1884 / 290 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 09 Dec 1884 18:00:01 GMT) scan diff

Aus einem Spezialfall, in welchem für einen nicht anstellungsberehtigten Telegraphisten die Verleihung der An- stellungsfähigkeit für den Stationsdienst zu dem Zweck nach- gesucht worden ist, um den Betreffenden vor den übrigen An- wärtern in die nätste frei werdende Etatsstelle des Stations- dienstes einrücken zu lassen, hat der Minister der öffentlichen Arbeiten Veranlassung genommen, in einem Cirkularerlaß vom 1. d. M. unter Hinweis auf die Vorschrift in §. 22 Abs. 2 der am 1. Oktober 1882 in Kraft getretenen Anstellungs- grundsäße darauf aufmerksam zu machen, daß aus der Ver- leihung der Anstellungsfähigkeit für einen bestimmten Dienstzweig die Berechtigung zum alsbaldigen bezw. vor- zugsweisen Einrücken in eine den Militäranwärtern vor- behaltene Stelle dieses Dienstzweiges nicht herzuleiten ift. Die mit der Anstellungsfähigkeit für einen bestimmten Dien stzweig ausgestatteten Anwärter dürfen ebenso wie die in Ermangelung von anstellungsberehtigten Anwärtern angenommenen Nichtanstellungsberehtigten in die den Militäranwärter vorbehaltenen Etatsstellen nur unter der Vorausseßung einrücken, daß qualifizirte Stellenanwärter nicht vorhanden sind, welche entweder:

nah mindestens achtjähriger Mititärdienstzeit als Unter- offiziere ausgeschieden sind und deren Gesammtdienstzeit (aktive Militärdienstzeit und Dienstzeit in dem betreffenden Dienstzweige) von gleicher oder längerer Dauer ist, als die E den Nichtversorgungsberechtigten zurückgelegte Dienst- zel,

oder welche :

niht nach mindestens achtjähriger Militärdienstzeit Unteroffiziere ausgeschieden sind, aber in dem betreffen- den Dienstzweige eine gleiche oder längere Dienstzeit zurü- gelegt haben, als die Nichtversorgungsberechtigten.

Die vorzugsweise Anstellung von Nichtversorgungs- berechtigten in einer den Militäranwärtern vorbehaltenen Etatsstelle ist dagegen nur insofern statthaft, als ausnahms- weise die Anstellungsfähigkeit für eine bestimmte Stelle Allerhöchsten Orts verliehen worden ist.

Es wird deshalb in allen Fällen, in denen, ungeachtet der Bewerbung von Verforgungsberechtigten, für die den Leßteren vorbehaltenen Stellen die Einstellung von Nichtanjtellungs- berechtigten im dienstlichen Fnteresse angezeigt erscheint, der Prüfung bedürfen, ob es sich mehr empfiehlt, für die Be- treffenden die Verleihung der Anstellungsfähigkeit für den frag!ichen Dienstzweig oder für die bestimmte Stelle in An- trag zu bringen, Selbstverständlih ist in dem einen wie in dem anderen Falle das in Betracht kommende besondere dienst- lihe Jnteresse eingehend zu begründen.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Kaiserlicher Unter-Staatssekretär Dr. von Mayr und Fürstlih \{hwarz- burg:fondershausensher Staats-Minister Reinhardt sind hier angekommen.

Der Kaiserliche Gesandte am Königlich niederländischen Hofe, Graf von Bismarck-Schönhausen, ist nach dem Haag zurückgekehrt und hat die Geschäfte der dortigen Ge- sandtschaft wieder übernommen.

Der heutigen Nummer des „Reichs- und Staats- Anzeigers“ ist eine „Besondere Beilage“ (Nr. 8), enthaltend Entscheidungen des Reichsgerichts, beigefügt.

Cassel, 6. Dezeraber. Der Kommunal-Landtag beschäftigte sih in seiner heutigen Sißung lediglich mit Peti- tionen, welche theils berüdcksihtigt, theils dur Uebergang zur Tagesordnung erledigt wurden. Erwähnenswerth ist nur eine Petition des Kreistages des Kreises Marburg, welche in Be- kämpfung des Projekts einer Eisenbahn von Gladenbach nah Lollar den Bau einer Eisenbahn von Gladenbah nah Nieder- walgern Kreises Marburg empfichlt, und welche nah längere! Verhandlungen durch folgende Beschlüsse des Kommunal-Land- tages erledigt wurde.

1) Die Eisenbahnlinie Gladenbach-Niederwalgern wird als die im Interesse des Kreises Marburg und des Kommunalverbandes Cassel wünschenswerthe bezeichnet. 2) dem Kreise Marburg wird zum Grunderwerb für eine Bahn von Gladenbach nach Niederwalgern eine Unterstüßung bis zu 15 000 4 gewährt. 3) der ständische Aus- {uß wird ermächtigt, den ad 2 beschlossenen Zuschuß unter Umstän- den zu erhöhen. 4) Sofern das Projekt Gladenbach-Niederwalgern nicht zur Ausführung gelangt, wird dem \ständishen Verwaltungs- auëschusse anheimgegeben, ob für das Projekt Lollar-Gladenbach eine Beihülfe bis zu der Summe von 15000 # gewährt werden soll.

Meckelenburg. Malchin, 9. Dezember, früh. (W. T. B.) Zu dem Bau der durchStaatsvertrag mit Preußen festgestellten Eisenbahnlinie Rostock-Ribniz-Stralsund i} ein Beitrag des Landes von 10000 # pro Kilometer für die 32 km lange mecklenburgishe Strecke vom Landtage bewilligt worden.

Sesterreicz-Ungarn. Wien, 6, Dezember. (Presse.) Der Budgetausschuß hat die Vorlage, betreffend die provisorishe Budgetbewilligung, ohne Debatte un- verändert angenommen.

Pest, 6. Dezember. „Budapesti Közlöny“ publizirt ein Allerhöchstes Handschreiben, durch welches Baron Paul Sennyey zum Judex Curiae ernannt wird.

(Wien, Ztg.) Fn einer gestern Nachmittags von ser - bischen Abgeordneten abgehaltenen Konferenz wurden, Der „Ungarischen Post“ zusolge, die prekären Zu- stände der serbishen Kirche sehr cingehend besprochen und die Nothwendigkeit der Einberufung des Kirchen- kongresses als des zur Sanirung dieser Zustände einzig berufenen Forums betont. Die Konferenz wählte eine De- putation, welche mit den maßgebenden Faktoren in Berüh- rung treten soll, um die Einberufung des Kirchenkongresses im nächsten Frühjahre zu ermöglichen.

Agram, 6. Dezember. Die „Bud. Corr.“ meldet: „Der kroatishe Landtag wird erst Ende dieses Monats zu- fsammentreten, um ein mehrmonatlihes Jndemnity zu votiren. Die äußerste Linke wird diesmal die Be- rathungen des Landtages nicht zu stören vermögen, nachdem die ausgeshlossenen Starcsevicsianer an den ersten zwei Sißungen nicht werden theilnehmen können, Die Ausschließung der Abgeordneten der Starcsevics- Partei erstreckte sih bekanntlich auf acht Sizungen.“ Da- gegen s{hrieb man dem „P. Naplo“ von hier, daß die Stroßmayerianer sih mit der Jdee tragen, entgegen ihrer stolz angekündigten Absicht, im Landtage sofort nach dessen Zusammentritt zu erscheinen, um die Verhandlungen so lange hinauszushleppen, bis die Starcsevicsianer sich nach

Großbritannien und Jrland. London, 6s. Dezember. (Allg. Corr.) Ueber die Bill, betreffend die Neueinthei-

außerordentlihen Prätensionen, die lokal zu Gunsten einiger großen Städte auftreten, um die Konstitution im Ein- flange mit ihren Ansichten oder angeblihen Jnteressen zu modifiziren, kann unter keinen Umständen Gehör gegeben werden. Sie haben um so weniger Aussicht auf günstige Be- rüdsihtigung, weil die Arrangements, gegen welche die Lokalpolitiker Einwendungen erheben, genau diejenigen zu sein scheinen, welche die Basis des Abkommens zwischen den beiden Parteien bilden.“ „Freemann's Journal“ schreibt: „Die Annahme der Wahlreformvorlage kennzeichnet eine Epoche in der Geschichte des 19. Jahrhunderts. Niemals zuvor wurde die Macht so ruhig in die Hände der Massen übertragen. Wir brauchen nicht auf eine benachbarte Repu- blik zu blicken, oder auf die freie Nation jenseits des atlanti- schen Ozeans, denn hier in der Heimath floß vor nur 50 Jah- ren Blut in den Straßen Englands, als eine Maßregel von bedeutend geringerer Tragweite vorbereitet wurde. Das all- gemeine Wahlrecht is jeßt in den Bereich eines weiteren männlichen Vorgehens gebraht worden.“

8. Dezember. (W. T. B.) Das Blaubuch über die Angelegenheiten Süd-Afrikas enthält eine Depesche Lord Derby's an den Gouverneur des Kaplandes, vom 11. November, in welcher demselben mitgetheilt wird : die englische Regierung habe den Bedingungen, unter welchen das deutsche Protektorat ander Küste des Namaqua- und Damara-Landes hergestellt wäre, zugestimmt; es würde daher dem internationalen Brauh nicht entsprechen, das Territorium, welches unmittelbar an das bestehende deutshe Gebiet grenzt, zu annektiren; die englishe Regierung habe niht die Absiht, von irgend welchen Theilen des Namaqua- und Damara-Landes Besiß zu ergreifen, dagegen sei sie geneigt, die Herstelluna der englischen Jurisdiktion über das Kalahariland in Erwägung zu ziehen.

(A. C.) Aus Calcutta wird unterm 3. d. gemeldet:

Calcutta bot gestern einen niemals vorher gesehenen Anbli{. Die Kundgebung zu Ehren des Vizekönigs war beispiellos. Von dem Eisenbahnperron bis zum Regicrungspalast, auf eine Ent- fernung von 2 englischen Meilen, war die Straße von der einge- borencn Bevölkerung prachtvoll mit Fahnen, Guirlanden und Immergrün ges{mückdt worden. Ueber 100000 Menschen aller Klassen hatten sid zum Empfange Lord Ripons einge- funden. Auf einer Tribüne saßen gegen 500 Maharajas, Nabobs und andere Personen von Rang und Auszeichnung, Der Vize- könig wurde von ciner Deputation des Ripon-Empfangs-Comités be- grüßt, an dessen Spiße der Maharajah Durbhanra Se. Herrlichkeit im Namen der Eingeborenen bewillkommnete. Eine Musikkapelle spielte den Marsch „Seht, der siegende Held kommt.“ Der Vizekönig und Lady Nipon schritten durch das dichte Menschenspalier unter be- täubendem Jubel. Sechszchn Hindu-Mädchen in weißer Seide streuten ihnen Blumen auf den Pfad, und in der Nähe des Portals wurde Lady Ripon von einem kleinen Mädhen ein Blumenstrauß überreiht. Der vizeköniglihe Zug seßte sich unter gewaltigem Jubel der Volksmenge in Bewegung. In den Straßen, auf Haus- dächern und Terrassen drängte sih Kopf an Kopf. An verschiedenen Punkten ließen Hindukapellen ihr Spiel ertönen. Tausende von Studenten mit Bannern betheiligten {ih an dem Empfange des Vizekönigs. Zahlreihe Triumphbogen überspannten die Straßen. Die Häuser längs der Route waren rei beflaggt. Die Fahnen trugen Inschristen, wie z. B,: „Gedenke Indiens“, „Willkommen, \cheidender Vizekönig“, „Indien brauht mehr Ripons“, „Gott segne unseren geliebten Vizekönig“ u. #. w. Auf dem ganzen Wege waren Blumen jestreut. Die Equipage mußte häufig an- halten, damit die Blumen beseitigt werden konnten. Die Kund- gebung war einzig in ihrer Art ‘und beispiellos. Die Anglo-Indianer waren überrascht über den spontanen Charakter der Kundgebung und unterließen jede Opposition. Die eingeborene Presse bemerkt, daß die Moral dieses ungewöhnlihen Schauspiels die ist, daß, wenn künftige Vizekönige,: in die Fußtapfen Lord Ripons treten, die Treue der Cingel nen gesichert und es jcdem Engländer möglich fein werde, sich ein câhnliche Kundgebung der Dankbarkeit zu schaffen.

Capetown, 4. Dezember. (A. C.) Sir Charles War- ren, der Befehlshaber der Betshuanaland-Expe- dition, kam heute hier an und wurde enthusiastisch empsfan- gen. Eine große Volksmenge hatte sih eingefunden, um ihn zu bewillkommnen, und die Straßen waren ihm zu Ehren ge- schmüdckt, Jn allen Theilen der Kolonie werden Meetings abgehalten oder vorbereitet, welhe den Zweck haben, die Ent: rüstung über die Einmischung der Kolonialregierung in die Betshuanaland-Affaire auszudrücken. Es herrscht die Meinung, daß die Zeit erschienen sei, wo die Frage, wer das Uebergewicht in Südasrika haben solle, die Engländer vder die Holländer, ein für alle Mal gelöst werden müsse.

Frankreich. Paris, 6, Dezember. (Köln. Ztg.) Um die Budgetdebatte noh vor Schluß der jeßigen Session zu Ende zu bringen, beabsichtigt der Minister-Präsident Ferr y in der nächsten Woche den Antrag zu stellen, daß die Kammer täglih zwei Sißungen halte. Obgleich sich die Kammer bereits seit drei Sißungen mit dem Budget beschäf: tigt, hat sie kaum das des Acerbau-Ministeriums erledigt. Gelingt es der Regierung, ihr Budget bis Ende dieses Jahres bewilligt zu erhalten, so will fie gleih bei Beginn der näthsten Session die Listen-Abstimmung zur Annahme bringen und dann die Kammer auffordern, ihr Mandat für beendet zu erklären, so daß die Neuwahlen Ende April oder Anfang Mai stattfinden können. Die im Miriste- rium des Fnnern aus der Provinz eingegangenen Nah: richten melden übrigens, daß in den Departements, welche im Januar ihre Senatoren zu erneuern haben, die Opposi- tion bereits stark arbeite und {hon in allen Wahlbezirken ihre Kandidaten bezeichnet hat. Die Republikaner wollen das neue Wahlgeseß abwarten. Fnfolge der Ersparnisse, welche der Ausschuß an dem Budget bewirkte, wird eine größere Anzahl von Beamten abgeseßt werden müssen. Die am mecisien betroffenen Ministerien sind die des Krieges, der Finanzen und des Fnnern. Von den 21 Jndividuen, welche wegen der Dynamit-Explosionen in Montceau-les- Mines neuerdings verhaftet wurden, sind 17 in Freiheit geseht worden. Die übrigen vier kommen vor die Geschworenen. Me „Wgence Navas s@rebt! Die Arbetten zur Verstärkung des Expeditionscorps in Tongking und China werden eijsrig betrieben. Ein großer Theil der Artillerie-Arbeiter im Hafen von Toulon arbeitet des Nachts, um das Kriegsmaterial für das Geschwader des Admirals Courbet in Stand zu segen. Zu gleicher Zeit hat der See- präfekt des 5. Bezirks Befehl erhalten, die Torpedoboote Nr. 62, 63, 64 und 65 in Bereitschaft zu stellen. Ein Rundschreiben des Kriegs-Ministers läßt an die Jnfanterie-Regimenter einen Aufruf ergehen an die Unteroffiziere und Soldaten, die zur Bildung der Cadres des 4. Regiments der algerishen Scharf-

lung der Wahlbezirke, schreibt die „Times“: „Den *

wollen. Diese beiden Regimenter sollen am 15. De bildet werden. dember gs 8. Dezember. (W. T. B.) Der Senat genehmigt heute sämmtliche Artikel der Wahlreformvorlage in Be von der Kommission beschlossenen Fassung und ngge darauf die Vorlage im Ganzen mit 136 gegen 24 Stimmen q Fn der Deputirtenkammer beantragte Lepère di: Beseitigung des Kultus-Budgets. Der Bisghoi Freppel erklärte: die Kanmer habe niht das Recht d Kultus-Budget zu beseitigen, denn das würde eine Aufkün, digung des Concordats sein. Der erste Artikel des Kultuz. Budgets wurde hierauf mit 378 gegen 140 Stimmen angs. nommen und sodann troz dem Einspruch des Kultus-Ministerz die von der Kommission vorgeschlagene Herabseßung der Besoldung der Bischöfe und Erzbischöfe genehmigt,

Numänien. Bukarest, 8. Dezember. (W. T. Y) Zn Beiden Kammern wurde heute die Erklärung dez Ministeriums, daß es sein Demissionsgesuch zurü: gezogen habe, mit lebhaftem Beifall aufgenommen,

Nußland und Polen. St. Petersburg, 9. J; zember. (W. T. B.) Gestern fand im Winterpalais die Feier des St. Georgs-Ordens in herkömmlicher Weise statt. Bei dem Diner toastete Se. Majestät der Kaiser Alexander auf Se. Majestät den Kaiser Wilhelm, dey älte)ten Ritter des St. Georgs-Ordens.

Amerika. Washington, 8, Dezember. (W. T. V)

Jn der Repräsentantenkammer wurde heute eine Vor. lage eingebraht, durch welhe die Ausprägung von Silberdollars auf 3 Jahre suspendirt wird.

__ New-York, 5. Dezember. (Allg. Corr.) Der Senat zögert mit der Bestätigung der Ernennung Mr. M'Cullohs, Der Grund zu dieser ungewöhnlihen Nichtahtung liegt in dem Nath, den Mr. M’Culloh in scinem Bericht bezüglig des Tarifs ertheilte.

: 8. Dombr. (W D. B) Die Ernennung Tisdel’'s zum Agenten der Vereinigten Staaten bei Ras Association des Kongogebiets ist bestätigt worden.

Afrika. Egypten. Alexandrien, 5. Dezember, (Allg. Corr.) Die Steuerzahlungen nehmen gegenwärtig ihren befriedigenden Verlauf, und man erwartet keine größeren Rückstände als im vorigen Jahre.

SUatim, 5, Daember (N. C) Etwa 60 auf Q: meelen und Pferden berittene Rebellen führten 42 Ka: meele von einem etwa 2000 Meter im Süden der Stadt ge- legenen Punkte gewaltsam hinweg, wobei zwei Mann todt auf dem Plate blieben und einer verwundet wurde. Madagascar. Tamatave, 23. November. (A. C) Es verlautet, daß zwishen dem franzöfischen Admiral und den Hovas vorläufige Friedensunter: handlungen angeknüpft worden sind. Die französischen Kriegsschiffe „Beautemps“, „Beaupré“ und „Allier“ sind mit Truppen nach der Bai von Diego Suarez abgesegelt und zwar, wie man glaubt, um jenen Plaß zu beseßen. Der allgemeine Stand der Angelegenheiten ist unverändert.

Zeitungsftimnen.

Die „République francçaise“ schreibt:

„Sicerlich, wenn es einen Punkt giebt, an welchem der Fürst Bismarck mit gutem Rechte und ohne Präsumption das Vertrauen der nationalen Vertretung unbedingt reklamiren kann, so ift das wohl die Organisation der deutscben Diplomatie. von der auswärtigen Politik des Kanzlers zogen, daß ein Undank seiner Deputirten darin gefunden werden müßte qu'il y ait mauvaise grâce de la part de ses députés —, über den Preis zu feilshen, welchen diese Politik kosten kann. Wäre wirklich das Budget des auswärtigen Departements etwas ange \chwollen, so wäre doch dieses niht das Kapitel, so sollt es scheinen —, auf welches der untraitabelste Finanzpolitiker seine NReduktionslust erstrecken dürfte. Aber no0 Mebr das Berliner Auswärtige Amt wird mit einer Sparsamkeit verwaltet, welche ihm wohl auswärtige Minister beneiden könnten, welche noto- rish weniger geschickt oder weniger glücklich \ind. Jn der Wilhelm- straße macht man Europa ist das nicht unbekannt gute auswärtige Politik und, ein seltenes Phänomen, on l’y fait à bon marché. Der Fürst Bismarck konnte wohl diese feststehenden Thatsachen anrufen und mit vollem Rechte bis zu einem gewissen Punkte die Vertrauent- frage stellen: der Reichstag, in einem Sparsamkeitsanfall, dessen Ehren man zu Unrecht allein fiskalishen Rücksichten zuschreiben würde, \chickte das Budget der Auswärtigen Angelegenheiten in die A zurück, um dort Abstrihe und Einschränkungen vorzu- nehmen.“

O „DeutiVe Deconomits Artikel über die Be1:liner Fondsbörse:

; _Für das europäische Finanzges{chäft war bis dahin die Pariser Börse tonangebend und die größten Unternehmungen wurden dort begonnen und durchgeführt. England ftand in dieser Beziehung hinter Frankreich zurü; es war aber der Hort aller geldbedürftigen, halbcivilisirten Staaten der ganzen Welt. Der deutsche Kapitalmarkt war immer nur im Gefolge des französisben und englischen zu finden, wo es sih um große internationale Transaktionen handelte und die Berliner Börsenwelt spekulirte mit Vorliebe in Paris und London. Das ist wesentlih anders geworden. Die Berliner Börse steht heute an der Spite der internationalen Hochfinanz. Das unga- rishe Goldrentengeshäft, in Paris begonnen, wurde hier zu Ende ge- führt, mehrere große russishe Anleihen wurden bier kontrahirt, au der niederländische Staat wandte sich mit seinen Geldbedürfnifsen nah Deutschland, die serbishe Anleihe mußte hier zur Emission ge- braht werden, und nur die hier bestehende Abneigung hat vechin- dert, daß auch die griehishe Anleihe hier aufgelegt wurde. Rumänien hat scine finanzielle Stüye nur in Deutschland gefunden, Oester- reih-Ungarn konnte sich in alter Gewohnheit in seinen permanenten Geldbedürfnissen nur nach Deutschland wenden und hierher rihtet sich sein Blick bei dem Wunsch der Valutaregulirung. Die Londoner Finanziers sehen mit Besorgniß auf die Berliner Konkur- renz, wo es gilt, geldbedürftigen Staaten auszuhelfen und während früher die Berliner Börse în Paris und London spekulirte, geben diese Plätze ihre Ordres jeßt nah Berlin. Hierin liegt zum Theil auc das Geheimniß des unverwüstlihen Geldüberflusses; es ift nicht bloß deutsches Kapital, welches an unserer Börse roulirt, sondern zum guten Theil auch französisches und englisches.

Forscben wir nach der Ursache dieses gewaltigen Umschwunges, so finden wir dieselbe hauptsächlih in dem erdrückenden Uebergewicht der deutschen Politik, welches von unserer Finanzwelt geschickt ausgenußtt worden ist, Was sich seit Jahren in der Welt ereignet hat, es empfing von hier aus seine Richtung und Gestaltung; Berlin ist dadurch zum ideellen Mittelpunkt der Welt gemacht worden und dieser Vorzug konnte von unserer Finanzwelt niht unbenutt, konnte aub nicht ohne wohlthätige Rückwirkung auf unsere gesammte Volkswirthschaft bleiben Dem Fürsten Bismarck gebührt daher, wie so manches andere, so aub das Verdienst, den Uebergang aus dem früheren Zustand der wirths{af1lichen und finanziellen Ab- hängigkeit in denjenigen der Ucverlegenheit veranlaßt und herhei-

sagt in einem

Ablauf ihrer Strafzeit zu neuem Skandal einfinden können.

schüßen und des zweiten Regiments der Fremdenlegion dienen

geführt zu haben.

Deutschland hat genugsam Vortheile ge |

Diese Wandlung if von so eminenter Tragweite, daß man fich dieselbe bei Beurtheilurg der Börse vergegenwärtigen muß. Die Berliner Börse ist nit mehr ein lokales und bloß nationales Insti- tut, sie ist eine internationale Centralstelle und darf als folche nicht mehr mit dcm Maßstabe engbegrenzter Verhältnisse gemessen werden.

e

Centralblatt für das Deutsche Reich. Nr. 49. In- alt: Zoll- und Steuerwesen: Erscheinen einer neu:n Auflage des Aemterverzeichnisses. Konfulatwesen: Todesfall. Polizeiwesen Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiete. “Amtsblatt des Reibs-Postamts. Nr. 63. Inhalt: Berfügungen : vom 26. November 1884. Bezug der von dem Inker- nationalen Postbureau herausgegebenen Zeitschrift. f L Amtsblatt des Reichs-Postamts. Nr. 64. Inhalt: erfügung vom 3. Dezember 1884, Päereiverkehr während der j t8zeif. Vei Siz Ministerial-Blatt. Nr. 45. Inhalt : Allge- gemeine Verfügung vom 1. Dezember 1884, betreffend den Erlaß der Snstruktion für die Verwaltung der Kassen bei den JIustizbehörden. Erkenntniß des Reichsgerichts vom 12. Juni 1884. 4 Eisenbahn-Verordnungs-Blatt. Nr. 30. Inhalt: Allerhöchste Konzessions-Urkunde, betr. den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von Königsberg nach Cranz dur die Königsberg-Cranzer Eisenbahn-Gesellschaft. Vom 25. Juli 1884, Erlasse des Mini- sters der öffentlien Arbeiten: Vom 21. November 1884, betr. Ueber- nahme der Funktionen eines Vizewirths dur unmittelbare Staats- beamte. Vom 21. November 1884, betr. Dienstwohnungen. Nom 22. November 1884, betr. Beachtung der für die Sicherheit des Betriebbdienstes erlassenen Vorschriften. Vom 28. November 1884, betr. Berehnung des Reineinkommens der verstaatlichten Eisenbahnen zum Zwccke der Kommunalbesteuerung. Vom 1. Dezember 1884,

betr. Neisekostenvergütungen bei Dienstreisen nach Neubaustrecken. tom 1. Dezember 1884, betr. Verleihung der Anfstellungsfähigkeit im Wege der Allerhöchsten Gnade. Nachrichten.

Neichstags- Angelegenheiten.

Die Ueber! der Geschäftsthätigkeit Des Reichstages in der legten Session (IV. Session der V, Legislaturperiode vom 6. März 1884 bis 28. Juni 1884) ist soeben erschienen. Dieselbe it übersichtlicher Weise von dem Bureau-Direktor, Geheimen Rechnungs-Rath Knack ver- faßt, und bildet ein praftisches Nachschlagewerk. Der Jnhalt desselben ist folgender: 1) Neu gewählte Abgeordnete: 1) Justiz-Rath Dr. Horwiß (1. Wahlkreis Merseburg). 2) Kauf- mann Cronemeyer (10. Wahlkreis Hannover). 3) Rittmeister a. D., Majoratsherr Graf von Ballestrem (2. Wahlkreis Oppeln). 4) Landrath Graf von Behr-Behrenhoff (2. Wahl- kreis Stralsund). 5) Gutsbesißer Rudolph Frhr. von Frey: berg (3. Wahlkreis Schwaben und Neuburg). 6) Frhr. von und zu Aufseß (3. Wahlkreis Oberfranken). 7) Justiz-Rath Carl Grimm (5. Wahlkreis Cassel). 8) Graf Wilhelm von Hoensbroech (7. Wahlkreis Düsseldorf). 9) Rittergutsbesißer Carl Göß von Olenhusen (12. Wahlkreis Hannover). 10) Frhr. von Ungern-Sternberg (5. Wahlkreis Minden). 11) Senator Dr. Witte (2. Wahlkreis Sachsen-Meiningen). 12) Frhr. von Huene (12. Wahlkreis Breslau). 13) Ober-Landesgerichts- Rath Schmieder (4. Wahlkreis Liegniß). Nach Schluß der Session: Prof. Dr. Mosler (1. Wahlkreis Trier); 15) Sée nator Behm (5. Wahlkreis Mecklenburg-Schwerin).

Mandatsniederlegungen bezw. Mandatserle- digung. 1) Durch Erkenntniß des Königlichen Landgerichts zu Liegniß vom 24, Oktober 1883 der Reichstags: Abgeordnete Gustav Richter (4. Wahlkreis Liegniß) zu Gefängnißstrafe und zum Verlust der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte verurtheilt, verlor jein Mandat. 2) Samm (i Wahl- kreis Stralsund) niedergelegt. 3) Taeglihsbedck (6. Wahlkreis Trier) niedergelegt. 4) Dr. Paasche (5. Wahlkreis Mecklen- burg:Schwerin) niedergelegt. / 2

Tb catUlle: 1) Frhr. von Adelebsen (gest. 18. Of- tober 1883). 2) Marcard (ge. 27. November 1883). 3) Dr, Lasker (gest. 4. Januar 1884). 4) von Ludwig (gest. 12. 0s nuar 1884). 5) Frhr. von Schorlemer:Vehr (gest. 19. April 1884).

Es hatten 47 namentliche Abstimmungen in den Sessionen 1881—84 stattgefunden, an der sih im Ganzen 426 Abgeordnete betheiligten. ; 5

Verhandlungen des Reichstages (alphabetish_ ge- ordnet) unter Mittheilung der Vorlagen, der Kommi|htons- beshlüsse, Abänderungsanträge, Beschlüsse, Erledigung U. O 1) Entwurf eines Gesetzes, betr. die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellshasten. 2) Auswanderungs- wesen (Bericht üker die Thätigkeit des Reichskommissars). 3) Literar- und Musterschuß - Konvention mit Belgien. 4) Antrag von Kardorff, betr. Branntweinsteuer, 5) «Fnter- pellation Frhr. von Minnigerode, die Cholera betr. 6) Entwurf eines Gesetzes, betr. die zur Erforschung der Cholera nah Egypten und Ostindien entsandte wissenschaftliche Kom- mission. 7) Allgemeine Rechnung über den Reichshaushalt für das Jahr 1879/80. 8) Allgemeine Rechnung über den Reichs- haushalts-Etat pro 1880/81. 9) Uebersicht Der Ausgaben und Einnahmen für das Jahr 1882/83. 10) Entwurf eines Ge- seßes, betr. die Kontrole des Etats des Reichs und der Reichs- lande pro 1883/84. 11) Konsulatsgebäude 1n Shanghai. 12) Marine-Nachtragsetat. 13) Zweiter Nachtragsetat (Reichs: amt des Innern), 14) Feingehalt der Gold- und Silberwaaren. 15) Entwurf eines Geseßes, betr. den Reingewinn des Generalstavéwerkes über den deutsch-sranzösischen Krieg 1870/71. 16) Gerichtsverfassung (Gerichts\prache, polnische Sprache 2c). 17) Gerichtsverfassung8geseß (Strafprozeßordnung, Abänderun g derselben). 18) Abänderung der Gewerbeordnung (Kolportage,

andlungsreisende). 19) Heimathswesen (Antrag Bebel u. Jen.). 20) Hülfskassengeses (Abänderung des Geseßes über eingeschriebene Hülfskassen). 21) Literarkonvenlion init Jtalien, 22) Kirchenämter (Aufhebung des Geseßes vom 4. März 1874). 23) Handels- 2c. Vertrag mit Korea. 24) Uebereinkun|t mit Luxemburg, betr. Zulassung von Medizinalpersonen. 25) Ab- änderung der Maß- und Gewicbtsordnung. 26) Militärpen- sionsgesez. 27) Literarkonvention mit den Niederlanden. 28) Antrag Büchtemann u. Gen., betr. die Einwirkung euer

ension für alle im Reichsdienste besctästigten Civilper)onen bezw. deren Hinterbliebenen ohne Rücksicht auf das Dienl|t- alter, 29) Petitionen. 30) Postdampfschiffs-Verbindungen, deren Einrichtung und Unterhaltung aus Reichsfonds. 31) Prisengerichte barkeit (Entwurf eines Geseßes). 32) Ins validenfonds. 33) Reichs-Kassenscheine (Einziehung derselben mit Datum vom 11. Juli 1874). 34) Reichs-Schuldenwejen

Bericht der Kommission). 35) Abänderung des Gesebes, betr. die Reichs-Stempelabgaben. 36) Uebereinkunft mit der Schweiz, betr. Zulassung von Medizinalpersonen. 37) Gesetzentwurf,

21, Oktober 1878. 838) Entwurf eines Geseßes gegen den verbrecherishen und gemeingefährlichen Gebrau von Sprengstoffen. 39) Antrag Dr. Philipps u. Gen., betr. die Entschädigung für unschuldig erlittene Untersuhungs- und Strafhaft. 40) Jnternationaler Vertrag zum Schuß der untersecishen Telegraphenkabel. 41) Gefegentwurf, betr. die Unfallversiherung der Arbeiter. 42) Wahlprüfungen. 43) Ent- wurf eines Geseßes, betr. die Fürsorge für die Wittwen und Waisen der Angehörigen des Reichsheeres und der Kaiserlichen Marine. 44) Zollermäßigungen in den Tarifen der deuts- italienishen und der deutsh-spanishen Handels- und Schhiff- fahrtsverträge. 45) Aenderung des Zolltarifs. 46) Geseßz- entwurf, die Besteuerung des Zuckers betr. 47) Entwurf eines Geseßzes, betr. die Anfertigung und Verzollung von Zündhölzern.

Bei der im 3. Danziger Wahlbezirk —Stadt Danzig statt- gehabten Ergänzungswahl haben Stimmen erhalten : Schrader, Eisenbahn- Direktor a. D. zu Berlin 6372 ; von Ern sthaufen, Ober-Präsident zu Danzig 2985 ; Landmesser, Prälat in Danzig 2857, und Jochem, Litograph in Danzig 1451, so daß zwischen den beiden Erstgenannten cine Stichwa hl stattzufinden hat.

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund- un find in h 48, Jahreswoche von je 1000 Einwohnern, auf den Jahresdur{scnitt berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 96,3, ia Breslau 26,7, in Königsberg 30,4, in Cöln 18,5, in Frankfurt a. M. 19,5, in Hannover 11,9, in Cassel 16,0, in Magdeburg 28 2, in Stettin 21,2, in Altona 22,0, in Straßburg 26,8, in Meß 19,7, in München 25,8, in Nürnberg 35,6, in Augsburg 31,7, în Dres- den 18,5, in Leipzig 20,2, in Stuttgart 17.4, in Braunschweig 22,3, in Karlsruhe 16,0, in Hamkurg 30,2, in Lübeck —, in Wien 245, in Budapest 22,6, in Prag 32,7, in Triest 58,6, in Krakau 28,9, in Basel 14,7, in Brüssel 24,3, in Amsterdam 28,2, in Paris 28,7, in London 22,3, in Glasgow 37,1, in Liverpool 27,4, in Dublin 35,4, in Edinburg 18,5, in Kopenhagen 29,8, in Stockholm 23,2, în Chri stiania 24,3, in St. Petersburg 22,4, in Warschau 31,1, in Odessa 326, in Rom 22,5, in Turin 30,6, in Bukarest 291, Madrid 257, in Alexandrien 35,6. Ferner aus der Zeit vom 92. bis 8. November cr.: in New-York 24,1, in Philadelphia 192, in Chicago —, in Cincinnati —, in St. Louis n San Fran- zisfo 166, in Kalkutta 24,8, in Bombay 26,3, in Madras 39,2. Beim Beginn und in den ersten Tagen der Berichtswoche herrsbten an den ost- und süddeutsen Beobachtungsorten westliche und südwestliche, in Koniß bald na Nordwest, in Karlscuhe nah Nordost drehende Lustströmungen. An den mitteldeutschen Stationen und in Bremen überwogen nordwestliche mit südwestlichen wehselnde, in Cöln nordöftlibe nah Südost laufende Winde. Jedoch nur an den süddeutschen Stationen blieben diese Windrichtungen bis zu Ende der Woche überwiegend, in Breslau ging der Wind am Schluß der Woche nah Nord, in Heiligenstadt nach Südost; in Cöln matten sich in der zweiten Wocbenhälfte zwishen West und Südwest, in Koniß und Bremen zwischen Nordwest, Südwest und Südost, in Berlin bis nach Nordost laufende Windrichtungen geltend. Die Temperatur der Luft war eine niedrige und lag an aller Stationen um mehrere Grade, in Konitz über 89 C., unter der normalen. An den meisten Stationen herrschte in der ersten, in Koniß auch in der 2. Wocenhälfte strenges Frostwetter. Niederschläge, meist Schnee, fielen häufig und auch ergiebig. Der heim Wochenbeginn niedrige Druck der Luft stieg bis um die Mitte der Woche, sank dann ras an allen Stationen, nahm jedoch zu Ende der Woche allgemein zu. Die Sterblichkeitsverhältnisse der meisten Großstädte Europas gestalteten sich in der Bericht8woche etwas ungünstiger, indem haupt- fählih in Folge des allgemeinen häufigeren Vorkommens von Masern, Scharlach und Diphtherie die Sterblichkeit der Altersklasse von 2—5 Jahren eine gesteigerte wurde. Die allgemeine Sterbli hkeits- verhältnißzahl für die deutschen Städte zeigte nur eine unwefentliche Zunahme und stieg auf 24,6 von 24,5 der Vorwoche (pro Mille und Jahr berechnet). Der Anthcil des Säuglingsalters an der Sterblichkeit blieb der gleihe. Von 10000 Lebenden starben (aufs Fahr berechnet) 72 Säuglinge wie in der Vorwoche, in Berliu 69, in München 115, / : : e den Infektionskrankheiten gewannen, wie bereits erwähnt, Masern, Scharlach und Diphtherie größere Ausdehnung; Keuchhusten und Pocken riefen weniger, typhöse Fieber und Kindbettfieber nur wenig mehr Todesfälle als in der Vorwoche hervor. Masern herrs» ten in Königshütte, Hamburg, Iserlohn, Hagen, Neuß, Sranf- furt a. M., London, Glasgow, Kopenhagen, Madrid in größerer Aus- breitung; in Nürnberg, Augsburg, Berlin, Mainz, Amsterdam hat die Zahl der Sterbefälle, in Nürnberg auch die der Neuerkrankungen etwas abgenommen. Das Scharlachfieber zeigte in Königsberg, Colberg, Königshütte, Potsdam, Berlin, Elberfeld, Bochum, Prag, Triest, Amsterdam, Christiania, Dublin eine Steigerung, in Elbing, Danzig, Stolp, Greifswald, London, Glasgow, Liverpool. Stockholm, eine Abnahme der Todesfälle. In vielen Fällen trat Scharlah in Verbindung mit Diphtherie auf, welche [ettere besonders in Königs- bera, Elbing, Breslau, Chemniß, Plauen, Müdhlhaufen l D, Berlin, Forst, Magdeburg, Potödam, Hamburg, Celle, Barmen, Amsterdam, Wien, Prag, St, Petersburg, Warschau, Odessa, Christiania, Madrid, Alexandrien viel Opfer forderte; in Stolp München, Stuttgart, Dresden, Leipzig, London, Murcia war die Zahl der letzteren etwas kleiner als in der vorhergegangenen Woche. Iyphöse Fieber wurden in Breslau, Hamburg, Berlin, Pest häufiger, in Turin seltener Todesveranlassung. Sterbefälle an Flecktyphus kamen aus London und St. Peters- burg je 1, aus Madrid 3 zur Meldung. Der Keuhusten raffte in Tilsit, Breslau, Dresden, Hamburg, Düsseldorf, Amsterdam mehr, in Berlin, London weniger Kinder hinweg. Darmkatarrhe der Kinder zeigen fast allgemein ein bescränkteres Vorkommen. Polen riefen in Cöln, Krakau, Bukarest, Murcia einzelne, iín Rom, Wien, Prag, Warschau, Paris, Venedig, Madrid, Lissabon, St. Petersburg mehrfache Todesfälle hervor; in Turin erlagen den Pocken 12, in London 30, in Triest 44. Die Cholera in Paris hat erhebli abge- nommen ; in der Berichtêwoche erlagen derselben 74 Personen, in den Hospitälern befanden sich nur 1009 Kranke. Aus den indischen Städten Kalkutta, Bombay, Madras werden nur wentge Cholera-

fälle gemeldet. Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Die Nr. 10 des „Correspondenzblatts des Ges sammtvereins der deutschen Geschichts- und Alter- thums- Vereine (herausgegeben von dem Verwaltungs-Aus\{chuß des Gesammtvereins in Frankfurt a. M. unter Redaktion von Grust Wörner in Darmstadt) für Oktober 1884 (32. Jahrgang) bringt unter der Rubrik „Mittheilungen für deutshe Geschichte und Alters3- thumsfkunde überhaupt" einen interessanten Beitrag von Dr. Loß in Frankfurt a. M. über römische Straßenüberreste und Alterthümer aus der Nackarschaft Frankfurts, sowie über den Vicus Heckenwald. Hellbach in St. Goarshausen 1heilt eine aus Basel datirte Urkunde aus dem Jahre 1434 mit, in welcher Kaiser Sigismund den Bürgern der Stadt Rhense thr von seinem Vater, Kaijer Karl 1Y. ihnen ge- währtes Zollprivileg bestätigt, wofür sie den Königsftuhl, auf welchem die Wahl des römischen Königs durch dieZKurfürsten stattfand, zu erhalten hatten. Das bisher ungedruckte Vriginal befindet si in dem Archiv der Landbürgermeisterei Coblenz. Die Geschichte der Herren und Grafen von Heusenstamm, von Friedrich Ritser, wird auc in dieser Nummer, unter wörtliher Mittheilung wichtiger Akten- stüde fortgeseßt. Es folgen dann [literarishe Besprechungen, u. a. des

gegebenen Publikation „Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz West- preußen“ und des von dem Major von Apell unter dem Titel „Argentora- tum“ veröffentlidten Beitrages zur Ortsgeschichte von Straßburg 1. G. Den Schluß bilden Notizen über alterthümlihe Funde, Restaurations- arbeiten 2c. U. a. berichtet Dr. I. Keller über einen jüngst für das Römisch-germanische Museum in Mainz erworbenen Inschriftstein, einen sogenannten Legionsbaustein, welcher für die Bestimmung der Bauzeit der römischen Rheinbrücke bei Mainz sehr wichtig is und mit Hülfe dessen si, wie des Näheren in dem Aufsaß nacbzulefen, mit Sicherheit ergiebt, daß die Brücke in den Jahren 70—100 n. Chr. entstanden sein muß. Andere Mittheilungen datiren aus Lor, Wit- tenberg, Trier, Sulza, Berlin (Märkishes Museum) und Kiel (Schles8wig-Holsteinishes Museum vaterländischer Alterthümer). In der Iugendliteratur nimmt die von W. O. von Horn begründete „Volks- und Jugendbibliothek“ (Verlag von Julius Niedner in Wiesbaden) seit langer Zeit eine geahtete Stellung ein, und es erfreuen sih sowohl die älteren wie die allerneuesten Bände der beifälligsten Aufnahme bei den lesebegierigen Kleinen. Die glücklide Art, in welcher die Herausgeber es verstehen, den Stoff in einer für den Kindeéverstand angemessenen Weise zu bearbeiten, die gefällige Darstellung, welche sich frei hält von pädagogisher Schulmeisteret und doch einen belehrenden, sittlich fördernden Zweck im Auge hat, räumen diesen Schriften einen großen Vorzug vor so manchen Werken der Jugendliteratur ein, mit welcen der Weih- nachtsmarkt jeßt alljährlih überschwemmt wird, und die leider oft genug nur durch prächtige Ausstattung dem dürftigen, für Kindergemüther manchmal gar nicht geeigneten Buch eivigen Werth zu verleihen suhen. Die Hornshen Sachen in ihrer anspruslofen, s{lihten Form, welche zudem noch den Vortheil haben, daß sie ausnehmend billig sind, können getrost den Wettkampf mit jenen modernen Jugend- {riften aufnehmen, und man kann sicher sein, daß sie siegreich aus demselben hervorgehen werden. Die vor uns liegenden fünf Bänd- cen bestätigen vollkommen das eben Gesagte; sie reihen si würdig ihren Vorgängern an und werden gleiwe Anerkennung finden wie jene, nicht nur bei Kindern, sondern au bei Erwadchse- nen, welhe an einem gesunden und harmlosen Lesestoff Gefallen haben. „Feld scherers Kriegsglüd“ nennt sich eine Geschichte, der Jugend und dem Volke erzählt von J. Bonnet. Der Held derselben ist ein Feldsher aus Hohensolms, Namens Herchen, welcher von seinem Herrn, dem Grasen von Hohenfolms, der im Felde befindlichen Hohensolmser Kreiscompagnie als ärztlicher Beistand gesandt wird. Der Leser wird mitlen n en siebenjährigen Krieg hineinverseßt und erhält ein anschaulihes Bild der traurigen Zustände, in welhen ch das deutsche Vaterland um jene Zeit befand. „Die Rache ist mein“, betitelt ih eine Erzählung von Ottokar Schupp, worin derselbe von zwet Müllern erzählt, die aus Rachsucht éinander viel Leid anthun ohne daß fie \cließ- lich dabei eine cigene Befriedigung finden. Derselbe Verfasser entwirft uns in seiner Geschichte „Die Klemen skirche" ein anschauliches Bild aus der Zeit der Raubritter. In der Grzählung DEL Reiskönig“ verseßt uns J. Bonnet nach der fernen Insel Java, und läßt uns einen Einblick thun in das fremdartige Leben jener Gegenden. In dem Lebensbilde , William Wilberforce, der Sklaven- freund“, schildert der Erzähler Hugo Oertel die traurigen Zustände, in welhen sich die mißhandelten Sklaven in Amerika be- fanden, und welchen der große Menschenfreund Wilberforce, der am 24. August des Jahres 1759 zu Hull in der Grafschaft York geboren wurde, mit allen Kräften abzuhelfen suhte. Jedes der Hefte ist mit vier sauber ausgeführten Stahlstichen geschmüdckt. Der billige Preis das kartonirte Heft kostet 75 4, einzeln gebunden 1 H, alle fünf in einem Band gebunden 4,35 4 empfiehlt dieselben zur Anschaffung für Schüler- und Volksbibliotheken. e : Von „Engel horns allgemeiner Roman-Bibliothek (Stuttgart, I. Engelhorn) sind der 7. und 8. Band erschienen (Preis je 50 4). Band 7 bringt die Erzählung von Hamilton Aiïdé: „Vornehme Gesellschaft * (Introduced to Society), überseßt von Auguste Scheibe, eine Erzählung, die in fesselnder Weise das Leben der vornehmen englischen Welt mit seinen glänzenden Lichtern und tiefen Schatten schildert. Der 8. Band enthält den erften Theil der „Gräfin Sarah“, von Georges Ohnet, überseßt von F. Linden Dieser Roman erregt gleiches Interesse wie der „Hüttenbesizer“ des- selben Verfassers; auch hier wird das Problem der Liebe zwischen zwei grundverschiedenen Charakteren in spannender Weise behandelt. Der Weihnachtskatalog, 24 Jahrgang, und Lager- katalog Nr. 109 der J. J. Heckenhauershen Bucch- und Antiquariatshandlung in Tübingen, der soeben ausgegeben worden, enthält auf 70 Seiten ein Verzeichniß von Schriften, die sich beziehen auf: Allgemeines (Literatur, Geschichte, Geographie, Kunft, Naturgeschichte, Philosophie), Damenliteratur (eins{chl. Koh- und Gartenbücber), Gallerie- und Bilderwerke, illustrirte Prachtwerke, erbauliche Literatur, Jugend- und Volkschristen, ABC- und Bilder- bücher, englisce, französishe und italienische Literatur, Musikalien und Werke über Musik.

Gewerbe und Handel.

Essen, 9. September. (W T. B) Die „Rheinish-West- fälische Zeitung“ meldet über die Lage des Kohlenmarkts, daß in Folge des steigenden _Wasserstandes des Rheins die Kohlen- \chifsverladungen aus den Häfen des Niederrheins besonders rege ge- worden sind. Da auch der Wagenmangel durch die Mitwirkung fremder, namentlich süddeutscher Bahnen sein Ende erreicht bat, ift der Kohlenverkehr außerordentli groß. Troßdem hat fich die Markt- lage noch wenig verändert, nur die besseren Aussichten, welche fich der Stahl- und Eisenindustrie E beginnen allmählich, einer Prets-

-rbesferung neuen Impuls zu zeben. i E Ne abire, 6, Dezember. (Hopfenmarktberict von Leovold Held.) Der Markt hat sih gegen Ende diefer Woche etwas verflaht. Gestern wurden 350 Ballen verkauft. Der heutige Um- saß dürfte ungefähr dieselbe Umsatziffer zeigen. Im Großen und Ganzen können Käufer in Folge stärkeren Angebotes um einige Mark billiger ankommen, wenn auch im Allgemeinen cine merkliche Preis- diffferenz oder Verflauung nicht zu konstatiren it, Hur Export ift zu zu billigen Preisen Frage vorhanden. Die Stimmung Ut ruhig. Notirungen: Markthopfen 65—80 4; Gebirgshopfen 85—100 M ; Nischgründer 70— 95 4; Württemberger prima 100—110 Æ, do. mittel 75—85 Mz; Hallertauer prima 100—105 #; do. guittel 75—85 4; Elsäfser 66—80 H; Posener 90—118 e; Woln- znacher und Auer 100—120 4; Spalter Landhopfen 110—136 s;

Bessere Lagen 135—145 M 2 H Bessere Lagen (W. T. B,) Die Verschiffungen

Glasgow, 8. Dezember. ] | l von Robeisan betrugen in der vorigen Woche 4800 gegen

c i ben Woche des vorigen Jahres.

N R (W. T. B.) Wolle ruhig, stetig,

Halbwolle eher schwächer, Garnausfträge klein, vielseitig, Botany-

\pinner beschäftigt, Stoffe s{leppend. New-York, 8. Dezember. (W. L. B.)

Opdyke & Co. hat ihre Zahlungen eingestellt.

Verkehrs-Anftalten.

Der Hafen von Fécamp bietet ia Folge einer Beschädigung der S(hleusenthüren des einzigen geschlossenen Hafenbassins zur Zeit den dorthin kommenden Schiffen nicht die Möglichkeit, sih während des Löschens oder Ladens andauernd in s{wimmendem Zustande zu E ist der Hafen im Allgemeinen günstig für das Ausfliegen der Stiffe, so daß troß des vorgedachten Umstandes die nach Fécamp bestimmten Schiffe, worunter welche bis zu 600 bis 700 Tons Ton- nengcehalt, fortfahren, in den Hafen cinzukommen. Es ift daher an- zunehmen, daß der Hafen nur Schiffen, welche das Aufliegen leinef- wegs vertragen können, vorübergehend verslossen ¿E

Die Reparaturarbeiten werden vorauésihtlih noch cinige Wochen in Anspruch nehmen. Ï

uf den Linien der Großen Berliner und der Großen

Die Bankfirma

etr. die Gültigkeitsdauer des Geseßes gegen die ge meingefährlihen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom

1, Hefts der im Auftrage des westpreußischen Provinzial-Landtages herauê-

Fnternationalen Pferde - Eisenbahn - Aktien -Gesell-