1905 / 182 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 04 Aug 1905 18:00:01 GMT) scan diff

Abgereist :

Sojecc Exzellenz der Staatsminister und Minister der geist- lichca, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten Dr. Studt, nach Ost- und Westpreußen;

Seine Exzellenz der Unterstaatssekretär im Ministerium

für Handel und Gewerbe, Wirkliche Geheime Rat D. Lohmann, mit Urlaub nach Thüringen.

Nichlamlíliches- Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 4. August.

Seine Majestät der Kaiser und König sind gestern an Bord der Jacht „Hohenzollern“ in Saßnig eingetroffen.

Der Wirkliche Geheime Oberregierungsrat im Reichsschaß- amt Neumann ist mit Urlaub abgereist.

Der Königlich großbritannishe Botschafter Sir Frank C. Lascell es is nach Berlin zurückgekehrt und hat die Ge- schäfte der Botschaft wieder übernommen.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Char- lotte“ am 27. Zuli in Thorshavn (Faroerinseln) eingetroffen und am 31. Juli von dort nah Lissabon in See gegangen.

Das 2. Geshwader und S. M. S. „Kaiser Wilhelm 11“ sind am 2. August in Stockholm eingetroffen und gehen am 7. August von dort nah Kiel in See.

S. M. S. „Panther“ is am 2. August in San Luiz de Maranho (Nordbrasilien) eingetroffen und geht am 7. August von dort nah Parahyba (Nordbrasilien) in See.

S. M. S. „Fürst Bismarck“ geht mit dem Chef des Kreuzergeshwaders heute von Tschifu nach Tschingwantau in See.

Der Ablösungstransport für das Kreuzer- geshwader ist mit dem Dampfer „Rhenania“ am 2. Auguit in Schanghai eingetroffen.

Lippe. Die‘Gräfin Bertha, Gemahlin des Regenten Grafen Leopold zur Lippe-Biesterfeld, ist heute vormittag 1n Detmold von einer Tochter glücklih entbunden worden.

Deutsche Kolonien.

Ein Telegramm aus Windhuk meldet:

Gencraloberarzt Dr. Theodor Sedlmayr. geboren am 13. 6. 55 zu Paffau, früher im Königlich Sächsischen Karabinierregiment, ist am 27. Suli d. I. auf einem Ritt von Sandfontein nah Ramans-

drift gefallen. Nathträglih wird gemeldet: Im Gefecht bei Narus am 17. Juli 05 sind gefallen: Reiter Robert Sgiller, geboren am 2 81 zu Seitendorf, früher

im anterieregiment Nr. 63, Brustshuß, Reiter Anton “az r vid egimen 6. 82 zu Wittlich, früher im Pionierbataillon Nr. 19, Kopfshuß; ferner sind an Typhus gestorben: Reiter August Mablendorff, geboren am 17. 9. 81 zu Bahn, früher im Infanterieregiment Nr. 85, am 27. Juli d. I. im Lazarett Dawignab, Gefreiter Wilhelm Steneberg, geboren am 26. 1. 1879 zu Bovenden, früher im Husarenregiment Nr. 14, am 25. 7. im Feldlazarett 15 Hasuur.

Großbritannien und Frland.

Gestern nahmittag fand, wie „W. T. B.“ berichtet, in Sandringham die Taufe des jüngsten Sohnes des Prinzen von Wales auf die Namen John Charles Francis statt. Paten waren der König von Portugal, der Herzog und die Herzogin von Sparta und der Prinz Karl von Däne-

marf.

In der geftrigen Sitzung des Unterhauses wandte si bei der Verhandluna über den Etat des Autwärtigen Amts Sir Charles Dilke gegen die Anschauung, als ob das Minifterium zur Durchführung der auéwärtigen Angelegenheiten unbedingt im Amt bleiken müsse. Er führte aus, die außergewöhnlide Erregung, die in den lezten zwei bis drei Wochen in England und mehr noch auf dem Kon- tinent sih wegen der auéwärtigen Lage geltend gemacht habe, sei nicht be- rechtigt gewesen. Es sei behauptet worden, eine große Militärmacht babe beabsichtigt, eine andere große Militärmacht anzugreifen. Aber jeder, der sich mit den militärishen Angelegenheiten der Jeßtzeit be- {häftige, sei überzeugt, daß, wenn eine 1olhe Absicht vorgelegen bätte, man nicht von dieser Absicht, sondern von einem Angriff selbst gehört baben würde. Ferner sei man in der ganzen Welt allgemein der An- iht gewesen, daß England im Begriff gewesen sei, eine große Viilitär- mat anzugreifen, aber jeder wisse, wie grundlos diese Ansicht gewesen sei. In bezug auf das english-japanisch- Bündnis erklärte der Redner, es sei für En.land nicht mögli, ein Interesse an den Friedens- bedingungen beim Schlusse des russisch-japanischen Krieges zu verleugnen, andererseits sei es aber auch nicht mögli, den Plan eines unbedingten Offensiv- und Defensivbündnifses für alle Teile der Welt ins Auge zu fassen. Eine derartige Verständigung müsse sich offenbar auf die Aufrechterhaltung des status quo be- \hränken. England müsse den Gedanken zurüdweisen, daß es eines Bündnisses mit einer ausländischen Militärmaht zur Verteidi- gung der Grenze Indiens durch fremdländishe Truppen

edürfe. Das englisch-französishe Uebereinkommen und das englisch-japanische Bündnis seien auf den Frieden gerichtet, und es bestehe aller Grund zu der Hoffnung, daß, wenn einmal der gegenwärtige Krieg zu Ende sei, das gemein]ame Wirken der drei Mächte England, Frankreich und Japan den Frieden für [ange Zeit sichern werde. Im Hinblick auf Deutschland wies der Redner den Gedanken zurück, daß England von seinem Wege abgehen solle, um den Gefahren zu begegnen, die durch das Anwachsen der rivalisierenden Flotte entständen. Wenn irgend jemand in mystischer Zukunft gewisse Gefahren sehe, solle man diesen nicht entgegenwirken und dies Uebel, das einer in ferner Zukunft vorauesähe, auf diese Weise gleich herbeiführen. Es gebe Leute, die einen dauernden Frieden dadur herbeizuführen dächten, daß sie einen ewigen Krie entfcsselten. Die Regierung beanspruhe für \sich das Vertrauen, bal fe ein gutes Einvernehmen mit Frarkreich und den Vereinigten Staaten unterhalte. Alle Parteien Englands aber billigten eine

folche Politik, die durch einen WeWsel der Regierung nicht aufs Spiel geseßt sei. Hope wandte sih gegen die An- iht, daß England zur Feindseligkeit gegen irgendeine Macht

verpflichtet sei, weil es sich mit einer anderen Macht freundschaftlich

Zrepäien Landes ebenso.

gelten habe. Walton erklärte, die ofene Tür in Schantung heine gefährdet zu sein, und Deutschland scheine dort zu wiederholen, was Rußland in der Mandschurzi getan habe. Fißmaurice er- klärte, es würde unheilvoll sein, wenn England fih plöglih von dem Bündnis mit Japan zurüdziehen würde. In der auswärtigen Politik sei Kontinuität von wesentlicher Bedeutung. Ein Wechsel in der Regierung Srofßbritanniens düife niht zum Faktor in den Bes- rechuungen der fremden Mächte werden. Der Unterstaatssekretär des Aeußern Earl of Percy erfannte namens der Regierung den sehr freundliden Ton sämtliher Redner an. Dies sei ein deutliher Beweis für die Geshicklihkeit des Staatéesekretärs Marquis of Lansdowne in der Leitung der auswärtigen Ängelegenheit und ebenso ein guter Beweis gegenüber dem Autlande für die Tatsache, daß Konti- nuität in der äußeren Politik nicht o gewohnheitsmäßig in England fehle, wie man in einigen Ländern zu denken scheine. Er gebe zu, des unter den jeßigen Umständen große politishe Fragen, wie sie Sir Charles Dilke erwähne, nit besvrohen werden könnten. Es fei klar, _daß es keinem für die Allgemeinheit nügliden Zwecke dienen würde, im ge enwärtigen Augenblick irgendwelhe Aenderungen ia der Lage in Osftasien zu besprehen Aenderungen, wie sie vielleiht durch den jeßigen Krieg oder durch Abänderungen des englisch-japanischen Bündnisses herbeigeführt werden könnten; ob eine Erneuerung dieses Bündnifses überhaupt für rihtig gehalten werde, sei eine Frage für sich. Er habe jedoch mit Befriedigung von den von den Rednern der Oppo- sition abgegebenen Erklärungen Kenntnis genommen, die dahin gingen, daß alle die Erneuerung des Bündnisses für wünschenswert ansähen. Au {ließe er sich den Ausführungen Sir Charles Dilfes über die allgemeine La1e in Europa an und glaube, daß diese feinen besonderen Anlaß zu Befürhtungen gebe. r meine sogar, daß gegenwärtig sehr wenig Grund zur Besorgnis vorliege. Besorgnis werde jeßt nur von ciner bestimmten Klafse von Menschen ohne Ver- antwortung gehegt, die beständig England madghiavellistische Motive beimäßen, an denen es aber vollständig unschuldig sei. Solche Menschen meinten stets, Eagland könne kein Uebereinkommen mit einer Macht treffen, obne gleichzeitig etwas Feindseliges gegen ein anderes Land zu beabsihtigen. Der Unterstaatssekretär verbreitete fich fodann in längerer Rede über die Congofrage und erflärte, die Re- gierung sei nur von menshenfreundlißen Beweggründen geleitet. Die Ne- gierung boffe zuversichtlich, daß ter Untersrchung, diegegen die Verwaltung des Congostaats geführt werte, eine fc nelle und wirksame Tätig- keit folgen werde, wie sie nur möglich sei. In bezug auf das Handels- svstem im Congostaat sei die Regierung der Ansicht, daß die Regelung dieser Frage durch eine int-rnationale Kommission zu erfolgen habe, in der von den Mächten, die die Berliner Akte unterzeichnet hätten, so viele wie mögli vertreten sein follten. Nachdem der Unterstaats- sekretär noch die mazedonischen Angelegenheiten berührt batte, besprach er weiterhin die Lage auf Kreta und erklärte, die Mächte seien fih darüber einig, daz dem Verlangen rach einer Vereinigung Kretas mit Griehenland nicht nachgegeben werden könne, doch !eien sie der Ansicht, daß die Verwaltung der Insel eine sehr sorgfältige Me erfordere. In Beantwortung verschiedener, im Laufe der rôrterungen gestellten Anfragen erklärte der Unterstaatssekretär: die Regierung vertrete au beute ncch ihren Standpunkt, wie sie ihn vor zwei Jahren dargelegt habe im Hinblick auf ein möglihes Vor- dringen am DersMshen Golf seitens einer auêswärtigen Macht. Die Regierung erkenne die Wichtigkeit an, weitere Absaßzgebiete im Snnern Chinas zu erobern, sowie die Notwendigkeit eines diesem Zwecke dienenden Eisenbahnunternehmens. Der Unterstaatssekretär kam ließli auf das Vorgehen Deutschlands in Schantung zu sprechen und führte aus, es sei nit richtig, daß die deutsche Regierung die Bergrechte in dieser Provinz monopolisiert habe, und bis der Nachweis nicht geführt sei, daß die Politik der offenen Tür verleßt sei, sei er niht der Ansicht, daß irgend ein Vorgeben erforderlich sei. Es sei rihtig, daß Deutschland rapide Fortschritte in der Er- \{ließung von Schantung gemacht habe; das solite aber für England eher ein Ansporn sein als ein Anlaß zu klagen. Der britische Handel in China sei zurückgegangen, aber der Handel jedes anderen Japan sei das einzige Land, dessen Handel mit China zunehme; und wenn England mittels Eisenbahn in das Innére eindringe, so würde es den japanischen Wettbewerb dort ebenso tâtig finden, wie an der Seeküste. Der Unterstaatésekretär fam dann auf die Verhandlungen, die die englishe Regierung mit Frankreih bezüglih des Baues einer Eisenbahnlinie vom Yanatsetal nach dem Sz’tshwanbecken gepflogen habe, zu iprehen und fagte, daß diese Verhandlungen noch nicht zu Ende ge- langt seien. Er hoffe jedoch, daß in furzer Zeit ein befriedigender Abschluß werde erreiht und daß die Eisenbahn unter den Auspizien der beiden Mächte zur Ausführung gelangen werde. In Beantwortung einer weiteren Anfrage erklärte der Unterstaatssekretär ferner, der britishen Regierung sei die Mitteilung gemacht worden, daß die jüngsten Vorschläge der Mächte bezüglich Mazedoniens Neformpläne enthielten, die keine Abänderung und keinen Verzug zuließen.

Die Admiralität hat zwölf Torpedobootszerstörer mit Turbinenbetrieb und einem Deplacement von 230 Tons für den Küstendienst in Bestellung gegeben.

Frankrei.

Der König von Griechenland ist, dem „W. T. B.“ zufolge, gestern abend in Aix-les-Bains eingetroffen.

Nach einer Meldung der „Agence Havas“ wurde die französishe Note über die Marokko-Konferenz vors gestern nahmittag der deutshen Botschaft durch einen Beamten des Ministeriums des Auswärtigen über- sandt. Die Note is ziemlich umfangreih. Sie seßt auseinander, welches Programm Frankreih in Marokko qur Anwendung kommen zu sehen wünscht, wobei indessen den

c{chlüfsen der Marokko-Konferenz niht vorgegriffen werden soll; ferner legt sie die Ansihten Frankreichs über die praftishe Reformarbeit in Marokko dar; am eingehendsten werden die Frage der Sicherheit der Personen und die Finanz- frage behandelt.

Der sozialistishe Abgeordnete Rouannet richtete, wie „W. T. B.“ erfährt, an den Justizminister Chaumier ein langes Schreiben, in dem er eine Jnterpellation wegen folgender Punkte ankündigt: 1) über Maßnahmen gegen jene Speku- lationen, die den französishen Zuckermarkt zum Schaden der französishen Zuckererzeugung und zum Nutzen der aus- ländishen Märkte ershüttern, 2) über den Stand erhöhten Schußes, den die Regierung und die Justizbehörden Herrn Jaluzot angedeihen lassen, der die Sparabteilung des „Prin- temps“ in unredliher Weise verwaltet habe. Rouannet führt an, daß Jaluzot in den ihm gehörenden nationalistishen Blättern den Kredit des Staats angegriffen und hierdurch viele leihtgläubige Leser dieser Blätter dazu veranlaßt habe, ihre Einlagen aus der staatlihen Sparkasse zurüczuziehen und der Sparabteilung des „Printemps“ anzuvertrauen. An- statt nun gegen Jaluzot, der jeßt die Rückzahlung der Ein- lagen verweigere, gerichtlich vorzugehen, habe die Regierung die großen Bankunternehmungen zur Intervention veranlaßt, um die Jnteressen der Einleger des „Printemps“ zu s{hüßen. Die Lar gin lNige Haltung der Gerichtsbehörden in dieser An-

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gelegenheit, eit er, sei cin öffentliches Aergernis. Rußland. Die Verhandlungen bezüglich Abschlusses eines fran-

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ösisch - russishen. Handelsvertrages haben, wie „W. T. B.“ erfährt, zu einem Abkommen geführt, wonach

ard sih verpflichtet, die befiehenden Zölle auf Waren ür die Rußland Jnteresse hat, unverändert bestehen zu lassen und keine Zölle auf Waren zu legen, die jeßt olfrei ein- Q. werden. ßland macht andererseits verschiedene

onzessionen hinsichtlich eines Tarifs für Weine, Spirituosen, Parfüms, wohlriechende Seifen, Handschuhe, Stiefel, Hüte und Käse, die von Frankreich eingeführt werden.

Der „Nowoje Wremja“ wird aus Noworossiskf telegraphiert, der Verkehr auf der ganzen Wladikawkas- bahn sei wiederhergestellt. Alle Züge verkehrten wieder fahrplanmäßig. Die Hauptagitatoren seien verhaftet worden. Die Gerüchte, daß bei den jüngsten Unruhen 70 Per- vis darunter auch Weiber und Kinder, getötet worden eien, seien falsch. Das Polizeidepartement berihte heute dem „Regierungsboten“, bei dem Zusammenstoß der Truppen und Bahnarbeiter in Noworos sisf am 1. d. M. seien 13 “gm und ein Kosak getötet und 20 Arbeiter verwundet worden.

Spanien. __ Während des Aufenthalts des D von Spanien in Deutshland wird sich, wie „W. T. B.“ erfährt, die

Königin-Mutter mit der Jnfantin Teresa nah Wien

begeben. Türkei.

_ Das Wiener „Telegr.-Korr.-Bureau“ meldet aus Kon- stantinopel, eine Mitteilung der Pforte an die Entente- botshafter besage, daß das mazedonishe Komitee in leßter Zeit eine gewisse Tätigkeit entwickle. Die Führer hätten Versammlungen abgehalten und Vorbereitungen für den nächsten Herbst geiroffen. Am 1. August is das alte Pulvermagazin der Russuburnubatterie an den Dardanellen in die Lust geflogen., Zwei Soldaten sind verwundet worden.

Nachdem die bulgarishe Regierung den Widerftand gegen namentlihe Erwähnung von Ostrumelien im Telegra phen- vertrag aufgegeben hat, wird die Zeihrung des leßteren Sonnabend auf der Pforte erfolgen. Sämliliche Beamten des bulgarischen Exarchats, das wieder geöffnet ift, sind frei- gelassen. Wegen Begünstigung mutmaßlicher Aitentäter, die für russishe Armenier gehalten werden und am Attentatstag abgereist sind, wird ein Belgier in Haft gehalten.

Schweden und Norwegen.

Dcr König empfing vorgestern nachmittag, wie „W. T. B.“ meldet, den Großadmiral von ster in Audienz. Gestern vormittag stattete der König dem deutshen Geshwader einen Besuch ab und nahm an einem Frühstück bei dem Groß- admiral von ster auf dessen Flagaschiff „Kaiser Wilhelm T1.“ teil. Am Abend gab der König im Stockholmer Schlosse ein Festmahl zu Ehren des deutschen Geshwaders. An dem Mahle nahmen unter anderen der Großadmiral von Köster, der Ministerpräsident Lundeberg, der Kriegsminister Tingsten, der Marineminister Lindman, der deutsche Ge- sandte von Müller und der deutshe Generalkonsul von Kren cki teil. Der König, Allerhöchstwelcher deutshe Admirals- uniform trug, brachte auf den Deutschen Kaiser einen Trink: spruch in deutscher Sprache aus, in dem er seine Dankbarkeit für die Freundschaft aus)prach, die der Kaiser Wilhelm ihm seit seiner Thronbesteigung erwiesen habe. Hierauf toastete der König, ebenfalls in deutsher Sprache, auf die deutsche Marine, deren mächtige und s{chnelle Entwicklung bei jedermann Bewunderung erwecken müsse, am meisten aber bei den- jenigen, die, wie er selbst, von Jugend auf der Flotte an- gehört haben; er sei in Wahrheit stolz darauf, die Erlaubnis erhalten zu haben, deren Uniform zu tragen. Der Großadmiral von Köster erwiderte unter anderem: „Die deutshe Marine hat bei ihrer Entwickelung das Glück gehabt, \hwedishe Offiziere als Lehrer zu haben. Meine Kameraden vereinen sich mit mir in einem von Herzen kommenden Hoh auf den König von Schweden und Norwegen. Seine Majestät der König Oskar I…. lebe hoch!“

Als gestern der Reichstag \{hloß, erklärte in der Zweiten Kammer der Präsident Svartling, daß die Lage fortdauernd ernst, aber die Kammer ruhig sei, im Bewußtsein, durch ihr Mitwirken eine feste Grundlage für eine gute und friedliche Lösung der Unionsfrage gelegt zu haben. Wenn die Situation sih zuspize, dann liege die Verantwortung nicht auf shwedischer Seite. Der Präsident kündigte die baldige Wiedereinberufung des Reichstags an.

Asien.

Der General Linewitsch meldet, dem „W. T. B.“ zufolge, unter dem 2. August:

Am 25. Juli warf unsere Armeeabteilung în Korea eine japa- nishe Abteilung zurück, tie gegen den Engpaß von Pyarxabang östlib von Musaljena vorrüdte.

Nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ aus Tokio reist der Stab der japanischen Zivilverwaltung am 6. August nah Sachalin ab. Das Hauptquartier wird in Alexandrowsk sein. Nach einer weiteren Meldung des- selben Bureaus hat sich der größte Teil der russischen Besaßungstruppen von Sachalin am 31. Juli den Japanern ergeben.

Afrika.

Nach einer Meldung des „Reutershen Bureaus“ aus Tanger stieß der britische Vizekonsul in Dar al Baida Mitch ell vor- es zufällig auf dem Markte in Tanger ein marokkanisches

ind um. Er vergewisserte sih, daß das Kind keinen Schaden genommen, beschenkte es und ging dann nach der britischen Gesandtschaft weiter. Ein Soldat Naisulis folgte ihm als- bald dorthin und verlangte kategorish, daß er vor Raisulis Vertreter erscheine, um eine Erklärung über den Vorfall ab- ugeben. Der britishe Geschäftsträger erhob sofort dagegen

ei einem Bevollmächtigten des Sultans Einspruh. Der Ver- treter Raisulis begab sich darauf zur Gesandtschaft und bat um Entschuldigung.

Zur Bestätigung der Meldung, daß die Regierung der Kapkolonie Nahrungsmittel für die deutschen Truppen in Südwestafrika als Kriegskonterbande behandele, veröffentliht La unspach, der Londoner Sekretär der „Southafrican Territories Company“, deren Haupitsit in Südafrika der Ort Warmbad is, in der „Morning Post“ ein vom 3. März 1905 datiertes Schreiben des Kolonialunter- sekretärs der Kapkolonie an die „Southafrican Territories Company“, in dem erklärt wird, die Es der Kapkolonie wolle nit zulassen, daß das Gebiet der Kolonie direkt oder indirekt als Zufuhrbasis für die deutschen Truppen benußt werde, weil die Möglichkeit bestehe, daß sih der Aufstand der Eingeborenen auf die Stämme an der Grenze ausdehne,

Würden sich den Aufständischen ihre Freunde und Stammes- verwandten in der Kapkolonie anschließen, so würden der deutshen Regierung durch die Vermehrung der Streitkräfte der Rebellen nur noch größere Schwierigkeiten erwachsen, und die Regierung - der Kapkolonie würde ungeheure Kosten haben, einen Aufstand in ihrem Gebiet abseits der Eisenbahn zu unterdrücken. Launspach erklärt, der Brief sei zur Recht- fertigung des Verhaltens der Rug der Kapkolonie ab- esandt worden, die dem Transport der Sendungen von Vorrâten seitens der Gesellschaft über den rar etut ein Ende gemacht habe. Auf die Vorstellungen der Gesellschaft hin, diese Paltlum oen würde tatsählich bedeuten, daß niht nur die deutshen Truppen, sondern auch die Zivil- bevölkerung von Warmbad, darunter viele Engländer, Hunger leiden müßten, gab die Regiecun der Kapkolonie \chließlih die Erlaubnis, monatlih eine beschränkte Menge von Vorräten Über den Oranjefluß zu para die für den Bedarf der Zivilisten allein für ausrei end geshäßt werde.

Statistik und Volkswirtschaft.

Der V. internationale Kongreß für Versicherungs- wissenschaft, der in den Tagen vom 10. bis 15. September 1906 in Berlin stattfindet, wird über folgende Gegenstände verhandeln : 1. Die Volksversiherung, in8bescndere die Versicherung von Kindern (die Einrichtungen der Molksversiherung in den verschiedenen Ländern,

die gesezlihen Bestimmungen über Kinderversiherung in den ver- \ciedenen Ländera, Vorschläge zu einer etwaizen Verbesserung des Betriebes der Volksversiherung); T1. Die Behandlung der Zuslhlags- prämie für echöhte Risiken (welche Verfabren werden in den ver- {chiedenen Ländern beobachtet, um für erhöhte Risiken, Kriegs8risiken 2c., die Zuschläge in den Reserven 2c. zu behandeln ?); III. Sterblichkeits- tafeln für MNentenversiherungen (follen die Sterblichkeitstafeln bei sofort beginnenden Leibrenten dieselben fein, wie bei aufe geshobener und Ueberlebensrente ?); IV. a. Die Versicherung von Abstinenzlern, b. Die Versicherung von Personen, _welhe mit der Pes und dem Vertriebe alkoholhaltiger Getränke berufsmäßig n Beziehung stehen (Versicherungsbedingungen für derartige Personen, ibre Sterblichkeit, Erfahrungen mit diesen Versicherungen) ; L. Die Versicherung von Frauen (unter welchen Bedingungen werden Frauen in den verschiedenen Ländern versihert ? welche Erfahrungen hat man mit, Frauenversiherungen gemacht ? welche Sterblichkeitétafeln kommen für Frauenversi®werungen in Betracht ? werden Prämienzushläge erhoben und in weldher Form ?); VI. Die Besteuerung der Versicherung (Bericht über die tatsählihe Be- steuerung in den einzelnen Ländern ; Besteuerung aus- ländisher Gesellshaften im Inlande; in welher Weise ist es mögli, cine Harmonie herbeizuführen ¿wischen den Intereffen des Fiskus, der Versicherungsgesellshaften und der Versicherten ?). Ferner sind in dem Programm nachfolgende Gegenstände aufgeführt, über die Denkschriften erwünsht sind: VII. Die Grenzen der Versicherungsmöglihkeit (welhe Versicherungkarten find von ethishem und sozialem Wert? welhe_ Versicherung®- arten sind nit zu betreiben oder womöglih zu verbieten? laßt fh eine Grenze der Möglichkeit, eine Versicherung zu betreiben, fest- segen ?);- VIII. Bericht über die Fortsritte der Sterblihkeits- forschung; IX. Die Ausgleißung von Sterblichkeitstafeln; X. Bericht über die Fortschritte auf dem Gebiet des Unterriczts in Versicherungs- wissenshaft; XI. Bericht über die Fortschritte auf dem Gebiet der Gesetzgebung über die Versicherung; XII. Die in den einzelnen Ländern zur Anwendung gelangenden technishen Hilfsmittel (Bericht über die in den verschiedenen Ländern üblihen Nechenmaschinen 2c. ; möglicherweise soll eine Ausstellung der tc{nishen Hilfsmiitel veran- staltet werden); XI[1. Vorschläge zu einer Vereinhbeitlißung der N-chtsvorschriften über die Staatsaufsicht.

Ueber die Ergebnisse der Heeresergänzung in Frankreich im Jahre 1904

hat der Kriegsminister einen Bericht ersiattet, dem „La France militaire“ die nahstehenden Angaben entnimmt: In den Listen standen die Namen von 321 243 Militärpflichtigen, 3010 weniger als im Vorjahre; von den ersteren hatten fh 10506 zur Musterung nit gestellt. Von den Erschienenen wurden 23 205 für zu jedem Dienste untaugliG erklärt, es blieben also 298 038 berige, 783 weniger als im Jahre 1903; davon wurden eingestellt auf drei Jahre 147 010, auf kürzere Zeit 59 347, im Dienste befanden fich bereits 32 154, j¡urüdckgeftellt wurden 55 125, den Hilfsdienstzweigen wurden überwiesen 13 335, auszes{lossen 67. Außerdem wurde über 62 160 Zurückgestelte des Fahrganges 1902 und 24 641 des Jahrganges 1901 entschieden. Schließlich wurden im Jahre 1904 231 205 junge Leute tatsählich eingestellt, 30 540 mebr als im Jahre 1903, davon 75 692 für ein Iahr, 155 513 für zwei oder drei Jahre. Von den Eingestellten konnten 11 749 weder lesen noch schreiben, 3280 nur lesen. Die durts{nitilihe Größe betrug L654 m; 3810 junge Leute tnaßen weniger als 1,54 m.

ie Gründe, aus denen 23 205 Militärpflihtige für zu jedem Dienst untauglih erklärt worden find, waren bei 2867 \{lechte Augen, bei 936 Krankheiten des Gehörs, bei 3222 Brusikrankheiten, bei 1574 Bruchleiden, bei 576 Epilevsie, bei 250 Geisteskrank beit, bei 1320 Schwachsinn usw. An der leßten Zahl haben diejenigen Departements, in denen viel Alkohol genofsen wird, le Nord, le Pas. de-Calais und l’ÎSlle-et-Vilaine, den größten Anteil mit 142 bezw. 47 und 42; kein Departement is davon ganz frei. Das bevölkertste, das Seines departement, zählte nur 29 Kretins, aber die meisten Epileptiker, nämlich 43. In den genannten Departements wurden auch die meisten zurückgestellt: Seine 3456, Nord 2412, Pas-de-Calais 14986, Slle-et-Vilaine 1425, während das Departement der Hautes- Alpes mit einem Epileptiker und vier Kretins nur 127 Zurückgestellte hatte. Vom 1. Januar bis 831. Dezember 1904 gab es 3008 Refraktäre; unter diesen batte Bayonne die böcste Zahl mit 230; dann folgen Seine mit 171, Fat mit 125, Montpellier mit 100; Evreux und Chalon-sur-Saône batten keinen.

Im Laufe des Jahres 1904 entlassen wurden als dauernd dienst- untauglich 18232 Mann, als vorübergehend untauglih 14 466; 5113 in früheren Jahren vorübergehend Entlassene wurden bon neuem eingestellt. Auf drei, vier oder fünf Jahre traten 30622 Mann freiwillig ein, darvnter 6489 in die Marine und die Kolonialarmee, 26639 in das Heer im Mutterlande und 3981 in die Truppen in Afrika (Fremdenlegion, Tirailleurs und Spahis); 7662 Unteroffiziere verpflihteten si, über die geseßlihe Zeit hinaus im Dienste zu bleiben, davon 2252 zum ersten Male und 252, die aus dem aktiven Heere bereits aus geshieden waren, außerdem 900 Korporale und Soldaten.

Zur Arbeiterbewegung.

Der Arbeitgeberverband der Pelzwarenbranche von Berlin teilt der „Voss. Zig.“ mit, die Nachricht fei nicht richtig, daß die Kürschner das Einigungsamt des Berliner Gewerbegerichts zur Beilegung des Ausstands angerufen hätten. (Vgl. Nr. 181 d. Bl.)

Aus Bochum wird der „Frkft. Ztg.“ telegraphiert, daß die Delegierten der rheinisch-westfälischen Bauarbeiter am Mittwoh nach fünfstündiger geheimer Sizung gemeinsam mit der Sechserkommission beschlossen, erst dann in erneute Unterhandlungen

:mit den Arbeitgebern einzutreten, wenn der Arkeitgeberverband fich

zur sofortigen Regelung der Lohnfrage bereit findet. (Val. Nr. 181

d. Bl.) In den Kreisen Dortmund, Hörde, Bohum, Effe, Gelsen- tren Ruhrort und Recklinghaufen sei die Zebnftundensicht i 55 4 Stundenlohn für Maurer und Zimmerer sowie von 45 4 für Hilfsarbeiter zu erkämpfen. j :

Aus Anlaß der Kündigung einiger Arbeiter des Aachener Hüttenaktienvereins „Rothe Erde“ macht si, nah demselben Blatte, unter den 3600 Arbeitern eine Beunruhigung bemerkbar. Die Hirsch-Dundckershen Gewerkschaften dringen auf cinen Teilautstand, dem indessen der christliche Verband widersßt, weil er auesichtslos sei. In den nächsten Tagen follen in dieser Angelegenheit Versamm- lungen der Arbeiterschaft stattfinden. O

Der „Glauchauer Zeitung" zufolge bat die gestern in Greiz abgebaliene Versammlung des Sätsisch - Thüringischen Weberverbandes beschlossen, die Betriebe am 19. August zu ließen. Den Arbeitern mit 14tägiger Kündigung sollte heute ge- kündigt werden. :

Áus New York wird der „Frkft. Ztg.“ gemeldet, daß die Telegraphisten auf der Great Northern and Northern Pacific Bahn ausftändig sind. Der Ausstand habe erbebliche Betriebsstörungen hervorgerufen. Der Fratverkehr sei fast ganz labmgelegt. : E ;

n den Goldfeldern von Perth in We staustralien drobt, wie „W. T. B.“ meldet, ein ausgedehnter Ausstand aus- zubrechen infolge der . Herabseßung der Löhne für verschiedene Arbeiter- flafsen. Mehrere Minen sind bereits geshloïsen worden.

Kunft und Wissenschaft.

Einen Beitrag zur ostafrikaniscen Lyrik veröffentliht Karl Hoßfeld im lezten Heft des „Globus“. Wie bei allen primitiven Völkern, so umfaßt auch bei den ostafrifanishen Eingeborenen die Lyrik Kriegslieder, Heimatsklänge und Vebeëweisen. Ursprünglich sind wohl Géang und Tanz miteinander verwahsen gewesen, mit Ausnahme der Leder, die man für fd allein anz; aber bei den Küstennegern kann man \chon Ansäge zu einer Teilung beider Kunstformen finden, und zwar în den aus Zanzibar, dem Negerparis, importierten modernen Ngomas (Musik- und Tanzfesten), wo der Tanz entgegen den sonstigen Ngomas dem reinen Gesang ge- wichen ist. Selbstoerständlih haftet dem Tanze sowohl als au dem Gesang das Urwüchsige, Wilde, BarbarisWe jener Naturvölker noch in bohem Mafe an, und im einförmig-taktmäßigen Stampfen der Erde mit nackten Füßen, dem monctonen Anschwellen und Abtönen weniger bestimmter Laute 2nd dem fortwährenden Wiederholen derseiben Worte hat wan sch _die Form vorzustellen, mit der bei diesen Menschen Freude oder Sbmcerz aus- gedrückt wird. Wer sih einmal, sagt Hoßfeld, der Mühe unterziebt, bei dem fast immer unzugänglien Neacr verständig und andauernd nacbzuforschen, der wird auch hier auf Schägze stoßen, die zu beben es ih {on verlohnt. Freilich erscheinen die Hindernisse oft un- überwindlih. Dem einen fehlt die erforderlißge Sprach- kenntnis; der andere versteht es nit, die Leute zu gewinnen; dieser läßt sich beim ersten Mißerfolg abschrecken, jener sich vom Schwarzen das Unglaublichste vorlügen. Es fkommt au vor, daß ein Neger dem forshenden Weißen ins Gesit lat, weil er die Sache für einen Scherz bält, oder er stellt sih unwifsend, wenn er meint, der Weiße habe Hintergedanken, die ihm oder seinen Landsleuten Schaden brähten; denn der Neger ist mißtrauisch und abergläubish. Viele wissen auch wirklich nichts, wie es ja überall Ignoranten gibt.

Der frishgebackene Ostafrikaner wird {on nach wenigen Tagen, wenn die neuen Eindrücke alle _noch ungeklärt in seinem Kopfe herumshwirren und nah Sihtung und Ver-

{tändnis ringen, von seiner Arbeit erstaunt den Kopf erheben und plößlih an sein Obr dringenden Klängen lauschen, die mehrstimmig und fremdartig-rhythmis, bald leise und getragen wie Sphären- esang, bald laut anschwellend wie fernes Dounergrollen, von draußen ereintônen. Daß es afrikanishe Klänge sind, merkt er sofort, aber auf einen folchen Chorgesang war cr_niht gefaßt. Neugierig steht er auf und erblickt nun durch das Fenster zu seiner größten Verwunderung zehn oder mehr halbnackie, - mit -s{mußig-weißen Lappen - behangene schwarze Arbeiter, die auf der weißen, fandigen und sonnigen, von nur wenigen Akazien \pärlih beshatteten Straße daberkommen, einen Wagen ziehen und {ieben und dabei den oben beschriebenen Gesang ertönen lassen. Ihre Gesichtszüge, die auErafierten Kopfhaarbüschel und der daran befestigte Muschelshmuck laffen sofort erkennen, daß es keine Küstenneger oder Wasuabeli find. Der {on längere Zeit ansässige Europäer würde auch ohne diese Merkmale an ihrem Gesang die Wanyamwesi erkennen; diese Leute stammen aus dem Inrern und finden zu Trägerdiensten und {weren Arbeiten an der Küste Verwendung. Sie verrihten keine Arbeit ohne Gesang und sind in der Tat neben den ihnen verwandten Wasukuma als die bejten Sänger unter den ostafrikanischen Negerstämmen rühm- lihsi bekannt. Wobl heißt es gewöhnli, ihre Lieder sien alle ent- weder kindishen oder stark finnlihen Inhalts. Allein man lernt auch aus diesem Urteil wieder, daß man mit Verallzgemeinerungen vorsichtig sein soll. So batte Hoßfeld öfters Gelegenheit, auf Reisen Gesängen der Wanvyamwesi zu lauschen, die nihts weniger als albern oder gemein waren, sondern die Sehnsucht nah ihrer Heimat oder ihrer Geliebten auf ganz ideale Weise auëdrückten. Die Wanyam- wesi und Wasukuma stehen hierin in absolutem Gegensatz zu den Küstennegern, den Wasuaheli, deren Lieder allerdings oft recht minderwertig sind, was Moral sowobl wie Sinn betrifft, wenn man bier auch annehmen kann, daß der Einfluß der arabischen Sitten korrumpierend auf diese Neger gewirkt babe. Denn auch die Wa- suabeli batten früber nicht nur leite Scherzlieder, sondern auch an- feuernde Krieg8gesänge und gemütvolle Liebes- und Heimatslieder. Heute freilich wird man nur ncch wenig hiervon gewahr. Der Wasuaheli denkt seit der endgültigen Unterwerfung durch die Europäer an keinen Krieg mehr. N |

Der weiße Fremdling hat täglih Gelegenheit, seinen Boy (Diener) zu beobachten, wie er hod:nd und mecanisch seine Arbeit verrihtet und dabei vcr sich hbinfingt. Der Europäer versteht den Inhalt des Gesanges nicht; meist sind es wohl auch „Leder ohne Worte“. Aber er hört eine mehmütige, sehn- süchtige Melotie, nicht obre Rbythmus, und laut mit Interesse diesen leisen, vibrierenden Kebllauten. Auf der Straße hört man diese hingesummten Weisen fast bei jedem Neger, der „mardadi“ la Gigerl) im langen Kansu, weißen oder roten Müßchen, lässig sein Fimbo (Stöckchen) s{wingend, an ihm vorübershlendert. Auch auf dem Markte, dem belebtesten Stadt- teile, kommen ihm Männer, Weiber und Kinder gewiß fingend ent- egen, sofern sie sich nit shreiend, lahend und gestikulierend unter- alten. „Nebenbei sei bemerkt, daß hier dem Europäer manch eine bübshe Negerin auffällt, die, mit bunten Kangas behangen, ein Körbchen, einen Teller oder eine Flashe auf dem Kopfe balancierend und die Arme naclässig {ön hin- und herpendelnd, ihren formshönen Körper graziös in den Hüften wiegt.“

Der S{hwarze singt bei der Arbeit, beim Tanz und Spazier- ang, er singt oder summt vom Morgen bis zum Abend, denn eine leihte, sorglose Natur gestaltet es ihm. Meist sind dezartige Lieder wobl Reminiszeazen an die legte „Ngoma*, wie ja auch der Weiße hin und wieder nah einem Balle oder einer Operette Walzer- oder Dperettenmelodien für \ich hinsummt. Der Neger improvifiert bei jeder Gelegenheit. Es werden ju einer bestimmten Melodie immer wieder neue Strophen von ihm er- unden und bei der nächsten „.Ngoma“ zum besten gegeben. Der Text einiger derartiger Liedhen mit deutscher Uebersezung und ihre Melodien sind von Hoßfeld im „Globus* wiedergegeben.

Land- und Forsfstwirtschaft.

St. Petersburg, 3. Auguft. (W. T. B.) Gegenüber Nach- rihten vieler russishen und auéländishen Blätter über die Ernte- aussichten in Rußland erklärt die „St. Petersburger Telegraphen-

find rur Mißernten lokalen Charakters in

Agentur" : Die Berichte über völlige Mißernten, die sogar HungersnoËt befürhten ließen, find stark übertrieben. Nach zuverlässigen Daten : [ einem Teile des O, an der mittleren Wolga, im Wiaika- und im vongebiet zu erwarten. In diesen Gebieten ist der Mißertrag teilweise bedeutend, bauptfählih beim Roggen, und die Nahrungs8not fordert dort die Unterstüßung der Regierung und privater Kreise. Im übrigen Reich ist die Ernte voll befriedigend, in Polen, im Südwest- und Dna'eprgebiet gut, hauptsählich für Winterweizen und Winter- roagen guter Qualität. Im allgemeinen ist die kommende Ernte kaum unter mittel. 7 Washington, 3. August. (W. T. B.) Nah dem Bericht E I Eans beträgt der Durschnittestand der Baumwolle 74, o

Gesundheitswesen, Tierkraukheiten und Absperrungs- maßregeln.

Verbot der Polizeiverwaltung in Nordhausen, die Kleider \chleppen zu lassen.

Auf Grund der §8 5, 6 und 15 des Gesezes über die Polizei- verwaltung vom 11. März 1859 und der §§ 143 und 144 des Gesetzes

über die allgemeine Landesverwalturg vom 30. Juli 1883 ist mit Zustimmung des Magistrats für den Stadtkreis Nordhausen folgende, am Tage ibrer Bekanntmathung in Kraft getretene Polizeiverordnung erlassen worten:

8 1. Zur Verhütung von Gesundbeitsgefahren und Belästi- gungen durch Staubentwicklung ist verboten, auf den Wegen der Promenade zwischen Friedrich Wilhelm-Plaß und Wallrotbstraße und auf dem von der Wallrothstraße nah dem Bebegevlaßze führenden E wege des Gebeges die Kleider s{leppen zu laffen.

& 2. Zuwiderhandlungen gegen diese Verordnung werden mit einer Geldstrafe bis zu 30 #, im Unvermögensfall mit entsprechender Haft bestraft.

Zur Bekämpfung des Kurpfushertums in Bayern sind ein Erlaß des Staatéministeriums der Justiz und ein solcher des Staatsministeriums des Innern ergangen. Der an die Oberstaat3- anwälte bei den Oberlandesgerihten des Königreichs gerihtete Erlaß des Justizministers lautet, wie folgt:

„Die baverishen Aerztekammern bezeihneten bei den Verhand- lurgzn im Jahre 1903 als eines der Mittel zur Bekämpvfung des Kurvfuschertums die Anwendung der Bestimmungen des Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs vom 27. Mai 189s auf die Kurpfuscher, die in öfentlih verbreiteten markts{reierishen Anzeigen dem Publikum ibre Dienste anbieten und ihre Heilmittel und Heilmethoden anpretsen. Wird von einem Arzt oder einem Verband zur Wahrung und Neriretung der Standesinteressen der Aerzte 2 der Verordnung vom 9. Juli 1895, Ges.- u. Verordn.-Bl. S. 311, Entsch. des NR.G. in Strafsachen Bd. 35 S. 267) mit Bezug auf eine markt- \{reierishe Anzeige die Verfolgung eines Kurpfushers auf Grund des Gesetzes vom 27. Mai 1896 beantragt, so bat die Staatsanwaltschaft bei der Entschließung darüber, ob tie öffentliche Klage zu erheben fei, tunlihft der Erwägung Rechnung zu tragen, daß das Kurpfuschertum zu cinem bedenklichen Mißstande des öffentlihen Lebens geworden ist, durch den die Interessen des Publikums und der Aerzte {wer geschädigt werden, und die Bekämpfung diescs Mißstandes im öffentlichen Interesse liegt.

Fe einer der beigefügten Abdrucke dieser Entschließung ist zur Uebersendung an die Staatsanwälte bei den Landgerichlen des Ober- landesgeriht8tezirts bestimmt.“

Der darauf ergangene Erlaß des Ministers des Innern an die Kreiêregierungen lautet:

„Im Einrerständnifse mit dem K. Staatsministerium der Justiz ergeht der Auftrag, den demnächst zusammentretenden Aerztekammern die anrubende Ents{ließung des K. Staateministeriums der Justiz bekanni zu geben.

Hierbei ift darauf aufmerksam zu machen, daß die Staats- anwaltschaft ni&t vervflichtet ist, von Amts wegen zu prüfen, ob dur die Aus\schreibungen der Kurbpfusher dem Geseß2z vom 27. Mai 1896 ¡uwidergehandelt wird, daß es vielmehr den Aerzten und Aerztes verbänden anheimgegeben bleibt, zu erwägen, ob wegen einer markt- \chreierishen Anzeige gegen einen Kurvfusher ein Strafantrag auf Grund jenes Gesetzes gestellt werden foll.“

Im Anschluß an den zu Paris vom 2. bis 7. Oktober d. J. stattfindenden internationalen Tuberkulosekongreß ift für die Zeit vom 2. bis 29. Oktober die Veranstaltung einer inter- nationalen Tuberkulose-Ausstellung im Grand Palais des Champs-Elysées in Auésiht genommen. Der Eintritt soll un- entgeltlih fein und jedermann freistehen. Die Ausstellung wird 4 Sektionen mit insgesamt 14 Unterklafsen umfassen. Die Aus- stellungsgebübren betragen für je 1 qm Bodenflähe 50 Frcs. und für je 1 qm Wandfläche 25 Frcs. Den Ausstellern werden Pläge in jeder Grö von 1 am an überlaffen. Befonderer Abmahung unterliegen die Gebühren für freistehende Vitrinen sowie für etwa einem einzelnen Aussteller ganz zuzuteilende Räume. Befreit werden können von den Ausftellung8gebühren Gegenstände von rein wissenshaftlihem oder sozialem Interesse, welche von Behörden oder gemeinnüßigen Ein- rihtungen ausgestellt werden. Auch sind die auf die Section historique entfallenden Gegenstände gebübrenfrei. Das Generalkommiffariat der Ausftellung befindet sih zu Paris, Rue de l’Ecole de Médecine 21,

Ferner soll im Anschluß an den internationalen Tuberkulose- fongreß; in Paris, gleichfalls im Oktober d. I., ein internationaler Kongreß für Nahrungsmittelhvgiene und ¡weckmäßige Ernährung des Menschen veranstaltet werden. Die Anregung dazu ist von der französischen Gesellshaft für Nahrungsmittelbygiene und zweckmäßige Ecnährung des Menschen ausgegangen. Per Kongrez soll in folgende Scktionen zerfallen: biologische Physik, biologishe Chemie und Physiologie, zweckmäßige Ernährung, analytishe Chemie, Fälshungen und ¡Gesepgebtng Statistik, Unterriht und praktische Wirksamkeit. Die französis Regierung hat mit dem Geseßentwurf vom 21. April 1905 (Depu- tiertenkammerdrucksahe Nr. 2428/05) bei den gesetzgebenden Körper- schaften die Bewilligung eines Staatsbeitrags von 50 000 Fr. zu den Kosten des Kongresses beantragt. Der Entwurf iît in der zweiten Sitzung der Deputiertenkammer vom 21. April an, die D kommission der Kammer verwiesen worden. Einzelheiten über das

Programm stehen noch aus.

New Orleans, 3. August. ng d

Bureaus*.) Hier kamen weitere 11 Todesfälle infolge ge lben

tebers und 32 neue Erkrankungen vor. Georgia und das südlihe [linois haben Quarantänemaßregeln getroffen.

(Meldung des „Reuterschen

Theater und Musik.

In der Puccinishen Oper „Die Bohème“, die morgen im Neuen Königlihen Operntheater, neueinstudiert, zum erften Male E wird, sind die Hauptpartien, wie folgt, besegt : Rudolph,

Doet: ns Siewert; Schaunard, Musiker: Paul Rehkopf; arcell, Maler: Kammersänger Hermann Gura; Collin bilosoph: Rob. Leonhardt; Bernard, der usherr : Emil

ahren; Mimi: Josephine Grining; Musette: Cugenie Wilms; pignol: Auguntt Schöne; Alcindor: Rob. vom Scheidt ; Sergeant bei der Zollwache : Max Bradenabl. Leiter der Aufführung ift der Großherzogliche Oberregisseur Hermann Gura; die musikalische Leitung der Oper liegt in den Händen von Dr. Ernst Kunwald. Am Sonntag wird „Carmen“ mit Madame Théa Dorré in der Titelrolle zum 10. Male aufgeführt.