1884 / 294 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 13 Dec 1884 18:00:01 GMT) scan diff

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Auszug aus einer Depesche des Großbritarnishen Staatssekretärs

für Kolonien Earl von Kimberley an den Gouverneur der Kap- Kolonie Sir H. Robinson.

A Downing Street, den 30. De:ember 1880,

28 2c.

28, Zuglei muß ich Ihnen die Nothwendigkeit eindringlich ans Herz legen, die Verantwortlichkeit Englards niht über die gegen- wärtigen Grenzen der iti ar Ihrer Mojestät auszudehnen. Ihrer Majestät Regierung i} der Ansicht, daß der Orangefluß als die nordwestlihe Grenze der Kap-Kolonte beizubehalten ist und wird Plänen auf Ausdehnung der britisben Gerichtsbarkeit über Groß- Namaqua- und Damara-Lond ihre Unterstützung nicht geben. Da Walfisch-Bai auf Veranlassung der Kap-Kolonie für britishes Gebiet erklärt wurde, mit Nücksiht auf die Wichtigkeit der Kontrole über den cinzigen Hafen an einem großen Küstenstriche, durch welchen Waffen und Handel in das Innere zu gelangen vermögen, \o will Ihrer Majestät Regierung dieses Arrangement nit {töôren, unter der Bedingung, daß das Kap- Parlament fortfahren werde, für die Unter- haltung der Einrichtungen an jenem Platze angemessene Vorsorge zu treffen.

(Auszugsweise Uebersetzur g.)

IV, Berlin, den 20. Oktober 1881.

Ew, Excellenz beehre ich mich unter Bezugnahme auf den ge- fälligen Bericht vom 2, Dézember v. J. den beifolgenden Auszug aus einer neueren Eingabe der Rheinischen Missionsaefellshaft vom 28, August d. J., die Verhältnisse im Herero- (Damara-) Land, Südafrika, betreffend, zur gefälligen Kenntnißnahme zu übersenden.

Dana hat der zwischen den Herero und Namaqua andauernde Kriég für die genannte Missionsgesellschaft, wie noch mchr für die zu ihr în engen Beziehungen \tehende Missions-Handels-Aktic:ge- sellschaft {wre Verluste an Eigenthum zur Folge gehabt und die Erfolge einer dur 35 Jahre mit vielen Opfern durchgeführten Arbeit ersbeinen {wer bedroht. Die gestellten Anträge richten fich auf Gewährung von Sck(@uk Seitens der Königlich großbritannishen Re- gierung und auf Entschädiguna für die erlittenen Verluste, Daneben wird gebeten, die Kaiserlide Regierung möge bei dem mangelhaften S@&uß, der engliswer Seits selb in Walfisch-Bai geboten werde, ihrerseits zum Schutze der bedrohten doutschen Interessen cin Kriegs- {if dorthin entsenden.

Die ersten beiden Anträge sind, wie ich Ew. c. gegenüber kaum bervorzubeben braucbe, aus rechtlicen und thatsäcbliben Gründen zu ciner Vertretung bci der enalisben Regierung nit geeignet, Letztere bat in der Note vom 29 November v, J., welbe Ew. 2c. mit dem gefälligen Berit vom 2. Dezember v. J hierher eingereiht haben, ausdrüd@lic jede Verantwortlichkeit für alle Ereignisse außerhalb der britiswen Grenzen in Südafrika abgelehnt und binzugefügt, daß nur die Wal fis-Bai und ein \{maler, diefe umgehender Streifen Land britises Territorium sel. Hiermit stimmen die an den neu er- zannten Gouverneur der Kay - Kolonie, Sir H. Robinson, ertheilten Ii. struktionen vom 30. Dezember v. J. überein, in welchen, abgesehen von der Walfisw-Bai, der Orange-River als äußerste Grenze des britiswen Territoriums festgehalten wird. Wie der Kaiserliche Konsul zu Kapstadt berichtet bat, find aud Seitens der Koapy-Reaierung alle dorthin gerihteten Anträge der Rheinischen Missionsgesellsaft auf Gewährung von S(ußz unter dem Hinweis darauf zurückgewtesen worden, daß die Regierung nit beabsichtige, weitere Gebiete zu annektiren, und daß sie in dem betreffenden Lande keine militärisen Maßnahmen ergreifen oder irgend wie si in die inneren Wirren des Landcs einmiscen wolle.

Die bedrânate Lage der betreffenden Missionsgesellshaft und delsgesellscaft läßt cs gleiiwohbl avgezeigt erscheinen, die erbetene ermittelung bci der Königlih großbritannishen Regierung nicht von der Hand zu weisen, Ew. 2c. beehre ib mi daher erge- zu ersucben, die Angelegenheit im Foreign Office nochb einmal li zur Sprache zu bringen und anzufragen, ob sich etwa na vorliegenden NacbriÞbten inzoischen in der Lage der Ver- etwas geändert hab: der be-

i Interessen der im Hererolande lebenden Reicb8angehörigen

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An den Kaiferliden Bots&after, Herrn Grafen z

Ercellenz.

Anlage zu Nr. IV.

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en 28. Auguft 1881.

g vom 3. Juni 1880, be- amara-) Land angeßedelten en Auéwärtigen Amt des Namen und Auftrag esellsbaft geborsamft zu 3. Juni v. I. ausgespro(benen Maße erfüllt. Der Krieg 8 ift im August v. J. aus8gebroen. find inzwisben, soweit KriegSereignisse verlassen und bier domizilirte Miffions- bedeutende Verluste erlitten, ick Jon Monat zu Monat Lande wohnenden kapis&en Kolonial-

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boten, in dem bezeibneten Zeitraum wohl auch vielleicht 2 Millionen Mark für ihre Arbeiten dort vcrausgabt.

In ähnlicher Lage befindet sich die biesige Handelsgesellschaft. Sie is nicht o0ols eine Spekulationsgesellshaft gegründet worden, sondern als eine Arbeit, welche bei mäßigem Ertrage für die Aktionäre die Arbeiten der Mission im Sinne christliher Civilisation unter- stüßen sollte, Nach einem {weren Verluste, welchen dieselbe vor mehreren Jahren im Klein-Namaqua- Lande erfahren, waren ihre Ver- háltnisse im Herero-Lande während des leßten Jahres so geordnet worden, daß die ruhige und erfolgreiche Arbeit im Herero-Lande in sicherer Aussicht ftand. Der Krieg und seine Ausbreitung hat nicht nur diese Ausfibt vernictet. sondern bereits sehr große Verluste ge- bracht und zugleih die Möglichkeit, Rimessen aus dem Lande zu be- ziehen, aufs äußerste erschwert. Die Krieg führenden Häupilinge haben von den Lagerhäusern der Handelsgesellschast Waaren und Munition qegen Schuldscheine entnommen, welche gegenwärtig und vorausfihtlich auch später keinen Werth darsteUen. So sieht si die Handelsgesellschaft zur Liquidation genöthigt, und da ihre noch zu Buch stehenden vorhandenen Wertbe, soweit sie niht entnommen oder ge- raubt wurden, unverkäuflih sind, so wird die bevorstehende Liquida- tion vorauésihtlich den Verlust des gesammten Aktienkapitals (718 000 M) herbeiführen. In einem Augenblicke, wo von allen Seiten die Stärkung des deutsben Erports und die Anlegung deut- {en Kapitals in überseeischen Unternehmungen erstrebt und bevor- wortet wird, erscheint es doppelt bedauerlich, daß eine seit 11 Jahren folid geführte und von den besten Absichten getragene deutsche über- seeische Handels8unternehmung aus Mangel an genÜügendem politischen n von Seiten der britischen Regierung zu Grunde gehen muß.

Im Blick auf diese Lage erlaube ich mir weiter die dringende Bitte auszusprehen: Hohes Auswärtiges Amt wolle bei der Königlich britishen Regierung einen Ersay für die durch den Krieg herbeigeführten Verluste der Missions- wie der Handelsgesellschaft geneigtest erwirken.

So weit heute die eingetretenen Verluste sib von bier aus über- sehen lassen, würde etwa eine Summe von 25000 £ bis 30000 L in Betracht kommen.

Nachschrift. Seit Monaten sind keine direkten Nachrichten aus dem Herero-Lande uns zugekommen, da auch die Verbindung über See fast ganz aufgehört hat. Sicher aber ist, daß der Krieg fort- dauert, und daß von dem Scbeppmanéêdorp-Ameiber Stamm für die nöthigsten Zusendungen von Proviant aus der Walfish-Bai große Kontributionen den im Lande wohnenden Deutschen E find.

Fabri An das Auswärtige Amt zu Berlin.

(Fortsetzung folgt.)

Ie näher das Weihnac1sfest heranrückt, um fo größer wird kei Manchem die Verlegenheit um ein wirklich originelles, \{önes Ge- \c{henk. Ein solches bietet sich diesmal in den Luxud-Spiel- karten, welche, wie bereits angezeigt, im Verlage von T. O. Weigel in Leipzig erschienen find. Diese Karten, ein deutsches und cin französisbes Spiel von je 36 Blättern sind fkünst- lerishe Schöpfungen, und die Orginale derselben haben in dem Spielschrein Plaß gefunden, der Jhren Kaiserlihen und Königlichen Hoheiten den Kronprinzliben Herrschaften als Festgabe des Berliner Kunstgewerbevereins zur Feier der silbernen Hochzeit dargebracht worden ist. Zwei ausgezeichnete Künstler, der leider kürzlih verstorbene Prof. Ludwig Burger, und der dur seine heral- dishen Malereien wohlbeklannte Emil Döpler d. J. haben die Originale finnig entworfen und mit Feder und Aquarell prächtig ausgeführt. Die Figuren des deutshen Spiels (Könige, Ritter und Hofbeamte, Pagen und Knecbte) erscheinen in dem malerischen, farbenreichen Kostüm des frühen Mittelalters. Auf den anderen Blättern, welche das Zeichen des Hèrzens tragen, treibt der Selm Amor in kleineren figürlihen Szenen sein loses Spiel; unter dem Zeichen der Eicheln entwickelt sih dagegen Kampf und Krieg, unter Grün die Jagd mit der Armbrust und der Saufeder, und die Darstellungen auf den Blättern mit dem Zeichen der Schellen find dem Handel, dem Ackerbau, der Schiffahrt und den Gewerben gewidmet. Die Rückscite der Karten ist mit einer viermal wiederkehrenden, \{chön ftylisirten Kornblumenstaude geziert, deren Bilder durch einen kreuzförmigen Rahmen mit den preu- ßisden Farben und dem Adler in der Mitte geschieden werden, Die Könige, Damen und Ritter des französischen Spiels zeigen die reiche farbenpräcbtige Tracht der Renaissancezeit. Die Halbfiguren sind nicht dur gerade Striche getrennt, wie bei den gewöhnlichen Karten, fondern dur dazwischengeschlungene, {ön ftylisirte Blumen- ranken zu zwangslofen Doppelbildern vereinigt, welhe mit ihrem üppigen, heraldisch stylisirten Zierrath ebenso reizvolle Erfindung und Komposition bekunden, wie sie mit delikatestem Geshmack in der Farbenzusammenstellung ausgemalt sind. Die Aßkarten zeigen zarte &ederzeibnungen von nit minder ansprechend erdachten Gruppenbildern. Die Rückseite sämmtlicher Blätter dieses Spiels \{mÜückt der heral dische preußiscbe Adler und das Alliance-Wappen der Kronprinzlichen Herr- \scbaften in reiber Federzeibnung. Die tecnishe Wiedergabe durch den Farbendruck ift bei beiden Spielen eine höchst vollendete. Beide haben Goldscnitt und sind in reizende, kleine, truhenförmige Kästchen gelegt, welche Meisterstücke der Bucbbinderarbeit genannt zu werden verdienen. Die Truben find, die eine (grün, für das französishe Spiel) mit dem preußisdben Adler auf dem Deckel und reihen Arabesken, die andere (rotbbraun, für das deutsche) mit den 4 Kartenzeichen und graziösem Rankenwerk ges{müdckt und bilden eine höchst ges{mackvolle Hülle für die Karten. Bei dem wirklich schr geringen Preise von 4 M4 für jedes Spiel dürfte sib ein eleganteres und hübscheres Weihnachts- geschenk für Herren {werlich finden lassen.

Im Königlihen Schauspielhause erschien gestern ein neues Drama von Ernft von Wildenbrub. Wie in ‘der Regel bei solchem war das Haus bis auf den leßten Plaß gefüllt und wieder er- es von dem dröhnenden Beifall, wel&er den Raum durcstürmte. bar betradtet bas Publikum es bereits als ein Ercigniß, wenn Alles in Allem genommen hervorragendste Dramatiker der nwart ein neues Stück über die Bühne gehen läßt, und daß man n Wildenbru& mit einem gottbegnadeten Dichter zu thun , bleibt auch nach dem gestrigen Abend zweifellos, der dem vieraktigen Trauerspiel „Christoph Marlow uns nit geftörten und eirheitlihen Kunstgenuß gewährte, den wir nach

n Erfabrurgen erwarten durften. Die neueste Dichtung Christoph Marlow*“ {ließt si insofera den Vorgängern würdig s fie von dem wilden Geist Wildenbruchs mit seinen glänzenden jen, aber aub mit seinen Schwächen neues Zeugniß ab- é Son die Genialität, mit welcher er seelische Korflikte in Gegenwart uad Vergangerbeit zu finden und uns mens{lih und er- greifend nahe zu rücken weiß, läßt des Autors großes Dichtertalent erkennen. Christoph Marlow, der wilde, sich felbstvergötternde und dob urwürdigem Neide zugängliche Dichtergeist nimmt das Herz eines \ch{wärmerisden jungen Mädchens gefangen, welches dem ein- fachen treuberzigen Francis verlobt ist. Wie ein verbeerender Sturm- wind brit er in das friedlide Haus Sir Walsinghams, der sein väterlider Woblthäter von Jugend auf gewesen, ein und bringt Ver- derben über Alle, welde sib ihm liehreiß nahen. Sein blendender Flammergeist erwärmt nicht mit ruhigem Lichte, sondern ver- nitt mit leidenshaftlider Gluth. Der alte Walsingham stirbt in der Nat, da ihn seine Tochter Leonore um Marlows willen verläßt; Leonore selb welft dahin an gebrohenem Herzen, und Marlow, der si slb vergötternde Dichtergeist, zershellt an seinem Neide, als er den helleren Stern Shakespeare seinen Ruhm über- strablen ficht. Der rä&tende Francis findet nur noch einen geschlage- nen Mann, welcher in ehrenvollem Zweikampfe mit seinem Tode seine Swächen sühnt. Das Werk ist großartig in seiner Anlage und packend

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des Verfafsers zu einer lebensvollen, zuweilen sÆürmisch forteilendey aber ftets fesselnden Handlung. Die ergreifende Entwicklung der Charattere, die Fülle der poetisben Gedanfen und Empfindungen welche dur die leidenshaftlibe Spracke in ein wahrbaft zauberisches Gewand gebhülli sind, üben eine zuweilen hinreißende Wirkung. Nur ein echter Dichter vermag einen großen Stoff \o packend gestalten, gebietet über diese Harmonie der Empfindurgen und über solchen fesselnden Wohllaut der Sprabe. Trotz aller Mängel, welche ein fühl abwägender fkcitisber Geist an Wilden, bruchs „Marlow“, sei es in der Komposition, in der Mangelhaftigkeit der psychologisben Motivirung im Einzelnen oder selbst in der Un, wahrscheinlihkeit einzelner Vorgänge, erblicken mag, wird man he, fennen müfsen, daß jene Mängel fi zu dem Kunstwerk verhalten, wie die S(@laen, die auch dem edlen Erze anhaften. Den großartigsten Cindruck gewährte ter erste Akt, welher in Bezug auf die kühne Grposition und die {wermüthige Stimmung, welche dieselbe dur, zieht, als ein Meisterwerk für sih betrachtet werten darf Die folgenden Akte lassen manchmal eine überzeugende psychologishe und scenishe Entwicklung vermissen, reißen aber immer hin dur die Wucht der Handlung und des Gedankens. Wildenbruch versuchte auch, seine Ausdrucksweise dem derberen Charakter der Zeit und dem fissellosen Gemüth des Marlow anzupafsen; besonderg legt er den fomisch wirkenden Personen recht fräftige Ausdrüe in den Mund, w-lchbe das Kolorit des Ganzen heben. Stürmischer Beifallsjubel erhob sich nach jedem Akte, und jedes Mal mußte aug der Dichter auf der Bühne erscheinen. Zur vollendeten Wiedergabe des Schauspiels hatte die Regie die besten Kräfte entboten, über welche sie verfügt. Hr. Ludwig (Christoph Marlow) spielte seine s{chwieriae Rolle mit Feuer und Leidenschaft und brate die Wildheit und Selbstvergötterung, welche den Charakter des Marlow kennzeihnen, lebenswahr und doch mit edlem Maß zur Geltung. Ihn unterstützte Frl. Meyer in ergreifender Weise als \{chwärmerische und weichherzige „Leonore“. Die Leistung des Frl. Schwarz (Margaret) verdiente volles Lob durh die würde- und gedankenvolle Wiedergabe des edlen Frauencharakters, Hervorzuheben find außerdem nocb die trefflichen Leistungen der Herren Berndal (Walsingham), Krause (Theaterdirektor Henslow) und Keßler (Francis Archer). Auch die Darsteller hatten Theil an dem Beifall des Hauses und wurden mehrfach nah jedem Afts{luß gerufen.

Im Deutschen Theater geht am Montag „Pitt und For! von Rudolf von Gottschall neu in Scene. Außer den Wiederholun- gen dieses Stücks bringt das Repertoire der nähsten Woche noth Wiederholungen von „Der Hüttenbesitzer“, „Romeo und Julia*, „Die große Glocke“ und „Don Carlos“. Morgen, Sonntag, wird „Die Welt, in der man sich langweilt“ gegeben.

Neues Friedrih-Wilhelmstädtishes Theater. Die am Donnerstag Abend zum Besten der Weihnachtsbescheerung armer Kinder der Oranienburger Vorstadt von Hrn. Direktor Fritsche bewilligte Wohlthätigkeits-Vorstellung, in welcher die reizende Operette „Gasparone“ zur Aufführung kam, hatte ein sehr besuchtes Haus. Morgen, Sonntag, findet bereits die 79, Vorstellung der Operette statt.

Im Krollschen Theater fungirte die elektrishe Beleuchtung in dieser Wocbe zum ersten Male auch auf der Bühne, sodaß dem zahlreiben Publikum, welches der Aufführung von Jacobsons „Märchen meiner Amme“ beiwohnte, noch eine ganz besondere Ueberrascung zu Theil wurde. B-kanntlih sind es nur wenige Theater in Europa, welche diese modernste aller Bühnenbeleuhtungen bis jeßt besißen, jedenfalls ist aber dieser erste Berliner Versuch, nah dem Urtheil der meisten Anwesenden, sebr gelungen ausgefallen, Das Bogen- lit hinter den Coulissen ift maßvoll gedämpft und wirkt wohlthuend, während die Schönheit der Kostüme (die, wie bekannt, in den „Märchen meiner Amme“ mit be- sonderem Geshmack hergestelt wurden) außerordentlich erhöht, und den Dekorationen ein überaus lebendiger Charakter zu Theil wird. Die neue Beleuchtung wird in dem Etablissement nunmehr vollständig durchgeführt werden. Auch die Temperaturverhältnifse in den Sälen sind hierdurch in angenehwster Weise verändert und machen sich namentlich bei vollem Hause sehr bemerkbar. Das genannte Ausftattungsstück: „Die Märchen meiner Amme“, dessen Darsteller, große wie kleine, jeßt nah 14tägiger Wiederholung ein vortreffliches Gnsemble bilden, erfreut sich nach wie vor des regsten Beifalls.

Belle - Alliance - Theater. Die morgige Sonntags-Vor- stellung findet zu gewöhnlichen Wochentagspreisen (I. Parquet 2 A u. \. _w.) statt. Am Mittwoch geht als letzte diesjährige Extra- Vorstellung auf Verlangen noch einmal „Maria Stuart“ in Szene.

Im Saale der Sing-Akademie veranstaltete gestern Abend Hr. FrißSchousboe ein Concert, welchem ein zahlreiches Publikum beiwohnte. Hr. Schousboe ist ein Pianist von hervorragender Be- deutung, der sich auch als Komponist niht ohne Glück versucht hat, wie die von ihm vorgetragenen Stücke, Präludium und Stherzo, be- wiesen. Der Vortrag zeichnet sih aus durch hübschen Anschlag, voll- kommene Ruhe und Einfachheit, die sch{ frei hält von den oft störend wirkenden Cigenheiten, welche zu den üblichen Erscheinungen mancher Klaviervirtuofen gehören. Das sorgfältig zusammengestellte Programm bot als erste Nummer das Scharwenka’sche Klavierconcert in B-moll (op. 32), welches sauber ausgeführt und vollendet wvor- getragen wurde. Frl. Therese Zerbst bot durch einige Lieder eine angenehme Abwechselung. Der jungen Dame gelang Sigune's Klage von Oskar Eichberg recht hübsch, wenngleich der Vortrag etwas monoton war. Die dem Liede folgende Kompo- sition von Scbousboe is eine zwar niht hervorragende, do recht ansprechende Leistung; namentlich gefällt das fließend ge- schriebene und heitere Scherzo. Den Glanzpunkt des Concertes bildete ein Chopinsches Nocturne, in welchem der Künstler durh Weichheit des Tones und vorzüglicbes Piano Ausgezeichnetes leistete. Das Schytte' sche „Ueber die Steppe hin“ (aus „Naturstimmungen“" op. 22) wirkt dur eigenartige Stimmung und Akkorde. Die recitativ gehaltene Wagnersche Komposition „Im Treibhaus“ wurde von Frl. Zerbst ansprechend vorgetragen, während es ihr im „Gebet Gretbens vor der Mater dolorosa“ von W. Fritze an arakteristishem Ausdruck der Leiden- schaft und des Schmerzes mangelte. Das kleine Concert in A-moll op. 16 von Edv. Grieg wurde glänzend und sehr präcis gespielt, wobei sich das Klavier berrshend über den Instru- menten erhielt. Das Philharmonische Orchester unter Leitung des Prof. Karl Klindworth unterstüßte den Künstler auf das Beste. Das Auditorium folgte den gebotenen Genüssen mit großem Vergnügen und belohnte die Leistungen mit lebhaftem Beifall. Reht unangenehm war die leider auch gestern ausgeübte üble Angewohnheit eines Theiles des Publikums, vor Schluß des Concertes das Haus zu verlassen, was für den Künstler verleßend und für den aufmerksamen Theil der Zuhörer äußerst störend wirkt.

Mit anerkennenswerther Pünktlichkeit hat Hr. Cumberland son gestern den Reinertrag seiner vorgestrigen Wohlthätigkeits- Séance, eine Summe von 1769 #, an die betreffenden Stellen ab- geführt, und zwar 769 4 dem „Invalidendank“, einen Check für 700 M dem Ober-Bürgermeister für die Armen von Berlin und 300 #4 dem Vorstande des unter dem Protektorat Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Kronprinzessin stehenden Kindergartens für arme Kinder als Weihnachtsbescheerung überwiesen.

Redacteur: Riedel. Veclag der Expedition (S olz). Druck: W, Elsner. Sieben Beilagen (einschließlich Börsen-Beilage).

Berlin:

in seiner Dur(führung ; der \pröde Stoff gestaltet sich in den Händen

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Slaals-Auzeiger.

Berlin, Sonnabend, den 13. Dezember

152,

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 13, Dezember. Jm weiteren Ver- laufe der gestrigen (13.) Sizung des Reichstages wurde die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betr. die Feststellung des Reichshaushalts-Etats für das Etats- jahr 1885/86 mit dem Etat der Verw altung des Reichs- heeres (dauernde Ausgaben Kap. 32 Tit. 1) fortgeseßt.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath General-Major von Haenish erklärte, die Militärverwaltung gebe; zu, daß die Ergeb- nisse der Remonteankäufe Seitens der sechsten Kommistion im Westen und Süden Deutschlands nicht voll genügend seien, und daß sih die Kosten, die die Kommission verur}ace, nicht ganz durch das Ergebniß des Ankauses bezahlt machten. Andererseits fónne sie troß dieses Verhältnisses es nicht unterlassen, den Ankauf in West- und Süddeutschland für einen dringend nothwendigen zu halten, weil es das einzige Mittel sei, auf Die Pferdezucht in diesen Provinzen fördernd einzuwirken ; und solhe Ergebnisse eten vorhanden, wenn „lie f au nicht sehr bedeutend seien. Daß sich die Pferdezucht in diesen Provinzen gehoben habe, drüde ih einiger- maßen im Remonteankaufe wie au in der Klassififation der Mobilmachungspserde aus. Die Hebung der Pferdezucht in diesen Provinzen sei um deswillen für die Militärverwaltung besonders wichtig, wzil sie gezwungen je: un ¡Falle der Mobilmachung auf die im Lande befindlichen Pferde als Mobilmachungspferde zu rekurriren. Die Militärverwaltung würde zwar im Stande sein, den Remonteankauf auch aus den anderen Provinzen voll zu besorgen, ohne auf West- und Süddeutschland Nücksicht zu nehmen, sie würde etwas billiger, sogar bessere Pferde kaufen ; die? Militärverwaltung sei aber doch gezwungen, den Ankauf möglichst auf das ganze Reich auszudehnen, weil es das einzige Mittel sei, auf die Besserung der Qualität der Mobilmachungspferde hinzuwirken und mit der Zeit dazu zu gelangen, daß man sie auh an den Wrten finde, wo man Ne brauche, _und nit erst „weile Trans- porte nach dem Westen und Süden im Mobilmachungsfalle brauhe eintreten zu lassen. Die Bemerkungen des Vorredners, welhe den Uebelstand des Zwischen- handels bei den Privatmärkten betreffe und auf sehr genauer Sachkunde der Detailverhältnisse beruhe, werde die Militär- verwaltung zur Erwägung nehmen und ih vorbehalten, dem- nähst das Weitere zu veranlassen. Jm Augenblick würde ein bestiamtes Versprechen nah der einen odcr der anderen Rich- tung nicht zu geben sein, da von hier aus diefe Verhältnisse niht zu übersehen seien.

M 294.

Gegen die Verweisung dieses Titels an die Budgetkommission habe die Militärverwaltung kein Bedenken geltend zu machen; aber auch dort werde sie an dem Standpunkt entschieden festhalten müßen, auch in den Provinzen, welche zur Zeit ein sehr ergiebiges Remonte: material nit lieferten, doch den Pferdeankauf im Intere}))e der Landes-Pferdezuht und der Besserung der Qualität der Mo- bilmachungspferde in jenen Landestheilen fortseßen zu mühen.

Die beiden Titel wurden der Budgetkommission üÜüber- wiesen.

5 33, „Verwaltung der Nemontedepots“ und Kap. 34 „Reisekosten, Tagegelder, BVorspann und Transportkosten wurden ohne Debatte genehmigt. : j

Jn Kap. 35 sind für Militär-Erziehungs- und Bildungs- Wen S0 O M U

Insbesondere im Tit. 18 bis 20 für die Kadettenanstalten (Haupt-Kadettenanstalt, Kadettenhäuser in Potsdam, Culm, Wahlstatt, Bensberg, Plön und Oranienstein) 420 835 A, zu persönlichen Ausgaben 88588 # und zur Beköstigung 510 332 M A L

Bei diesem leßten Posten werden in Nücksiht auf den voraussihtlihen Einnahmeausfall an Kadetten-Pensionsgeldern 155 735 M mehr gefordert, als im Vorjahre. l:

Der Abg. Kalle bat um Aufklärung über dieje Mehraus- gabe und um Erläuterung der Manquements in den Pensionär- stellen der Kadettenanstalten und der Zahl und Art der ZUrück- weisungen, g etn im Frühjahr vom Abg. Richter in Anregung gebraht worden je.

Siétanif ergriff der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Staats-Minister Bronsart von Shellendorff das Wort:

Meine Herren! Ich werde mi zunächst mit dem meiner Meit- rung nach wichtigeren Theil der Anfrage beshäftigen, der aub das Haus im Frühjahr {on zu Erörterungen veranlaßt bat, nämli in Betreff der Frage, ob bezüglich der Aufnahme von Pensionären im einzelnen Falle nah richtigen oder unrichtigen Grundsäßen verfahren wird, im Besonderen, ob einzelne Kategorien von Familien, Ständen u. \, w., Berufsklassen ausges{lossen werden. Ich habe hier eine Zu- sammenstellung vor mir, welche die Verhältnisse ultimo Juni d. J., ailo bald na Zusammentritt des neuen Kursus zusammenfaßt, und das sind Resultate, die natürlich durch die Verhandlungen in diesem Hause nicht beeinflußt sein können, weil die Bestimmung darüber, wer zu diesem Kursus zugelassen werden solite, bereits getroffen war; das bemerke ih mit Rücksicht auf cine Eventualität, die der Hr. Abg. Richter gestern angedeutet hat. A ,

s Wir en 611 Pensionäre, das sind also diejenigen Knaben, wele in das Kadettencorps aufgenommen werden, ohne daß den Eltern ein vorzugsweiser Anspru zusteht, im Gegensaß zu den ]0- genannten etatsmäßigen Kadetten. Von diesen 611 Pensionâren waren 18,2 %/%, Söhne von Offizieren, d. h. von solchen Offizieren, die in hohem Gehalt oder Einkommen sind, und für wele deshalb die Benefizien, die sonst den aktiven Dffizieren zugestanden sind, nit berücksihtigt wurden, deren Söhne also auf Grund guter Ver- mögenslagen, nicht zu etatsmäßigen Kadetten genommen wurden, sondern unter die Pensionâre verseßt worden sind, als 18,2 9/9. 27,39%, Söhne von Beamten, Geistlihen, Rechtsanwälten, Lehrern und dergleichen ; 2,8% von Aerzten; 31,6% von Gutébefißern ; 20,1% von Kaufleuten, Pächtern, Industriellen. Und, meine Herren, was das Verhältniß der abgelehnten Gesuche zu den eingehenden An- meldungen für Pensionsstellen betrifft, so bemerke ih, daß 118 be- willigt, 27 abgelehnt sind. Da werden Sie zugeben, daß das an und für sih kein sehr hoher Prozentjaß ilt, Jh werte Ihnen aber auch sagen, weshalb die Anträge abgelehnt worden sind; neun Anträge wegen der sozialen Stellung der Familie, einer wegen mangelhaften bürgerliben Rufes des Baters, zwei wegen ungünstiger Vermögenslage, d. h. also, daß die Leute nicht itStande waren, die Pension zahlen zu können, zwei, weil die Angemeldeten unehelich geboren sind, zwölf, weil sie das aufnabmsfähige Alter über-

unter diesen 27 nur 9 si befinden, bei welchen die Frage der dis- fretionären Befugniß auftritt, jo werden Sie mir zugeben, daß man hieraus nit wird \{ließen fönnen, da überhaupt im Ganzen 145 Anträge zur Erörterung kamen und nur 9 wegen Mängel in der sozialen Stellung der Familie abgelehnt worden sind, daß dort mit einer unnatürlihen Strenge oder in vorurtheil8voller Weise verfahren wird. Aus diesen Zahlen würde sich das ganz entschieden nit er- geben. : : : Ich bin also in der Lage. auf Grund dieser Zablenangaben voll- ständig meine Behauptung aufrecht zu erbalten, daß wir keinen Stand ausdrüdcklich von der Aufnahme in die Kadettencorps-Pensionsstellen aus\&licßen, da wir dazu au gar keine Veranlassung haben, daß wir aber allerdings genöthigt find, die Familienverbältni}je, die erste Erziehung, die ein solches Kind im Hause seiner Eltern genießt, in pflichttreuer Weise zu ermitteln, damit das Kadettencorps den Cha- rakter, den es baben soll, Söhne aus anständigen, gebildeten Fa- milien, die eine Garantie für eine angemessene Erziehung bieten, auf- zunehmen, nit cirbüßt. 4 ; E / Was nun die Frage anlangt, in wie weit wir überhaupt Pen- fionéplätze beseßt haben und in wie weit Manquements gegen die Zahlen, welche wir ursprünglich bei der Neuorganisatioa des Ka- dettencorps in Aussiht ‘nahmen, vorliegen, so bitte ich den Herrn Präsidenten, dem Hrn. General-Major von Hänisch das Wort zu geben, derselbe a über diess SURE und auß noch über andere 2ahlen Ihnen Auskunft geben Töônnen. l E Der Bevollmächtigte zum Bundesrath General-Major von Haenisch erklärte, die Gesammtzahl der Kadetten betrage 2088. Davon seien in dem vorliegenden Etat in Aussicht genommen 613 Pensionsstellen gegen 813 im Vorjahre, und es bleibe dem- nach auf die etatmäßigen Kadetten die Zahl von 1475. Die Herabseßung der Zahl der Pensionäre um 200 sei deshalb nothwendig geworden, weil die Militärverwaltung in den Vorjahren erhebliche Manquements gehabt hare, 1878—79: 273 Pläße, 1879—80: 241 Pläße, 1880—81: 227 Pläye, 1881—82 sei die Zahl wieder auf 280 gestiegen, im Jahre 1882—83 auf 286; von da ab habe fi ein Fallen geltend gemacht. Im vorigen Jahre habe die Zahl nur 264 betragen und die Militärverwaltung habe Grund, anzunehmen, daß im kommenden Etatsjahr die Zahl der Manquemen:s auf etwa . 200 sich vermindern werde. Der Einnahmeausfall, der aus der geringeren Zahl der Pensionäre entstanden sei, betrage 156 000 und }ei bei den Tit. 18, 19 und 20 des Kap. 35 in Absaß gebracht worden. Dagegen habe sich die Zahl der etatmäßigen Ka- detten um 200 vermehrt, und sei der Erziehungsveitrag für dieselben bei Tit. 21 in Zuwachs gekommen. Die Pensionen, die für die Pensionäre zu zahlen seien, betrügen für jede Stelle 780 s und 1500 A für die Ausländer. Jn den Stellen der etatmäßigen Kadetten seien Erziehungsbeiträge von 90 M, 180 M, 300 # und 450 M zu zah- len. Endlih seien 135 Fréistellen vorhanden. Fn die Manquements der früheren Jahre habe die Militärverwal- tung etatmäßige Kadetten zu einem geringeren Erziehungs- beitrage einberufen, als die Penfionen betrügen. Dadurch tei ein gewisser Einnahrae-Ausfall entstanden, der umm \ Nut: standen wäre, auch wenn die Zahl der etatmäßigen Käge.ten nicht vermehrt worden wäre, denn die Generalfosten buében dieselben, und es wären im Gegentheil die Erziehungsbeiträge, die dur die etatmäßigen Kadetten gezahlt seien, in Wegfall gekommen. Nur bei Tit, 20 (Beköstigung) fei dur Einbe- rufung der etatmäßigen Kadetten auh eine Mehrausgabe er- folgt, die sich im Ganzen der 2 tehreinnahme durch die Er- ziehungsbeiträge gleichstele. Nur zu den Generalfosten, zu den Kosten für Bekleidung, für das Lehrerpzrsonal, für die Unterhaltung der Gebäulichkeiten u. st. w. würde ein Beitrag in den geringeren Erziehungsbeiträgen nicht zu finden ge- wesen sein. E Der Abg. Richter (Hagen) bemerkte, es handele sih hier zunächst um eine wiht1ge_ Frage des formellen Etatsrechts, nämlih darum, ob der Reichztag eine Mehrausgabe von etwa 100000 # bewilligen wolle, welhe zwar schon im vorigen Etat vorgekommen sei, aber nicht in Folge der Be- willigung des Reichstages, sondern in Folge einjeitiger Maß- nahmen der Militärverwaltung in den Fahren 1883/84. Wenn der Reichstag die Sache jeßt, sowie es vorgeschlagen sei, bewillige, so werde die Verwaltung auch ferner, ohne den Reichstag zu fragen, ganz nah Belieben dur Herabseßung der Pensionärstellen den Etat belasten können. Ver Reichstag dürfe es daher nicht formell bei der bloßen Kenntnißnahme bewenden lassen, sondern man müsse verlangen, daß die Zahl der Kadetten im Ganzen und ebenjo die Zahlen der einzelnen Kategorien von etatsmäßigen Kadetten und von Pensionären im État jedesmal fixirt würden. Nur fo könne der Reichstag den Etat fesilegen und sich gegen fernere ein}eitige Verschie- bungen "und damit verbundene Mehrausgaben shügen. Wolle dann die Verwaltung eine Veränderung eintreten lassen, fo müsse sie das vor dem Reichstag begründen, und man werde stets die Zweckmäßigkeit prüfen können. Zweitens sei es aber auch materiell niht berechtigt, so viele Stellen mit geringen Beiträgen zu bewilligen, wie die Regierung vorshlage. Wenn die 1878 vereinbarte Zahl von Pensionären mit je 780 nicht erreiht werden könne, dann müßten die Stellen einfach unbesett bleiben, und man solle nicht dur Herabfeßung des Preises die Anstalten zu füllen suhen, Jm Jahre 1878 hätten noch Schwierigkeiten für den Offizierersaß bestanden, jeßt hätten si die Manquements an Lieutenantsstellen erheblih vermindert, in diesem Etat allein um 600; und voraussichtlih würden die etatèmäßigen Lieutenantsstellen_ hon in nächster Zeit alle beseßt sein. Wenn sih so der Dffizierersaß ohne jede Shwie- rigkeit vollziehe, so habe man doch gewiß keine Ursache, den Zuschuß des Staates zu den Kadettenanstalten durch Herab- seßung der Pensionen zu erhöhen. Deshalb meine er, müsse man die Zahlen der Kadetten nicht auf Grund der heutigen Vorschläge fixiren , sondern auf der Grundlage von 1878, und er beantcage, in den Etat folgende Anmerkung aufzu: nehmen : „Die Kadettenanstalten sind zur Aufnahme bestimm von 2008 Kadetten, wovon 778 eine Pension zahlen von 780 , 100 von 450 Á, 400 Erziehungsbeiträge von 300 f, 300 von 180 M, 300 von 90 #Æ# Freistellen bestehen 130. Es wäre übrigens au interessant, die Zahl der abgelehnten Gesuche bezüglich derjenigen Kategorien zu erfahren, wo nicht

Aufnahme in die Kadettenanstalten ausgeschlossen seien. Ec wisse nicht, ob es bezüglih der Aufnahme von Kadetten Regle- ments gebe, jedenfalls wäre es nüßlih, wenn jolhe beständen und veröffentliht würden. Vielen Familien würden dadurch unnöthige Bemühungen und Kosten erspart werden. Demnächst nahm der Staats-Minister Bronsart von Schellendorff das Wort: 4 Z Meine Herren! Jch habe zunäbst einen kleinen Irrthum zu forrigiren in den Zablenangaben, die ich vorhin gemacbt habe. Ich habe mich eben überzeugt, daß die Zahl 27 zu 118, die ich Ihnen eben genannt habe, allerdings die Zahl der abgelehnten gegenüber den angemeldeten ift, so daß also 27 zu 118 und nit zu 145 zu seßen ist. Jch bitte um Entschuldigung. daß ih mi darin versehen habe; in- dessen glaube ih, sehr wesentlih ändert sih das Resultat, was man aus dieser Betracbtung zieht, nicht, da ih ja auc die andere Zahl genannt habe, nämli wieviel Anträge auf Grund der sozialen Stel- lung der Familie zurückgewiesen worden sind. E Eine Bestimmung, daß die Söhne von Handwerkern nit ins Kadettencorps aufgenommen werden sollen, existirt nicht, dagegen existiren überhaupt Bestimmungen über die Aufnahme. Wenn der Herr Abgeordnete nun wünschte, daß die noch vermehrt wecden sollte in Bezug auf die ctatsmäßigen Kadetten, so ist das ein neuer Wunsch, den der Herr Abgeordnete zur Geltung bringt. Ich möchte aber hier äus den Bestimmungen, welche für die Aufnahme von Knaben in das Königlich preußische Kadettencorps auf Grund der durch AUcrhöcbste Kobinetéordre vom 18. Januar 1877 genehmigten Reorganisation aufgestellt sind, doch einige Säße vorlesen: Ä s 8. 4, Persönlicke Verhältnisse der Zöglinge, welche für deren Anwartschaft zur Aufnahme in etatsmäßige Stellen bestimmt sind. das find also diejenigen, De He der Hcrr Abgeordnete wei- tere Auskunft verlangt, und da heißt es: : : . Für “l aufzunehmenden Zöglinge besteht die Bedin- gung, daß sie ciner legitimen Ehe entsprosjen find und für die Söhne der Offiziere des Friedensstandes des Heeres und der Marine, sowie der Gensd'armerie und des Pensionsftandes außerdem die Bedingung, daß diese Che {on während der aktiven Dienstzeit der Väter bestanden hat; bei den Dffiziecen des Beurclaubtenstandes und den Unteroffizieren aber, daß die Söhne zu derjenigen Zeit bereits geboren waren, als die Väter ihre An- waiGan auf die Aufnahme erworben haben. ann heißt es: 4 | A Beleihung der Anwartschaft auf etatsmäßige Stellen wird das dienstliche, sowie das Privateinkommen dec Eltern risp. das Vermögen der Kinder in Betracht gezogen. e m übrigen werden ja dann wissenschaftliche Anforderungen ge- stellt, welhe dem Lebensalter entsprehea. In Bezug auf die Pen- sionâre heißt es: E i j Zur Aufnahme in die Pensionärstellen des fönnen alle legitimen Söhne von Inländern gelangen. Zulassung entscheidet der Kommandeur des Kadettencorps. Nun, meine Herren, ih glaube, daß man, da es sich hier um zukünftige Offiziere handelt, um ein Jastitut, welches den ausge- \prochenen Zweck hat, Offiziere heranzubilden daß man da dem : Commandeur des Kadettencorps diejenige diskretionäre Befugniß s dieser Beziehung beimessen muß, wie sle thatsächlich den Ren E Commandeuren in der Armee beigemessen ist; und ih Un pie immer erít dann in der Lage sein vorauszusehen, daß diese dierungeo) "wis näre Befugniß nicht entsprechend gehandhabt wird, wenn der BVertë 5 2- dafür beigebracht würde, oder wenn Klagen an mich gelangten, und besonda?s belegt wird, daß bei der Abweisung über die zulässige Grenze fozialer Ynforderung hinau8geg ngen ift. Daß man derartige Bestimmungen nicht fassen fann ey E ein Geseßbuh, meine Herren, das liegt laube ich, auf der Hand. / : R hat der Herr Abgeordnete ausgesprochen, es handele sich hier um eine sehr wichtige Fragz des Etatsrechts und er 1/1 zurüd- gekommen auf die Erörterungen, die hier bereits stattgesunden habén, Meine Hetren, id glaube der, wen wir ein Kadettencorps mit allen großen Gebäuden vnd mit allen Apparaten des Unterrichts und der Grzichung u. \. w. hergestellt haben, für eine gewisse Normalzahl von Zöglingen, daß wir dann. doch aub im Interesse der Sache handeln, wenn wir bestrebt sind, diele Zahl von Zöglingen dort auch unterzubringen und zu erziehen, und wenn sich also cine genügende Zahl von Pensionären nicht gemeldet hat, A und ih bemerke ausdrüclid, daß, wenn alle Anmeldungen befolgt worden wären, daß wir doch troßdem die volle Zahl der Pensionäre, wie sie damals 1877 angeseßt worden is, niemals gehabt haben würden nun, wenn das der Fall ist, so liegt doch für die Militär- verwaltung der Gedanke sehr nabe, daß sie sagt : wenn i thatsächlich die volle Zahl der in Auétsiht genommenen Pensionâre nit erreichen kann, so nehme ich aus den für etatsmä:ige Kadettenstellen berechtigten Anmeldungen soviel und wvertheile das ctwa durschnittsmäßig so ungefähr, wie die Abstufungen überhaupt stattfinden, und vertheile es außertem so, daß abaesechen von den Generalkosten, die ja dieselben bleiben die dur die thatsählihe Einstellung von etatsmäßigen Kadetten ent- stehenden Mehrkosten durch die summarischen Pensionébeträge diefer Kadetten aufgebracht werden. Wenn das geschieht, so glaube id, ift das eine Maßregel, die si materiell durchaus ene Es entsteht nun die Frage, ob mit dieser Maßregel ein for- meller Verstoß gegen das Etatsrecht bisher stattgefunden hat, und da bleibe ich bei meiner Behauptung stehen , die ich im Frühjahr aufgestellt babe, denn die Zahlen der ein- zelnen Kadettenkategorien sind nicht im Diépositiv irgend eines Etats enthalten gewesen, sondern haben nur zur Grundlage für die Aufstellung des ganzen Etats, der ganzen Einrichtung des Kadeilene corpys gedient. Wenn wir uns damals im Jahre 1877 in L auf die Zahl der zu erwartenden Penfionâre getäuscht haben, îo gee Sie das ja als einen Mangel an Vorauésicht u. }. w. erklären, aber Sie werden nit behaupten können, daß hier etn formeller Verstoß gegen das Etatsreht vorliegt. Troß alledem habe ih nur gesagt, nachdem diese Angelegenheit hier im Reichstage zur Sprache gekom- men ift, es wäre ja wirklih viel zweckmäßiger und. nüplicher, wenn wir für jedes Jahr den Etat des Kadettencorps in der Weise auf- stellen, wie wir ihn mit gutem Gewissen _ aufstellen können. Also wir haben augenblicklich 611 Penfionare ; bei dem Etat 1885/86, der Ihnen hier vorgelegt ist, find, wenn ih nicht irre, 613 angenommen, also cin ganz geringer Zuwachs, auf den wir au wobl renen können, nahdem das Kadettcncorps einen verbesjerten Lehrplan dahin hat, daß die jungen Leute ein Abiturienten-Eramen einer Realschule I. Ordnung, also eines Realgymnasiums, maten fönnen. Seitdem haben wir einen größeren Zulauf von Pensionôren, was ja sehr natürlich ist, da den jungen Leuten Gelegenheit geboten wird, wenn sie eine andere Carríère ergreifen wollen, von Haufe aus aus dem Kadettencorps mit Ausficht auf Erfolg dies thun zu

E n, , , , Ie meine also, es is nicht rihlig, wenn ter Herr Abgeord- nete sagt, wir hätten nun die Füllung des Kadetten- corps durch Herabseßung des Preises gewissermaßen versucht, als ob wir unsere Stellen ausgeboten hätten. In der Lage befinden

wir uns richt, wir haben mehr Anmeldungen an etatsmäßigen Ka-

Statistik

Katettencorps3 Ueber die

die volle Pension in Frage komme. Man habe ihm ver-

schritten haben, einer, weil er ein Ausländer war, über welchen Näheres nicht zu ermitteln gewesen ist. Wenn Sie annehmen, daß

sichert, daß Söhne aus dem Handwerkerstand ganz von der

detten, als wir einstellen können, und da wir diese Anmeldungen ein- mal haben, so glaube i, ist im Interesse dieses Instituts defsen

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