung der Zölle auf Getreide und Mehl an und beschloß, unverzüglich mit dem Ministerium über die Größe der Erhöhung in Berathung zu treten.

Gestern sind 36 Cholera- Todesfälle, und zwar 11 in der Stadt und 25 in den Hospitälern vorgekommen. Heute wurden von Mitternaht bis Mittag 20 Cholera- Todesfälle, davon 5 in der Stadt und 15 in den Hospitälern, gemeldet.

18. November, Abends. (W. T. B.) Die Münz- konferenz, welche am 25. d, hier zusammentreten sollte, ist bis zum 15. Fanuar verschoben worden, weil die italie- nischen Delegirten durh die parlamentarischen Arbeit en in Nom zurückgehalten werden.

Von Mitternacht bis heute Abend 6 Uhr starben hier 30 Personen an der Cholera. Aus Oran werden 4 Cholera-Todesfälle gemeldet. Jn Nantes ist kein neuer Cholera-Todessall zu verzeihnen.

Spanien. Madrid, 18. November, (W. T. BJ) Die Wiedereröffnung der Cortes ist auf den 15. Dezember d. J. festgeseßt. Was die mit Frankreich wegen Marokko bestehenden, sahlih wenig erheblihen Differenzen betrifft, so werden zu deren Beseitigung die Vertreter Spaniens und Las bei Marokko darüber mit einander in Verbindung reten,

Der König wird sich morgen zur Abhaltung von Jagden nah dem Pardo begeben. s Dag

Türkei. Konstantinopel, 18. November. (W. T. B.) Großfürst Nikolajewitsch von Rußland is, nachdem er

dem Sultan nohmals einen Besuch abgestattct und dessen Gegenbesuch empfangen hatte, von hier abgereist.

Rumänien. Bukarest, 18. November, (W. T. B.) Die Kommunalwahlen fielen durhweg im regierungs- freundlichen Sinne aus. Heute begannen die Parlaments- wahlen.

Serbien. Belgrad, 18. November. (W. T. B.) Bei den hiesigen Gemeinderathswahlen wurden die Kan- didaten der Fortschrittspartei gewöhlt; dieseldven erhielten dreimal mehr Stimmen als diejenigen der unterlegenen Partei Ristic.

Asien. China. (A. C.) Der „Times“ wird aus Shanghai, unterm 15. d. M. gemeldet: „Das Gerücht von der Einnahme von Tamsui ist falsch. Admiral Courbet erwartet Verstärkungen ehe er weitere Operationen unter- nimmt.“ Die Arbeiten für die Absperrung der Ein- fahrt in den Woosung nehmen ihren thätigen Fortgang. Der Kanal ist 250 Fuß breit. Bcim Einlaufen in den Hafen zur Fluthzeit ist die größte Vorsicht nöthig.

Afrika. Egypten. Alexandrien, 18. November. (W.. T. B) Das „Reutershe Bureau“ meldet: Der Bericht Lord Northbroo ks an die englische R e- gierung wird, wie verlautet, behufs Lösung der egyy- tishen Finanzshwierigkeiten folgende Maßregeln vorschlagen: Die Zinsen aller Anleihen sollen unverändert bleiben und nicht herabgeseßt werden ; dagegen soll die Amor- tisirung der unifizirten Schuld suspendirt werden, um damit Nath zu schaffen für die neue Anleihe von 8 Millionen Pfund Sterling, die in erster Stelle durch England vorgeschossen wer- den soll. Diese Anleihe wäre hauptsählich zu verwenden zur Bezahlung der Entschädigungen für die Verluste beim Bombvardement von Alexandrien und zur Rückzahlung der vom Bankhause Rothschild und von den lokalen Banken ge- machten Vorschüsse. Eine Million von der neuen Anleihe wäre bestimmt für Bewässerungsanlagen in Unteregypten, um das ganze Land stromabwärts von Assiut reihlich m1t Wasser zu versehen und auf diese Weise die Produktionskosten für die landwirthschaftlichen Betriebe herabzumindern. Fecner solle eine erhebliche Herabseßung der Steuera in Oberegypten und eine geringere Herabsézung der Steuern in Unteregypten vorgenommen werden. Die Herstellung des Gleichgewichts im Budget in dauernder Weise sei. dadurch herbeizuführen, daß das Budget für die Armee und die Polizei um etwa 350 000 Pfd, Sterl. herabgemindert werde, daß ferner Eng- land alle Kosten für das englishe Okfupations-Corps selber trage, und daß endlih die jährlihen Defizits der Domänen- ländereien und der Daira beseitigt würden. Zu diefem Zwelk seien die Anleihen der Domanialverwaltung und der Daira- Sanieh mit Hülfe Englands zurückzuzahlen. Die Verwaltung der Ländereien der Domänen wie der Daira-Sanieh müsse vereinigt werden.

Dem „Reuter shen Bureau“ wird aus Dongola, vom 18. November, telegraphirt: Vor etwa 20 Tagen kehrte eine beträchtlihe Fnsurgentenshaar nah Omdurmann zurü, Gordon entsandte zwei Dampfer, um die Jn- surgenten zu beschießen. Diese beantworteten das Feuer eben- falls aus Kanonen, machten hierbei ein Rad an dem einen Dampfer unbrauchbar und zwangen beide Dampfer zum Rück- zuge nah’ Khartum.

KZeitungsstinnuen.

Wie die „Norddeutshe Allgemeine Zeitung“ mittheilt, sind dem Reichskanzler Fürsten von Bismarck aus Anlaß der Dampfersubventionsvorlage während der leßten Wochen wieder mehrere Zustimmungasadressen zugegangen, unter anderen Seitens der deutshen Kaufmannschaft zu Rio de „zaneiro, des Vereins zur Wahrung der gemeinsamen wirth- schaftlichen Fnteressen der Saar-Jndusirie zu Saarbrücken und Seitens der Handelskammer zu Osnabrück.

Jn der „Staatsbürger- Zeitung“ lesen wir:

Es ist eine tägli sich wiederholende Erscheinung, daß die Politik des deutschen Reichskanzlers im Auslande weit mehr Anklang findet, als in Deutschland selber, wo man do alle Ursacbe hat, auf die Resultate dieser Politik mit Freude und Stolz zu blicken. Den Grund dieser Erscheinung zu finden is durchaus niht s{chwer; man darf fsih nur alle Reden, welhe durch Parteileidenscaft diktirt wur- den, ins Gedächtniß zurückrufen, und man wird sofort erkennen, baß diese allein es war, welche das Urtheil über den Fürsten Bismarck trübte und die Anerkennung seiner Verdienste \{chmälerte

Der beste Beweis für die Ricbtigkeit unserer Behauptung dürfte in einem Artikel der französischen Zeitschrift „Revue de deux Mondes“ Über die Kolonialpolitik des deutschen Reichskanzlers gegeben sein. Der Verfasser G. Valbert (Victor Cherbulier) giebt in derselben setner Verwunderung über die Haltung der Deutschfreisinnigen, speziell des Abg. Bamberger, gezen die Kolonialpolitik des Fürsten Bismarck Ausdru, da dieseibe do als eine durchaus korrekte, den Interessen Deutschlands entsprehende angesehen werden müsse, und findet es ganz natürli, daß Deutschland anfängt, Kolonien zu gründen, wenn es die Zunahme der deutshen Handelsmarine in Erwägung zieht. Auch darin giebt er dem Fürsten Bismarck vollkom- men ret, daß er nicht darauf autgeht, Kolonien zu gründen, auf die er den Strom der Auswanderer hinlenken möchte. „Weit entfernt, zur Auswanderung zu ermuthigen, hält er sie für cin mit allen Mit- teln zu bekämpfendes Ueb-l.* „Seine Kolonialpolitik hat keinen anderen Zweck, als ferne Comtoirs zu gründen, welche den deutschen Waaren neue und wichtige Absatzwege eröffnen. Nachdem er Deutsch- land zu einer militärischen und starken Nation gemacht hat, ist es seine Hauptsorge, es zu einem reichen Land zu machen, indem er seine produktive Macht, seine Industrie und seinen Handel entwickelt.“

Hierauf legt der Verfasser dar, wie der Reichskanzler durch die Koloniengründung grade die Auswanderung zu beschränken gedenke. Denn nicht die dichtbevölkerten und industriellen Provinzea seien es, welche das größte Kon1ingent zu der Zahl der Auswanderer stellen, sondern grade die weniger bevölkerten, industrielosen Provinzen, wie Posen und Medlenburg, und somit habe der Kanzler ganz ret, wenn er sagt: „Gebt diesen Provinzen Industrie, vor Allem [van ihnen Export, und Niemand wird mehr an Auswanderung N 0 0,

Nun, wir meinen, daß man tin Deutschland ein solches, von keiner Parteileidensbaft getrübtes Urtheil über die Kolonialpolitik des Reichskanzlers richtig zu würdigen wissen und sih nit durch die Ausführungen von Männern beirren lassen wird, denen die Partei- stellung im Kampfe gegen den Fürsten Bismark über alles geht.

Die „Deutsche volkswirthschastlihe Cor- respondenz“ äußert sich über die „Aufwiegelung gegen die Schußzölle“:

Gelegentlih der jüngsten Reichstagswahlen glaubten die Deutsch- freifinnigen die Stimmen der Arbeiter dadurch zu ködern, daß sie dieselben möglichst gegen alle Parteien aufwiegelten, welche der Sache des Schutzolls das Wort reden. .

Unter ihren Ausführungen ftand jene obenan. „daß eine Groß- industrie in erster Linie auf dem „Weltmarkte“ konkurrenzfähig sein müsse. Durch die Eingangszölle auf die der Industrie nothwendigen Nohstoffe und Halbfabrikate aber stellten \sih die Produkte der deut- schen Industrie viel zu theuer, um beispielsweise mit den Engländern und Franzosen auf dem „Weitmarkte*“ konkurriren zu können. Jener Scutzoll, der auf die Einfuhr fremder Fabrikate gelegt wurde, ver- theuere den Konsumenten alles, was sie zur Existenz bedürfen, un- endlih, und daher komme es dann auch, daß der Arbeiter und der Kleinbürger 2c. die Kesten der Existenz kaum mehr erschwingen könne. Das einzige radikale Mittel zur Aenderung dieses unerträglichen Zu- \tandes fei Aufhebung aller Zölle, denn nur dann könne der „Welt- markt“ erobert werden und um Jedermann im Staate stehe es dann weit De N.

Unter der, gelegentlich des jüngsten Wahlkampfes fo eindringlih empfohlenen Eroberung des „Weltmarkts“ kann wohl nur die Ge- winnung der einzelnen Völker des Erdballs als Clienten zur Abk- nabme der Erzcugnisse unserer Jodustrie verstanden werden. Dieses Geschäft ist aber bereits fehr gut im Gange und fogar unsere euro- pâishen Nachbarn, die Engländer und Franzosen, sind în vielen Bran(en unsere sehr getreuen Abnehmer geworden, so daß wir von ihnen bezügli einer Konkurrenz bei den viel entlegeneren Völkern jeßt etwas weniger als früber zu besorgen haben.

Will man den Begriff „Weltmarkt“ in jenem Sinne gelten lassen, der ihm von den Freihändlern unterlegt wurde, fo darf sich doch auch wohl die deutsche Nation, ohne unbescheiden zu sein, herausnehmen, zu behaupten, daß fie ihn bereits sehr gut kennt, eigentlich nur allzu gut, in dem Sinne nämlich, daß sie früher die Erfahrung machen mußte, daß das deutsche Territorium von Seite der Engländer und Franzosen als einer der begehrens- werthesten Bruchtheile des „Weltmarktes“ betrachtet, und von ihnen daher ganz in dem Sinne erobert wurde wie es unsere Freihändler in Beziehung auf „Weltwirthschaft“ meinen. Von dem unverzeihlihen Leichtsinn, mit dem wir diescr Croberung mit verschränkten Armen zusahen, sind wir heute noch ctwas krank, obwohl wir von diesem bei uns seibst befindlichen Theil der „Weltmarktes* bereits über die Hälfte zurückerobert haben. Zur daucrnden Behauptung desselben und zur Eroherung des noch {ehr beträchtlihen Restes werden wir die seither so sehr erprobte „Waffe des Schutzzols“ auch fernerhin in der Faust halten, und diese Waffe noch etwas mehr zuspißzen und noch s\chärfer \{leifen, wenn es sein muß. Seitdem wir diesen hei- mischen Antheil des „Weltmarktes*“ felbst beherrschen, haben unsere Arbeiter wieder Brot und guten Verdienst und unser Wohlstand ift derart gestiegen, daß wir von England, diesem „Welt-Geldreservoir“ bereits ganz unabhäng sind und seit unserer Umkehr zur Schutzoll- politik anderen Völkern etlihe Milliarden Geldes darleihen konnten. Dakbei zahlen unsere Konsumenten für ihre Bedürfnisse kaum mehr die Hâlfte dessen, was sie zu jener Zeit zahlten, als die Engländer 2c. die Preise der uns gelieferten Waaren na threr Willkür diktircten.

Es läßt fih nahweisen, daß die deutshen Konsumenten den Eng- ländern zu einem großen Theil des Reichthums verhalfen, dessen Diese sich heute erfreuen.

Das deutsche zum vielbesprochenen „Weltmarkte*® gehörige Territorium weist eine Bevölkerung auf, welche bald die Ziffer von 50 Millionen erreicht haben wird. Zunächst die Bedürfnisse dieser kolossalen Bevölkerung zu versorgen, dürfte weit gerathener sein, als den Anleitungen unserer mehr englisch-freisinnigen als deutsch-frei- sinnigen Manchesterianer zu folaen, welche uns empfehlen, das deutsche Territorium nieder preiszugeben und dagegen andere „Weltmarkt“- Territorien zu erobern, Was in Beztehung auf auswärtige „Erobe- rungen“ gemacht werden kann, wird ohnehin cemaht. Die deutschen Industriellen haben deéfalls wahrlih nicht erst auf die Anregungen der Manchesterianer gewartet.

Der „Metallarbeiter“ sagt in seiner „industriellen Nundschau“:

Kaum eine Woche vergeht, ohne daß die Blätter von einer neuen Ausstellung zu berihten haben. An allen Orten macht sich ein ge- wisses ehrgeiziges Bestreben geltend, eine Ausftellung irgend welcher Art zu veranstalten. Man geht in der That nicht zu weit, von einem Ausf\tellungsfieber zu sprechen, welches überall zum Ausbruch kommt. Nicht nur Länder, Städte und Industriebezirke ‘sheinen ih jeßt zur Veranstaltung von Ausftellungen zweck8 „Befriedigung eines allgemei- nen, tief gefühlten Bedürfnisses“ berufen zu fühlen, nein, selbst einzelne Persönlichkeiten tauchen auf, welche oft nur in leiht erkennbarer Abs- ict, ein Geschäft zu machen und sich einen angenehmen Erwerb zu ver- \{chaffen, die Veranlassung zu Ausftellungen sind. Wenn in erster Linie die Ausstellungen ven Zweck hatten, die Leistungsfähigkeit von Ländern, Städten uud Industriebezirken zu bekunden und dem Fach- mann Neuheiten zu zeigen, so haben sich neuerdings die Ausstellungen immer mehr und mehr zu Märkten entwickelt, so daß sie etwa jeßt die Stellung der früheren Messen einnehmen. Rur aus diesem Gesichts- punkte betrachtet, kann man die übermäßige Ausstellungssucht wenigstens erklärlich finden, wenn auch dieselbe gegenüber dem eigent- lien Zweck, welchen die Ausstellungen erfüllen follen, bedauerlich erscheint. Jedenfalls kommt die ethishe Seite der Ausstellungen zum Mintesten zu kurz.

Recht bedauerlih if aber ohne Zweifel der Umstand, daß die Ausstellungen ret oft ohne jedes Einvernehmen mit anderen gleich- artigen Ausstellungen und fast planlos ins Leben gerufen werden; daß ferner geshäftlihen wie spekulativen Interessen zu Liebe die Programme der Ausstellungen kautschukartig angelegt werden, um die tmnöglihste Ausdehnung derselben zu erlauben, wenn ein Geschäfts- mann irgend welchen Gegenftand beliebiger Natur auéëftellen möchte...

Neichstags- Angelegenheiten.

Fernere Ergebnisse der Stihwahlen zum Reich8tage: __3. Wahlkreis Bromberg. Gerlich, Legations-Rath in Berlin (Kons), mit 7383 Stimmen gegen 5474 Stimmen für von Koczo- rowski auf Debno (Pole) gewählt.

7. Liegniß. Dirichlet, Gutsbesißer in Klein-Bretshkehmen (Dfr.), mit 9535 Stimmen gegen 5048 Stimmen für Frhrn. von Zedlit-Neukirh, Regierungs-Präfident in Liegnitz (Konf ), gewählt.

6. Hanr over. Baron von Arenswaldt zu Hardensbostel (Centr.) mit 9683 Stimmen gegen 5445 Stimmen für Wattenburg (Nat. -Lib.) gewählt.

11, Hannover. von Olders8hausen, Rittgergutsbesißer in Oldershausen ((Zentr.) mit 7694 Stimmen gegen 6896 Stimmen für Falkenhagen, Klostergutspächter in Northeim (Nat.-Lib.), gewählt.

14. Hannover. von der Decken, Landschafts-Rath in Ruten- stein (Centr.), mit 9819 Stimmen gegen 9144 Stimmen füc von der Brelie, Hofbefißer in Winsen (Nat.-Lib.), gewählt.

17. Hannover. Das bieher fehlende Stimmverhältniß ist: von Estorff (Centr.) 8585 gegen Hastedt (Nat.-Lib.) 8162.

8, Caffel. Hellwig, Bürgermeister zu Haddamar (Kons.) mit brt Stimmen gegen 8245 Stimmen für Frohme (Soz.) ge- wahl.

5, Mittelfranken. Dr. Schreiner zu Triesdorf (Nat.-Lib.) mit 6470 Stimmen gegen 6388 Stimmen für Dr. Swaine, Gutsbesißer in Ummersberg (Kons.), gewählt,

3. Braunschweig. Baumgarten, Landgerichts - Direktor in Braunschweig (Dfr.), mit 7209 gegen 5277 Stimmen für Cramm, Hausmarschall in Burgtrorf (D. Reicbsp.), gewählt.

9, Elsaß-Lothringen. Mühleisen, Bierbrauer in Stiltig- heim (Elf.-Loth.), mit 6922 Stimmen gegen 6151 Stimmen für Quirin, Gutsbesitzer in Stützheim (Centr.), gewählt.

Statistische Nachrichten.

Die Geburten in Preußen im Jahre 1883. Bei den preußischen Standesämtern wurden im Jahre 1883 im Ganzen 1070538 Geburten registrirt, 0,8 °/9 weniger als im Jahre 1882, so daß auf 1000 am Anfang des Jahres 1883 Lebende 38,3 Deburten entfielen. Unter 1000 Geborenen waren 515 mänrlihen und 485 weiblichen Geshlebts. 86516 Kinder oder 8,08% aller Geborenen waren unebelich; darunter befanden \sich von Wittwen Geborene 2241, von geschiedenen Frauen Geborene 244, von Mädcben Geborene 84 031. e E der Todtgeborenen belief sih auf 42 024 oder 3,92% aller Geborenen; unter den ehelich Geborenen befanden fi indessen nur 3,82 9%, unter den unehelich Geborenen dagegen 5,13 % Todtgeburten. Von den 13387 Mehrgeburten waren 13229

willings-, 157 Drillingsgeburten und 1 Vierlingsgeburt. Jn 100 Zwillingëgeburten ergab.n 31,5 Mal 2 Knaben, 38,5 Mal 1 Knabe und 1 Mädchen und 30 Mal 2 Mädchen; unter den ODrillingen be- fanden si in 36 Fällen 3 Knaben, in 41 Fällen 2 Knaben und 1 Mäden, in 37 Fällen 1 Knabe und 2 Mädchen und in 43 Fällen 3 Mädchen. Die Vierlingsgeburt bestand aus 1 Knaben und 3 Mäd- chen, alle lebend, während fonft 6,7 %/ aller Kinder bei Mehrgeburten iodtgeboren wrourden.

Der „Uebersihtlihen Zusammenstellung der wichtigsten An- gaben der Deutschen Eisenbahn-Statistik“ sind folgende weitere Mittheilungen entnommen: Im Betriebsjahre 1882/83 waren auf sämmtlichen normalspurizen Eisenbahnen Deutschlands vorhanden 11 362 Lokomotiven (1881/82 11020), davon waren Tenderlokomotiven 1723 (1881/82 1551); auf je 10 km Betriebsläng?z kamen 3,26 (1881/82 3,18) Lokomotiven; die Beschaffungskosten sämmtlicher Lokg- motiven einschließlich Tender betrugen 564 293 320 A (1881/82 992 685 5961 M), d. i. auf 1 Lokomotive 49665 A (1881/82 90153 A). Es waren ferner an Personenwagen vorhanden über- haupt 20 892 Stck. (1881/82 20455) mit 47161 Achsen (1881/82 46 327); die Beschaffunoskosten derselben betrugen insgesammt 157 013 680 Æ (1881/82 153 502 03& M), d. i. auf 1 Abe 3329 «6 (1881/82 3313 M). Gepäck- und Güterwagen waren 235546 im Betrieb (1881/82 226019) mit 481028 Asen (1881/82 461 272); die Tragfähigkeit derselben belief sich auf 2269003 t (1881/82 2 157 678 t); bie Beschaffungskosten beliefen sib insgesammt auf 694 244 908 M (1881/82 668666 416 Æ, d. i. auf 1 Achse 1443 M (1881/82 1450 6). Die Zahl der Postwagen betrug 1297 mit 3182 Achsen (1881/82 1270 mit 3114 AHfen).— Jm Einzelnen besaßen u. A. die preußischen Staatsbahnen insgesammt 5858 (1881/82 4530) Lokomotiven oder auf 10 km Betriebélänge 4,01 (1881/82 3,82) Lokomotiven; die Beschaffungskoften eins{l. Tender betrugen 290166494 # oder auf 1 Lokomotive 49533 A (1881/82 226 748 681 od r pro Stck. 50055 Æ); die preußischen Staats- bahnen verfügten ferner über 9028 (1881/82- 7310) Personenwagen mit 21 146 (1881/82 16 958) Achsen, deren Beschaffungskoften \sich auf 72358 403 A (1881/82 57529 824 M oder auf 3422 (1881/82 3392) A pro Asse siellten; an Gezäck- und Güterwagen waren auf diesen Bahnen 127 236 Stck. (1881/82 92411) mit 259 650 (1881/82 188 493) Asen vorhanden, deren Tragfähigkeit insgesammt 1237895 (1881/82 895277) t umfaßte und deren Beschaffungs- kosten sfich auf 374 617 498 M (1881/82 272 826 971 M), d. i. pro Achse auf 1443 (1881/82 1447 4) beliefen. Auf sämmtlichen deutshen normalspurigen Eisenbahnen wurden im Betriebsjahre 1882/83 242 264 260 (1881/82 223 651 866) Personen befördert; die Einnabme aus der Personenbcförderung (aus\{chl. Gepäck- und Nebencinnahmen) betrug auf 1 Perfonenkilometer 3,46 (1881/82 3,48) -; die vorhandenen Pläße find ausgenutzt worden mit 24,98 (1881/82 25,39) %/. In der ersten Wagenklasse fuhren überhaupt 2 241 287 (1881/82 2236 437), in der zweiten Klasse 30 490 826 (1881/82 29127 908), in der dritten 154 158 745 (1881/82 139 899 134), in der vierten 48 534000 (1881/82 45 881 000) Per- sonen. Im Güterverkehr wurden auf sämmtlihen Bahnen be- fördert gegen Frachtberewnung 184 864 320 (1881/82 168 277 238) & und 7302054 (1881/82 6 995 678) t ohne Fractberechnung. Jede Tonne wurde durcbschnitilich befördert auf eine Entfernung von 81,08 (1881/82 81,42) km.

Zu den in Band 11 (N. F.) der Statistik des Deutschen Rei chs veröffentlihten Nachweisungen über die Schiffsunfälle an der deutshen Küste im Jahre 1883 bringt das soeben aus- gegebene Septemberheft der „Monatshefte ‘zur Statistik des Deut- \chen Reichs“ erläuternte Bemerkungen, welchen Folgendes entnommen wird. Die Zahl der zur amtlichen Keantniß gelangten Unfälle, von welchen Schiffe an der deutschen Küste selbst, auf dem Meere in ciner Entfernung von nicht mehr als 20 Meilen von der Küste und auf den mii dem Meere in Verbindung ftehenden, von Sceescbiffen be- fahrenen Binnengewässern im Laufe des Jahres 1883 betroffen wur- den, beziffert sich auf 218, welche (bei 55 Kollisionen) 273 Sciffe be- trafen. Die Vergleichung mit den entsprechenden Ergebnissen früherer Jahre zeigt, daß im Jahre 1883 die Zahl der Sciffsunfälle überhaupt im Vergleich zum Vorjahr, welches ebenso wie die Jahre 1880 und 1881 verhältnißmäßig reich an Unfällen war, zwar etwas geringer geworden ist, nicht aber die Zahl der betroffenen Schiffe. Ueberhaupt ist die Zahl der leßteren uach dem Durchschnittsergebniß der vier Jahre von 1876 bis 1879 und 1880 bis 1883 von 121 auf 269 Schiffe, d. i. um 122,3 9/9 gestiegen. Zum Theil wird diese Zunahme in dem leb- hafteren Schiffsverkehr begründet, weiter aber auch dadurch verursacht sein, daß die leßten Jahre Stürme aufzuweisen hatten, welche für die Schiffahrt an der deutschen Küste außergewöhnlich gefährlich waren. Im Jahre 1883 waren von besonderer Heftigkeit der Sturm vom 18. bis 20, Dftober, dur den 11 Schiffe total verloren gingen und 14 mehr oder minder {were Beschädigungen erlitten, dann der Sturm vom 4. bis 6. Dezember mit 7 Totalverlusten und 10 BDeswadiaungen, und bee Slurm vom 12 1 11€ Dezember mit 6 Totalverlusten und 6 Beschädigungen. Von den im Jahre 1883 durch die Unfälle betroffenen Schiffen gingen 60 vollständig verloren (1882 83, 1881 101), 137 wurden theilweise beschädigt (1882 120, 1881 114), 74 blieben unbeschädigt, und von 2 blieb der Ausgang des Unfalls unbekannt. Der Verlust an Menschenleben bei den Unfällen im Jahre 1883 bezifferte sib im Ganzen auf 47 Perfonen (1882 18, 1881 89). Von den betroffenen Schiffen waren 177, und zwar 126 Segelschiffe und 51 Dampfschiffe, deu! scher Nationalität, und hiervon gingen 44 (43 Segelschiffe und 1 Dampfer) total verloren; von den übrigen gebörten 42 der briti- \{en, 13 der norwegischen, 11 der dänischen, 8 der s{wedischen, 7 der niederländishen, 6 der russishen, 3 der französishen, 2 der österreich - ungarishen und je 1 der italienishen und nord- amerikaniswen Flagge an; von 2 Schiffen konnte die Natio- nalität nit ermittelt werden. Gestrandet sind 56 deutsche und 30 fremde Schiffe, gekentert 5 deutsche, 1 fremdes und 1 unbe- kannter Nationalität, gesunken 17 deutsche, in Kollision gerathen 64 deutsche. 45 fremde und 1 unbekannter Nationalität, und dur fonstiae Unfälle wurden betroffen 35 deutsche und 18 fremde Schiffe. Der ODertlichkeit na entfallen auf das Oftseegebiet 37 Strandungen, 14 Kollisionen, 5 Unfälle durch Kentern, 7 durch Sinken und 19 Un- fälle anderer Art ; auf das Nordseegebiet 49 Strandungen, 41 Kolli- fionen, 2 Unfälle ducch Kentern, 10 durch Sinken und 34 sonstige Unfälle. Verhältnißmäßig am häusigsten kamen Unfälle an der Küste und auf den Untiefen in der Nähe ter Elbmündung und auf der Elbe selbst, soweit dieselbe der Seeschiffahrt dient, vor, wa3 sich aus dem regen Seeverkehr, welcher von den Elbhäfen aus f\tc.icfindet,

erklärt. R : Knnft, Wiffenschaft und Literatur.

Nürnberg, 19. November. (W. T. B.) Der Ober-Baurath und Direktor der Kunstschule, Knauth, ist gestorben.

Veterinärwesen. In dem Gouvernement Esthland ist die Rinderpest erloschen.

Gewerbe und Handel. Diejenigen hiesigen Einwohner, welche für das Kalenderjahr 1885 außerhalb Berlins im Umherziehen ein Gewerbe zu betreiben beab- sichtigen, zu welhem nach dem Geseß vom 1. Juli 1883, betreffend