1885 / 19 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 22 Jan 1885 18:00:01 GMT) scan diff

jedes Stempelgeseßcs aufgegeben habe. Während man früher die Urkunde verfteuert habe, solle man jcßt das Geschäft ver- steuern, insoweit cs aus der Urkunde erkennbar sei. Natürlich suche der Geschäftsmann sein Geschäft zu verstecken, während der Stempelfiskal in jedem unverfänglihen Schriftstück ein Geschäft zu entdecken sich bemühen werde. Dazu würden die großen Schwierigkeiten treten, welhe der Beschreitung des Rechtsweges entgegenständen, die preußishen Ge- rihte hätten sh in der Frage des Rechnungsstempels für inkompetent erklärt, die Geringfügigkeit der Beträge es fast unmöglich mache, die Sache vor das Reich2gericht zu bringen, und es entsiehe dadurch ein geradezu unhaltbarer Zustand. Wenn er sih die Motive des Abg. von Wedell be- trachte, so vermisse er in denselben leider nur zu schr die nöthige Sahkenntniß. Fn Allem spreche sih eine gewisse Feindseligkeit gegen die Börse aus. Nun, leßtere sei allerdings nit so gut, aber auh nicht fo schleckcht, wie sie gemacht werte, sie sei eben so gut und eben so {lecht, wie das Publikum, welches sie. desuhe. Die Vörjse sei aber anerkannt doch ein unent- behrlihes Fnstitut, an welchem die Gütervertheilung über- wacht werde, an welhzm die Schwankungen in den Werthen ausgeglichen würden. Je größer die Börse, desto sicherer das Geschäst. Es licge aber au in der Börse eine große politisde Krast. Sobald sie es namentlich dahin bringe, daß ein großer Theil des Auslandes seine finanziellen Bedürfnisse bei ihr befriedige, \o erwerbe sie damit auch einen großen politishen Einfluß und vertheidige die volkswirthfchaftlihen Jnteressen im Frieden ebenso gut, wie die Armee die nationalen und wirthschaft- lihen Fnteressen im Kriege. Der Abg. von Wedell-Malchow meine, die von demselben vorgeschlagene Besteuerung sei gering, die Umsäße würden aber in gar keincm Verhältniß zu der Steuer stehen, die man ihnen auferlege. Es sei sicher, daß ein erheblicher Theil des Geschäfts diese Steuer nicht werde tragen können und das Ausland werde aufsuhen müssen. Nun liege es aver doch wahrlih im Jnteresse Deutschlands, gerade jetzt Berlin nicht von dem Standpunkt, den es einnehme, nämlih einen Centralpunkt des Welthandels, herab- zustürzen, gerade jeßt, wo man doch das überseeische Geschäft heranzuziehen allen Grund habe. Wenn man einerseits an Kolonien und Welthandel denke, und andererseits solhen engen Standpunkt einnelme, so jei das doch ein Widerspruch in sih selbst. Nun sei aber auhch der Abg, von Wedell über einen Punkt, der mit der wichtigste fei, sehr leiht hinwegaegangen, das sei nämlich die Kontrole betreffs der Erhebung der proponirten Steuer, und die Kon- trole der Erhebung sei gerade das Schwierigste bei der ganzen Steuer. Die Erhebung liege dazu noch, das möge der Abg. von Wedell bedenken, in den Händen von Unterbeamten, deren «Integrität gegenüber den Versuchungen, die auf dicsem Ge- biete an sie herantreten dürften, in s{chwere Gefahr gerathen würde. Uebrigens würden gerade die Herren, die die Steuer eigentlih bezahlen sollten, keinen Pfennig davon bezahlen. Alle Diejenigen, die finanzielle Ausgleihungen zu voll- ziehen hätten, würden doch den Centralpunkt, den die Börse darbiete, aufsuhen müssen, und auf fie würde die Steuer abgewälzt werden, da sie gegenüber diesem einen centra- lisirten Punkt geradezu wehrlos seien. Die Steuer s{ädige aber ferner auch weite Kreise auf dem Gebiete der Arbitrage. Letztere habe schon bei der jeßt bestehenden Vörsensteuer ganz außerordentlih abgenommen, und doch habe dieses Geschäft geradezu in Bezug auf die Ausgleihung der Währung, in Bezug auf Ausgleich zwishen Fmport und Export sehr große Verdienste und biete mit cine starke Garantie für die deutsche Währung. Eine Hemmung der Ärbitrage müsse no‘hwendig zu einer Diskontoerhöhrung führen, die dem Verkehr weit mehr schaden würde, als die ganze Steuer einbringe. Die deutsche Nation habe etwa 13 bis 15 Milliarden genau lasse sih die Ziffer niht angeben an Effektenbesih. Etwa 8 Milliarden davon seien in festen Händen, aber au von dem Rest werde man durch die vorgeschlagene Steuer nur einen kleinen Theil heranziehen können. Die Steuer würde gerade nur das Publikum am meisten belästigen und übrigens manhmal für denselben Gegenstand drei bis

viermal bezahlt werden müssen, gerade aber nit von der | Es habe z. B. ein Privatmann in Schlesien Bedarf }

Börse. zum Umsay oder Erwerb eines Werthpapiers. Derselbe wende sich nun an den nächsten Bankier, vielleiht in Glat, dieser kônne den Auftrag nicht ausführen und wende \ich nun an einen Bankier in Breslau, welcher in vielen Fällen auch erst auf Berlin deswegen werde rekurriren müssen. Die Steuer werde also ebenfalls dreimal bezahlt werden müssen, und zwar von dem uxsprünglihen Urheber des Geschäfts, der sonst mit der Börse garnichts zu thun habe. Gerade die Rechte werde in dieser Bezichung sehr oft unangenehme Er- fahrungen machen, und man könne glauben, wenn ran jeßt den von Wedellschen Entwurf durhbringen würde, so werde die Rechte nah zehn Jahren selbst die Erste sein, die die Ausf- hebung des Geseyes beantragen werde.

Der Abg. Oechelhäuser bemerkte, die Jnitiaiive für alle Besteuerungsgeseße müsse der Regel nah von der Regierung ausgehen. Seine Partei sei auch nur dur die Einbringung des von Wedellshen Entwurfes zu einem Gegenentwurfe veranlaßt worden. Es sei kein glückliher Wurf gewesen, jenen Entwurf wieder einzubringen, der in der vorigen Session von der Reichsregierung ausgearbeitet, aber, kaum im Bundesrath und Neichstag eingebraht, von ihr auch schon wieder aufgegeben worden sei. Die allgemeine Entrüstung des Handelsstandes habe die Regierung auch veranlaßt, den Entwurf nicht von Neuem einzubringen. Dies sei ein vernichtendes Urtheil über den Entwurf. Seine Ansicht von der Bedeutung und Auf- gabe der Börsengeschäfte decke sich mit der des Vorredners, während der Entwurf des Abg. von Wedell nicht blos in der Börse, dem wichtigsten Faktor des wirthschaftlihen Lebens, die Ehre der Kaufleute verleze, sondern auch die wichtigsten Interessen der Börse tödtlih treffe. Nur insofern treffe er mit diesem Anirag zusammen, als er das Geseß von 1881 für dringend revisionsbedürstig und eine Vermehrung der Ein- nahmen des Reichs sür nothwendig halte. Dabei solle aber die Börse nur so besteuert werden, daß das legitime Geschäft dadurch nicht geschädigt werde. Die prozentuale Besteuerung bringe eine Unklarheit, er möchte sagen, eine Unmöglichkeit der Berechnung bei kleinen Stufen von 1000 # mit sich. Zweitens sei der Sah so hoch gegriffen, daß derselbe wichtige Theile des Geschäfts, namentlich das Arbitragegeshäft, das Emissionsgeschäft und dergleichen geradezu unmöglih mache. Derselbe beruhe auf der Verkennung des Umstandes, daß kein Zusammenhang zwischen Gewinn und Umsatz bestehe und der Verkennung der Thatsache, daß das kleinere Geschäft an der Börse, und das größere, Arbitrage, Emission und

höhere Spekulation, in ihren Erträgen vollständig verschieden seien. Einen Schlußnotenstempel, den das kleinere Geschäft, das Kommissionsgeschäft 2c., tragen könne, könnten die höheren Geschäfte dieser Art unmöglich vertragen. Es sei dies in den Denkschriften der Frankfurter Handelskammer, der Aeltesten der Berliner Kaufmannschaft und des Berliner Vereins zur Wahrung u. \. w. unwiderleglich nahgewiesen. Der Abg. von Wedell habe dann aber Recht, daß nicht sowohl die hohe Besteuerung, sondern die mit dieser Steuerreform nothwendig verbundene Kontrole, welhe eine Einsiht in die innersten Geheimnisse des kausmännishen Geschäfts zur Folge habe, berühre, und zugleih die Ehre des Kaufmannsstandes es sei, welche die Kaufmannschaft so aufgeregt habe. Er glaube niht, daß diese Kontrole etwas helfen würde. Man habe in Berlin zweitausend eingeshriebene Börsenbesucher und dazu fünftausend in die Firmenregister- eingeschrie- bene Kaufleute, von denen ein wesentliher Theil eben- falls abgabepflihtige Geschäfte betreibe. Wenn nun die Steuerbehörde, die jeden Monat nah Hunderttausenden zäh- lenden Auszüge erhalte, wo einfah Nummer, Betrag und Betrag der Steuer notirt sei, was habe sie da für eine Kontrole? Eine wirkliche Kontrole würde sie nur ausüben können, wenn sie was nur als Ausnahme gestattet sei regelmäßig nicht bloß die Steuerbücher, sondern auch die kauf- männischen Bücher sich vorlegen lasse. Sein Entwurf wolle einen Weg auffinden, auf dem einerseits der jeßige Steuer- ertrag erhöht werde und andererseits die jeßige Steuerabwäl- zung von Seiten der Börse auf die Kommittenten eingeshränkt werden könne, so daß wenigstens ein Theil des Steuerertrags von: der Börse selbst durch internen Verkehr der- selben aufgebraht werde. Die Definition, die der Ent- wurf von den „Verpflichteten“ gebe, daß dies näm- lih jeder nah §. 21 des deutshen Handelsgeschbuches zur Führung der Bücher verpflichtete, im Fnland wohnhafte Kausmann sei, der diese Geschäfte gewerbsmäßig betreibe, scheine ihm eine sehr bestimmte zu sein, soweit überhaupt auf diesem shwierigen Gebiete eine bestimmte Fassung sih geben lasse. Er glaube damit der Aufgabe, Klarheit zu schaffen und Hinterziehungen, die bisher nicht sowohl in bösem Willen als vielmehr in der Unklarheit des Gesetzes ihren Grund gehabt hätten, ein Ziel zu seßen, näher gekommen zu sein, als das jeßt bestehende Gesey und der Antrag des Abg. von Wedell. Sein Entwurf beruhe auf dem Schlußnoten- zwang. Die Prinzipien hingen auf diesem Gebiete mit der Höhe der Steuersäße zusammen. Wenn der Abg. von Wedell im Jahre 1883 blos die Zeitgeschäfte habe besteuern wollen, also z. B. ein Geschäft von 100000 4 mit 10 4, und die Kafsageschäfste freizulassen beab- sichtigt habe, dann würde der Handel sofort Wege gesunden haben, die Zeitgeschäfte in Kasfageschäfte umzuwan- deln und sih der Besteuerung zu entziehen. Etwas Anderes sei es, wenn man die Differenzen so gering greife, wie er es in seinem Antrage thue. Wie sich die Zeitgeschäfte von den Kassageschästen unterschieden, sei von dem abstrakt juristischen Standpunkt s{hwer zu bezeihnen. Auf der Börse aber ließen sie sih unterscheiden, und feine Definition, die Abg. von Wedell fo unklar finde, stüße sich auf die Autorität der Dele- girtenkonferenz der sämmtlichen deutshen Handelskammern, welche durch ihre Handelsjuristen und Sachverständigen diefe Fassung habe feststellen lassen ; dieselbe seße jedenfalls den Handelsstand in die Lage, zu unterscheiden, was ein Haupt- geschäft sei und was nicht. JFndem er sodann die jeßt fünf- fach höhere Besteuerung der Zeitgeschäfte gegenüber den Kassageschäften auf die doppelte Höhe ermäßige, {ließe er sih ebenfalls an Gutachten von Sachverständigen an. Der Schlußnotenzwang nun im Gegensaß zum Registerzwang habe den außerordentlihen Vortheil, daß derselbe sich an eine Form anschließe, die sich an der Börse schon einigermaßen eingebürgert habe. Es während die Schlußnoten bisher fakuliativ ausgestellt seien, sie jevt obligatorisch würden. Dies sei derjenige Vorschlag, der sih am raschesten, am sichersten und einfachsten in das kaufmännische Leben einführen werde. Die Polemik der Or- gane des Handelsstandes habe sich auch gegen alles Andere eher als gegen diesen Modus der Bestimmung gewendet; sie hätten alle erklärt, daß derselbe mit den kaufmännischen Jn- teressen und der kaufmännischen Ehre wohl vereinbar sei. Was den Vorwurf einer mangelnden Bestimmung über die Kontrole in seinem Geseßentwurfe betreffe, so halte er diesen Mangel gerade für einen Vorzug desselben gegenüber dem von Wedellshen Eniwurfe. Er glaube nämlich, daß die Kon- trole, wie sie nah 88. 27 und 28 des jeßigen Gesetzes gehand- habt werden dürfe, völlig ausreiche. Er wolle eben der Steuer- behörde nicht das Recht geben, in das innere Gebiet der kauf- männischen Geschäfte Einsicht zu nehmen. Frrthümer möchten jeßt zahllos vorgekommen sein; Hinterziehungen, die eine so \charse Kontrole nothwendig machen würden, seien gewiß nur in sehr geringem Umfange vorgekommen. Das Resultat

i jahrelanger Untersuchungen sei ein so winziges, daß selbst diese i Kontrole vollständig überflüssig sei. Und beim Schlußnoten-

zwang würden noch besondere Verhältnisse hinzutreten, um sie überflüssig zu machen. i

Hierauf ergriff der Bevollmächte zum Bundesrath, Staats- sekretär des Reihs-Schaßamts von Burchard das Wort:

Wenn ih an die lezten Worte des Herrn Vorredners anknüpfen darf, so gehen fie, glaube ich, von einer irrigen Meinung über unsere Stellung und die Stellung der verbündeten Regierungen aus, Wir können hier nicht ledigli} unsere persönlihe Anschauung ver- treten , sondern sind gebunden an die Auffassung der verbündeten Regierungen und würden unrecht handeln, wenn wir eher, als die verbündeten Regierungen zu einer Frage Stellung genoramen haben, hier in bestimmter Weise uns zu cinem Vorschlage äußern wollten. Ic füge «aber gleich hinzu, daß die Vertreter der Re- gierungen und ihre Kommissarien sich mit der größten Hingebung an der Berathung dieses Gegenstandes aub in der Kommission betheiligen werden, iund daß jede Auskunft, die gewünscht wird, soweit es in den Kräften der Regterung liegt, bereitwilligst von ihr ertheilt werden wird. Die verbündeten Re- gierungen werden es das glaube ih bestimmt annehmen zu müssen ihrerseits mit Freuden begrüßen, wenn es bei der Berathung in der Kommission und im Hause gelingen möchte, eine Verständigung herbeizuführen, die diese wichtige und \chwierige Aufgabe der Gesetz- gebung ihrer Lösung entgegenführen könnte.

Ich möchte weiter bemerken, daß sowohl der Hr. Antragsteller von Wedell, als auch die Herren, die für den Antrag Arnsperger ge- \pro(en haben, über vie Stellung der Regierung von einer mißver- ständlichen Auffassung ausgegangen find, der erstgenannte Herr inso- Ten, dals œ dad bat bie Meaterunag stande ja auf dem Boden seines Vorschlags, dieser lehne sich nur an das an, was die Regierung ihrerseits selb} vertrete, und der Hr. Vorredner Oechelhäuser insofern, als er gesagt hat, die Regie- rung hätte den vorjährigen Entwurf {on aufgegeben, fich von ibm losgesagt. Meine Herren, Beides trifft niht zu. Erstens \tehen

bestehe nur der Unterschied, daß, |

formell die Regierungen nit mehr auf dem Standpunkt des Ent- wurfs vom vorigen Jahr, sie sind ja nit verpflibtet darauf zu stehen ich brauhe das nicht weiter auszuführen. Aber auch materiell können sie die Stellung des vorjährigen Ent- wurfs jeßt niht ohne Weiteres einnehmen. Jh erinnere daran, daß die Situation si irzwischen wesentlich verändert hat. Abgesehen da- von, daß wir vor einem neuen Reichstage stehen, und abgesehen da- von, daß Steuervorlagen, die gleichzeitig oder vor dieser Vorlage der verbündeten Regierungen im vorigen Jahre cingebraht sind, nicht zur Annabme gelangt sind, so «hat \sich au6 im Lande beim Befkanntwerden des vorjährigen Regierungsentwurfs eine sehr lebhafte urd sehr beahtenswerthe Opposition von mannig- fahster Seite geaen die Vorsc{läge der Regierung erhoben, Der Hr. Abg. Oechelbäuser und auc der Hr. Abg. Siemens - haben dem ja heute cinen lebhaften Ausdruck gegeben: sie erkennen in den Vor- schlägen eine Feindseligkeit gegen die Börse, sie halten fie für letal, für vexat@is%, und in dieser Weise haben sich auch andere sehr beachtenêwerthe Stimmen über den Entwurf ausgesprowen. Meine Herren, die verbündeten Regie- rungen werden ja ihrerseits auf diese von so vtkelen beachtenswerthen Stellen gefallenen Aeußerungen aroßes Gewicht zu legen baben. Die Regierungen balten es für ihre Aufgabe, das wirthschaftliche Leben auf allen Gebieten zu fördern, soweit sie dazu im Stande sind, und wenn sie zu der Ueberzeugung kommen, daß einzelne Bestimmungen des Ent- wurfs nach dieser Richtung hin das Unrichtige cetroffen baben, daß sie dazu beitragen würden, das wirthschaftliwe Leben namentlich an der Börse und in anderen Erwerbékreisen zu \{hädigen, so würden sie keine#wegs anstehen, zu anderen Vorschlägen sich zu kckennen und diefe Vorscbläge fallen zu lassen.

Die verbündeten Regierungen haben nach dieser Richtung hin eine Prüfung noch nicht angestellt und ich glaube, sie werden sih das Recht durcbaus vorbehalten wollen, in eine folde Prüfung einzutreten. Ih kann deshalb über die Stellung der verbündeten Regierungen zu der Vorlage des Hrn. Abg. von Wedell-Malchow, die ja im Wesentlichen identisch ist mit der vorjährigen Regierungs- vorlage, keine Erklärung abgeben. Der Herr Reichékanzler seinerseits ist vollständig bereit anzuerkennen, daß die im vorjährigen Re- gierung8entwurf vorgeschlage:e Kontrolmaßregel zu weit geht, er meint, daß es dech eine zu hohe Anforderung an den Handelsstand und den einzelnen Kaufmann enthalten würde, wenn man von ihm fordern wollte, daß er fortlaufend in akuratester Weise ein Register führen sollte, für das er durch hohe Strafen verantwortlih ge- macht werde, durh Strafen, welhe îin der That unter Umständen seine Existenz gefährden könnten. Der Derr RNetchskanzler glaubte , daß in dieser Beziehung die vorjährigen Vorscläge jedenfalls ciner Modifikation zu unterwerfen sein würden. Es ist allerdings außerordentlich \{wterig, Kontrol- maßregeln zu finden, welche eine erhöhte Steuer sichern, denn an der Auffassung werden die verbündeten Regierungen auch jetzt festhalten, daß eine wesentlich höhere Hcranziehung des mobilen Kapitals zu den finanziellen Bedürfnissen des Reichs, eine gerechtere Vertheilung als fie bisher im Reichs - Stempelsteuergescß erreiht worden ist, und zuglei cine Beseitigung der bei dem jetzigen Gesetz hervor- getretenen ÜUnzuträglichkeiten und Zweifel unbedirgt anzustreben ift.

Der Hr. Abg. Dr. Arnsperger hat die Einführung eines Schluß- notenzwanges in Vorscblag gebracht; diese Frage ist auch {on früher hier wiederholt ¿ur Erörterung gebrabt. Die verbündeten Regierungen haben bei der Ausarbeitung ibrer Vorschläge vom vorigen Jahre fih der Ansicht zugeneigt, daß man von einer Einführung des Scblußnotenzwanges absehen solle und zwar deswegen, weil ein folcher Scblußnotenzwang niht durchzuführen und zu kontroliren sei ohne fehr strenge Strafen, ohne cine peinlicbe Kontrole, eine Kontrole, die in Wirklichkeit nicht laxer sein dürfte als die Kontrole, die sie vor- geschlagen haben. 5

Der Antrag Dr. Arnsperger sucht nun diese S{&tuierigkeit dadurch zu beseitigen, daß er die Handelskammern mitwirken lassen will bei der Erhebung und Kontrolirung der Abgaben. Ich muß diesen Ge- danken prinzipiell als einen durhaus zu berücksi{tigenden bezeichnen. Db der Vorschlag sonst in dieser Beziehung das Richtige getroffen hat, ift allerdings eine Frage, die ciner eingehenden Erwägung zu unter- werfen scin wird. Auf der cinen Seite ift es außerordentlich \{chwierig, das Institut der Handelskammern einzufügen in den Organismus der Steuererhebungsbehörden. Die Handelskammern sind nah ganz andern Grundsätzen zusammengeseßt als alle anderen Behörden ; sie unter- liegen nicht der unmittelbaren Einwirkung der vorgeseßten Behörden, und es wird gewiß außerordentlich \chwierig sein, eine Mitwirkung derselben in richtiger Weise eintreten zu lassen.

Auf der andern Seite {eint mir der Entwurf aber nit weit genug zu gehen. Jch glaube, daß es nothwendig scin wird, wenn man die Steuererhebung gehörig sichern will, daß man bei einer höheren Anspannung der Börsenstcuer auch in weiterem Maße, als hier vorgesehen ift, eine Bethätigung der Handelskammern wird in Anspru nehmen müssen. Diese Frage wird, wenn man an die nähere Prüfung des Arnspergershen Entwurfs herangeht, noch genau zu erörtern fein.

Ich sehe davon ab, auf alle Einzelnheiten des Entwurfs einzu- gehen. Ich glaube, daß er allerdings nad manchen Nichtungen hin, wenn man sich auf ihn tellen will, der Verbesserung auch im Ein- zelnen bedürfen wird. Wenn ih schon jeßt einige Punkte ftreifen darf, namentlich die Tarifnummer 4, die das Maß der Belastung be- trifft, so will der Eatwurf die Mitte wandeln zwischen Fixstempel und prozentualem Stempel, indem er Klassen der Besteuerung vor- \chlägt, und sih dabei an diejenigen Vorschläge anlehnt, welche im Jahre 1881 die verbündeten Regierungen ihrerseits gemacht haben.

Es ist, wie der Hr. Abg. Oecbelhäuser auch hervorgehoben Da, [ehr [MWer, V ein richtines Bild Uber die Hohe der Besteuerung und über das zulässige Maß zu machen. Wenn ich

| diese Klassen näher ins Auge fasse, so beläuft si der Stempel für

die Geschäfte bis 1000 G auf mindestens 2/10 pro Mille, aber er

{ erreiht bei höheren Geschäften, bei Geschäften von 100 000 6 und

mehr nur den Betrag von 1/50 pro Mille. Ich glaube in der That, daß dieses Maß der Besteuerung do nicht Demjenigen entspricht, was von der Börse verlangt werden kann, und ich glaube, daß die verbündeten Regierungen geneigt scin werden, eine weitergehende Be- lastung der Börse in Anspruch zu nehmen.

Der Antrag hält dann fest an dem Unterschied zwischen Zeit- geschäften und Komptantgeschäften, indem er die Zeitgeschäfte höher belasten will als die Komptantgeshäfte. Der Vorschlag der ver- bündeten Regierungen in Uebereinstimmung mit dem Antrage von Wedell hatte geglaubt, diesen Unterschied fallen lassen zu müssen und zwar aus praktischen Bedenken. Wenn Zeitgeschäite und Differenz- geschäfte identisbe Begriffe wären, so wäre nihts gerechtfertigter und angezeigter, als die Zeitgeschäfte höher zu treffen als die Komptant- geshäfie. Das ist aber nicht der Fall. Denn grade die solidesten Geschäfte vollziehen sib in der Form der Zeitgeshäfte. Ich erinnere daran, daß Spiritusverkäufe, zum Theil auch Getreideverkäufe, im wesentlichen als Zeitgeschäfte behandelt werden, und es würde unge- rect sein, wenn man grade diese Geschäfte mit einer höheren Abgabe treffen roollte, als die Effektengeschäfte.

e Auch die Definition des Zeitgescchäfts, die hier im 8. 8 an- gegeben ift, scbeint zu Bedenken wesentlichen Anlaß zu geben. Jegt ist das Zeitgeschäft im Stempelgesch bezeicbnet als ein auf Zeit atgesclossenes Geschäft. Das ift cine sehr äußerlihe Bezeichnung, die zu manchen Ungerechtigkciten geführt hat, aber es ist wenigstens ein für die Steuererhebung erkennbarer und zweifelloser Begriff. An Stelle dieser Definition will nun der § 8 eine Definition setzen dahin, daß ein Zeitgeschäft cin solches ist, „wenn die Erfüllungszeit etwas dergestalt Wesentlibes ist, daß nach Absicht der Kontrahenten eine spätere Leistung nicht mehr als Vertragserfüllung angesehen werden . soll“. Dies maa wohl für die Börse eine klare Bestimmung sein sie lehnt \#ch{ch an an eine Ent- scheidung des Ober-Handel8gerihts, wenn sie diese Entscheidung auch nicht genau wiedergiebt aber für die Steuererhebung ist der Begriff absolut nicht zu gebrauchen; denn Sie können von Keinem, der die Steuer festsezen foll, verlangen, daß er in eine Beurtheilung

darüber eintreten soll, ob in einem speziellen Ge’chäft die Zeitbeftim- mung etwas Wesentliches ist oder nit. Sie würden dur Einfüh- rund dieses Begriffs eine Quelle großer Zweifel und Verschieden- heiten s{chafen, und i glaube, man solite ich bemühen, dieselben möglist zu beseitigen und niht neve zu hafen.

e Was dann die Befreiung vom Tarif anbetrifft, so will ich auf die Einzelheiten niht näher eingehen. Eine Versciedenheit entbält die Befreiung unter 1 insofern, als das Waarengeschäf! nicht, wie es Hr. von Wedell vorgeschlagen hat, bis 10000 Æ von der Abgabe befreit sein soll, sondern nur bis 5000 4 Erwägt man nun, daß gerade die Geschäfte mit Spiritus und Getreide sih bis zu dieser Grenze von 10000 A. vorzugweise bewegen, so {eint es doc ret bedenklich, die Grenze, welche die verbündeten Regierungen ihrerseits vorgeslagen baben: bis auf 10070 M4, nunmehr auf die Höhe von 5000 M zu beshränken. Jedenfalls bedür‘e diese Veränderung des Gesetzes ciner sehr eingehenden Erläuterung.

Nun möchte ih auf einen Punkt kommen, den der Hr. Abge ordnete Decbelhäuser in seinem Vortrage, glaube ih, au näher be- rührt hat, nämlich auf den §8. 24 des ÄArnspergerschen Entwurfs. Es heißt da, daß die Civilklage allgemein zuläisig sein soll gegen die Höhe des Stempelbetragcs. Dieser Vorschlag enthält eine Neuerung gegen den bisher bestehenden Zustand.

Die verbündeten Regierungen sind davon ausgegangen, daß der Reicbsstempel die nächste Verwandtschaft mit dem Landeé stempel Habe und daß das, was in dieser Beziehung cücksichtli der Civilklage für den Landesstempel bestimmt ist, für den Reichéstempel u gelten hat und umgekehrt, daß es zu ciner Beeinträdtigung der Landesinteressen führen würde, wenn für tas Reich in dieser Beztehurg weiter ge- gangen würde als für den Landeéëstempel. Ist cine Verände- rung în dieser Beziehung nothwendig und ich verkenne gar niht, daß cs in mancher Beziehung wünscen8werth ist —, so wird der Weg der Landesgeseßgebung zu beschreiten scin, und zwar nit nur für die Reihs-Stempelabgaben, sondern au für die Landes- Stempelabgaben, Aus diesem Grunde, glaube ib, wird diese Frage nit den Reichstag zu beschäftigen haben, sondern, wenn namentli in Preußen eine Erweiterur.g dieses Rechtêweges gewünscht wird, den preußischen Landtag. Aber au der Vorschlag, daß solche Civilklagen gegen den Reichsfiëkus anzuftrengen sind, steht im Widerspruch mit der ganzen Organisation und Verwaltung der Reichs-Stempelabgaben. Die Stempelst. uec wird von den Einzelstaaten erhoben und erst nach- her wird sie an das Reich abgeiührt. Wenn man nun vorslagen wolite, daß gegen jeden Stra}bescheid cines Haupt er Reichéfiskus als Ver- klagter si stellen und die Vertretung übernchmen sollte für die Ent- \Wetidung des Hauptamtes, so würde dabei vollständig dec Zusam- menhang zwischen Reih und Einzelstaaten verschoben: die böberen Insianzen der Einzelstaaten würden nm ihr gutes Recht, im einzelnen Falle zu prüfen und zu entscheiden, kommen, und der Reichtfisfus würde in die Stelle gescoken werden zu einem Zeits punkt, wo naturgemäß noÞþ gar uicht die Stelle ist, an welche diese Frage herantritt. Jch sehe dabei ganz ab von der näheren Erörterung der Belastung, die damit dem Reichéfis8kus erwacdfen würde. Ich glaube, es kann keinem Zweifel unteriiegen daß in Bezug auf die Zahl der Beamten in der Reichs-Finarzver- waltung etne ganz erheblihe Vermehrung stattfinden müßte, wenn alle dieje Prozesse beim Neiche geführt werden müßten. Ich glaube, daß auch nah dieser Richtung sih der Vorschlag nicht wird ver- treten lassen.

__DO {ließe wit den Worten, mit denen ih angefangen habe, daß die verbündeten Regierungen es nur begrüßen können, wenn es gelingen wird, zu einer Verständigung über die Frage hier im Hause u kommen, und daß wir bereit sind, hier und in den Kommissions- berathungen jede Aufklärung zu geben, so weit wir dazu im Stande find.

__ Der Abg. Dr. Porsch erklärte, daß feine politischen e5reunde dem Antrage von Wedell \ympathish gegeniber- ständen und hofften, es werde endlich in dieser Session cin zwecentsprechendes Börsensteuergeseß zu Stande kommen. Diese Hoffnung sei bisher dur diejenigen Redner, welche si ablehnend erklärt hätten, nit abgeshwäht worden. Es sei angemessen, daß niht vorzugsweise der Grundbesiß und die arbeiterden Klassen die Steuerlast tragen müßten, fondern daß vor allen Dingen das stets wachsende bewegliche Ver-

reichend besteuert worden sei und si in vielen Punkten geradezu der Steuerfreiheit erfreue. Nicht aus Haß gegen die Börse, welche ja au ihre Lichtseite habe, werde seine Partei eine Börsensteuer votiren, sondern nur, weil das Centrum sie für zweckmäßig und gerecht halte. Das Vorhandensein einer Börsenordnung erscheine ihm übrigens außerordentlih wün- schenewerth; es würde das die ganze oder theilweise Kontin- gentirung der Börsensteuer ermöglichen, Mit der kommissari- [hen Berathung der Vorlage sei er einverstanden.

__ Der Abg. Kayser erklärte, seine Partei stehe zur Börse keineswegs in einem freundlichen Verhältniß. Schon Lassalle habe darauf hingewiesen, daß gerade bei der Börse die wirth- schaftlihe Ausbeutung der Shwächeren durch die Starken am

deutlichsten in die Erscheinung trete, und daß es sich hier am ]

meisten zeige, daß nicht die Arbeit, sondern das Kapital, der mühelose Erwerb, ohne jede persönliche Tüchtigkeit, allein alle Reichthümer einheimse. Seine Partei kenne ganz gut die wirthschaftlihen Zustände an der Börse, wenn sie auh nicht sachverständig sei. Der Kapitalismus habe an der Börse seinen eigentlichen Siß, und an der Börse geve es gewisse Hechte, die alles wegshnappten, was sie irgend in ihr Bereich ziehen könnten, Er mache auf das Buch des Professors Kohn in Zürich aufmerksam, welcher ausführe, daß schon der Name „Börse“ von s\ymptomatischer Bedeutung sei; das Wort be- deute nämlich ursprünglih ein * abgezogenes Fell. Die Börse habe sogar ihre Geheimsprahe: in den Kursberichten fänden sich Worte, die nur den Eingeweihten verständlich seien; man spreche z. B. von Minen und Contre- minen, was übrigens ganz außerordentlih kriegerish flinge.

3. B. die serbische Anleihe aufgelegt mit 62 Proz., auf den

: / Y | Partei stehe dem Entwurf des Abg i Wedell-Ma t mögen herangezogen werde, welches bisher noch nit aus- | f, | / s 0 Non ARDEL Mala

; Verbindung stel

Die Nothwendigkeit und den Nutzen der Vörse vermöge er | niht einzusehen. Die Börse wende das bewegliche Kapital nit den soliden Unternehmungen zu, nit der gediegenen Industrie, sondern den Spielpapieren, den Schwindelunter- nehmungen. Wenn man die Börse besteuern wolle, was er an sich nur für gerecht halte, so müsse man, um sie wirksam zu treffen, die prozentuale Besteuerung anwenden. Diese balte er für die einzig richtige. Je größer die Summen seien, über welhe Geschäftsabschlüsse gemacht würden, desto größer sei der Geschäftegewinn und die Börsenmänner dürsten volks- wirthschastlihe Gesichtspunkte dabei erst in leßter Linie im Auge haben. Und gerade die meisten und höWsten Gewinne würden im Differenzspiel gemacht. Mit leihter Mühe würden da in Spekulationen, bei denen aller: dings die Mächtigsten und die Kapitalkräftigsten die meisten Chancen hätten, Millionen gewonnen. Die Diskonto-Gesell- schaft zahle troß der hohen Beamteng: hälter, troßdem sie eine Million für Tantièmen ausgebe, eine Dividende von 11 bis 12 Proz., während die Reichsbank nur etwa 3 bis 4 Proz. zahle. Bei den Börseninstituten sei in dieser Beziehung gleich- sam eine Herzverfettung zu konstatiren. Der agrarische Kampf gegen die Börse entspringe wohl nur einem: gewissen Neide ; jolhe Gewinne, wie sie an der Börse erzielt würden, habe eben Feder gern. Eine Menge von Unternehmungen an der Börje geschähen nur zum Zweck der Täuschung des Publikums, wie auch ein Vlick in die Börsenorgane lehre. Da sprehe man offen von Courstreibungen 2c., es bildeten sich unter den Finanzgrößen ganz bestimmte Gruppen, die zu- sammen operirten. Diese Geldmächte hätten den be- deutendsten Einfluß auf Angebot und Nathfrage, und alle diese Dinge würden durh das „Wolffsche Telegraphen- Büreau“ bestens gefördert, vorzugsweise befinde sich das Wolffshe Büreau in den Händen des Barons von Bleich- röder, der im Besiße der meisten Aktien dieses Bureaus sei. Die Börsenmänner hätten für ihre Mittheilungen durch dieses Bureau statt einer positiven, bestimmten Form eine bedingungs- weise, unbestimmte eingeführt, die den Spekulationen einen vortrefflichen Vorshub leiste. (Redner verlas einige Depeschen des „Wolfsschen Telegraphen-Büreaus“, welche die Fnteressen der Börse gegenüber dem Privatpublikum verfohten.) Warum wolle nun der Abg. von Wedell-BVialhow eine Emissions- steuer? Die Berliner Handels8gesellshaft wolle bei Unter- bringung der Emissionen auch ihren Vortheil ziehen, sie habe

j Milliarden jeden serbischen

Markt sei

eten Daraus

sie mit 72 Proz. gekommen; 6 ei 1 gezeihnet worden, auf Einwohner seien also 20000 M gekommen. Hätte die ser- bishe Regierung das auszunußen verstanden und

den Zeichner berüdsichtigt, so wäre sie chön herausgekommen. Ganz ähnliche Verhältnisse seien bei den russishen Anleihen zu Tage getreten. Auf die leßte russishe Anleihe sollten nicht weniger als 30 Milliarden gezeichnet worden fein. Solche Ei)cheinungen verdienten doch wahrlich in Betracht gezogen zu werden. Sehr bedauerlich sei auch die Haltung der Presse gegenüber dem Treiben an der Börse, und zwar hätten viele Zeitungen, welche fonst auf dem Parteistandpunkte der Rechten, welche diesen Entwurf eingebracht hätten, ständen, in dieser Beziehung vor den anderen Zeitungen nihts voraus. Von der

„Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ heiße es, daß sie in ihrem

vorderen Theil dem Reichskanzler ein Stück weißes Papier zur

Ver ügung stelle, aber es scheine auch, daß sie von dem hin-

teren Theil mindestens ein ebenso großes Stück der Börse zur 1

Versügung gestellt habe. Redner sprach sich sodann gegen den Antrag Dechelhäuser aus, der zwar das Huhn s{lacten wolle, aber niht wolle, daß Blut dabei fließe. Seine sympathisch gegenüber und habe nur Bedenken bezüglich der Verwendung der Steuer. Er wolle nämlich eine diskretionäre Verwendung der Regierung, welche seine Partei mit Bruta- lität behandele, niht überlayjen. (Der Präsident rief den Redner wegen dieses Ausdrucks zur Ordnung.) Seine Partei würde noch viel weiler als der Antragsteller gehen und zum Bei- ¡plel auch eine Kapitalrenten- und Dividendenfsteuer beantragen. Zm Lande umherziehende konservative Agitatoren hätten es vielfa ausgesprochen, daß feine Partei mit der Börse in

þ e, die Stellung, welche seine Partei zu dem vorliegenden Entwurfe einnehme, widersprehe {hon der an und für sich unhaltbaren Behauptung. Die Börse sei in den weitesten Kreisen so unbeliebt, weil die Leistungen ihrer Be- juher in gar keinem Verhältnisse ständen zu dem von ihnen erzielten Gewinn; leßterer sei viel zu groß. Auch wollten die Börsianer eine weit über ihre Verhält- nisse und ihre Leistungen hinausgehende Stellung einnehmen. Diesem Streben entspringe z. B. die Bezeihuung „Börsen- sürsi“ und andere von Ueberhebung zeugende Ausdrücke. So- oald er die Garantie habe, daß der aus der Börsensteuer \ich ergebende Ertrag in guter und zweckmäßiger Weise verwendet werde, werde erx der Besteuerung zustimmen. Er meine aber, daß hierin Vorsiht geboten sei, weil et die vielen ovrohenden Steuern nicht vermehren wolle, ohne daß davon ein Gebrauch in seinem Sinne gemacht werde. Sehr auf- fällig erscheine es, daß die Regierung ihren früheren Ent: wurf habe fallen lassen, besonders auch deshalb, weil diese Regie- rung sonst rect beharrlich in Einbringung eines und desselben Ent-

¿ diese Forderungen nicht habe

i nteresse an

wurfs zu sein pflege. Es habe den Anschein, als stehe die Negie-

rung der Börse überhaupt nicht gerade unsympathisch gegenüber. |

Daß die Börse nach politisher Macht strebe, sei ja bekannt und finde unter Anderem eine JFllustration dadur, daß der Verein mit dem langen Namen es versucht habe, Leute in den Reichstag zu bringen, welhe seine Zwecke daselbst fördern sollten. Fm Allgemeinen sei es der Standpunkt der Regierung, daß fie neue Steuern haben wolle, woher dieselben genommen werden sollten, jei ihr mehr oder weniger gleichgültig. Er fasse seine Aus- führungen in dem Saße zusammen, daß ein gerechter Aus- gleih zwischen Arbeitsleistung und Arbcitslohn unter der jeßigen staatlichen Ordnung nicht mögalih sei und erst ein- treten werde, wenn diese Ordnung durch die sozialistishe ab- gelöst werde.

Der Abg. Gamp wünschte auc, daß es gelingen möchte, diele Geschäfte zu Gunsten des Reiches zu belasten, sofern mcht die berehtigten und nothwendigen Geschäfte der Börse darunter leiden würden. Wenn seine Partei gerade wie gegenwärtig das Junitiativvorgehen des Abg. von Wedell- Malchow unterstüze, so liege der Grund dazu für sie in der ungünstigen Finanzlage des Neiches. Es fei von allen Seiten anerkannt worden, daß der Etat mit größter Sparsamkeit aufgestellt sei, und glcihwohl hätten Forderun- gen, deren Berehtiaung und Dringlichkeit in der Kommission anertannt seien, zurückgeftelt werden müsen. Wenn man E bewilligen fönnen, sollte _Steuerquelle, wie die vorliegende, Erschließung gefordert werde. Daß der frühere Entwurf nicht zur An- nahme gekommen fei, begrüße it beson! Freude. Damals habe si in Folge iebenziger Jahre eine gewisse Animosität aege 18gebildet, und die Herren, die dena s

man niht auf eine verzichten , deren

§ Interessen der Börse nabe gestanden hätten, hätten denselben von einen betrachtet. Jett hätten sih die Anshauunaen gcänzert. Der Abg. Siemens habe anerfannt, daß der Wunsch c (des Abg. Siemens) Partei dahin gehe, diese s örse auf- zulegen und die Herren von der sreifinnigen Bartei würden viel- leiht auch eine Aenderung ihrec Ansichten vora-nommen haben. Bei den früheren Berathungen hätte die frcifinnige Lartei cinen ganz erheblihen Grad von Wohlwollen den Interessen der Börse entgegengebracht. Diejenigen, welhe der Besteuerung der Börse das Wort geredet hätten, dürften nicht so hingestell werden, wie es neulich vom Abg. Rickert geschehen sci, als ob sie gegen die Jnteressen des kaufmännishen Verkehrs über- haupt seien. Dem müsse éx die Änerkernung versagen. Er glaube, man erweise dem Kausmannsstand einen {lehten Dienst, wenn man die Fnteressen der Börse vollständig mit denen des kaufmännischen Verkehrs identifizire. Er müsse sagen, daß er in den w:citesten Kreisen den Wunsch have theilen hören, die Ausscheidung der Börse aus dem Steuer- system zu verhindern und sie zu einem erheblichen Steuer- objekte zu machen. Wenn man seiner Partei hier Vorwürfe mache, so frage er: Wer sei denn der Pionier auf diesem Gebiete gewesen? Das sei der Abg. Lasker gewesen, der sich gegen die Ausschreitungen der Börse erklärt habe. Daß dec gewerbsmäßigen Spekulation gleichzeitig auf dem Wege der Börsensieuer entgegengetreten werde, sei nah seiner Meinung ganz selbstveiständlih und keine Parteifrage. Er wolle chen eine Börsensteuer und keine Geschäftssteuer : er wünsche den Waarenverkehr durchaus anders be- handelt zu sehen als den Geldverkehr, die Fondstrans- aktionen und die reine Spetulation. Der Waarenverkehr solle steuerfrei bleiven, nur die Waarengeschäfte auf Zeit und mit fungibeln Gegenständen der Steuer unterliegen. Jin Uebrigen mache er sih die neulihen Ausführungen des Aba. von Malgzahn über die Börsenjspekulationen in Getreide völlig zu eigen und halte sie gegen den Abg. Rickert durchweg aufrecht. Die Börse habe selbstverständliG dasselbe \ shwankenden, wie der wirklih produfktive Handel und Verkehr an festen, stabilei Preisen, und troßt- dem der Abg. Ridert es leugne, wirke das Borsenspiel mit- bestimmend auf die Preise ein. Er sei ferner sür eine pro- zentuale Besteuerung, da diese den Rücksichten der Gerechtig- keit und Billigkeit am meisten entsprehe. Daß der Abg. Siemens gerade so entschieden gegen prozentuale Besteuerung auftrete, könne er sih gar niht ertlären. Es habe sich {hon kurz vor Weihnachten hier in Berlin ein sogenannter eler bezwecke, die in Folge der Kon- kurrenz so schr gefallenen Säße für Übschlußprovisionen und dergleichen wesentlich zu erhöhen; unter 1 Prozent Provision solle bei hohen Konventionalstrafen keine Geschäftsvermittelung mehr stattfinden. Unter den Mitgliedern des Vereins befinde nh auch die Deutsche Bank; nun, wenn das Publikum eine folhe Erhöhung tragen könne, dann würden die Bankiers auch dafür sorgen, daß auch die prozentuale Steuer noh auf das Publikum abgewälzt werde; die Berehnung sci dann schließliÞh nur noch eine Kleinigkeit. Redner fritisirte hierauf noch den nationalliberalen Börsensteuer-Entwurf und erklärte das Einverständniß der Reichspartei mit kommis- sarisher Berathung der beiden Anträge.

Die Diskussion wurde geschlossen, und nah dem Sch{hluß- wort des Antragstellers Abg. von Wedell - Malchow überwies das Haus beide Anträge einer besonderen Kommission von 21 Mitgliedern.

Hierauf vertagte sich das Haus um nerstag 1 Uhr.

51/7 Uhr auf Don-

MITEA

7

Preuß. Staats-Anzeiger und das Central-Handels8- register nimmt an: die Königliche Expedition des Deutschen Reihs-Anzeigers und Königlich Preußischea Staats-Anzeigers :

Berlin SW., Wilhelm-Straße Nr. 32.

[63599]

Steekbriefe 6 0 fe und Untersuchungs : Sachen Gegen den

[63594] Stebriefs-Erneuerung.

Der gegen den Kaufmann David Fteishmaun, am 27, Juli 1853 zu Sierdabely in Ungarn geboren, wegen Betruges von dem Untersuchungsrichter des früheren Königlihen Stadtgerichts zu Beclin in den Ulten V, B 1,220, 02,166 J. 11. O. 4505,81 rep. unter dem 28. Februar 1882 erlassene und unter dem 4. Januar 1883 erneuerte Steckbrief wird nochmals erneuert.

Berlin, den 14. Januar 1885.

Staatsanwaltschaft beim Königlichen Landgericht I,

abzuliefern.

. Steckbriefe und Untersuchungs-Sachen. 2. Subhastationen, Aufgebote, Vorladungen u. dergl. 9. Verkäufe, Verpachtungen, Submissionen ete. 4, Verloosung . As u. 8, w. von öffentlichen Papieren.

unten Friedrih Adolph Schwarz, welcher flüchtig ist, ist die Untersuhungshaft wegen versutter Erpressung und wissentlich falsber Anschuldigung in den Akten U, R, 11. 986, 84 verhängt.

Gs wird erjucht, denselben zu verhaften und in das Untersuchungsgefängniß

Berlin, den 19. Januar 1885. Der Untersuchungsrichter bei dem Königlichen Landgericht T.

Beschreibung: Alter 27 Jahre, geb. 4. 11. 57 zu

Grosshandel

7, Literarische Anzeigen. 8. Theater-Anzeigen . Familien-Nachrichten. /

Amortisation, Zinszahlung

Steckbrief.

beschriebenen Schuhmacher

Nase lang, Mund gewöhnli, Narbe und Arm blau tätowirt.

zu Alt-Moabit 11/12,

Jo hl V Det

9. Industrielle Etablissements, Fabriken und

6. Verschiedene Bekanntmachungen.

Kl. Trampfen, Kr. Danzig, Größe 1,76 m, Statur kräftig, Haare braun, Stirn s{chmal, hoch, Bart brauner Vollbart, Augenbrauen braun, Augen braun, Zähne vollftändig, Gesicht länglich, oval, Gesichtsfarbe gesund, Sprache deutsch. Besondere Kennzeichen : Kehlkopf links eine graue Warze, Magengegend rechts eine bohnengroße

Steckbriefs-Erledigung. Der gegen den Arbeiter Wilhelm Nickel zu Born- städt, Katharinenholzftraße Nr. 1, unterm 20. Juli

L 52 | ® D Q . Inserate für den Deutschen Neicbs- und Königl. E 41/91 Î €VL Zeiger. E terie u die À Exvediti d B Znlserate nehmen an: die Ännoncen-Crpedittonen de

„Znvalidendank“, Rudolf Mosse, Haasenstein

& Vogler, G. L. Daube & Co., E. Schlotte,

Büttner & Winter, sowie alle übrigen größeren Annoncen - Bureaux.

| In der Börsen- E beilage. 28 e

1883 in Sachen A. 51. 80 Fall 851 und A. 56. 80 Fall, 948 a. erlassene Steckbrief it erledigt. Potsdam, den 15, Januar 1885. Königliches Amtsgericht, Äbtheilung V.

[63597] Steckbriess-Erledigung.

Der unterm 17. November 1884 hinter den Webergesellen Hermann Hoffmann aus Neu-Coscbißz 4% as Steckbrief ist durch tessen Ergreifung er- ediat.

Potsdam, den 20. Januar 1885.

Königliche Staatsanwaltschaft.