1905 / 160 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 10 Jul 1905 18:00:01 GMT) scan diff

Finanzministerium.

Die Rentmeisterstelle bei der Königlichen Kreiskasse in Dirschau, Regierungsbezirk Danzig, ist zu besehen.

Ministerium für Handel und Gewerbe.

Ernannt sind zu Berginspektoren die Bergassessoren Grave im Bergrevier Dortmund I, Hollender im Bergrevier Hamm, Gre Le bei dem Steinkohlenbergwerke Ver. Gladbeck, Herold unter Belassung in seiner Beschäftigung als Hilfsarbeiter im Ministerium für Handel und Gewerbe, Lwowsfki bei der Bergen pet zu Dillenburg, Wienke im Bergrevier Ost- Recklinghausen und Dr. iddelshulte im Bergrevier Dortmund I.

Ministerium des Jnnern.

Dem Landrat von Puttkamer ist das Landratsamt im Kreise Tuchel übertragen worden.

Verzeichnis der Vorlesungen und praktishen Uebungen an der König- lihen Tierärztlihen Hohschule zu Berlin im Winterhalbjahr 1905/06.

Dr. Schüt, Geheimer Regierungsrat, Profeffor : pathologishe Anatomie, Sektionsübungen. . : Dr. Munk, Geheimer f: apiere Professor : Physiologie.

Dr. Pinner, Geheimer Regierungsrat, Professor : Anorganische Chemie, Chemische Uebungen. B

Eggeling, Geheimer Regierungsrat, Professor: Geburtshilfe, Encyklopädie und Methodologie, Ambulatorische Klinik.

Dr. Fröhner, Professor: Spezielle | athologie und Therapie, Klinik für größere Haustiere, Abteilung für innere Krankheiten und Gewährmängel, Propädeutik in der medizinishen Klinik. ;

Dr. Shmalßt§, de Ditor: Vergleichende Anatomie, Anatomie des Pferdes, Anatomische Peaparier Bun en, N

Dr. Ostertag, Professor: Fleishbeschau, Demonstrationen der Fleishbeshau, Bakteriologishe Uebungen. A s

Dr. Eberlein, Professor: Spezielle Chirurgie, Klinik für größere res Abteilung für äußere Krankheiten, Operationsübungen,

ropâdeutik in der chirurgischen Klinik.

Regenbo gen, Professor: Geflügeluuht und Geflügelkrank- beiten, Pharmakologie und Torikologie 11, Poliklinik für fleinere Haustiere, Harnuntersuchungen für die flinisde Propädeutik.

Dr. Kärnbach, Dozent: Krankheiten des Hufes, Theorie des Hufbeshlags, Poliklinik für größere Haustiere. 4s

Dr. Wittmack, Geheimer Regierungsrat, Professor: Botanik, Anatomie und Physiologie der Pflanzen.

Dr. Börnstein, Professor: Physik. S |

Dr. Werner, Geheimer Regierungsrat, Professor : Allgemeine Tierzuht, Schafzucht.

Berlin, den 1. Juli 198 ï

Der Rektor der Tierärztlichen Hochschule. ° Fröhner.

Spezielle

Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 25 der Gesezsammlung enthält unter

Nr. 10 623 das Geseß, betreffend die Abänderung des All cinen Berggesezes vom 24. Juni 1865/1892, vom

5. j Berlin W., den 8. Juli 1905. Königliches Geseßsammlungsamt. - gn Vertretung: Bath.

Jn der Dritten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs- und Staatsanzeigers“ 1st eine Genehmigungs- urkunde, betreffend eine Anleihe der Nordhausen- Wernigeroder Eisenbahngesellschaft, veröffentlicht.

Aichtamlfliches.

Deutsches Rei c.

Preußen. Berlin, 10. Juli.

Seine Majestät der Faiter und König sind gestern vormittag um 11 Uhr an Bord der Jacht „Hohenzollern“ in Swinemünde eingetroffen. Der „Hohenzollern“ folgten der Kreuzer „Berlin“ und das Depeschenboot „Sleipner“. Später nahmen Seine Majestät den Vortrag des Reichs- kanzlers Fürsten Bülow entgegen. Heute vormittag kurz nah 10 Uhr sind Seine Majestät an Bord der Jacht „Hohenzollern“ nah Saßnig in See gegangen. Die Begleitschiffe "Berlin und „Sleipner“ folgten.

Jhre Majestät die Kaiserin und Königin sind heute mit Jhren Königlichen Hoheiten der Prinzessin Luise Victoria und den Prinzen Oskar und Joachim an Bord der Jaht „Jduna“ von Glücksburg nah Svendborg in See gegangen.

Jhre Majestät die Kaiserin und Königin haben der verwitweten Frau Minna Wilkens, geb. Storck, in Hemelingen das Ee Frauenverdienstkreuz am weißen Bande Allergnädigjt zu verleihen geruht.

Im Monat Mai d. J. sind auf deutschen Eisen- bahnen ausschließlih der bayerishen und der Bahnen mit weniger als 50 km Betriebslänge 14 Entgleisungen auf freier Bahn (davon 7 bei Personenzügen), 23 Entgleisungen in Stationen (davon 10 bei Personenzügen), 2 Zu- sammenstöße auf freier Bahn (davon 2 bei Ton engen), 14 Zusammenstöße in Stationen (davon 1 bei Personenzügen) vorgekommen. Dabei wurden 23 Reisende, 18 Bahnbedienjtete und 3 Postbeamte verleßt t.

Der Präsident des Oberlandeskulturgerihts, Wirkliche Geheime Oberregierungsrat Rintelen ist von der Reise zurücgekehrt.

Der Präsident der Preußischen Pete Fen Ne R N Dr. Heiligenstadt hat Berlin mit Urlaub verlassen.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrat, Königlich bayerische E Ritter von Herrmann is mit Urlaub von Berlin abgereist.

Laut Meldung des „W. T. B.“ is S. M. S. „See- adler“ am 7. Juli in Yap (West-Carolinen) eingetroffen e geht heute von dort nah Ponape (Ost-Carolinen) in See.

S. M. S. „Hansa“ ist mit dem Zweiten Admiral des Kreuzergeshwaders am 7. Juli in Schanghai eingetroffen und gestern von dort roieder in See gegangen.

Hefsen.

Jhre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin sind gestern abend, wie „W. T. B.“ meldet, zum uch bei Jhren Königlichen Hoheiten dem Prinzen und der Prinzessin Heinrich von Preußen von Darmstadt nah Hemmelmark abgereist.

Deutsche Kolonien.

Aus Deutsh-S üdwestafrika wird gemeldet :

Der Hauptmann Rembe erreihte auf einem Streifzug (nee des Epukiro und Groot Laagte am 13. Juni die englishe Grenze. Das Sandfeld und die Gegend öjtlich der Linie Gams Vley—Otjimanangombe ist von Hereros frei. Die Besaßung von Otjimbinde ist nunmehr aufgegeben worden. Von den dort befindlihen Truppen wurde die 11. Kompagnie Regiment 1 nah Otjosondu, die 6. Batterie nah Ofkahandya verlegt. Andreas floh nah dem Gefecht bei Atis am 9. Juni längs des Kam-Rivers. Als von zwei Seiten Abteilungen gegen ihn vordrangen, wandte er sih mit wenigen Begleitern in das Zaris-Gebirge, wohin ihn der Hauptmann Baum-

ärtel durch außerordentlich s{hwieriges Gelände verfolgte. Andreas soll durch die seit Ende März ununterbrochen fort- geführte Verfolgung alles Vieh und den größten Teil seiner Leute verloren haben. Die Ersaßkompagnie 1a und die 4. Etappenkompagnie haben Maltahöhe, Kleinponz, Nomtsas, Hoornkrans, Areb, Nauchas und Awabes beseßt und säubern die Gegend durch Streifzüge. s |

Die Bande des Morenga war nah dem Gefecht bei

Narus am 17. Juni zuerst nah Süden geflüchtet, dann wurde erkannt, daß ihre Spuren auseinanderführten, haupt- sählih jedoch in der Gegend von Narus in nordwestlicher Richtung. Der Hauptmann Siebert mit 31/4 Kompagnien und 4 Geschüßen seßte die Verfolgung in dieser Richtung fort und ftellte fest, daß sstch Morenga in der Gegend von Aob (18 km nordöstlih von Nuradus) am Oft: hang der Groß. x. Karasberge befinde, wo er wieder über 200 Gewehre verfügen solle. Der Haupt- mann Ritter mit 4% Kompagnie und 1 Geshüß erreichte, von Keetmanshoop aus den Hottentotten entgegen- gehend, am 28. Juni Aob und wird mit dem Hauptmann Siebert zusammenwirken. Cornelius, der sich in der Gegend von Kohas am unteren Fishfluß wieder festgeseßt R sammelte dort über 200 Bn sodaß mit deren eibern und Kindern an Seelen versammelt ewesen sein sollen. Die Schwierigkeiten des dortigen Geländes sind außergewöhnlih große. An beiden Ufern des Fischflusses entlang ziehen sich Tagemärsche weit zerklüftete Felfengebirge bin, die ein Erreichen des Reviers nur an F Stellen für einzelne Fußgänger er- lauben. Die einzige Anmarschstraße von Kanibes auf Kochas bildet ein Saumpfad, der kilometerweit durch eine s{hmale Schlucht mit unersteigbaren Rändern führt. Dorthin hatte Cornelius einen Teil seiner Krieger vorgeshoben und weiter rückwärts durch eine Steinshanze die noch weiter südlih befindlihen Werften geshüßt. Der Major Gräser versammelte an der Quelle des Auchab 11/7 Kompagnien (120 Gewehre) unter dem Hauptmann Pichler, bei Kanibes 11/, Kompagnien (100 Gewehre) mit 2 Feld- und 2 Gebirgs- eshüßen unter dem Hauptmann von Zwehl, und ent- E ibte den Leutnant von Haeseler mit 30 Mann und 1 Gebirgsgeshüß durch Nachtmärshe in den Rücken des Gegners nah Aiais. Jn der Nacht zum 27. Juni wurden die Angriffskolonnen zu Fuß, von Tragetieren gefolgt, vor- geführt. Cornelius wih vor den von Westen und Nord- osten kommenden Abteilungen der Hauptleute Pichler und Zwehl auf Keidarus aus. Dort erreichte ihn die Abteilung des Hauptmanns Pichler und stürmte in hwerem Gefecht die eindliche Stellung. Die unter dem Major Gräser eintreffende bteilung des Hauptmanns Zwehl nahm dic Verfolgung auf und erhielt bald von den beiderseitigen hohen Rändern lebhaftes Feuer. Der Zug Gebirgsartillerie, der unter dem Leutnant Bender troß der Geländeschwierigkeiten zu folgen vermocht hatte, vertrieb hier den Gegner. Dessen Versuch, nah Süden zu entweichen, verhinderte die bei Aiais auf beherrschenden Höhen geschickt aufgestellte Abteilung des Leutnants von Haeseler. Cornelius floh unter erheblichen Verlusten und Zurücklassung einigen Viehs nah Westen, bis in die Dunkelheit hinein unmittelbar verfolgt. Es fielen 2 Offiziere, 3 Mann; 1 Offizier und 11 Mann wurden verwundet. Der Major Gräser jeßt die Verfolgung fort. Bei Sendlings- drift am unteren Oranje und in Gegend von Witpüts treibt eine kleine Räuberbande ihr Wesen. Gegen sie ist eine Abteilung von 60 Mann von Kubub aus in Vormarsch.

Ein Telegramm aus Windhu k meldet: oe “ais Gefechten bei Keidorus vom 26. bis 28. Juni

1nd:

Gefallen: Hauptmann Ludwig Pichler, geboren am 17. 12. 68 zu Hausen, früher im Königlich Württembergischen 3. Feldartillerie- regiment Nr. 49; Assistenzarzt Dr. Karl Horn, geboren am 18. 4. 78 zu Grünberg, früher im Fußartilleriecregiment Nr. 1; Vizefeldwebel Ernst Sonntag, geboren am 5. 7. 75 zu Dresden-N., frühec im Königlih Sächsishen 7. Infanterieregiment Nr. 106, Kopf\{uß;

| Sergeant Andreas Huhnstock, geboren am 16. 12. 80 zu Hohen- gandern, früher im Infanterieregiment Nr. 26, Kopfshuß.

Der Unterstaatssekretär im Reichspostamt Sydow hat sih mit Urlaub nah Tirol begeben. 0

Verwundet: Sergeant Albert Birkholz, geboren am i 22, 10. 74 zu Altbraa, früher im Jägerbataillon Nr. 2, \{hwer,

Schuß reten Untershenkel; Reiter Adam Grzegorski, geboren am { 18. 12. 81 zu Melpin, früher im Infanterieregiment Nr. 144, \{wer,

Kopfshuß; Reiter Friedrih Webel, geboren am 16. 1. 83 zu Trebi früher im Königlih Sächsischen 2. Ulanenregiment Nr. 18, [ei t Fleis{chs{chuß res Fuß; Reiter Heinrih Kister, geboren am 18. 7. 82 zu Heidelbah, früher im Dragonerregiment Nr. 24, [eit Streifshuß rehte Hand; Reiter Alexander Haiduczek, geboren am 17. 7. 81 zu Diiergowiß, früher im Infanterieregiment Nr. 23 leiht, Schuß rechten Handteller; Reiter Karl Meier, geboren am 31. 8. 79 zu Wesel, früher im Infanterieregiment Nr. 53, leit Streifshuß linken Unterschenkel. ' nach den Gefehten bej

Im Verfolgungsgefeht Keidorus am 1. Juli 19058: :

Gefallen: Gefreiter Friedrih Stöhr, geboren am 3. 6. 81 zu Feuerbach, früher im Infanterieregiment Nr. 115, Kopf- und Brust, \chuß; Reiter Otto Buse, geboren am 21. 12. 81 zu Ellrih, früher im Infanterieregiment Nr. 71, Kopfshuß.

Verwundet: Unteroffizier Wilhelm Macher, geboren am 30. 12. 79 zu Borbeck, früher im Infanterieregiment Nr. 145, leiht, Streifshuß linke Hand.

Auf Patrouille südlich der Okorusu-Berge am 3. Juli 1905: Gefallen: Reiter Karl Piplack, geboren am 25. 1. 83 zu Klonn, früher im Grenadierregiment Nr. 6, Brustshuß.

Außerdem: Reiter R Giebel, geboren am 11. 9. 83 zu Halberstadt, früher im Infanterieregiment Nr. 165, am 28. Juni 1905 in der Krankenfsammelstelle Narudas (Süd) an Typhus ge- storben. Reiter Johann Beier, geboren am 3. 1. 72 zu Ipsheim, früher Bezirkskommando 11 München, hat sich am 2. Juli 1905 bei Modderfontein durch Sturz vom Pferde einen {weren S ch ädel- bru ch zugezogen.

Oefterreih-Ungarxn.

Das dösterreihische Abgeordnetenhaus nahm vorgestern, wie „W. T. B.“ berichtet, die Vorlage, betreffend die Alpenbahn- kredite, nebst den dazu vorliegenden Resolutionen des Eisenbahn- aus\{chusses an. Darauf begründete bei der Beratung über den dring- lihen Antrag der Alldeutschen, der die Regierung auffordert, da# Parlament sofort nach der Bildung eines der ungarischen Koalitions- mehrheit entnommenen Kabinetts einzuberufen, der Abg. Stein die Dringlichkeit des Antrags mit dem Hinweis darauf, daß die Verhandlungen des Aus\chusses zur Beratung des Verhältnisses zu Ungarn ohne Ergebnis geblieben seien. Desterreih bringe unverbältnis- ua höhere Beiträge als Ungarn dem Wahne der Großmatt- stellung zum Opfer. Die Beurteilung, ob Oesterreich eine Groß- macht sei, hänge von den anderen Großmähten ab. Deutschland würde sih dafür bedanken, daß Oesterrei-Ungarn bei seinen unglüdlidhen politishen Verhältnissen künftig sein Bundesgenosse bleibe. Das Ziel seiner Partei sei die Angliederung Deutsh-Desterreihs an das Deutsche Neich. Der Abg. Groß erklärte, Oesterreich dürfe die Rolle des unbeteiligten Zus@áiers gegenüber den Ereignissen in Ungarn nur so lange spielen, - als niht durch die dortigen Vorgänge gemeinsame Angelegenheiten berührt würden oder Ungarn verfassun s Pflichten niht mehr erfülle. Er werde namens der deutshen Par: teien noch beantragen, daß die Regierung aufgefordert werde, {ih gegenüber den in Ungarn fich entwidckelnden Verhältnissen für alle Eventualitäten zu rüsten, damit nicht fie selbst und das Parlament von den Sreignnen überrascht und vor vollendete Tatsachen gestellt würden. Der Ministerpräsident Freiherr von Gaut \ch wandte ih zunälst gegen den Abg. Stein und ersuchte diesen, er möge die Be- wertung der Bundesgenossenshaft der Monarchie den Bundes8genofsen selbst überlaffen. Das Urteil der Dunhebgenalen werde \ih wesentlih von dem des Abg. Stein unterscheiden. ollte aber da und dort diese Bewertung eine geringere sein, als die Regierung annehme, dann dürfte gerade die Partei des Abg. Stein dazu einiges eigen haben. Danken möchte er Redner dem Abg. Stein dafür, daß dieser sein Ziel neuerdings ofen dargelegt habe. „Dieses Ziel*, sagte der Ministerpräsident, „ist gewiß niht das meine, und ih werde dieses Ziel niht nur in meiner Umibelgenma t, sondern folange ich im politishen Leben wirken werde, ämpfen.* Der Minister- präsident wies dann bezüglih der zur Beratung stehenden Anträge auf seine im Zollaus\huß und im Ausshuß zur Beratung des Ver- bältnisses zu Ungarn abgegebenen Erklärungen hin und wieder- holte, daß die Regierung es als ihre selbstverständliche Pflicht ansehe, dem Parlament Gelegenheit zu geben, sein Votum rehtzeitig ab- zugeben. Nah weiterer Debatte wurden die Dringlihkeit für den Antrag der Alldeutshen und der Antrag des Abg. Groß mit großer Mehrheit angenommen. Der Präsident {loß die Sißung mit besten Wünschen für die Erholung der Abgeordneten während der Sommerferien.

Der ungarishe Justizminister Lanyi hielt vorgestern, laut „W. T. B.“, vor seinen Wählern in Liptau eine Nede, in der er ausführte, die Unterscheidung zwischen einer parlamentarishen und einer unparlamentarishen ee rung sei niht im Gesey begründet. Wenn auch für eine erfolgreihe Führung der Geschäfte erforderli el, daß die Regierung über eine Mehrheit im Abgeordneten- hause verfüge, so sei doch während einer Uebergan ei eine Ausnahme zulässig, wenn aus der Parlamentsmehrheit eine Regierung nicht gebildet werden könne. Die Abstimmung des Abgeordnetenhauses hebe nicht die Geseßlichkeit der König- lichen Ernennung des Ministeriums auf. Daher sei der Vor- wurf, das Kabinett Féjérvary sei nicht verfassungs- mäßig, völlig un gerechtfertigt.

Frankrei.

Die Einigung zwishen Deutschland und Frankrei über die Marokko- Konferenz ist, laut Meldung des „W. T. B.“, erfolgt. Der französishe Ministerpräfident Rouvier und der deutshe Botschafter in Paris, Fürst Radolin, verständigten sich am Sonnabendabend endgültig über die Fassung der zwischen den beiden Regierungen aus- zutauschenden Erklärungen.

Rußland.

Etwa 400 Juden in Kowno verursachten, wie „W. T. B.“ erfährt, Straßenunruhen und warfen die Fenster mehrerer Häuser ein. Truppen stellten die E wieder her.

Am 7. Juli zerstörten ausständige Arbeiter in Jwa- nowo - Wosnessensf (Wladimir) die Telephon- und Telegraphenleitung, plünderten die Läden und legten mehrfah Feuer an. Die Bevölkerung verließ den Ort. E

Die Dampferagenturen in Batum haben ihren Dienst eingestellt, die Läden sind geschlossen. Heute morgen sind die Paffagierzüge unter Bewachung von Eisenbahntruppen ab-

egangen. 5 [s vorgestern mehrere Arbeiter in Tiflis verhaftet werden sollten, wurde eine Bombe geworfen, wodurch ein Polizeioffizier getötet und zwei andere verleßt wurden. Jn der Stadt herrsht Erregung; sämtliche Läden sind geschloffen; die Zeitungen haben ihr Erscheinen eingestellt; der Ge lliänerteur ist unterbrohea. Jn den Gouvernements ladimir und Tiflis sind revolutionäre Proklamationen in großen Mengen verteilt worden.

Spanien. Der König und die übrigen Mitglieder der König- lihen Familie sind vorgestern, wie „W. T. B.“ berichtet, in San Sebastian eingetroffen.

Rumänien.

Der Panzer „Knjäs Potemkin“ und das ihn be- gleitende Torpedoboot sind, wie dem „W. T. B.® aus Bukarest gemeldet wird, am Sonnabend früh 2 Uhr vor Konstanza eingetroffen. Die rumänischen Behörden forderten die Besaßung auf, sich unter den ihnen bei ihrer ersten Anwesenheit im Hafen gestellten Bedingungen zu ergeben oder die rumänishen Gewässer zu verlassen. Um 1 Uhr Nachmittags hat sih die Besaßung des „Knjäs Potemkin“ unter den ihr gestellten Bedingungen ergeben. Sie übergab der rumänischen Behörde das Schiff, auf dem diese die rumä- nische Flagge hißte. Die Mannschaft wurde ans Land geseßt und wird in kleinen Gruppen in verschiedene Ortschaften des Landes gebracht werden. Gestern früh erschienen zwei russische Panzerschiffe, von denen eines die Admiralsflagge führte, sowie vier Torpedoboote und ein Torpedoboots- zerstörer des Schwarzmeergeshwaders in den Gewässern von Konstanza und gaben Salutshüsse ab. Der rumänische Kreuzer

Elisabeth“ erwiderte den Salut und salutierte die Admirals-

agge. Der Marinekommandant Koslinsfki stattete dem russi-

en Konteradmiral einen Besuch ab; leßterer erklärte, daß er erschienen sei, um das Panzerschiff „Kn1äs Potemkin“ zu suhen. Darauf erwiderte der Marinekommandant, der „Knjäs Potemkin“ habe zweimal in den rumänischen Gewässern Anker geworfen; er e mit Rücksicht auf die Eigentümlichkeit der Lage aufgefordert worden, den Hafen zu verlassen oder abzurüsten. Die Mannschaft des „Kn jäs Potemfkin“ sei ans Land gebracht worden; die rumä- nischen Behörden hätten von dem Schiffe Besit ergriffen und es einer Wache anvertraut, die es unter den Schhugz der auf dem „Knjäs Potemkin“ gehißten rumänishen Flagge ge- stellt habe. Der Marinekommandant fügte hinzu, der König habe angeordnet, daß das Schiff dem Kaiser Nikolaus zu übergeben sei. Nach dieser Mitteilung wurden alle Maß- nahmen getroffen, damit die rumänishe Wache den „Knjäs Potemkin“ verlassen und der russishe Konteradmiral von ihm Besiß ergreifen könne, um ihn dem Kaiser von Rußland zu übergeben. i :

Nach einer Meldung des Wiener „Telegr.-Korresp.-Bureaus“ werden die Mannschaften des „Knjäs Potemkin“ als Deserteure behandelt. Da zwischen Rußland und Rumänien für solche kein Auslieferungsvertrag bestehe, habe Rumänien keine Veranlassung, die Mannschaft auszuliefern.

Das Torpedoboot „267“, das mit dem „Knjäs Potemkin“ in Konstanza angekommen war, hat die cimtais{èn Gewässer verlassen müssen, da es sih weigerte zu fkapitulieren und lieber nah Sebastopol zurückehren wollte.

Schweden und Norwegen.

Der Prinz Gustav Adolf und seine Gemahlin die Prinzessin Margarete hielten, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern ihren Einzug in Stockholm. Die Hohen Neuver- mählten wurden, als sie um 11/2 Uhr Nachmittags unter dem Salut der Kriegsschiffe an Bord der Königsjacht „Drott“ ein- trafen, von einer großen Volksmenge begeistert begrüßt. Nach einer Ansprache des Vorsißenden der Kommunalverwaltung Dr. von Friesen, auf die der Prinz Gustav Adolf dankend erwiderte, fuhren en unter besländigen jubelnden Huldigungen der Bevölkerung dur die festlih ge- simüdten Straßen, in denen die Truppen Spalier bildeten,

B Schloß. Hier wurden sie von dem König Oskar und

er Königlichen Familie herzlih begrüßt.

In der Zweiten schwedischen Kammer hob beute Waldenfir öm hervor, die Erklärung des Königs vom 27. Mai, dah er einsehe, daß eine andere Regierun jeßt nicht gebildet werden könne, sei in dem Se fhluh des norwegischen Storthing vom 7. Juni so wiedergegeben, daß der König sich außerstande erklärt baben sollte, eine neue Regierung zu bilden. Die Worte des Königs seien somit entstellt worden. Der Redner stellte an den Justizminister die Frage, in welcher Form der Staats- minister Michelsen die Erklärung des Königs wiedergegeben habe; babe er gesagt, der König erklärte niht oder jeßt nicht imstande zu sein,

{ine neue Regierung zu bilden ?

„Norsk Telegrambureau“ meldet aus Christiania: Aus Anlaß des Einzuges des Prinzen und der Prinzessin Gustav Adolf in Stockholm war der notwendige Betrag für die Ausshmückung der norwegischen Staatsratsabteilung in Stockholm bewilligt worden. Nach einer Unterredung mit dem Oberpräsidenten von Stockholm, der bestimmt von dem Anbringen von Flaggen und sonstiger Ausshmüdckung abriet, æwurde inzwischen Gegenbefehl erteilt.

Amerika.

Der Vorfall auf dem canadishen Regierungskreuzer „Canada“ ist, wie „W. T. B.“ aus Halifax meldet, da- durch beigelegt worden, daß die Behörden den unzufriedenen Mannschaften erlaubten, das Schiff zu verlassen und neue dafür einstellten. Der Kreuzer ist gestern früh nah Sydney (Neuschottland) in See gegangen.

__ Wie das „Reutershe Bureau“ aus Washington erfährt, gab der Ackerbausekretär Wilson bekannt, daß der Assistent der statistishen Abteilung H olmes wegen Unredlich- keiten, die er dadur verübte, daß er den Maklern von dem vom statistishen Bureau monatli veröffentlihten Baummwoll- bericht vorher Mitteilung machte, aus dem Dienste entlassen worden sei. Gleichzeitig hätten das Bureau und die Art und Weise, den Monatsberiht vorzubereiten, cine Neuordnung erfahren, um derartige Vorkommnisse in Zukunft zu verhindern.

Der Präsident Castro hat dem venezolanischen pongres in einer besonderen Botschaft den Vertrag zwischen er Regierung und den britishen und deutschen JFn-

d habern venezolanisher Bonds, betreffend die Konver- tlerung dieser Schulden, vorgelegt.

Afien.

G Nach einer Meldung der St. Petersburger „Telegraphen- Agentur“ telegraphierte am 7. Juli der General Linewitsch:

Die Japaner ergriffen am 5. Juli um 5 Uhr Morgens die Offen- sive gegen Beynkhe und Loguchan. Die rufsischen Abteilungen ¿ogen fh langsam zurück, wobei sie den Feind zurücthielten. Heute s um 2 Uhr seßte der Feind seinen Angriff auf Loguchan fort.

le Japaner eröffneten ein Geshüßfeuer gegen die russishen Vor- posten, die sih zurückzogen. Hierauf wude die japanishe Offensive eingestellt. Der Feind ging zurück und beseßte seine früheren Stellungen.

Ein zweites Telegramm des Generals vom 7. Juli meldet:

, Heute morgen nahmen in_ der Gegend des rechten Flügels mehrere ¡apanishe Bataillone und Eskadrons mit Artillerie die Offensive i Let auf. Die russishen Vorposten vermochten ihre Stellungen

alten.

Der General Liapunow telegraphierte von Sachalin unter dem 7. Juli: O i Um 9 Uhr Morgens näherte si ein japanisches Geshwader dem Dorfe Chipisan, 20 Werst südwestlich von Korsakows, und er- öffnete das Feuer auf die Küste. Um 2 Uhr Tula näherte sich ein japanishes Geshwader dem Dorfe Meree zwishen Chipisan und Korsakows auf 15 Werst und eröffnete das Feuer aus Tor- pedobooten. Dann begann die Landang, von 15 Schiffen aus. Um 3 Uhr Nachmittags näherten sich 15 Torpedoboote Korsakows f. Die russishe Batterie eröffnete das Feuer. Die Torpedoboote be- schossen die Strandbatterie von Korsakowsk, wurden aber durch das Feuer der Russen gezwungen, die Bescießung einzustellen und fi zurüdzuziehen. Der Kommandant der russishen Abteilung leistete den feindlihen Operationen so lange als möglich Widerftand, gab aber dann den Befehl, die Küstengeshüte in die Luft zu sprengen und alle Regierungsgebäude in Brand zu segen. Dann zog er sich mit seiner Abieilung nah Norden zurück. Während der Beschießung wurden 4 Einwohner des Poftens getôötet. Ein Matrose wird vermißt. Der St. Petersburger „Telegraphen-Agentur“ wird aus Co LEA eee der, das sih der Insel Sach as japaniîf eshwader, er Ine achalin näherte, bestand aus 2 Panzerschiffen, 7 Kreuzern, 3 Kanonenbooten, 36 Torpedobooten und 10 Tran?porischiffen mit Landungstruppen. Am Südende der Insel Sachalin wurde am Freitag ein nah Osten rue japanishes Geshwader gesihtet. Es bestand aus dem îistenpanzershiffe „Fuso“, dem Linien|chiffe ,Tschinien“*, einem Kreuzer vom Typ des „JIwate“, sechs Kreuzern zweiter Klasse, vier Kanonenbooten, 36 Torpedobooten und zehn Transportschiffen. Zwei Torpedoboote kreuzten westlich der La Perouse ftraße. Am Sonnabend haben die Japaner, wie das „Reutersche Bureau“ erfährt, Korsak owsk Ben emen, Die Russen verbrannten die Stadt und zogen sich nach Norden zurü.

É Aus dem japanischen Hauptquartier meldet das „Reutersche ureau“:

Gelegentiliß werden Zusammenstöße zwischen den Patrouillen auf beiden Seiten der Eisenbahn und auf der Fenghua— Kaiyuan—Kwangping-Straße gemeldet. Die Russen werden allmäblich nach Norden zu gedrängt.

Wie das „Reutershe Bureau“ berichtet, ist der japanische Minister Baron Komura vorgestern nahmittag mit den anderen Friedensunterhändlern an Bord des Dampfers „Minnesota“ nah Amerika abgereist. Bei der Ver- abschiedung waren die älteren Staatsmänner, die Minister, Generale und Admirale zugegen. Die Abfahrt erfolgte unter dem Banzairufen einer Frolen Volksmenge.

Nr. 54 des „Zentralblatts der Bauverwaltung“, beraus gegeben im Ministerium der öffentlihen Arbeiten, vom 5. Juli, hat folgenden Inhalt: Bauhöhen von Brücken. Vermischtes: Wett- bewerb um Skizzen zu einem Verwaltung®gebäude für die Südwest- lihe Baugewerksberufsgenofsenshaft. Wettbewerb für Entwürfe zu einem Waisenhause in Kolmar. Wettbewerb um Vorentwürfe zv einer Kreiétaubstummenanstalt in Würzburg. Be such der Tech- nishen Hochschule in Braunschweig.

Statistik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Nürnberg wird der „Köln. Ztg.“ telegrapbiert, daß die vom Verband der Metallindustriellen über die Metall- arbeiter verhängte Sperre am Sonnabendabend wieder aufs gehoben sei. (Vgl. Nr. 158 d. Bl.) Die Arbeit in den Betrieben sollte zum Teil am heutigen Montag, zum Teil am Dienstag wieder aufgenommen werden. Ein Rundschreiben ftellt den Arbeit- gebern den Termin frei, an dem sie ihre Betriebe wieder eröffnen wollen. Die Arbeiter meldeten sich bis auf einen Ffleinen Bruchteil zur Wiederaufnahme der Arbeit.

Die Angestellten der Pariser Süd-Tra mbahn drohen, der „Köl n. Ztg.“ zufolge, mit einem Ausstand.

Unter den Schuhbfabrikarbeitern in Limoges und den Gerbern in St. Juniet ist, nah demselben Blatte, eine Aus- standébewegung ausgebrochen.

Ein feit einiger Zeit bestehender Ausstand der Hafenarbeiter in Santander nimmt, wie ,W. T. B.“ meldet, jeßt größeren Um- fang an. Zwisen den Ausständigen und der Polizei ist es zu T vinéeutben gekommen.

Kunst und Wissenschaft.

Im Oberlichtsaal des Königlichen Kupferstihkabinetts ist eine néue Ausstellung eingerichtet worden, die neuere englische Nadierungen, Steindrucke und Holzschnitte vorführt.

A. F. In der Vorderasiatishen Gesellschaft berichtete der Professor Dr. Hugo Winckler über die vor wenig Tagen erst er- schienene, neueste Fortseßung der Veröffentlihungen, be- treffend die in Susa, der alten persishen Hauptstadt, gemachten Ausgrabungen. Es sind bekanntlih französishe Archäologen, die hier seit. einigen Jahren mit großem Grfolg tâtig find und deren vor- legte Veröffentlihung der Welt eine große Ueberrashung und Wissens- bereiherung in Form des Wortlauts des aufgefundenen Coder Ham- murabis brachte. Auch das jeßt vorliegende, vorzüglich ausgestattete Heft bringt des Interessanten die Fülle, zum Teil sogar vollkommene Nova für die orientalishe Altertumskunde. Da ist zunächst ein ausführ- licher Bericht aus dem Anfang des dritten Jahrhunderts von Kriegs- zügen des Königs Naramsin nah Arabua, eine bisher nur ungenügend bekannte Episode, die nunmehr in volles Licht gerückt ist. Es geht daraus hervor, daß die Verkehrsbeziehungen zwischen Persien und Arabien damals so eng waren, wie später nur wieder zur islamischen Zeit. Eine Anzahl neu aufgefundener Inschriften machen den Eindruck, daß sie fih vorber an andern Stellen befanden und als Siegestrophäen nah Susa vershleppt wurden. Ueber die Zeit ihrer Abfassung gibt ihre Schrift Aufs{chluß, dic einem eigentümlihen Babylonish entspricht, das man in der ersten Hälfte des dritten Jahrtausends {rieb und das noch unvermisht mit elamitishen Elementen ist, die sih später nach der elamitishen Eroberung beigesellten. Eine andere Reihe von Urkunden betrifft Grenzurkunden, die au, etwa im 13. oder 14. Jahr- bundert, von außerhalb nah Susa gebracht worden find und die Festseßung der Grenze zwishen Babylon und Elam zum Gegenstand baben. In anderen Urkunden bandeit es fih um großen Privat- grundbesig. Sie scheinen nah Sufa gebraht zu sein, um Prozeßentiheidungen als Beweisstücke zu dienen. Weitere Urkunden bestätigen, daß nah dem Falle Afspriens, bei Teilung der Beute zwishen Medien und Babylon, Susfa an Babylon gefallen ist. Immer zahlreiher endlich werden die in Susa zutage kommenden JIn- schriften von Nebukadnezar, deren Ueberführung nah Susa auf die persischen Eroberungen des 6. Jahrhunderts zurückzuführen scheint. Nach dem. Jahrhundert scheint nichts mehr nah Sufa vershleppt worden zu sein. Die wi(tigste unter diesen neuesten Ergebnissen der Susa-Forshungen stellt eine Inschrift dar, die unterhalb von 2 Kolumnen, die in jenem Altbabylonish wie gewöhnli in borizontaler Linie von links nah rechts geschrieben find, fünf Reihen einer bisher gänzlih unbe-

kannten Sthrift zeigt, die glei dem Chinesischen in vertikaler Kolumne steht und deren Schriftelemente nicht Keile, sondern Linien find. Da die obere Keilinshrift von einem König handelt, der als im Beginn des dritten Jahrtausends herrshend bekannt ist, und von dem \ich weitere 2—3 Inschriften in Susa vorfinden, so teht die Welt hier vor dem Rätsel einer zunächst ganz unlösbaren, um 3000 vor Chr. aber noch geschriebenen und verstandenen Schrift, die vielleicht als eine aus grauer Vorzeit berübergekonmmene, später von der bequemer zu handhabenden Keilschrift verdrängt und dann als verloren gegangen zu betraten ist, vielleicht au die gemein- fame Quelle von Bakbylonisch und Elamitish darstellt. Der Fund wäre minder bedeutsam, bliebe er auf die erstentdeckte oder in threr äußern Erscheinung beschriebene beschränkt. Seitdem haben die französfishen Forscher aber eine große Anzabl von Tontafeln mit ganz derselben Schrift aufgefunden, die sich äußerlih als gewöhrliche Geschäftsurkunden kennzeihnen, aber auch andere Nachrichten enthalten können. Das bäufige Vorkommen der Schrift, von der man zunächst ja nidt weiß, ist sie bloß eine besondere Shreibweise des Babylonischen oder Elamitischen, oder gibt sie eine besondere Sprache wieder, ge- stattet wenigstens zu hoffen, daß man dem Rätsel auf die Spur kommen wird. Denn diese A des Vorkommens hat den franzôsisWen Forshern erlaubt, bereits eine Liste von etwa 600 dieser „proto - elamitishen" Schriftzeihen, Strichfiguren oder Wortbilder (?) in ihre Veröffentlihungen aufzunehmen und die Assyriologen aller Länder zur Mitarbeit bei der Entzifferung einzuladen. Professor Winkler {loß seine mit dem größten Interesse entgegengenommenen Mitteilungen mit der berechtigten Bemerkung, daß wir nah diesem Funde unsere Begriffe, was orientalishes Alter- tum ist, zu revidieren und zu beridtigen haben werden. Wir glaubten in Babylon bis auf die Anfänge einer großen Kulturentwickelung zurückgegangen zu sein und finden nun an diesen angeblichen Anfängen eine damals im Erlöschen begriffene Schriftsprache, die auf eine unendlich längere Kulturentwickelung hinweist, als wir uns bisher träumen ließen.

__ Es sprach hierauf der Professor Dr. Martin Hartmann über die Ereignisse, die sich gegenwärtig in Südarabien ab- spielen in Parallele zu der älteren Geschichte des Landes. Schon die Babylonier und Afsyrer kämpften gegen Araber. Rom erkannte, wie wihtig der Besiß eines Landes sei, das den Handel Indiens mit dem Mittelmeergestade vermittelt. Erst mit der Auébreitung des Christentums nah Abessinien beginnt eine zielbewußte Expanfions- politik des Weltreiches nah dieser Richtung. Hinter den Abessiniern, die nah Yemen hinübergreifen und das Land unterwerfen, steht Byzanz. Um 575 n. Chr. mußte es dem Erbfeind den Play räumen. Das Safsaniderreih war von dem Adel des Landes, der die christs [ih-abessinishe Herrschaft glühend haßte, zu Hilfe gerufen worden. Die Araber waren machtlos gegen diese fremden Einmishungen, so- lange sie uneinig waren. Als der Prevhet von Mekka das ganze Land in einem Glauben geeint, drehten sie den Spieß um und drangen in die Länder derer, die vordem als ungebetene Gâste in das ihre gekommen waren. Persien wurde ganz von ihnen erobert, vom Romäerreichß große Gebiete losgerifsen. Seitdem blieb Arabien unberührt von fremden Angriffen. Denn, nahdem im Islam das Prinzip der Internationalität durchgedrungen und die Religion als das alle umfassende und glei machende Band anerkannt war, können die Fürsten nit arabisher Abstammung, die Arabien beseßten, niht als Feinde gelten. Die leßten Ereignisse lassen einen Wandel als nahe bevorstehend erkennen. Süd- arabien ist dem osmanishen Reihe endgültig verloren, und dieser Verlust wird den der heiligen Stätten Mekka und Medina nach \ich ziehen. Der neue Fürst dieses Gebiets, Mabmud Zahja, gehört einer alten Scerifenfamilie an und dürfte als Nachkomme des Propheten mit seinem Anspruhe auf das Imamat, d. b. die Leitung der gefamten iflamishen Gemeinde An- erkennung finden. Aber er verdankt seine Erfolge einer Frankenmatht, die ihn ausgiebig unterstüßt und sih damit die Einmischung in feine Angelegenheiten gesichert bat. Großbritannien steht hinter dem neuen Gebieter des Vemen und wird das Protektorat darüber behalten, auh wenn es diesem gelingt, die an das Yemen angrenzenden nördlichen Teile Arabiens mit den religiösen Heiligtümern zu gewinnen. Von Aden aus, dem wichtigen Stüßpunkte an der südarabishen Küste, hat Großbritannien einen nit unbeträchtlihen Teil des Landes unterworfen. Diesen wird sehr bald eine Bahnlinie nach Norden durchziehen, deren Konzession bereits erteilt ist (Aden—Hota—Dhalaa). Ueber die Fortführung nah San’a, der Hauptftadt des Landes, sind Verhandlungen im Gange. Für die Briten ist die Herstellung eines Schienen- weges Aden—San'’a—Mekka—Medina—Akaba—Suez von der größten Wichtigkeit, weil dadurh ihr Adengebiet in eine direkte Landverbindung mit Aegypten geseßt wird. Da der Besiß Mekkas eine wesentliche Dag, für die Vormachtstellung im Islam ift, \o wird durch dessen Verlust die Stellung des Osmanischen Reiches beträhtlich geschwäht werden. So ist ab- zusehen, daß das Intermezzo der Weltgeschichte, das sich „islamishes Weltreih“ nannte, demnächst ein Ende findet.

Als dritter Redner des Abends sprah Dr. L. Messerschmidt über die merkwürdige Kunde, die aus Südafrika zu uns gelangt ist, daß dort im Matschonaland in Felsblöcke gemeißelte «ltt nizishe Schriftzeihen in großer Anzahl entdeck worden seien. Wenn si die von Carl Peters, der im Auftrage einer britischen Gesellshaft das nöôrdlich von Transvaal gelegene Matshona- oder Manicaland bereist, gemeldete Nachricht bestätigt, dann dürfte die viel erörterte Ophirfrage ihrer endgültigen Lösung entgegensehen. Wo dies in der Bibel viel erwähnte Goldland gelegen haben mag, ob in Indien, Arabia felix oder Südafrika ist bekanntlih seit lange strittig. Aber seitdem der Sor Bgorettene Mauh und nah ibm Bent in jenem \üdlich vom Mittellauf des Zambesi unter 18° \. Br. gelegenen Gebiet zweifellose Reste von Kolossalbauten entdeckt haben und kaum wieder zweifellos festgestellt worden ist, daß hier Goldminen vorhanden gewesen find, au heute noch fich abbau- würdiges Gestein in Menge findet, das mit mehr oder weniger Erfolg auf Kupfer und Gold abgebaut wird, fehlte zur Kette des Beweises, daß Manica = Opbhir ist, eigentlih nur die Auffindung von Inschriften. Spuren solWer hat Bent bereits beschrieben; doch bestanden sie ausi{ließlich in einem angeblich phöônizischen Buchstaben, der fih auf dem Fragment einer Tonscheibe eingegraben fand. Jeßt nun meldet Carl Peters von einer groven Anzahl von ibm gefundener Inschriften, wie er vermutet, phönizishen oder bebräishen Charakters. Eine Menge mit \folhen versehene Steine bringt er mit, von anderen hat er gute Photographien genommen. Man darf auf den Eingang dieser Beweisftücke sehr gespannt sein. In der ih anschließenden Diskussion bezeichnete der Profeffor Winkler es mindestens als unwahrscheinlich, daß die Vhönizier bis Manicaland vors gedrungen, da sie Afcika hätten umsegeln müssen, wenn man nicht annehmen will, daß sie gleich der Flotte, die Salomo für König Hiram aus einer Bucht des Roten Meeres auslaufen ließ, leßteren für fie sehr beschwerlihen Weg gewählt haben. An der Auffindung von Inschriften kann man nah der Bestimmtheit, mit der die Nachricht auftritt, kaum zweifeln; aber warum solhe ohne weiteres einem bekannten Schrifttypus einordnen? Nach den gerade jeßt erft in Susa mit der Auffindung einer ganz unbekannten Schrift gemachten Erfahrungen können uns die Petersshen Entdeckungen ja auch Kunde von einer bisher ungeahnten, wieder verschwundenen Kultur in Südafrika bringen. Profefsor Hartmann wies noch auf die Möglichkeit bin, die Küste Südafrikas vom Persishen Golf aus zu erreihen; mithin könnten die in der Schiffahrt wohlerfahrenen Völker am Euphrat und Tigris Opbir entdeckt und ausgebeutet haden. Jedenfalls sei die gegenwärtige Entdeckung ein überaus interessantes Ereignis.

Land- und Forstwirtschaft.

_Im Auftrage des Ministers für Landwirtschaft, Domänen und Forsten wird am 24., 25. und 26. August 1905 an der Forftakademie

Sberswalde ein Fischereilehrkursus ¿über norddeutsche Teichwirtschaft abgehalien werden. Das Programm ist folgendes: