Statistische Nachrichten.
Die militärisch organisirten Feuerwehren in der Provinz Sachsen. — Am 1. April 1883 bestanden in der Provinz Sachsen eine Berufsfeuerwehr, 140 Pflichtfeuerwehren und 114 freiwillige Feuerwehren, zusammen 255 mitiitärish organisirte Feuerwehren mit 1285 Brandmeiftern und Ober-Feuermännern und 12420 Mannschaften. Von diesem Bestande entfielen eine Berufsfeuerwehr (Stadt Magdeburg), zwei Pflichtfeuerwehren und 34 freiwillige Feuerwehren mit 3101 Mitgliedern auf den Regierungét bezirk Magdebura , ¡zwei Pflichtfeuerwehren und 63 freiwillige mit 3915 Mitgliedern auf den Regie- rungsbezirk Merseburg und 136 bezw. 17 solber Institutionen mit 6689 Mitgliedern auf den Regierungsbezirk Erfurt. Oeffentliche Feuersozietäten, welche vielfah Anregung zur Bildung dieser Feuerwehren gegeben hatten, gab es nach den „Mittheilungen für die öffentlichen Feuerversiherungs- Anstalten“ (XVI. Jahrgang Nr. 19, Oftober 1884), aus denen wir auch die vorstehenden Angaben ent- nommen haben, zur selben Zeit drei in der Provinz. Dieselben hatten bis dahin an baaren Beihülfen für die Feuerwehren geleistet : die Landes-Feuerfozietät des Herzogthums Sachsen 30015,16 M von 1865 bis 1883, die Magdeburgiswe Land-Feuersfoziettät 1935059 J von 1871 bis 1883, die Provinzial-Städte-Feuer- fozietät der Provinz SaWsen 19 344,84 # von 1876 bis 1883, zu- sammen 68 710,59 Æ, so daß bei 13 705 Mitgliedern im Durch- schnitt 5 A Sozietätsbeihülfe auf den Kopf kamen.
unft, Wiffenschaft und Literatur.
Die Gesellshaft für bildende Kunst und vater- ländische Alterthümer in Emden hat soeben das 1. Heft des VI. Bandes ihrer „Jahrbücher“ versandt. Drei umfsängliche Beiträge dieses neuesten Hefts beschäftigen sich mit dem Geschichts- {reiber der Friescn, Ubbo Emmius. An der Spitze würdigt der General-Superintendert Bartels in Aurich, als Fortseßung zu seiner im Jahrbuchhe von 1878 veröffentlihten Abhandlung: „Die apo- kryphisbe Geschichtéshreibung in Fricsland im Zeitalter des Ubbo Gmmius*“, dessen „Rernm Frisicarum Historia“ vnd ihre Bedeutung, im Anschluß an den äußeren Lebenslauf des Verfassers und im Zusammenhang mit den gescbichtlichen Ereignissen des humanistischen Zeitalters. Im Anschluß daran veröffentlibt Pr. Deiter in Aurich nah vem Original der Groninger Universitätsbibliothek das lateinis{he Itinerarium Über die große Scbweizer Reise des Emmius in den Jahren 1576—1578, während De. Kohlmann in Emden aus dem Provinzialarhiv in Groningen dreizehn Briefe des- selben miithcilt. Das fsprechend lebendige Porträt des Emmius in Lichtdruck, nach einem Originalgemälde im Besiß der Gesellschaft, ist dem Hest beigefügt. Von den beiden anderen größeren Arbeiten bietet die eine cinen Beitrag zur Geschite von Emdens Handel und Schiffahrt und bestcht in einem Vortrage des Gymnasialdirektors a. D. Dr. A. Schweckendieck, während die andere, vom Staatsarchivar Dr. Herquet in Aurich, über das Archidiakonat von Friedland Münsterscher Diözese handelt. Kleinere Mittheilungen urkundlicher und anderer Art reihen sih an. — Nach dem von dem zeitigen Sekretär, Pastor Pleines er- statteten Bericht über die Gesellshaft und ihre Thäâtig- I in der Zeil vom 1, Januar bis 1. September d. J, betrug die Gesammtzahl ihrer Mitglieder mit Einschluß der korrespondirenden und Ehrenmitglieder 171, gegen 167 im vorigen Jahre. Mit 42 auswärtigen Geschichts- und Alterthums- Vereinen fteht die Gesellschaft in literarisher Verbindung, Die verschiedenen Sammlungen sind theils duch Ankauf, theils durch Schenkungen um ein Beträchtlihes vermehrt worden ; die Ab- theilung der Alterthümer hat durch den Erwerb einer Privatsamm- lung Vermehrung erfahren, deren Säße größtentheils dem Tannen- häuser Grabfunde entstammen; der Gemäldesammlung wird eine niht minder erwünschte Bereicherung dadurch zu Theil werden, daß ihr von der Genecraldirektion der Königlichen Museen 25 Oelgemälde (meistens aus der italienischen Schule) überwiesen wurden. Zu der von der Gesfellsaft angeregten und von dem Geheimen Regierungs- Rath von Dehn-Nothfelser befürworteten würdigen Restaurirung des Grabmals des Grafen Enno Il. in der Großen Kirche zu Emden auf RMRegierungskosten find die einleitenden Schritte bereits erfolgt. Von nicht geringer Bedeutung und vielseitiger An- regung und Anknüpfung war der Besuch der „Hansischen Flanderfahrer*. Die Bestrebungen der Gesellshaft haben auch in diesem Jahre von Seiten der Behörden Unterstüßung erfahre ; so wurden ihr von dem Landes-Direktorium 500 6, von ver Oftfriesishen Landschaft 300 A und von dem Magistrat der Stadt Emden 150 4 bewilligt. Mit Hülfe dieser Zuwendungen hofft man, an den Ausbau des Gesellschaftshauses gehen zu können, welcher zu ciner um so dringenderen Nothwendigkeit geworden ist, je zahlreicher sih die Gemälde, Kunst- und Alterthumsgegenstände der Samm- lungen stetig mebren. Die Direktion der Gesellschaft besteht zur Zeit aus den Herren Gymnasial-Direktor a. D. Dr Schweckendieck (Dis- rektor), Oberlehrer Dr, Kohlmann (Vize-Direktor), Pastor Pleines (Sekretär), Sekretär der Handelskammer von Renten (Rendant). — Es folgt eine Uebersiht der neuen Erwerbungen für die Samm- lungen. Mit ten Verzeichnissen der am 1. September d. F. vorhan- den gewesenen Mitglieder sowie der auswärtigen Vereine und ge- lehrten Gesellschaften, mit denen die Emdener Gesellshaft in Schriften- austausch steht, {ließt das Heft.
Der „Deutsche Kinderkalen der“, (Verlag von A. B. Auerbach), welcher sich von Jahr zu Jahr größerer Verbreitung in der kleinen Welt zu erfreuen hat, liegt in eleganter Ausftat- tung vor uns und bietet so vielerlei Niedliches, daß er auch in der neuesten Ausgabe des Beifalls der Kinder sicher sein darf. Der dritte Jahrgang 1885 weist folgenden reichhaltigen Inhalt auf: Zunäcst ein Kalendarium mit hübscher Leiste, anmuthigen Versen und einem zu Notizen recht praktisch angelegten Tagesverzeihniß. Um auch für die Schule verwendbar zu sein und allen Bedürfnissen der kleinen Leser entgegenzukommen, ist ein Stundenplan für den Scbulunterricht beigefüat, sodaß also die Kleinen beim Spiel zugleich an ihre Pflichten sich erinnern können. Sodann solgt eine abenteuer- liche Geschihte von W. Hinzpeter mit freier Benußung einer Idee des Robidaz betitelt ist sie: Hans und Traps, und durch zahlreiche Bildchen ges{chmückt von R. Eddelbüttel. Zwei hübsche Blumen- märhen von Martha Bleich und Wilhelm Meyer - Markau, ein russisches Märchen: Die Sonne, der Frost und der Wind \{licßen sich würdig an. Thränenpüppchen betitelt sich eine Geschichte, in der viel geweint wird, von Hermann Heiberg. Der tleinen Ge- schichte: Mieze Geizhals geht ein Preisräthsel vorauf. Richard Schmidt-Cabanis ist mit einem lustigen Gedicht: Groß und Klein, oder: Die Geschichte vom Riesen und der Fliege vertreten, dem sich Laura von Scheel mit einem niedliben Vers anschließt: Wie die Bach- stelzen über das Meer kommen. Auch für diejenigen kleinen Leser ist gesorgt, welche so glücklich sind, ein Kasperle-Theater zu besitzen, denn Papa Neimschmied, wie er sib selbst nennt, hat ein Marionetten- spiel zum Geburtstage der Tleinen Hedwig ge! ichtet, worin der Richter, ein Schußmann, die Großmutter, Hans und Kasperle eine große Rolle spielen. Marie von Olfers hat alerliebste Zeichnungen und Verse gebracht zu: Prinz Pi und Prinzeß Pu. Auf den nächsten Seiten erzählt Marie Lederer, wie der Großvater zu Besuch kam. Der nächste Artikel handelt über Schmetterlingssammlungen, und giebt den kleinen Naturforshern manchen nüßlihen Wink. Elsbeth von ver Decken beschreibt sodann cine Gesellschaft, in der es dem Bilde zufolge sehr lustig zugeht. Auch die kleinen Köchinnen kommen im Kalender zum Recht, denn ihnen werden von Adolphine Haupt Rezepte für die Puppenküche gegeben. In einer darauf folgenden Parabel erzählt Ernst von Wolzogen, wie Hans Klotzkopf den Verstand fand. Eine drollige Geschichte von Wilhelm Kunze: Das pfisfige Bäuerlein, sowie eine andere von Elisabeth Morgen- stern: Der Streit der Farben, geht dem Märchen von Anna Fromm: Im Dämmerstüadchen, voraus. Swlaft wohl, ift ein reizendes Blättchen mit schlafengebenden Kindern genannt, ge-
Eine arithmetishe Spielerei zeigt die einfahste Löéung merk- würdiger Zahlen. Märchen WMohrs Heldenthaten folgen. Der Kalendermann giebt dann die Anleitung zur Anfertigung einer hübschen Tasche, wozu das Muster im Buche beiliegt. J J. Liessem erzählt hierauf von einer Thür ohne Klinke und Kurt v. Randow giebt einige Verse zu einer niedlihen Silhouette. Was fder Bär niht fressen wollte, theilt C. Haag mit. Eine ebenso rührende wie wahre Ge- \{chichte erzählt Adolphine Hauß vom eitlen Fips und dem treuen Nero. Agnes Garke giebt poetische Kleinigkeiten unter dem Namen Allerlei. Ein Festspiel für W ihnabten von Joachim Voß, sowie ein Weihnahtsmärhen von Adolf Triesch folgen. Eine optische Spielerei giebt hübsche Meßversuhe. Die Pappel vennt \sich ein Märchen von Ferdinand Avenarius, illustrirt von Grotthus. Olga Altmann giebt den kleinen Mädchen recht beherzigenswerthe Rathschläg. Preiëaufgab. n, Gedichte, Plauderecken, sowie eine lustige Geschichte vom langen Lehmann machen den Beschluß. — Trotz dieses ungemein reihhaltigen Inhaltes und der hübschen Ausstattung beträgt der Preis des Kalenders nur 1
Gewerbe und Handel.
Die „Weser-Zta.“ \{reibt unter dem 21. Novcmber: Gestern Abend hat die Bremer Vereinsbank ihre Jnsolvenz angezeigt, und der Konkurs ift eröffnet worden. Die hiesigen kaufmännischen Kreise baben zum großen Theik die Lage dieses Instituts seit längerer Zeit als schr bedenklih angesehen ; denno hat der jäbe Zusammen- bruch auch die bestorientirten Kaufleute überra\s{t. Das Aktienkapital beträgt 3 Millionen Mark. Der leßte Rehnungsab\ch{luß für 1883 ergab noch einen Reingeroinn von 193 272 , wovon 565/100 9/9 Divi- dende vertheilt u:d dcm Reservefonds 2%, zugeschrieben wurden, so daß sich der leßtere auf 60 000 Æ stellte. Die Depositen betrugen am 31. Dezember 1883 2445071 # — Der frühere Direktor Scchwöbmann und der jehige Direktor Flügger sind verhaftet worden.
— Die „Sles. Ztg.“ berichtet vom \chlesischen Eisen- und Metallmarkt : In der verflosseïien Woche sind die Pro- duktions- und Absaßverhôlinisse der obershlesishen NRoheisenindustrie unverändert geblieben. Nach den im Laufe dieses Jahres vorgenom- menen mannigfacden technischen Vervollkommnungen im Hohofen- betriebe ift die Produktion der im Betriebe stehenden 34 Hohöfen all- mählich und stetig fortschreitend zu quantitativ und qualitativ besseren Resultaten gelangt. Hieraus erklärt fi, daß die Menge des er- blasenen Noheisens die frühere Durhschniitsleistung seit längerer Zeit übertrifft, und da diese Mehrproduktion ungefähr der Menge des in den ausländischen Konsum gehenden Roheisens gleichkommt, so haben dadurch die Gesammt-Roheisenvorräthe, wenn auch unter einzelnen lokalen Schwankungen, crhebliÞh zugenommen. Der Konsum von Roheisen bei den in- uyd auslärdishen Puddlingêwerken, für Gießereizwecke, von den Beéssemereien und zur Erzeugung von Thomasftahl war ein ziemlich stetiger, zum Theil gesteigerter. Größeren Abnehmern wurden gewöhnlihe NRoheisensorten zum bisherigen Preise von 5,15 bis 5,20 M geliefert. Feinkörniges und Qualitätsprodukt, bezw. gute Marken von Giceßerciroheisen fanden verbältnifimäßig günstigen Absatz bei ziemlich festen Preisen von 6,30—-6,50 46 Ein großer Theil des Noßmaterials für Gießerci- zwede findet am Orte der Erzeugung felbst Verwendung, wodurch die feste Haltung dieses Artikels Unterstützung findet. — Die Walzeisen- werke waren in leidlih befriedigender Weise mit Aufträgen versehen. Handel8eisen sowie faconnirte Fabrikate und Feinble&e fanden nicht nur nah dem Irlande guten AÄbsaß, sondern waren auch nach aus- wärts sowie einige Sorten s{chwerer Qualitäts-Eisenbleche begehrt und fanden nennenswerthe Ablieferungen statt. Für Stabeisen- und andere Walzwerks Waaren sind im Allgemeinen Aufträge für geräumigere Fristen vorhanden, die Blechstreden waren bisher regelmäßig und ausreichend beschäftigt. Die Walzeisenpreise blieben fest. — In der Metallbranche ging es bis vor Kurzem ziemlich fill zu, da
Käufer von Nohmetallen längere Zeit eine größere Enthaltsamkeit an den Tag legten, zinkishe und bleiishe Fabrikate aber gleichfalls in ruhigerem Verkehr standen. In letzter Zeit trat wieder etwas mehr Nachfrage auf, auch wurden einzelne Abschlüsse betreffs erster Marken perfekt. Verkäufer hielten an den leßtgemeldeten Preisen fest.
— Der „ Schlcsischen Zeitung“ wird vom oberschlesischen Steinkohlenmarkk beribtèét; Bestellungen geben so zahlreich ein, daß die meisten Gruben zur Einrichtung von Tag- und Nachtförderung überzugehen si veranlaßt geschen haben. Da die Nacbfrage für die kleineren Sortimente anhaltend und în einem die Erzeugung der- selben übersteigenden Verhältnisse auftritt, so hat die Nictbefriedi- gung dieses Begehrs den Konsum — u. A. auch Eisen- und Zink- bütten — von felbst auf vermehrten Verbraub von Stück- und Würfelkohlen zurückgreifen lassen, in Folge dessen auch für diese gröberen Sortimente ein animirtes Geschäft fih geltend machte. Die früher allscits nicht unbedeutenden Haldenbeflände von Stül-, Würfel-, Mischkohlen 2c sind schon seit längerer Frist verschiedentlich geräumt, und wo dies noch nicht vollständig geschehen, is der Um- schwung zum Besseren doch cbenfalls nicht zu verkennen.
Bre men, 21. November. (W. T. B.) Die hiesige Verein s- bank hat gestern Abend ihre Infolvenz angezeigt.
London, 21. Rovember. (W. T. B.) Bei der gestrigen Woll- auktion waren Preise unverändert.
New-York, 21, November. (W. T. B) Baumwollen-« Wochenbericht. Zufuhren in allen Unionshäfen 257 000 B., Aus- fuhr nab Großbritannien 120 000 B,., Ausfuhr nah dem Kontinent 78 000 B., Vorrath 801 000 B.
Verkehrs8-Anftalten.
Indische Eisenbahnen. Die Eisenbahnen in Indien hatten nach dem Berichte des Oberst Stanton in „Tbe Economist“ Nr. 2146 vom 11. Oftober 1884 am Ende des Jahres 1883 eine Länge von 10 832 englischen Meilen; ihre Ausdehnung hatte gegen das Vorjahr um 4} 9% zugenommen. Davon entfielen 6405 Meilen auf Privatbabnen und 4427 auf die Staatseisenbahnen, welche ent- weder dem Reiche (Imperial railways), den Provinzen oder den Staaten der Eingeborenen (Native railways) angehörten. Auf sämmtlichen Linien wurden im Laufe des Jahres 1883 befördert: an Personen 65 098 953 — Zunahme gegen das Vorjahr 101/2 9%, an Stückgütern 16 999264 t — , i 7 ü 141/32 9%, an sonstigen
Waaren 10983265 t — ,y L 5 5 182/5 9%, Das gesammte Anlagekapital errcihte eine Höhe von 142 193 129 £, pro Meile Betriebslänge 13 611 Lz; die Gesammteinnabmen beliefen fich auf 16 279 753 £; die Ausgaben betrugen 7 878 195 £, mithin blieb ein Reingewinn von 8401 558 £ oder 5,91% gegen 5,55 9% in 1882, Bis zum 31. März 1884 wurde der Bau von weiteren 3458 Meilen Eisenbahnen genehmigt, unter welchen sich 1908 Meilen Staatsbahnen befanden.
Bremen, 21, November. (W. T. B,) Der Dampfer des Norddeutshen Lloyd „Braunschweig“ ist gestern in Baltimore, und der Dampfer „Fulda“ von derselben Gesellschaft in Southampton eingetroffen.
Hamburg, 22. November, (W. T. B.) Der Postdampfer „Westphalia“ der Hamburg-Amerikanishen Pacet- fahrt-Aktiengesellshaft ift, von Hamburg kommend, gestern Abend 8 Uhr in New-York eingetroffen.
__ St. Petersburg, 21. November, Abends. (W. T. B.) Der direkte Verkehr zwishen Kronstadt und St. Petersburg ist unterbrochen; Kronstadt ist von dihten Eismassen umgeben. Die Mi And der Schiffahrt wird als nahe bevorstehend an- gesehen.
Sauitätswesen und Quarantänewesen.
e Portugal.
In Folge des Ausbruchs der Cholera in Paris ist durch Erlaß der Königlich portugiesischen Regierung vom 8. November d. J. die ODbservations-Quarantäne für die nah dem 2. desselben Monats aus deutschen, britischen, holländishen und belgishen Häfen kommen-
zeichnet von Matmerdott. „Die Vogelscheuhe“, betitelt sih ein Märchen von W. v. Gera mit Jllustrationen von Emilie Flatau.
den Schiffe wieder auf fünf Tage erhöht worden.
In Betreff Frä nkrei chs verbleibt es zufolge eines fernertiöeitei Erlasses vom 8. November bei der Aus\{ließung der aus angesteckten Häfen, nämli Nantes, Saint Nazaire, Toulon und Marseille kom- menden Schiffe wogegen die seit dem 2. November aus allen übrigen französiswen Häfen stammenden Sctiffe einer strengen Quarantäne von mindestens aht Tagen bei gleichzeitiger Desinfektion der Ladung unterworfen werden.
Spanien.
Erlaß der Königlich spanischen General-Direktion für Gesundheit und Wohlthätigkeit vom 10. November 1884:
1) Es werden einer 10 tägigen ftrengen Quarantäne in den La- zarethen an der Grenze gegen Franfreih alle aus diesem Lande auf dem Landwege ankommenden Neisenden unterworfen, wobei das Reise- gepäck derselben durch zweckmäßige Lüftung und Räucherung zu desinfi- ziren ist. Die Räucherung der Passagiere, welche leßtere nur zu bygieniswen Maßregeln der Reinigung verpflichtet sind, wie se für die Seelazarethe in der Vorschrift 5 der „Real Orden“ vom 18. Sep- tember 1879 (,Gaceta“ vom 20.) angegeben sind, ist untersagt
2) Es wird gleifalls eine sorgfältige Desinfektion, Ventilation und Räucherung mit folgenden kontumaz;pflihtigen Waaren vorgenommen : Gebrauchékleidern, Fellen, Federn, Flahs, Wolle, Baumwolle, Hanf und Papier aus Fabriken, zubereitet für die Industrie und den Handel, deren Waaren nicht längere Zeit werden aufgehalten werden, als zu ihrer hygienischen Behandlung unumgänglich erforderlich ift.
3) Durchaus verboten ist die Einfuhr über die bezeichnete Grenze von Häuten mit Haar (rohen Häuten) und Packleder, Lumpen und den Übrigen im vorhergehenden Paragraph aufgeführten Waaren, bei denen nit die Bedingungen vereinigt sind, daß sie durch die Fabri- kation der Rohstoffe (primeras materias) für die einschlägigen In- dustriezweige hergerictet sind.
4) Die auf dem Scewege eingehenden Provenienzen aus unreinen französishen Häfen sind eiaer 10tägigen strengen Quarantäne in Laza- rethen für unreine Provenienzen (lazaretos sucios) und die aus den übrigen, als verdächtig geltenden Häfen Frankreihs ciner T7tägigen Quarantäne zu unterwerfen, wobei auf beide Gattungen von Pro- venienzen das Kap. 9 des Sanitätsgesetzes zur Anwendung kommt.
5) In Gemäßheit des Art. 36 des Sanitätsgesetzes haben eine 3tägige Observationë-Quarantäne die Provenienzen aus irgend welchem Orte des Auslandes zu bestehen, dessen Quarantäne- oder Sanitäts- maßregeln den im bezeichneten Gesetz beschriebenen nachstehen. -
6) Weder in den Land-, noch in den Seelazarethen twerden in Fäulniß übergegangene animalische oder vegetabilishe Stoffe zu- gelassen ; sie werden verbrannt.
7) Die amtlihe und Privat-Correspondenz wird sogleih nach geeigneter Lüftung und Räucherung freigegeben. L
Neuerdinas Ul besttmmt worden, daß Sit. welche, aus nicht infizirken Ländern dirett ltommend, in spanishe Häfen einlaufen, vom 14. November ab frei zugelassen werden.
S Talten,
Durch Verordnungen des Königlich italienischen Ministeriums des Innern vom 9 Novcmber ist die für alle von der spanischen Küste des Mittelländishen Meeres und von dem Hafen von Salerno nach dem italienischen Festlande abgehenden Schiffe unterm 3, September bezw. 21, Oftober ,Reich#-Anzeiger“ Nr. 216 vom 13. September, bezw. Nr. 272 vom 18. November) festgeseßte Quarantäne für den Fall unverdächtiger Ueberfahrt aufgehoben und die für alle nach den italienischen Inseln bestimmten Schiffe festgeseßte Quarantäne von 21 Tagen auf 10 Tage herabgeseßt worden. Wenn während der Ueberfahrt Cholerafälle vorkommen, wird eine Quarantäne von 21 Tagen abgehalten, /
Griechenland.
Die Königlih griehische Regierung hat die fünftägige Be- obahtungêquarantäne, welche unterm 14./26. September über alle
aus den Häfen Montenegros kommende Provenienzern verhängt wor- den war („N.-A.“ Nr. 238 vom 9. Oktober) wieder aufgehoben.
Berlin, 22. November 1884.
Im weiteren Verlauf der gestrigen Sihung der Branden- burgischen Provinzial-Synode folgte der Bericht der Ge- sangbuch- Kommission. Dieselbe hat unter dem Beirath der drei General-Superintendenten eine große Anzahl von Abänderungen in dem Text der aufzunehmenden Lieder vorgeschlagen, deren Annahme der Referent P: opst D. Frhr. von der Golß empfahl. Bei der Ab- stimmung beschloß die Synode einstimmig, zu der Einführung des ihr vorgelegten Entwurfs eines evangeliswhen Gesangbuhs nebst An- hang unter Annahme der vorgeschlagenen Veränderungen ihre Zustim- mung zu ertheilen, Bezüglich der Einführung des Gesangbucves hatte die Kommission mehrere Anträge gestellt, die nach Empfehlung des Referenten und nah kurzer Debatte angenommen wur- den. Dana soll ‘die Einführung des neuen Gesang- buches den Gemeinden des Provinztialbezirks empfohlen werden. und der Verleger eine mäßige Abgabe zahlen, um aus derselben einen Provinzialfonds zur Erleichterung der Einführung des Buches zu bilden. Jeder Pfarrer soll ein Exemplar mit Erläuterungen er- halten, um es dem Gemeinde-Kirchenrath zur Kenntnißnahme vorzu- legen. Ferner soll in Anerkennung des dringenden Bedürfnisses namentlich eines Melodienbuches event. auch eines Choraltuches dem Königlichen Konsistorium anhcimgegeben werden, durch sachverständige Kräfte für die Ausarbeitung cines solchen Sorge zu tragen.
Dawit war die Tagesordnung erschöpft, und mit einigen Dankesworten des Präsidenten Hegel und mit Gesang und Schluß- andaht \chloß gegen 2 Uhr die vierte ordentliche brandenburgische Provinztalsynode.
Bremen, 22, November. (W. T. B.) Die Rettungs- ]station Warnemünde der Deutschen Gesellshaft zur Nettung Schiffbrücbiger telegraphirt: Am 21. November von der norwegischen Brigg „Nissen“, Kapitän Stendal, gestran- det bei Nienhagen, mit Holz von Riga nah Lübeck bestimmt, 8 Perfonen gerettet durch das Rettungs8boot „Vorwärts“,
Die Verlagshandlung von T. O, Weigel in Leipzig besbickt den diesjährigen künstlerishen Weihnachtsmarkt mit einer allerliebsten Gabe, nämlich einer deutschen und einer französischen Serie Lux us- Spielkarten-in reizend ausgestatteten Kästchen. Die von dem zu früh verstorbenen Prof. Ludwig Burger und Emil Döpler d. F. ent- worfenen und gemalten Originale bilden eine der s{chönsten Zierden des vielbesprocwhenen prächtigen Spielschreins, welcher bekanntlich dem Kronprinzlichen Paare zur silbernen Hochzeit überreicht worden ift. Die in prachtvollem Farbendruck ausgeführten, sorgfältigen Nachbil- dungen der ebenso geistvoll erfundenen wie mit Anmuth ausgeführten Blätter in ihrer reizenden Hülle dürften des freudigsten Beifalls nicht nur, wie felbstverständlich, der Kartenspieler, sondern aller kunsfst- finnigen Kreise siher und als hübshes Weihnachtsgeshenk will- kommen sein.
Das Repertoire des Deutschen Theaters bringt in der näbsten Woche außer Wiederholungen von „Richard II1.* au Wiederaufführungen von „Der Hüttenbesißer“ und „Die große Glocke.“
Redacteur: Riedel.
Verlag der Expedition (S ch olz). Druck: W. Els ner. Fünf Beilagen (einsch{ließlich Börsen-Beilage).
Berlin:
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T m aan a ia A
Erste Beilage
zum Deulscheu Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.
0 27G.
Berlin, Sonnabend, den 22. November
1884,
Neichstags - Angelegenhciten,
Dem Reichstage ist folgender Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Post-Dampfscwiffsverbindungen mit überseei)chen Ländern, vorgelegt worden:
Wir Wilhekïm, von Gottes Gnaden DeutsLer Kaiser, König von Preußen 2c. verordnen im Namen des Reis, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt :
T
Der Reichskanzler wird ermächtigt, die Einrichtung und Unter- haltung von regelmäßigen Post-Dampfschiffsverbindungen zwiscen Deutsch!and einerseits und Ostasien, sowie Australien und Afrika andererseits, auf eine Dauer bis zu fünfzehn Jahren an geeignete Untcrnetmer zu übertragen und in den hierüber abzuscblicßenden Ver- trägen Beihülfen bis zum Höcbstbe- rage von jährli fünf Millionen vierhunderttaufend Mark aus NReichsmitteln zu bcwilligen.
Die im §. 1 bezeichneten Verträge bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung des Bundesraths,
Die Verträge, sowie die auf Grund derselben geleisteten Zah- lungen sind dem Reichstag bet Vorlage des nächsten Neichthauthalts- Etats mitzutheilen.
8.3
Die nah §. 1 zahlbaren Beträge find in den Reicht haushalts- Etat einzustellen. Erläuterungen.
L,
Das Deutsche Reich verfügt bis jetzt über keine eigene direkte Schnelldampferv:rbindung „nah Asien, Australien und Afrika, und die zur Zit bestehenden, für Deutschland benußbaren regelmäßigen Dampfschiffoerbindungen nah riesen Erdtheilen genügen weder d?n for1dauernd s\steigernden Anforderungen des Verkehrs, noch den An- \prücben einer gedeißlihen Entwickelung der deutschen Handels- beziehungen.
In immer weiteren Kreisen hat sih die Ueberzeugung von der außerordentlichen Wichtigkeit derartiger direkter Verbindungen für die Erweiterung unseres Absatzgebietes nach überseeisben Ländern und die Empfindung Bahn gebrocen, daß Deutschland auf diesem Gebiete binter anderen Nationen zurückgeblieben ift.
So sehr auch die Meinungen über die Grenzen der Einwirkung der Staatsgewalt auf das wirthschaftiliche Leben und den freien Wett- bewerb in Handel und Gewerbe verschieden scin mögen, so ift doch grundsäulih kaum jemals bestritten worden, daß der Staat berufen ist, positiv \{chaffend und fördernd in das Gebiet der Verkehrsmittel und des Transportwesens einzugreifen Dies entspricht nicht allein der historishen Entwickelung der Einwirkung der deutschen Staoten und der Kommunen in Betreff der Verkehrswege, der Eisentahnen und Kanäle; es hat aud noch neuerdings das Reich durch die Subvention für Herstellung der Gotthardbahn ohne jedes prinzipielle Bedenken selb über seine Grenzen hinaus in das Gebiet des internationalen Verkehréwesens eingegriffen. Wenn die Mit- wirkung der Stagten bet der Herstellung und Unterhaltung der Land- straßen und Eisenbahnen bere{tigt und in vielen Fällen unentbehr- lih ift, so trifft das Gleiche auch für die überseeischen Verbindungen zuz die letzteren sind als Verlängerungen der nationalen Verkehrs- linien behufs Ausdehnung des heimischen Verkehrs und des Handels und dêr Gewinnung neuer Absatzmärkte unentbehrlich.
Es liegt in der Natur der Verhältnisse, daß eine Anknüpfung, Unterhaltung und erfprießlihe Förderung internationaler überseeischer Beziehungen in erster Linie von der Herstellung guter Verbindungen, fowie eines geregelten Postdienstes zwischen den betreffenden Ländern abhängig ist, und daß für Vermittelung d:2s Seepostdtienstes nur fole Dampferlinien von nachaltigem Nuten sind, auf denen regel- mäßige, bescleunigte Fahrten nah bestimmten Handel®plätzen, unter Einhaltung eines sowohl bezügli der Zeitdauer als auch der Anlegeplätze fest geregelten Fahrplans, stattfinden. Er- fahrungêsmäßig sind Privat-Schiffëunternechmer und Gesellschaften wenig geneigt, derartige Pflihten zu Übernehmen, da es ihrem In- teresse bei weitem mehr entspribt, in der Anordnung threr Fahrten völlig freie Hand zu behalten, als sich Beschränkungen zu unterwerfen, durch welche ihnen unter Umständen nicht nur eine Mindereinnabme erwächst, sondern durch welche fie auh zu Mehrausgaben gezwungen werden. Ausreichende Verbindungen dieser Art sind nur mit Hülfe staatlicher Unterstüßungen möglich.
Alle eucopäischen Kulturvölker find genöthigt gewesen, diesen Weg zu beschreiten, insbesondere auch die eigentlichen Fndustrie- und Handelévölker, wie England, die Niederlande, Belgien und Frankreich, und verwenden auf die dauernde Unterhaltung überseeisher Dampferlinien noch gegenwärtig verhältnißmäßig viel bedeutendere Mittel, als der Entwurf sie fordert,
Die Bemessung folher Unterstützungen {iedenen Staaten und auch innerhalb dieser zelnen Linien nach verschiedenen Grundsäßen. Theils werden Subventionen, theils Schiffahrtsprämien oder beides gleich- zeitig, theils Paushsummen für Beförderung der Post gewährt ; theils wird die Vergütung nah dem Gewicht dcr Postladung unter Ver- einbarung bestimmter Säße für jedes Kilogramm Briefe und Zei- tungen berebnet. Ob în dem cinzelnen Falle das eine oder das andere System den Vorzug verdient, kann niht nah allgemeinen Grundsätzen beurtheilt, sondern muß je nah Lage der Umstände jedesmal bestimmt werden, daher erklärt es sich auch, daß in ein und demselben Staate verschiedene Systeme nebeneinander bestehen.
Der Betrag, welchen Großbritannien an Subventionen und Vergütungen für überseeische Postverbindungen aufwendet, hat für das Etatejahr 1883/84 die Höhe von 578991 £ oder 11 564 982 M erreicht. Außerdem zahlen die australishen Kolonien Victoria, Queensland, Neu-Süd-Walcs und Neu-Seeland jährlich 3 800 000 46 für diese Zwecke und daneben werden der großbritannischen Verwal - tung von einzelnen Kolonialverwaltungen alljährlich pptr. 1 600 000 A für die Unterhaltung der asiatischen Linien erstattet.
Frankreich verwendet jährlich an Subventionen für überseeische Postdampfer 25 374 629 Fr. oder 20 299 703 46. und zahlt außerdem an Sciffahrtsprämien für die Postbeförderung noch ungefähr 6 Millionen Mark.
Auch die Postsubventionen anderer Staaten erreichen eine beträchtlihe Höhe. So zahlt z B. Oesterreib-Ungarn jährlich ungefähr 4 Mellionen Mark, Jtalien gegen 7 Millionen, Belgien annähernd F Million und die Niederlande { Million Mark.
Deutschland hingegen zahlt für die Leistungen der deutschen Sciffsunternchmungen im übersceishen Postbeförderungsdiens nur 320 000 6 jährli, wovon allein auf den Norddeutschen Lloyd und die Hamburg - Amerikanishe Padeifahrt - Aktiengesellschaft über 300 000 MÆ entfallen.
Dieser Unterschied în den Ausgaben gegenüber anderen Staaten findet seine Ecklärung im wesentlichen darin, daß die genannten Länder ausgedehnte direkte übersceishe Schnelldampferverbindungen unterhalten, wie z. B. Großbritannien, außer zahlreichen guten Linien nach Amerika, 5 mit Asien, 3 mit Australien, 6 mit Afrika; Frank- rei, außer mit Amerika, 6 mit Asien, 1 mit Australien, 5 mit Afrika; während Deutschland nur nach Amerika solche Postdampfer-
erfolgt in den ver- für die ein-
Die Erfahrungen der genaxnten Länder baben zur Genüge ge- zeigt, daß es niht mögli ist, in fest bestimmten regelmäßigen Zwischenräumen fahrende Postdampfer nach entfernten Ländern ohne Unterstüßung der Staaten zu unterhalten, wenn diesen Unternehmungen das Aufsuchen und Aufnehmén von Fracten nur in bestimmten, vor- geschriebenen Häfen gestattet und die Innehaltung bestimmter Fahr- zeiten voraeschricben if, Nur vnter aus8nahmsweifen Verkältnifsen und auf kürzeren Linien, auf welchen ein großer ausg. dehnter Verkehr stattfindet, wie beispielsweise mit Anierika, ist dies mögli. Eben deëwegen hat es auch in Deutschland bisher nicht gelingez wollen, solche regelmäßige Verbindungen mit den in Aussibt genommenen Ländern, insbesondere mit China, Australien, Japan und Ostindien, ledig- li auf Koften und auf Risiko von Privatunternehmern herzustellen. — Die deutshen Dampferlinien, welche von Hamburger Rhedern nah asiatiscen und auftralishen Verkehrsorten — und neuerdings auch nah Orten der afrikanisben Westküste — hergestellt sind, haben weder für die Ankunft am Bestimmungéort, noch für die Zwischenstationen regelmäßige Fahrzeiten; ihre Dampfer besitzen keine große Fahr- geschwindigkeit und können daher wegen des mäßigen Kohlenverbrauchs und der geringeren Zahl an Swiffsmannschast entsprechend wohl- fciler unterhalten werden, Die Dampfer suchen in der Regel auf der Fahrt Ladung, wo solche zu finden ist, und nehmen zu diesem Zwecke häufig längeren oder Türzeren Aufenthalt in verschtedenen fremdländishen Häfen, so daß auf pünktlihe Innehaltung fahrplan- mäßiger Ueberfahrtszeiten nicht zu rechren ist. Beiipielsweise haben deutsche, von Hamburg nach Australien fahrende Dampfer auf. diese Art im Jahre 1883 190, 200, 210 bis 272 Tage, im Jahre 1884 178, 189, 206, 213 bis 232 Tage zu einer Hin- und Rückfahrt ver- wendet. Aus dieser Veranlassung ist die Reis - Postverwal- tung im Verkehr mit Asien, Australien und Afrika gezwun- gen, von der Benußung deutswer Dawpfer zur Postbeförderung fast ganz abzuschen und #sich der Vermittelvng fremdländischer Dampferlinien zuzuwenden, welche dur staatlive Beißülfen in die Lage gesetzt sind, regelmäßige und beschleuniate Fahrten nah und von bestimmten Handelsplätßen der genannten Welttheile zu unterhalten. Ebenso ist der deutsche Handel, der deutshe Export und Import für den Verkegr. mit Ostasien, Australien und Afrika vorwiegend auf die Benutzung englischer Schiffe angewiesen und wird dadur die deutsche Rhederei in hohem Grade von der Theilnahme an dem Weltverkehr ausgeschlossen.
Die in diesen Ländern so zahlreichen und fo bedeutenden deutschen Handelöfirmen müssen sich meist der ausländischen Schiffe bedienen, auch dann, wenn es fich um Sendungen nach Deutschland oder von Deutschland handelt. Es bedarf keiner Aussührung, daß dies die Waare am Bestimmung2ort vertheuert und die Konkurrenz mit fremdländishen Produkten erschwert. Diese Lage ist für den deut» schen Handel um so bedenklicher, als die konkurrirenden Nationen in ihren feit längerer Zeit bestehenden regelmäßigen Dampferverbindungen einen bedeutenden Worsprung besitzen. Die baldige Herstellung deut- \her regelmäßiger Dampfschiffverbindungen ist daher {hon zur Auf- rechthaltung der Konkurrenzfähigkeit geboten und liegt im dringenden Vnteresse der exportirenden deutshen Industrie, des Handels und der Rhederei.
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Die wünschen3werthe Verbessecung der Stellung - Deutschlands im Weltverkehr soll dur Einrichtung der ‘im Geseßentwurfe bezeich- neten Postdampferlinien nah Süd- und Ostasien, nah Australien, sowie nah der West- und Ostküste von Afrika herbeigeführt werden. Es würden hierdurch direkte Verbindungen geaen werden mit Län- dern, in denen bereits erhebliche deutsche Handelsinteressen vorhanden sind. Die neuen Linien würden für die Verbesserung unseres über- \eeishen Post- und Handeléverkehrs von großem Nutzen fein und cin wirksames Mittel zur Befestigung und Erweiterung bestehender, sowie zur Anknüpfung neuer direkter Geschäfts8verbindungen: hiermit zur Ber- mehrung des Absatzes der Erzeugnisse des heimischen Gewerbefleißes, sowie zur Begründung neuer Niederlassungen und Unternehmungen bilden.
Wie sich aus den (in Anlage A enthaltenen) Aufzeihnungen über den E aitelanettebr Deutschlands mit den in Betracht kommenden überseeishen Ländern ergiebt, hat Deutschland einen sehr erheblichen Antheil an dem Handel mit den ostasiatishen Reichen, wie mit Australien, Polyuesien und Indien, einen Antheil, der weit größer ist, als ziffermäßig nachgewiesen werden kann, wcil er noch vielfach unter fremder Flagge und fremder Firma vor si geht. Es drängt ih aber zugleih die von allen deutschen Handeléhäusern in jenen LUndern vertretene Ueberzeugung auf, daß dem Mitbewerb anderer induftrietreibender Nationen gegenüber, welche durhweg 1taatlih ge- sicherte und geförderte Verbindungen mit jenen Gegenden unterhalten, auch deutscherseits mit Staatsmitteln eingegriffen werden muß, um in dem gegenwärtigen Wendepunkte der handelspolitishen Gntwik- lung jener Länder dem deutschen Hantel ebenbürtige Hülfsanstaltea darzubieten. / :
Die nach West- und Ostafrika in Ausfiht genommene HauPt- linie fiadet zwar nicht bereits einen so ausgebildeten Verkehr vor, wie die übrigen Linien, aber der deutsche Handel mit verschiedenen Punkten der Westküste und auch der Ostküste ist gleichfalls im raschen Wachsen und es handelt sich hier um ein wichtiges Zukunstsgebiet, welches erst jeßt von den europäishen Völkern mit großer Entschieden- heit in den Bereich der Kultur gezogen wird. Es kommt darauf an, Deutschland in dieser Beziehung für die Zukunft den ihm gebührenden Antheil zu sichern. A i
Auw der Stellung und Bedeutung Deutshlands im Weltpost- verein entspriht es, eigene Postdampferverbindungen mit den im Entwrourf bezeichneten Ländern herzustellen. (Ueber den Umfang dieses Verkehrs und die vorhandenen Beförderungsgelegenheiten enthält die Anlage B nähere Angaben.)
Neben der handelspolitshen und postalishen Bedeutung deutscher Dampferlinien wird auch diejenige für Zwecke der Kaiserlichen Marine in Betracht zu ziehen sein. Die in den Gewässern fremder MWelttheile. zur Erfüllung von Aufgaben des handelspolitishen und diplomatisben Dienstes stationirten deutshen Kriegsschiffe be- dürfen einer regelmäßigen und beschleunigten Verbindung mit dem Heimatblande. Die nach dieser Richtung bisher den regelmäßigen Postdampfern fremder Nationalität übertragene Ver- mittelung entspricht nicht den Interessen des Reichs und macht die Marineverwaltung auf diesem Gebiet zum großen Theil vom Auslande abhängig. Die hierin liegenden, nicht zu ver- kennenden vielfahen und zum Theil nicht unbedenklichen Mißstände würden bei Einrichtung deutscher Postpampferlinien wenigstens theil- weise in Wegfall kommen. Den deutshen Dampfern würde nicht allein die unmittelbare Besorgung des Postdienstes im Verkehr mit den betreffenden deutschen Marinestationen, sondern auh die Be- förderung eines Theiles des zum Ersay bestimmten Marinematerials sowie der Marine-Ablösungsmannschaften gegen entsprechende Ver- gütungssäße dauernd übertragen werden können.
Es ist auch in Betracht zu ziehen, daß die deutschen Post- dampferlinien mit dazu beitragen werden, die deutsche seemännische Bevölkerung dem vaterländischen Seedienste vollständiger zu erhalten ; die deutschen Postdampfer würden eine Gelegenheit bieten, für die deutsche Kriegsmarine in vermehrtem Umfange geeignete und be- währte Schiffsmannschaften zu erziehen. Daß außerdem der Bedarf an Postdampfern den deutschen Sciffswerften vermehrten Anlaß
Endlich bedarf es keiner Ausführung, daß die Herstellung regel- mäßiger Verkzhrsbeziehungen mittelst großer deuts&er Dampfer zwischen Deutschland und den Übersecishen Häfen naturgemäß eine viel innigere Beziehung der Deutschen im Autlande mit dem Vater- lande herbeiführen und erhalten, nicht minder au das Anseben der deutschen Nation erhöhen und somit die Stellung der Angehörigen des Deutschen Reichs im Auselande verbeffern wird.
Bei Bemessung der Subhventionsvergütungen für die in Vor- \{lag gebrachten Linien und bezügli der Bertragsdauer ift unter Berücksichtigung aUer in Betracht zu ziehenden Verhältnisse und auf Grund der in fsawfkundigen Kreisen cingezogenen Erkundigungen über das Maß des Nothwendigen nicht hinausgegangen worden. Während für die Befriedigung des Bedürfnisses nach Herftellung direkter deutscher Verbindung mit Asien, Australien und dem südlichen und östlichen Afrika die Unterhaltung befonderer Poftlinien als nothwen- dig erkannt wurde, erachtet man es für angängig, die im Interesse des Handels- und Postverkehrs für die westafrikanishen Küstenplätze nothwendige Regelmäßigkeit und Befchkeunigung der Verbindunaen durch Umgestaltung der bereits bestehenven deutschen Linie gegen Ge- währung eines Zuschusses erreiben zu können.
L, Im Einzelnen if zu dem Geseßentwurf noch Folgendes zu be-
merken: L A 8E
Es ift zunächft, und zwar vorbehoaltlih etwaiger fih als noth- wendig erwcisender Aenderungen, in Ausfiht genommen, folgende Dawmpferlinien cinzurichten :
I. Für den Verkehr mit Ostasien: a, eine Hauptlinie von der deutschen Küste nah Hongkong, über Rotterdam bezw. Antwerpen, Suez, Colombo, Singapore ; b, eine entweder von Tricft (bezw Venedig) über Brindifi, oder von Eenua über Neapel führende Zweizlinie nach Alexandrien, welche zuglei als Zugangslinie für die unter Ila erwähnte auslra- lische Hauptlinie dienen foll ;
c, eine Zweiglinie zwischen Hongkong und Yokohama über Shanghai, Nagasaki und einen nod zu bezeichnenden Hafen in Korea. I[ Für den Verkehr mit Australien:
a. cine Hauptlinie von der deutschen Küste nah Sydney über Rotterdam bezw. Äntwerpen, Suez, Adelaide und Melbourne ;
b, cine Zweiglinie von Sydney nah den Tonga- und Samoa- Inseln und zurück nach Sydncy.
111. Für den Verkehr mit West- und Ost-Afrika:
eine Haup1linie von der deutshen Küste nach Zanzibar über
Rotterdam (bezw. Antwerpen), Havre (bezw. Cherbourg), Goréez, Angra Pequena, Kapstadt, Natal, Delagoabay und Mozambique. Im Anschluß an diese leßtere Hauptlinie wird eine Umgestaltung der ichon jeßt bestehenden deutshen Damvferlinie nach der west- afrikanischen Küste beabsichtigt, veimöge deren der Postdienst nach den westafrikanishen Plätzen regelmäßig ausgeführt werden kann.
Bei der Einrichtung der Linien wird vor Allem auf Regel- mäßigkeit und Pünktlichkeit des Fahrdienstes Bedacht genommen werden. Unbeschadet der auf die Sicherheit des letzteren zu nehmen- den Rücksichten sollen die einzustellenden Postdamvser — namentlich auf der ostasiatiscen ur. d auf der australischen Linie — in Beziehung auf Einrichtung und Fahrge\hwindigkeit den auf denselben Linien laufenden Post dampyfern anderer Nationalität, insbesondere den eng- lischen und französischen, nit nacbstehen. Im Uebrigen werden bei der Einrichtung der Linien folgende Gesichtspunkte ins Auge zu fassen sein:
1) Die Fahrten sollen auf der ostasiatishen und der australischen Linie, sowie auf der Linie Deutshland—Zanzibar in Zeitabschnitten von je 4 Wocben stattfinden.
2) Die Unternehmer werden verpflihæt, auf Erfordern der Reichsverwaltung die Einrichtung von Leuchtfeuern und Landungsvor- richtungen an den Landungsvlätzen der afrikanischen Küsten auf ihre Kosten herzustellen.
3) Ungerechtfertigte Verzögerungen bei der Fahrtausführung sollen cine Kürzung der Reichsbeihülfe zur Folge haben, wogegen bei Beschleunizung innerhalb der mit Rücksiht auf die Sicherheit der Fahrt zulässigen Grenzen eine entsprechende Veraütung eintreten wird.
4) Die Dampfer führen die deutsche Postflagge und befördern die Post ohne besondere Vergütung.
5) Die Ausführung der Fahrten mird geeigneten Unternehmern auf eine Zeitdauer bis zu fünfzehn Jahren vertragsmäßig übertragen.
6) Den Unternehmern wird die Einnahme an Fracht- und Pafsagegeld überlassen. Die Feststellung der Tarife erfolgt unter Mitwirkung der Reichsverwaltung.
Für Leistungen zu Zwelcken der Marineverwaltung und auf Ver- langen deutscher Reihsbehörden follen die Unternehmer gewisse Ver- Es bei Beförderungsleistungen für staatliche Zwecke zu erfül-
en haben.
7) Zur Sicherstellung der Erfüllung der Vertragëverbindlich- keiten wird, soweit erforderlich, den Unternehmern die Bestellung einer Kaution auferlegt werden.
8) Die Beihülfe des Reiches wird in der Weise gewährt, daß nah Zurüdcklegung jeder Doppelreise der vertragsmäßig vorzusehende Betrag derselben gezahlt wird. Jn den Verträgen soll vorgesehen werden, daß bei Erzielung einer gewissen Bruttoeinnahme die Ver- gütung fich entsprechend ermäßigt, und daß im Falle der Nichterfül- lung der von den Unternehmern eingegangenen Verpflichtungen ein Theil der Beihülfe einbehalten wird. Streitigkeiten Über die Er- füllung der Verträge sollen \schiedsrihterliher Behandlung unter- worfen werden.
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U Q, 2.
Um die Sicherheit für die zweckentsprehende Verwendung der zur Verfügung gestellten Mittel zu verstärken und zugleich eine allen be- theiligten Interessen entsprehende Prüfung des Inhalts der abzu- \{licßenden Vereinbarungen zu gewährleisten, wird die Genehmigung des Bundesraths zu den abzuschließenden Verträgen vorzubehalten sein. Dem Reichstag sollen die Verträge bei Vorlegung des Reichshaus- halts-Etats mitgetheilt werden. Lu
U S. de e Mit Rücksicht auf die nah der jeßigen Lage der Verhältnisse bei Einrichtung der übersecishen Postdampferverbindungen vorzugs- weise in Betracht kommenden allgemeinen kolonial- und handels- politischen Interessen würden die für diese Anlagen aus Reich8mitteln zu gewährenden Beihülfen auf den Etat des Reichsamts des Jnnern zu Übernehmen sein. : : Für die verfassungsmäßige Behandlung des Gegenstandes ist die Form eines besonderen Gesetzes gewählt, um die Reichsverwaltung in den Stand zu seßen, die Ausführung des Postdampferdienstes zur Abwendung weiterer Benachtheiligung des deutschen Verkehrs fo zeitig vorzubereiten, daß mit der Eröffnung der neuen Linien womöglich \{on bei Beginn des Finanzjahres 1886/87 vorgegangen werden kann Die demnächstige Bewilligung der in Folge der abzuschließenden Verträge erforderlichen Geldmittel würde dem Reichshaushalts Etat für das erste Jahr nah dem Vertrag8abschluß vorzubehalten fein.
verbindungen besißt.
zur Schiffsbauthätigkeit gewähren würde, is selbstverständlich.