1884 / 280 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 27 Nov 1884 18:00:01 GMT) scan diff

« manden Vorschriften mahen lassen. Die Quittung, welche der Neichskanzler den deutshen Wählern ausgestellt ho'oe, sei wider Erwarten ungünstig ausgefallen. Nah der Wahl habe man seine Partei für vernichtet erklärt, heute {heine man doch anders zu denken ; und wenn er eine Prognose stellen solle, fo scheine es ihm nach dieser Kritik des Kanzlers, als ob dieer Reichtag keines natürlichen Todes sterben werde. Denn einen \o ge- Tchildert:n Reichstag werde der Reichskanzler auf die Dauer nicht ertragen können. Der Rei&skanzler erkläre dem Abg. Hänel gegenüber, er lafse sid durch die Majorität des Par- laments nicht imponiren. Früher habe der Reichskanzler selbst erklärt, allerdings in einer günstigeren Zeit, daß ein jeder Minister verpflichtet fei, seine Politik mit der Majorität der Volksvertretung im Einklang zu halten. Jm Jahre 1874 habe der Reichskanzler ten Abg. Windthorst an den Eid auf die Verfassung erinnert, der ihm vorschreibe, daß in einem Fonstitutionellen Staate dieser Einklang mit der Volksver- tretung von dem Minister herbeigeführt werden müsse. Heute gehe der Reichskanzler von seiner damaligen Meinung voll- fländig ab. Hoffentlih werde jene aber im Reiche Staatsrecht werden und. bleiben. Die Einschränkung der Reisekarten habe niht blos seine Partei verleßt, abr nicht deswegen, weil der Reichstag in seinem persönlichen Rechte beeinträchtigt sei. Der Reichskanzler taxire den Reichstag fehr gering, wenn er demselben so kleinlihe Motive unter- \chiebe; cr besprche das nur, weil er darin das Maß von Rücksicht vermisse, welches der Volksvertretung nothwendig zu Theil werden müsse. Nur diesen Mangel an Rücksicht uraire er; die Rechtsfrage werde beim Etat erörtert werden. Die einseitige Aenderung durch den Bundesrath widerspreche offen- bar der bisherigen Praxis, Die Bekanntmachung des Kanz- lers, welche für den Etatstitel die Grundlage bilde, sei her- vorgegangen aus einer Vereinbarung des Reichstages und des Bundesraths. Es sei mit den Eisenbahnen festgestellt, daß freie Fahrt auf allen Bahnen gewährt werden würde. Nedner {loß mit nohmaligem Protest gegen die Kritik des Kanzlers ; die deutshen Wähler würden darüber entscheiden, ob seine (des Redners) Partei es treu mit der Sache des Vaterlandes Und dem Kaiserhause meine oder nicht.

Hierauf ergriff wiederum der Reichskanzler Fürst von Bismarck das Wort:

Der Herr Vorredner {loß damit, dagegen zu protestiren, daß ib cine Kritik über den Reichstag, seine Zusammensetzung und Par- teien üte. Meine Herren, in verfassunaësmäßiaen Staaten beruben alle Beziehungen auf Gegenseitigkeit. Wollen Sie denn darauf ver- zichten, eine Kritik an meinen Ansichten und an meinen Ueberzeugun- gen zu üben, die ich bier offen zu Tage bringe? Jch glaube cs kaum, und ib würde es auc nicht wünschen, denn meine eigenen Ansichten Xöônnen ja durch Kritik geläutert werden. Der Herr Vorredner nimmt das von den Ansichten seiner Partei nicht an, er glaubt nicht, daß diese durch Kritik geläutert werden körnen, er nimmt für fie Un- feblbarkeit in Anspru, vor der ich mich neigen soll, ohne meine Meinung darüber zu äußern. Meine Herren, das kann ih nit acceptiren, ih werde fortfahren, mir die Freiheit des Worts in keiner Weise verschränken zu lassen und ih hoffe, stets in Ausdrücken, die nicht persönlich verleten, meine Meinung über die Bestrebungen der ein- zelnen Parteien unumwunden auszusprehen; ih glaute das dem deutschen Volke schuldig zu sein, daß ih ein Urtheil darüber habe, U dieses Urtheil gebe ih ab, ih lasse mir den Mund nicht ver-

eten.

Der Herr Vorredner hat, um meine Worte einer Kritik zu unter- zichen, feinerseits doch eine leise Versbiebung derselben für noth- wendig gehalten. Er legte mir in den Mund, ich hätte drei Mil- lionen Wählern die Treue für Kaiser und Neich abgesprohen. Das habe ih nit gesagt, und ih erlaube mir, das richtig zu stellen. Jch habe gesagt, es giebt etwa 157 Abgeordnete von drei verschiedenen Fraktionen, die für die Hcrrschaft von Kaiser und Reih kämpfen, nacbdem ich vorauêgescbickt hatte, jeder kämpvfe hier für irgend eine Herrschaft. Bei der Partei des Herrn Vorredners s{heint augenblick- Tih unterschieden zu werden zwishen früheren Parteien der Fort- {chrittépartei und den Sezessionisten. Jch glaube, das ift cin Begriff, ih halte mich berechtigt, das anzunehmen, denn ih glaube nit, daß die cine Unterfraktion vor der anderen eine unabhängige Stellung hat. In wie weit überhaupt die ganze Fraktion sih eine unabhängige Stellung nach dem Wahlvorgange noch bewahrt hat, in wte weit fie gui juris aus den Wahlen hervorgegangen ift, das will ih dahin- gestellt scin lafsen.

Sie (nah links gewendet) existiren nur noch mit Unterstützung anderer Fraktionen, Sie haben keine selkständige Stellung.

Der Herr Vorredner weist nun als einen fast belcidigenden Vor- rourf zurück nicht geradezu beleidigend daß ich behaupte, die r strebten na der Herrschaft; er hat das für eine Fabel er- lärt, daß er ja selbst genannt worden wäre in einer Kombination mit dem Ministerium Stosch. Ja, meine Herren, is er genannt worden? mir sind noch mehrere genannt worden, niht blos Hr. von Stosch, sondern auch Leute, die damals meine Kollegen waren. Es ift ein on dit, auf das ih weiter kein Gewit lege, aber daß die Paztei des Herrn Vorredners nicht nach der Herrschaft streben sollte, steht mit ihrem eigenen Programm im vollständigen Widerspruch. Sie streben doch na der parlamentarishen Regierung. Das ift Ihr offenes Programm, das if in vielen Zeitungen von Ihnen kund- gegeben bei den Wahlen. Sie ftreben danach, daß die Königliche und Kaiserliche Regierung \sich der Majorität unterordnen foll. Die Majorität fällt natürlih den besten Rednern zu, und dazu rechne ih den Herrn Vorredner unter Anderen, er ift ein ausgezeichneter Redner, ich mache ihm mein Kompliment und beneide ihn darum.

Nun frage ih: ist das ein Streben nab Herrschaft oder nicht, wenn Sie die parlamentarische Regierung erstreben? Sie wollen natürlich eine parlamentarische Regierung für Ihre Partei oder ab und zu für Jhre Partei, Sie wollen gelegentlih herankommen ; es ist unangenehm, wenn durch Kaiserlihen Willen ein und dieselbe Re- gierung über 20 Jahre am Ruder bleibt, es ist billig, daß auch An- dere einmal hereingelassen werden. Ja, meine Herren, Niemand wünscht das mehr als ich, und ich habe Sr. Majestät seit Jahren vergebens darin Vorschläge gemacht, cs doch einmal mit einer anderen Partei zu probiren, blos damit wir sehen hic Rhodas, hic salta wie die Herren regieren werden; Se. Majestät haben kein Be- dürfniß empfunden, diesen Versuch zu machen.

__ Der Herr Vorredner fand es wichtig genug, der Versammlung hier mitzutheilen, daß eine Aeußerung, die ih heute gethan habe, in der i die Partei eine demokratische nannte, früher in der „Nord- deutschen Zeitung“ gestanden habe. Der Herr sagte, er lese sie nur gelegentlih. J, meine Herren, lese sie ‘alle Tage, lese sie mit Ver- gnügen, und ich habe das vor einigen Wochen darin gelesen. Ih habe lange na einer kürzeren Bezeibnung für die neue Partei gesucht. „Deutschfreisinnig“ _— das fann ich wirklich nit über meine Lippen bringen, ih \{äme mich der Unwahrheit, die ih jedes- zal auéssprede, wenn ih das niederschreibe oder sage. Ich halte die Partei tveder für deutsch noch für freisinnig, i halte sie für eine Gefahr für das “Deutsche Reich und für unduldsam, für den Gegensaß von freisinnig. pa fa Sie werden mir die implizirte Unwahrheit, die darin liegt, nicht aufzwingen. Auf der andecen Seite möchte ich ZFhnen gern den Willen thun. Jeder hat das Recht, sih einen Namen zu geben, und ih glaube, die Bezeichnung „demokratisG" hat nihts Verfängliches; ich glaube, fie sind stolz darauf, Demokraten zu sein ih habe das în mehrerea Blättern gelesen nur nit „sozial“; Sie sind Anti- sozialdemokraten, aber Demokraten. Und was nun ein Republikaner ift, daß ift eigentli eine rein wissenshaftlihe Definition. Ich habe mir darüber im Laufe meines Lebens und meiner langjährigen Thätig-

keit au rine Nomenklatur und eine Ansicht gebildet. Was ist denn das untecscheidende Kennzeichen zwischen Revublik und Monarchie? Doch durchaus nicht die Erblichkeit des Präsidenten.

Die polnische Republik hatte einen König, er hieß König und war unter Umständen erblich. Die englische aristokratishe Republik hat einen erblihen Präsidenten, der König oder Königin ift ; aber in den Begriff einer Monarchie nah deutscher Definition paßt die ganze englische Verfassung niht. Jch unterscheide zwishen Monarchie und Republik auf der Linie, wo der König durch das Parlament ge- zwungen werden kann, ad faciendum irgend ctwas zu thun, was er aus freiem Antriebe nicht thut. Jh rechne eine Verfassung diesseits der Scheidelinie nochb zu den monarchischen, wo, wie bei uns, die Zu- stimmung des Königs zu den Gesetzen erforderlich ist, wo der König das Veto hat und das Parlamert ebenfalls. Das Parlament hat das Recht, zu verhindern, daß Gesetze, die ihm nicht gefallen, die {hädlich, oder die leitfertig gemacht sind, zu Stande kommen, aber die monar{is{he Einrichtung hört auf, diesen Namen zu führen, wenn der Monarch gezwungen werden kann, durch die Majorität des Parla- ments sein Ministerium zu entlaffen, wenn ihm Einrichtungen auf- gezwungen werden können durch die Majorität des Parlaments, die er freiwillig nicht unterschreiben würde, denen gegenüber sein Veto also machtlos bleibt. In der preußischen Verfassung ift die Ueber- einstimmung des Königs und der beiden Häuser des Landtages noth- wendig, um ein Gesey zu Stande zu bringen, d. h. um den Rechtszustand des Landes zu ändern. Das nenne ih eine monarchishe Verfassung, Da ist der König in der Exekutive, in der vollziehenden Gewalt vollständig frei, er kann in Betreff der geseßgebenden Gewalt * nibt gezwungen werden, er kann nicht ge- zwungen r:erden, Gesctze zu unterschreiben, die er für \chädlich hält. Wo er gezwungen werden kann von Seiten einer abstimmenden Majorität, da ist die Verfassung republikanisch, mag der Präsident ernannt sein oder niht. Das ist meine persönliche Auffassung. Ob sie in eine wissenschaftlihe Theorie paßt, ist mir gleich, sie paßt in meine staatsrehtlihe Auffassung, und ih werde in meiner Auffassung über den König, die vollziehende Gewalt und erblihe Monarchie ihr die Freiheit zu bewahren wissen, daß fie niht wider Willen etwas zu thun gezwungen wird. Ja diesem Sinne lasse ih mir von der Maijorität nit imponiren und werde diese Auffassung vertreten, so lange ich auf diesem Plate ftehe.

Der Herr Vorredner hat mir cine gewisse Undankbarkeit vorge- worfen für das Entgegenkommen, welches das Parlament mir- gezeigt hätte. Ja, meine Herren, in Worten ganz außerordentlich! Nament- lih meine politishen Gegner haben sehr häufig, um den Angriffen, den Ablehnungen mehr Nachdruck zu geben, dies damit eingeleitet, daß fie eine Anerkennung mir gegenüber aussprachen, die ih nur auf eine Uebershäßung meiner Person zurückführen kann. Damit ist mir aber nit geholfen. Sie haben mich in meiner Politik anhal- tend und nacbhaltend nicht unterstüßt, WVorübergehend hat mich die Partei unterstützt, wie jede Partei mich vorübergehend unterstüßt und im Stich gelassen hat. Der Gedanke, die Behauptung, daß ih Üüber- haupt keine unabhängige Meinung neben mir dulden könnte, ift voll- ständig unrichtig. Jede der vorhandenen Parteien habe ich {hon als Gegner gehabt, und jeder Partei habe- ih die Hand gegeben, wenn ih gefunden habe, daß sie ihrerseits dem zustimmte, was ih im Inter- esse des Landes, der Nation, des Kaisers und Königs für richtig hielt. Das ift meine Grenze. Finde ich dafür keine Unterstützung, dann natürlich lasse ih mich nicht ¿wingen. Ich wäre verdammenêswerth wie eine Schildwache, die auf ihrem Posten nicht ihre Schuldigkeit thut, wenn ich dem nicht entgegenträte. Aber Jeder, dem i ent- gegentrete, sagt, es liegt niht daran, daß seine Meinung unrichtig ift, fondern an der Herrschsuht des Kanzlers, der keinen Widerspruch er- tragen kann. Wenn ih keinen Widerspruch ertrüge 23 Jahre stehe ih auf dieser Stelle —, müßte ih längst todt sein. Ich habe im Widerspruche, im Kampfe von Anfang bis zu Ende gelebt; und wenn ih mi jedesmal der Majorität des Landtages und des Reichstages bätte fügen wollen, wo wären wir ?!

Der Herr Vorredner sagte, er wolle nur, daß liberal regiert wird. Aber dur wen soll regiert werden ? Doch durch die Liberalen! Jch glaube, daß ih mich sehr liberal, viel liberaler als es häufig den konservativen Parteien angenehm gewesen is, in vielen Richtungen bethätigt habe. Was der Herr Vorredner versteht unter „liberal regiert“, heißt doch nur durch die liberale Partei regiert. Anders kann ich es nit auslegen. Und, meine Herren, mit dieser Behaup- tung steht in Widerspruch, wenn er sagt, daß er nit na Herrschaft strebe. J habe kaum geglaubt, daß gegen diese einfahe Behauptung von dem Hauptverfechter der parlamentarischen Regierung, von dem Hrn. Abg. Rickert, eine Ableugnung stattfinden würde. Jh habe nidt geglaubt, daß er auf dem Boden des fecisti, uega stände, ih glaubte, er würde sih kühn dazu bekennen: „Ja, ich strebe na der Herrschaft, nah der Spitze, da will ih das Land regieren, auch dann, wenn der König nicht mit mir cinverstanden ist, und die Wahl wäre, mich zu entlassen oder mir Folge zu leisten. Jch werde mich so einrihten oder einzurihten wünschen, daß er mich nicht entlassen kann, daß er mir also Folge leisten muß.“ Das nenne ih nach der Herrschast streben, und wenn der Abg. Rikert in seinen Busen greift, wird das wohl das Jdeal sein, was ihm vorschwebt.

Ich möchte do davon abmahnen, manchen Beschuldigungen mir

gegenüber dur starke Stimme, durch Unterstreichen, vielleiht durch fetten Druck besonderen Nachdruck zu geben. Der Herr Abgeordnete hat z. B. mit einer solchen Stimme, die ih mit fetter Schrift gleich- bedeutend finde, gesagt: wir lassen uns keine Vorschriften machen. Wo befinde ih mich denn nun in der Lage, dem Herrn Abgeordneten Vorschriften zu mahen? Er hat mir gerade Vorschriften machen wollen, ich soll die Hand bieten zu einer Verfassungs- änderung. Gerade umgekehrt wäre ich im Recht, wenn ich sagte: ich lasse mir von dem Abg. Rickert niht Vorschriften machen, da wird aber der Spieß umgedreht und mit dem LCone sittliher Entrüstung behauptet: wir lassen uns von dem Herrn Reichskanzler keine Vorschriften machen, Wird das angewandt auf den Fall, wo der Reichskanzler sich mit Mühe und Noth gegen die Majorität wehrt, die ihm als civium parva iubentium in meinem Sinne eine Verfassungsänderung abfordert wo bleibe ich da als einer, der dem Abg. Rickert Vorschriften macht, und wo bleibt die Berechtigung, mit dem Tone sittliher Entrüstung es mir gegenüber zu sagen? Das is Etwas, was der Staatsanwalt dem Verbrecher gegenüber beobachten kann, aber nicht cin Abgeordneter gegenüber dem Reichskanzler. Der Abgeordnete hat ferner meine Worte einigermaßen verschoben, indem er gesagt hat, ih hätte behauptet, die Majorität wäre repu- blikanish. Das ist ein Jrrthum, ein Gedächtnißfehler, das ist un- richtig, ich habe das nicht gesagt, ih habe von der Majorität über- haupt nicht gesprochen, ih habe von der Art der Zusammensetzung ge)prochen, aber ih habe der Majorität einen einheitlihen Charakter überhaupt nit beigelegt. Das ist ja das Unglück, hätte sie cinen einheitlihen Charakter, dann würde ja heute die Koalition der Par- teien, der die beiven Herren Vorredner aus dem Centrum und aus dem Fortschritt angehören, berufen sein, den Neihékanzler und Minister bei uns zu stellen, und wenn sie homogen wäre, eine dauernde Majorität, wäre ih der Erste, der dazu riethe, die Parteien find zwar bei den Wahlen zusammengegangen, aber ob sie im Ministerium zu- sammengehen würden, ift mir noch zweifelhaft. Wenn ih darüber einige Sicherheit hätte, mache ih mich anheischig, Sr. Majestät den Vorschlag zu machen, seine konstitutionelle Auffassung dadurch zu be- thätigen, daß die Minorität von der Majorität abgelöst wird. Jch befinde mi in der Minorität einer negativen Majorität gegenüber, die nur in der Negation einig ist, aber niht in dem ersten Schritt zu einem Vorschlage nach vorwärts. Das ist die Hoffnungslosizkeit, Über die ih Tlage, mit der ich mich aber auch abfinden werde. Es find nicht wir, die darunter leiden, und wenn das Land darunter leidet, so sind wir nicht \{uld daran.

Der Abgeordnete hat gesagt, es sei meine Verpflichtung und die Verpflichtung des Ministers, sich im Einklang mit den gesetzgebenden Körpern zu seßen, und ih hätte das früher gesagt. Ja, meine Herren, ich werde das nur esagt haben in derselben Richtung, in der ih gesagt habe, das Fonftitutionelle Leben besteht aus Kompro-

missen. Es is allerdings meine Verpflibtung, mi nach Mög- lihkeit in Einklang mit den gesetzgebenden Körpern zu halten, es ift aber auch die Verpflihtung der gesetzgebenden Körper, sich noch Möglichkeit in Einklang mit der Krone zu seßen, und die Verpflichtung des Reichstages, fich nach Möglichkeit in Einklang mit dem Bundesrath zu seßen. Nur durch Uebereinstimmung kann ein Fortschritt in unserer Gesetzgebung entstehen. Der Abg. Rickert ist also im Unrecht, wenn er mir bloß diese Lehre giebt, i geve sie ihm vollständig zurück, und in der Art, wie er diese Forderung seinerseits vorbringt, sehe ih immer wieder den Ausdruck eines Irrthums über die Gleichberehtigung der beiden Faktoren. Der Bundesrath repräsentirt die gesammten deutschen Regierungen. Meine Herren, s{äâten Sie diesen Faktor niht gering! er ist sehr mätig, und i rathe Ihnen dringend: suben Sie ebenso, wie ic die Ueber-instimmung mit dem Parlament und seiner Mehrheit suche, die Uebereinstimmung mit der Mehrheit des Bundesraths und der deutsben Regierungen; wir werden uns dann beiderseits finden und auf dem Wege der Gesetzgebung fortschreiten können. Wenn aber einer dem anderen, was der Bundesrath noch niemals gethan hat, seinen Willen als Gesey auferlegt, weil die Majorität da ist, dann werden wir nicht vorwärts kommen, sondern werden die Gesetzgebung des Deutschen Reiches lahm legen, und das möchte ich verhütet sehen. Es wird aber folgen, wenn die Theorien, die der Abg. Nickert eben über unsere inländische Verfassung entwidelte, jemals praktisch zur Wahrheit werden sollten. Zur Herr- {baft werden Sie nit gelangen, davor ist mir nit bange; aber lassen Sie nicht eine Ueberzeugung in die Wähler eindringen, als ob

| den Wählern an ihrem Rechte eine gewisse Verkürzung geschähe, wenn

der Reichstag nicht die allein berrshende Körperschaft in diesem Lande ist; das ist er niht und wird er nit werden.

Der Abg. Richter (Hagen) erklärte, niht seine Partei habe, wie der Reichskanzler sage, zu dieser Debatte den Anlaß gegeben, sondern der Bundesrath sei es durch sein einseiti- ges Vorgehen gewesen ; indem derselbe eine seit jeßt zehn Jahren bestehende Einrichtung plößlich abgeänd:rt habe, und dabei nit einmal den Ablauf des Etatsjahres abgewartet habe, obwohl doch jene Einrichtung durch den Etat des Reichs- tages festgestellt sei. Das einseitige Vorgehen des Bundes8- raths“ habe seine Partei gezwungen, zu dieser Frage Stellung zu nehmen und den von seiner Partei dabei von jeher ange- nommenen grundsäßlihen Standpunkt in Form eines Jnitiatioantrages hier zu vertreten. Das sei kein Angriff feiner Partei auf den Bundesrath, kein Eingriff in dessen verfassungsmäßige Nechte, sondern es sei der verfassungsmäßige Gebrauch des Rechts des Geseßesvor- schlags, das der Reichstag nach der Verfassung besitze. Der Reichskanzler stelle sich immer so an, als ob erx der fonstitutioneliste parlamentarische Minister sein würde, wenn nur große Parteien im Hause vorhanden wären. Noch im «zahre 1882 habe derselbe der Linken anempfohlen, aus zwei Parteien eine größere zu werden; aber gerade seit der Ver- einigung sei seine Partei für den Reichskanzler das Ziel noch weit heftigerer Angriffe geworden, als sie es früher gewesen sei, wo die Fortschrittspartei und die liberale Ver- einigung für sih bestanden hätten. Sogar die äußere Partei- bezeihnung sei fortgeseßt Gegenstand der Bemängelungen. Zuerst habe der Reichskanzler den Namen „deutschfreisinnig“ durh „neufortschrittlih“ erseßen wollen; nachdem dies lang- weilig geworden fei, erfinde derselbe den Namen „demo- kratisch“. Aus der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ have man s{chon vor einigen Tagen ersehen können, was heut bevorstehen würde. Jm gewöhnlihen Leben pflege man von Denjenigen, welche ihre Ausführungen an äußere Namen anknüpfen, anzunehmen, daß sie ihrer Polemik nicht gerade inhaltreihe Gedanken zu geben im Stande seien. Der Reichskanzler werfe seiner Partei vor, nah der Herrschaft zu streben. Allerdings strebe seine Partei nach der Herrschaft ihrer Grundsäße; das müsse jede Partei, die nicht eine persönliche Clique vorstelle, sondern das zu ver- wirklichen strebe, was nach ihrer Ueberzeugung sür Volk und Neich das Beste sei. Wenn der Reichskanzler selbst nah den Grundsäßen seiner (des Redners) Partei regieren wolle, so könnte es ja feine mächtigere und energischere Krast zur Durch- führung derselben geben. Viele Fahre hindurch habe seine Partei die Geseßgebung des Reichskanzlers, insbesondere seine Wirthschaftspolitik, unterstüßt, ohne jemals es zur Bedingung

zu machen, daß Dieser oder Jener von der Linken dafür

Minister würde. Jegt sei eben die Wirthschaftspolitik des Kanzlers eine andere geworden. Nicht der Reichskanzler wolle eingreifen in die Nehte der Krone, sondern umgekehrt der Reichskanzler bestreite den Einfluß auf die Regierung, der dem Reichstage gebühre. Der Reichskanzler sage, die Mehrheit des Reichstages sei nicht für Herrschaft von Kaiser und Reich; der- selbe verwesele seine eigene Person und seine jeweilige Po- litik mit Kaiser und Neih. Was nicht nach seiner Pfeife und nach den jeweiligen Melodien derselben tanzen wolle, das sei bei ihm gegen Kaiser und Reich. L'état c’est moi! habe einst Ludwig XIV. gesprochen, ganz dasselbe, wie man es heute von dem Reichskanzler gehört habe, nur in anderer Form. Was solle das Ausland sagen, wenn der Reichskanzler hier solche Aus- sprüche thue, die Mehrheit der Volksvertretung sei gegen Kaiser und Reih. Wenn das Ausland wirklich auf Grund dieser Autorität die Meinung gewinnen sollte, daß in Deutschland die Mehrheit der Bevölkerung gegen Kaiser und Neich sei, so würde das Ansehen des Deutshen Reiches im Auslande dadur mehr geshädigt werden, als auch die meisterhafteste Diplomatie je wieder gut machen könnte. Aber vielleiht glaube der Neichs- kanzler selbst nicht, daß man im Auslande seine Aeußerungen so ernsthaft nehmen werde, wie derselbe sie hier ausspreche. Der Reichskanzler sage, er lasse sich vom Reichstage nicht im- poniren ; er habe sih auch von Europa nit imponiren lassen. Er habe sich immer gefreut, wenn sihch der Reichskanzler von eFranzosen und Russen nicht habe imponiren lassen. Abcr sei es rihtig vom Reichskanzler, sih gegenüber der Vertretung des deutshen Voikes in gleihe Linie mit Franzosen und Rufsen zu stellen? Als Wellington einst im englihen Parlament einen absolutistishen Ton angeschlagen habe, da sei ihm ge- antwortet: „Sieger von Spanien, Sieger von Waater- loo, Du sollt nicht Sieger sein über das englische Volk, Du sollst nicht Deinen Fuß auf seinen Nacken seßen !“ Der Reichskanzler habe einmal gesagt, es gebe Zeiten, wo diktatorish, und Zeiten, wo liberal regiert werden müsse. Jeßt scheine der Reichskanzler nur noch das diktatorishe Re- giment anzuerkennen, Gerade jeßt, unmittelbar nah den Wahlen, habe die Linke den vollen Anspruch darauf, die An- sichten des Volks vor dem Reichskanzler t vertreten. Wie könne der Reichskanzler sih einem solchen Reichstage gegenüber auf andere Ansichten im Volke berufen? Was sei die Kon- sequenz der heutigen Aeußerungen des Reichskanzlers? Die Wiederherstellung des KAbfolutismus, die Aufhebung der ganzen Volksvertretung und die Uebertragung der Diktatur auf den Reichskanzler, wenigstens für dessen Lebenszeit!

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

Zweite Beilage | zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

Berlin, Donnerstag, den 27. November

188A,

M 280.

(S(&luß aus der Ersten Beilage

Die Rede des Reichskanzlers von heut werte nicht im Volk das Bild von dem großen Staatsmann wiedergeben, als welchen man gewohnt sei, den Fürsten Bismark zu betrachten ; im Gegentheil, das sei das Bild des kleinen Edelmannes von 1847, der zu den Jdealen seiner Jugend, zu seinen abfolu- tistishen Anschauungen wieder zurülkehre. Fn der Thronrede Heiße es, die Negierung des Kaisers erachte es sür ihre vor- nehmste Aufgabe, soweit es menshlihe Unvollkommenheit ge- statte, Bürgschaften für den inneren Frieden im Lande herzu- stellen. Niemand habe dem Geist dieser Thronrede mehr zu- widerhandeln können, als heute der Reichskanzler. Dieser An- griff auf Reichstag und Volk sei ganz dazu angethan, im Widerspruch mit den Worten der Thronrede den Geist der S und der Uneinigkeit allenthalben auflodern zu machen.

Damit {loß die Debatte. Fn namentliher Abstimmung wurde §8. 1 mit 180 gegen 99 Stimmen angenommen. Auch die 88. 2 und 3 wurden mit derselben Majorität ange- nommen.

Auf die Tagesordnung für morgen wurde der Etat und das ÄAnleihegeseß gesetzt.

Der Abg. Kayser beantragte, auch den Antrag Grillen- berger wegen Hinausschiebung des {Fnkrafttretens des Kranken- fassengeseßes morgen auf die Tagesordnung zu seßen. Da dieses Geseß hon am 1. Dezember in Kraft treten solle, so würde jede Hinausschiebung der Berathung des Antrags den- selben vollkommen überflüssig machen.

Der Abg. Rickert erkannte an, daß allerdings der Antrag nur dann einen Sinn habe, wenn derselbe vor dem 1. De- zember zur Verhandlung komme.

Hierauf ergriff der Staats-Minister von Boetticher das Wort :

Meine Herren! Es wird an ih {on außerordentlich {wer sein, diesen Antrag durch alle die Stadien, die er, wenn er Geschz werden soll, zu abfolviren hat, bis zum 1. Dezember durchzubringen, und wenn der Hr. Abg. Rickert gemeint hat, daß es möglich fein werde, die Auffaffung, welche der Bundesrath über den Antrag hat, {on morgen zu vernehmen, fo kann i dieser Erwartung nicht Nech- nung tragen. Der Bundesrath hat sih mit dem Antrag noch nicht beschäftigt und er wird konform den Gewohnheiten, die er bisher gegenüber Anträgen des Hauses beobachtet hat, sih auch erst dann mit dem Antrage beschäftigen, wenn derselbe zum Beschluß dieses Hauses erhoben worden ist. Jch möchte aber kaum glauben wenn ich von meiner persönlihen Empfindung sprechen darf —, daß der Antrag und insbesondere zunächst der prinzipale Antrag Aussicht auf Annahme im Bundesrath hat, und ih glaube auch s{chwerlich, daß er die Majorität in diesem Hause wird finden können, wenn ich kurz die Rücksichten entwickele, die dem Antrage entgegenstehen.

Meine Herren! Wir müssen doch alle wünschen, daß das Kranken-

fassengese, das erste sozialpolitishe Geseß, das durch Uebereinstim- mung zwischen Bundesrath und Reichstag vereinbart worden ift, mög- list bald in Wirksamkeit tritt, und jedes Hinausschieben sciner Wirk- samkeit würde gleihbedeutend sein mit einem Vorenthalten der Wohlthaten, die das Gesetz der ganzen arbeitenden Bevölkerung, für die es bestimmt ist, zuwenden will.

__ Nun ift es ja möglih, sichere Nachrichten darüber stehen mir nit zu Gebote daß rücksichtlid einzelner beftehender Kassen, welhe sich nach den Vorschriften des Krankenkassen- aeseßes, wenn ihre Mitglieder von der Theilnahme an den Zwangskassen befreit werden sollen, reformiren müssen, diese Reform dur eine entsprehende Abänderung der Statuten noch nicht gesehen ist und niht bis zum 1. Dezember bewirkt werden kann. Damit ift aber keineswegs die Wirksamkeit des Gesetzes an sich be- einträchtigt. Denn, meine Herren, ih darf Sie daran erinnern, daß jeder unter das Gese fallende Arbeiter, der nicht einer bestimmten Kasse angehört, im Krankheitsfalle durch die Gemeinde-Krankenversiche- rung verforgt wird. Also die Fürsorge tritt mit dem 1. Dezember unter allen Umständen im ganzen Reiche ein, und wenn Sie jeßt nach dem Antrage der Hrn. Grillenberger und Genossen den Gel- tungstermin des Geseßes auf den 1. April verschieben, so ist das, wie ih bereits vorher zu bemerken mir erlaubt habe, gleih- bedeutend mit einer Vorenthaltung der Fürsorge für dea erkrankten Arbeiter auf vier Monate.

Das, meine Herren, berechtigt mib zu der Annahme, daß auch hier im Reichstage diesec Antrxg die Majorität nicht finden wird,

Der zweite eventuale Antrag, daß die Verpflichtung ruhen soll, so lange nit die Reorganisation der bestehenden freien Hülfskassen nach Maßgabe der Vorschriften des Krankenkassengesetes erfolgt ift, ist meines Erachtens auch nicht acceptabel; denn auc dieser Antrag würde dazu führen, daß für die betheiligten Mitglieder nicht die

Fürsorge geleistet wird, welche das Krankenkassengeseß für die davon betroffenen Arbeiter im Erkrankungsfalle vorsieht.

__ I bin nun aber der Meinung, daß sih sehr wohl wird reden lassen über einen aadern Vorschlag, und zwar ih bin ja nicht dazu ermächtigt, schon jeßt die Zustimmung des Bundesraths zu er- klären, es ist das nur meine persönlihe Auffassung würde {ih vielleicht über einen Vorschlag in eine Erörterung eintreten lassen, welcher etwa dahin ginge, daß denjenigen Mitgliedern freier Kassen, welche jeßt nahweisbar solchen Kassen angehören und welche an der Fortseßung dieser Mitgliedschaft lediglih dadurch gehindert worden, daß das Statut noch nicht den Vorschriften des Krankenkassengeseßes entsprechend or- ganisirt ist, gestattet wird, demnächst, wenn die Bestätigung des Statuts erfolgt, ohne Weiteres in die freie Kasse zurückzutreten, also sie zu dispensiren von der jeßt durch das Krankenkassengeseß gegebenen Bestimmung, daß der Austritt aus den Zwangskassen immer nur ge- schehen darf am Schlusse des Rechnungsjahres und nach einer vorher- gegangenen dreimonatlichen Kündigung. Jh glaube, wenn man si über eine solche Vorschrift, wie ih sie hier im Auge habe, verständis gen könnte, so ist das das äußerste, was verlangt werden kann im Interesse der freien Kassen. Vor allen Dingen möchte ih glauben, daß_ man das Interesse der Kassen niemals über das Interesse der versiherten Arbeiter stellen darf, und diesem Interesse wird nur Rechnung getragen, wenn wir es bei dem biéherigen Geltungstermin für das Krankenkafsengesetz

belassen. Um ein solches Gesez zu machen, wie ich es andeutete, haben wir aber gar keine Eile. Wir können es in der von mir an- gedeuteten Richtung auch nach dem 1. Dezember vereinbaren, und es wird dann die durch eine solche Vereinbarung gegebene Modifikation des Krankenkassengeseßes eintreten, sobald wir uns über das Geseh verständigt haben. Wir erreichen dadurch den Vortheil, daß wir uns über den Weg, wie den als berechtigt anzuerkennenden Ansprüchen der freien Kassen genügt wird, in einer kommifsarishen Berathung klar werden können, während, wenn wir jeßt in drei bes{leunigten Lesungen hintereinander die hier gestellten Anträge erledigen müßten, ih erstens sehr fürchte, daß wir nicht zum Ziele kommen, und zwei- tens, daß wir, wenn es nah dem Antrage geht, etwas machen, was den Interessen der betheiligten Arbeiter durhaus widerstreitet,

Aus diesen Gründen möchte ich, ohne mich dagegen zu erklären, daß die Sache morgen auf die Tagesordnung geseßt wird, mich doch dagegen aus\prechen, daß man diese Anträge durch ein beshleunigtes Verfahren erledigt.

Der Abg. Bebel erklärte, das Auftreten des Staats- sekretärs habe ihn heute in hohem Maße überrasht. Zu Anfang der Sißzung sei derselbe so gefällig gewesen, seiner Partei für eine Abänderung seines Antrages sein (des Ministers) Manuskript zur Verfügung zu stellen; er habe die Hülfe des Mi- nisters gern angenommen. Jeßt mische derselbe sih aber in einer Weise in die Geschäftsordnung des Reichstages, wie man sie bisher doch nicht gewohnt sei. Derselbe habe niht nur seine formellen Bedenken gegen die Verhandlung des Antrages Kayser ausgesprochen, sondern sich auc thatsählich über den mate- riellen Jnhalt desselben verbreitet. Wenn er in derselben Weise verführe, würde der Präsident ihn daran verhindern. Die Ausführungen des Ministers hätten aber bewiesen, daß seine Partei alle Ursache habe, sich mit der Frage in irgend einer Form so bald als möglich zu beschäftigen, und er könne auch konstatiren, daß ihm aus verschiedenen Kreisen Mitthéi- lungen gemacht seien, daß an die Abgeordneten von ihren Wählern die Aufforderung gestellt sei, eine Hinausschiebung des Jnkrafttretens des Krankenkassengeseßes zu bewirken.

Der Abg. Frhr. von Maltahn-Güiß glaubte nicht, daß der Antrag, selbst wenn derselbe morgen zur Berathung käme, noch bis zum 1. Dezember durch alle Stadien der Geseßgebung hindurhgeführt werden könnte. Das Haus sollte dem Staats- Minister für seine Ausführungen Dank wissen, denn derselbe habe fklargelegt, daß auch nach dem 1. Dezember noch Remedur geschafft werden könne.

Das Haus beschloß, den Antrag Grillenberger morgen niht zu berathen.

Auf Antrag des Abg, Rickert wurde beschlossen, daß die Wahlprüfungskommission demnächst in einer Stärke von 28 Mitgliedern gewählt werden solle, ihre Geschäfte solle sie indeß in zwei Abtheilungen zu je 14 Mitgliedern erledigen. v4 E ia vertagte sih das Haus um 5 Uhr auf Donnerstag ] Üi

Preuß. Staats-Anzeiger und das Central-Handel3-

zam Deffentlicher Anzeiger.

5, Industrielle Etablissements, Fabriken und

K F Inserate nehmen an: die Annoncen-Expeditionen des „Iunvalidendauk“, Rudolf Mosse, Haasenstein

egister nimmt an: die Königliche Erpvedition des Dentschen Reichs-Anzeigers und Königlich

Preußischen Gtaats-Anzeigers : Berlin 8W., Wilhelm-Straße Nx. 32,

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1. Steckbriefe und Untersuchungs-Sachen. |

2, Subhastationen, Aufgebote, Vorladungen u. dergl, |

3, Verkäufe, Verpachtungen, Submissionen ete,

4. Verloosung, Amortisation, Zinszahlung u. s. w. von öffentlichen Papieren,

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WteæXbriefe nund Untersuoungs WGachen,. [53196] Jin Namen des Königs ! In der Strafsache gegen 1) A lten Adalbert Janetzeck zu Neu- döôrfel, 2) den Hausmann Stephan Rajewski zu Ino- wrazlaw,

wegen Hausfriedensbrues,

hat das Königliche Schöffengericht zu Schwiebus in der Sißzung vom 13. November 1884, für Recht erkannt:

Die Angeklagten, der Hausmann Adalbert Ja- neßeck, am 22. April 1834 zu Posemuckel bei Bomst geboren, katholis, verheirathet, niht Soldat ge- wesen, unbestraft, der Hausmann Stephan Rajewski zu Inowrazlaw, 32 Jahre alt, geboren in Carne bei Wollstein, katholisch, verheirathet, Soldat gewesen und noch nicht bestraft, sind des Hausfrieden8bruchs \{uldig und wird deshalb der Angeklagte Janeßeck mit (1) einem Tage, der Angeklagte Rajewski da- gegen mit einer Woche Gefängniß bestraft ; es wer- den den Angeklagten auch die Kosten des Verfahrens zur Last gelegt.

Von Rechts Wegen. Mundel. [53176]

Der ehemalige Füsilier Wehrmann Her- mann August Apitz, geboren am 11. April 1853 zu Prillwiß, Kreis Pyriß, zuleßt in Dieckow, Kreis Soldin wohnhaft gewesen,

wird beschuldigt,

als Wehrmann der Landwehr ohne Erlaubniß ausgewandert zu sein, ohne von der bevorstehen- den Auswanderung der Militärbehörde Anzeige erstattet zu haben, Uebertretung gegen §. 360 Nr. 3 des Strafgeseizbuchs. ]

Derselbe wird auf Anordnung des Königlichen Amtsgerichts hierselb auf

den 12, Februar 1885, Vormittags 9 Uhr, vor das Königlihe Schöffengeriht in Berlinchen zur Hauptverhandlung geladen.

Bei unents{uldigtem Ausbleiben wird derselbe auf Grund der nah §. 472 der Strafprozeßordnung von dem Königlichen Bezirks-Kommando zu Cüstrin Een Erklärungen verurtheilt werden.

erlinchenu, den 24, November 1884. Der Gerichts\hreiber des Königlichen Amtsgerichts.

Subhastationen, Aufgebote, Vor- - ladungen u. dergl.

[52047] Aufgebot. Der Schenkwirth Aben Hinrih Stuve aus

Fleeste hat das Aufgebot des auf seinen Namen

F

lautenden Sparkafsenbuchs der Geestemünde-Geesten-

} 6. Verschiedene Bekanntmachungen.

Grosshandel.

7, Läterarische Anzeigen. 8, Theater-Anzeigen. | 9, Vamilien-Nachrichten. (

In der Börsen- beilage. P

& Vogler, G. L. Daube & Co., E. Séhlotte, Büttner & Winter, sowie alle übrigen größeren

Annoncen - Bureaux.

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dorfer Sparkasse Nr. 5732 über 1741,70 M be- antragt. Der Inhaber der Urkunde wird auf- gefordert, spätestens in dem auf Sonnabend, den 17. Januar 1885, Vormittags 10 Uhr, vor dem unterzeichneten Gerichte anberaumten Auf- gebotstermine seine Rechte anzumelden und die Ur- kunde vorzulegen, widrigenfalls die Kraftloserklärung der Urkunde erfolgen wird. Geestemünde, den 7. November 1884. Königliches Amtsgericht. I, Raf ch.

[51663] Ausfertigung. Negensburg, den 16. Oktober 1884,

Anusgebot,

betref. Amortisation eines Bankscheins.

Der von der K. Filialbank Regensburg dem Söldner Simon Rußwurm von Eulsbrunn über ein 39%/ciges Darlehen zu 1500 4A ausgestellte Schuld- schein Nr. 41590/5590 de dato 21. Juli 1883 ift abhanden gekommen.

Auf Antrag des Rechtsänwalts Seboldt, als Ver- treter des Söldners Simon Rußwourm, wird hiemit der Inhaber dieses Schuldscheins aufgefordert, #\pä- testens in dem auf

Donnerstag, den 18. Juni 1885, Vormittags 9 Uhr, beim diesseitigen Gerichte angeseßten Aufgebots- termine seine Ansprüche und Rechte anzumelden und den Schuldschein vorzulegen, widrigenfalls dieser für kraftlos erklärt würde. K. Amtsgericht Regensburg I. Der K. Amtsrichter: Pfeufer. Zur Beglaubigung: Regensburg, den 13. November 1884, Der Königl. Sekretär : (L. 8.) Hen y.

[51505] Bekanntmahung.

Auf Antrag des Bauergutsbesißers August Driefert zu Niebel bei Treuenbrießen, Regterungebezirk Potsdam, werden die Inhaber folgender, angeblich bei einem am 10, März 1882 in Niebel stattgefun- denen Brande vernichteter Stammaktien der Breslau- Schweidnitz-Freiburger Eisenbahn-Gesellschaft

Litt, B. Nr. 12126 und Nr. 17046, ferner Nr. 34185, 34186, 34187, 34188, leßtere vier ohne Littera, über je 200 Thaler mit Dividendenscheinen pro 1882 aufgefordert, spätestens in dem am 9, Dezember 1885, Vormittags 11 Uhr,

im Zimmer 47, I1. Stock, unseres Geschäftsgebäudes am Schweidnißer Stadtgraben 2/3, stattfindenden Aufgebotstermine ihre Rechte bei dem unterzeichneten Gericht anzumelden, widrigenfalls die Kraftlos- erklärung der gedachten Aktien erfolgen wird. Breslau, den 9. November 1883. Königliches Amtsgericht.

[38524] Aufgebot.

Auf Antrag des Rendanten Rautenberg und des Maurermeisters F. Reitmeyer wird der am 30. März 1835 zu Tilsit geborene und im Jahre 1858 nah Rußland ausgewanderte Schlossergeselle Carl August Robert Dürr aufgefordert, spätestens im Termin den 3. September 1885, Vormittags 11 Uhr, im Zimmer Nr. 16 vor dem unterzeihneten Ge- richte sih persönlih oder s\{chriftlich zu melden, widrigenfalls seine Todeserklärung ausgesprochen und über seinen Nachlaß in Gemäßheit der §8. 834 ff. E 18 Theil II. des A. L. R. verfügt werden wird.

Tilsit, den 19, August 1884.

Königliches Amtsgericht. III.

[50853] ODeffentlihe Zustellung.

Der Mühlenbesißer Theodor Stahl in der Amts- \chreibersmühle bei Eisenberg, vertreten durch Rechts- anwalt Oertel in Eisenberg, klagt gegen den Bäker Oswald Sperhake, früher in Eisenberg, jeßt un- bekannten Aufenthalts, wegen einer Restforderung von 208 Æ für in den Jahren 1882 und 1883 käuf- lich geliefert erhaltenes Mehl mit dem Antrage :

1) den Beklagten in Bezahlung von 208 4 Rest- kaufgelder mit Zinsen zu 6 9% vom 1. Juli 1884 an fostenpflihtig zu verurtheilen,

2) ibe Urtheil für vorläufig vollstreckbar zu er-

ren, und ladet den Beklagten Sperhake zur mündlichen Verhandlung des Rechtsftreits auf Donnerstag, den 8. Januar 1885, Vormittags 9 Uhr, vor das Herzogliche Amtsgeriht Eisenberg.

Zum Zwedcke der öffentlichen Zustellung wird dieser Auszug der Klage bekannt gemacht.

Eisenberg S. A., den 10. November 1884. Gerichts\{reiberei des Herzogl. sächs. Amtsgerichts. Rfdr. Lö\ ch, als Gerichtsschreiber. [53259] Oeffentliche Zustellung.

Der Strunpfwirker Gustav Adolf Hahne zu Elberfeld, vertreten durÞh Rechtsanwalt von Hurter, klagt gegen den Robert Halbach, früher in Elber- feld, jeßt ohne bekannten Wohn- und Aufenthalts- ort, auf Theilung des Nachlasses der am 21, Mai

1884 zu Elberfeld verstorbenen Wittwe Peter Wil- helm Rübenstrunk, Maria Catharina, geb. Hahne, und ladet den Beklagten zur mündlichen Verhand- lung des Rechtsstreits vor die Erste Civilkammer des Königlichen Landgerichts zu Elberfeld auf

den 4. Februar 1885, Vormittags 9 Uhr, mit der Aufforderung, einen bei dem gedachten Gerichte zugelassenen Anwalt zu bestellen.

Zum Zwecke der öffentlichen Zustellung wird dieser Auszug der Klage bekannt gemacht.

Schuster, Gerichtsschreiber des Königlichen Landgerichts.

[53262] Oeffentliche Zustellung. / Die zu Crefeld unter der Firma G. Neidlinger bestehende Handlung, vertreten durch Geschäftsmann Klein zu Geldern, klagt gegen 1) Christian Pôötters, Handelsmann zu Geldern, 2) Aloys van der Velden, Kaufmann, früher zu Geldern, jeßt ohne bekannten Wohn- und Aufenthaltsort, und ladet dieselben zur mündlichen Verhandlung über: 1) den Antrag der Klägerin auf Anerkennung ihres Eigenthums an 1 Nähmaschine Nr. 5 186 812, i Ï 2) die Rehtmäßigkeit der einstweiligen Verfügung, die Herausgabe dieser Nähmaschine betreffend, vor das Königliche Amtsgericht zu Geldern auf den 13. Januar 1885, Vormittags 9 Uhr, Zum Zwecke der öffentlichen*Zustellung wird dieser Auszug der Klage bekannt gemacht. Geldern, den 14. November 1884. Hendriksen, Gerichtsschreiber des Königlichen Amtsgerichts.

gge eyer zu Lübbecke, ver- treten durch den Rechtsanwalt Coppenrath zu Lüb- bede, klagt gegen den Knecht Carl Barmeier, e zu Holzhausen, dann zu Lübbecke und jeßt seinem Aufenthalte nach unbekannt, wegen 25 #4, mit dem Q, den Beklagten kostenpflichtig zu verurtheilen, dem Kläger 25 H nebst 5% Zinsen seit dem 25. Oktober 1884 zu zahlen, auch das Urtheil für vorläufig vollstreckbar zu erklären, und ladet den Beklagten zur mündlichen Verhandlung des Rechts- streits vor das Königliche Amtsgericht zu Lübbecke auf den 11. Februar 1885, Vormittags 10 Uhr.

Zum Zwecke der öffentlichen Zustellung wird dieser Auszug der Klage bekannt gemacht.

Lübbecke, den 20, November 1884,

Dreishoff, Gerichts\hreiber des Königlichen Amtsgerichts.

[53260] Oeffentliche Der Uhrmacher F. H.