Deutsches Reich.
In Elsfleth wird am 7. September d. J. mit einer Seccesteuermannsprüfung begonnen werden.
Bekanntmachung,
Ausgabe von Schuldverschreibungen auf den Inhaber betreffend.
Der Süddeutschen Bodenkreditbank in Mür, chen wurde die Genehmigung erteilt, innerhalb der ge} glichen Marximalgrenze für den Pfandbriefumlauf eine nev,e Serie (Nr. 58) Hypotheken pfandbriefe auf den Jn'„aber im Gesamtbetrage von 20 Millionen Mark, welche ‘anverlosbar und vom Emissionsdatum an 10 Jahre unkündt gr find, von da ab innerhalb längstens 50 Jahren im V ege der Kündi- qung mit vierteljährlicher Frist oder des fr ihändigen Rück kaufs eingeführt werden, in den Verkehr zu, bringen.
Die neue Pfandbriefserie wird ein teilt in Stücke zu 5000, 2000, 1000, 500, 200 und 100 4
München, den 22. August 1905.
Königlich bayerisches x Pa des Jnnern.
Staatsrai Dr. von Proebst.
Befannitmaqung des Senats der freien Hansesiadt Bremcn, die Ausgabe von Schuldverschreibungen auf den Jnhaber betreffend.
Vom Senat ist den Bremer Zigarrenfabriken, vorm. Biermann u. Schörling, in Bremen auf Grund des S 795 B. G.-B. die Genehmigung erteilt worden, vier- prozentige Schuldverschreibungen auf den Jnhaber,
eingeteilt in . 600 Stück, groß je 1000 f, : im Gesamtbeirage von 600 000 M in den Verkehr zu bringen.
Die ausgegebenen Schuldscheine werden zum Nennwerte zuzüglih eines Aufshlags von 5 vom Hundert, also zu 105 Prozent amortisiert und zwar vom Jahre 1910 ab in jähr- lihen Raten von Nominal F 12000, deren erste Rate am 1. Zuli 1910 verfällt. Von der ordentlichen Generalverjamm- lung des Jahres 1910 ab steht es den Bremer Zigarren- fabriken, vorm. Biermann u. Schörling, frei, die Rückzahlung zu verstärken oder au den ganzca Anleiherest auf den 1. Juli 1910 oder 1. Juli eines folgenden Jahres zur Rücfzahlung zu 105 Prozent (einhundertundfünf Prozent) zu kündigen.
Die Schuldscheine sind seitens der Jnhaber unkündbar ; jedoh können dieje die Rückzahlung des vollen Nennwertes nebst einer Zushlagsprämic von fünfzig Mark für jede Schuld» vershreibung fordern, sofern die festgejezten Zins- und Abtrags- zahlungen nit erfolgen. . ——
Die Bremer Zigarrenfabriken, vorm. Biermann u. Schörling, haften mit ihrem ganzen Vermögen den Jnhabern der Schuld- scheine für Kapital, Zinsen und Kosten. :
Solange die den Gegenstand dieses Vertrags bildenden 600 000 M Schuldscheine nicht zur Rückzahlung gelangt sind, haben die Bremer Zigarrenfabriken, vorm. Biermann u. Schêërling, niht das Necht, eine neue Anleihe aufzunehmen, welche den Jnhabern einer solhen neuen Anleihe eine bessere Sicherstellung aus dem Vermögen der Gesellschaft als den Jn- habern der jeßt auszugebenden 600000 f Schuldscheine einräumt.
Alle diese Anleihe betreffenden Bekanntmachunaen sind bis auf weitere und dann zu veröffentlichende Bestimmungen durch die „Weser-Zeitung“ und den „Deutschen Reichsanzeiger“ zu veröffentlichen.
Königreich Preußen. Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:
R
den Königlichen Kammerherrn, Oberpräsidialrat a. D. Dr. Freiherrn von Schorlemer auf Lieser a. Mosel zum Oberpräsidenten der Rheinprovinz,
den Oberamtmann Freiherrn von Fürstenberg aus Gammertingen zum Landrat und
den Regierungs- und Schulrat Dr. Oskar Lögel in Minden zum Provinzialshulrat zu ernennen sowie
dem Verwaltungssekretär des Universitätékrankenhauses Hubert Müller in Greifswald die nahgesuchte Entlassung aus dem aftiven Staatsdienst mit Pension und unter Bet- legung des Charakters als Rechnungsrat zu erteilen.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruHt:
zu genehmigen, daß der Landgerichtspräsident Hahn in Koniß an das Landgericht in Thorn,
der Landgerichtsdirektor Lossau in Lyck in gleiher Amts- eigenschaft an das Landgericht in Hirschberg und
der Ecste Staatsanwalt Schweigger in Koniß in E Eigenschaft an das Landgericht in Halle verseßt werde, erner
den Landgerichtsrat Eichhorn in Koblenz zum Land- gerihtsdirefktor in Frankfurt a. M., _ den Gerichtsassessor Jacoby in Tilsit zum Amtsrichter in Heinrichswalde, den Gerichtsassessor Typke in Drossen zum Amtsrichter in Friedeberg N.-M.,
den Gerichtsassessor Jacobick in Halle a. S. zum Amts- rihter in Lindow,
den Gerichtsassessor Dr. Tolk in Gnesen zum Amtsrichter in Schildberg,
die Gerichi8assessoren Engelmann in Posen und Dr. Friedeberg in Magdeburg zu Amtsrichtern in Beuthen D.-S.,
den Gerichtsassessor Dr. Max Gaertner in Breslau zum Amtsrichter in Gleiwiß, den Gerichtsassessor Busse in Peiskretsham zum Amts- richter in g e,
den Gerichtsassessor Dr. Karl Meier in Berlin zum Amtsrichter in Stendal, den Gerictsassessor Nentner in Klöge zum Amtsrichter in Tangermünde,
den Gerichtsassesor Dr. Droysen in Halle a. S. zum Amtsrichter in Düben,
__ den Gerlchtsafsessor Doerr in Hann.-Münden zum Amts- rihter in, Wittmund, j dn Gerichtsassessor Hidding in Bochum zum Amts- ri&,cer in Bochum, : Í “ den Gerichtsassessor Dr. Diderichs in Bonn zum Amts-
rihter in Cochem, : 4
den Gerichtsassessor Frauen in Altona zum Staatsanwalt in Glaß und : : -
den Gerichtsassessor Sensh in Berlin zum Staatsanwalt in Dels zu ernennen, sowie
den nachbenannten Rechtsanwälten und Notarên den Charakter als Justizrat zu verleihen:
im Kammergerichtsbezirk: den Rechtsanwälten und Notaren Hammerschmidt in Kottbus, Oterski, Hölck, Baron und Stubenrauch in Berlin, Kroll in Woldenberg, Krause in Arnswalde, Kocber in Kalau, Koch in Guben, Mosson in Angermünde, Flaminius in Brandenburg a. H., Wolbert in Potsdam, den Rechtsanwälten Apolant, Bischofswerder, Hugo Neumann, Aronius, Katshke, Ludwig Neumann, Meyersohn, Plonsfki, Dr. Lövinson, Dr. Gutts- mann, Leopold Salomon, Dr. Lehfeld und Dr. Korn in Berlin, Pulvermacher in Charlottenburg, im Oberlandesgerichtsbezirk Breslau: den Rechtsanwälten und Notaren Sch neider in Breslau, Schulz in Goldberg, Roth in Görlig, Larisch in Nikolai, Skaleßz und Skutsch in Ratibor, Franzke in Ziegenhals, Dr. Seifert in Liegniz, den Rechtsanwälten Frenzel in Oberglogau, Lewy in Rybnik, Marcuse, Bielschowsky, Dr. Honigmann und Roth in Breslau, Reichmann in Beuthen O.-Schl., Schüller in Gleiwiß, im Oberlandesgerichtsbezirk Cassel: dem Rechtsanwalt und Notar Dr. Bartels in Cassel, im Oberlandesgerichtsbezirk Celle: den Rechtsanwälten und Notaren Dr. Rudolph, Pfeiffer und Shwabe in Hannover, Kaßenstein in Harburg, Koch in Hildesheim, Dr. Krimke in Verden, Nussell in Goslar, dem Rechtsanwalt Bodenstein in Celle, im Oberlandesgerichtsbezirk Cöln: den Rechtsanwälten Vak, Licht und Wachendorf in Cöln, Seeles in Remscheid, Dr. Vaaßen in Aachen, Auner in Sobernheim, Ziehe und Dr. Dümpel in Barmen, Dr. Bey in Trier, Did m Wittlich, Glofe in Saarbrückten, Drathen und Krüjemann in Crefeld, den Notaren Weiß in Düren, Krings und Jackels in Cöln, Heckmann in Opladen, Schotten in Jülih, Blo und Boden in Trier, Treis in Cöln- Deuß, Rick in München - Gladbah, Dr. Hastenrath in Andernach, im Oberlandesgerihtsbezirk Frankfurt a. M.: dem Rechtsanwalt und Notar Hohl in Altenkirchen, den Nechtsanwälten Hacuser, Dr. Sachs, Dr. Zirndorfer und Kunreuther in Frankfurt a. M., im Oberlandesgerihtsbezirk Hamm: den Rechtsanwälten und Notaren Vohren in Paderborn, Schmidt in Dülmen, Anz und Dr. Strunk in Essen, Schunck und Hünncbeck in Bochum, Loewenthal in Zserlohn, Viegener in Rüthen, Temming in_ Brakel, Böttrih in Hagen i. W., Backhausen in Schwerte, Geselbraht in Dortmund, Graumann in Altena,
im Oberlandesgerihtsbezirf Kiel: den Rechtsanwälten und Notaren Bokelmann in Kiel und Baier in Wandsbek, im Oberlandesgerichtsbezirk Königsberg i. Pr.: den Rechtsanwälten und Notaren Triebel und Fuhge in Königsberg i. Pr., Neiß in Tilsit, Leidreiter in Gerdauen und Gehrke in Wehlau, im Oberlandesgerichtsbezirk Marienwerder: den Rechtsanwälten und N ves Dobe in Danzig, Hasse in Koniz, Radt in Thorn und RNosencranß in Mewe, im Oberlandesgerihtsbezirk Naumburg a. S.: den Nechtsanwälten und Notaren Rein in Eisleben, Dr. Lembser in Halle a. S., Mengendorff in Vitterfeld,
im Oberlandesgerihtsbezirk Posen: den Rechtsanwälten und Notaren Kö ppen in Bromberg und Scheibel in Fraustadt, den Rehtsanwälten Landsberg in Posen und Dr. Marcuse in Gnesen, im Oberlandesgerichtsbezirf Stettin: den Nechtéanwälten und Notaren Falk in Stargard i. P. und Gülßow in Greifenhagen, den Rechtsanwälten Range, Dr. Lewin und Ehrenwerth in Stettin.
Ministerium der geifstlihen, Unterrihts- und Medizinalangelegenheiten.
Der Provinzialshulrat Dc. Lögel ist dem Provinzial- \hulkollegium in Breslau überwiesen worden.
Den Lehrern an der Königlichen Kunst- und Kunstgewerbe- schule in Breslau Maler Hans Roßmann und Bildhauer Wilhelm Schwarzbach ist der Titel „Professor“ verliehen worden.
Den Universitäügupäßtern Christoph Lühder zu Oldenhagen und Karl Hilgendorf zu Dersekow im Kreise Greifswald is der Charakter als Königlicher Oberamtmann beigelegt worden.
Fustizministerium.
Der Rechtsanwalt Drews in Labiau ist zum Notar für den Bezirk des Oberlandesgerihts Königsberg i. Pr., mit Anweisung seines Amtssißes in Labiau, ernannt worden.
Ministerium für Landwirtshaft, Domänen und Forsten.
Dem zum Kreistierarzt ernannten Tierarzt Dr. Emil Caues ist die Kreistierarztstelle zu St. Wendel verliehen worden.
_ Die Oberförster stelke Knobben im Regierungsbezirk R ist zum 1. Oktober ‘und die Oberförsterstelle ordesholm im Regierungsbezirk Schleswig zum 1. No-
vember 1905 zu beseßen.
Ministerium des Jnnern.
Dem Landrat Freiherrn von Fürstenberg ist das Land: ratsamt’im Kreise Koesfeld übertragen worden.
Angekommen:
Sein: Exzellenz der Chefpräsident der ODberrehnungs. kammer und des Rechnungshofes des Deutschen Reichs, Wirk. lihe Geheime Rat von Magdeburg, von seiner Urlaubsreise
m
Nichtamtliches.
Deutsches Reich. Preußeu. Berlin, B. August.
Seine Majestät der Kaiser und König hörten heut im Schloß Friedrihshof den Vortrag des Vertreters des Kuz wärtigen Amts, Gesandten von Tschirshky und Boegendorf,
Am 23. d. M. ist der vortragende Rat in der Reits: kanzlei a. D., Wirkliche Geheime Rat Goering in Friedri; roda gestorben.
Exzellenz Goering war am 10. November 1829 in Halberstadt geboren. Nachdem er im Februar 1857 daz aroße juristische Examen bestanden hatte, wurde er im Mär; desjelben Jahres als Assessor in den auswärtigen Dienst übernommen. Von 1858 bis 1860 war er Kanzler bein Generalfonsulat in Alexandrien und wurde sodann preußister Konsul in Jassy. Jm Jahre 1868 trat er als ständiger Hilfs arbeiter in das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten ein und wurde 1870 zum Legationsrat ernannt. Jm Jahr: darauf erhielt er unter Beförderung zum Wirklichen Legationsrat eine Stelle als vortragender Rat in Auswärtigen Amt. 1875 wurde er Geheimer Legations rat und 1882 MWirklizer Geheimer Legationérai. Am 18. Februar 1891 wurde er als vortragender Rat in di: Neichskanzlei berufen. Am 28. März 1898 zum Wirklichen Gebeimen Rat mit dem Prädikat „Exzellenz“ ernannt, trat er, bald nah dem Ausscheiden des Reichskanzlers Grafen vor Caprivi aus dem Dienste, in den Ruhestand.
Erzellenz Goering war ein Beamter im Sinne alta preußisher Tradition mit großer Geschäftserfahrung und reihen Kenntnissen. Jn seinen verschiedenen verantwortungs vollen Stellungen hat er sih durch treue Pflichterfüllung wi: selbstlose Hingabe an scinen Beruf ausgezeichnet.
Die soeben erschienene Nr. 2 des laufenden Jahrgangei der „Veröffentlihungen des Kaiserlihen Auf sihtsamts für Privatversicherung“ enthält den Get \häftsberiht des Aufsihtsamts für das Jahr 1904. Der Geschäftsbericht, der insgesamt 70 Seiten umfa, zerfällt, wic in den Vorjahren, in einen allgemeinen Teil und in Bemerkungen zu einzelnen Vestimmungen des Versicherungsauf: sichtsgesezes. Mehr als in den vorangegangenen Jahren Toni im Jahre 1904 die Tätigkeit des Aufsichtsamts der materielle: Beaufsichtigungder Unternehmungen gewidmet werde Neben der Prüfung der Rehnungsvorlagen und de Prämienreserveregister und neben zahlreichen ört lien Revisionen hat das Aufsichtsamt an der Hand d{ unter dem 1. März 1904 aufgestellten Grundsäße für di! Beleihung und. die Ermittelung des Werts in ländisher städtisher Grundstücke namentlich auch dez Hypothekenbestande der beaufsihtigten Unternehmung seine besondere Aufmersamkeit zugewandt. Es sind im JZadr 1904 von den rédd vom Reiche beaufsihtigten Lebr versicherungsgesellshaften 3128 Grundstüdbeleihungen vor: genommen worden, davon entfielen 78 auf ländliche und 305) auf städtishe Grundstücke. Bei den dem Aufsichtsamt befan: gewordenen Verkäufen beliehener Grundstücke werden die der Ausleihung zu Grunde gelegten Grundstückstaxen mit de erzielten Kaufpreisen verglichen.
Der Geschäftsbericht enthält ferner zum ersten Male untz Angabe von Zahlen ausführlichere Mitteilungen über Art Fnhalt und Erledigung der an das Aufsihtsamt langten Beschwerden von Privatpersonen. Jm ganz waren im Berichtsjahre 284 Beschwerden zu bearbeiten.
Die Zahl der beaufsihtigten Unternehmunge: ist gegen das Vorjahr um 102 gewachsen und beträgt 1 1186: hierunter befinden sich 74 ausländische Unternéhmungtr
Im Anschluß an den Geschäftsberiht werden die v7 läufigen Ergebnisse der Versicherungsstatistik für 1904 mitgeteilt. Diese 148 Seiten umfasjende, eine Er leitung und 52 Tabellen enthaltende Statistik bezie ih auf die größeren unter Reichsaufficht stehend deutshen Versiherungsunternehmungen. Als Unterlagen det vorläufigen Statistik dienten die Bilanzen, die Gewin und Verlustrechnungen sowie die Nahweise über d? Versicherungsbewegung. Die Statistik gibt zunächst den Bestand und soweit möglich die Versiherungsbewegun?, demnächst die Geschäftsergebnisse aus dem Betriebe ?{ cinzelnen Versicherungszweige. Hierauf folgen Uebersicht? über die Bilanzen; zum Schlusse ist die Gewinnvtt teilung dargestellt. Die Ergebnisse der einzelnen Tabellen sind in der Einleitung kurz erörtert und übersichtlih zusamm?
gefaßt.
Der Kaiserlihe Botschafter in Konstantinopel, Staa® minister Freiherr Marschall von Bieberstein is 05 Urlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Ges!
der Botschaft wieder übernommen.
Der Wirkliche Geheime Oberregierungsrat Schiek bei det Königlichen Oberrehnungskammer ist von seiner Urlaubstl! nach Potsdam curüeekehet.
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist der Reichspostdam? „Prinz Heinrich“ mit der abgelösten Besazung der S9 des Kreuzergeshwaders, Transportführer Oberleutnant T See Herter, gestern in Penang eingetroffen und ge A
demselben Tage von dort nach Colombo in See.
S. M. S. „Falke“ ist am 23. August in Victoria (Vancouver) eingetroffen. i
S. M. S. „Bussard“ is am 283. August in Kilwa eingetroffen und an demselben Tage nach Sadani weiter- gegangen.
In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „Reihs- und Staatsanzeigers“ werden im Kaiserlihen Statistischen Amt zusammengestellte Nachrihten über den Saaten- stand im Deutschen Reiche um die Mitte des Monats August 1905 veröffentlicht.
Kiel, 24. August. Heute abend um 101/2 Uhr ver- sammelte sich auf dem oran wie „W. T. B.“ berichtet, die nach Ostafrika bestimmte Marine- feldkompagnie, bestehend aus Mannschaften der Matrosen- division und der Seebataillone, zusammen 222 Mann und 9 Offiziere. Der stellvertretende Stationschef, Konter- admiral Zeye verabschiedete die Truppen mit einer Ansprache, in der er auhch die Abschiedsgrüße Seiner Majestät des Kaisers und Seiner Königlihen Hoheit des Prinzen Heinrich übermittelte und die mit einem dreifahen Hurra auf Seine Majestät {loß. Um 111/, Uhr fuhr sodann der Zug nah Trie|t ab.
Deutsche Kolonien.
Der Kommandant von S. M. S. „Bussard“, der am 23. B Vormittags in Kilwa Kiwingi angekommen und lahmitiags nah Sadani weitergegangen ist, meldet, dem „W. T. B. zufolge: Jh nehme aht Mann vom Kilwa-Detachement mit. Nachrichten über den Aufstand liegen von dort noch_ niht vor. Die Abteilung des Leutnants Paasche hat sih am 21. August bei Kowoni gelagert und ist am 22. August bis Mtansa vorgegangen.
Ein Telegramm aus Windhuk meldet:
Reiter Johann Michelt, geboren am 11. 11. 83 zu Seppen-
rade, früber im Eisenbahnregiment Nr. 1, ist am 21. August d. I. bei Kubas vom Bremfersig gefallen und überfahbren, linken Arm und linkes Bein zerquetsckt; er ist am 22. August 1905 im Senesungsheim Abbabis infolge Blutverlustes gestorben. Gefreiter Heinrich Schul, geboren am 23. 10. 82 zu Paderborn, früber im Dragoner- regiment Nr. 15, wird seit 15. August 1905 im Dünengelände bei Hasuur vermißt. _ Nah einem Telegramm des Gouvernements Kiautschou ist das große Shwimmdock in Tsingtau am 23. d. M. glait abgelaufen und an der Versenkstelle provisorish fest- gemacht worden.
Oesterreich-Ungarn.
Der König der Belgier ist, dem „W. T. B.“ zufolge, nas E eiregebraud von Bad Gastein nach Paris abgereist.
Das „Fremdenblatt“ in Wien erfährt von zuständiger Seite folgendes: Nachdem der Pr äsident der italienischen Deputiertenkammer am 27. Juli. in einem dem An- denken des verstorbenen Deputierten Socci gewidmeten Nekrolog die Wendung gebraucht hatte, daß Socci im Jahre 1866 mit Garibaldi in den Bergen unseres Trentino gekämpft habe, wurde von Wien aus im Wege der österreichisch - ungarishen Botschaft bei der italienishen Regierung in freundschaftliher Weise Auf- flärung verlangt. Der Präsident der Deputiertenkammer hat auf Befragen jede irredentistishe Absicht in Abrede gestellt, der italienishe Minister des Aeußern hat aber der peinlihen Empfindung gebührend Rehnung getragen, die jene Aeußerung in Oesterreih-Ungarn hervorgerufen T und hat sich beeilt, dem österreihish-ungarishen Vertreter in Nom das aufrihtige Bedauern er italienischen Regierung über den Vorfall auszudrücken.
Frankreich.
In dem gestern abgehaltenen Ministerrat erstattete, wie „W. T. B.“ miiteilt, der Ministerpräsident Rouvier über den Stand der Verhandlungen mit Deutschland hinsihtlih der Marokkokonferenz Bericht und teilte die Verhaftung eines algerishen Untertanen auf marokkani]hem Gebiete mit. Der Ministerrat spra hierauf einstimmig seine Befriedigung über die von dem französishen Gesandten Taillandier getroffenen Maßnahmen aus und billigte diejenigen Schritte, die nötigenfalls zur Er- reichung einer schnellen und ausreihenden Genugtuung unter- nommen werden müßten.
Der Ministerpräsident Rouvier, der Kolonialminisier Etienne und der General Liautey, Kommandeur der Subdivision von Südoran, hatten gestern eine Besprechung, in der über die Maßnahmen beraten wurde, die an der marofkfanishen Grenze getroffen werden sollten, falls der Sultan sich weigere, die anläßlich der Verhaftung eines Algeriers verlangte Genugtuung zu gewähren. :
Der Ministerpräsident Rouvier erteilte dem französischen Gesandten in Marokko Taillandier Anweisung, die sofortige Freilassung des verhafteten Algeriers zu verlangen. Falls der Bescheid abschlägig laute, werde eine militärische Kundgebung stattfinden.
Der „Matin“ berichtet, der französishe Gesandte S t. René Taillandier habe Weisung CEETUEA: die Befreiung des algerishen Untertanen Bu Mzian el Miliani innerhalb 48 Stunden und die Zahlung einer Entschädigung zu verlangen. Jm Fall einer Weigerung werde die feanzösische Gesandtschaft Fez verlassen. Sollten andere Maßregeln nötig sein, so scheine der Minijterpräsident eine militärishe Interventüion an dir Grenze von Algerien in erster Linie in Betracht zu ziehen.
Rußland.
_ Ueber Stadt ynd Bezirk Warschau is, wie die „St. Petersburger Telegraphenagentur“ meldet, der Kriegs- zustand verhängt worden. i :
Jn der Stadt Balaschow hatte sih eine Anzahl Kreis- ärzte, die. den Dienst vor kurzem demonstrativ eingestellt hatten, am 3. d. M. zu einer Beratung versammelt, wobei es zu Ausschreitungen des Pöbels gegen sie kam. Das | Db Zar Siri ien teilt jet mit, daß die Urheber der Auss\chreitung dem Gericht übergeben worden seien. Wie der „Regierungsbote“ berichtet, machte der Kaiser auf den Bericht Trepows über diese Vorgänge den Vermerk: „Revolutionäre
Erscheinungen dürfen nicht mehr geduldet, gleichzeitig aber auch nicht ein eigenmächhtiges Vorgehen des Pöbels gestattet
werden.“ Türkei.
Nach einer Meldung des Wiétier „Telegraphen-Korre- s dauern die Untersuhungen und Ver- aftungen in Smyrna fort, da 35 Bomben, die na dem Geständnis in Smyrna verhafteter Personen no vorhanden find, bisher nicht gefunden wurden. Kom- plizen werden auch im Regierungsgebäude vermutet, da dort ein Ort zur Aufbewahrung von Bomben vorbereitet war. Jn armenishen Geschäften wurden Uniformen und Priestergewänder gefunden, die für die Urheber des Anschlags bestimmt waren. Aus der aufgefundenen Korrespondenz eht hervor, daß, da die Vorbereitungen nicht beendet waren, er Anschlag erst am 10. September ftattfinden sollte. Infolge der getroffenen Vorsihtsmaßregeln is ein Aus- bruch mohammedanischer Erbitterung in Smyrna nit zu befürchten, aber angesihts der allgemein herrshenden Be- unruhigung leidet der G-schäftsveckehr und der Kredit wird eingeshränkt. Nah Magnesia, wo die Erbitterung der Mohammedaner gegen die Armenier groß ist, wurden 150 Mann
geschickt. Schweden und Norwegen.
Jn der gestrigen Sizung des s{chwedischen Staats- rats erstattete, wie „W. T. B.“ meldet, der Justizminister Berg Bericht über den leßten Beschluß des Storthing und \{chlug gleichzeitig vor, daß der König den Staatsrat beauftragen wolle, mit der norwegischen Regierung zu dem in dem Schreiben des Reichstags vom 28. Juli ge- nannten Zwecke in Verhandlungen einzutreten, und die Re- gierung ermächtige, daß deren Delegierte mit den norwegischer- seits auserwählten Delegierten zusammenträfen. Auf Auf- forderung der übrigen Staatsratsmitglieder gab der Kron- prinz-Regent seine Zustimmung zu diesem Vorschlage.
Amerika.
Nach einem Telegramm der „New York World“ aus Oysterbay hat der Präsident Noosevelt ein Telegramm von 500 Worten von dem amerikanishen Botschafter in St. Petersburg von Lengerke-Meyer erhalten, worin dieser über seine gestrige dreistündige Audienz beim Kaiser von Nußland berichtet.
Wie das „NReutershe Bureau“ aus Portsmouth meldet, übermittelten die russishen Delegierten gestern eine lange Mitteilung des Präsidenten Roosevelt nah Peterhof, die der Unterstaatssckretär Peirce ihnen am Morgen über- reiht hatte.
(Berichtigung.) Jn dem gestrigen Telegramm des „W.T. B.“ aus Portsmouth muß es heißen: Japan habe in dem Vorschlage, über den bis zum Sonnabend zu entscheiden sei, über ert Millionen Pfund Sterling verlangt, nicht eine Million, wie gemeldet worden war.
Wie die „Morning Post“ aus Washington berichtet, hat das amerifanische Marinedepartement auf Grund der Erfahrungen in den Seeschlachten des russish-japanischen Kricges verschiedene Aenderungen angeordnet. Zunächst sollen die Ueberwaßsertorpedorohre beseitigt werden, mit Ausnahme eines einzigen auf jedem Schiff, -das für Uebungszwecke bleibt.
Afieu.
Dem „W. T. B.“ zufolge meldet ein Telegramm des Generals Linewitsh aus der Umgegend von Hailung- \heng vom 23. August:
Eine Abteilung von unseren Truppen ging im Tal Tzinche vor, besetzte das Dorf Lagußtziadzy und schickte Kavallerie nah Westen vor ; eine andere Abteilung trieb die Japaner aus Schimiaot!e; eine dritte verjagte die Japaner mit Artilleriefeuer aus einer Stellung südlich von Mopevichan. Gegen die Stellung bei Julandzy wurden drei Kolonnen ge‘chickt, um die Javaner zu umgehen; die veitriebezne japanishe Kompagnie zog sich bis zu einer Stellung bei Sendjan zurück; cin Gegenangriff der Japaner rourde abgeschlagen.
Aus Korea wird unter dem 21. d. M. gemeldet, daß die Japaner auf Kiangorugu einen Angriff gemacht hätten, aber abgeschlagen worden jeien.
Der „Daily Telegraph“ meldet aus Tokio:
Der Dampfer „Kinjomaru“ mit Truppen an Bord, die vom Kriegsshauplay nach Japan zurückehrten, sei in der Nackt zum 24. d. M., nahdem er Moji Abends 10 Ubr verlassen hatte, in der Nähe von Himejuna mit dem englischen Dampfer „Baralong* zusammenzestoßen. Die „Kinjomaru“ sei in drei Minuten - gesunken; 126 Soldaten und ein Major seien ertrunken. Der englishe Dampfer „Goldmonts" habe 19 Mann von der „Kinjomaru“ gerettet und sie nah Moji gebracht.
Parlamentarische Nachrichten.
Bei der Ersazwahl zum Hause der Abgeordneten im 2. Wahlbezirk des Regierungsbezirks Oppeln (Stadt- und Landkreis Oppeln) ist gestern, nach einer Meldung des „W. T. B.“, der Stadipfarrer Abramski-Dppeln (Zentr.) mit 252 Stimmen gewählt worden.
Statistik und Volkswirtschaft.
Anteil des Aufschlags der Fleisher am Fleishpreifse.
In Heft 7 des dritten Jahrgangs (1905) der „Zeitschrift für Agrarpot e Organs des Deutschen Landwirtschaftsrats, ist eine ein- azhente, besonders für die Gegenwart bemerkentwerte Untersuchung über die „Entwidckelung der Schlahhtvieh- und Fleishpreise für Schweine in Berlin von 1895 bis 1904 in ihrem Zusammenhange mit Produktion, Handel und Konsumtion“ von H. Gerlih veröffentlicht. Bon großem Interesse für die Konsumenten ist der INalhweis, einen wie großen Teil des Fleishpreises der Zuschlag des Fleischers bildet, demnah niht dem Produzenten zur Last gelegt werden darf. In den einzelnen Monaten der 10 Jahre 1895—1904 s{chwankte der Aufschlag des Fleischers ¿wischen 9 und 23 4 pro Pfund oder zwischen 15 und 60/6 des Schlach1viehpreises, d. h. also: von dem Fleischpreise, den die Kon- sumenten zahlen müssen, entfallen bis zu fast zwei Dritteln auf den Zuschlag des Fleishers. Im Durchschnitt der 10 Jahre betrug dieser Zuschlag 28,15 9/9 des Schlachtvichpreises.
Die Tätigkeit der evangelischen Arbeitervereine.
Der Pfarrer Arndt (Volmarjtein), der Schriftführer des Gesamt- verbandes der evangelischen Arbeitervereine, Seme: foeben einen Bericht über die Tätigkeit des lezten Jahres (Juli 1994 bis Juni 1905). Hat die evangelische Arbeiterbewegung auch die Unerreichbarkeit ihrer ersten
-in der fkleinbürgerliden oder bäuerlichen
Ziele, der Sozialdemokratie einst auch politis die Spitze zu bieten erkannt, so bat fie fich doch mehr und mehr ju einem "Cid derjenigen Arbeiter au8gestaltet, deren Lebensanshauungen noch feft
eimat und Familie wurzeln. Deshalb findet auh beute noch die riftlih-soziale S stimmung der evangelishen Arbeitervereine, besonders in den Kreisen der Handwerker, der Postbedienfteten usw., Anklang. Für diese genügsamen, in tägliher Pflichterfüllung dabinlebenden und über das Grab hinaus blidenden Leute sind die evangelischen Arkbeitervereine viel geworden. Sie sind ein Glied, das sie mit dem gesamten öffentlichen Leben verbindet und gleichzeitig ihr Familien- leben bereichert. In diesem Sinne haben die evangelischen Arbeiter- vereine in den legten 10 Jahren zu arbeiten gesucht und besonders nah zwei Nichtungen bin auch ganz Anerkennenswertes geleistet. Vor allem sucht man die wirtschaftlihen Folgen von Tod und Kranktkeit durch Versicherung abzushwächen, ein Bestreben, das um so erklär- licher ift, als viele Mitglieder, wie z. B. Handwerker, noch der Wobl- taten der Reichsversicherung entbehren. Einzelne Landes- bezw. Provinzialverbände haben eigene Begräbniskafsen, die eine Beihilfe von 25—30 & im Fall des Ablebens Versicherter und ihrer Gattinnen gewähren. Auch einzelne Vereine haben folche, sowie Krankenkassen ins Leben gerufen. Der „Arbeiterbund“ in Flensburg besigt z. B. eine Unterstüzungs-, eine Wohlfabrt2-, eine Hilfs- und eine Sterbekafse. Der Mitteldeutsche Verbard hat auch eine Delegierterkafse zur Ent- sendung von Vertretern zu „Tagen“. Lebeusversiherungen nah Pauschal- säßen für Mitglieder mit großen Gesellshaften abjuschließen, bemühen sich jeyt einzelne größere Vereine. Die Erstellung guter Kleinwobnungen hat eine Reibe Vereine durch Gründung von Baugenofsenschaften in die Hand genommen. So bat Flensburg {on 147 Wohnungen für seine Mitglieder gebaut. Auch Altona, Meißen, Zittau, Eibenstock, Sebniy (mit 31 000 Geviertmetern Bauland) haben diese Bahn be- schritten. Durch gemeinsamen Einkauf von Koblen und Kartoffeln haben viele Vereine ihren Mitgliedern Dienste geleistet. Dresden bat eine „Wirtschaftssvarvereinigung“ nah dem Rabattmarkensystem gegründet. Auh für allgemeine Spareinrihturngen ist von manchen Vers eien gesorgt. NRechtsbelehrung und Rechtsbilfe bieten mehrere Autkunftsstellen, so ¿. B. in Caffel für den bhefsen-nassauishen Ver- band. Die Arbeitsvermittlung haben einige Vereine ebenfalls in die Hand genommen, und der Brandenburger Provinzialverband bat für die Niederlausiß reuerdings ein Arbeitersekretariat, verbunden mit Arbeitsnahweis, eröffnet. Auch zur Gewerkshaftsfrage baben viele Vereine im Laufe der lezten Jahre Stellung genommen, indem sie für Schaffung „chriftliher“ Gewerkschaften eingetreten sind. Während des großen rhbeinish - westfälishen Bergmanns- streils sammelten die württembergishen Vereine 900 H, die sähen 2400 #, alle zusammen brahten rund 17 000 M auf. Um eine in Fragen der praktischen Sojialvolitik wobl orientierie Schar ins Feld ftellen zu können, hat der Ver- band im Sommer des vaflofsenen Jahres in Berlin und im leßten Frübjahr in Frankfurt einen wissenshaftliß fundierten Vortragsivklus über die Arbeiterfragen und deren Natbargebiete balten lassen. Beide waren recht gut besucht, obwohl viele von der Teilnahme absehen mußten, da es ihnen und den Vereinen an Mitteln gebrach. — Die Hoffnung auf eine erfolgreihe politishe Betätigung if aufgegeben. Pflihtmäkige Abwehr gegen die Sojzialdemokratie und Stärkung des evangelishen Kirchentums, dabei Pflege einer geist- und gemüts- ansvrechenden Geselligkeit, wie si die Volksunterhaltungs8abende, Vor- träge und Diskussionen mit eingestreuten \fozialpolitishen Grörterungen bieten, sind heute der Inhalt der Bewegung.
Zur Arbeiterbewegung.
Die Einigung8verhandlungen zur Beilegung des Streiks im z2beinisch-westfälishen Baugewerbe (vgl. Nr. 195 d. Bl.) sind, wie der „Voss. Ztg.“ telegrapbiert wird, gestern im Rathause zu Essen zu Ende geführt worden. Vertreten waren der Arbeitergeberbund durch 6 Mitglieder sowie die Bauarbeiterorganisation dur 4 bezw. 6 Mitalieder. Das Ergebnis ist, daß ein Friedenêeprotokoll und etn Arbeit2vertrag mit abgestuften Lohnsäßen für den ganzen rheinish-west- fälishen Industriebezirk vereinbart worden sind. Die beteiligten Organisationen werden in der nächsten Woche über die Annahme dieses Antrages beschließen. Wenn beide Parteien das Friedens- vrotokoll und den Arbeitsvertrag annehmen, fo wird die Arbeit am Montag, den 4. September, wieder aufgenommen.
Der Ausstand der Koblenlagerarbeiter in Rostock (vgl. Nr. 194 d. Bl.) ift, wie die „Frkf. Ztg erfährt, beendet. Am 91. d. M. bes{lofsen die Arbeiter, die Arbeit wieder zu den alten Bedingungen aufzunehmen, da ibnen ein Erfolg des Streiks, selbst bei längerem Ausbarren, zu sehr in Frage gestellt scheine.
Die Lage in der Textilarbeiterbewegung in Greiz (vgl. Nr. 190 d. Bl.) scheint fh, wie der „Rh.-Westf. Ztg.“ von dort gemeldet wird, wieder zuzuspizen. Nach vergeblihen Verhandlungen vor dem Oberbürgermeister erklärten die Unternezmer, auf die Arbeiterforderungen (Gewährung von 14,70 4 Wochenlohn, wie in Glauchau -und- Meerane, anstatt 1440 A) niht eingeben zu fönnen, da erst vor kurzem ein verbefserter Tarif unter Kürzung der Arbeitsjeit um F Stunde eingeführt worden fei. Daraufbin wurde in einer Färbereiarbeiterversammlung eine Resolution gefaßt, in der man die Verantwortlichkeit für mögliche neue Lohn- fämvfe und Aussperrungen den Unternehmern zuzuschieben sucht.
Kunft und Wissenschaft. Falsche Vorstellungen über nordamerikanische Indianer.
Als Columbus Amerika entdeckt hatte, nannte man die Ein- geborenen „Indianer“, weil man fäls{lich glaubte, er sei auf dem westliher Wege nah Indien gelangt. Damit begannen {on die vielen falshen Vorstellungen über die Urbewohner Amerikas, die [ih bis auf unsere Tage fortgesezt baben. Eine Uebersicht folher un- richtiger, aber sehr verbreiteter Ansichten ist von H. W. Henshaw im „American Anthropologist“ (1905, S. 104 ff.) zusammengestellt und im lezten Heft des „Globu83" wiedergegeben.
unähst machte der Ursprung der Indianer den Europäern zu schaffen, und die „verlorenen zehn Stämme „Israel8“, die man in den verschiedensten Gegenden gesucht hat, glaubte man in den Indianern gen ¡u haben, zumal wenn man Levirats2be und Bes \{neidung bei ihnen fand. Chinesen, namentlich die weit segelnden höôntzier und andere Völker, wurden nah und nah zu Vätern der Rote äute gemacht, ta man sich an das Autochthonentum der Indianer nicht zu gewöhnen vermochte und die Lehre noch niht durhgedrungen war, daß des Menschen Geist auf gleiher Eniwicklungsstufe überall auf Erden ähnliche Einrichtungen, Künste, religiöse Vorstellungen und selb materielle Dinge unabbängig von einander hervorbringt.
Dann kam die Vorstellung vom Nomadentum der Indianer. Ein solches besteht oder bestand nur in sehr geringem Maße. Bei den nordamerikanischen besaß ein jeder Stamm innerhalb bestimmter Grenzen ein gewisses Territorium, defsen Kenntnis traditionell fort- erbte. Die meisten Stämme im Osten des Mississippi waren mehr oder minder seßhafte AXkerbauer, die vom Erzeugnisse ibrer Felder lebten. In der Jagdzeit brachen sie allerdings ihre Zelte ab und zer- streuten fh über die Jagdgründe oder zogen auf Fischfang an die Küste. Das kann man aber niht Nomadentum nennen. Nah der Einfüh- rung des Pferdes durch die Europäer wanderten allerdings die west- lichen Indianer bei ihren Verfolgungen der Büffelherden sehr weit, bebiefen aber dabei ihren ursprünglichen Landbesiß mit bestimmten Srenzen bei. Nur die nördlihsten Stämme der Athabasken und Algonkin, deren Land einen Ackerbau niht duldete, zogen auf der weiten Ebene der Wildgegend ‘nomadish umber. i
Schon aus vorstehendem erkennt man, daß die Indianer febr gut das Eigentum an Grund und Boden kannten. Keineswegs war dieser herrenlos, wie man ursprünglich glaubte, vielmnehr gehörte das Land dem Stamm als gemeinsames Gigentum. Daher konnte
E E E A 27
_—_—