1905 / 223 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 21 Sep 1905 18:00:01 GMT) scan diff

Ministerium für Handel und Gewerbe.

Nachdem die Städte Duisburg, Ruhrort und Meiderich zu einem Stadtkreis Duisburg vereinigt find, genehmige ich, daß die bisherigen Bezirke der Handelskammern Duis- burg und Ruhrort in eine Handelskammer zusammen- gelegt werden. : Í

ie Handelskammer erhält ihren Siß in der Stadt Duis- burg und führt den Namen „Handelskammer in Duisburg“.

Sie tritt am 1. Januar 1906 in Tätigkeit.

Berlin, den 18. September 1905.

Der Minister für Handel und Gewerbe. Im Auftrage: Lusensky.

Ministerium des Jnnercn.

Dem Landrat Dr. Kleiner is das Landratsamt im Kreise Lebus übertragen worden.

Evangelischer Oberkirchenrat. Der Sekretär Bavendamm vom e Konsistorium in Berlin ist zum Geheimen expedierenden Sekretär und Kalkulator beim Evangelischen Oberkirhenrat ernannt worden.

Bekanntmachung.

Vom 5. Okiober d. J. ab werden die Postzollab- fertigungsstellen IIT (Alt-Moabit 145) und IV (Köthener Straße 28/29) wochentäglich von 8 Uhr Morgens bis 8 Uhr Abends ununterbrochen für die Abfertigung zollpflichtiger Post- ftücke seitens des Publikums geöffnet sein.

Berlin, den 18. September 1905.

Der Provinzialsteuerdirektor. von Schmidt.

Betanntmaqhunag.

Die Diensträume des hiesigen Königlichen Stempel- und Erbschaftssteueramts befinden t 1eht hier NW. 52, Werftstraße 9; die für das genannte Amt bestimmten Sendungen sind daher fortan dahin zu richten. Dagegen sind alle Sendungen in Stempel- und Erbschafts- steuerangelegenheiten, die für mich, den Provinzialsteuerdirektor, bestimmt sind, nach wie vor unter meiner Adresse nah Berlin NW. 40, Alt-Moabit 143/144, zu richten. Berlin, den 18. September 1905. Der Provinzialsteuerdirektor. von Schmidt.

D 4 L L R DPESS P A A MA T m E

Bekanntmachung:

In Gemäßheit des S 46 - des Kommunalabgabegeseßes vom 14. Juli 1893 (G.-S. S. 152) wird hiermit zur öffent- lichen Kenntnis gebracht, daß das im laufenden Jahre kommunal- abgabepflihiige Reineinkommen der Kerkerbahbahn aus dem Jahre 1904/05 auf 12500 M. festgeseßt worden ist.

Frankfurt a. M., den 18. September 1905.

Der Königliche Eisenbahnkommissar. Meyer.

Angekommen:

Seine Exzellenz der Staatsminister und Minister für Handel und Gewerbe Möller, vom Urlaub;

Seine Exzellenz der Präsident des Reichsbankdirektoriums, Wirkliche Geheime Rat Dr. Koh, von der Urlaubsreise.

Nichtamiliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 21. September.

Seine Majestät der Kaiser und König sind gestern nahmittag um 3/4 Uhr aus dem Manóövergelände des ITT Armeekorps wieder nach dem Neuen Palais bei Potsdam zurückgekehrt und nahmen daselbst heute vormittag den Vor- trag des Chefs des Militärkabinetts, Generalleutnants Grafen von Hülsen-Haeseler entgegen.

Vom 20. bis 21. September Mittags sind im preußischen Staat 14 choleraverdächtige Erkrankungen, darunter 5 Bazillen- träger, und 3 Todesfälle an Cholera amtlich neu gemeldet worden. - Von den Neuerkrankungen kommen auf die Kreise Dirschau 1, Marienburg 3, Graudenz 3 (1 Arbeiter und 2 Kinder), Marienwerder 2 (1 Fischer und 1 Mädchen), Niederbarnim 1 (Sohn eines Schiffsmaschinisien an der Woltersdorfer Schleuse), Züllihau-Schwiebus 2 (Bergmanns- kinder), ete 1 (Arbeiter), Gnesen 1.

Die Gesamtzahl der Cholerafälle beträgt bis jeßt 227 Er- krankungen, von denen 78 tödlih endigten.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. Flußkanonen- ! boot „Tsingtau“ am 18. September in Sainan eingetroffen |

und am 19. September von dort nah Wutschau abgegangen. S. M. Kanonenboot „Luchs geht heute von Tschimulpo nah Tsingtau in See.

In der Ersten und Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „Reihs- und Staatsanzeigers“ wird die vom Reichsz eisenbahnamt G estellte tabellarishe Uebersicht der Be- triebsergebni fe deulsher Eisenbahnen für den Monat San 1905 veröffentliht, auf die am Dienstag an dieser Stelle auszüglih hingewiesen worden ist. :

Wiesbaden, 21. September. Gestern nahmittag fand hier die Beiseßung Seiner Durchlaucht des Prinzen Nikolaus Wilhelm von Nassau statt. Seine a d der Kaiser hatte den Kommandeur des 18. Korps, General der Infanterie von Eichhorn als Vertreter entsandt; ferner waren, wie „W. T. B.“ meldet, vertreten: Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Luxemburg durch den Oberkammerherrn Freiherrn von Syberg zu Sümmern, Seine Majestät der König von Schweden durch den \{chwedischen Gesandten in Berlin Grafen Taube und Seine Majestät der König von England dur den Zweiten Sekretär der englishen Botschaft in Berlin Nufsell Earl Granville. x

Deutsche Aölonien.

Ein Telegramm «aus Windhuk in Deutsh-Südwest- afrika meldet, wie „W. T. B.“ berichtet, folgende weiteren Verluste:

Am 5. September ist auf Patrouille bei Osombo-O rutjindo der Unteroffizier Johann Bree, geboren am 2. 12. 1881 zu Kaïdau, früher im Küra1fierregiment Nr. 5, gefallen (Kopfhuß). Am 11. September sind auf Patrouille bei Haruchas Gefreite: Karl Buhr, geboren am 26. 11. 1878 zu Neurode, früber im Füsilier regiment Nr. 35, und Gefreiter Gustav Wettges, geboren am 17.2 1882 zu Halberstadt, früher im Dragonerregiment Nr. 16, gefallen. Am 15. September wurden beim Ueberfall ter Pferderoache östlih von den großen Karasbergen verwundet: Reiter Wilhelm Nitsche, geboren am 28. 11. 1881 zu Rottwerndorf, früher im Königlih säcfis{en 2. Feldartillerieregiment Nr. 28 (s{chwer, Sc&uß in liuke Brust), Gefreiter Oito Kletsch, geboren am 30. 12. 1879 zu Rothzzenne, früher im 3. Seebataillon (leicht, Fleischs{chuß in reten Unterarm), und Reiter Gerhard Habedanft, geboren am 12. 11. 1884 zu Essen, früher im Lehrregiment der Feldartillerieshießs{ule (leiht, Fleisdschuß in reten Ellenbegen).

Der Sanitätsunteroffizier Karl Shobz, früher im Srenadier- regiment Nr. 10, der im Gefecht beit Nuhib westlich von Haruchas vermißt wurde, hat sich wieder eingefunden.

Oesterreih-Uugarn.

Von Schwarzach, einer Station der Giselabahn aus, bei der die im Bau befindlihe Tauernbahn abzweigt, fand gestern in Gegenwart des Kaisers die feierlihe Eröffnung der Nordteilstrecke dieser Bahn, die bis Hof Gastein führt, statt. Der Festakt, dem auch der Finanzminister und der Ackerbauminister beiwohnten, wurde vom Ministerpräsidenten Freiherrn von Gautsh mit einer die Bedeutung der Bahn würdigenden Ansprache eröffnet. Jn der Erwiderung gedachte der Kaiser der großen Shwierigkeiten bei der Durch- führung des Werkes, die zum größten Teile überwunden zu haben, der österreihishen Tehik zur Ehre gereihe. Der Kaiser sprah die Hoffnung aus, daß die Verbindung der Bevölkerung die ersehnten Vorteile bringen und die gedeih- lihe Entwicklung der Königreihe und Länder wirksam fördern werde. Nach der durch den Salzburger Erzbischof Kardinal Katschthaler vollzogenen Einweihung bestieg der Kaiser den Eröffnungszug und trat die Fahrt nah Hof Gastein an. Auf den Stationen läags der Strecke war die Bevölke- rung erschienen und brate dem Kaiser begeisterte Huldigungen dar. Von Hof Gastein aus besuchte der Kaiser zu Wagen Bad Gastein und trat Abends die Rückreise nah Wien an.

Wie „W. T. B.“ aus Budapest meldet, hat der ungarische Handelsminister Vörös mit der Firma Danubius-Schönichen- Hartmann, Vereinigte Schiffsbau- und Maschinen-Fabriks- gesellschaft, einen Vertrag geschlossen, in dem diese Firma sich verpflichtet, in Fiume eine Werft zu errihten, um den Bedarf der Kriegs- und der Handelsmarine be- friedigen zu fönnen. Das gemeinsame Kricgsministerium betraut diese Werft mit dem Bau der Hälfte der von den Delegationen bewilligten Torpedoboote und Torpedoboots- zerstorer.

Frankfreich.

Durch Beschluß des Untersuhungsrichters Leydet wurden nah Meldung des „W. T. B.“ aus Paris die Anarchisten N Vallina, Malato und Caussanel vor die [nklagekammer verwiesen, und zwar die beiden Erst-

‘genannten unter der Anschuldigung des Mordversuchs gegen

en Präsidenten Loubet, den König von Spanien und 18 Soldaten der Eskorte sowie der Anschuldigung, eine verbreherishe Verbindung zur Anfertigúng von Ex- plosivstoffen eingegangen zu sein, die beiden leztgenannten wegen Mitshuld an diesen Verbrechen. Cocos wird außer Anklagezustand geseßt. Der Fall Avinos genannt Farras wird mangels bestimmtec Anhaltspunkte über seine Identität von dem Verfahren getrennt.

Der Präsident des russishen Ministerkomitees Witte gab einem Mitarbeiter des „Temps“, der ihn über den gegen- wärtigen Stand der französish-russischen Allianz und über Gerüchte, betreffend eine russisch-deutsche An- näherung, befragte, wie „W. T. B.“ aus Paris gemeldet wird, folgende Erklärungen ab:

„Ich glaube, daß dur den Frieden an der allgzmeinen potitischen Lage Nußlands nichts geändert werden wird. Sie sagen, daß man in Frankrei den Eindruck von einer russis@z-deutichen Annäherung hat. Es ift nur natürli), taß diese Annäherung besteht. Kaiser Wilhelm war Nußland gegenüber während des ganzen Krieges mebr als kocreft. Bei jeder Gelegenheit hat 2c sein Bestreben bewiesen und be- fräftigt, uns feine Verlegenheiten zu bereiten und von uns, soweit es von thm abhing, alle Verwickelungen fernzuhalten. Wenn man in ciner s{wiertzen Lage ist, so ist man für ein gutes Vorgehen sehr. dankbar. Das roar unfer Fall; dtazegen hat uns ih muß es ofen sazen die Haltung eines Teils der französischen öffentlichen Meinung seit 18 Monaten unangenehm berührt, besonders nach den franzöôsiscz-russis@en Kundgebungen, die man in den vorher- gegangenen Jahren bei jcder möglichen und selbst unmög- lien Gelegenheit veranstaltet hat. Gleichwohl i wieder- hole es ist im Wescn der französish-ruisishen Beziehungen keine Aenderung cingetreten. Jh sage niht einmal, daß die Sympathien sich vermindert haben, vermute nur, dan die russi}, deutsen Sympathien gewachsen find. Wenn von zwei rößen eine zunimmt, die andere aber unverändert bleibt, so hat man eben den Eindruck, daß legtere kleiner wird. Doch liegt die Sache nicht so. Dieses Gleichnis soll nur meine Ansicht über den hervorgerufenen Eindruck ez:klären. Die franzssis{-russishe " Allianz entspricht den Interefsen beider Völker; an ibr ist nicht3 geändert und darf nichts geandert werden. Das ist meine aufrihtige Meinung.“

_ Witte, der gestern in Paris eine Unterredung mit dem Ministerpräjidenten Rouvier hatte, reiste am Abend nah dem Landgute des Präsidenten Begude-de-Mazone, wo er vom Präsidenten Lo ubet empfangen wurde.

Rußland. Der Kaiser und die Kaiserin besuchten gestern, wie

die „Petersburger Telegr.-Agentur“ aus Wiborg meldet, mit

ihrem Gefolge die Torpedostation in Transund, wo sie den Truppen mit begeisterten Zurufen begrüßt Durben E Jn der Nacht auf Dienstag wurden. in Riga zwei politishe Verbrecher, die eine Rolle als Führer gespieit haben, aus dem dortigen e efängnis gewa'tsam befreit. Dabei wurden, „W. T. B.“ zufolge, zwei Wächter und ein Schuzmann getötet und N mte verwundet. an der Befreiung beteiligte Personen sind verhaftet worden. Der Gouverneur von Saratow verfügte die Fest- nahme der Aerzte, die O an einer regierungsfeind- lihen Versammlung in der Stadt Balaschew teilgenommen hatten. Hierauf richtete eine Konferenz der Gouvernements und Kreisvertretungen des Gouvernements Saratow an den Minister des Jnnern einen telegraphishen Einspruch, in dem gleichzeitig auf die Gefahr hingewiesen wird, daß dur der- artiges Vorgehen die Tätigkeit der Semstwos lahmgelegt und die Demission ihres ärztlihen Personals sowie eine Störun der öffentlihen Ordnung herbeigeführt werden könne. Dag Telegramm schließt mit der Bitte, die Entscheidung dez Gouverneurs, betreffend die Aerzte, aufzuheben.

Jtalien.

Jn Nom wurde gestern die 35. Wiederkehr des Jahres- tages des Einzugs der italienishen Truppen in die Stadt fesilih begangen. Ein Zug, an dem eine große Anzahl von Vertretern der Behörden, der italienishen Städte und vieler Körperschaften teilnahmen, bewegte sih, wie „W. T. B“ meldet, durch die Stadt nah der Bresche an der Porta Pia, wo Kränze ntiedergelegi wurden. Der Bürgermeister von Nom verlas ver der Bresche ein Telegramm des Königs, in dem dieser auf die brüderlihe Einmütigkeit, zu der fich Rom bei Gelegenheit des Unglücks in Calabrien mit den Städten Jtaliens vereinigt habe, hinweist und hervorhebt, daß diese Solidarität dem patriotishen Empfinden neue Stärke gebe und ein Verweis für die fittlihe Kraft des Werkes sei, das vor 55 Jahren zustande gekommen sei und Jtalien die ewige Stadt wiedergegeben habe.

Der Minister der öffentlihen Arbeiten Ferraris ist, aus Calabrien fommend, in Neapel eingetroffen. Er wurde am Bahnhofe von dem Minister Finocchiaro Aprile empfangen, der an Bord cines Torpedobootszerstörers nah Calabrien abreift, um dort die Hilfsarbeiten zu leiten.

Spanien,

Als die Polizei in Barcelona gestern Fahnen in den katalanishen Farben, die auf Häusern, in denen katalanische Vereine ihren Sig haben, und auf Privatgebäuden aebi waren, cnifernen wollte, kam es, wie „W. T. B.“ meldet, zu einem Zusammenstoß zwischen Katalanisten und der Polizei. Der Polizei gelang es, die Fahnen zu entfernen, die Eigentümer der Häuser, auf denen fe gehißt waren, wurden mit hohen Geldstrafen belegt.

Amerika.

Die New Yorker Handelskammer hat, „W. T. B.“ zufolge, an die Handelskammern und ähnlichen Körperschaften in allen größeren Städten cin Schreiben mit der Aufforderung gerihtet, einmütig auf den Abschluß von Cem eitig

eitsverträgen mit Deutschland, Frankreich und Rußland hinzuwirken.

Afrika.

Nachrichten über die von der Regierung des Congostaats gegen den Sultan von Djabbir ausgesandte Ex- pedition, die gestern in Antwerpen eingetroffen sind, lauten, „W. T. B.“ zufolge, recht ungünstig. Danach hält der Sultan der Abteilung des Hauptmanns Laplume stand und soll bereits fünf Weiße haben niedermachen lassen. Die Ab- teilung wird außerdem durch Fahnenfluht geschwächt, die s{chwarzen Soldaten gehen mit Waffen und Gepäck zum Feinde über. Eine Abteilung von 100 Mann is zur Unterstüßun Laplumes abaegangen. Auch der Sultan von Nipoe hat sid aufgelehnt. Ein Handelsagent ist unter der Anklage, Grau- samfkeiten gegen Eingeborene begangen zu haben, verhaftet worden.

Statistik und Volkswirtschaft.

7. internationaler ArbeiterversiGerungskongreß.

_In der gestern untec dem Vorsiß des Geheimen Oberregierungs- rats Werner - Berlin abgehaltenen Sitzung des Arbeiterversiherungs- kongrésses ¿zu Wien hielt zunächst, wie „W. T. B.* berichtet, der Regierungsrat Kögler einen Vortcag über Arbeiterversicherung und Nechtsbewußtsein, an den si eine lärgere Debatte anschloß. Danr begann die Beratung über die Vereinfachung der Arbeiter- versicherung. Geheimer Rat Dr. Bödicker als Referent trat für AufreSterbaltung der Krankenversicherung, aber für grundsäßliche Ver- einigung der Unfall- uad dec Jubaliditäts- und Altersversiherung in Verwaltung und Rechtsprechung ein. Nach weiteren Reserateu über die Frage der Verschmelzung der Kranken- mit der Invalidenversicherunz, die Dr. Nichard Freund, Professor Menzel und Sekretär Dr. Kobalsh erstatteten, entspann sih eine lebhafte Debatte, in der unter Anderen Dr. Veckauf das Prinzip der Selbst- verwaltung verteidigte und betonte, daß den Arbeitern der entscheidende Einfluß auf die Kassen gewahrt bleiben müsse. Während der Rede Verkaufs kam es zu einer Lärmszene; als er die festgesetzte Rede-

zeit überschritten hatte, wurde ihm vom Vorsißenden das Wort entzogen. Das von Verkauf gestellte Begehren, an die Versammlung zu appellieren, wurde von dem Vorsitzenden

für unzulässig erklärt, was von einem Teile der Ver- sammelten mit großem Lärm, voa dem anderen Teile mit Beifall aufgenommen wurde. In dem herrshenden Lärm {loß der Borsizende die Sizung. Am Nachmittag unternahmen die Teilnehmer am Kongreß einige Ausflüge zu Besichtigungen. Bei einem gemeinsamen Abendessen auf dem Kahlenberge begrüßte der General- direktor der Vaisicherungsgescll[haft „Phönix“ Klang den Kongreß namens der privaten Versiberungsge|ellshaften und wies auf den innigen Zusammenhang zwischen der privaten und der öffentlihen Versicherung, die einander ergänzen müßten, hin.

Zur Arbeiterbewegung.

_In der Berliner Metallindustrie, speziell in der elek- trishen Branche, herrsht, wie ,W. T. B.* berichtet, eine gewisse Bewegung. Bei der Deutshen Telephongesellshaft R. Stock u. Co. ist ein Ausstand ausgebrochen, bei der Allgemeinen Clefktrizitätsgesellshaft itreiken Arbeitergruppen des Kabel- werkes, bei Siemens u. Halske if die Schraubendreherei des Wernerwerkes aus\tändig, und cs sind bei dieser Firma und bei den Siemens-Schuckertwerken an nicht weniger als drei weiteren Stellen Bewegungen im Gange, die mit Ausstands- drohungen verbunden find. Die Gesellshaften haben anfangs ver- sucht, den Arbeitern, soweit es môglich war, Zugeständnisse zu machen, haben aber damit keinen Erfolg gehabt, und wenn die Bewegung im

: en Sinne andauert, so ist vorauszusehen, daß die Direktionen bib sein werden, einige wichtige Betriebe tillzustellen. : Bordeaux sind, wie ,W. T. B.“ meldet, die Faßbinder heute in den Ausstand getreten; bereits mehr als 800 haben die Arbeit niedergelegt. :

Die Stahlwerke zu Longwy geben, dem „W. T. B.“ zu- folge, bekannt, daß infolge des Ausstands fünf von fieben Hochöfen außer Beirieb gefeßt worden sind. Die Arbeiter werden, je nahdem die Oefen wieder in Betrieb gestellt werden können, wieder aufs genommen werden (vgl. Nr. 217 d. Bl.).

Kunst und Wissenschaft.

Im Germanishen Nationalmuseum in Nürnberg ist die große Sammlung der Bauernaltertümer und Bauern- traten nunmehr vollständig aufgestellt und dem Besu zugänglich

emaht. Sie ist zum weitaus größten Teil Stiftung eines Freundes des Museums, der diese Sammlung in jabrelanger, mübfamer Tätigkeit zusammengebraht hat. Sowohl hinsichtlich der Vollständigkeit wie der Qualität und der kritishen Auswahl der Gegenstände ist sie die vollständigste in Deutschland und ein besonderer Shmuck des Germanishen Museums. Sie nimmt drei große Säle ein. Einer fonnte, wie wir dem „Anzeiger des Germanishen Nationalmuseums* entnehmen, hon im Jahre 1902 eröffnet werden. Er erhält neun Bauernstuben aus verschiedenen Gegenden ODeutflands und aus Westfriesland und außerdem Mobiliar, Gefäße und Geräte.» Die Reihe dieser Gegenstände wird in einem weiteren Saal im zweiten Obergeshoß des Augustinerbaues fortgeseßt. Hier hat noch eine eingelegte Vertäfelung aus den Vier- landen Raum gefunden, von der die in gleiher Technik behandelten Möbel dieser Gegend aufgestellt sinvb. Des weiteren enthält der Saal eine reiche Zusammenstellung von Geräten verschiedener Art u. a. solche ¡ur Strohhutflehterei, aus dem Schrarz- wald —, außerdem Gefäße aus Zinn, Glas und Ton. Leßtere ergänzen sh mit den im aal der Bauernstuben aguf- gestellten feramis@en Erzeugnissen zu einer äußerst lehr- reichen Sammlung. Der gegenüberliegende große Saal enthält die Bauerntracten. ie sind zunächst in ihrer Gesamterscheinung an iguren, Halbfiguren und Büsten zur Anschauung gebraht. Deren A es 534. In den äußeren Abteilungen der Schränke sind als- dann die Einzelstücke der Tracht aufgestellt und dem Studium zugänglih gemacht. Betritt man den Saal von Osten, so er- blidt man links neben dem Eingang die Trachten von West- friesland und den Niederlanden. In den freistehenden Schränken folgen Nordfriesland und Holstein, die Unterelbe, Pommern, Nieder- achsen, Mitteldeutschland, wo namentli Hessen reich vertreten ist, A Schwaben, Alemannien, Schwetz, Bayern und Tirol, endli am westlihen Ende der Südwand die Wendeuländer. Die Samm- lung ist von glänzender Wirkung; die Figuren sind in ihrer Haltung und in ihren Gesicht?zügen sehr charakteriftish, die Köpfe sind zum Teil nah Photographien gemacht. So sind hier die deutschen Volkstrachten, die unter den modernen Lebens- und Verkehrs- verhältaifsen ras verschwinden, in ihren hauptsächlihsten Typen be- wahrt. Der Stifter der Sammlung hat in ihr niht nur ein Glanz- stück des Germanischen Museums geschaffen, das jedem Beschauer pra bereiten wird; er hat der deutshen Volkskunde einen unschäg- aren Dienst erwiesen und sih gerechten Anspru auf den bleibenden Dank der deuts chen Wissenschaft erworben.

Die Beobachtungen der leßten Sonnenfinsternis in Amerika.

A. F. Wie man in Amerika Kulturaufgaben der Art, wie eine Sonnenfinsternisbeobahtung, behandelt, beweisen die in Wahrbeit großartigen Veranstaltungen, die aus Anlaß des jüngsten Ereignisses am Himmel seitens der Vereinigten Staaten getroffen worden sind. Es wurde zu dem Zweck ein Ges(wader von drei Kriegsschiffen, „Minneapolis*“ (Flaggschiff), «Dixie“ und „Caesar®* %als „U. S. Eclipse-Squadron" gebildet und unter den Befehl des Rear-Admiral C. M. Chefter gestelt. An Bord der Schiffe befand sih ein Stab von Astronomen der Universitäten Washington und Chicago und eine Anzahl der gescicktesten Photographen, die ih nah einem genau verabredeten Arbeitsplan über fünf Landstationen in Algerien und Spanien verteilten. Weil es das erste Mal geschah, daß amerikanishe Kriegsschiffe nah dem Kriege spanische Häfen an- liefen, war man der Haltung der Spanier nicht ganz sicher. Aber kastilishe Höflichkeit und Nilterlichkeit hat aus in diesem Falle nicht versagt. Sowohl die Behörden und die Einwohner von Valencia, als die dôrflichen Alkalden mit ihren Gemeinderäten und der Pfarrer eines Gebirgsdorfes, das man zu einer Beobachtungsstation erroählt hatte, sowie Jung und Alt der Bevölkerung erwiesen den amerikanischen Gästen die größte Liebenswürdigkeit und Gastlihkeit. Da das Wetter an allen 5 Stationen, deren eine über 1000 m hoh au?gewählt war, durchaus günstig war, konnte ein voller Erfolg erreiht werden. An wohlgelungenen Photographien sind allein 50 aufgenommen worden. Es war überall Veranstaltung getroffen, sie an Ort und Stelle sofort zu éntwickeln, was für das Gelingen überaus wichtig ist, aber meist unterbleiben muß. (Auch unsere deutshen Beobachter haben ihre Platten erst in Madrid entwickeln können.) Das Geschwader liegt zur Zeit, weitere Befehle erwartend, in Villafranca bei Nizza vor Anker. Sein Kommandant, Admiral Chester, der auch Superintendent der Marine- sternwarte in Washington und deshalb für die von ihm übernommene Aufgabe der geeignetste Mann ist, war in den leßten Tagen zum Studium Hier gefertigter nautisher Instrumente in - Berlin und besuchte bei der Gelegenheit auch das Potsdamer Observatorium, füt dessen Einrichtungen und Leistungen er größte Bewunderung äußerte.

Land- und Forstwirtschaft.

Der Saatenstand in Preußen um die Mitte des Monats Sevytember 1905.

Nach den im Königlichen Statistishen Landesamt zusammen- estellten Ergebnissen der Erhebungen über den Saatenstand in reußen war dieser um die itte des Monats September

folgender (Begutahtungsziffer 1 bedeutet: sehr gut, - 2: - aut, 3: mittel, 4: gering, 5: sehr ering): Kartoffeln 2,5 (Mitte August L I. 2,4), Klee (auch mit Beimishung von Gräsern) 2,2 (2,6), uerne 2,3 (2,4), Bewässerungswiesen, d. h. solhe Wiesen, deren Be- und Entwässerung nah Bedarf vorgenommen werden fann, 2,2 (2,3) und andere Wiesen 2,4 (2,5).

Zur Erläuterung dieser Zahlen wird in der „Stat. Korr.“ folgendes bemerkt:

Í Im verflossenen Berihtsmonat (Mitte August bis dahin Sep- ember) war die Temperatur in den Küstengegenden meist zu niedrig, S „den übrigen Landesteilen dagegen mitunter etwas zu hoh. : ährend auch dieëmal zahlreiße MRegentage eintrafen, wird D den Berichten aus den Regierungsbezirken Gumbinnen, pabpeln, Schleswig, Cassel, Wiesbaden, Koblenz und Trier a über große Trockenheit geklagt; es soll hier seit längerer Sh kein nennenswerter Regen gefallen sein. Die Niederschläge w rten, wie im ganzen Sommer, vorwiegend von Gewittern her und aren daher ziemli ungleihmäßig verteilt. Erst die Tage um den natswehsel des August zum September, wo sih außergewöhnliche genmengen über alle Landesteile ergossen, brachten in jene Gegenden ange erwartete Befeuhtung. bett ie häufigen Niedershläge und die geringere Sonnenscheindauer daf, gerien das Trocknen und Einf.ahren der Halmfrüchte so sehr, i vereinzelt noch Sommerweizen- und Hafermandeln draußen stehen L erbeblih unter Auswu@hs leiden ; auch für das in Mieten stehende erl fürhtet man. Oftmals wird über den niht unbedeutenden der uft geklagt, welcher durh das Ausfallen der Körner beim Wenden ift geshnittenen rut zum Trocknen in diesem Jahre entstanden Ebenso baben 0 n \{chlechter schütten, als vorher Guan eden war. ü e aiht entsprs E edrüshe von Roggen und Hafer den Erwartungen

Die ungünstige Witterung verursachte au eine Verzögerung in der Bestellung der Aecker zur Wintersaat, so daß tiefe nur in wenigen Gegenden weit vorgeschritten ilt; vielfach konnte sie sogar, da der nasse Boden sih nit bearbeiten läßt, noch nicht in Angriff ge-

nommen werden. Indessen wird auch beriWtet, daß Roggensaaten, welhe bereits im August in die Erde gebraht werden tonnten, auf- zulaufen beginnen. N

_ Von \ch{ädlichen Tieren werden Mäuse jeßt wieder mchr er- wähnt. Sie zeigen sih in größerer Zahl in den Regierungsbezirken Breslau, Oppeln, Sbleswig, Hannover, Stade, Wiesbaden, Koblenz und ganz besonders {ädlich in Aurid, wo sie ih jeßt, na&bdem die Körnerfrüchte von den Feldern geschafft find, den Kartoffeln zuwenden. Au Engerlinge fügen in den Regierungtbezirken Breslau, Magde- burg und Trier den Knollen Schaden zu. Außerdem treten Hamster in Breslau und Magdeburg wieder stärker auf.

__ Recht ungünstig lauten die Nachrichten über die noch zu erntenden frühen Kartoffeln, welhe mit wenigen Autnahmen von Fäulnis befallen fein sollen. So stellt fi bei den feineren Sorten, besonders den im Regierungsbezirk Lüneburg gebauten Eicrkartoffeln, und der Frucht in besseren Böden eine s{chlechtere Beschaffenheit heraus, als dies vorauszusegen war. Die Meldungen über hohe Krankheits- zifffern sind recht zablreih; vielfah werden sic auf 60 v. H. ge- {chägt. Als Krankheiten werden Peronospcra, Schwarzbeinigkeit und Kräuselkrankheit angegeben. Am meisten wird in der Rhein- provinz über die Entartung von Magnum bonum geklagt, deren Haltbarkeit früher sehr geshäßt wurde. Jedoch betreffen diese Mit- feilungen nur die Minderheit des gesamten Kartoffelbaues, und er- wartet man von den Dauerkartoffeln, bei welchen freilih au {on hier und da Fäulnis festgestellt ist, überhaupt bessere Ergebnisse. Mit Rücksicht auf diese Ausficht ist die Begutahtunz der Kartoffeln im anzen nur um 0,1 gegen den Vormonat geringer ausgefallen, d. h. die Misamuienstellune ergab für den Staat 2,9. Am ungünstigsten find die für die Regierungsbezirke Cöln, Aachen und Düsseldorf berehneten R GA bezw. 2,4 und 3,3 gegen 3,1 bezw. 3,1 und 3,0 im

ugust).

Am meisten hat die Witterung den Futterpflanzen genütt. Leider ift der Ertrag mancher Felder troß mehrmaligen Wendens zum Trocknen minderwertig geworden, mitunter ganz verdorben, sodaß das Heu als Futter keine Verwendung finden kann. An \ich sind die Er- träge dieser Pflanzen seit langen Jahren nicht so hohe gewesen wie im laufenden. orzüglih hat sich der Klee entwidckelt; von 3,2 im April ift sein Wert auf 22 für den Staat im Berichtsmonat gestiegen, seit August um 0,4. Die leßte Note würde wohl noch ktesser ausgefallen seia, wenn vom zweiten Schnitt nicht viel verdorben wäre. Zumeist hett die günstige Beurteilung den Stand des jungen Klees zu bezeihnen, von dem in manchen Gezenden {hon ein Schnitt genommen wurde. Die Noten stehen denn auch durchweg über dem Mittel (3,0); die geringste ergab sich für Aurich (2,8). Die Luzerne stieg seit April von 2,8 auf 2,3 in der Begutachtung; bei ihr ergab sih für Gumbinnen die ungünstigste Note (2,9). Bei den Bewässerung8wiesen war die Entwicklung nicht so bedeutend; fie haben ihren jeßigen Stand mit 2,2 im Staate durch eine Aufbesserung von nur 0,3 seit April erreicht. Die beste Ziffer (1,8) ergab sih für Liegniß und Sigmaringen. Die anderen Wiesen haben mehr gewonnen und hätten gewiß zum Teil noch höhere Noten erhalten können, wenn nit viele Slußwiesen überschwemmt wären. So finden si hier eiaige Ziffern unter dem Mittel, die aber das günstige Gesamibild niht zu ändern vermögen; denn es ergab ih für den Staat 2,4 oder eine Besserung um 0,6 seit April.” Die beste Ziffer (2,0) berehnete sich für Liegnitz, die ungünstigsten erhielten Trier (3,3), Caffel und Wiesbaden (3,1).

Vorstehendes ist den bis zum Abs{luß dem RKöntglichen Statistischen Landesamt zugegangenen 4845 Berichtskarten der land- wirtschaftlichen Vertrauensmänner entnommen,

Saatenstand und Ernte in Oesterreich.

(Bericht des K. K. Ackerbauminifteriums nach dem Stande um die Mitte des Monats September 1905.)

Kurz vor Beginn der Berichtsperiode trat kühles, unbestä-diges Wetter mit ausgiebigen Regen ein, welche den in einigen Ländern in- folge der Dürre {hon gefährdeten Hakfrüchten ¿ugute kommen. In Niederösterreih, Steiermark, Kärnten, Krain, im mittleren und \üd- lichen Mähren, in Ostgalizien und der Bukowina heiterte sich das

Wetter bald aus, und es herrshte seither andauernd sonnige, warme Witterung, welche bloß zu Ende August durch einen Wettersturz von kürzerer Dauer mit zumeist wenig aus-

giebigen Niedershlägen unterbrochen wurde. In den ungzwöhn- lih heißen Septembertagen trocknete der Boden rasch aus, und es maŸte sich in den genannten Ländern der längere Negen- mangel troß des Tauniedershlages empfindlich fühlbar. Jm östlichiten Teile Galiziens und in der Bukowina, wo {hon seit vielen Wochen keine ausgiebigeren Regen gefallen find, hatten alle Herbftfrüchte unter Dürre empfindlih zu leiden, und es wurde auch der beginnende Herbstanbau durch die große Trockenheit ungünstig beeinflußt. Fn den übrigen Gebieten und Ländern besonders in Böhmen und Tirol war die ¿zweite Augusthälfte ziemlih reich an Niederschlägen, sodaß die Bodenfeuchtigkeit bis in die lezten Tage ausreite.

Der Schnitt der späten Sorten des Haf ers, der, wie bereits berihtet, vom Getreide in quantitativer und qualitativer Hinsiht die {chwätste Ernte abgegeben hat, wurde, ebenso wie die Getreide- ernte in höheren Lagen, durch das regnerishe Wetter zu Mitte August verzögert, und er konnte dort, wo in der zweiten Augusthälfte häufige Regen fielen, erst in legter Zeit beendet werden. Die ausführlichen Angaben des zu Mitte August veröffentlihten Saatenstands- und Ernte- berihts über die Nefultate der heurigen Getreideernte bestätigen si nach den gemeldeten Druschergebnissen vollkommen, da in den Haupt- produktionsländern die durch mangelhafte Körnerbildung in vielen Be- zirken bedingten Ausfälle in den Erträgen nunmehr zutage treten.

Die Vorbereitungen zum Anbau des Wintergetreides haben s in den von neuerliher Dürre betroffenen Gebieten verzögert, da die Bearbeitung des Bodens dort mit großen Schwierigkeiten verbunden war. Die Ausfaat steht troß der frühen Ernte zumeist erst im Be- ginne und ift nur in jenen Gebieten, wo Ende Aug»st stärkere Regen fielen, zum Teile weiter vorgesckritten. Jn vielen Gegenden Oit- galiziens und der Bukowina muß mit der Saat bis zum Eintritt eines ausgiebigen Negens zugewartet werden. Auch in einigen Gegen- den Niederösterreihs und des mittleren Mährers geht der Anbau nur langsam vorwärts. Dagegen maht die Aussaat ia Böhmen, Oberösterreih und Tirol bei der günstigen Verfassung des Bodens guie R und es sind die ersten Noggensaaten bereits gut auf- gelaufen.

Die Naps saaten sind zumeist gut aufgegangen und zeigen bloß in Ostgalizien infolge der Dürre einen schwächeren Stand. Der Buchweizen hat fich nach den Augustregen günstig entwick-lt und verspriht mit Ausnahme einiger Gegenden Untersteiermacks, Kärntens und Krains, wo er sih niht mehr erholen konnte, eine gute Ernte. Die Frucht steht gegenwärtig in voller Blüte. Der heiße Sommer war mit Ausnahme des östlihsten Landesteils Galiziens und der Bukowina, wo die andauernde Dürre die Pflanzungen vielfah \{chwer shädigte, der Entwicklung der Mais pflanze sehr günsttg. Die Frucht nähert sih der Reife und dürfte heuer selbst in höheren Lagen aut- reifen. Bloß in Nordtirol bedarf die Pflanze infolge Wärme- mangels im verflossenen Monat noch in nächster Zeit zur Reife warmer, sonniger Wittexung. Mit Auênahme Ostgalizi-ns und der Bukowina und einiger Bezirke Kärntens kann eine recht günstige Ernte erwartet werden, die nur in trockenen, seichten Lagen und in den von Stürmen gelegten Kulturen eine Shmälerung erfahren wird.

Mit dem Schnitte des Grummets, dessen Entwicklung die der

Berichtsperiode vorhergegangene Dürre sehr beeinträhtigt hatte, wurde

überall zugewartet, da man nach den in der zweiten Augustwoche und zu Mitte August gefallenen Regen noch auf einen erheblichen Zuwahs rechnete. tächlih hat die allgemein erst in der leßten Augustdekade in Angriff genommene Grummeternte in einigen Ländern bessere Resultate geliefert, als erwartet werden konnte. Dies gilt besonders für Böhmen,

| Zeit ein aus8giebiger

wo die Aussichten anfangs allgemein ungünstige waren und man voæ den Erträgen nunmehr an den meiften Orten do zufriedenaestellt ist. Auch in Schlesien, Westgalizien, Salzburg und Tirol befric digt das Erträgnis der Grummeternte. Allerdings haben die häufigen Regen in diésen Ländern den Schnitt schr verzögert und die Güte des Heues beeinträchtigt. Mit besonderen Schwierigkeiten war die Ein- bringung des Grummets im westlihen und nördlihen Böhmen verbunden, wo auch viel Heu am Felde verdarb. In der Buko- Ostgaliziens, Mährens

wina, in der Mehrzahl der Bezirke l

und Steiermarks fowie in den meisten Bezirken Nieder- österreid8s, Oberöfterreihs, und Kärtens wurden bloß s{chwache Erträgnisse bei guter Qualität des geshnittenen Heues erzielt. Für das Herbstfutter sind die Aussichten dort, wo die Grummeternte befriedigende Ergebnisse lieferte, günstige. In der

Bukowina und im öftlichsten Galizien kann vielfa, auf eine Herbst- weide ni®t gerehnet werden, da weite Graeflächen ausgebrannt find. Auch Stoppelklee, welcher sonst zumeist gut gedeiht, zeigt dort häufig cinen sehr |chwahen Stand. |

Die Spätkartoffeln cntwickelten sich nach den Augustregen in befriedigender Weise und lassen eine zufriedenstellende Ernte er- roarten. Bloß in der Bukowina und in der Hälfte der Bezirke Osts galiziens steht nur ein {wacher Ernteertrag in Aussicht. Die Knollen sind zumeist gui ausgebildet und von befriedigender Qualität. Allerdings find dort, wo der August regnerisch war, ziemlich häufig neu angeseßte fleine Knollen vorhanden, welche nicht mehr zur Aus- bildung gelargen können. Auch zeigt sich ia tiefen Lagen nicht selten Fâäulnis, weldbe im nördlichen und westliGen Böhmen bei minder widerstandéfähigen Sorten {hon in bedenklicher Weise um sich greift. Bei Spätkartofteln dürfte sich die Ernte in der lezten Dekade dieses Monats vollziehen. Die Erträgnisse der Frühkartoffeln sind im großen und ganzen ziemlich befriedigend.

Die Zuckerrüben- zeigen in Böhmen, welches Land in der ver- flossenen Berichtsperiode die größte Niedershlagsmenge aufzuweisen hatte, cinen sehr befriedigenden Zuwachs. Auch in Schlesien ent- widelten sich die Kulturen in zufrieden siellender Weise. In Mähren, wo einzelne Gebiete unter Dürre zu leiden hatten, ift die Gewichtszunahme auf guten Rübenböden im allgemeinen zwar

keine unbefriedigende, doch war cine stärkere Hemmung im Wachstum der Nübe vielfah zu erkennen. In Nieder- osterreih, Ostgalizien und in der Bukowina, wo die Rübe schon früher unter anhaltender Trockenheit zu leiden hatte,

werden die Erträge teilweise stark unter dem Mittelmaße bleiben. Die Ernte wird um den 25. September allgemein beginnen. Die Futterrüben dürften Oftgalizien und die Bukowina aus- enommen, wo zumeist nur {wae oder mittelmäßige Ergebnisse in Ausficht stehen befriedigende Ernten liefern. Den Stoppel- rüben waren die Witterungsverhältnifse im allgemeinen wenig zus träglichß und es fönnen einigermaßen zufriedenstellende Erträge nur dort, wo häufige Negen fielen, erwartet werden.

Das Kopfkraut dürfte nur in Böhmen und Tirol! allgemein günstige Fehsungen liefern. In den übrigen Ländern werden die Ers träg? je nah Lage und Boden teiís {chwäher, teils besser (im Durh- schnitte höchstens mittelmäßig) ausfallen. In Ostgalizien, dec Buko- wina, Uatersteiermark und Kärnten ift zum-ist nur auf \{chwache Ernten zu rechnen. Bei Flachs verlief die zum Teile beendete Nöste bisher günstig.

In der mittleren Länderzone begünstigten die Witterungsverhält- nisse die Reifeentwiklung der Trauben außerordentli, und es wird die nach dem 20. Septzmber beginnende Lese ein vorzüglihes Produtt liefern. In Südtirol muß die Lese infolge des längeren Wärmemangels im Monate August später als normal in Angriff genommen werden. Wäbrend man in Niederösterreih, Böhmen und Mähren eine gute Mittellese erwartet, ist in Steiermark, Krain, Küsten- land und Isirien infolge der dur tas beftige Auftreten der Peronospora und zum Teile auch durch Hagzlschlige verurcsahten Schäden mit einem bedeutenden Au*falle gegenüber dem nocmalen Ertrage zu 1echnen. Auch in einigen Weingebieten Südtirols wird die Wein- ernte ein \{chwächeres Erträgnis liefern. In Dalmatien reifen die Trauben infolge der dort berrshenden großen Dürre sehr ungleich- mäßig, und es kann mit der Lese ers zwei Wochen später als normal begonnen werden. Falls nicht in allernäÿßhster Ne-gen eintritt, dürftz die Wiinernte in Dalmatien ein um ein Viertel geringeres Quantum ergeben als im Borjahre. Dort, wo in letzter Zeit Dürre herrschte, haben sih die Aussichten auf die Spätobsternte infolge Abfallens der vielfach wurmstihigen Früchte verringert. Wie {hon wiederholt berihtet,

wird die Aepfelernte in allen Ländern ungünstig ausfallen. vet lgen, die gegenwärtig gepflückt werden, liefern in Nieder- österrih, Mähren und Vorarlberg sehr günstige, in Ober-

ôsterreih und Böhmen ziemlich befriedigende und in den übrigen Ländern meist nur \{wähere Fehsungen. Bei Birnen sind die Aus- sichten in Oberöstecreih fast allgemein günstig, in Niederösterreih, in den Sudeten- und den Alpenländern ziemlich befriedigend. Die \chwädhste Obfternte dürftcn die Oftländer und Tirol abgeben. Jn den Küstenländern versprechen die Oliven noch immer eine sehr günstige Ernte, bedücfen jedoch dringend eines ausgiebigen Negens.

Braunschweig, 20. September. (W. T. B.) In der heute hier abgehaltenen Versammlung von Vertretern der ländlichen Raiffeisenshen Genossenshaften des Herzogtums Braunschweig, hundert an Zahl, wurde die Abtrennung von dem Erfurter Verbande und die Gründung eines besonderen Landesverbandes der ländlihen Raiffeisenschen Genossenschaften des Herzogtums Braunschweig beschlossen.

Theater und Musik.

Königlihes Opernhaus,

Die erste Neuheit, die das Königlichße Overnhaus in dieser Spielzeit brachte, ist skandinavischer Herkunft: Wilhelm Sten- hammars Vertonung von Ib sfens romantisher Jugendarbeit „Das Fest auf Solhaug.“ Die gestrige Erstaufführun sicherte dem Werk und dem Komponisten eine sehr freundliche Auf- nahme, aus der ges{lofsen werden darf, daß es sich einice Zeit er- folgreih auf dem Spielplan wird behaupten können. Als Oper dürfte si indessen „Das Fest auf Solhaug" ebensowenig cinen dauernden Play auf der Bühne erobern wie als Shauspiel, weil es seinem innersten Wesen nah keine dramatische, sondern eine lyrishe Dichtung ift, deren Charafter als folche in der Breite des musikalishen Aus- drucks nur noch merkbarer hervortritt. Ein üppiges Gerank von Liedern und Balladen, gleich \ch{ôn freilid, ob fie aus s{wermütigem oder fröhlihem Herzen gesungen werden, durchzieht das Schauspiel, {ließt ih aber aud hemmend um den Schritt der Handlung. Ibsen {uf diese Dichtung aus verliebtem Herzen, als er um Susanna Thoresen, die Tochter des Pastors an der Kreuzkirhe in Bergen, warb, die er auch bald nach der erfolgreihen Erftaufführung seines Vau ets heimführte. Jhre Gestalten entstammen dem alten Sagensch1b seiner nordischen Heimat. Zu Unrecht verdächtigt, verfolgt und geächtet, fucht Gudmund Alffon, der Sänger, Schuß auf Solhaug, das er zu meiden eigentlih alle Urfae hat. Denn dort lebt Margit, die Geliebte seiner Jugend, als Gattin Bengt Gautesons, den sie seines Neichtums wegen einst Gudmund vorzog. An dem Tage, an dem die Wiederkehr ihres Hochzeitstages gefeiert wird, findet der Sänger sich auf Solhaug ein. Seine Gefühle für Margit find er- faltet, aber zu der inzwischen herrlich erblühten Signe, Margits jüngerer Schwester, fühlt er fich mächtig hingezogen. In Margit aber erwaht die alte Leidenschaft; das Leben an der Seite des ungeliebten, dem Trunke ergebenen Mannes dünkt ihr uner- träglich, und sie läßt sich in ihrer Verzweiflung dazu hinreißen, Gift in - den für ihn bestinmten Becher zu träufeln. ber Bengt stirbt nit durch ihr Verbrehen, sondern fällt im Kampfe gegen Gäsling, des Königs Vogt, der mit bewaffneter Macht anrückt, um den geähteten Gudmund zu töten und Signe, die er zum Weibe begehrt, mit Gewalt zu entführen. Obwohl der Herr von Solhaug

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