1905 / 176 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 28 Jul 1905 18:00:01 GMT) scan diff

Bei den Bewerbungen, welche an den Direktor der Hoch- shule für die bildenden Künste zu Berlin zu richten sind, sind folgende Schriftstücke einzureichen:

1) ein vom Bewerber verfaßter 4 Lebenslauf,

2) amtliche Zeugnisse über die D afa- demishen Studien und über Führung, Fleiß und Befähigung des Bewerbers. Erforderlichen Falls haben die Bewerber diesen Nahweis durch Vorlage ihrer Studienarbeiten oder durch Probearbeiten vor dem Direktor der Königlichen aka- Ses B für die bildenden Künste zu Berlin zu

ren. (8 6. \

Die Stipendiaten sind verpflichtet, über ihren Aufenthalt und ihre Tôätigkeit an den Direktor der Königlichen aka- demishen Hochjhule für die bildenden Künste zu Berlin quartaliter Bericht zu erstatten und außerdem mit Ablauf des zweiten Quartals an die Königliche akademishe Holhschule Br die bildenden Künste eine Studienarbeit mäßigen Um- angs (entweder eine Studie nah der Natur oder eine Kopie nah einem hervorragenden Werk der älteren Kunst) einzu- liefern, welche Eigentum derselben wird. (Z 10.)

Bei man Eilan leiß oder shlechter Ayeung des Stipendiaten kann demselben das Stipendium durch das Kuratorium entzogen werden. 11.) :

Das Stipendium beträgt ca. 1700 4 und wird für die Zeit vom 29. Dezember 1905 bis dahin 1906 verliehen. Geeignete Bewerber haben ihre Gesuche mit den in vor- stehendem geforderten Attesten bis zum 15. Oktober d. J. an den S Vorsitzenden des Kuratoriums einzureichen.

Berlin, den 28. Juli 1905. i

Der Retter des Kuratoriums der „Adolf-Ginsberg-Stiftung“: A. von Werner, 5 Direktor der Königlichen akademishen Hochschule für die bildenden Künste.

Bekanntmachung.

Nach Vorschrift des Gesetzes vom 10. April 1872 (Geseßsamml. S. 357) sind bekannt gemacht : L e

1) das am 10. Mârz 1905 Allerhôch\t vollzogene Statut für die Genossenschaft zur Entwässerung des Noktenteihs im Kreise Nöffel dur das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Königsberg Nr. 15 S. 151, ausgegeben am 13. April 1905; L

2) das am 6. Mai 1905 Allerhöchst . vollzogene Statut für die Entwässerungsgenofsenshaft zu Deuthen im Kreise Allenstein dur das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Königsberg Nr. 26 S. 373, ausgegeben am 29. Juni 1905; _ s

3) das am 22. Mai 19095 Allerhöchst vollzogene Statut für die Genoffenschaft zur Regulierung der Aglonen zu Schnaugsten im Kreise Memel dur das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Königsberg Nr. 25 S. 350, ausgegeben am 22. Juni 1905; S

4) das am 22. Mai 19C5 Allerhöchst, vollzogene Statut für die Genossenschaft zur Regulierung der Drewenz zwischen Hirschberg und dem Drewenzsee zu Osterode i. Oftpr. durch das Amtsblatt der König- lihen Regierung zu Königsberg Nr. 25 S. 353, ausgegeben am 22. Juni 1905;

5) das am 22. Mai 1905 Allerhöch vollzogene Statut der Ent- wässerungsgenofsenschaft für die Störwiesen ¿zu Willensharen im Kreise Steinburg durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Sleswig Nr. 26 S. 229, ausgegeben am 1. Juli 1905; ;

6) der Allerhôchste Erlaß vom 15. Juni 1905, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an den Kreis Bergheim zur Ent- zichung und zur dauernden Beshränkung des zum Bau und Betrieb einer Kleinbahn von Blaßheim nah Ober-Bolheim in Anspruch zu nehmenden Grundeigentums, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Cöln Nr. 27 S. 187, ausgegeben am 5. Juli 1905.

Nichlamlliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 28. Juli.

Der Oberstaatsanwalt des Kammergerichts, Geheime Ober- jufirat Wahler hat mit mehrwöchigem Urlaub Berlin ver- lassen.

Laut Meldung des „W. T. B.“ is der heimkchrende Transport der abgelöósten Besaßungen des Kreuze r- geschwaders mit dem Truppentransportdampfer „Rhein“

estern in Port Said eingetroffen und hat an demselben Tage bie Reise nah Bremerhaven fortgeseßt.

Der Transport der abgelösten Besaßung von S. M. S. „Bussard“ hat gestern mit dem Dampfer „Präsident“ von Daressalam aus die Heimreise angetreten und geht zunächst über Zanzibar nah Tanga. .

S. Mi S. „Sperber“ ist am 26. Juli in Kamerun ein- getroffen. G j

S. M. Flußkanonenboot „Vorwärts“ ist gestern von Kiukiang nah Hankau abgegangen.

Ran 27. Juli. (W. T. B.) Jhre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kron- prinzessin sind heute abend 81/2 Uhr hier eingetroffen und haben sich nah dem Marmorpalais begeben.

Deutsche Kolonien.

Ein Telegramm ans Windhuk meldet:

Am 20. Iuli 1905 wurden beim Ueberfall einer Kolonne bei Sees-Kamelbaum verwundet: Reiter Valentin Janaszak, eboren am 6. 2. 80 zu Roguschin, früher im Feldartillerieregiment Nr. 9, Schuß in den rechten Oberschenkel; Reiter Hermann Laubs\ch, geboren am 1. 12. 79. zu Forst i. L., früher beim Bezirkskommando Guben, Schuß in den rechten Oberschenkel.

Reiter Eugen Kran, geboren am 11. 12. 83 zu Hohengöft, früher im Feldartillerieregiment Nr. 15, ist am 22. Juli 05 in der Krankensammelstele Gohas an Typhus gest orben.

Oesterreich-Ungarn.

Der ungarishe Minister des Jnnern Kristoffy empfing estern eine Deputation des sozialdemokratischen Parteiverbandes und erklärte, er würdige die Be-

strebungen der Arbeiterschaft, ihr Los je verbessern, sehr und

halte die Forderung des allgemeinen geheimen Stimmrechts als eines Mittels, ihre gesellshaftlihe Lage zu verbessern, für

durchaus berechtigt. Die Berücksichtigung weiterer Schichten bei der Wahlrehtsreform sei eine Dor, um wirt- schaftlihe und soziale Reformen unter Mitwirkung der vor- wiegend beteiligten Kreise E len gleichzeitig würde eine solhe Wahlrechtsreform die Folge haben, daß die un- fruchtbaren staatsrehtlihen Kämpfe ein Ende nähmen. Der Minister fügte hinzu, er müsse betonen, daß er nit als Minister \prehe, da er als Mitglied des außerhalb der Parteien stehenden ckKabinetts niht die Macht besize, diese Jdee im Parlament zu verwirklichen.

Großbritannien und Frlaud.

In der gestrigen Sißung des Oberhauses beantragte, wie „W. T. B." berichtet, der Herzog von Devonshire eine Resolution, die die Politik eines Generaltarifs und der auf Nahrungsmittelzölle gegründeten Bevorzugung der Kolonien verwirft. Er beklagte ih über die Zweideutigkeit der Zollpolitik der Regierung und über die politischen Beziehungen zwishen Balfour und Chamberlain und sprach die Meinung aus, daß die Regierung bei den allgemeinen Wahlen eine Niederlage erleiden werde. Er fragte ferner, o die Regierung beab- sfichtige, thre eigene Politik zu verfolgen oder ob sie zugeben wolle, daß ihre eigene durch die Chamberlainshe Politik verdrängt werde, die eine ganz andere sei. Sir Robertson drängte auch die Negierung, eine deutliche Erklärung abzugeben; denn, wenn sie dies niht-tue, werde es der voll- ständige Ruin der konservativen Partei sein. Der Lordpräsident des Geheimen Rats Marquis of Londonderry verteidigte Balfours Politik und sagte, wenn die Nahrungsmittelzölle überhaupt in Frage kämen, werde er nicht länger Mitglied der Regierung bleiben. Der Marquis of Lansdowne wieterholte die früher abgegebenen Erklärungen der Regierung, sagte aber nichts Neues. Schließlich wurde der Antrag auf unbestimmte Vertagung der Verhandlung, der von der Regierung unterstüßt war, mit 121 gegen 57 Stimmen angenommen.

In der gestrigen Sißung des Unterhauses kritisierten bei der Beratung des Budgets des Kolonialamts die Redner der Opposition die neue Verfassung Tran3vaals und sprachen fih dafür (aus, der Kolonie ausgedehntere Machtbefugnisse zu geben. Der Staatssekretär der Kolonien Lyttelton erklärte, es sei die Absicht der Regierung, nah und nach die E der Nafsen auszu- gleihen, und wenn man der Kolonie zu einer Zeit, wo die durch den Krie servorgerutans Stimmung noch vorherrshend gewesen sei, größere Machtbefugnisse gegeben bätte, fo würde der Giezeila der Rassen noch vershärft worden sein. Zur Unterstüßung seiner Ausführungen wies Sh das Vorgehen der Burenvereintgung „Het Volk“ in der legten

eit hin.

Das „Reutershe Bureau“ erfährt aus London, die Nachricht, daß das englishe Kanalgeschw ader während des August und September in der Oste kreuzen solle, fei rihtig. Nach den jeßigen Bestimmungen solle das Geschwader ungefähr am 20. August die Reise antreten.

Frankrei.

__ Der Präsident des russishen Ministerkomitees Witte hat uen, dem „W. T. B.“ zufolge, von Cherbourg an Bord es Lloyddampfers „Kaiser Wilhelm der Große“ die Reise nah Amerika über Southampton angetreten.

Rußland.

Der Staatsdirektor der Warschau-Wiener Bahn hat, dem „Kuryer Warszawski“ zufolge, verfügt, daß in den Bahnbureaus das Russische als Amtssprache gelten und das Polnische nur im Gespräch mit dem polnishen Publikum gestattet sein solle. Auf den Fahrkarten und Schildern sind beide Sprachen zu gebrauchen.

h v*ehitaliea.

Die zu einer außerordentlihen Tagung zusammengetretene De - putiertenkammer begann, dem „W. T. B.“ zufolge, gestern die Beratung der - Vorlage, betreffend die Zahlungen an die Adriatishe-, die Mittelmeer- und die izilianis he Eisenbahngesellschaft, die durch den Ablauf der Konvention mit diesen Gesellshaften und die V 1. Juli ab erforderlich geworden find.

Belgien.

Der König empfing gestern in Brüssel, wie „W. T. B.“ | berichtet, in Gegenwart des Prinzen Albert eine Abordnung |

der deutschen Kolonie, die ihre Glückwünfche zur 75. Jahrfeier überbrachte.

Der Prinz Albert traf an Bord der Jacht „Alberta“ gestern mittag von Ostende in Antwerpen ein. Das deutsche Panzerschiff „Kaiser Karl der Große“ gab zur Begrüßung eine Salve ab. Die Geschüße der nördlihen Festung ant- worteten. Um 12 Uhr 55 Minuten raf der König in Be- leitung mehrerer Minister von Brüffel dort ein und begab ih sofort an Bord des deutshen Panzerschiffes, wo er ‘von dem deutshen Gesandten Grafen von Wallwiß, dem Kom- mandanten und dem Offiziersstabe des Schiffes empfangen

wurde. Der König begab sih später nah dem Rathause und erwiderte auf eine Ansprache,des Bürgermeisters:

„Ich bin glücklich, hier im Nathause die Versicherung zu ver- nehmen, daß alle Einwohner Antwerpens den Vorschlag der Regierung auf Erweiterung der Hafenanlagen einmütig billigen, und ih hoffe, daß die Kammern den Geseßentwurf annehmen werden.“

Jn seiner Antwort an die Vertreter des Handels sagte der König:

„Der Plan der Regierung entspricht modernen Feen und findet den vollen Beifall aller Ingenieure. In Belgien ist man ziemlih mißtrauisch, und Mißtrauen ist eine Krankheit. Ein Volk, das nicht vorwärts schreitet, geht zurück und seßt sch der Mög- lihkeit aus, in eine Lethargie zu verfallen, die dem Tode gleicht. Wollen Sie \sich auf den verhängnisvollen Weg des Niedergangs reißen lassen? Nun, dann verschließen Sie diesen Weg. Die Auss führung des Planes wird Antwerpen zum größten Hafen der Welt machen und sein Geteihen und dasjenige Belgiens sichern.“

Der König fügte in flämisher Sprache hinzu:

„Für Antwerpen und darüber hinaus für ganz Belgien."

Türkei.

Nach einer Meldung des Wiener „Telegr. - Korresp.- Bureaus“ wird die Unte una des Bombenanschlags auf den Sultan eifrigst ForIRE N: [ußer dem früheren Direktor des bulgarishen Spitals Dr. Dinow und einigen Maze- doniern wurden keine Bulgaren verhaftet. Für Dinow ver- wandte sih die russishe Botschaft. Seine Freilassung steht bevor. Ebenso dürften n von den verhafteten Gtalienern, dexen Zahl ziemlih groß ist, freigelassen werden. Anhalts- biahee Ia die Person des Urhebers des Anschlags fehlen

isher noch.

Nach einer Meldung des Wiener „Telegr.-Korresp.- Bureaus“ berichten die türkishen Blätter offiziós, der Marschall Ahmed Feisi Pascha habe einen neuen Sieg über die Auf- ständishen in Yemen errungen. Den Truppen sei es “a die Aufständischen aus dem befestigten Plaß

ie im Sandschak Assir zu vertreiben und in Jbha ein- zumarschieren, wo die Aufständischen seit der Belagerung an

taatliung ihrer Betriebe vom | Regierung, die dieses Vorgehen Uruguays für ungeseßlich er

| klärte, denGesandten der Vereinigten Staaten in

tausend Mann verloren hätten. 50 ihrer Führer seien ge: fangen genommen worden. Auch aus anderen Ortschaftey

eien die Aufständischen mit vielen Verlusten vertrieben worden Die Truppen hätten nur unbedeutende Verluste gehabt. :

Schweden und Norwegen.

In der Zweiten \chwedischen Kammer erfolgte ges wie „W. T. B.* meldet, die Annahme des Punktes L Berichts des Sonderaus\hufses ohne Debatte. Bei Beratung dez

unktes B, der die Aufnahme einer Anleileibe von 10

Millionen Kronen betrifft, erklärte der Abg. Brantiz daß die Anleihe mit dem friedlihen Inhalt des Berichts nicht je Einklang stehe. Sie bedeute eine geballte Faust, wenn sie au une heblih sei. Branting {lug {ließlich die Ablehnung der Anleiße vor. Der Vizepräfident Perffon sagte, es handle fih nur um eins Vorsichtsmaßregel ; für die Verwendung der Anleihemittel sei die Zy, stimmung des Reichétags erforderlih. Der Abg. Sta aff befürwortete den Anleihevorshlag. Der Reichstag sprehe fich nah seiner Ueber, zeugung mit der Annahme des Vorschlags für eine friedliche Politit aus, die alle Schweden wünschten. Norwegen werde n genauer Prüfung einfehen, daß die einfaste Klugheit die Annabme der von Schweden gestellten maßvollen Bedingungen gebiete. D, Abgeordnete Hedin trat für hnung ein und betonte, S{weden und Norwegen seien von Natur verpflichtet, sih gegenseitig zu unter, stüßen. Schließlih wurde der Vorfhlag des Aus\chufses in einfader timmung angenom M : R i

In der gestrigen Nahmittagésißung des norwegishen S torthi legte die Regierung einen Entwurf, betreffend die Abhaltung ca Volksabstimmung über die Aufhebung der Union mit Schweden, vor. Die Abstimmung foll am 13. August um 1 Ur Mittags. nah den Wahllisten für die leßte Storthingswakl und in derselben Weise wie diese abgehalten werden. Neue Stimmberechtigte müssen periön, li verlangen, in die Wahllisten eingetragen zu werden. Die Stimm, zettel sollen nur auf ja oder nein lauten. Das Ergebnis foll {nell stens, wenn möglich telegraphisch, dem Justizdepartement übersardt werden. Die Regierung wird dann \hnellstens dem Storthing das Gesamtergebnis mitteilen. Der Negierungsentwurf wurde einem Sonderaus\{huß überwiesen, der sofort zusammentrat.

Dänemark. Aus Reykjavik ist, dem „W. T. B.“ zufolge, folgende Meldung vom 16. Juli eingegangen : 5 / Das Alt hing hat einen Gesegentwurf angenommen, dur den die. im Zollgesey für Jsland vom 8. November 1901 festgeseßten Einfuhrzölle für den Zeitraum von der Sauktion des Gesetzentwurfs bis zum Ausgang des Jahres 19 07 um 30 %/% erhöht werden. :

Amerika.

Der japanische Bevollmächtigte für die Friedensunter: handlungen Baron Komura und der japanische Gesandte Takahira kamen, wie „W. T. B.“ meldet, gestern in Oyster Bay an, frühstückten bei dem Präsidenten Roose- velt und kehrten Abends nah New Y ork zurü.

Nach einer Meldung des „Reuterfhen Bureaus“ aus Washington ist nunmehr endgultig festgeseßt worden, daß die run und japanishen Friedensbevollmächtigten am 5. August Morgens an Bord zweier Kreuzer von New Yorf abreisen, in Oyster Bay bei dem Präsidenten Roosevelt frühstücken und am Nachmittag des 5. August nach Ports- mouth im Staate New Pie abfahren, wo die Ankunft am 7. August erfolgen soll.

Die brütifhe Regierung hat, wie aus Washington ree wird, dem Staatsdepartement die Angelegen:

eit des canadischen Fischerbootes „Agnes Donophoe“ unterbreitet, dessen Kapitän Ryan . und dessen Ve mannung im März dieses Jahres von den Behörden Uruguays wegen unerlaubten Seehundfangs in Haft genommen worden waren. Der Kapitän Ryan ist seiner: eit deswegen zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt worden.

as Staatsdepartement hat auf Beshwerden der britischen

onte- video angewiesen, auf eine gütlihe Beilegung des zwischen England und Uruguay entstandenen Streitfalls hinzu- wirken. Troß der von dem Gefandten erhobenen Vor- stellungen wurde jedoch der Kapitän Ryan in Haft behalten. Die englische Regierung trägt sih mit der Absicht, ein Kriegs D nah Uruguay Daa allerdings nur im äußersten

all; sie ist einer |ciedsgerihtlihen Entscheidung nicht ab- geneigt, während sich Uruguay ablehnend verhält.

Das „Reutershe Bureau“ meldet aus Barba dos unter dem 5. Juli, es sei sehr wahrscheinlich, daß der Ankauf der dänish-westindishen Jnseln wiederum in der nähjten Session des Kongresses in Washington werde erwogen werden, da man in St. Thomas jeßt beabsichtige, eine Kom mission nach Dänemark zu senden, um in Dänemark dring- liche Vorstellungen zu machen, die Uebernahme der Jnseln St. Thomas, St. John und Santa Cruz durch die Ver- einigten Staaten nicht länger zu verweigern.

Afien.

Der General Linewitsh meldet unter dem 25. Juli:

Am 24. d. M. Nachmittags landeten die japanischen Torpedobootszerstôörer ein Bataillon in der Bucht von Castries, beseßten den Leuhtturm und hißten die japanische Flagge.

Der Höchstkommandierende in Wladiwostok hat, nah einer Meldung der „St. Petersburger Telegraphen- Agentur“, in Anbetracht der militärishen Lage angeordnet, daß dem Kommandanten der Festung alle. in der Festung be findlihen Land- und Seestreitkräfte unterstellt werden sollten, darunter au ein von den Kreuzern gelandetes Detachement. Der Hafenkommandant solle dem Kommandanten der Festung unmittelbar beigeordnet werden, und leßterer solle alle auf das Marineressort bezüglihen Anordnungen durch Vermittlung des Hafenkommandanten ergehen lassen. :

Aus dem japanischen Hauptquartier wird, einer amt lihen Meldung zufolge, berichtet:

Die japanishe Sachalinarmee-habe die Landung bei Al cova um 9 Uhr Vormittags am 24. d. M. begonnen, ohne viel Widerstand zu sen, Der Admiral Kataoka, der das nah Norden entfandl Geschwader befehlige, berichte, daß das Geschwader die Operation bafis verlassen und, wie es vorher bestimmt worden sei, die Truppentran®- porte geleitet habe. Ein vorher abgesandtes Geschwader unter den! Admiral Dewa habe die Küste rekognosziert und das Fahrwasser und den vorher bestimmten Landungsplag in der Nähe von Alexan“ drowsk untersuht. In dem Maße, wie die Untersuchungen fort- schritten, seien die Transportschiffe dem Lande genähert worden. _Die Marinetruppen seien, ohne Widerstand zu finden, gelandet und hätten die für die Lampung nôtigen Punkte beseßt. Später habe die Lan dung der Armeesoldaten begonnen, und die ‘Marinetruppen feien Æ Bord zurückgekehrt. Der Ae habe Numina verbrannt, al Alcova in Brand geseßt. Alexandrowsk sei vom Feuer person

eblieben. Die japanishen Flazgen wehten gegenwärtig auf det ouvernementsgebäude in Alexandrowsk und von den Häusern der

Stadt. Die Schiffe des japanischen Geschwaders hätten feinerlet

Schaden erlitten ; auß Mannschaftéverluste seien nicht zu beklagen.

Der Kriegssekretär der Vereinigten Staalen Taft und Miß Alice Roosevelt wurden vorgestern, wie *,W. T. B.“ aus Tokio erfährt, vom Kaiser von Japan in Audienz empfangen. Hieran {lossen sich ein Festmahl und ein Eartenfest Die Kaufmannschaft von T ofkio gab gestern abend ein Diner apanisher Art zu Ehren des. Staatssekretär Taft und

nad l Alice Roofevel t.

u

Statistik und Volkswirtschaft.

Krüppelkinder und Krüppelfürsorge in Deutschland.

Anläßlih der Erwägung, ob feitens des hamburgishen Staats eine Unterstüßung dem Krüppelheim „Alten Eichen“ in Stellingen für die Unterbringung von Krüppeln aus hamburgischem Gebiete zufließen soll, hat das Armenkollegiuum in Hamburg umfangreiche Erhebungen angestellt, die qud auf ganz Deutschland erstreckten und daher allgemeines Interesse bean!pruhen. In den „Blättern für das hamburgishe Armenwesen“ (1905, Nr. 6 u. ff.) wird über den egenwärtigen Stand der Krüppelfürsorge in Deutschland berichtet. ingehende statistishe Erhebungen find nur in den Provinzen Schles- wig-Holstein und Rheinland durhgeführt worden. Dabei hat sich für die Rheinprovinz eine ershreckend hohe Ziffer ergeben: unter 5 760000 Ein- wohnern befanden sih 7172 Krüppel kin der (bis zu 14 Jahren) = 1,245 auf je 1000 Einwohner. In Schleëwig-Holstein wurden unter 1 300 000 Einwohnern 1079 Krüppel kinder =0,83 auf je 1000 Einwohner gezählt. Nimmt man für das Reih den Durchschnitt der beiden Pro- vinzen 0,614% als wahrscheinlich an, so würde man cine Anzahl von etwa 370C00 Krüppelkindern erhalten. ragt man, was angesihis dieser Verbältnisse bisher im Aal ben Reiche auf dem Gebiete der Krüppelfürsorge ges{ehen ist, so ist zu bemerken, daß hier fast aués{licßlich die Anstaltspflege in Betracht kommt, und daß es zur Zeit in Deutschland 22 Anstalten für Krüppelpflege gibt, die im Jahre 1901 über 1182 und im Sahre 1902 über 1508 Plage verfügten. Auf dem Gebiete der Krüppelpflege ist besonders der Leiter der Altonaer Diakonissenanstalt, Pastor D. Theodor Schäfer, unermüdlih tätig; sein alljährlih ersheinendes „Jahrbuch der Krüäppelpflege“ orientiert eingehend über den Stand dieser Frage, zu dereu Lösung es allseitiger werktätiger Menschenliebe

bedarf.

Zur Arbeiterbewegung.

Eine am Mittwoch abgebaltene, stark besuhte Versammlung des Verbandes der Kürschner Berlins und der Umgegend, hat, wie die „Deutsche Warte“ berichtet, einmütig beschlossen, im Aus- ftand, der nun bereits seit fünf Wochen anhält, zu verharren und keinesfalls nahzugeben (vgl. Nr. 159 d. Bl.). Gleichzeitig stellte die Versammlung in einer Resolution folgende neuen Lohn- und Arbeitsforderungen auf: „Vom 31. Juli 8# stündige Ar- beitszcit und Erhöhung des Minimallohns um je 1 ä steigend bis zu 30 M für Gesellen, 21 für Maschinennäherinnen und 18 & für Mamsells. Vom 14. August ab wird der Achtstundentag gefordert. Diese erhöhten Forderungen außer der 8tftündigen Arbeit8zeit bleiben bis Weihnachten in Kraft, jedo sind die bewilligten Werkstätten davon ausgeschlossen." Ferner bewilligte die Versammlung, daß an alle diejenigen, welche die ersten zwei Wochen im Streik waren, wöchentliche Unterstüßungen und zwar für Verheiratete 10 A und für Unverheiratete 5 ausgezahlt werden.

Fn der Blechwarenfabrik von Shmidt u. Melmer in Weidenau if der „Köln. Ztg.“ zufolge der größte Teil der Arbeiter wegen Lohnstreitigkeiten ausständig. Die in der Ver- iinkerei beschäftigten Arbeiter arbeiten noch. Man glaubt, daß es bald zu einem Ausgleih kommen wird.

Nath einer Meldung der „Meeraner Zeitung" beruht die Nach- rit, daß die Sächsish-thüringishe Färberkonvention den Ausfperrungstermin auf den 7. August vershoben habe, auf einem Irrtum (vgl. Nr. 174 d. Bl.), Die Aussperrung soll am 31. Juli vorgenommen werden. Dagegen haben die vogtländischen s beschlossen, ihre Arbeiter am 7. August aus- zusperren.

Aus Longwy wird dem „W. T. B." gemeldet, daß die zur Bei - [legung des Ausstandes stattgehabten Besprechungen zwischen Vertretern der Bergarbeiter in Husigny (vgl. Nr. 175 d. Bl.) und den Direktoren ergebnislos verlaufen find, da die Direktoren die Forderungen der Arbeiter ablehnten. Zur Aufrehterhaltung der Ruhe im-Beeken von Longwy sind 8 Schwadronen Reiterei, drei Bataillone Infanterie und zahlreihe Gendarmerie dort vereinigt.

Fn Belgrad if, wie ,W. T. B.* meldet, der Betrieb der elektrischen Zentrale gestern früh durch neue Arbeiter wieder aufgenommen worden. (Vgl. Nr. 175 d. Bl.)

Kunft und Wissenschaft.

Die russishe Verbreherinsel Sachalin.

In jüngster Zeit ist wieder von der russishen Insel Sachalin ôfters die Rede gewesen; denn die Abtretung dieser Insel wurde als eine der Bedingungen genannt, unter denen Japan mit Rußland Crieden shließea wolle. Bereits bis vor 30 Jahren gehörte die

üdbhälfte von Sachalin den Japanern, dann nahmen sie die Russen ; denn zu jener Zeit waren die geen Völker Ostasiens noch nicht im- stande, sih den Gelüsten europäischer Staaten mit Erfolg zu widerseßen. Es ist also möglich, daß Sachalin wieder in die Hände seiner früheren Herren kommt, und“ da in deutscher Sprahße seit längerer Zeit nichis mehr von Belang über die Insel veröffentliht worden is, dürfte eine vor zwei Jahren erschienene englishe Schilderung, von der“ jeßt eine deutshe Ausgabe Por in weiten Kreisen willkommen geheißen werden. Der VBercfasser des Buches, Ch. H. Hawes, am 1901 von Nagasaki her über Fusan, Gensan, [adi- wostok. Chabarowsk nach Alexandrowsky Post auf Sachalin, durhkreuzte die Insel den Tymifluß hinunter nach der Niwobai und folgte der Ostküste nah Norden bis zur Chaiwobai. Auf demselben ge begab er nach Alexandrowsky Post zurück, um über Wladiwostok und durch Sibirien heimzukehren. Als Zweck seines Besuchs auf der Insel bezeichnet Hawes Beobachtungen unter den Eingeborenen ; daneben wollte er auch Sachalin als Verbrecher- kolonie \ludieren. Als Engländer begegnete Hawes dem besonderen Mißtrauen der russisen Behörden, und diese wollten ihm auch die Landung untersagen. Als er dennoch zurückblieb, wurde er unter dem Verdaht, etn Spion Japans zu sein, festgenommen. Es gelang indessen Hawes, den Gouverneur umzustimmen, und so erhielt er niht nur die Erlaubnis zu einer Reise durch die Insel, sondern auch in der Person eines jungen Verbannten einen Dolmetscher. Hawes if mit den Giljaken und Orotschonen in nähere Berührung gekommen und schildert diese Stämme ausführlich auf Grund der eigenen Beobachtungen sowohl, wie der älterer Reisender. Ferner be- rihtet er viel über das Leben der Verbannten. Auf einiges Wenige sei hier hingewiesen, wobei wir einem im leßten Heft des „Globus“ wiedergegebenen Auszug aus dem Buche folgen.

Alexandrowsk oder Alexandrowsky Post, die Hauptstadt von Saalin, liegt mit seinem Hauptteil in einer Einsenkung am Fuß 6 den Osten der Insel durhziehenden Gebirges. Zwischen Stadt und Meer zieht ih sumpfiges Land hin. Die beiden Haupt-

*) Charles awes, Im äußersten Osten. Von Korea über Vladiwostok E Da Insel Sachalin. Reisen und Forschungen Uer den Eingeborenen und trussishen Verbrehern. Autorisierte

ersezung aus dem Englischen. XVI und 575 S. Mit 87 Abbild. Ie Karten. Berlin, Kgl. Hofbuchhandlung von Karl Siegismund,

5. Geh. 9, geb. 10 M

rechtwinklig im Mittelpunkte der Stadt ; die Häuser der höheren Beamten anderen die Gefängnisse. Die erstere führt zum Marktplay, die leßtere zur Werft hinunter. Die Anlage gleiht, wie Hawes sagt, der einer armfeligen Stadt im Westen Amerikas. Die 6000 Einwohner seßen sih aus Sträflingen, ehemaligen Sträflingen, deren Frauen und Kindern und den Beamten und deren Familien zusammen. Außer diesen gibt es vielleiht nur ein Dußend freigeborener Menschen hier, die \sich mit faufmännishen Vertretungen usw. beschäftigen. Mit dem Be- ginn des Winters wird die Schiffahrt auf dem Tatarischen Golf zwishen der Insel und dem Fesilande eingestelt, von Mitte November bis Mitte Mai sieht man fkeine Sgiffe, und nur das Kabel bleibt bis auf zwei Monate um die Wintermitte in Betrieb. Gegen Ende Dezember oder Anfang Januar ist das Meer hinreichend stark gefroren, daß man daran gehen kann, die Post auf S(litten zwischen Nikolajewsk und Alexrandrowsky Poft zu befördern. Es geschieht dies mit Hilfe von Hunden, von denen je 13 vor einen solchen Postshlitten gespannt werden. Die Beförderung ist aber keineswegs ' gefahrlos und verlangt erfahrene Leute, da offenes Wasser und nur dünn überfrorene Stellen vielfach vorkommen und dem Unvorsichtigen Verderben bringen können.

Von Alexandrowsky Post begab \sih Hawes im September 1901 über Land und durch den Wald nach Slawo am Tymi. Der dortige dichte Wald besteht aus Hollunder, Esche, Eberesche, Birke, Pappel, Lärhe, das Unterholz aus wilder Rose, Spier und Heidel- beergestrüpp. Die Witterung in jener Jahre3zeit bezeihnet Hawes als {chn: von den berüchtigten Nebeln der Insel konnte er nichts bemerken; vielmehr batte er im September und Anfang Oktober, wo der Umschlag des Wetters zum Winter erwartet wird, prächtige, sonnige Tage. Mit Hilfe der giljakishen Bewohner der am Tymiî liegenden Dörfer fuhr dann Hawes diesen im ODberlauf nicht von Schnellen freien Fluß hinunter. i E

Die Eingeborenenbevölkerung besteht aus Aino, Giljaken, Orotschonen, Tungusen und einigen Jakuten. Hawes {ägt die Kopfzahl der Aino auf 1300, die der Giljaken auf über 2000, die der Orotshonen auf 750 und die der ‘Tungusen auf 200. Die Aino stellen jedenfalls die älteste Bewohners(aft dar. ‘Die Orotschonen haben viel tungusishes und anderes Blut in auf- enommen. Ebenso find die Giljaken kein anthropologisch ein-

eitlihes Element mehr; 3. . haben manche, wohl in- folge Kreuzung mit den Aino, bushige Bärte und - üppigen aarwuchs, andere wieder haben fast gar kein Haar im

sit. Die Giljaken besien Winter- und Sommerhütten, von denen aber die leßteren, wie Hawes meint, dem Volke aus Nordhina durch die Mandschurei überkommen find. Von den Gerätshafsten, mit denen eine solche Hütte aus gestattet ist, bildet Hawes u a. einen Korb aus Birkenrinde ab, der zum Füttern der Bären benußt wird. Zu den Beschäftigungen der Giljaken gehört nämlich die Bärenzuht. Die jung gefangenen Tiere (VUrsus arctos) werden in E vier Jahre lang auf- gezogen und dienen zur Opferung am „Bärenfest“, das ursprünglih ein rein religiöses Fest war. Es wird von Hawes eingehend be- \{hrieben und endet nach fkomplizierten Zeremonien, bei denen der Cham (Zauberer) und der Bär die Hauptrolle spielen, mit der Tôötung des letzteren dur Pfeilshüsse. Die Bedeutung der einzelnen Zeremonien \cheint den Giljaken jeßt verloren gegangen zu sein, der religiöse Grundgedanke aber dürfte der sein, daß der Bär als Bote an den „Großen Herrn der Berge“ (Palnivookh) dienen foll. Wahrscheinlich soll der Umstand, daß der Bâr dasjenige Tier ift, dessen Fang am \chwersten und M ist, den Wert des Opfers, dessen Peuge der Geist des Bären sein soll, erhöhen. Die Geister der Verstorbenen werden als unsterblich gedacht, und zwar geht der Eeist eines guten Menschen in den Boden, in die Mitte der Erde, während der eines bösen Menschen rubelos die Hütten des Dorfes umschwebt und im Walde baust. Mit ihren irdischen Zug Oen treten die Geister der Ver- storbenen manchmal in Verbindung, z. B. als Warner im Traum. Hawes wurde auch gesagt, sie klopften gelegentlich an die Tür, und sie fämen, um vor irgend einem Unglück zu warnen. Es wird dann etwas Nahrung hinausgelegt. d

Für die Bestattung der Toten is das Verbrennen ur- sprünglih und auch üblih, obwohl man sich vielfach auh hon zum Begraben in der Erde verstanden hat. Zum Verbrennen wird “ein Stcheiterhaufen errihtet und daneben ein kleiner büttenförmiger Aufbau, Raff genannt, der nah dem Scheiterhaufen zu ein Loh oder eine kleine Tür hat. Wenn nun die Flammen den Scheiterhaufen verzehren, nimmt die Seele dur jenes Loh ihren Weg in die Hütte, von wo sie später ihre lange Reise nach der anderen Welt antritt. Da nun der Geist so reisen muß, wie der Verstorbene es auf Erben gewohnt war, so müssen die Geister seiner Hunde „befreit“ werden. Deshalb tôtet man seine Hunde und zerbriht seinen Schlitten und seine Waffen. Ist die Verstorbene eine Frau, so werden ihre Ohrgebänge, ihre Ringe und ihr Fishmesser zerbrohen. Die Asche des verbrannten Leichnams wird in einen sargähnlihen Kasten (Paff) getan und neben der Ver- brennungsstelle begraben.

__ Die Giljaken sind eifrige Fischer; Fische bilden die Hauptnahrung La den Winter. _ Das Gisdfleish wird auf dem Dorfplaß zum rccknen in die Sonne gchängt. Später bewahrt man die Vorräte in sargförmigen Gerüsten, die aus kurzen Baumstämmen zusammen- gesezt sind und auf Pfosten stehen. Oft {üßt man diese Speicher vor den Ratten durch |hirmförmige Rindenstücke, mit denen man die fosten umgibt. Schwanz und opfffück der Fische gibt man den unden, die als Ÿ mnt und für die Jagd dienen.

siraßen kreuzen fich an der einen stehen die Kirche, und das Postamt, an der

Der Tymifluß mündet in die Niwobucht, eine der Lagunen oder Haffe, die die flahe Ostküste von Sachalin begleiten. In dieser agunenkette, die dort, wo Flüsse hineinkommen, mit dem Meere .in Verbindung steht, fuhr Hawes is zur Chaiwobai. Zur Linken, also im Westen, lag das niedrige, sumpfige Ufer, hinter dem \sih in weiter Entfernung Wälder und eine lange Hügelkette zeigten. Zur Rechten dehnten ih die Sanddünen aus, die fahl oder \pärlich mit grobem Gras und verkümmerten Zirbelkiefern bewachbsen waren. Zahlreih waren tie Sandbänke, die eine große Achtsamkeit erforderten. Beim Nahen des Bootes flogen co Scharen von Möwen auf; Strandläufer und Schnepfen wateten und plätsherten in der ebbenden See. Es wird in dieser Gegend nah Petroleum gesucht, und es ift \olhes au gefunden worden; den Eingeborenen. war es übrigens {hon lauge bekannt.

Mit dem Lagunengebiet hatte Hawes die Sie der Orotschonen erreicht, die an Intelligenz und Geschicklichkeit vor den Giljaken viel vor- aus haben. Die Orotschonen räuchern die Fische, sind also nicht wie die Giljaken von der Ausdehnung der sonnenreihen Jahreszeit abhängig. Die Giljaken _sprehen ferner gewöhnlih nur ihre eigene SPrase, während die Orotschonen neben der ihrigen auch die der Giljaken herrschen. Le sind die Orotshonen geshicktere Jäger und bessere Handelsleute. Von sonstigen Unterschieden ist noch der zu er- wähnen, daß die Orotschonen Renntiere zum Ziehen ihrer Schlitten, die Giljaken Hunde benutzen; die ersteren verwenden die Hunde nur zu Jagdzwecken.

Die Eingeborenen Sachalins sind allem Anscheine nah dem Aus- sterben geweiht. Die Hauptursachen dafür sind nah Hawes Krank- heiten, die Einengung ihres Jagdgebiets und das Unvermögen, \ih einer anderen Lebensweise anzupassen, die ihnen allmählich, aber sicher aufgezwungen wird. Die russishe Regierung verhält sich zwar korrekt, mischt \sch so wenig als möglich in ihre Or- anisation, sofern die Aeltesten der Dorfgemeinden was n der Regel der Fall ist auf Ordnung sehen, und verbietet den Verkauf beraushender Ectränke. Was den Ein- geborenen aber vor allem fehlt und was schwerlich von Beamten er- wartet werden kann, deren Aufgabe in der Bewahung von Ver- brehern besteht, ist nah Hawes „eine patriarchalishe Regierung, die “v QLIEvENe an der Rasse und an ihren veränderten Lebensbedingungen nimmt“.

Was Hawes über Sachalin als Verbrecherkolonie ausführt, ist be- greifliherweise ein recht trauriges Kapitel, obwohl nicht zu verkennen

ist, daß die Lage der Verbannten im allgemeinen doch nit so sblimm ist, wie oftmals behauptet wird. Besser würde es hiermit steben, wenn die Beamtenschaft ih aus geeigneteren Elementen zusammen- seßen würde. Da die Verseßung nah Sachalin als eine Art Strafe betrahtet wird, so läßt sich begreifen, daß cs nicht die besten Beamten sind, die hier „kolonisieren“. Die Moralität steht auf denkbar niedrigster Stufe, und etwas Gutes haben die Eingeborenen von den Russen nicht gelernt, wohl aber alle möglichen Laster.

Die weiße Bevölkerung Sachalins besteht aus Beamten und Sträflingen mit deren Anhang. Am 1. Januar 1898 betrug die Zahl der leßteren 7080, darunter 2836 Mörder. Die Gesamtzahl der Sträflinge und der früheren, angesiedelten Sträflinge mit ihren Frauen und Kindern belief sih am 1. Januar 1898 auf 22 167.

Wie das Zentralkomitee der 1X. Internationalen Kunfst- ausstellung zu München 1905 mitteilt, ist die französisde Ab- teilung im Glaspalast nunmehr vollständig, nachdem die in den dies- jährigen Salons ausgestellt gewesenen Kunstwerke in den leßten Tagen eingetroffen sind. Es befinden si darunter Bilder von Chabas, Avy, Blanche, Delvaille, La Touhe, Hochard, Bail, Robert— Fleury, Dauchez, Guillement, Morot, Cottet, Griveav, Roll, A. Bollon, Beraud, ferner plastishe Werke von Hypolyte Leföbvre, Levafseur, Vermare, Ségoffin 2c. Auch die amerikanishe Abteilung, die bisher aus einer von New York beschaften Kellektion bestand, wurde durch Werke von in Pa1is lebenden amerikanischen Künstlern bereichert ; hierbei find Bilder von Stewart, Mac Ewen, Melchers, Parker, Maurer, Pearce, Dannat, Van der Weyden 2c.

Land- und Forftwirtschaft. Ernteaussichhten und Getreidehandel in Serbien.

Der Kaiserlihe Konsul in Belgrad berichtet unterm 20. d. M.:

Die Getreideernte ist in vollem Zuge. Die Gerste ist zum größten Teil bereits gedroshen. Seit einigen Tagen kommt neue Gerste in guter und sehr guter Beschaffenheit auf den Markt, wo sie 9,30— 9,50 Dinar für den Doppelzentner erzielt. Roggen und Weizen werden zur Zeit gemäht, stellenweise haben auch in diesen Getreide- forten {on Drusciproben stattgefunden. Aus diesen Proben wird auf ein der Menge nach etwas geringeres Ernteergebnis als im Vor- jahre ges{chlofsen ; dagenes dürfte die Beschaffenheit ktefser sein als bei der leßten Ernte. isher ist neuer Roggen und Weizen nicht ge- handelt worden. Die Getreidepreise haben während der legten Wochen nachgelassen, was auf die guten Ernteaussichten, namentlich in Mais, zurückzuführen ist.

Ars steht in der Reife und verspriht nach wie vor ein gutes Ergebnis. :

Den Maisfeldern kamen die häufigen Regen im leßten Monat sehr zustatten; man rechnet auf eine vorzüglihe Ernte.

Von altem Getreide gingen aus Ostserbien in den legen vier Wodthen etwa 80 Waggons Weizen und 28 Waggons Roggen donau- abwärts ins Autland, während donguaufwärts 50 Waggons Weizen und 25 Waggons Hafer aus Westserbien nach Deferteiilidgan ver- frachtet wurden. Damit sind die Vorräte an alter Ware geräumt. In Belgrad, Semendria und Obrenoway wird seit einigen Tagen mit dem Verladen neuer Gerste für die Ausfuhr begonnen.

Das Regenwetter der lezten Wochen dürfte dem Obst, namentli den Pflaumen- und Weingärten, kaum geshadet haben. Man nimmt an, daß die Früchte durch den vermehrten Abfall zwar in geringerer Menge, aber in verbesserter Güte zur Reife gelangen werden. Im großen und ganzen versprecheu die Obstgärten ein gutes Jahr. Aus dem Vorjahr stehen noch etwa 50 Waggons gedörrter Pflaumen zu Ausfuhrzwecken zur Verfügung.

Verkehrsanftalten.

Die nächsten Postverbindungen nah Swakopmund und Lüderißbuht ändern sich nah O des Extradampfers „Lulu Bohlen“, ab Hamburg am 29. Juli Vormittags, wie folgt:

1) für Brief- und Paketsendungen mit Woermann-Dampfer „Hars Woermann“ ab Cuxhaven am 1. August Mittags, in Swa- kopmund etwa am 28. August. Schluß in Hamburg am 1. August für Briefe 6,0 Vormittags, für Pakete 2,0 Nachts. Leßte Beför- derung ab Berlin Lehrter Bahnhof am 31. Juli für Briefe 11,23 Abends, für Pakete 1,27 Nachmittags ; t L

9) für Briefsendungen, jedoch nur für solhe mit befon- derem Leitvermerk, mit Erxtradampfern „Marie Menzell“ und „Luise“, ab Hamburg am 1. August, 2,0 Nachmittags, in Swakopmund etwa am 31. August. Schluß in Hamburg am 1. August, 12,0 Mittags; leßte Beförderung ab Berlin Lehrter Bahnhof am 1. August, 6,34 Vormittags,

Theater und Musik.

Fn der morgigen Aufführurg der Oper „La Traviata“ im Neuen Königlihen Operntheater, in der Frau Aenny ean vom Stadttheater in Hamburg ihr Gastspiel als Violetta

eginnt, find die anderen Rollen, wie folgt, beseßt: Alfred Germont: Oskar Braun; Georg Germont: Kammersänzer Hermann Gura; Flora : Eugenie Wilms; Dr. Douphal : Robert vom Scheidt; Marquis d’Obigni: Robert Leonhardt ; Gaston, Vicomte von Letorières: Emil Pahren. Leiter der Aufführun ist Hermann Gura, Großhberzog- liher Oberregifseur; die musikalische Leitung des Werks liegt in den N des Kapellmeisters Dr. Ernst Kunwald. Am Sonntag gastiert adame Théa Dorré noch einmal als „Carmen“.

Mannigfaltiges.

Berlin, den 28. Juli 1905.

Das Schloß Bellevue wird von Anfang August an dem Publikum zur Besichtigung geöffnet sein.

ur Reform unserer Lebensfreuden und Volkssitten. Menschenglück und Völkerwohl sind überall abhängig von guten Volks- tten und reinen Lebensfreuden. Erst dann, wenn bis in die untersten olfs\{hihten hinein etwas mehr Humor und Lebensfreudigkeit vors herrshend werden, können auch Unzufriedenheit, {lechter Wille, Neid, Willkür, Lust zur Ausbeutung der Mitmenschen, Zer- störungswut und Hang zum Verbrehen aller Art allmählih aus der Welt verschwinden. Volks\sitte und Volksgeselligkeit müssen eine Aenderung erfahren, wenn sich die Völker selbst und ihre Beziehungen zueinander verbessern und verjüngen follen: Das war der Grundton eines Volksfestes, das am 22. und 23. Juli in Danzig gefeiert wurde und von drei akademish gebildeten Männern seine Weihe empfing. Es waren über 1500 Personen aus allen Teilen des deutschen Vaterlandes erschienen, um mit Musik und Chorgesängen das 16. Jahresfest von Deutschlands Guttemplerlogen, der Großloge II, zu begehen. Sie wurden vom Bürgermeister Trampe warm begrüßt. Konsistorialpräsident Dr. Meyer gab die Erklärung ab, daß die evangelisch-kirhlihen Behörden Westpreußens den Bestrebungen der Guttempler verständnisvoll und freundlich gegenüberstehen und daß erst kürzlih eine ganze Reibe von Synoden si für die völlige Ents haltsamkeit baid tathèn hat. Von besonderer Bedeutung waren die beiden Hauptvorträge des Geheimen Justizrats, T0 Buddee aus Greifswald über „Lebensfreude ohne Alkohol“ und von Eroletor Masaryk aus Prag über „Ethik und Alkohol“. Buddee führte aus: Die Alkoholfreiheit bedeutet für jeden Menschen eine Wobltat, was nur derjenige richtig beurteilen kann, der den Versuch, abstinent zu leben, hon an sich selbst gemacht hat, während alle anderen die Erfahrungen enthaltsam lebender Personen gelten lassen müssen. Der Redner hat die in der ersten Zeit fast allgemein vorhandene Vorstellung, daß mit der Enthaltsamkeit ein Zustand fort- dauernder Entbehrung verbunden sei, sehr bald als eine irrige empfunden, als er nämli sah, daß man an jeder, auch an der den Alkohol