1884 / 287 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 05 Dec 1884 18:00:01 GMT) scan diff

gültigkeit nit zu spät komme. Nun seien aber sehr viele dieser Proteste so überaus detailirt und reich an Material, daß die Behandlung eine sehr mühsame und zeitraubende werde. Die Majorität der Kommission habe daher geglaubt, dem Reichstage einen Vorschlag unterbreiten zu follen, wona die Arbeit getheilt und das ganze Haus zu derselben heran- gezogen werde. Durch diese Heranziehung von immer neuen Kräften würde auch gleichzeitig eine größere Unparteilichkeit in die Kommission gebraht werden. Auch würde eine ruhigere und sicherere Beschlußfassung gesicßert sein, wenn ein nicht der Kommission Angehöriger das Referat halte und die Kom- mission diesem als Richter gegenüberstehe. Er seße voraus, daß das Haus mit Vertrauen und gern darauf eingehen werde, an den Arbeiten der Wahlprüfungskommission theil- zunehmen.

Der Abg. von Reinbaben bemerkte: Die Neichs- partei könne dem Antrag der Kommission niht zustimmen, weil derselbe die Geschäftslast nicht erleihtern, sondern er- {weren und zu häufigeren und längeren Sißungen sühren würde. Auch würde die Kontinuität der Entscheidungen der Kommission erheblich leiden, wenn ihr bei jeder Sizung neue Referenten und Korreferenten gegenüber ständen, durch deren Theilnahme an der Abstimmung je nach dem politischen Stand- punkt, dem fie gerade angehörten, fortwährende Verschiebun- gen eintreten würden. Die Neformbedürstigkeit des bisherigen Verfahrens erkenne indessen auch er an und ewpsechle dem Hause deshalb seinen Antrag im Jnteresse der Gerechtigkeit und der Beschleunigung der Geschäfte. Er stelle seinen Antrag im Namen seiner politishen Freunde.

Der Abg. Dr, Möller erklärte, er werde für den Kommissions- antrag stimmen, er bestreite, daß der Antrag die Kontinuität der Entscheidungen der Kommission irgend beeinträchtigen werde. Der Antrag NReinbaben in seinem ersten Theil sei unannehmbar, würde derselbe angenommen, so würde die Kommission voc Weihnachten keine einzige Wahlprüfung mehr erledigen können. Der zweite Theil sei annehmbar.

Der Abg. Franke erklärte sich gegen den Kommissions- antrag, da der Kommission nicht angehörige Referenten aus Unkenntniß des ganzen Geschäftsganges nur weitläufig und dabei nach unzutreffenden Gesichtspunkten referiren wür- den. Vom Antrag Reinbaben sei nur der zweite Theil an- nehmbar, der erste nicht.

Der Abg. Dr. Liober trat der vom Vorredner ausge- sprochenen Ansicht entgegen, eine Beschleunigung des Prüfungs- verfahrens werde dadurch nit herbeigeführt ; die Verwaltungs- behörden würden nah wie vor durch Verzögerung der Ermit- telungen die Prüfungen ad calendas graecas verschieben. Es sei überraschend, daß ein Mitglied des Hauses, welches bisher noch nie der Wahlprüfungskommission, ja nicht einmal dem Reichstaae angehört habe, die äußerst schwierige Arbeit der Kommission einer so durhgreifenden Kritik unterworfen habe. Das Haus habe eine viel idealere Auffassung von der Aufgabe der Kommission, Auf eine Zeitersparniß komme es nach dem Kommissionsantrage nicht an, vielmehr nur auf eine Arbeits- ersparniß, dieser Antrag sei demnach empfehlenswerth.

(Während dieser Rede war der Reichskanzler in den Saal getreten.)

Der Abg. von Köller erklärte, wolle man Jemandem, der neu ins Haus getreten sei, einen Vorwurf daraus machen, daß er frishe Gedanken in den Reichstag bringe? Ein Druck auf die Referenten von Seiten des Vorsißenden der Kom- mission sei durhaus wünschenswerth. Seine Partei werde für den Antrag Reinbaben stimmen, er bitte denselben mit dem Kommissionsantrage an die Gesc{äftsordnungskommission zu verweisen.

Der Abg. Dirichlet sprach gegen den Antrag von Rein- baben, erklärte sih jedoch mit der Verweisung desselben in die Kommission einverstanden. Daß ein Antrag auf selbständige Veranlassung der Beweiserhebung durch die Kommission mit Umgehung der Reichsregierung von jener Seile gestellt werde, sei erstaunli, geshähe so etwas von der Linken, so würde man über Beschränkung der Rechte der Krone klagen und seiner Partei Ansireben des parlamentarischen Regiments vor- werfen. Hoffentlih werde der Abg. von Reinbaben noch eine Rechtfertigungsrede in dieser Beziehung halten.

Der Abg. Frhr. von Unruhe-Bomst betonte, der Abg. Dr, Lieber habe in seiner Kritik vollständig übersehen, daß der Abg. von Reinbaben ausdrücklih bemerkt habe, daß er im Ausftrage seiner politishen Freunde gesprohen habe und dies könne nur geschehen, wenn die Sache in der Fraktion vorber berathen worden sei. Er selbst habe si bei dieser Berathung sehr lebhaft betheiligt und deshalb dürfte der Vor- wurf mangelnder Änciennetät auf ihn fallen. Dem gegen- über bemerke er, daß er drei Jahre in der Wahlprüfungs- kommission gearbeitet habe. Der Abg. von RNeinbaben habe ausdrüdcklich dabei bemerkt, daß abzuwarten sei, wie die Reichsregierung sih dazu stellen werde. Sollte sie \ich ablehnend verhalten, so werde er seinen Antrag zurücziehen. Also ein parlamentarischer Uebergriff habe darin nicht gelegen. Seine Partei sei gegen den Antrag der Wahlkommission, wünsche aber, daß derselbe der Geschästskommission zur reiflihen Erwägung überwiesen werde.

Die Diskussion wurde geschlo}sen.

Persönlich bemerkte der Abg. Dr. Lieber, daß er nur über die Schneidigkeit der Kritik der Arbeiten der Wahlprüfungs- kommission Seitens eines neuen Abgeordneten sich sehr gewundert habe.

Der Abg. von Neinbaben erklärte, es sei ihm allerdings der Vorwurf einer scharfen Kritik an der Thätigkeit der Wahlprüfungskommission gemaht worden. Eine solche Kritik habe er gar nicht geübt; die Kritik von Anträgen werde ihm der Abg. Lieber nicht verschränken können. Es sei Übrigens heute nicht das erste Mal, daß man die neuen Abgeordneten mit Spitzen . . (Unterbrechung; laute Rufe im Centrum und links: Persönlih!) Ja, das beziehe si doch auf seine Person! Er sei überzeugt, es sei den alten Abgeordneten unangenehm, daß so viele neue Leute da seien , . , (Der Nest der Ausführungen des Redners war bei dem allgemeinen Ruf: Persönlich! nicht mehr vernehmbar.)

Beide Anträge wurden hierauf der Geschäftsordnungs- Tommission überwiesen.

Inzwischen war ein Schreiben des Reichskanzlers einge- gangen, welches dem Präsidium des Reichstages die Mitthei- lung machte, daß Se. Majestät der König von Preußen den Unter-Staatssekretär Dr. Busch, den Unter-Staatssekretär Herrsurth und den Geheimen Ober-Regierungs: Rath Lohmann von Seiner Vertretung int Bundesrathe entbunden und die Minister von Puttkamer, Dr. Lucius, Dr. von Goßler und Graf von Haßfeldt zu Bevollmächtigten zum Bundesrathe, den Unter - Staatssekretär Dr. Busch, den Unter - Staatssekretär

Herrfurth und den Geheimen Ober-Regierungs-Rath Lohmann zu stellvertretenden Mitgliedern ernannt haben. i

Der Geseßentwurf, betreffend die Kontrole des Reichs- haushalts und des Landeshauehalts von Elsaß-Lothringen für 1884/85 wurde in dritter Lesung ohne Debatte definitiv genehmigt. i

Das Haus trat hierauf in die Spezialberathung des Etats für 1885—86 ein.

Der Etat des Neichstages nehmigt. ] : L

Jm Etat „Reichskanzler und Reichskanzlei“ wurden für einen Geheimen expedirenden Sekretär, für einen Geheimen Registrator und einen Geheimen Kanzlei-Sekretär Besoldungs- aufbesserungen im Betrage von 2700 4/46 verlangt, welche der Abg. Richter (Hagen ) nicht zu bewilligen beantragte, theils aus Rücksicht auf die mißlihe Finanzlage des Reichs, theils um den Subalternbeamten der Centralbehörden den Vorzug von Gehaltszulagen nicht zuerst zukommen zu lassen.

Der Bundeskommissar, Geheime Ober-Regierungs- Nath Dr. Rottenburg entgegnete, wenn es sich bei dieser Mehr- forderung wirklich um einen erften Schritt handelte, die Ge- hälter der Unterbeamten zu verbessern, so würde man über die Berechtigung dieses Antrages verhandeln können. Darum handele es sich aber nit, es handele sich lediglich um einen Akt der Gerechtinkeit gegenüber den Unterbeamten der Reichs- kanzlei; der Fall sei ungefähr derselbe wie bei dem Etat des Reichstages, da habe das Haus auch dem Hausinspeltor eine Zulage bewilligt. Es handle si lediglich darum, das Prinzip suum cuique auch diefen Beamten gegenüber durchzuführen. Er könne selbstredend keinen mathematishen Beweis dafür liefern, daß die geforderte Summe aUh gerade diejenige sei, welche der Gerechtigkeit entsprehe, er müsse sih darauf be- schränken, das Haus darauf hinzuweisen, daß die Unterbeamten der Neichskanzlei mit Geschäften mehr belastet seien, als die Unterbeamten irgend einer anderen Behörde îm Deutschen Reich; es würden in quantitativer und qualitativer Beziehung ganz enorme Ansprüche an sie gemaht und müßten an sie gemacht werden. Man sehe aus der Motivirung der Forde- rung, daß die Beamten von Morgens früh bis spät in die Nacht hinein sich zur Verfügung des Reichskanzlers halten müßten. Die Adblösung im Dienste sei nur sehr bedingt möglih, da die Reichskanzlei von jeder Kategorie der Beamten nux einen habe, nux einen BureauU- vorsteher, nur einen Registrator, nur einen Kanzlei- Sekretär. Aus der ganzen Stellung der Behörde er- gebe sich, daß die Anforderungen qualitativer Natur sehr hohe sein müßten ; insbesondere ergebe sih daraus, daß ein hervor- ragendes Maß von Diskretion von diesen Beamten gefordert werden müfßse. Er könne nur wiederholen, mathematische Be- weise könne er dem Hause nicht liefern, aber man sollte der Regierung doch das Zutrauen entgegenbringen, daß sie nit über das Maß des Gerechten hinausgegangen sei. Außerdem aber möchte er dem Hause auch eine Erwägung rein utilita- risher Natur empfehlen. Leute von dem Bildungsgrade, wie die Unterbeamten in der Reichskanzlei, würden in jeder andern bürgerlihen Beschäftigurg sehr viel bessere Chancen haben, als gerade in diesem Amt; bei den Sprachkenntnissen, welche sie besäßen, würden sie in merkan- tilishen Geschäften oder Fabriken sehr viel höhere Besoldungen beziehen. Die Konkurrenz des Staats auf dem Arbeitsmarkt werde außerordentli ershwert, aber für diese Stellen werde sie geradezu unmöglih gemacht, wenn das Haus den Forde- rungen der Regierung nicht entgegenkomme, und wenn die Reichskanzlei unbrauchbare Kräfte bekomme, sei es ja \chließ- lih nur der Schaden des Landes. Also er bitte, die Forde- rung, wie sie von der Regierung gestellt worden sei, bewilli- gen zu wollen.

Der Abg. Freiherr von Huene beantragte, Titel 3 und 4, die Mehrforderungen enthielten, an die Budgetkommission zu verweisen.

Der Abg. Graf von Bismarck-Schönhausen erklärte, wenn er sih erlaube, nah den Ausführungen vom Regierungstische die Aufmerksamkeit des Hauses noch sür wenige Minuten in Anspruch zu nehmen, so geschehe das, um dem Hause vor Allem das Interesse der bei dieser Position betheiligten Subaltern- beamten ans Herz zu legen. Er dürfe das vielleiht aus dem Grunde thun, weil kein anderes Mitglied dieses hohen Hauses mit den eins{lagenden Verhältnissen so vertraut sei, wie er es dur seine längeren dienstlichen Beziehungen mit diesen Herren geworden sei, Die Erhöhung, die hier beantragt werde, sei im Verhältniß mit den Leistungen der Beamten außerordentlih gering, und wenn man die Güte haben wollte, sich die Motive anzusehen, so werde man dar- aus entnehmen, daß eine vierzehnstündige Arbeitszeit im Durchschnitt von diesen Herren verlangt werde. Zu den an- deren Eigenschasten, die ste besißen müßten, gehöre auch eine sehr hohe Vorbildung, viel höher, als sie von anderen Subh- alternbeamten gefordert zu werden brauche. Aus diesem Grunde würden die Subalternen der Reichskanzlei fast regelmäßig aus dem Ressort des Auswärtigen Amts entnommen, wo die Ver- hältnisse ähnlich lägen, wo die Herren auch in Bezug auf Sprache und Formen eine möglichst hohe Bildung haben müßten. Seine langjährige Bekanntschaft mit den Herren im Auswärtigen Amt, seine Verwendung sowohl in der Central- stelle wie im Auslande setze ihn in die Lage, diesen Herren, aus denen die Reichskanzlei sich rekrutire, in Bezug auf ihre Pflichttreue und Anspruchslosigkeit das höchste Lob zu spenden. Wenn man auf das Ausland sehe, werde man finden, daß die geheimen Bureaux der leitenden Staatsmänner von höheren Beamtenkategorien be- seßt würden, weil dort solhe zuverlässigen Subalternbeamten nicht geliefert werden könnten, wie das vorzügliche Personal hier es gestatte. Es sei für die Reichskanzlei eine große Ersparniß, daß unter dem Personal der Subalternen Beamte seien, die diese große Vertrauensarbeit leisten könnten. Wie oft lägen die wichtigsten Thatsachen vor, deren Geheimniß viele Millionen werth sei! Wer von den Herren das Ausland kenne, werde wissen, wie es dort hergehe, und wie dort die Kanzleien zu- sammengeseßt seien. Wer außerdem Bekannte im Auswärtigen Amt habe, werde wissen, wie hart der Dienst dort sei und wie groß die Anforderungen ; in vermehrtem Maße treffe das auf die Reichskanzlei zu, und er möchte dem Hause deshalb empfehlen, diese nit so rasch übers Knie zu brechen. Wenn man bedenke, daßdie Herren, die dort arbeiteten, wie der Chef.der Reichs- tanzlei eben gesagt habe, bei den Kenntnissen, die sie besäßen, bei den Formen, über die sie verfügten, leiht sehr viel einträg- lichere Stellungen erlangen oder an andere Behörden über- gehen könnten, so werde das Haus wirklih einen Akt der Gerechtigkeit erfüllen, wenn es den Herren für die Leistungen,

wurde ohne Debatte ge-

die von ihnen verlangt würden, etwas höhere Entschädigungen

gewähre. Man sehe, daß nur drei Beamte in der Reichs. kfanzlei als Subalterne fungirten ; er bedauere, daß nitt ein vierter angestellt sei im Jnteresse der vielgeplagten Herren Die Kanzlei dürfe keine Minute leer bleiben ; zwei der Herren müßten immer anwesend sein; also könne immer nur einex auf einmal beurlaubt werden; und wenn man die Rechnung ziehe, so komme ein jeder dieser drei Beamten nur im dritten Theile des Jahres dazu, zum Mittagessen nah Hause gehen zu können. Wenn die Kanzlei vier Beamte hätte, so würde es sih besser vertheilen lassen. Außerdem sei noch etwas Anderes zu berüdsihtigen. Er kenne die Herren persönlich, habe viel mit ihnen gearbeitet. Die Herren seien alle {hon wegen ibrer Arbeit zeitweise dienstunfähig geworden und hätten längerer Ur- laube bedurft. Diese Urlaube seien sehr kostspielig ; aber die Be- amten könnten die Arbeit nicht leisten, wenn sie nicht jährli ein Paar Wochen zur Kur und Erholung verwendeten, Wäre ein vierter Beamter noch beantragt, so würden die Herren in der Lage sein, sich mehr erholen zu können meistens würden auch nur drei da sein und es würde vermieden werden, daß wie jeßt fast immer Einer auf dem RücCen liege. Daß der Antrag, den er gewüns@t hätte, unterblieben sei, habe seinen Grund wohl zunächst in Ersparungsrücksichten, die der Abgeord- nete für Hagen mit Recht vorangestellt habe, außer- dem aber werde die Regierung wahrscheinlih dur die ganz hervorragende Qualität der jeßigen Beamten zu der Unter: lassung bewogen worden sein. Diese blieben niht immer; sie seien in ihrer Gesundheit shon theilweise geshädigt und untergraben und könnten mit ihren Familien kaum anständig existiren, da auch äußerlih von ihnen viel verlangt werde. Er bitte also einen Akt der Gerechtigkeit auszuüben und sih dieser vielverdienten, vielgebildeten und vielgeplagten Subalternbeamten anzunehmen, er möhte dics um so mehr beantragen, als man mit der Bewilligung den Herren nux eine wohl verdiente Anerkennung gebe, nah dem Spruhhe: jeder Arbeiter sei seines Lohnes werth.

Der Abg. Frhr. von Maltahn-Gülß erklärte, ein anderer Grund als der Hinweis auf die allgemeine Finanzlage sei für die Nichtbewilligung dieser Titel nicht geltend gemacht worden. So sehr er auch die Berechtigung eines solhen Grundes an- erkenne, so müsse er doh sagen, daß eine Summe, wie die hier geforderte, keinen erbeblihen Einfluß auf die Finanzen auszuüben im Stande sei. Die Forderung sei begründet mit dem Hinweis auf die Mehrarbeiten, welhe den Beamten in der Reichskanzlei erwachsen seien. Dieses Moment dürfe nicht übersehen werden. Für ihn und seine politishen Freunde sei es geboten, schon jeßt für die Bewilligung der Summe ein- zutreten.

(Schluß in der Zweiten Beilage }

Zweite Beilage ; zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

1884.

Berlin, Freitag, den 5. Dezember

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Hierauf ergriff dér Reichskanzler Fürst von Bismarck

dort: E s glaube, ich habe in meiner amtlihen Thätigkeit nie Anlaß zur Kritik dadur gegeben, daß ih verschwenderisb in der Verwen- dung von Hülfsmitteln, in der Verwendung von Personen gewesen bin ; ich muß wenigstens hervorheben, daß von Seiten der Ausländer, mit denen ich zu thun habe, steis die Verwunderung darüber ausgesprohen wird, daß unsere Centralmaschine mit so wenigen und geringen Kräften überhaupt _auskommt und mit so wenigen Mitteln. Vergleichen Sie alle übrigen, auch nur das Se- fretariat cines jeden ber französishen und anderer Ministerien damit, so werden Sie finden, daß die Zahl der Perfonen und Befoldungen eine erheblih Höhere ist, als bei uns. Daß wir überhaupt mit so wenig Personen auskommen, liegt in der Qualität der Persönlichkeiten, die ich mit der Zeit mir habe heranbilden können; es liegt vielleicht au daran, daß ich einen größeren Theil der Arbeit selb übernehme, als von Jemand in meiner Stellung überhaupt dauernd erwartet werden fann. Ich sehe voraus, daß unter, einem künftigen Ministerium die Zahlen und Kosten mindeftens verdoppelt und verdreifaht werden müssen, wenn dieselbe Einrichtung wieder beibehalten werden soll. Ic kann meinen Dienst im Auêwärtigen und in den Verbindungen mit allen inneren Behörden nicht auf be- stimmte Stunden beschränken; ich muß von 8 Uhr Morgens an bis 10 Uhr des Abends, ja selbst in der Nacht Leute zur Verfügung haben, die sofort da sind. Es vergeht von früh an bis ziemlih spät faum cine Viertelstunde, zu manchen Zeiten niht 5 Minuten, wo meine Thür nicht geöffnet und ein neues Papier, eine neue Mitthei- lung hereingebraht wird, über die ih mi ents{hließen muß, ob sie eine sofortige geschäftliche Behandlung erfordert, und wenn dies der Fall ist, oder aub wenn die Sache nur zu den Akten gehen soll, fo muß ih die Reichskanzlei etwas anderes habe ih nit zur NBer- fügung dort haben, es ist also ganz unmögli, daß die Stelle unbeseßt bleibt. Daraus folgt also ein Arbeitstag von 8 Uhr Morgens bis 10 Uhr Abends. Ja, die Erledigung dessen, was nach- her zum anderen Morgen fertig sein muß, hält die Herren doch ge- wöhnlih bis 11 Uhr Abends auf. Daß eine solche Arbeitslast von 4 Beamten nit dauernd besorgt werden kann, zeigt die häufige Wiederholung der Erkrankungen : es ist keiner von den jeßigen Beamten, der nicht schon durch Ueberarbeitung bis zu Jahr und Tag dienstunfähig gewesen wäre und dann ersetzt werden mußte i E

Was nun die Finanzlage anbelangt, so muß ih da befürworten, daß der Ecsaß, der bei der Unzulänglichkeit der regelmäßigen besol- deten Kräfte eintritt, ja sehr viel theurer ist; er muß durch Diätare und herangezogene Hülfsarbeiter beschafft werden. Die kosten schr viel mehr als die Zulagen, die hier gefordert werden. Die Herren in der Reichskanzlei und dem Chiffrirbureau des Auswärtigen Amtes leisten mehr, als dur{s{nittlich, selbst in der anspruhs- vollen altpreußishen Verwaltung, von den Einzelnen gefordert wotden Un, qur n O Das E vie germger f als mit der Leistun und Psli@Ureue und Zuver- lässigkeit, wie sie da erforderlich sind, in jedem anderen _Erwerbs- zweige gewonnen werden könnte, daß sie dafür eine Entschädigung bekommen, ist billig. Jch kann ja nihts dagegen haben, wenn Sie diese Frage ungeachtet meines, wie ic glaube, auf Erfahrung und Sachkunde beruhenden Zeugnisses nochmals in einer Kommission prü- fen wollen. Immerhin ist mir eine Verweisung an die Kommission lieber als die Ablehnung, die mich in die Lage seßen würde, die Ge- \chäfte, so weit ich sie niht vermindern und liegen lassen kann, dur Hülfsarbeiter, die mehr als 2700 M fkosten werden, . besorgen zu lassen. Jch muß diese Hülfsarbeiter dem Amtswärtigen Amt und anderen der höcbsten Reichsämter entziehen; die werden wiederum in die Lage geseßt, das Manko, das ich Ihnen verurfache, durch Heranziehung bei mir, durch eine kostspielige Heranziehung Fhrerseits zu decken. e S n Aber ih möchte die Bemerkung, die Hr. von Huene über die Verweisung machte, daß in der Kommission die Gleichartigkeit der ganzen Forderung geprüft werden sollte, doch noch von meinem Stand- punkte aus beleuchten. Die Anforderungen und Leistungen find nicht gleihartig. E8 giebt, wie ich glaube, Teine_ einzige Stelle im preußischen wie im Reichsdienst, wo von Subalternbeamten für die mäßigen Besoldungen, die thnen überhaupt zugänglich find, eine solche Summe von Arbeit, eine solche Sicherheit in der Dis- kretion, eine solche Genauigkeit zu jeder Tageszeit verlangt werden, das Chiffriren der Depeschen und leider ist ja seit der Erfindung der Telegraphie das eingerissen, daß der schriftliGe Verkehr sehr zurütritt im Vergleich zu dem telegraphishen und nothwendiger Weise chiffrirten das (Lhiffriren von 3—4 Folioseiten mitten in der Nacht, das Dechiffriren mitten in der Nacht, so wie die Geschäfte ein klein wenig anshwellen, reißt ja niemals ab. Aber i will von dem Maß von Arbeit, welches dazu erforderlich ist, gar nit sprechen, sondern nur von dem Maße von Bildung und Genauigkeit: es haben die meisten von den Herren studirt, sie sind zum Theil Assessoren, es sind Referendare, und sie _ftehen insofern über den An- sprüchen der großen Mehrzahl der Subalternbeamten nach ihrer Vorbildung, die dort unentbehrlich ist; aber ih spreche nur von der Wichtigkeit ihrer Diskretion, von ihrer Genauigkeit. Ein einziger

Irrthum, eine falsche Kollationirung einer telegraphischen Depesche,

die zwischen Mächten in einer s{wierigen Situation gewechselt wird welches Unheil kann das anrihten! Dann, meine Herren, welche Versuchungen können an Leute in dieser Stellung herantreten, ich bin davon überzeugt, fruchtlos; aber man soll doch auch die Festigkeit auf keine übermäßige Probe stellen. Jh weiß aus den Erfahrungen der anderen Länder und aus Erfahrungen, die ich mitunter auch selbst ge- macht habe, wie hoh der Werth der Wissenschaft von Leuten dieser Stellung mitunter für einen anderen Staat anzuschlagen is, und was man, ohne sih Vorwürfe darüber zu machen, ausgeben kann ; ein Zurüd- {hrecken vor dem Geben findet bei dieser Frage in keinem Kabinet statt, so- bald man Leute findet, die nehmen wollen; und das zu vermeiden, daß man bei uns Leute in dieser Stellung fände, die nehmen wollen, halte ih doch für den obersten Zweck. Wenn die größere Wahrschein- lihkeit nad dem Zeugniß eines Mannes, der 22 Jahre lang aus- wärtiger Minister gewesen ist, hier vorliegt, so sollten Sie mir do das nicht beschneiden, was ich glaube für die Dienste, die ih dem Lande leiste, zu gebrauchen. S

Der Abg. von Benda erklärte, nah den neuen wichtigen Erklärungen, welche dem Hause soeben von dem Reichskanzler gemacht seien, könne er im Jnteresse einer sahlihen Berathung dem Antrag des Abg. von Huene, Titel 3 und 4 an die Budgetkommission zu verweisen, nur beistimmen.

Der Abg. Frhr. von Huene bemerkte, in den Etat des Auswärtigen Amts sei gleichfalls eine Mehrforderung zur Auf- besserung der Besoldungen der Kanzlei- und Bureaubeamten eingestellt, die mit vermehrter Arbeitslast dieser Beamten mo- tivirt sei. Da der Titel des Etats des Auswärtigen Amts, welcher diese Forderung enthalte, an die Budgetkommission verwiesen sei, so glaube er mit Rücksiht auf die Gleichartig- leit der beiden Beamtenkategorien, auch hier den Antrag auf

Demnächst nahm der Reichskanzler Fürst von Bis8- mardck wiederum das Wort: : H :

Ic bin mit dem Hrn. Abg. von Huene vollstäadig gleicher Meinung nicht über die Kommission, sondern über die Gleichheit dieser Beamtenkategorien, und ich muß mich unvollkommen aus- gedrückt haben, wenn dies vorhin nit verstanden ist. Das Chiffrir- bureau des Auswärtigen Amtes und die Beamten der Reihskanzlei stehen in dieser Beziehung vollständig pari passu; und wenn ich Ihnen die Genesis dieser Anträge darlege, so werden Sie noch klarer erkennen, daß ih nie eine andere UVeber- zeugung gehabt habe. Die Nothwendigkeit, Zulagen zu geben, ist zuerst im Chiffrirbureau des Auswärtigen Amtes nahe getreten, weil wir die Leistungen, die wir dort verlangten, für den Betrag überhaupt niht mehr bekommen; wer uns das leiftet, geht überhaupt nicht mehr in den mageren Dienst. Nun geht Alles, was an das Chiffrir- bureau gelangt, vorher auch dur die Reichskanzlei, und deshalb sind die Anforderungen an die Diskretion ganz dieselben. Nur in Bezug auf die Arbeitslast, die von dem einen oder dem anderen gefordert wird, be- steht der Unterschied darin, daß in der Reichskanzlei 365 Tage und zwar ohne Sonntag, ein Sonntag ist dort nicht bekannt, wenn man dort im Garten niht die Glocken läuten hört, die Arbeitslast dieselbe ist, während sie im Chiffrir- bureau, je nachdem die politische Fluth steigt oder fällt, zu Zeiten noch größer wird, indem sie die Nat in Anspruch nimmt, zu Zeiten aber, wo gewissermaßen diplomatische Ferien sind, auch geringer ausfällt; aber die Nothwendigkeit, die Beamten so _zu bezahlen, daß sie gegen Noth und Sorgen und fomit gegen jegliche Versuchung einigermaßen gesichert sind, ist bei dem Chiffrirbureau in derselben Höhe vorhanden, und ih bitte den Hrn. Abg. von Huene, meine Entschuldigung darübec anzunehmen, daß ih mich in meiner vorigen Acußerung nit flar genug ausge- drückt habe, um ihm jeden Zweifel darüber zu nehmen, daß ih zwischen diesen Beamten gar keinen Unterschied machen kann. Aber für beide beanspruhe ih blos eine Ausnahmestellung vis à vis der Ansprüche, die für andere Dienstzweige gemacht werden können. Es bezieht sich das auf meine Erfahrungen im preußischen Dienste, wo ich schon vor 20 Jahren, 18 Jahren, 10 Jahren immer dieselben Ansprüche gestellt habe und immer an der Ueberzeugung von der Gleichheit der Beamtenkategorien meinen Kollegen im preußischen Staats-Ministerium gegenüber gescheitert bin, so daß ih s{ließlich ganz extraordinäre Mittel habe aufwenden müssen, um überhaupt den Arbeitsbedarf in der gewollten Qualität in diesen Kreisen zu bestreiten und um nur den Kollegen nicht Anlaß zu geben zur Klage über die Verleßung der immaginären Gleichheit der Ansprüche bei gleichem Rang. Darauf bezog sich mein Protest gegen die Gleichheit. Jn jedem Ministerium, im landwirthschaftlichen, im Justiz - Ministerium, im Finanz- Ministerium wurde behauptet, ein Rath von der und der Klasse und dem Dienitaller. ml euvas zu thun haben oder nicht, muß das gleiche Gehalt haben, während er bei uns so viel zu thun hat und so wichtiges, daß er es garnicht mit den gewöhnlichen Kräften zu leisten vermag, Gegen diese Gleichheit habe i protestirt. Aber zwishen Chiffrirbureau und Reichskanzlei ist kein Unterschied. . L

Der Abg. von Helldorff-Bedra erklärte, was dem Hause gesagt sei, um das Bedürfniß einer Besoldungsaufbesserung für die Bureaubeamten der Reichskanzlei darzuthun, erscheine ihm als vollkommen ausreichend. Es sei niht Sache des Reichstages, Mehrforderungen zu beanstanden, die dem Hause in so sahliher Weise motivirt seien, wie im vorliegenden

alle. :

G Die Titel 3 und 4 wurden hierauf an die Budgetkom-

mission verwiesen. /

Es folgte der Etat der Verwaltung des Reichs heeres. Bei Kap. 14, Tit. 1 (Kriegs-Minister) wies der Abg. Richter (Hagen) auf eine Mehrforderung von 130 000 /4 für Rationen hin. Die Mehrkosten seien aus den Rationen für neue Stäbe und aus der vermehrten Pferdezahl bei 4 Artillerie - Ab- theilungen erwachsen. Da aus dem Etat ersichtlich sei, daß mit dieser Vermehrung niht eine Vermehrung der Gespanne bei der Artillerie überhaupt in Aussicht genommen sei, so werde er für die Mehrforderung stimmen. Dagegen stelle er mit Rücksicht auf die finanzielle Lage den Antrag, eine Ver- minderung der Rationen der höheren Offiziere eintreten zu

lassen.

Hierauf nahm der Bevollmächtigte zum Bundes rath Staats-Minister Bronsart von Schellendorff das Wort:

Meine Herren! Die Frage der Rationenkompetenz der höheren Offiziere hat ja den Reichstag {on vielfältig beschäftigt und es ift vor einigen Jahren mir ist niht mehr genau erinnerlih, in welchem Fabre eine Uebereinstimmung dahin erzielt worden, daß die Nations\ätze, wie sie jeßt in den Etat eingestellt sind und in dem letzten Etat auch bereits figurirten acceptirt wurden. :

Der Herr Abgeordnete meint nun, daß die allgemeine Finanzlage des Reiches und der Umstand, daß gewisse Mehrforderungen im Meilitäretat angemeldet worden wären, aufforderten, diese Frage von Neuem in Betracht zu ziehen. Meine Herren, es ift ja bei den früheren Auseinanderseßungen gar nicht vershwiegen worden, daß die Offiziere, die eine gewisse Anzahl von Rationen haben, si nicht dauernd im Besiße der gleihen Anzahl von Pferden halten. Es find ja Zusammenstellungen damals gemacht worden, von denen ih annehme, daß sie auch zur Kenntniß des Reichstages gelangt sind. Andererseits ist aber doch hervorgehoben worden, daß diese Wtehr- kompetenz von Rationen über die thatsählich hier und da gehaltene Zahl der Pferde doch auch als Aequivalent zu betrachten ist für die Kosten, welche überhaupt den höheren Offizieren für das Halfen der Pferde entstehen. Wenn Sie nun einmal im Auge behalten, daß die Preise der Pferde unausgeseßt im Wachsen begriffen sind (unsere Er- fahrungen auf dem Gebiete des Remonteankaufes bestätigen das auch in gewisser Weise), so würden ja bei Anerkennung anderweitiger Bedürfnisse der Militärverwaltung, wenn den Offizieren Rationen abgeseßt würden gegen den leßten Etat, die Lasten, die dem Reiche durch gewisse Mehrforderung entstehen, auf die „einzelnen Offiziere abgewälzt werden, und das würde nicht in der Billigkeit liegen. Fch meine, wenn vor einigen Zahren der Reichstag anerkannt hat, daß die Bedürfnisse der Rationenkompetenz derartige wären, wie es durch die Genehmigung festgestellt worden ift, so kann die augen- blicklihe Finanzlage und die Begründung einzelner Mehrforderungen nicht ein Motiv abgeben, jeßt den Offizieren die Rationskompetenz zu verkürzen. ; : :

Ich beschränke mich in diesem Augenbli auf diese Erklärung, und hoffe, daß sie ausreichend sein wird, um den Antrag des Herrn Abgeordneten nicht zur Annahme gelangen zu lassen. :

Der Abg. Richter (Hagen) bemerkte, er halte die Bezug- nahme auf jenen früheren Be\chluß nicht für zutreffend. Fm Jahre 1875 sei allerdings ein Beschluß gefaßt worden, allein derselbe seße nur das Maximum der Entschädigung für nicht in natura bezogene Rationen fes. Auch sei jener Beschluß

die Eo der Titel ‘an die Budgetkommission stellen zu müssen.

durchaus nicht das Ergebniß allgemeiner Uebereinstimmung. Die gegenwärtigen Kompetenzen kämen aus einer Zeit, wo

die Kommunikationsverhältnisse ganz anderer Art gewesen seien, man habe damals viel mehr Pferde als heute gebraucht. Die Thatsache, daß mehr Rationen gezahlt, als Pferde ge- halten würden, sei bekannt. Aber eine Entschädigung für die Anschaffung von Pferden könne darin nicht gesehen werden. Wie sollte es sich sonst rechtfertigen lassen, Rationen au den Intendanten zu gewähren, die gar keine Pferde hielten.

Demnächst ergriff der Staats-Minister Bronsart von Schellendorff das Wort :

Meine Herren, ih möchte zunächft der Anführung des Hrn. Abg. Richter gegenüber, daß es si bei den Verhandlungen im Jahre 1875 wesentlich nur darum gehandelt hätte, die Abfindung für nicht in natura bezogene Rationen zu regeln, doch darauf hinweisen, daß damals auch ausdrücklich verlangt worden ift, daß fortan die Rationen in dem Dispositiv des Etats ersichtlih gemacht werden sollen. Das ist geshehen und dur die alljiährlihe Bewilligung hat der Reichstag das Bedürfniß anerkannt. Insofern liegt also doch die Sache etwas anders. ; : :

Was nun die Frage anbetrifft, daß ein Infanterie-Hauptmann blos ein Pferd hätte und höhere Offiziere mehr Pferde hielten, und der Infanterie-Hauptmann müßte sich auch das theure Pferd selbst kaufen, so möchte ih darauf bemerken, daß an die Leistungsfähigkeit der Pferde der höheren Befehlshaber unter Umständen doch erheblich höhere Ansprüche gestellt werden ; das liegt an der Ausdehnung des Kommandobereichs, es liegt also in der Zahl schon, aber auch in der Qualität, und Sie werden darum, wie ih glaube, auch dur{scnitt- lih finden, daß die Prets Offiziere theurere Pferde reiten, wie die

uytleute der Infanterie. i 5

M Was bann die Frage der Intendanten betrifft, so sagt der Herr Abgeordnete gewiß ganz richtig: es ist damals nachgewiesen, daß diese ih keine Pferde hielten, es ist also die Gewährung von Rations- fompetenzen gewissermaßen eine Geldentshädigung für einen Dienstaufwand, und er meinte, dieser Dienstaufwand wäre nicht erforderlich, während von Seiten der Militärverwaltung bisher die Auffassung geltend gemacht und vertreten worden is und auc ferner zu vertreten sein wird, daß hohe Beamte rect oft in die Lage kom- men», sih eines Fuhrwerks zu bedienen, und daß, wenn sie sih nit selbst ein paar Wagenpferde halten, sie das Fuhrwerk extra bezahlen müssen. Wenn Sie hinzunehmen eine Garnison wie Berlin z. B. und die Verpflichtung des Intendanten im Auge behalten, daß er die einzelnen Garnisonanstalten zu inspiziren hat, und daß er, abgesehen von den regelmäßigen Inspektionen, die ihm obliegen, auch die verschiedenen Baupläte zu besuchen hat, auf denen Neubauten stattfinden u. dgl., so wird Ihnen ohne Weiteres klar werden, daß {hon bei der großen Ausdehnung dieser Garnison das nothwendig ist, und da die Inten- danten allezeit an den Siten der General-Kommandos, welche größten- theils auch große Garnisonpläße sind, angestellt find, so wird sich dasselbe Verhältniß mehr oder wentger überall geltend machen, 5

Der Unterschied, den nun der Herr Abgeordnete nicht hat finden

wollen zwishen den Brigade-Commandeuren und den Inspecteuren be- steht doch in rect erheblichem Maße. Die Brigade-Commandeure sind Truppenbefehlshaber, müssen also bei allen Gelegenheiten, bei den Uebungen der Truppen dabei sein, felbst Uebungen leiten, bei den Manyövern Truppen kommandiren, im Herbft namentli, wo an die Leistungen der Pserde erheblihe Ansprüche gemacht werden. Das ift Seitens der Inspecteure niht in demselben Maße der Fall, sondern nur in geringerem Maße, und aus diesem Grunde hat die Militär- verwaltung .sih bisher bestrebt, hier nicht über das Bedürfniß Rationen zu gewähren. Eine Gleichstellung zwischen beiden wird der Herr Abgeordnete wahrscheinli nur darin suchen, daß die Nationen der Brigade-Commandeure herabgeseßt werden. Wir halten eine Gleich- stellung überhaupt nit für rihtig und sind der Meinung, daß die Brigade-Commandeure um bei dem Beispiel zu bleiben, welches der Herr Abgeordnete hier angeführt hat einen größeren Bedarf an Pferden und in Folge dessen auch an Rationen haben als die Inspecteure. i / : . S Der Abg. Dirichlet bestritt, daß eine Steigerung in den Preisen der Remonten eingetreten sei, wenigstens sei das in der Provinz Ostpreußen nicht der Fall gewesen, welche einen großen Theil der Pferde für die Armee stelle.

Wiederum nahm der Staats-Minister Bronsart von Schellendorff das Wort:

Ich bin von dem Herrn Äbgeordneten, der eben gesprochen hat, mißverstanden worden, wenn er meinte, ih hätte die Behauptung ausgesprochen, daß die Intendanten sich Cquipagen hielten. Das habe ih nicht gesagt. Jch habe gesagt, die Rationen wären gewissermaßen eine Geldabfindung für den Dienstaufwand, der ihnen erwächst , und habe ausdrüclich von Wagen gesprochen, die sie sich zu diesem Zwecke miethen müssen und das halte ih aufrecht. A

Wenn .der Herr Abgeordnete ferner meint, daß die dienstliche Thätigkeit eines Intendanten, der, er möge wohnen wo er will, in Berlin rund herum in der Peripherie dienstlich zu thun hat, in Ver- aleih zu stellen wäre mit jedem Civilbeamten, der der theueren Woh- nung wegen in die Peripherie hinausziehe, während er im Centrum zu thun habe, so weiß ich nit, D Civilbeamte amtlich verpflichtet sind, derartige Touren zu übernehmen, wie sie SIntendanten Übernehmen müssen; und es ist do {ließli jedem der Herren Civilbeamten überlassen, sich die Frage klar zu maden, ob er besser dabei fährt, wenn er weit wohnt und dann viels leiht bei billigerer Wohnung mehr Fahrgelegenheit in Anspruch nimmt, als wenn er seinem Berufsorte näher wohnt und etwas mehr Miethe zahlt. Das find do private Erwägungen. Hier aber han- delt es sih um einen dienstlichen Aufenthalt an den verschiedensten Punkten einer großen Stadt, und dieses dienstlihe Bedürfniß muß meiner Meinung nach dienstlih Befriedigung finden.

Der Herr Abgeordnete hat ferner gesagt, seine Erfahrungen sprächen nicht dafür, daß die Remontepferde jeßt theurer bezahlt würden als früher. Meine Herren, ich bin ja nicht in der Lage, die Erfahrungen des Herrn Abgeordneten einzeln zu kfontroliren ; das fällt aber auch bei der Sache nicht ins Gewicht, denn der Herr Abgeordnete hat doch seine Erfahrungen nur innerhalb des Kreises seiner Beobachtungen gemacht, und der Herr Abgeordnete wird es mir nicht übel nehmen, wenn ih den Kreis meiner Beobachtungen als weiter gezogen betrahte. Daraus ergiebt fich aber, daß die durchschnittlihe Steigerung des Preises für Remontepferde betragen hat von 1877 an, also von 1877 bis 1878 8 M4, im nächsten Jahre 10,32 M, im dritten Jahre 14,32, im vierten Jahre 19,89, im fünften Jahre 29,84 «4 Dann haben wir im Jahre 1882/83 einen Rückgang von 28,64 gehabt. (Abg. Dirichlet:

nz richtig!

E C dai weiter das Richtige hören. Im Jahre 1883/84 war wiederum eine Steigerung um 32,18 und im Jahre 1884 um 47,03. Da werden die Herren mir zugeben, daß allerdings von einer Steige- rung der Pferdepreise die Rede ist. Nun haben wir ja kleine Rück- gänge gehabt und ih hoffe, daß wieder ein Rülgang kommen wird; ih fasse aber bei dieser Frage niht die Schwankungen von einem Jahre zum anderen ins Auge, denn daraufhin können wir unmögli unsere Verhältnisse einrichten, sondern ih fasse ins Auge die dauernde Steigerung, welche sich in größeren Epochen ergiebt. Wenn der Herr Abgeordnete von veralteten Einrichtungen spricht, so bitte ih ihn, auf die Zeit zurückzugehen, wo diese veralteten Einrichtungen ein- geführt wurden; er wird dann sehen, daß die Pferde damals vielleicht