Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Unter-Staatssekretär Dr. Busch hob hervor, daß die Organisation des Auswärtigen Amts troß der vermehrten Arbeitslast, welche demselben im Laufe der Jahre zugefallen sei, noch dieselbe sei, wie sie im «Fahre 1810 für das preußishe Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten geschaffen worden. Es rehtfertige sih deshalb E die oberen Beamtenstellen im Auswärtigen Amt zu ver- mehren.
Der Abg. Graf von Dönhoff-Friedrichstein trat für die Bewilligung der Forderung ein, fo wie dieselbe in den Etat eingestellt worden.
Der Abg. Löwe vertheidigte die Beschlüsse der Budget- kommission. L
Bei S&luß des Blattes ergriff der Reichskanzler Fürst von Bismarck das Wort,
— Dem Kreise Königsberg N.-M. is durch Allerhöchste Ordre vom 24. November d. J. für die von Küstrin bis zur Grenze des Kreises West-Sternberg in der Richtung auf Göriß führende Chaussee gegen Uebernahme der künftigen chausseemäßigen Unterhaltung derselben das Recht zur Erhe- bung des Chausseegeldes nah den Bestimmungen des Chausseegeldtarifs vom 29. Februar 1840 einschließlich der in demselben enthaltenen Bestimmungen über die Befreiungen, fowie der sonstigen, die Erhebung betreffenden zusäßlichen Vor- fristen — vorbehaltlih der Abänderung der sämmtlichen vor- aufgeführten Bestimmungen — verliehen worden. Auch sollen die dem Chausseegeldtarif vom 29. Februar 1840 angehängten Bestimmungen wegen der Chaussee-Polizei-Vergehen auf die gedachte Straße zur Anwendung kommen.
— Wie wir hören, will das Auswärtige Amt die neuerdings dem Reichstage vorgelegten Sammlungen von Aktenstücken, ebenso wie es seiner Zeit mit der dem Reichstage vorgelegten Korrespondenz über die Südseeinseln geschehen is, der Buchhandlung von L. Friedrihsen und Comp. in Hamburg in Verlag geben. Die genannte Firma wird threr Publikation eine*Sammlung von Originalkarten beigeben, welche in dem bekannten kartographishen Jnstitut derselben angefertigt sind.
— Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Fürstlich shwarzburg-sondershausenshe Staats-Minister Reinhardt ist von hier wieder abgereist.
— Der Königliche Gesandte am Großherzoglih badischen Hofe, von Eisendecher, ist von dem ihm Allerhöchst be- williaten Urlaub nach Karlsruhe zurückgekehrt und hat die Geschäfte der dortigen Gesandtschaft wieder übernommen.
— Der Königlich rumänische Gesandte am hiesigen Aller- höchsten Hofe, Liteano, ist vom Urlaub nah Berlin zurück- gekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder über- nommen.
— Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren Dr. Pinkert in Schönau und Dr. Seeger in Sömmerda.
Hannover, 13, Dezember. (Hann. Post.) Die heutige Sißung der Außerordentlihen Landessynode wurde um 9 Uhr von dem Präsidenten Mayer eröffnet.
Erster Gegenstand der Tagesordnung war die Berathung über den Bericht der Bußtagskommission. Hierzu lagen mehrere Anträge vor.
Punkt 1 des Kommissionsantrages wurde gegen wenige Stimmen angenommen, also die Einführung des Freitags vor dem ersten Advent als Bußtag beschlossen.
Punkt 2 des Kommissionsantrages wurde mit dem von Pastor Bartels beantragten Zusaß, daß der in Osnabrück gefeierte Bußtag am Mittwoch vor Michaelis fortfalle, ein- stimmig angeuommen, ebenso der Antrag Sievers, daß der jeßt in der Grafschaft Hohnstein gefeierte Bußtag aufge- hoben werde.
Es wurde also die Aufhebung des bisherigen Advents- bußtages vor Weihnachten, resp. der in Ostfriesland, Lingen, Dsnabrüd und Hohnstein an den bezeichneten Tagen gefeicrten Bußiage beschlossen.
An Stelle der Nr. 3 des Kommissionsantrages wurde der Antrag Uhlhorn angenommen : die Kirchenregierung zu bitten, der nuhsten Landessynode eine auf diesen Bußtag bezügliche Vorlage zu machen und bis dahin die Bezirks\synoden, soweit möglich, darüber zu hören, um zu erfahren, ob die Landbevöl- kerung die Feier des Bußtages vor oder nah Michaelis wünsche.
Es bleibt also der Kirchenregierung anheim gegeben, nah möglichster Anhörung der Bezirks\synoden auf Grundlage der heutigen Verhandlung in Bezug auf die Regelung des Michaelis-Bußtages der nächsten ordentlihen Landessynode eine Vorlage zu machen.
In der Schlußabstimmung wurde das so veränderte Gese mit allen gegen 10 Stimmen angenommen.
Zur zweiten Berathung der Vorlage der Regierung über die Umgestaltung der Konsistorien stellte Pastor Krome den Antrag, daß, falls die Celleshe Generaldiözese zu Hannover gelegt werde, die Diözesen Soltau und Walsrode bei Verden resp. Stade bleiben.
Abt Uhlhorn beantragte, die beiden Vorschläge der Synode, betreffend die Größe der künftigen Konsistorialbezirke der Königlichen Regierung niht in der Weise zu unterbreiten, daß der eine, welcher ganz Lüneburg zum Konsistorialbezirk Lüne- burg resp. Stade legen will, niht primo loco, der andere nur als Eventualvorschlag unterbreitet werde, sondern beide gleich- gestellt und gesagt wird: entweder 1) Stade, Otterndorf, Lüneburg, Harburg und Lüneburg:Celle, oder 2) Stade 2c. ohne die Generaldiözese Celle. Antragsteller wollte dadurch der Königlichen Regierung freie Hand lassen und die größere Möglichkeit offen halten, daß Lüneburg getheilt werde, was er in Gemäßheit seiner Ausführungen bei der ersten Lesung für die Landeskirche als einen Segen betrachte.
Der Antrag Uhlhorn wurde angenommen und darauf mit dieser Aenderung das ganze Gesey nah den Beschlüssen der ersten Beratbung genehmigt.
Um halb 12 Uhr {loß der Ober-Präsident die außer- R Landessynode. Das Schlußgebet \prach Abt
horn.
Cassel, 12, Dezember. Jn der heutigen Abendsizung des Kommunal-Landtags wurden die erforderlichen Wahlen für die Ober-Ersaßkommission, die Bezirkskommission für die fklassifizirte Einkommensteuer, die hessische Deputation für das Heimathwesen, den ständishen Verwaltungsaus\huß, sor ie des Abgeordneten und eines Stellvertreters behufs Mit- wirkung bei den Geschäften der Rentenbank zu Münster voll-
Geseße vom 6. Februar 1881 in Betreff der den Hinter- bliebenen der Staatsbeamten zu gewährenden sogenannten Gnadenkompetenzen getroffenen Bestimmungen auf die stän- dishen Beamten ausgedehnt werden.
Hiernäwhst gelangte der Entwurf eines Gesehes, betreffend die Einführung der Geseßze vom 3. März 1850 und vom 27. Juni 1860 über den erleihterten Abverkauf und Austausch von Grundstücken, zur Berathung und be- {loß die Versammlung, das geforderte Gutachten da- hin zu erstatten, daß dieser Geseßentwurf für den Re- gierungsbezirk Cassel sür höchst wünschenswerth zu er- ahten und nur die Hinzufügung folgender Worte zu erbitten sei: „Jn dem Regiungsbezirk Cassel tritt an die Stelle der landschaftlichen Kreditdirektion die Direktion der Landeskredit- kasse in Cassel.“
Nachdem alsdann die Verwaltungsordnung für die stän- dishe Jrrenheilanstalt zu Marburg in einigen Punkten ab- geändert und der Beschluß gefaßt war, dem §8. 10 des Reglements für die Taubstummenanstalt zu Homberg vom 3. September 1874 unter Vorbehalt der staatlihen Ge- nehmigung einen Zusaß dahin zu geben, daß für begabte Schüler Zwecks deren fernerer Ausbildung der Unterricht auf ein actes Jahr ausgedehnt werden könne, wurde die Sißung geschlossen.
— 13, Dezember. Jn der heutigen Schlußsißung des Kommunal-Landtages gelangte der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Ergänzung des Gesetzes vom 29. Mai 1873 über das Grundbuchwesen, zur Berathung. Zu diesem Ent- wurfe hatte der zur Vorberathung desselben niedergeschßte Aus- \{chuß sowohl in formeller als in materieller Beziehung Ab- änderungen beantragt, und insbesondere au die Einführung cines Generalaufgebotsversahrens für die vorhandenen älteren Hypotheken in Vorschlag gebracht. Nach cinem eingehenden Referate wurde der einstimmige Beschluß gefaßt, diesem Geseßentwurfe in der demselben von dem Ausschusse gegebenen Fassung die Zustimmung zu ertheilen.
Hiernächst referirte der Hauptauss{huß über einen Antrag zur Ergänzung des Reglements für die Verwaltung des vor- mals fkurhessishen Staatsshaßes vom 4. März 1869, in welhem eine Umbildung der ständishen Schaßkommisfion, \o- wie die Herbeiführung einer besseren Nechnungskontrole an- heimgegeben wurde.
Nach fkurzer Diskussion beshloß die Versammlung diesen Antrag dem ständishen Verwaltungsausshuß zur Prü- fung und Berichterstattung an den nächsten Kommunal-Land- tag zu überweisen, gleichzeitig aber denselben zu ersuchen, innerhalb seiner Zuständigkeit diejenigen Anordnungen bald: thunlichst zu treffen, welche eine umfassende Rehnungskontrole gewährleisten.
Nachdem sodann beschlossen worden war, daß das Amt der Mitglieder der ständishen Schaßkommission künftig als ein Ehrenamt zu verwalten ‘sei, wurde die Wahl der Mit- glieder dieser Kommission vorgenommen.
Endlich wurde, zu dem leßten Gegenstande der Tagesord- nung Üübergehend, der Beschluß gefaßt, den kommunalstän- dishen Verwaltungsausshuß zu beauftragen, die dur Be- {luß vom 18, September 1875 aufgestellten Grundsäße für das Aufrücken der Beamten in höhere Gehaltsklassen einer Revision zu unterziehen und hierbei darauf Bedacht zu nehmen, daß der Regel nah die Verseßung der kommunalständishen Beamten in die nächst höhere Gehaltsklasse nah dem Ablauf einer fünfjährigen Dienslzeit in der vorhergehenden Klasse ohne Rückfiht auf Vakanzen in der nächst höheren Klasse ein- trete; auch den Verwaltungsausshuß zu ermächtigen, {hon von jeßt an hiernach zu verfahren.
Hiermit waren die Geschäfle des Kommunal:Landtages beendet und wurde derselbe von dem Königlichen Kommissa1ius für geschlossen erklärt, worauf der Vorsißende auf Se. Majestät den Kaiser und König ein Hoch ausbrachte, in welches die Versammlung mit Begeisterung einstimmte.
Düsseldorf, 14. Dezember. Nachdem Se. Majestät der König mittelst Allerhöhiten Erlasses vom 17. v. Mets.
die Zusammenberufung des Provinzial-Landtages der
Rheinprovinz auf den heutigen Tag zu genehmigen geruht, begab sich heute Mittag nah Beendigung des in der evangelishen und in der katholishen Kirche stattgehabten Gottesdienstes der Königliche Landtags-Kommissarius, Ober- Präsident der Rheinprovinz, Wirkliche Geheime Rath Or. von Bardeleben, nah dem Ständehause.
Am Eingange des Gebäudes wurde der Königliche Kom- missarius von einer Deputation der Provinzialstände empfan- gen und in den Sißungsfaal geleitet.
Der Königliche Kommissarius überreichte nah einer An- sprache das Allerhöchste Propositionsdekret vom 8. d. Mets. und erklärte demnächst im Namen Sr. Majestät des Kaisers bn Königs den 30. Rheinischen Provinzial-Landtag für er- öffnet.
Der Landtags-Marschall Fürst zu, Wied brachte hierauf ein dreimaliges Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und König aus, in welches die Versammlung begeistert einstimmte. Die Dauer des Landtages isi auf aht Tage bestimmt.
Derselbe wird sich — abgesehen von der Vornahme ständisher Wahlen — im Wesentlichen beschäftigen mit der Beschlußfassung wegen Uebernahme der nah den Bestimmungen über die Gewerbekammern dem Provinzialverbande zu Üüber- tragenden Rechte und Pflichten und mit der Begutachtung Über die Entwürse eines Gesetzes, betreffend die Kanton- gefängnisse in der Rheinprovinz, eines Gesehes, betreffend die Zusammenlegung der Grundstücke im Bezirke des ehemaligen Appellations:Gerichtshofes zu Cöln und eines Geseßes, betreffend die Veräußerung und hypothekarische Be- a von Grundstücken im Geltungsbereiche des Rheinischen
echtes,
Mecklenburg. Schwerin, 13, Dezember. (W. T, B.)
u Betreff des Baues einer Eisenbahn von Röbel nach aren hat die Regierung wegen der mangelhaften Vor- arbeiten und wegen niht genügender Betheiligung der Jnter- essenten es abgelehnt, den Ständen eine Vorlage zu machen.
Oesterreich-Ungarn. Wien, 13. Dezember, (Wien. Abdp.) Heute tagten im Abgeordnetenhause folgende Ausschüsse: der Justizaus\chuß, wélher den Antrag Nitsche, betreffend die Erleichterungen bei Löshung kleiner Sagtposten, genehmigte, ferner der Steueraus\chuß, der volkswirthshaftlihe Ausschuß, der Eisenbahn-
zogen und sodann Beschlüsse gefaßt, durh welche die in dem
ausschuß und der Shulausf{chuß.
Pest, 13. Dezember. (Presse). Das Abgeordnet, haus hat gestern das Budget des Ministeriums A Fnnern erledigt und sodann das des Finanz-Miniß, riums in Angriff genommen. Die gestrige Sißung batt: kein Moment von größerem FJnteresse aufzuweisen, Und na dem Anlauf, den die Debatte über das Finanzbudget » nommen, ist niht zu erwarten, daß si dieselbe auf das N, veau großer prinzipieller Standpunkte erheben werde: da man jedoch in den Reihen der Opposition gegen den Finan: Minister allerhand auf dem Herzen hat, fo dürfte die Vor, handlung, wenn auch nit in die Höhe, so doch in die Breit: und Länge gehen.
Schweiz. Bern, 12. Dezember. (N. Z. Ztg.) Die De: partements des Bundesraths sind für 1885 in fol: gender Weise vertheilt worden: Politisches Departement. Vorsteher Schenk, Stellvertreter Deucher; Inneres : Deuthe; (Schenk); Justiz und Polizei: Ruchonnet (Welti); Militär: Hertenstein (Hammer); Finanzen: Hammer (Hertenftein): Handel und Landwirthschaft: Droz (Ruchonnet) ; Posten und Eisenbahnen: Welti (Droz).
— 13. Dezember. (N. Z. Ztg.) Der Nationalraty bewilligte in Uebereinstimmung mit dem Ständerath die zweit, Nachsubvention von 466 600 Fr. für die Rhonek orrektigy und erledigte die Differenzen, welche bezüglich der landwirth:
schaftlihen Postulate und der Eisen bahnkonzessionen|
mit dem Ständerath entstanden der ständeräthlihen Beschlüsse.
Velgien. Brüssel, 11. Dezember. (Köln. Ztg.) Jy Kriegs-Minister legte der Zweiten Kammer heute das Ge seß vor, welches für das nächste Jahr die Zahl der für die Armee auszuhebenden Rekruten feststellen soll. Ueber die Armeereserve- Frage ist das Haus zur Tage8ordnung über: gegangen, nachdemGeneral Pont us erklärt hatte : er werde, sobald ihm klar geworden sei, daß er die Mehrheit niemals für seinen Plan (13jährige Dienstzeit) werde gewinnen können, feine Minute mehr auf seinem Posten bleiben, und rahdem Hr. Tho: nissen die an ihn gerichtete Frage, ob alsdann au sämm! e anderen Minister abtreten würden, unbeantwortet gelassen ja!te.
— 12. Dezember. (Köln.
waren, meistens im Sin
Ztg.) Das Armeekontingent sol nach der Vorlage des Kriegs-Ministers für das nächste Jahr 100000 Mann und die Aushebung der Miliz 13000 Mann betragen. — Rolin Jacquemynz' Antrag: der Senat möge die Lehrergehälter vorschießen und von den Gemeinden die Gelder wieder einziehen, wurde heute in der Zweiten Kammer mit 47 gegen 4] Stimmen abgelehnt. Von den 16 „unabhängigen“ Ver tretern Brüssels stimmten 7 mit der in der Minderheit ge: bliebenen Linken.
Großbritannien und Jrlaund. London, 13, L: zember, Nachts. (W. T. B) Heute Abend gegen 6 Uhr fand unter einem Bogen der London-Bridge eine Explosion statt, welhe weithin vernommen wurde, Die Polizei hat sofort geeignete Untersuchungen ange: stellt ; bis jet ist indessen über die Natur, die Entstehung und die Folgen der Explosion noch nichts bekannt.
= 15, Degembor, fruh, (Wi T. B) DUE di Explosion unter einem Bogen der London-Bridge hat die Brücke selbst keinen Schaden gelitten, in einer großen Anzahl von Waarenläden und Häusern wurden aber di: Fenster zertrümmert ; über die Urheber der Explosion ist nod nichts ermittelt.
Frankreich. Paris, 12. Dezember. (Köln. Ztg.) Die ersten Verstärkungen für Ton gking verlassen heute Toulon; in vierzehn Tagen werden sämmtliche neuen Ver: stärkungen von Frankreih abgegangen fein.
18. Dezember. W T V) Die Havas“ erklärt die Meldung englisher Blätter: General Brière habe seine Demission in Aussit gestellt, falls er niht Verstärkungen erhalte, für unbegrün- det; die Depeschen des Generals enthielten davon kein Wrot, Ebenso dementirt die Agence das Gerücht, daß die französische Regierung zum Transport von Truppen uach China in England mehrere Dampfer angekauft habe : Frankrei besige alles zum Truppentransport nothwendige Material.
Die Deputirtenkammer oëenehmigte heute das Marinebudget. Der Marine-Minister wies bei der
„Agence
Berathung darauf hin, daß die Operationen am Min-|
¡luß den Beweis geliefert hätten, daß das Personal und das Material der Marine auf der Höhe ihrer Aufgabe ständen. Die gegen die Panzerschiffe vorgebrahten Bedenken wur- den von dem Minister widerlegt, welcher dabei indeß bemerlie, daß er den Bau neuer Panzerschiffe gleichwohl nicht unter nehmen, sein Hauptaugenmerk vielmehr auf den Bau von shnellsegelnden Kreuzern und Torpedobooten rihten werde.
— 16, Demmer, (V. _%, 9.) Der Senior Eugène Pelletan, welcher im Jahre 1870 Mitglied der provisorischen Regierung war, ist gestorben.
Türkei. Konstantinopel, 13, Dezember. (W. T. B, Der Unter-Staatssekretär im Ministerium des Aeußern, Artin Effendi Dadian, ist seiner Funktionen enthoben worden.
Ostrumelien. Philippopel, 11. Dezember. (Alz, Corr.) Die Minister der öffentlichen Arbeiten, de
Unterrichts, und der Finanzen, wclche die einzigen vel: f
bliebenen Kabinetsmitglieder aus der Verwaltungszeit Aleko Pascha’'s waren, sind durch die ihnen in der geseßzgebenden Versammlung bereitete Opposition zum Rücktritt gezwungen und durch die drei Führer der Unionistenpartei, die Herren Hacanoff, Velethkoff und Madgaroff ersegt worden.
Asien. Korea. (W. T. B.) Ein Telegramm de! „Times“ aus Hongkong, vom 14. Dezember, meldet den Ausbruch einer Empörung in Korea mit dem Hinz fügen : dieselbe sei erfolgt, während zu Ehren des englischen General-Konsuls ein Banket stattgefunden habe. Ein Sohn des Königs und sechs der Minister seien ermordet worden oder in die Berge geflohen. Die in Korea sich aufhaltenden En( länder befänden sich in Sicherheit. Auf dem Flu j bei der Hauptstadt Soul sei ein englisches Kanonenboo angekommen. — Eine Depesche des „Standard“ Shanghai von gestern sagt über die Vorgänge in Soul: L sei am 7. d. M. zwischen Chinesen und Fapanern N einem Kampfe gekommen. Das Gebäude der japanise! Gesandtschaft sei niedergebrannt worden. Der chinesische, fd der japanischen Regierung beglaubigte Gesandte, der Ä gegenwärtig in Shanghai aufhalte, Li aufgefordert worde, sih nah Soul zu begeben.
Afrika. Egypten. Debbeh, 12. Dezember. (A. C.) Das Detachement des Royal Susferx - Regiments unter dem „Befehl von Oberst - Lieutenant Tolf on, hat eine Redoute von 40 Quadrametern errihtet. Die Eingeborenen in Ambukol sagen, daß die berittene Brigade ohne große Gefahr bis Shendy die Wüste turhkreuzen könne. Das erste
eldhospital ist in Korti eingerichtet worden. Die Ein- geborenen in hiesiger meilenweiten Umgegend scheinen freund- li gesinnt zu sein; die Truppen werden überall bewillkommnet, und ihr Abmarsch wird bedauert Die Eingeborenen sind er-
staunt über das freundlihe Auftreten der Engländer sowie darüber, daß sie für ihre Lieferungen baare Bezahlung er-
Zeitung2stimmen.
Die „Germania“ bringt folgenden Artikel über Ge- treide- und Schußzzölle : :
Einige Insiauationen bezüglich der Getreidezölle müssen fort und fort zurückgewiesen werden, weil sie die freie Bahn für eine fahlice (rörterung der betreffenden Frage von vornherein zu verlegen suchen. (s ist das unterem Anderem die Insinuation, ur Großgrund- hesißer könnten Interesse an den Getreidezöllen haben. Diese In- inuation ist nun zunä unwahe, Son wer einige wenige Hektar Landes bebaut, hat in der Regel Getreide zu verkaufen, uind nur die allerkleinsten Grundbesißer gebrauchen selbft ihr Ge- treide oder müsen noch zukaufen. Alle diese leßteren aber verdienen größtentheils ihren sonstigen Unterhalt wieder bei anderen Land- wirthen und baben also ein Interesse daran, daß diese bestehen und cinen ausreihenden Lohn bezahlen können. . Dasselbe Interesse baben die Millionen ländlicher Arbeiter und da viele von diesen selbft einige Morgen Landes zu eigener Bebauung zugewiesen- erhalten, oder auch ihren Lohn ganz oder zum Theil in Naturalien ausbezahlt bekommen, so haben au fie ein direktes Interesse an den Getreidezöllen, Endlich aber ist auch das ganze Erwerbsleben, Großindustrie, Kleingeroerbe und Handel dabei interessirt, daß die Landwirthschaft existiren kann, um kaufkräftig zu bleiben. :
Dieses Allgemein-Intercfse an der Eristenzfähigkeit der Land- wirthschaft ift so aroß und so klar, daß bei der Frage ber Getreide- zôlle ganz gleicbgültig ift, wie der Grund und Boden sich vertheilt. Selbst wenn der Grundbesiß in schr wenigen Händen wäre, ja wenn er sogar ganz und aus\#ließlid im Besitze des Staates wäre, selbft dann müßten Getreidezölle bewilligt werden, wenn die Pro- duktionsbedingungen der deutswhen Landwirthshaft im Wer-
| gleiche mit den Produktionsbedingungen auêwärtiger Konkurrenten
zu ungünftig lägen, um einen lohnenden Betrieb der deutschen Undwirthschaft zu gestatten. Denn auf diese Frage allein fommt es an, von ihrer Beantwortung allein hängt es ab, ob Ge- treidezólle hewilligt werden müssen und wie hoh sie sein müssen. Auch wenn der Staat den ganzen Grund und Boden besäße, würden ja doh eben so viele Menschen in der Landairthschaft thre Bescbäfti- gung finden und davon leben müssen, wie jeßt, wo der Grundbesitz in Deutschland in größten, großen, mittleren, leinen und kleinsten Besiß fich theilt. Und au beim Staatsbesiß müßten die Bedin- qungen der Gristenz auf dem Wege des Schußzzolles gesucht werden, wenn diese Bedingungen sonst gegenübir der ausländiscen Konkurrenz nidt gegeben wären.
Gegen diese Säße läßt sich nichts Vernünftiges einwenden. Und hei der Industrie ist es gerade so. Ob z. B. unîere Cisenbergwerke, unsere Cisenhütten und alle die vielfahen Fabriken und Werkstätten zur Verarbeitung von Eisen in den Händen weniger Großbesitzer sind, oder ob Aktiengesellschaften die Besitzer sind, oder auch genossen- shaftliber Betrieb und Kleinbetrieb vorkommt, das ist in der Haupt- sache vollständig gleichgültig für die Frage des Schutzzolles auf Eisen und Eisenfabrikate. Die entscbeidende Frage vielmehr ift, unter welchen Bedingungen arbeitet die Eisengewinnung und die Eisenindustrie in Deutshland, und welche Bedingungen bestehen für diese Erwerbs- ¡weige in dem mit uns konkurrirenden Ausland. O Die Fragen : ob unser Eisen besser oder s{lechter ist, ob es mit mebr oder weniger Mühe und Kosten gewonnen und verarbeitet wird, ob die deutschen Lebens8verhältnifse einen größeren oder kleineren Arbeits- [ohn erfordern, das und Anderes sind die Fragen, welche über dic Nothwendigkeit und eventuell über die Höhe des Zolles entscheiden. Auf die Vertheilung des Besitßzes an Eisenbergwerken und Fabriken für Cisenverarbeitung dagegen kommt für diese Frage fo gut wie nichts an; nit, ob kleiner, mittlerer und großer Besitz neben einander be- steht oder eine dieser Kategorien vorherrscht oder sogar allein herrscht, tommt hier in Betracht, sondern der Gegensaß is: Deutschland und das Ausland. : ;
Wer kraß dahin sagt, durch die Zölle auf Eisen und Eisenfahbri- fate würden die Gebrauch8gegenstände von Eisen, selbs die Geräth- {haften und Arbeitswerkzeuge des Arbeiters, Handwerkers und Land- wirths etwas vertheuert, das sei fals, sei Unrecht, set eine Schädi- gung, besonders des kleinen Mannes, wer also behauptet, man müsse immer kaufen, wo es am billigsten, ohne Unterschied, ob deut\ches Produkt oder Produkt des Auslandes, der muß uns vorber, ehe wir ihm Recht geben, folgende Fragen beantworten: Sollen wir denn das Eisen, welches nun einmal in unseren Bergen ruht und bisher zu den Erwerbsmitteln unseres Landes gehörte, un- gehoben laffen, sollen wir ebenfalls unsere Steinkohlen, soweit sie bei der Eisenindustrie erforderlich sind, unbenuzt im Busen der Erde ruhen lassen? Sollen wir, wenn selbs eine Vertheuerung um 5 und 10% durch den Zoll nöthig wäre, um diese Prozent zu sparen, unseren ganzen Bedarf an Eisen vom Auslande beziehen? Dann bekämen wir allerdings unser Eisen zu 90 oder 95% des deutschen Preises, ber wir bezahlten diese ganze Summe an das Ausland, und unsere
isenbergwerke und Eisenhütten lägen still, bloß um uns cine kleine Vertheuerung von 5 oder 109% zu ersparen.
Dasselbe also, was von der Eisengewinnung, oälte dann auch von ter Eisenverarbeitung. Wie viele Hunderte von Millionen Kapital steden nun aber in den deutschen Bergwerken und Fabrikanlagen für Cifen, vie viele Hunderttausende von Arbeitern, deren Familien einige Nillionen Köpfe zählen, leben davon! Sollen diese gewaltigen Summen zum Theil definitiv in den unbenußten Anlagen verloren fein, und soll das Kapital, soweit es Betriebs3- pital is, eine andere Anlage suchen? Aber wie denn ind wo denn? Jst nicht allenthalben von Ueberfüllung, ton Ueberproduktion, von übermäßiger Konkurrenz die Rede? Und lo sollen denn die Hunderttausende von Arbeitern mit ihren Millionen von Angehörigen bleiben? Sollen sie alle auswandern? Wer möchte das vorzuschlagen wagen, daß Deutschland fo viele Angehörige ins uéland wiese? Und die Arbeiter selbst, und das ist doch noch viel vihtiger, wie viele fänden denn wohl noch Arbeit und Stellung ? Vürde nicht die große Mehrzahl, abgesehen von dem Verluste des Vaterlandes, einer traurigeren und unficeren Existenz entgegengehen ?
Nein, diejenigen Erwerbszweige, für die Deutscland überhaupt Cristenzbedingungen besißt, scien sie auch etwas ungünstiger als die i Auslandes und deshalb eines Schutzzolles bedürstig, müssen wir uns erhalten und bei der steigenden Konkurrenz auf allen Gebieten vird die Sicherung des einheimischen 2 bsatßzes immer mehr Aufgabe ler Völker und wird von alien aub {on immer energischer in die
and genommen. Und das gilt von der Landwirthschaft anu fo gut wie von der Industrie, Alle die obigen lagen von der Eisengewinnung und Eisenverarbeitung passen Wu für die Landwirthschaft. Wer gegen landwirthschaftliche ville eifert und die ärmere Bevölkerung wegen der „Vertheuerung it nothwendigsten Lebensmittel“ aufregt, ehe er die obigen Fragen ‘antwortet hat, handelt gewissenlos und demagogisch. Wer fie aber ‘antwortet und findet, daß dana der Landwirthschaft ein Zoll nöthig ift, an au dem „kleinen Manne“ begreiflich machen können, daß die Land- irthsaft lebens}ähtg erhalten werden muß, felbst wenn dadurch eine ge-
ringe Vertheuerung des täglichen Lebens eintritt. Ergiebt die Lage der deutsben Landwirthschaft die Nothwendigkeit von Schußz- zôöllen, dann ift es ein ganz allgemeines Interesse, daß sie ihr gewährt werden, fein Deutscher ift von diesem Interesse ‘ausge\s{lo\}en, mag er einen Beruf haben, welchen er will. Alle Zweige der National- wirthshaft hängen innerli zusammen, sind gegenseitig auf einander angewiefen, und es is demagogish diese auf der Hand liegende Wahr- beit zu versbweigen, ja von Steuern zu s\prehen, wo es ih um Scußzölle handelt, die erst na genauester Prüfung eventueller Noth- wendigkeit dem wicbtigsten und verbreitetsten deutschen Erwerb8zweige gewährt werden follen ! -
— Die „Deutsche Volkswirthschaftlihe Cor- respondenz“ bemerkt zu der Frage „Wer trägt die Ge- treidezölle ?“
Auf die‘ Nachricht hin, daß Frankreih seine Getreidezölle zu er- höhen beabsichtige, sind in weit böberem Grade als die französischen Brodkonfumenten die ungarischen Getreideproduzenten in Besorgniß gerathen, wo es doch gewiß unerklärlih wäre, wenn die französischen Konsumenten ohne Weiteres auch die Kosten der Zollerhöhungen zu tragen hätten. Noch bemerkenswerther ist indessen, wie man uns aus Wien schreibt, die Absicht der österreibis{h-ungarishen Regierung dur weitere Ermäßigungen der Getreidetarife einen Theil der Zoll- erhöbungen Franfkreihs zu übernehmen, um das dortige Absatzgebiet nicht zu verlieren. Die manchesterliche Theorie wird nunmehr wobl zugestehen müssen, daß zuweilen au das Ausland den Zoll — wenig- tens theilweise — trägt. Oder sollte diese Thatsache auch dem gegen- über geleugnet werden ?
Centralblatt für das Deutsche Reich. Nr. 50. — Jn- halt: Zoll- und Steuerwesen: Befugniß einer Steuerstelle. — Konsulatwesen: Exequatur-Ertheilung; — Bestellung eines Konfular- Agenten. — Bankwesen: Status der deutschen Notenbanken Ende November 1884, — Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Rei-hsgebiete.
Amtsblatt des Reichs-Poftamis. Nr. 65. — Inhalt: Verfügungen: vom 8 Dezember 1884: Bezeichnung der Gattung des Telegramms im Telegramm- Aufgabe-Formular; — vom 9, De- zember 1884: Shhluß der Post-Dampfschiffahrten auf dec Linie Stett n—Kopenhagen,
Neichstags - Angelegenheiten.
Die VIII. Kommisson des Reichstags zur Vorberathung des von dem Abg. Munckel eingebrachten Gesetzentrourfs, betreffend die Abänderung des Gerichtsverfassung8geseßes und der Strafprozeßordnung, und des von dem Abg. Dr. Rei- censperger eingebrachten Gesetzentwurfs, betreffend die Abänderung des Gerichtverfassungsgeseßes*und der Strafprozeß- ordnung, hat sich wie folgt konstituirt: Dr. Reichensperger, Vor- fißender; Dr. Hartmann, Stellvertreter des Vorsitzenden; Dr. von Lenz, Schriftführer; Payer, Stellvertreter des Schriftführers ; Brünings, Frohme, Klemm, Munckel, Pfafferott, von Reinbaben, Rintelen, Dr. Roßhirt, Saro, Traeger.
Kunft, Wiffenschaft und Literatur.
„Das Hohenzollernhaus" betitelt sich cin Volksbü {klein für Schule, Volk und Heer, welches die Geschichte der brandenbur- gish-preußishen Regenten aus dem Hause Hohenzollern behandelt, berausgegeben von W, Ueberschaer- (Leipzig, Georg Wigands Verlag). Der Verfasser, welcher das kleine Buch zuerst anonym, jetzt aber, durch den Erfolg ermuthigt, unter seinem Namen heraus- gegeben hat, hat es unternommen, zu der überall bekannten, bei Georg Wigand in Leipzig erschienenen Hohenzollerntafel, welche die Porträts des brandenburgish-preußi\chen Herrscherhauses von seinen Anfängen an bis auf unsere Zeit herab bringt, einen erläuternden Text zu \chreiben. Die große Verbreitung, welche jene Tafel hat, ließ dies Unternehmen, durch wel{chcs eine furze und rashe Orientirung über die engere vaterländische Ge- \cbihte ermögliht wird, burhaus empfehlen8werth erscheinen; das patriotishe Gefühl der Landeskinder kann durch fol ein anschaulihes und hbandlihes Buch nur erhöht werden. Es feblt immer noch an dera1tigen praktischen volksthümlichen Leit- fäden für die preußische Geschichte; das vorliegende Werk, in welchem der itreng ges{ihtlide und daher werthvolle, anziehend geschriebene Fn- halt mit den rühmlichft bekannten Bildern sih auf das Glücklichste zu einem hübshen Ganzen verbindet, scheint geeignet, dem Bedürfniß abzubelfen. Dadurch, daß dem Lesenden das Bild des gescilderten Fürsten vor Augen geführt wird, prägt si dasselbe viel tiefer in das Gedächtniß ein und wird der historische Sinn ange- messen angeregt. Das Ueberschaershe Werk sollte daher in keiner Kaserne fehlen, wo den Soldaten durch die Lektüre des- selben eine passende, ihrem Beruf entsprehende, patriotische Unterhaltung geboten wird; auf dem Lande, in den Dorf- schulen dürfte die Benußung des Buches für den Lehrer eine wesent- liche Unterstüßung bieten und dazu beitragen, der Jugend Liebe und Anhänglichkeit an das angestammte Herrscherhaus frühzeitig cinzu- flößen. Volks- und Schulbibkliotheken werden das Büchlein gern in thren Katalog aufnehmen. Der Verfasser giebt zunächst eine Ein- führung in die Geschichte des Hauses Hohenzollern, und bietet dann zu jedem der sauber in Holzschnitt ausgeführten Bilder einen an- sprechenden Text, der, knapp gehalten, charakteristishe Züge der be- \sprocenen Persönlichkeit enthält, welche namentlich bei den Regenten der neuesten Zeit reihliher gebraht werden. Eine Tabelle giebt zum Schluß eine Uebersicht über die allmählihe Vecgrößerung des bran- denburgish- preußischen Hauses seit der Regierung der Hohenzollern. Der Preis des elegant kartonnirten Bändchens beträgt 1 6
— Aus Carmen Sylyas Leben. Von Natalie Freiin von Stackelberg. Mit ¡wei Bildnissen und einem Facsimile. Heidelberg. Carl Winters Universitätsbuchhandlung 1885. gr. s. S. 221, — Seit bekannt geworden, daß unter dem Pseudonym Carmen Sylva sih die Königin Elisabeth von Rumänien verbirgt, welche seit dem Jahre 1880 als eine echte Dichterin von reihem edlem Gemüthe lauterer Phantasie und poetishem Schwunge anerkannt wurde, war der Wunsch begreifli, von den Erlebnissen und Erfahrungen, wie sie zu der bedeutenden Perfönlihkeit herangebildet wurde, Näheres und Glaubwürdiges zu erfahren. Die bèreits durch die an interessanten Aufs{lüssen reiche Biographie (1882) des verstorbenen Oheims, des in den Kreisen der Archäologen und Kunsthistoriker unbedingte Achtung genießfienden Freiherrn von Staelberg, vortheilhaft bekannt gewordene Verfasserin, hat au dies vorstehende biographische Denkmal mit treuer Verehrung und liebevollem Verständniß für die Gciftes- wie Gemüthsart einer aus- gezeiWneten Persönlichkeit von idealer Anlage ausgeführt. Die mit ge- \chickter und pictätvoller Hand gemacbten Auszüge aus den Briefen und Tagebücbern gewähren einen unmittelbar sprechenden, fesselnden Einblick in das Innerste eines Lebens und Strebens, welches den seltenen Höhepunkt erreichte, als Frau und Königin zu den cdelsten, wie bedeutendsten ihres Geschlechts zu gehören. Wir lernen die erlaubte Frau vorwiegend aus ihren eigenen Worten über die Iugendbildung wie Lebensereignisse kennen, folgen ihr an die mit farbenreicher Lebendigkeit geschilderten Stätten der Kindheit und des reiferen Alters, gewinnen aber au unbedingtes Vertrauen zu der Erzählung, weil die Verfasserin laut eigener Angabe in Segenhaus bei Neuwied „reich- erfüllte Wochen mit der Königin verlebte“ und die Verhältnisse der fürstlichen Familie von Wied unverkennbar aus genauer Bekanntschaft schildert. Die Prinzessin Elisabeth ist die am 20, Dezember 1843 geborene Tochter des Fürsten Hermann zu Wied und seiner Gemahlin der Fürstin Marie, einer Tochter des Herzogs Wilhelm von Nassau. Sie hat fih als ein höchst eigenartiges Kind entwickelt, Ganz hervor-
ragende Charafktereigens{aften waren von früher Jugend an: Mitleid, Wahrkbaftigkeit und große S-lbständigkeit. Gar nit odér ganz, dies war ihr Wahlspruch. Nach dem eigenen Bekenntnisse im Tage- bucbe hat sie eine fehr reihe Jugendzeit gehabt, reich an Liebe, an Sonnenschein. an reicher Ecfahrung. Sie nannte den Segen ihres Lebens, daß Gott ihc so viel Liebe \{chicke. Die Liebe zu ihren Eltern ist von pietätsvoller Erkenntlichkeit erfüllt. Wenn sie einen guten Gedarfken hatte, dann fragte sie immer: welhem von meinen Eltern verdanke ih ihn nur; von einem stammt er her. Von ihrer Mutter wurde sie zur Got‘esfurbt und Frömmigkeit erzogen, für den höheren wissenshaftlihen Unterriht wurde ein Mann von großer Ge- lehrsamfkeit berufen, über dessen Wahl die Prinzessin entzückt war, denn sie lernte leidenshaftlich gerne und sehr leiht die fremden Spracen. Sie las den Ovid, Horaz, einen Theil des Cicero, machte \criftlibe Arbeiten in lateinischer, englischer und italieniscer S prache, lernte eifrig Arithmetik und Geometrie, mate mit Passion gerne Dispositionen zu Aufsäten, ihr „wonnevollstes Entzücken“ aber waren von jeher Märchen und Volkslieder. Leidenschaftlih und ungestüm erfaßte sie jegliche Beschäftigung; mit Geshick und Ruhe verstand die Mutter die \{rankenlose Natuc zu bändigen. Der Prinzessin fester Wille war, wenn sie sih nibt verheirathe, Schullebrerin zu werden: sie wollte ein eigenes Seminar gründen, der Jugend Kraft und Zeit zu widmen. Die Mutter hatte ihrem Willen nachgegeben nur die Bedingung gestellt, daß, bevor der Plan als Thatsache ins Leben trete, fie zuerst cinen pädagoaishen Cursus dur&macen und ein Examen bestehen müßte. Die Prinzessin war nun zu innerer Ruhe gekommen, — sie sagte auëdrüdcklic in ihren Briefen: „ih will einen Beruf haben“. Sie meinte den Beruf einer Lehrerin und Erzieherin und fie erhielt den einer regierenden Fürstin und Königin. Am 12. Oktober 1869 verlobte sie ih mit dem Fürsten Karl von Rumänien, welder ihr an diesem Tage sagte: „Du bekommst eine \{öne Lebensaufgabe! Du folUft milde trôsten, wenn ich zu hart war, und für alle bitten dürfen.“ Nicht hohe Politik, sondern aufrihtige Herzensneigung hatte dea Bund geschlossen. Die {weren Pflichten, welche in dem unbekannten Lande harrten, hat die Fürstin, seit 14 /18. März 1881 Königin von Rumänien, gewissenhaft und eifrig erfüllt. Sie ist unermüdlih bestrebi gewesen, die géistigen Interessen ihres Volkcs zu weden, fie versammelt junge Mädchen um sich zur Beschäftigung im S(reiben, Lesen, Musiziren, Dichten, Malen und Stien, suht in den jugend- lien Gemüthern den Sinn für Naturschönheit zu pflegen , die
- Spaziergänge dur anregende Gespräche zu beleben. Sie hofft durch
diefe Erziehung einen ernsteren Grund in die Gewohnheit der Ober- flählihkeit zu legen und den Müttern des kommenden Geschlechts eine idealere Richtung zu geben. Mit folcher bildenden Thätigkeit vereint sie ein fühlendes Herz und klaren, theilnahmsvollen Bli für die Leiden ihrer Mitmenscen. Was sie selbst während des türkisch- serbischen Krieges 1877 theils persönlich, theils durch umsihtiges Anordnen geleistet hat, das ruht mit ticfgefühlter Dankbarkeit in den Herzen ibrer Unterthanen und wird von Gescblehr zu Geschlecht fortleben. Sie ift, wie es in Carmen Sylvas Märchen heißt, „ein Sonnenkind, ausgestattet mit aller Anmuth und allem Lieb- reiz“. Ueber die Wahl dieses Namens hat die Königliche Dicbterin selbst in dem Liede „Meine Ruh“ die sinnige Aufklärung gegeben: „Carmen, das Lied, und Sylva, der Wald, Von felbîit ge- sungen das Waldlied {allt, Und wenn id im Wald nicht geboren wär, dann säng’ ih die Lieder {on längst nit mehr.“ Der Drang der Mittheilung treibt sie zum Dichten. „Wenn ein Gedanke mir kommt, fo will ih nit, ih muß ihn in Worte, in ein Lied faffen, dann erst bin ich beruhigt“, sagt sie. Ihre höchste Idee ist, so zu \{reiben, daß jeder glaubt, er habe €s selbst geschrieben. Die König- lie Frau besitzt eine wunderbare Fähigkeit, die geheimsten Vorgänge des Seelenlebens mit einer Schärfe und Charakteristik zu zeichnen, als bätte sie alle Phasen der Qualen selbt durlebt. Sie hat den großen Scbmerz erfahren müssen, die einzige Tochter zu verlieren ; — sie fühlte aber, daß fie nidt das Ret habe zu klagen nah so großen Seg- nungen, „früher war's cin sonnenheller Freudentag, ein ewig Jauczen ! Nun ist in uns töôdtlih Schweigen, nun ist in uns eis’ge Ruhe.“ In der Arbeit, in großer, reicher Arbeit muß der Trost des Leidens liegen, sagt Carmen Sylva in dem Märchen von „Leidens Erdengang“, — hier schildert fie in s{li{chter Einfachheit und Wahrheit ihr Leben und Leiden, ihr Ringen und Streben. Liegt nicht in dem, was wir crlebcn, fordern wie wir cs erleben, die Bedeutung des mens{lichen Daseins und der Sinn unserer Lebensereignisse, so gebührt dem Fräu- lein von Stackelberg aufrichtiger Dank und freudige Anerkennung für das feinsinnige Geschick, mit welhem gerade das innere, edle Leben der hochbetaaten Königlichen Dichterin so überaus wohlthuend erck \ch{lossen, cin reichhaltiges farbenvolles Charakterbild gegeben ist. — Das vom Verleger na lôblihem Herkommen wiederum vortrefflih aus- gestattete Bub zieren zwei Bildnisse: Elisabeth, Königin von Ru- manien und Prinzessin zu Wied, außerdem das Facsimile ciner über- aus deutlichen, festen Handschrift des Gedihts „Meine Freunde“ zum Abschied von Neuwied, — „wir wohnten beisammen am grünen Rhein, der Wald und ih und die Lieder mein, die Lieder sind mit mir ge- zogen!“ — Möchten sich Viele an der näheren Kenntniß einer fo eigenartigen, gleizeitig Verstand wie Gemüth befriedigenden, hoc- gestellten Perfsöniichkeit erfreuen — und erheben.
—- Zu dem diesjährigen Weihnachtéfest hat Otto Franz Gen- sichen, der durch scine beiden dramatishen Schöpfungen: „Die Märchentante“ und „Frau Aspasia" in weiten Kreisen vortheilhaft bekannt gewordene Autor, einen Band Gedichte unter dem Titel „Frauenlob“ im Verlage von Eugen Grofser in Berlin erscheinen lassen. Die erste Abtheilung der Sammlung umfaßt 80 lyrische Gedichte, in welchen vornehmlich eine nit immer lobenswerthe leiden- schaftliche Liebesgluth zum Ausdruck gelangt; untermisht sind diese Lieder mit anmuthenden Naturschilderungen von oft überraschend zarter Empfindung und von \{chwungvollen patriotischen Gesängen, welche durch ihre innere Wärme und durch den Ausdruck wahrer Be- geisterung hervorragen. Hieran {ließen ih zwei kleine dramatische Gaben „Lydia“ und „Dornröschen,“ dann eine moderne Erzählung „Isolde“, ebenfalls in gebundener Form, welche zusammen von der vielseitigen dichterishen Begabung des Verfassers zeugen. Den Schluß bildet unter dem Namen „Echo*® eine Reihe vortrefflicber Ueker- seßungen aus Horaz und Alfred de Musset. — Gensicben hat in seinem „Frauenlob“ si auf's Neue als Meister der Form bewiesen ; ganz besonders aber zeigen die zuleßt erwähnten Uebertragungen seine bhoch entwidelte Sprah- und Formgewandtheit. Gensichen ist eben in der That ein Dichter, dessen Phantaße aber leider nicht immer in den Grenzen bleibt, welce erlauben, seine Produkte, selbs wenn sie unter dem Titel „Frauenlob* erschcinen, deutschen Jungfrauen unge- sihtet als poetische Lektüre zu empfehlen. Auch die Auswahl der übertragenen fremden Dichtertlüthen läßt in jeder Zeile, wie die ur- sprünglichen Schöpfungen, die eigenthümliche Geistes- und Sinnenrichtung erkennen, welcher der Dichter zugewandt is Goethe und Horaz sind ihm Vorbilder ; aus feinen Liedern klingt wie bei jenen das frohe und sorglose Ergreisen der Gegenwart und der heitere Sinnengenuß uns entgegen; doch füllt bei Genfihen sfolhes Streben das ganze Empfinden aus und nimmt in heißer Leidenschaftlichkeit eine stark realistiswe Färbung an, welche das gesunde Gleihmaß des Gemüths und der Seele stören kann. Selbft die liebliheren Blüthen feiner Muse tragen fast ausnahmélos Spuren einer versengenden leiden- shaftliben Gluth, welche dieselben gestreift hat. Deutsche Frauen werden daher kaum aus ganzer Seele und vollem Herzen sih mit diesem „Frauenlob“ sympathisch vereinen.
— Von der großen Sorgfalt und dem Fleiß, die auf unsere jeßige Jugendlitteratur verwandt werden, legen die im Verlage von Franz Ebhardt in Berlin erschienenen Jugend\schriften den besten Beweis ab und bezeugen, welch eine hohe Entwicklung der Geshmack unserer Tage genommen hat. Die Ausstattung der uns vorliegenden drei Bücher ist tebnisch und künstlerish von glei hohem Werthe, und der gediegene Inhalt derselben steht mit der äußeren Herstellung in gutem Einklang. Die höchftgestellten Ansprüche unserer verwöhnten Jugend müssen sih beim Anblick dieser prächtigen Bücher befriedigt sehen, und die Gleichgültigkeit, mit welcher oft derartige Geschenke hingenommen werden, dürfte in richtiger Würdigung der Sorgfalt