1884 / 276 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 22 Nov 1884 18:00:01 GMT) scan diff

“oie ted de L A L R E N U

Obwohl es fich bei Bewilligung des unentgelt- lihen Effektentransports in Gemäßheit des 8. 8 des Reglements, betreffend die unentgeltlihe Benußung der Staats- 2c. Eisenbahnen zur Beförderung von Personen und Gütern, um ein Benefizium handelt, ist nach einer Bestimmung des Ministers der öffentlichen Arbeiten vom 17. d. M. doch mit Rücksicht darauf, daß dieser Transport unter den Bedingungen des Betriebsreglements für die Eisenbahnen Deutschlands erfolgt, und die frahtfreie Beförderung nur ein Aequivalent für den Fortfall der im §. 1 des Gefeßes vom 24. Februar 1877, betreffend die Umzugskosten der Staatsbeamten, und der Allerhöchsten Verordnung vom 26. Mai 1877, betreffend die Umzugskosten von Beamten der Staatseisenbahnen 2c., festge- On Transportkosten bildet, die Versicherung des

erthes und der rechtzeitigen Lieferung gegen Zahlung der tarifmäßigen Versicherungegebühren bei Gewäh- rung der in Rede stehenden Vergünstigung für zulässig zu erachten. Die Dienststellen haben die deklarirte Summe in Zahlen und Buchstaben in Gegenwart des Aufgebers auf dem Coupon zu dem Transportschein vermerken zu lassen.

Der Gouverneur des hiesigen Jnvalidenhauses, General-Lieutenant von Wulffen, à la suite des 6. Bran- denburaishen Jnfanterie-Regiments Nr. 52, hat eineu ihm BLUINE bewilligten 45 tägigen Urlaub nach Breslau an- getreten.

Oldenburg. Oldenburg, 20. November. (Wes.-Ztg.) Auf der heutigen TageELordnung des Landtages stand zu- nächst die Berathung eines Geseßentwurfs, betr. die Bildung einer Gemeinde Wangerooge; derselbe wurde, dem Antrage des Verwaltungsausschusses entsprehend, angenom- men. Die Jnsel Wangerooge ist nämlih zur Zeit der Ge- meinde Vänsen (Feverland) zugehörig, dieser Zustand aber stets als Nothbehelf empfunden worden, der für feinen der interessirten Theile einen befriedi- genden Zustand herbeizusühren vermochte; die Jnsulaner konnten feine auf dem Grunde gemeinsamer Jnteressen wurzelnde Anhänglichkeit an die Gemeinde Minsen gewinnen, und leßtere sah die Jnsel nur als lästige Beigabe an; bislang wurde Bedenken getragen, dem Wunsche der Jnsulaner, eine Gemeinde für sich zu bilden, stattzugeben, da fraglich erschien, ob die Mittel der Jnsulaner ausreichend seien, um die aus der Bildung einer selbständigen Gemeinde erwachsen- den Kosten zu tragen; den von Neuem wiederholten Wünschen der Jnsulaner glauben indessen Regierung und Landtag aus der allerdings anzuerkennenden geringen Leistungsfähigkeit der nur 165 Köpfe zählenden Jnsulaner keinen Einwand mehr herleiten zu sollen, da, abgesehen von der Armenlast, die Höhe der Gemeindelasten wesentlih von den Beschlüssen der künstigen Gemeindevertretung abhängen werde, wie anzunehmen sei, daß leßtere auf die Vermögensverhältnisse auf der Jnsel genügende Rücksiht nehmen werde, damit die Armenlast nicht zeitweilig zu einer drückenden Last sich gestalte, bestimmt der Geseßentwurf, daß die neue Gemeinde verpflichtet sei, einen Armensonds zu bilden, in welcher Beziehung die näheren Bestimmungen den Aufsichtsbehörden übe: lassen werden. Ohne Debatte genehmigte der Landtag ferner einige Geseßt- entwürfe für das Fürstenthum Birkenfeld, betreffend die Einrichtung und Erhaltung des Katasters, betreffend ander- weite Feststelung der Grundsteuer und betreffend Abänderung des Gebäudesteuergeseßes. Eine längere Diskussion ver- ursachte ein Geseßentwurf, betreffend die Bestrafung der Arbeitgeber mit Geldstrafe bis zu 100 # oder mit Hast bis zu 14 Tagen, falls sie ohne schriftlihe Erlaubniß des Lo- kal-Schulinspektors Shul kinder während der für den Schul- unterriht festgesezten Stunden zu Garten-, Feld-, Handwerks- oder Gewerbsarbeiten verwenden. Derselbe wurde mit 26 gegen 4 Stimmen abgelehnt. Einige andere unbedeutende Gesetzentwürfe, betreffend Depositenwesen u. #. w. wurden in zweiter Lesung genehwigt und sodann zur Berathung des Einnahmevoranschlages des Herzogthums über- gegangen, aus welchem Folgendes bemerkt werden mag: Der Rohertrag der Forsten ist für die nähste Finanzperiode pro «ahr mit 185 00046 eingestellt; die ertragsfähigen Forsten des Ms haben eine Größe von 7663 ha 25 a und bringen einen ohertrag von ca. 241/25 46 pro Hektar, nah Abzug aller Kosten aber nur einen Reinertrag von ca. 1111/5 4; als Einnahme von den Fischereien in den Gewässern des Staats ist die ge- ringe Summe von 1600 # pro Jahr angenommen; die Sporteln und Gebühren der oberen Verwaltungsbehörden sind jährlih zu 35 000 #, der Aemter zu 78 000 M, des Landger.hts und Ober-Landesgerichts zu 35 000 M, der Amtsgerichte zu 280000 #4, der Hypothekenämter zu 34 000 6 veranschlagt; an Jagdscheingebühren werden 15 000 #, als Ertrag der Chausseen 80 000 46 jährli ein- gestellt; die Giundsteuer erbringt jährlih 755 000 M, die Gebäudesteuer ca. 160000 #, die Einkommensteuer rund 820 000 M, die Erbschastssteuer 84 000 M jährlih; als Ein- nahme von der Landesbank sind jährlich 36 000 #6 veran- schlagt. Bei der Position „Ertrag von Chausseen“, wurde von einigen Rednern, Abg. Tanyen u. A,, der Wunsch aus- gesprochen, daß der Staat mit Aufhebung der Chausseegelder auf den Staatschausseen vorgehen möge, da dann die Amts- verbände in die Lage kommen würden, auch auf den Amts- verbandschausseen das für den Verkehr fo. sehr lästige Chausseegeld zu beseitigen; von anderer Seite (Abgg. Borg- mann und Meyer) wurde dagegen nicht für gerechtfertigt gehalten, das Chausseegeld aufzuheben, und ein Redner (Abg. Schulte) erklärte, daß die Finanzlage des Staates zur geit keineswegs eine solche sei, daß an die Aufhebung einer innahmequelle von so großem Ertrage gegangen werden könne; der Abg. Thorade wünschte, die Regierung möge die Chausseehebestellen möglichst nur an solche Bewerber geben, welche kcine Wirthschaft führten, und sich dabei niht durch Rücksichten anf etwaige höhere Pachten bestimmen lassen, worau? der Abg. Ahlhorn den Antrag stellte, die Regierung zu ersuchen, so weit möglich, die Hebestellen niht an Wirthe zu FeNIRn, welcher Antrag vom Landtage angenommen wurde,

Lippe. Detmold, 19. November. (Wes.-Ztg.) Die Landtagswahlen sind nunmehr beendet. Dieselben sind, da sie unter dem Eindruck der Reichstagswahl stattfanden, im Ganzen zu Gunsten der Fortschrittspartei ausgefallen, die mit Kmsicht und Energie die ganze Wahlbewegung geleitet hat. Die Lippe'schen Landtagswähler sind bekanntlih in 3 Klassen eingetheilt, welhe je 7 Abgeordnete wählen. Die einzelnen Ulassen haben wie folgt gewählt: 1, Klasse: 3 Nationallibe- rale, 3 Konservative, 1 Fortschrittler; 2. Klasse: 1 National- liberaler, 2 Konservative, 4 Fortschrittler; die 3. Klasse, welcher hauptsählich die Arbeiter zugetheilt sind, hat nur

fortschrittlich gewählt. Die Konservativen sind umsomehr über den Ausfall der Landtagswahl erbittert, als gerade in der bevorstehenden Session wichtige Fragen zur Verhandlung kommen werden, von denen als die hauptsächlihsten zu er- wähnen sind: die Eisenbahnfrage, die Thronfolge und das Regentschaftsgeset.

Waldeck und Pyrmont. Arolsen, 17. November. Nachdem der am 30. Oktober d. J. zusammengetretene diesjährige Landtag in seiner 1. Sißung die Wahlen geprüft und den Vorstand und die Kommissionen gewählt hatte, trat derselbe heute zu einer zweiten Sißung zusammen. Es kam 1) die Staatskasse- Rechnung vom Jahre 1882 zur Berathung und Verhandlung. Ein Antrag, die von der Regierung und der Kommission bean- tragte Nachverwilligung der Etatsüberschreitungen abzulehnen, fand nit die Zustimmung der Kammer; die Etatsüberschrei- tungen wurden nah längerer Debatte genehmigt, jedoch wurde zugleich beschlossen, den Landes-Direktor zu ersuchen, künftighin nöthig erscheinende Mehrausgaben in Nachtrags-Etats zur Genehmigung vorzulegen. Aus der Rehnung selbst ist zu bemerken, daß die Einnahme betragen hat 1 024 936 # 68 3, die Ausgabe dagegen 1 037 744 Æ 73 3, mithin die Mehr- ausgabe 12808 M 05 . Der vertragsmäßige Zuschuß Preußens ist mit 310 000 vereinnahmt. Die Aktivkapitalien des Landes betragen 1 174065 M 58 §, die Kassenbestände 372105 54 S, der Antheil an dem Ertrage der Zölle und TZabacksteuer hat 90117 H ertragen, gegen den Vor- anshlag von 52050 # Die direkten Steuern haben 291 487 4/6 27 S erbraht. Zur Verzinsung der Landes- \{hulden sind ausgegeben 110473 #Æ, zur Schulden- tilgung 22957 #6 50 S, Kapitalien angelegt 23 000 M 2) Die von der Regierung vorgelegte summarische Uebersiht der Fst:-Einnahmen und -Ausgaben der Landeskasse pro 1883 ergiebt pro 1883 ein Defizit von 21 073 M 53 S. 3) Der Geseßentwurf, betreffend die Einsührung des Königlich preußischen Geseßes vom 26. Juni 1875, betreffend die Be- rihtigung des Grundsteuerkatasters und der Grundbücher bei Auseinandersezungen vor Bestätigung des Rezesses, wurde angenommen ; 4) desgleichen ein Geseßentwurf, betreffend Bau- einshränkungen in der Umgebung des Bades Pyrmont, jedoh mit. Modifikationen. 5) Ebenso wurde der Gesetz- entwurf, betreffend die Einsührung des preußischen Gesetzes vom 18. Juni 1884 über den Betrieb des Hufbeschlaggewerbes, angenommen. 6) Von den Uebersichten über das Domanial- Stammvermögen wurde, unter Wahrung der ständischen Rechte, Kenntniß genommen.

Defterreic{-Ungarn, Pest, 21. November. (W. T. B.) Dem „Pester Lloyd“ zufolge hat der Ministerpräsident Tisza in der gestrigen Sißung des Finanzausschusses erllärt, daß unter den gegenwärtigen Verßältnissen an die Regelung der Valuta nicht gedacht werden könne. Die Erwähnung dieser Frage in dem Auss{ußbericht würde nur zu Privatzwecken ausgebeutet werden und die Pro: duzenten allarmiren, welche annehmen würden, daß man ihnen die Schwierigkeiten des Ueberganges zu der andern Valuta aufbürden möchte. Die Berührung der Frage sei daher ganz inopportun. Jn Betreff des Aus gleiches erklärte der Minister-Präsident: es sei wohl möglich, daß derselbe die Erhöhung der einen - ober dêr! andern Einnahme sür Ungarn zur Folge haben! würde? alkéêrn die Erhöhung der Einnahmen dürfte niht von vornherein als Zweck hingestellt werden, weil sonst der Reichsrath der österreichishen Regierung die- selbe Direktive ertheilen würde, wodur eine Verständigung zwischen den beiden Staaten {werlich zu erzielen sein dürfte.

Die Kommission des Unterhauses zur Vor- berathung der Vorlage, betreffend die Reform des Oberhauses, hat die Vorlage als Grundlage für die Spezialberathung angenommen.

Niederlande. Haag, 20. November. (Köln. Ztg.) Der Minister-Präsident Heemskerk antwortete heute auf die von Fransen van de Putte, dem Führer der Liberalen, an ihn gestellte Frage: ob nah dem Ausfall der leßten Wahlen in dem liberalen Ministerium Ver- änderungen vorgenommen werden würden, mit Nein; er sehe keinen Grund, ein Mitglied einer der Gegenparteien in das Kabinet zu berufen und habe deshalb auch Niemand ein Amt angeboten. Nach dieser Erklärung wurde die Antwort der Kammer auf die Thronrede be- rathen und genehmigt. Bevor der 80jährige Alters-Präsi- dent Wybenga dem vom Könige zum Vorsißenden ernann- ten Mackay den Plaßg einräumte, hielt er eine Ansprache an das Haus, in welcher er mit kräftigen Worten die Ein- mishung der Kirche in die Wahlbewegung rügte. Makay (Ultracalvinist) antwortete: er sei wohl niht zum Präsidenten ernannt worden, um auf diesen Angriff Wybenga's irgend etwas zu erwidern.

Großbritannien und Jrland. London, 20. November. (Allg. Corr.) Die Königin kehrte gestern, begleitet von der Prinzessin Beatrice, den Kindern des Herzogs und der Herzogin von Connaught und ihrem Hofstaat, von Balmoral nach Windsor zurü.

Es wird gemeldet, daß Jhre Majestät die nachstehenden Ernennungen genehmigt hat, und zwar der Herren : Shaw Lefevre zum General-Postmeister; Sir Thomas Brasscy zum Sekretär der Admiralität, und W. S. Caine zum Civil-Lord der Admiralität.

Die Vorschläge Lord Northbrooks zur Rege- lung der egyptishen Finanzen bildeten gestern den Gegenstand einer mehrstündigen Berathung des Kabinets. Jn diesem Conseil ward, der „Times“ zufolge, Lord North: brooks Finanzplan verworfen, weil derselbe zu den für die Herstellung des finanziellen Gleichgewihts in Egypten noth- wendigen Opfern die Bondsbesißer nicht heranziehe, und Man- gels eines anderen Planes der Beschluß gefaßt, die Lösung der egyptishen Finanzfrage einstweilen zu verschieben.

Die „Daily News“ sind informirt, daß Lord Salis- bury nicht geneigt sei, die Regierung dazu zu drängen, die Verwerfung der Neueintheilungs-Bill von Seiten des Oberhauses zur Kabinetsfrage zu machen. Gestern traf Lord Salisbury mit dem Premier-Minister zusammen und verabredete mit ihm die Arrangements für ein Meeting der Führer beider Seiten zu einer freundlihen Be- sprehung über die Neueintheilungs-Bill. Das Meeting wird ungefähr zwölf Herren umfassen, sechs von jeder Seite, und zwar Mitglieder beider Häuser des Parlaments.

Die „Morning Post“ schreibt: „Die beiden Punkte

bezüglih der Neueintheilungs-Bill, auf welhen das

Oberhaus zu bestehen beabsichtigt, sind: 1) daß alle wichtigen Bestimmungen der Bill, - über welche beide Parteien zu einem vorläufigen Einvernehmen gelangen, als „vital“ für die Existenz der Regierung erahtet werden, und 2) daß jeder Verzug, der verhindern könnte, daß die Maßregel im Fahre e Gesegeskraft erlangt, für ebenso wichtig gehalten werden 0 „F

m Westminster-Palace-Hotel trat vorgestern wiederum die im vorigen Juli vertagte Konferenz über die Reichs-Föder ation unter dem Vorsiß Mr. W. E. Forsters zusammen. Unter den Anwesenden befanden sich Lord Nor- manby, Earl Wemyß, Lord Brabourne, Lord Dunraven, Lord Rosebery, mehrere Parlamentsmitglieder und viele andere hervorragende Männer. Der Marquis von Nor- manby erklärte: er glaube, daß die Zeit gekommen sei, wo England zur Stärkung und Vermehrung des Bandes der Einheit zwischen sich und seinen Kolonien etwas thun sollte. Er sei überzeugt, daß, wenn das Band nicht fester geknüpft werde, es lockerer werden würde. Lord Rosebery brachte die Bildung von Lokalzweigen der Neichs- föderations-Liga im ganzen Reiche in Vorschlag; auch wurde ein Auss{huß ernannt, der die Angelegenheiten der Liga bis zur nähsten Generalversammlung leiten soll.

Die Admiralität hat beschlossen, den „Royal Sovereign“, das erste für die britishe Marine gebaute Thurmschiff, und sieben andere alte Schiffe, die jeßt in Portsmouth liegen, zu verkaufen.

21. November. (W. T. B.) Die „Times“ kommt noch einmal auf den Bericht Northbrooks zurück und hält die Nichtigkeit ihrer gestern von demselben gegebenen Analyse aufrecht mit dem Bemerken: es sei nothwendig den Bericht unverzüglih zu veröff-ntlihen. Die Bestimmungen desselben seien indessen für die Regierung nicht bindend. Wenn dieselbe eine andere egyptishe Konferenz vorschlage, so müsse man sofort die Versicherung erlangen, daß England dur Präliminarverträge die Hände nit so gebunden sein würden, wie dies bei der englisch-französishen Konvention der Fall ge- wesen sei. ;

421. November, Abends. (W. T. B.) Das Unterhaus lehnte heute den Antrag des Deputirten Labouchère, betreffend die Abänderung der Beziehungen der beiden Häufer zu einander zur Beseitigung der aus dem gegen- wärtigen Verhältniß des Oberhauses für die Geseßgebung sih ergebenden Uebelstände, mit 145 gegen 71 Stimmen ab. Der Premier Gladstone hatte si gegen den Antrag aus- gesprochen und erklärt, daß bei einer Beseitigung des anderen Hauses der Einfluß der Lords in anderer Weise zur Geltung kommen würde. Außerdem sei der Antrag jeßt, wo von dem Oberhause ein Akt der Klugheit und des Entgegenkommens verlangt werde, auch unzeitgemäß. Die Radikalen und die Parnelliten bildeten bei der Abstimmung die Minorität.

Capetown, 21. November. (W. T. B) Das „Neu- tershe Bureau“ meldet : Nah Nachrichten aus Taungs, der Residenz von Mankoroane, dem Oberhaupt des Betschuana- landes, hat der Spezialkommissar des Transvaal- landes, Dutoit, auf die Nachricht von der Absendung englischer Truppen nah Südafrika, in dem Territorium von Montsioa die Fahne des Transvaallandes aufgehißt und den Boeren in Gosen Schuß in ihrem Besiß zugesichert. Die Frauen der Boeren sind nah dem Transvaallande ge- sendet worden. Man glaubt indeß, die Transvaalregierung werde Dutoit in seinem Vorgehen nicht unterstüßen.

Frankreich. Paris, 20. November. (Fr. Corr.) Aus Aden wird dem „Temps“ von heute telegraphirt : „Jh er- halte in diesem Augenblicke die Bestätigung der Nachricht von der Beseßung Tadjurahs durch die Franzosen nah dem Ausmarshe der kleinen egyptischen Garnison, welhe diesen seit der Okkupation von Obock und Sagallo durch unsere VBesizungen umschlossenen Punkt bewahte. Man versichert mir, daß die englischen Kolonialbehörden von Aden beabsichtigten, sich an Stelle der Egypter in Tadjurah zu seßen, wie sie dies in Berbera und Zeylah gethan ; allein es scheint, daß sie sich durch das Detachement überholen ließen, das beauftragt war, von diesem Plaße im Namen Frankreihs Besiß zu ergreifen, und daß ihre Abgesandten einige Augenblicke nach Auf- pflanzung der französishen Fahne anlangten.“ Tad- jurah wurde gleichzeitig mit Berbera und Zeylah unter dem Khedivate J2mail Paschas duyrch die Egypter besetzt. Die Rechte, kraft deren jene Oftupation ge\hah, wurden von den Häuptlingen der Stämme als sehr bestreitbar an- gesehen, denen die Franzosen die Abtretung von Obock und Sagallo zu danken haben. Die Besißergreifung von Tadjurah giebt den Niederlassungen von Obock und Sagallo die ihnen bisher fehlende Straße nah dem Fnnern und wird diesen die Entwicklung von Beziehungen mit Abessinien und Choa im größeren Maßstabe gestatten.

Aus Lyon wird telegraphirt, daß gestern ein Arbeite r- krawall in den dortigen Mauergräben ausgebrochen ist und sih wahrsheinlich weiter fortpflanzen werde. Die Munizi- palität läßt nämlih die Stadtgräben ausfüllen und hat das Unternehmen im Submissionswege an ein Syndikat von Maurezmeistern übertragen, welhes für den Augenbiick nur für etwa fünfzig Arbeiter Beschäftigung hat. Gestern zogen ihrer etwa Tausend hinaus, unter ihnen viele Weber, die anderen Unterhalt suchen müssen, und verlangten, zugelassen zu werden. Als man ihnen die Schaufeln, das Zeichen der Arbeit, verweigerte, rotteten sie sih zusammen und stießen Drohungen aus, wurden aber durch berittene Stadtsergeanten auseinander gesprengt. Im Laufe des Tages kamen sie aber wieder zahlreih auf die Arbeits- stätten zurück, tobten von Neuem und wurden diesmal nach einigen Verhaftungen von Kürassieren mit flachem Säbel zurüdgedrängt. Der „Temps“ bringt heute Abend folgende Depesche aus Lyon: „Die Arbeit wurde heute Morgen an den verschiedenen Arbeitspläßen wieder aufgenomnien, ohne zu neuen ernsthaften Manifestationen Anlaß zu geben. Die Syndikatskammer der Maurer hat etwa 100 Arbeiter mehr als gestern beschäftigen fönnen. Jn der Nähe der Arbeitsstätten hatten si einige Gruppen angesammelt, die sich in lebhaften Diskussionen er- gingen. Mehrere Abtheilungen von Polizeimannschasten sind an Ort und Stelle, um die Ordnung aufrecht zu erhalten. Um zchn Uhr wurden zwei Jndividuen wegen Beleidigung von Polizeiagenten verhaftet.

W. November. (Köln. Ztg.) Léon Renault wurde gestern zum Berichterstatter über das Wahl- geseß für den Senat ernannt und wird am nächsten Montag seiner Aufgabe nahkommen. Wenn die Sache ihren

gewöhnlichen Verlauf nimmt, so werden die Senatoren- wahlen am 18. oder am 25. Januar stattfinden. :

21. November. (W. T. B.) Die Deputirten- kammer beshloß heute die unverzüglihe Berathung des Resolutions - Antrages Clémenceau, welcher die Veröffentlihung des Protokolls üter die am 6. d. M. stattgehabte Sißung der Tongking-Kommission verlangt. Clémenceau wirft dem Minister-Präsidenten Ferry vor, daß ec die Wahrheit verberge; es ergede si dies aus den Worten Lord Granville’'s, daß Frankreich eine englische Mediation nachgesuht habe. Hr. Ferry unterbrah Clémenceau und erklärte dessen Behauptung für unrichtig. Clémenceau beshuldigte den Minister Ferry so: dann, daß er durch Aenderung des Protokolls der Kommission den Sinn seiner vorher abgegebenen Erklärungen geändert habe, und fragte, ob die Kammer damit einverstanden sei, derart getäusht zu werden. Hr. Ferry erklärte, daß die Aenderungen unbedeutend seien; das Saßstück, welches Clé- menceau ihm vorwerfe, bei der Aenderung des Pro- tofkolls hinzugefügt zu haben, habe folgende Fassung ge- habt: Jch halte den Frieden für möglih, nur muß man es den Chinesen nicht sagen. -Der Vorfall zeige, bis zu welchen Kleinlichkeiten der Geist der Opposition vorgehen könne; er sei der Ansicht, daß derartige Kundgebungen große Unzuträglichkeiten nah sih ziehen und Frankreich in den Zu- stand der Juferiorität gegenüber einem s{hlauen Feinde seßen würden, dem man nicht die Karten auf den Tisch legen könne. Schließlich erklärte Hr. Ferry, daß, wenn der Antrag angenommen würde, er die auswärtigen Angelegenheiten niht weiter würde leiten können. Nach verschiedenen Reden wurde der Antrag Clémenceau's mit 283 gegen 212 Stimmen verworfen. Hierauf wurde die Budgetberathung wieder aufge- nommen, bei welcher Ribot sih gegen die übertriebenen Aus- gaben und gegen den Mangel an Ordnung in der Verwen- dung der Kredite aussprah. Die weitere Verathung wurde sodann auf morgen vertagt. :

Die Versammlung von Delegirten der land- wirthschaftlihen Vereine faßte eine Resolution, worin verlangt wird, daß der Eingangszoll auf fremdes Getreide auf 5 Frcs. und decjenige auf Mehl von jeder Beschaffenheit auf 9 Fres. per Centner festgeseßt werde. :

Von Mitternacht, den 19 d. M., bis zur gleichen Zeit des folgenden Tages sind 31 Cholera-Todesfälle vor- gekommen, davon 11 in der Stadt und 20 in den Hospitälern. Von heute Mitternacht bis heute Mittag sind 10 Personen an der Cholera gestorben. Jn Oran starben gestern 14, in Nantes 1 Person an der Cholera. Der „Liberté“ zufolge wären gestern in Compiègne 18 Cholera-Todesfälle vorge- fommen.

Spanien. Madrid, 20. November, Abends. (W. T. B.) Heute Abend fanden antiklerikale Kundgebun- gen vonStudenten statt, bei welhen die Polizei einschritt und mehrere Personen verwundet und verhaftet wurden.

21. November. (W. T. B) Gegenüber den über- treibenden Darstellungen, welhe oppositionelle Blätter über die jüngsten Studentenunruhen und deren Veranlassung verbreiten, wird regierungsseitig Folgen- des bekannt gegeben: Der der republikanischen Partei angehörige Professor Morayta war wegen einer antikirch- lihen Rede von einem Bischof exkommunizirt worden. Eine unter den Studenten zur Unterzeihnung kursirende Erklärung, in welcher das Verhalten des Bischofs gebil- ligt wurde, gab zu Reibereien unter der Studentenschaft Anlaß. Da der Rektor der Universität denselben nicht Tiästia genua entacgentiat, 0 pPllanzlen sich diee selben nah der Straße fort und veranlaßten Ruhestörungen, an denen sich auch Mitglieder der republikanischen Partei be- theiligten. Die Polizei war zum Einschreiten genöthigt, und da von Seiten der Studenten Revolvershüsse auf die Beamten abgefeuert wurden, so gingen diese mit flahen Säbelhieben gegen die Nuhestörer vor. Fünf Polizeibeamte und 14 Stu- denten sind leiht verwundet; 68 Studenten wurden verhaftet. Der Rekior der Universität hat seine Entlassung gegeben, welche angenommen worden ijt. Die Bevölkerung der Stadt hat sih an den Ruhestörungen in keiner Weise betheiligt.

Numänien. Bukarest, 21. November. (W. T. B.) Die soeben abgeschlossene Wahl für die Kammer ergab für die Negierung einen vollkommenen Sieg, da alle ihre Kandidaten gewählt wurden. Die konservative Opposition enthielt fich gänzlih der Wahl. Die Gruppe Rosetti und Demeter Bratiano erlitt eine Niederlage, und nur Kogalniceanu wurde von der liberalen Opposition in Braïla gewählt. Morgen beginnen die Senatswahlen.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 21. No- veinber. (W. T. B.) Der Kaiser und die Kaiserin haben gestern das in Schweden erbaute Kriegsschiff „Sivasch“ besichtigt. Auf der Neva ist ftarker Eisgang.

5 22 Noon T. B): Das „Journal de Sti Petevobourg! (Gib, baß die be ver Er- öffnung des Deutschen Reichstages gehaltene Thronrede niht verfehlen könne, eine neue feierliche Bestätigung der Politik des Friedens und des gegen- wärtigen Vertrauens zu geben, welches dur die Ent- revue in Skierniewice eine neue Weihe erhalten habe. sie habe dies in Ausdrücken gethan, deren innerer Werth noch erhöht werde dur die Persönlichkeit Dessen, der sie verkündete, denn es sei der ehrwürdige Kaiser Wilhelm, welcher das Ergebniß der Entrevue in Skierniewice dahin zusammengefaßt habe, daß er seine Freundschaft mit den Kaisern von Rußland und Oesterreich-Ungarn für lange Zeit als gegen alle Angriffe gesichert ansehen dürfe.

22. November. (W. T. B.) Von den Studenten der Universität in Moskau, welche an den im Oktober stattgefundenen Unruhen theilgenommen haben, sind 17 von der Universität ausgeschlossen und 51 zu Arrest im Uni- versitätskarzer verurtheilt worden.

Der durch scine Reise in China 1874 bekannte For-

chungsreifende Piasecki wird mit Bewilligung des Kaisers und unter Protektion des Großsürsten Wladimir wiederum eine Expedition nah China unternehmen.

Amerika. New - York, 19. November. (Allg. Corr.) Mr. Bruce, der Registrator des Schaßamts der Vereinigten Staaten, hat Neußerungen gethan, welche den Meldungen von bevorstehenden Schwierigkeiten unter den Negern im Süden eine gewisse Bedeutung geben. Die Neger fürchten, daß der Erfolg der Demokraten bei der leßten Präsidentenwahl \ie wiederum in die Sklaverei treiben werde. Mr. Bruce sagt: er habe viele Briefe erhalten, die alle darin übereinstimmen,

daß sie die Behörden vor einem allgemeinen Exodus der Neger, oder einer durgreifenden Auflösung der Organisation der Arbeit warnen, falls die Befürchtungen der Neger nicht be- s{hwichtigt werden können.

21. November. (W. T. B.) Cleveland hat einem Berichterstatter der Presse gegenüber die Gerüchte, wonach die demokratische Regierung eine Schmä- lerung der Rechte der Neger herbeiführen würde, für durchaus unbegründet erklärt und hinzugefügt, daß das Recht der Neger, alle Vortheile der Staatsbürger zu ge- nießen, nicht beschränkt werden könne, ausgenommen dur eine Aenderung der Verfassung, die absolut unmöglich sei.

Mittel-Amerika. Mexiko. (W. T. B.) Nath einer über New-York eingetroffenen Depeshe aus Mexiko, vom 21. November, hat ver dortige Kongreß die Berathung der Frage, betreffend die Konvertirung der Staats\chuld, vertagt, bis der Präsident Diaz die Regierung übernom- men haben wird.

Asien. China. Shanghai, 21. November. (W. T. B.) Zwei chinesische gepanzerte Kreuzerschiffe sind einge- troffen; wan glaubt, daß dieselben versuchen werden, die Blokade von Formosa zu brechen.

Afrika. Egypten. Kairo, 19. November. (Allg. Corr.) Die britishe Truppenmacht in Egypten zählt 16 000 Mann, von denen über 9000 in oder südlich von Affuan stehen. Die Koncentrirung der Truppen, welche an der Expedition theilnehmen, wird in Debbeh bewerkstelligt werden. Durch den heute erfolgten Abmarsh der Cameron-Hoch- länder nah der Front ist die Garnison von Kairo auf zwei Regimenter reduzirt.

(W. T. B) Den „Däily News“ wird aus Dongola, von 21. d. M,, gemeldet: Gutem Vernehmen nah habe General Gordon ein Geshüß des Fein- des genommen; 500 Anhänger des Mahdi hätten \sich mit Gordon verbündet. Einer Meldung des „Daily Te- legraph“ aus Suakim, vom 21. d. M., zufolge wäre Berber von den Aufständischen wieder beseßt worden.

Dongola, 20. Novewber. (Allg. Corr.) Major San d- wich begab sih heute nah dem 30 Meilen nördlih von Dongola gelegenen Orte Haffir, um zu ermitteln, ob es thunlih sei, dort eine Fähre nach dem westlichen Ufer des Nils einzurihten. Dies würde die auf dem Marsche befind- lihen Truppen in den Stand seßen, den Nil zu überschreiten und die kurze Karawanenroute nach diesem Plage einzu!hlagen. Lord Wolseley kehrt am Freitag hierher zurü.

Suakim, 19, November. (Allg. Corr.) Der General- Gouverneur, Commodore Chermside, kehrte heute von Massazuah hierher zurück. Mahmud Ali, der foeben von

einer Rekognoszirung zurückgekommen ist, meldet, daß große Rebellenmassen in Handub, Tamai und anderen Wasserstationen auf der Straße nah Sinkat stehen und die nah dem Jnnern führenden Straßen beseßt halten.

Zeitungsstimmen.

Das „Deutsche Tageblatt“ sagt:

Ein größerer Gegensatz kann kaum gedacht werden, als ihn die Haltung der gegen die Politik der Kaiserlichen Regierung bei den Wahlen gerichteten Parteien und der Grundton - der bei Eröffnung des Reichstags vom Kaiser verlesenen Thronrede aufweisen. Kein Register der regierungsfeindliben Instrumentalkunst blieb bei den Wahlen unaufgezogen, keine Verleui dung, die gegen die Absichten der Regierung gebraucht werden konnte, unausgesprochen, kein Kriegs- mittel, von dem sich ein kleiner Vortheil erwarten ließ, unbenußt {on der Name, den sich die vereinigte Fortschrittspartei und Secession beilegten, war ein solhes und als Antwort darauf die ruhige, bescheiden vornehme und in jedem Satze den Frieden athmende Thronrede. In der That: besser hätte die bewußtermaßen auf falschen Vorausseßungen beruhende Kriegstaktik der sogenannten Frei- finnigen bei den Wahlen nicht dementirt, besser das wüste Geschrei, das riesige Aufgebot von erlaubten und unerlaubten Wahlmitteln niht ad absurdum geführt werden können, als es durh die Thron- rede und deren „Sicherheit und Kraft des Ausdrucks wie durch ihre klassische Cinfachheit, Bescheidenheit und Herzlichkeit“ (so charakteri- sirt sie ein vortreffliher Korrespondent der „Magdeburgischen Zeituna“), geschehen ist. i

„Der Friedensgedanke ift es“, {reibt die „Nordd, Allg. Ztg. “, welcher die Thronrede von Anfang bis zu Ende beseelt; der Wunsch des Kaisers, den inneren Frieden herzustellen, und die Genugthuung, durch eine weise und vertrauenerweckende äußere Politik zur Befestigung des allgemeinen Friedens beigetragen zu haben.

Es kann keine stärkere Mahnung für die Volksvertretung, ih der Friedenspolitik des Kaisers anzuschließen, geben, als diese Thronrede, welce prunklos und {licht die Thatsachen aaruft, die ein volles Ver- trauen in die Regiernngépolitif rechtfertigen, um die Mitwirkung der Volksvertretung für Ziele zu gewinnen, in welten sie die Bürgschaft des Friedens findet.“ |

Aber verstehen die bisher so feindlichen Parteien diese Sprache ? Ihre Organe finden die Thronrede dürftig sie hatten die Ankün- digung von Vorlagen erwartet, über die sie sofort herfallen könnten, die fie zu kritisiren, an deren Jnaussfichtstellung sie ihre Kunst des Befsserwissens aufs Neue darzulegen vermöhten. Sie bekennen ihre „ESnttäuschung*. Und die Mahnung zum Anschluß an die Friedens- politik des Kaisers ? Oh! sie würden sich ja in den denkbar \{rofsten Gegensaß zu ihrer Wahltaktik setzen, wenn sie dieselbe als auch an sie gerichtet, wie dies der Fall ist, acceptiren, wenn sie sagen wollten, wohlan, das Kriegsbeil sei begraben, wir beugen uns vor dieser Sprache, dieser Mäßigung.

Und ftatt über die wichtigste Mahnung der Thronrede naczu- denken, wie die steigenden Bedürfnisse des in seiner Weiterentwickelung durch die glorreiche Kunst des größten Staatsmannes stetig geförderten Reiches zu decken seien, bringen sie am ersten Tage der neuen Session den alten Diätenantrag wieder ein.

Sehr richtig chreiben die „B P. N.*": Es ist eine Ironie des SchidLfals, daß die Partei, deren Parole ist: „Haltet die Taschen zu!" am ersten Tage der beginnenden Legiélaturperiode eine Attake auf die Taschen der Steuerzahler unternimmt. Sind wirklich die Er- fahrungen, welche man mit den Diäten im preußis{ch:n Abgeordneten- hause machte, wo die Etatsberathung so an die 4—5 Monate in Anspruch nimmt und jede 100000 4 Abstrich am Etat 300 000 bis 400 000 Æ an Diäten kosten, so ermunternd, daß diese endlosen Etatsdebatten und dergleichen auch nah dem deutschen Reichstag ver- pflanzt werden follen ?

Dem „Wolff\chen Telegraphischen Bureau“ wird aus Wien, u. d. 21. November, gemeldet:

Sämmtliche Morgenblätter carakterifiren die deutshe Thronrede als eine eminente Friedensbotshaft. Das „Fremdenblatt*“ \chreibt: Ruhmreicher Sieger in weltbewegenden Kämpfen, Schöpfer eines do- minirenden Reiches, hat Kaiser Wilbelm den \{chönsten Herrscher- triuumph darin gefunden, seiner Nation und dem Welttheil den Segen des Fricdens zu bringen, diesen Frieden im Reiche und in Europa zu begründen, und ihn gegen Störungen und Gefahren zu sichern. Diesem erhabenen Ziele sehen wir

alle Kuäfte des greisen Regenten und den Einfluß seines Reiches im

Rathe Europa's geweiht; diesem großen Ziele ist das sieggekrönte Deutschland im Bunde mit seinem gkeistrebenden Nachbar immer näher gekommen und heute verkünden die weisen und klaren Worte

der Thronrede neuerdings das Wesen jenes edlen Programms, das

Kaiser Wilhelm und seine mächtigen Bundesgenossen zum Heile des

friedensbedürftigen Welttbeiles zum gemeinsamen Inhalte ihrer

Politik erhoben haben. Weiter sagt das „Fremdenblatt“ : daß die

Einladungen zu der afrikanischen Konferenz von dem Deut- {hen Kaiser im Einverständnisse mit Frankceich ergangen seien, bedeute allein \{ch{on einen Triumph des Frciedens, wie er größer nit dentbar sei. „Die Botschaft des greisen Kaisers*, {ließt das Blatt, „tönt mächtig hinaus in alle Welt und der Segen der dankbaren Völker ist die Antwort, die sie weckt in allen Staaten, denn in einem Gefühle begegnen fih alle Völker des Ecdballs, in der Freude am Frieden, in der Sehnsucht nah dem ungetrübten Genusse seirer Segnungen“. Die „Neue Freie Presse“ \chreibt: Die Thronrede giebt den innigsten Wünschen des Kaisers Wilhelm Aus- drudck, die Hoffnungen Europas auf Erhaltung der Ruhe dur ver- heißung8vole Versicherungen zu beleben. Wer hätte noch vor drei Jahren geträumt, daß Deutschland und Frankreih zusammen zu einer Konferenz in Berlin einladen würden? Dies zivilisatorische We:k vollziehe sib, während kein Wölkchen den europäischen Frieden bedrohe und der Deutsche Kaiser mit einer Freudigkeit, welche die analogen Versicherungen des Kaisers von Oesterreich in seiner Ansprache an die Delegationen fast überbiete, die Thatsachen aufzähle, welche auch für die Zukurft die Erhaltung des Friedens verheißen. Alle, die zur Konferenz gekommen, nenne der Deutsche Kaiser die Freunde Deutschlands, ganz besonders aber die Kaiser von Oester- reih und Rußland, mit denen er in Skerniewice dicse Freundschaft für lange Zeit vesiegelt hobe. Es sei das Beste, was eine Regierung von sich sagen könne, daß sie sib durch ihre kriegerisben Erfolge nicht verleiten ließ, das Glück der Völker auf anderem Wege als dur Pflege des Friedens und feiner Wohlthaten zu suchen. In der „Presse“ heißt es: Für Europa is zur überzeugenden Wahrheit der Saß geworden, „das deutshe Kaiserreich ift der Friede“. Ja dieser Richtung bilde die Chronrede eine erfreulihe, von allen Völkern Europas dankbar begrüßte Er- gänzung der Botschaft des österreihishen Kaisers an die Dele- gationen, Bezüglich der afrik nischen Konferenz bemerkt die „Presse“, die Größe und die Zukunft Deutschlands ruhten in \ciner Kolonial- politik und diese zu unterstüßen und mitzuthun an der Befreiung des Deutshthums von den unwürdigen Fesseln, welche ihm im westfälischen Frieden angelegt wurden, den großen Handel und die Wi:ltindustrie aub für das deutsche Land und Volk nußbar zu maten, sei die Pflicht jedes redlichen deutschen Patrioten. Das „Wiener Tagblatt“ sagt: Kaiser Wilhelm will, nachdem er den Frieden nah Außen gefestigt und gesichert, auch den inneren Frieden, den Frieden in der Gesellschaft herstellen; dazu sollen dîe sozialen und wirth\{aftlihen Reformen den Weg bahnen. Die „Wiener Allgemeine Zeitung" hebt die Bescheidenheit und Hriedfertigkeit in den Aeußerungen der deutschen Thronrede bezüglich der Aufgaben Deutschlands in Afrika hervor. Das Deutsche Reich sei stolz darauf, als bester Wahrer des Friedens geachtet zu werden und die Thronrede verkünde diese Mission. Das Blatt be- tont ferner die Worte des Kaisers bezüglih der Entrevue in Skerniewice. Dieselben ließen erkennen, daß an derselben die per- sönlichen Gefühle des Kaisers ia demselben Grade betheiligt gewesen seien, als die Erwägungen der Politik. Die „Deutsche Zeitung“ sagt: Ueber die gewichtigste und dringendste aller Fragen, über das Verhältniß zwischen den groß-n Militärmächten des Welttheils, äußert sih der Deutsche Kaiser mit eincr Zuversiht, welche alle Besorgnisse vor einer Störung des Weltfriedens versheuchen muß.

Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ veröffentliht nah Londoner Blättern folgendes Protokoll über eine interessante Verhandlung des Schaßamts am

12, d. _Mts.:

„Der Ersie Lord (Mr. Gladstone) benachrichtigt das Kollegium, daß im Unterhause Fragen darüber gestellt worden sind, ob Personen, welche eine etatsmäßige Anftellung ia dem Civilstaatsdienst haben, gleichzeitig öffentlich als Kandidaten für einen Siß im Unterhause auftreten, politisbe Ansprachen erlassen und in politishen Versamm- lungen zur Förderung ihrer Wahl sprechen dürfen. Der Erste Lord entwickelt, von wie s\{chwerwiegender Wichtkg- keit diese Fragen seien, und daß es zweckmäßig erscheine, dieselben in Betreff des Ressorts des Schaßamts durch eine Vecfü- gung von fo allgemeinem Charakter zu regeln, daß darnach alle vor- kommenden besonderen Fälle ohne Rückfrage bei dem Kollegium er- ledigt werden könnten. Er spricht sih sehr entschieden über die nach- theiligen Folgen aus, welche cine jede Abweichung von den Bedingungen haben müsse, die unter parlamentarischer Regierung einen permanenten Civilbeamtenstand möglih machen, uud betrachtet es als die wesent- lihe dieser Bedingungen, daß diese Beamten in der Lage bleiben müßten, der jedesmaligen Megierung zu dienen, ohne sib öffentlihen Vorwürfen von FInkonsequenz oder Unauf- richtigkeit auszuseßen. E3 habe allerdings seine theoretische Schwierigkeit, den Grad von Zurückhaltung zu bestimmen, welche diese Bedingungen den Civilbeamten auferlegten; die Schwierigkeit sei aber in der P raxis gelöst worden, wie sih darin zeige, daß An- Élagen wegen Parteilichkeit selten gegen Mitglieder dieses Standes erhoben worden seien; das Kollegium sei daher in der Lage, viel mehr ein ungeschriebenes, aber in Wirksamkeit befindlihes Gesetz anzu- rufen, als ein neues zu erlassen. Das Kollegium konstatirt den fakti- schen Gebrauch, daß ein Civilbeamter, der sich um einen Siß im Unterhause bewirbt, sein Amt niedeclegt, sobald er seinen ahl- aufruf erläßt, oder in irgend einer anderen Weise sih als Kandi- daten ankündigt. Das Kollegium befindet, daß dieser Gebrauch ver- bindlih sein solle und erklärt ihn dafür in Betreff des Schatzamts und aller anderen Ressorts, welche demselben rücksihtlich der Dis- ziplin unterstellt sind. Der Erste Lord theilt ferner mit, daß Ihrer Majestät Regierung mit den Erwägungen, welche er dem Kollegium vorgetragen habe, einverstanden sei, und {lägt vor, das Ergebniß derselben Ihrer Majestät als Geheimrathsbefehl zu unterbreiten, der, wenn genehmigt, den ganzen permanenten Civilbeamtenstand verpflibten würde. Inzwischen könnten Abdrücke dieses Protokolls dem Parla- ment vorgelegt und den verschiedenen Ressorts zu ihrer Information mitgetheilt werden. Das Kollegium ist einverstanden.

Centralblatt für das Deutsche Reth. Nr. 47. Jn- halt: Zoll- und Steuerwesen: Abberufung eines Stationês-Con- troleurs. Transportkontrole für Ochsen im Hauptamts-Bezirk Vreden. Befugnisse von Zoll- und Steuerstellen. Finanzwesen: Nachweisung über Einnahmen des Reichs vom 1. April bis Ende Oktober 1884, Konsulatwesen: Bestellung eines Konsularagenten. Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem RMeichs- gebiete. ODruckfehler-Berichtigung.

Justiz-Ministèrial-Blatt. Nr. 43. Inhalt: Allge- meine Verfügung vom 13. November 1884, betreffend die Aufhebung der kollegialisden Schöffengerichte zu Bieber und Altwied.

Eisenbahn-Verordnungs-Blatt. Nr. 29. Inhalt: Erlasse des Ministers der öffentlihen Arbeiten: Vom 27. Oktober 1884, betr. Uebertragung der Verwaltung und Betriebsleitung der Verbindungsbahn Schalke (B. M.) Bismarck an das von der Königlihen Eisenbahn-Direktion (rechtsrh.) zu Cöln refsortirende Königliche Eisenbahn-Betriebs8amt zu Essen. Vom 3. November 1884, betr. Polizeivorschriften für Eisenbahnen untergeordneter Be- deutung. Vom 15 November 1884, betr. die an Pensionäre zu gewährenden Kriegs- und Verstümmelunaszulagen. Vom 17. No- vember 1884, betr. Versicherung des Werths und der Lieferzeit bet frachtfreiem Cffektentran8porte. Nachrichten.