1884 / 298 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 18 Dec 1884 18:00:01 GMT) scan diff

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stellen, das Kaufen der Tabacke nah Qualität zu bevorzugen, endli ] testantischen Kircengemeinden gebabt ; andere Anstalten i i f i E }t B l g i Lauf L 22 _zu e ( abt ; find Privatunter- | mit musterhafter Auffafsun und nob

notorisde Mißstände im Maklerwesen zu beseitigen versuchen foll. | nehmungen von Sw{ulvorstehern oder Gründungen eee Reine Ret den es A derdicaen Sthuberts E Von r e l a c Hoffen wir, daß die dankenswerthen Anregungen zu Gunften unseres | von Familienvätern. Da finden sich Kindergärten, einflassige und ; T Tabacktbaues ret reie Erfolge aufzuweisen haben, es dürfte bisher | weiter - entwickelte Elementarschulen, vollberechtigte Gymnasien und selten eine so große Versammlung zu finden gewesen sein, in welcher | selbs Seminare und Universitäten bunt nebeneinander. Nur wenige die 3 Erwerbsfkategorien, Landwirthschaft, Industrie und Handel so | dieser Sculen erbalten; einen Zushuß vom deutsben Mutterlande harmonisch einem Ziele zuarbeiten, um 1o wicbtiger, als dieses Ziel | (Konstantinopel, Bukarest, Kairo) oder von den Regierungen der zuglei _ ein volk8wirthschaftlich so hochbedeutendes is, wie in fremden Staaten (wie in Rußland, Rumänien und Ghile); die diesem Fall. meisten find auf si selbs angewiesen, und baben in Folge dessen mit vielen Schwierigkeitzn zu kämpfen. Sie stehen größtentheils unter der Leitung besonderer Schulkommissionen, und werden meist von Kindern aller Bekenntnisse und Nationalitäten besucht. __ Abgesehen von Oesterrei, der Schweiz und Luxemburg, Ländern, in denen nur deutsch oder do überwiegend deutsch gesprochen wird, und die sich deéhalb eines höchst geregelten deutschen Schulwesens erfreuen, kommen in Europa nur Ungary und Siebenbürgen sowie die Ostsceprovinzen Rußlands als Gebiete in Betracht, in denen die Deutschen einen großen Bruchtheil der Bevölkerung aus- macben. Die Zahl der deutschen Volks\{hulen in Ungarn, welche 1869 noch 974, im Jahre 1880 noch 597 betrug, belief ih im Jahre 1883 nur noch auf gegen 400; in Siebenbürgen gab es 253 deutsche Volksschulen, darunter nur 43 einklassige. Deutsche \{ulpflitige Kinder waren 1883 in Ungarn und Siebenbürgen 323 447 vorhanden, von denen 263 068 oder 81,3% die Schule be- sudhten. Deutsche Gymnasien giebt es niht mehr in Ungarn, obwohl von 1867 bis 1877 dur{s{nittli% 13,8 %/% aller Gymnasial- s{büler Deutscbe gewesen sind. Jn Siebenbürgen bestehen 5 achtklassige vollständige Gymnasien, ein vierklassiges Untergymnasium und ein Unter-Realgymnoasium; mit den erstgenannten stehen die 5 Lehrer- Jeminare in Verbindung, in denen die lateinische Sprache neben der deutshen und magyariscen ‘obligatorish ist, Außerdem sind noch eine deutsde Ober-Realschule (in Hermannstadt), 3 deutsche Bürger- s{ulen, 9 Gewerbeshulen (die genau unseren elementaren bezw. höheren Fortbildungs\{ulen entsprehen und 1882/83 von 1115 Lehr- lingen befuht wurden), 3 landwirth\scaftlice Lehranstalten und eine Handels\cule vorhanden, dagegen feine deutsbe Universität. éçrüher bestand in Hermannstadt eine juristisbe Fakultät mit deutscher

t a Eren e N zum Deufschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember

errang eine neue Komposition „türkisher Marsh*“ von A. welche auf Verlangen wiederholt werden mußte. Weniger id wenn aub nit ganz wirkungélos, erklang eine weitere Komposition von unbekannter Hand: ein Scherzo für Violinen und Bratschen. Die Piecen für Streichinstrumente wurden sicher und rein gespieli, wenngleih hierbei die tiefe und gesunde Vortragsweise zu vermissen war, welche wir gerade bei den Klavierspielern lobend zu erwähnen haben. Der Gefang der Scülerinnen der Fortbildungs\{ule befriedigte; nur bâtten wir Volkslieder und einfache Komposition lieber gehört als die Ausführun einer Löweschen Ballade (das Erkennen) und Curs{manns, Blumengruß* Die kleine Weihnachts- Ausftellung, welhe dem musikalischen Theile folgte, bewies, daß das BVlinden-Institut auch auf dem Gebiete der R nit erfolglos bestrebt gewesen ist, sein Möglichstes zu thun.

1884,

Er könne nicht verstehen, warum die Gleichstellung der deutshen und polnishen Sprache bei Gerichtsverhand- lungen in polnishen Landestheilen antinational sein folle ? Wer das Recht Anderer niht achte, sei des seinigen verlustig. Er wisse ader auch gar nicht, was für eine Gefahr für Deutsch- land darin liegen follte, wenn bei den Gerichtsverhandlungen beide Sprachen gleichberechtigt seien; sei es doch früher hon einmal der Fall gewesen. Er gebe nun zu, daß die Durch- führung des Art. l im Augenblick nicht möglih sei, weil es an den geeigneten Personen mangele. Aber fange man einmal an, den Wünschen der Polen nahzugeben, und man werde sehen, wie die Sache sih reguliren werde. Habe man nur ein- mal den Muth dazu. Für die polnish redenden Deutschen sei es freilih niht ermuthigend, sih der Jurisprudenz zu wid- men, wenn sie sähen, daß man sie mit Vorliebe möglichst weit nach dem Westen schie; es sei dies im Uebrigen nichts als Quälerci. Dazu komme, daß die Polen der Mehrzahl nah katholis seien und Katholiken würden in Preußen nur mangelhaft be- fördert ; in der Masse würden sie freilich befördert, aber an bevorzugten Stellen wolle man von ihnen keinen Gebrauch machen. Es sei Zeit, daß man dem Hause zu Gemüthe führe, wie es komme, daß, während bei dem protestantishen und jüdischen Element das Studium zunehme, dasselbe bei den Katholiken im Abnehmen sei; man grabe ihnen mit Bewußtsein die Möglichkeit dazu ab. Dann sei von dem Abg. von Unruhe

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au selbst Schuld daran getragen haben, aber gleih s{chlechte Zustände hätten auch die Deutschen gehabt, die nur Zeit genug gehabt hätten, sich aufzuraffen und aus diesen Zuständen zu besreien. Die Deutschen hätten auch nicht von allen Seiten Nachbarn, die ihre Verlegenheit ausnußten. Die Polen hätten Anspruch auf die Dankbarkeit der Deutschen: Fohann So- biesfi habe einst Deutschland vor der Barbarei bewahrt, Er bitte, die Polen so zu behandeln, wie die Deutschen selbst als Unterdrückte verlangen würden, behandelt zu werden.

Der Abg. Staudy bemerkte, seine politishen Freunde würden jeßt denselben Standpunkt gegenüber dem vorliegen- den Antrage einnehmen, wie {hon früher, und diesen Antrag wiederum ablehnen. Seine Partei könne den staatsrechtlihen Deduktionen des Abg. von Jazdzewski nicht so ohne Weiteres folgen, und er vermisse auch in dessen Ausführungen die rechte Logik, Es sei politisch bedenklih, so wie in dem An- trage hicr geschehen sei, einzelne Landestheile herauszugreifen, und für diese besondere Beltimmungen zu treffen. Der §. 186 gelte jeßt allgemein und müsse auch unbestreitbares Recht bleiben. Die vom Antragsteller vorgetragenen Akten seien nicht beweisend für die seit 1772 preußish gewordenen Landestheile, denn dieselben bezögen sih fast ausschhließlich auf eine einzige Provinz, auf die Provinz Posen, nicht auf alle polnisch sprechen- den Landestheile, die einstmals zum polnishen Reiche gehört hätten. Aus dem Jnhalte der Akten gehe das deutlich

Gewerbe und Handel.

Die „Sles. Ztg.“ meldet vom obersblesischen Stein- koblenmarkt: Der stattgefundene Witterungswesel hat dem Ab- faß von Hausbrand- Kohlen, auf welche sid nah wie vor der Haupt- bedarf konzentrirt, auch bis jeßt noch nicht den mindesten Abbruch gethan. Wenn auc anzunehmen ist, daß bei weiterhin anhaltend warmer Witterung nah dem Fest die Bestellungen \ich verringern werden, so ift doch für die rückliegende Woce zu konstatiren, daß die Aufträge eher zu- als abgenommen haben. Die Förde- rung sowohl guter als geringerer Marken war in An- betraht des andauernd ftarken Bedarfs in fortwährender Zu- nahme begriffen, da man bei den geringen Vorräthen und dem während der Feiertage bevorstehenden Produktionsausfall nit auch mit gröberen Körnungen in Verlegenheiten kommen will. Aufbe- reitungsprodukte waren ohnehin in genügender Menge s{hwer zu be- schaffen. Der Mehrumsaß gegen die für den Kohlenversandt {wachen Monate belief sich in jüngster Zeit auf fas 1200 Waggons oder rund 13 209 t Kohlen pro Tag, und durch diese außerordentliche Konfumtions8zunahme erklärt sich auch der in diesem Winter ver- \{härft auftretende Wagenmangel, da die Verkehrsanstalten bei- nahe 50% mehr Waggons bheranzushaffen batten, als in der verkehrssckwächeren Zeit. Der westlide Bereid des Res viers ftebt mit dem Mebrumsaß nach wie vor oben an. Aber auch in dea anderen Revieren hat der Verkehr außerordentlich zugenommen, Bei den Zehen im Nordrevier, welde früher be- langreihe Mengen von Stapelkohlen liegen hatten, sind diese jeßt total geräumt. Einige Gruben im West-, Central- und Osftrevier

Nichtamltliches.

Preußen. Berlin, 18. Dezember. Jm weiteren Ver- u der gestrigen (17.) Sißung des Reichstages wurde fe erste Berathung des von den Abgg. Dr. von Fazdzewsfi nd Genossen eingebrachten Geseßentwurfs, betreffend die Ahänderung des Gerichts8verfassungsgeseßes vom 97, Januar 1877 fortgeseßt. Der Antrag hat folgenden Wortlaut : Der Reich38tag wolle beschließen: f e dem nacteienden Gesetzentwurfe die verfassungsmäßige Zu- ; g zu ertheilen: flimmung Ge s L, L: e ie Akânderun es Gerits8verfassung8gesetzes betreffend di T Januar 1877. (Reichs-Gesctzblatt Seite 74.) 5 Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen 2c. | : i verordnen im Namen des Reichs, nah erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstages, was folat: Artikel T. Dem §. 186 des Gerichtsverfassungsgesetes vom 27. Januar 1877 (Reichs-Geseßblatt Seite 74) ist hinzuzufügen: E In den der Krone Preußen seit dem Jahre 1772 zugefallenen polnischen Landestheilen ist die polnishe Sprache neben der deutschen gleiberechtigt. Artikel T1.

Literarishe Neuigkeiten und periodische Sehriften,

. Preußisches Verwaltungs-Blatt. Nr. 11. Inhalt; Die Größenverhältnisse der preuß. Kommunalecinheiten. Zeitschrift des Königlichen preuß. Statistishen Bureaus. Polizeiliches Ein- {reiten betr. Räumung eines Grabens. Baukonsens und Ans siedelungskonsens. Bau mit Baukonsens aber ohne Ansiedelungs- lonsens. Polizeilibes Cinschreiten in diesem Falle. Versagung der Ansiedelung8genehmigung in diesem Falle. Polizeiliches Einschreiten gegen die Benußung eines bisher zu anderen Zwecken benutzten Bau- werks (einer früheren Wäcbterbude) zu Wohnzwecken auf Grund des in Anlehnung an §. 12 Straßen- und Baufluchtengesetßzes vom 2. Juli 1875 emanirten örtlihen Rehts. Das Vorhandensein ort8-baupolizej- liher Bestimmungen über den Begriff fertig hergestellter Straßen als Vorausseßung der Anwendbarkeit einer ortsstatutarischen Vorschrift nah welcher Wohngebäude, die einen Ausgang nah noch nicht fertig hergestellten Straßen haben, nit errihtet werden dürfen. Reini-

vom

haben die Betriebsvorrihtungen über Tage erweitert. Die ostwärts gelegenen Zechen, wie Myélowit-, Neu-Przemza-, Wanda-, Leopoldine- grube waren nach dem Aufhören der Schiffahrt auf der Przemza mit dem Versand von Koblen per Eisenbahn sehr stark bescäftigt. Im Oit- und Südrevier ist insbesondere der Verkehr nach Oesterreih-Ungarn be- lebter als seit Tanger Zeit, während gleichzeitig auch der Absatz ins Inland bedeutender geworden ist. Mitwirkend auf die Hebung des Außenhand-ls war die Ermäßigung der Frachtsäße für die Beförde- rung von Kohlen aus dem Oftrevier über die österreihische Grenze bezw. nab der galiziswen Carl-Lutwigs- und Lemburg-Czernowitz- Jassy-Eisenbahn. Angesihts des allseitig starken Bedarfs wird auf den höheren Kohblenpreisen fest beharrt.

Nürnberg, 16. Dezember. (Hopfenmarktberibt von Leopold Held.) Am gestrigen Marlte wurden ca. 300 Ballen ver- tauft Heute zeigie si ziemli rege Frage, so daß {on bis Mittag cin Umsay von über 400 Ballen erzielt werden konnte. Die gezahlten Preije waren jedo alle sehr niedrig, und die Verkäufe bewegten fi fast aussließlich in dem Rahmen von 65—75 A Die Tendenz ift unverändert flau. Die Notirungen lauten: Markthopfen 55—70 4; Hallertauer 65—100 4; Württemberger 65—100 #4; Gebirgs- bopfen 715—90 M; Elsässer 60—75 M; Pojener 85—110 M; Wolnzacher und Auer Siegel 85—110

Braunschweig, 17. Dezember. (W.T. B.) In der heutigen außerordentlichen Generalversammlung der Braunschweigischen Eisenbahngesellschaft ist der Vertragsentwurf betreffs Ueber- ganges des braunsdweigisben Eisenbahnunternehmens an den preußi- schen Staat ger ehmigt worden.

WVerkehrs-Anftalten.

Seit einigen Jahren is die Reichs-Post- und Telegraphenverwal- tung dazu übergegangen, während der Semmermonate auf viel- besuchten Bergspißen und Ausfichtspunkten, wie der Swneekoppe, dem Brocken, Infelsberg, Großen Feldberg, Niederwald, Wartburg, Bastei, ferner in Bade- und Luftkurorten am Seestrand und im Binnenland, sowie auh bei außergewöhnlichen Veranlafsungen für die Zwecke von größeren Auéstellungen und Versammlungen, auf Militär-Scießpläßen u. #\. w. befondere Post- und Telegrapheranstalten in Betrieb zu seßen. Im laufenden Jahre haben fih 49 solder Sommer- Postanstalten in Wirksamkeit befunden. Ihr Gesammtverkehr bezifferte si während - einer Betrieb8dauer von insgesammt 5680 Tagen auf 1586 940 Sendungen, und zwar 1539006 Postgegenstände und 47 934 Telegramme. An diesem Verkehr waren die 10 Ver- kehréarstalten auf Bergspißen und berühmten Ausfichtêpunkten mit 169 099 Sendungen, die 8 Verkehrsanstalten auf Militär-Scieß- pläßen mit 395 715 S1ück, die 5 Verkehrsanstalten bei Ausstellungen und Versammlungen 2c. mit 2464 Stück und die 26 Berkehrsanftalten am Scestrande und in klimatischen Kurorten mit 1019 662 Sendun- gen betheiligt. Die Postanstalt auf der Schneekoppe hat 41281 Sendungen, darunter 1600 Telegramme, diejenige auf dem Brocken 39 183, auf der Wartburg 29 901 Sendungen, darunter 1626 und 1368 Telegramme, diejenige des Barackenlagers auf der Lockstädter Haide 94 564 Sendungen, darunter 1056 Telegramme zu behandeln gehabt. Die Einnahmen der Sommer-Postanstalten haben in diesem Jahre 108 868 46, die Auëgaben 40 064 46 betragen, fo daß si für die Reichskasse ein Uebersbuß von 68 804 # ergeben hat.

Bremen, 18, Dezember. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Rhein“, welcher am 14. d. M. von hier ausgelaufen und am 16. d. M. von Southampton weitergefahren ift, stieß am 17. d. M., Morgens 2 Uhr, in der Höhe von Kap Lizard mit einem englischen Dampfer, wahrscheinliÞ dem Dampfer „Vork“, welcher zuerst denselben Kurs hielt, wie der „Rhein“, später aber den Kurs des Leßteren zu kreuzen versuchte, zusammen. Der „Rhein“ kehrte nach Southampton zurück und wird nah Aus- befserung einer leiten Beschädigung heute nach New-York weiter- gehen. Der englifce Dampfer ift in Falmouth eingelaufen. Menschen sind bei dem Unfall nit verleßt worden.

Hamburg, 18, Dezember. (W. T. B.) Der Postdampfer „Bohemia“ der Hamburg - Amerikanischen Padcket- fahrt-Aktiengesellschaft hat, von New-York kommend, heute früh 6 Uhr Lizard passirt.

New-York, 17. Dezember. (W. T. B.) Der Dampfer „Spain“ von * der Nattonal» Dampfschiffs - Com- pagnie (C. Mefsingsche Linie) ist hier eingetroffen.

Verlín, 18. Dezember 1884.

JZhre Majestät die Kaiserin und Königin hat dem Comité zur Errichtung eines Geibel-Denkmals in Lübeck einen Beitrag von 200 4 überwiesen.

Die deutschen Schulen im Auslande. Seit langer Zeit haben die Deutschen im Auslande deutsche Bildung und deutsches Wesen durch Kirche und Schule gepflegt. Welche Erfolge diese stille Arbeit gezeitigt hat, ergiebt namentli die Ausbreitung des deutschen Schulwesens, worüber uns forgfältige neue Mittheilungen vorliegen.*) Bald ift die Absicht, ihren Kindern die Muttersprache erhalten zu wollen, bald die Werthshäßung der deutschen Unterrichtsmethode für die Gründung der deutshen Schulen im Auslande maßgebend gewesen. Den wesentlichsten Antheil an diesen Unternehmungen haben die pro-

*) „Die deutschen Schulen im Auslande, ihre Geschichte und Sta- tistik.“ Unter Mitwirkung zahlreicher Schelmänner zusammengestellt

Unterrits\sprache; dieselbe wurde na 1867 magyarifirt und soll demnäcbst gänzlich aufgelöt werden.

Die Ostsee-Provinzen Rußlands haben ein woblgeord- netes, vortrefflih verwaltetes und weitverzweigtes Schulwesen. 1882 gab es außer der Universität Dorpat 26 Gymnasien (darunter aub für Töchter), 4 Realschulen, 86 Kreis\{ulen mit dem Kursus der unteren Gymnasialklassen, 7 Lehrerseminare und 287 Elementar- und Kircenschulen, zusammen 410 deutshe Sc{bulen aller Art, die von ungefähr 33 000 Kindern besucht wurden. In den Landschulen wird der Unterricht meist in estnischer und lettisher Sprache ertheilt. Im übrigen Rußland waren noch 26 deutshe Schulen vorhanden, da- von 6 in St. Petersburg, 4 in Moskau und 6 in Warschau. Ein- zelne der St. Petersburger und Moskauer Schulen stammen [hon aus dem vorigen J2hrhundert. Die meisten anderen deutschen Schulen mit mehr als 1500 Kindern befanden sich in den 8 württem- bergischen Kolonien Transkaukasiens.

In den übrigen Ländern Europas sind im Ganzen nob 45 deutsche Schulen vorhanden; davon befinden sich 11 in England, 7 in Italien, 9 in der Türkei, je 4 in Dänemark und Rumänien, 3 in Frankrei, je 2 in Belgien, Holland, Portugal und Spanien, je 1 in Griecen- land, Schweden und Serbien, Einzelne diejer Schulen wirken {on seit Jahrhunderten, z. B. die St. Petri-Knabenkirchenscule in Kopen- hagen und die deutsbe Scule zu Stockholm, andere stammen aus dem vorigen Jahrhundert, wie mehrere Schulen in London, St. Petersburg und Motkau; die meisten sind erst in neuerer Zeit er- ribtet. Die mehr als 5300 Kinder dieser Anstalten werden in 130 größtentheils gemishten Klassen von über 240 Lehrkräften in deutscher Bildung, Gesittung und Vaterlandsliebe erzogen.

Leipzig, 10 Do (W D. B) Hochverraths- Prozeß wider Reinsdorf und Genossen. In der Nach- mittagssißzung wurde Neinbdorf vernommen. Derselbe erklärte, am Niederwaldattentat nicht ganz unbetheiligt gewesen zu fein, sondern seine Hand im Spiele gehabt zu haben. Ueber feine Motive befragt, wies Reinsdorf mit heftigen Worten so daß ihn der Präsident und der Ober-Reichsanwalt mehrfach unterbrachen auf die Lage des Arbeiterstandes hin. Das Werk der Befreiung aus dieser Lage müsse das Werk der Arbeiter felbsst sein; der von so;taldemokratischer Seite beliebte Stimmzettelkamp} sei Unsinn und Blasphemie. Die von anarcistisher Seite vorgeschlagene Propaganda der That allein könne helfen; der Zweck heilige das Mittel; man dürfe nicht sentimental fein. Der Angeklagte \{loß: „Ib habe meine Pflicht als Anarchist erfüllt.“ Hierauf räumt derselbe ein, Nupsch und Küchler zu dem Attentat überredet, sie wegen der Moda- litäten der Ausführung inftruirt, ihnen aub das erforderliche Dynamit gegeben zu haben. Wenn er !niht krank gewesen wäre, würde er wahrsceinlid selbst das Attentat ausgeführt haben. Vom Präsidenten \{ließlich befragt, ob er si des in der Anklage ihm zur Laft gelegten Verbrechens \{uldig bekenne, anlwortete Neins- D erwarte Ihre Entschließungen ; das ist einfach eine Macht- frage; geben Sie uns einige Armee-Corps, und der Stand der Sache wird sih umdrehen.“ Im Laufe des heutigen Nachmittags wurde alsdann noch eine große Anzahl Zeugen vernommen. Der Unter- suhungériter Schäfer aus Elberfeld erklärte: die Darstellung des Rupsc habe auf ihn den Eindruck der Wahrheit gemacht.

. 18. Dezember. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung tourde zunähst der Zeuge Palm wegen des Niederwald- Attentats ver- nommen. Derselbe erklärt, daß der Angeklagte Küchler ihm erzählt habe: er und Rupsch seien nach dem Niederwalde gereist, um den Gestzug zu stören; sie hätten in eine Drainage Dynamit gelegt; | dur Regenwetter sei aber die Zündshnur naß geworden und die Explosion unterblieben. Zeuge giebt zu, den Betrag von 40 ih leihweise besbafft und ihn Küchler zu einer Reise nach London behufs Herbeishaffung von Schriften gegeben zu haben. Der An- geklagte Neinsdorf will wissen, von wem der Zeuge Palm den Geld- betrag geliehen habe; er glaubt, daß er ihn von der Polizei erhalten habe. Der Zeuge verweigert jede Auskunft, da er im anderen Falle befürchte, selbst in die Angelegenheit verwickelt zu werden. Er bezeichnet es als richtig, daß Küchler zu ihm gesagt habe: er sei mit na dem Niederwald gegangen, um das Attentat zu vereiteln, Der Zeuge Färber, Kaufmann aus Barmen, will über einen an ihn gelangten Brief, unterzeichnet „Aus- {uß der fozial-revolutionären Partei in New-York“ nicht das Ge- ringste wissen. E An den Zeugen Polizeikommißsar Gottschalk richtet Reinsdorf die &rage, ob er wisse, daß die Arbeiter in Elberfeld und Barmen viel Dynamit im Besiß hätten. Gott- {alk erklärte: es seien mehrere Steinbrüche vorhanden, und die Steinbreher benußten Oynamit ; auchß würde bei An- legung von Hausbrunnen Dynamit angewendet. Der Zeuge Bürgermeister Alberti aus Rüdesheim gab eingehende Mittheilungen über die Wirkungen der Explosion in der Festhalle, desgleichen der Wirth und der Küfer in der Halle. Die Zeugen Porsberger und Lauter sowie der Saverständige Major Pagenstecher aus Mainz er- klärten, daß ein über den Wasserdurchlaß fahrender Wagen und die darin befindlichen Personen auf das Höchste dur die Explosion ge- fährdet waren. In der Büchse, die in der Drainage lag, haben fich nach Meinung der Sachverständigen 14 bis 2 Pfund Dynamit befunden.

Am Sonntag, ‘den 14. Dezember, Nachmittags 6 Uhr, ver- anftaltete die städtische Blindenschule und Fortbildungs- \chule für Blinde im Versammlungssaal des Waisenhauses, Alte Jacobstraße Nr. 33, eine muskalische Auffü hrung. Ein sehr zahl- reiches Publikum war erschienen, dessen Interesse dur das mannig- faltige und gewählte Programm bis zum letzten Rugenblick gefesselt wurde, Als Einleitung spielte Frl. M. Pagel Bachs Cis- dur

aung und Beleuchtung der Verkehrsmittel (Wege und Straßen Chauffeen und Rampen 2c.) im örtlichen Vrrkehreinteresse als Mafß- nabmen bezw. Veranstaltungen der örtlien Polizeiverwaltung; die Kosten derselben fallen der Kommune zur Last. Verpflichtung der Adjazenten zur Straßenreinigung. Genehmigungspflicbtige gewerh- lide Anlagen. Dampfkesselanlagen als solche, nicht Zuckerfabriken, Anwendbarkeit der Bestimmung des §8. 26 R. Gw. O Einwirkung der N. Gw. O. insbesondere des 8. 26 derselben auf frühere Landes- Gewerbegeseße. Schlachtzwangseinführung und Entschädigungs- anspru der Privatschlachtstättenbesizer. Kirchenbaulast. Bedürf niß in Folge Verschuldens der kirchlihen Organe. Dienstentlassung eines Beamten in Folge der Thatsache, daß derselbe in dem Geschäfte seiner Ehefrau dem Verbote der vorgesetzten Behörde zuwider (als Gehülfe) thätig gewesen. Obrigkeit und obrigkeitlic e Anordnungen im Sinvye des §. 110 des R. Str. G. B. Strafbarer Ungehorsam gegen Polizei-Crekutivbeamte und deren konkrete Amtshandlungen. Hocbzeite-Tanzluftbarkeit als öffentlicbe Tanzlustbarkeit. Bie- tung bezw. Einhaltung der Polizeistunde, 8. 365 R. Str. G. B., în Anwendung auf ges{lofene Gesellschaften. E Beihcft zUmM Maritneverordnungsblatt, Ne 6 © Inhalt: Ueber Hospitalschiffe, von Dr. Bugge. Literarisches. Deutsche Landwirthschaftlihe Presse. Nr. 101. Jyn- halt: Zum Rückgang der Getreidepreise. Bezahlt die Biebzucht ihre Kosten ? Von Frhrn. von Stein-Kocbberg (Schluß). Feuille- ton. Die Ausstellung der Dairy Farmers Association (S{luß). Die vorläufigen Ernte-Ergebnisse des Jahres 1884 in Preußen, Neue Kartoffellege-Maschine. Correspondenzen: Berlin. Cöln. Sprecbsaal. Deutscher Reichstag. Literatur. Personalien, Handel und Verkehr.

_ Die Sparkasse. Nr. 68. Inhalt: Einladung zum Bet- triti in den Deutschen Sparkassen-Verband event. zum Abonnement. F Die konstituirende Versammlung des Deutschen Sparkassen- Verbandes. Oesterreichische Postsparkassen im November. Be-

. \chluß des Bundesraths über das Postsparkassen-Geseßz. Unter-

s{lagungen in Verden, Böhmische Boden-Credit-Gesell saft. Erster Brandenburgisher Sparkassentag. Postsparkassen-Gesetz in Württemberg. Sparkasse Sondershausen. Poesie über Post- sparkassen. Zahlung preußischer Staatspapiere. Zahlung von Versicherung8geldern. Reichs-Versicherungsgesetz. Lebensversiche- rung bei der Gothaer, Germania, Reichspost. Hypothekenbank- Gesetz. Drucksachen-Porto. Kombinirte Rundreise-Billets, Juristifes. _— Uteratur: Dr. Walter, Handbuch der National- öfonomie. Stöppel, soziale Reform. Briefkasten für Verbands- mitglieder.

SForstwissenschaftliches Centralblatt, Het 1 Vriginal-Artikel : Der Ecksche Numerirhammer. Von Prof. Dr. Heß in Giefien. Der Matthes\{e Höhenmesser. Vom Gr. Sächs, Ober- förster Brock in Dermbah. Mittheilungen: Die Y. Wanderver- fammlung oberbayerischer Forstwirthe zu Landsberg am 30. Juni und 1, Juli 1884 Mittheilungen aus der Forstverwaltung des Groß- herzogthums Hessen. Von Scnittspahn, Großh. Oberförster. Literarische Berichte. Notizen.

__ Blätter für höheres Schulwesen. Nr. 12. Inhalt An die Herren Dirigenten und Lehrer an höheren Unterrichtsanftalten. Sclegel (Berlin), Die Organisation unserer höheren Schulen. Prof. Vogrinz (Leitmeritz), Die Irrwege der Gymnasiallehrmethode in Desterreih (Schluß). Dr. Thimm (Tilsit), Statistische Tabellen, betr, die Anstellungsverhältnisse. Dr. Knape (Ratibor). Zur Besoldungsfrage. Prof. Dr. Hachtmann (Dessau), Von der XXXVII. Versammlung deutscher Philologen und Scul- männer. 12. Generalversammlung des Provinzialvereins Pommern, Kleine “Mittheilungen. Bücherschau. Personalia (vom I Oktober bis 15. November).

Mittheilungen der Großherzoglich hessischen Cen- Lrattelie für die Landesftatistil Nr. L Sihl Octroi-Recbnungen 1883—84, Vergleihung der Tage mit voll- ständiger Schneedecke, Meteorologishe Beobachtungen zu Darm- stadt Oktober 1884, Meteorologisde Beobachtungen zu Schweins- berg Oktober 1884. Volks\s{ulen, Fortbildungs\{ulen und Privat- unterrihtsanstalten Frühjahr 1883. Anzeige.

Die gefiederte Welt. Zeits{hrift für Vogelliebhaber,

-Züchter und -Händler. Nr. 51, Inhalt: Zum Vogelschuß: Sollen die Möven ges{üßt werden? Das Swwarzkehlchen. Aus meiner Weber-Bogelstube. Aus Haus, Hof, Feld und Wald. Bricflicbe Mittheilungen... Aus den Vereinen : Berlin („Ornis*); Berlin; Copenhagen ; Cöln; Dresden ; Meerane; Ausstellungen. Anfragen und Auskunft. Bücher- und Schriftenshau. Brief- wechsel. Anzeigen. Isi s. Zeitschrift für alle naturwissenschaftlichen Licbhabercien, Nr. 51, Inhalt: Zoologie: Seltsames Gebiß eines Nagers. Nochmals über die Ueberwinterung des Himberspinners. Beitrag zu der Uebersicht der Tödtungsmittel für Schmctterlinge (Fortsetzung), Botanik: Farbenveränderungen beim Trocknen der Herbarium- pflanzen. Einheimische und fremdländishe Wasserpflanzen : II. Die ]chwimmenden Pflanzen. 111. Die unter dem Wasserspiegel wachsen- Den Pflanzen. : Narichten aus den Naturanstalten: Berlin. Jagd und Fischerei. Mancherlei. Aus Haus, Hof, Feld und Wald, Bücher- und S(hriftenschau.

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Redacteur: Riedel. Verlag der Expedition (S ch{ olz). Druck: W. Elsner.

Fünf Beilagen (einschließlich Börsen-Beilage).

Berlin:

von Ioh. Paul Müller, Dr. phil,, Direktor der Allgemeinen deutschen Schule zu Antwerpen. Breêlau 1885, D

Präludium und Fuge“ (aus dem „Wohltemperirten Klavier")

Ï Antrag U) z / i i .: Ï Bundesrath, Sta1tssekretär des Reichs-Justizamts Pr. von

8& 187 1. e. ift an Stelle des ersten Absatzes zu seten : Wo sonst im Reichsgebiete unter Parteien verhandelt wird, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, ift ein Dolmetscher zuzuziehen und ist in diesem Falle ein Nebenprotokoll in der Sprache der Parteien aufzunehmen. s Nachdem der Antragsteller Abg. Dr. von Fazdzewski seinen begründet hatte, ergriff der Bevollmächtigte zum

Im

N Shelling das Wort: 5 d Actten Die Frage der Gerichtssprache der vormaligen / polnischen Landestheile hat {on zu wiederholten Malen den Gegen- Ï stand einer geseßgeberischen Entscheidung gebildet : Zuerst im preußi- Ì (hen Sprachengeseß von 1876 und dann im deutschen Gerichts- N verfassung8geseß von 1877. Bei beiden Gelegenheiten sind in der Be- Ÿ rathung der gesetzgebenden Körperschaften alle politischen, staatsrecht- Ï iden und prafktisch-juristishen Gesichtépunkte der Frage ausgiebig zu Ï ihrem Rechte gelangt. Die verbündeten Regierungen sind nicht ge- E neigt, sich an der Erneuerung des Streites zu betheiligen, welcher E durch jene geseßgeberisben Akte ges{lichtet worden ift, und sie werden E ihrerseits nicht dazu mitwirken, die übereinfstimmende Lösung, welche E die Angelegenheit damals gefunden hat, wieder in Frage zu stellen. Der Abg. Frhr. von Unruhe-Bomst erklärte, ehe er näher Ï auf den Antrag eingehe, wolle er ein Paar allgemeine Bemer- Ì fungen zu den Ausführungen des Abg, von Fazdzewski vor- } ausschicken. Er müsse zugestehen, daß der Abg. von «Fazdzewsfi | die Frage diesmal objektiver als bei früheren Gelegenheiten behandelt habe. Derselbe habe auch die Freundlichkeit gehabt, ihm persönlih und den Landräthen überhaupt eine Schmeichelei zu sagen, derselbe habe aber nicht unterlassen, den Landräthen } dagegen eine Stellung zu vindiziren, gegen die er im Namen seiner Kollegen denn doch Protest einlegen müsse. Er wiederhole, Ì was er früher hon ausgesprochen habe : er sei seit einer langen } Reihe von Fahren Landrath eines Kreises, der zur Hälfte aus polnischer Bevölkerung bestehe. Man könne ihm keinen Fall N anführen, in dem dort eine Benachtheiligung der polnischen È Bevölkerung oder das Bestreben der Germanisirung statt- Ï gefunden habe. Die Tendenz der preußishen Regierung sei } also nicht eine derartige, wie sie der Abg. von Jazdzewski ge- Ï schildert habe, denn sonst hätte die Regierung ihn nicht bei Ì einer ihr widersprehenden Praxis fo lange im Amte belassen, Ï Venn in den Schulen dort die deutshe Sprache bevorzugt Ï werde, so geschehe dies nit, damit die Kinder nicht polnisch lern- Ï ten, sondern damit sie deutsh nicht verlernen follten. Wenn Ï übrigens gesagt worden sei, daß die Unkenntniß der deutschen Ÿ Sprache viele bei Gericht ihr Recht suchende veranlasse, sich Ï der Volksanwälte zu bedienen, so sei dies bei den jeßigen Ï theuren Rechtsanwaltsspesen gar nicht so zu beklagen, venn es eben nur ein guter Bollsanwal! sel. Ì Wenn dem Antrag stattgegeben werde, so komme man wieder Ÿ zu der alten Praxis zurück, wonach es im Belieben der Par- Ï teien gelegen habe, für ihren speziellen Fall die Gerichtssprache T zu bestimmen, was ja zu noch viel s{hlimmeren Unzuträglich- E keiten führe, wie #. Z. bei Berathung des Gerichtsverfassungs- E gesezes besonders der Abg. Lasker hervorgehoben habe. Dann © müßten nicht blos polnische Richter, sondern auch polnische * Gerichtsschreiber, polnishe Nechts- und Staatsanwälte da sein, # und sämmtliche Behörden müßten des Polnischen ebenso mächtig È sein, wie des Deutschen. Diese Beamten habe man aber nicht. È Vezliglih des 8. 187 des Gerichtsverfassungsgeseßes habe er stets S gewünscht, daß es möglich wäre, den Wünschen der Antragsteller Ï irgendwie entgegenzukommen. Jn der vorjährigen Kommission Ÿ aber, deren Vorsißender er gewesen sei, habe man si ver- | gebens bemüht, eine genügende Formulirung zu finden ; immer i: mehr seien . die Schwierigkeiten gewachsen, besonders der | Vegriff des „Nebenprotokolls“ sei gar nicht zufrieden- | slelend zu fixiren, und die Kommission habe ihre | Verathungen geschlossen, ohne zu einem bestimmten Resultat | gelangt zu sein. Was die geschästlihe Behandlung des An- | irags diesmal anlange, so glaube er nicht, daß man zu einem | Anderen Ergebniß wie 1876 gelangen werde. Man könnte | vielleicht dem geltenden §. 186 hinzufügen: „Anerkenntnisse, | Verzichte, Vergleihe müssen auf Verlangen der Parteien in j Wen Sprachen aufgenommen werden“, aber auh einem solchen ‘Passus ständen erheblihe Bedenken entgegen ; denn dann könnte auch jeder beliebige Japanese, Chinese oder jede andere wilde Völkerschaft verlangen, daß ihre Dolmetscher zu- gezogen würden. Da die Kommission des leßten Reichstags ‘aber ihre Arbeiten nicht vollendet habe, so könnte wenigstens "mals versucht werden, ob sich in erneuter kommissarischer erhandlung ein Ausweg finden lasse. Ergebe sic) diesmal, daß absolut eine andere Fassung der §8. 186 und 187 als Ô : ö g L dle heutige unmögli sei, dann würde dem Hause die Ab- weisung des wiederholt eingebrachten Antrages durch den Hin- weis auf dieses bestimmte Resultat erleichtert. Er beantrage

¡‘ne Kommission von 14 Mitgliedern.

hervor, und ein Allerhöchster Erlaß sei direkt an die Bewoh- ner der Provinz Posen gerichtet. Es lasse sich daher die Frage auch gar nicht abweisen, warum der Antragsteller sich so be- schränkt habe, warum derselbe nicht auch das Gleiche für West- preußen und Oberschlesien beantragt habe. Schon früher fei ost genug über den vorliegenden Gegenftand gesprochen worden, und er wolle die Verhandlungen nicht reproduziren. Jn einer Weise lasse sih indessen eine den Polen erwünschte Auskunft treffen. Schon in der vorjährigen Konmission habe einer seiner politishen Freunde einen Antrag gestellt, der den Polen wesentliche Erleichterung verschafft haben würde, die sich auch sehr leiht hätte durchführen lassen. Aber diese Dinge ließen sih hier vor dem gesammten hohen Hause nit eingehend be- rathen; ihre Berathung geschehe besser in der Kommission, wo eine eingehende Prüfung stattfinden könne. Er schlage daher vor, den Antrag zur Vorberathung an eine Kommission zu überweisen. Der Abg. Liebknecht erklärte, seine politishen Freunde und er würden für den Antrag stimmen. Schon vor 1848 habe er die Stellung dex Polen als eine unwürdige empfunden. Damals habe das Schicksal der Polen Aller Herzen bewegt, denn sie hätten dea Deutschen noch ein trauriges Bild ihrer eigenen Zerrissenheit geboten. Er könne si nicht enthalten, es auszusprechen, er halte die Wieder- herstellung Polens für einen Aft der Gerechtigkeit und für eine politishe Nothwendigkeit. Allerdings hätten die Polen die Unterstüßung seiner Partei nicht verdient, denn sie seltst hätten sih dazu hergegeben, einem aroßen Theile der Bevölke- rung politische Fesseln anzulegen. Sie hätten felbst dazu mit: gewirkt, Deutsche zu knehten, denn nur dur die Polen sei in der leßten Legislaturperiode die Gewerbeordnungsnovelle zu Stande gekommen. Wenn also auch die Sympathie für die Polen bei seiner Partei nur eine geringe und fast ganz geshwunden sei, so übe das doch auf die Abstimmung seiner Partei keinen Einfluß. Die Polen seien unterdrückt, und Unterdrückte würden stets auf die Sympathie seiner Partei und wenn es möglich sei, auch auf ihre Hülfe rehnen können. Der Aba. Dr, von Cuny bemerkte, er könne einer Wieder- herstellung Polens auf Kosten seiner deutshen Landsleute nicht zustimmen. Die Gesühle des Abg. Junggreen verstehe er, er mache denselben aber darauf aufmerksam, daß der An- trag kein nationaler sel, es jet cu histoxisWer;, der au! politisch unnationalem Boden stehe, und nicht zu ersüllen fei, ohne die Rechte anderer Nationalitäten zu beshränken. Man wolle ein Privilegium nicht nur für die polnischen Landes- theile, sondern für einen weit darüber hinausgehenden Be- reih. Man wolle Oberschlesien ausschließen, Westpreußen und die Neßtedistrikte mit hineinziehen. Die Städte Danzig, Marienwerder, Marienburg seien doch durhaus deutsche und der Netedistrikt werde fast ausschließlich von Deutschen be- wohnt. Das deutsche Nationalgefüh!l stehe in diesem Falle dem patriotishen Sinne der Polen entgegen. Westpreußen et. dUL) De Deuticen der Kultur gewonnen worden, vorübergehend in polnishen Händen gewesen und dann zurückerobert worden. Die Schlußakte des Wiener Ver- trages gebe nur den vertragschließenden Mächten gewisse Rechte. Die Polen aber seien kein vertragschließender Theil gewesen, sie hätten sich mit den Beschlüssen der anderen Mächte begnü- gen müssen. Zur Ausführung einer folhen Bestimmung habè man nicht die nöthigen Beamten, die der polnischen Sprache mächtig seien, es bestehe thatsählich keine Gleichheit zwischen der deutschen und polnishen Sprache, weil jeder gebildete Pole Deutsch lerne. Es sei viel seltener, daß ein Deutscher das Polnische erlerne. Fn allen jenen Provinzen müßten also im Wesentlichen nur polnishe Richter angestellt werden. Auf diese Weise würde wieder unter dem Schein der Gleichberech- tigung die größte Ungerechligkeit gegen die Deutschen ent- stehen. Der Antrag sei also unausführbar, wenigstens der Artikel 1 desselben. Etwas sympathischer stehe er dem Artikel 2 desselben gegenüber, und schließe er sich der Meinung an, daß s)sein Jnhalt in einer Kommission von 14 Mitgliedern eingehender erörtert werde. Gerade die Frage des Neben- protokolls sei bei Einführung des Sprachengeseßes vielfach er- örtert worden und er habe nihts dagegen, wenn diese ganze Erörterung wiederholt werde. Gerade dadurh wünsche er den Antragstellern zu zeigen, daß seine Partei auf wirklich natio- nale Wünsche und Forderungen einzugehen gern erbötig sei. Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, wer die heutigen Ver- handlungen gehört habe, könnte meinen, es handle sich um die Frage, ob Polen wiederhergestellt werden solle oder nicht. Der Antrag beschäftige sih aber wesentlih mit der Frage der Gerichtsverhandlung. Das habe mit. der Frage der Herstellung Polens gar nichts zu thun, und Alles, was die Herren in dieser

zur Sprache gebraht worden.

die Frage dec Germanisirung der polnishen Landestheile Die Beamten thäten dort ge- wiß nichts, was gegen Geseß und Recht sei ; ihnen mache er deshalb auch keinen Vorwurf; aber daß die neuere Geseß- gebung in Bezug auf die Sprache die Tendenz der Germanisirung habe, könne fein Mensh leugnen. Das sei auch im preußishen Abgeordnetenhause klargestellt worden. Der alte ehrwürdige Hr. von Gerlach habe für das Sprachengesez nicht stimmen können, weil derselbe es mit den Versprechungen für niht vereinbar gehalten habe, die man den Volen gemacht habe, Er wünsche seines Theils, daß man alle die Landestheile germanisiren könnte, aber er wolle es niht gegen die Versprehungen thun, die man ihnen völferrechtlih und anderweitig gegeben habe. Der Abg. von Cuny habe dem Antrag Fnkonsequenz vorgeworfen; derselbe gehe zu weit. Den Polen in Westpreußen sei das nicht ver- Iprochen, was denen in Posen versprochen sei, und man müßte dies andererseits auch den Oberschlesiern gewähren. Sei man doch nur konsequent, indem man zunächst den Posenern gegen- über einmal Wort halte. Diesen sei das Versprechen in den Verträgen bei der Besißergreifung von den preußischen Königen gegeben worden, und an diesen Worten follte die Nechtc am Wenigsten deuteln. Was von den Polen beansprucht Werde, liege also Ur Pojen n den Berat Wur die andern polnishen Landestheilen sei es in der Natur der Dinge begründet. Denn es sei ein Gebot des Naturrechts, daß Jeder in der Sprahe sein Recht erlangen könne, welche ex verstehe und welche seine Mutterfprache sei. Die Nationalliberalen verleugneten aber jeden Liberalismus, wenn sie glaubten, etwas Nationales leisten zu können. Fn Oesterreich besiänden folhe Jnstitutionen, und gerade die Polen in Galizien seien die treuesten Vertreter der österreichi- schen Monarchie. Lese man doch die neuere Geschichte! Die Posener hätten nationale Fnstitutionen, und sie seien von denen aeshaffen, die die Verträge geschlossen hätten, die also am Besten gewußt hätten, welches die FJntention derselben sei ; aber man habe sie ihnen genommen. Nun verlangten ja aber die Polen gar nicht diese nationalen FJnstitute, son- dern nur, was nen 4 Vau gus die SPrane zukomme; und dagegen sollte man sih nicht sträuben. Deutschland sei ja so glüdcklih, daß es die Macht habe; es fei neuliG vom Reichskanzler hier gesagt worden: „noblesse oblige“; er rufe dies auch Anderen für andere Gebiete zu. Für ihn bestehe die Noblesse darin, daß er der Minderheit gewähre, was ihr versprochen sei und was das Naturrec)t verlange. Er schließe sih dem Antrage auf Kom- missionsberathung an und bedauere rur noch, daß der Ver- treter der deutshen Justiz dem Hause von vornherein erklärt habe; die Reichsregierung beschäftige sich mit der Sache gar niht und verweigere jede weitere Betheiligung an der Be- rathung. Es sei dies ein neuer Beweis für die besondere Achtung, in welcher der Reichstag bei den Bundesregierungen

tehe.

ras Der Abg. Fürst Radziwill betonte, er könne sih auf eine kurze Erklärung beshränken, um so mehr, als er nach den Verlauf der Debatte die Hoffnung hege, daß der vorliegende Antrag nicht a limine dieses hohen Hauses abgewiesen, son- dern in der Kommission einer leidenschastlosen Prüfung unterzogen werden werde. Wenn er troßdem sich zum Worte gemeldet habe, so sei das mit Rücksicht auf eine Aeuße- rung des Abg. von Unruhe-Bomst geschehen, die ihn sehr leb- haft und nicht angenehm an die Ausführungen erinnert habe, welche der Reichskanzler in der leßten Zeit bei verschiedenen Gelegenheiten gegen die polnische Nationalität gerichtet habe. Man habe nit erwarten können, daß er die Unterschiebung von Tendenzen, welche fast an Hochverrath streiften, hier unbeant- wortet lasse. Er könne niht annehmen, daß, wenn der Reichskanzler bemüht gewesen sei, dem Hause den Stand der öffentlihen Meinung in den polnischen Landestheilen diesseits und jenseits der Grenze zu schildern, derselbe diesen Eindruck von seiner jüngsten Anwesenheit im russishen Polen mitge- braht habe, Wenn der Kanzler dem Hause ein Bild ent- worfen habe, als ov sich Polen an der Shwelle des Aufruhrs befinde, so müsse er einer solhen Schilderung jede Berechti- gung in diesem Augenblicke absprehen, wo der Reichskanzler selbst jenseits der Grenzen den vertrauensvollen Verkehr der polni- hen Bevölkerung mit dem russishen Hersherpaar habe wahrneh- men können, das zum ersten Male in Polen anwesend gewesen sei. Und sollte der Reichskanzler die preußischen Polen vielleicht gemeint haben, als ob sie jeden Augenblick zum bewaffneten Ausstande bereit wären, so seien das Schreckbilder, und er müsse diese Auslassungen als solche bezeihnen, die, soweit seine Kenntniß und die der öffentlichen Meinung reiche, jeder fsahlihen Grundlage entbehre. Er frage, gebe es zwischen

Der Abg, Junggreen erklärte, man könne nit leugnen, daß den Polen großes Unrecht geschehen sei: Möchten sie

Hinsicht vorgebracht hätten. falle von selbst hin. Gegen Art. I habe der Abg. Cuny angeführt, derselbe sei niht national.

einer bewaffneten Auflehnung und zwishen dem System, auch