1885 / 23 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 27 Jan 1885 18:00:01 GMT) scan diff

Produktionserhöhung von 8 Prozent sei zu hoch gegriffen. Redner hob hervor, daß von dem großen Preisrückgange auf den Privat-Kohlenbergwerken auch die fiskalishen Berg- werke berührt werden würden. 3 die Löhne der Arbeiter niht herabgeseßt seien. Man habe auf die ‘Kalamität der Landwirthe hingewiesen, aber viel größer sei die Noth der Bergwerkbesißer. Die Vorlegung einer Novelle zum Berggeseß sei dringend erforderlich.

Der Regierungskommissar Geheime Ober - Bergrath reund hob hervor, daß der Voranschlag mit äußerster Vor- iht gemaht und auch die Vermehrung der Produktion nicht

zu hoh bemessen sei. E : i

Der Abg. Sthmieding sprach sich für eine Revision der Zölle auf alle Bergwerksprodukte aus. Auch die Bergwerks- Feuer sei einer Reform bedürftig, und zugleich sei es wünschens- werth, daß die Kanalvorlage baldigst dem Landtage vorgelegt werde.

Der Abg. Gärtner hob hervor, daß, wenn das unbesfrie- digende Ergebniß der Hüttenverwaltung in dem Rückgang der Bleipreise zu suchen sei, die Regierung gut thue, die Blei- produktion einzuschränken, anstatt, wie das auch jeßt wieder in Aussicht genommen sei, diefelbe auszudehnen.

Der Regierungskommissar Geheime Ober-Bergrath Freund wies die Behauptung zurück, daß durch eine Steigerung der Produktion in den fiskalishen Bergwerken der Rückgang der Preise beeinflußt sei. Eine solhe Steigerung habe gar nicht stattgefunden.

Der Abg. Büchtemann fragte nach den Gründen, welche für die Erhöhung der Silberproduktion in den Bergwerken des Oberharzes maßgebend gewesen seien. Redner nahm als-

dann die Ergebnisse des vorliegenden Etats zur Veranlaffung, -

um eine Kritik an der Schußzollpolitik auszuüben. : Bei Schluß des Blattes sprach der Minister der öffent- lihen Arbeiten, Maybach.

Der dur heftige Kälte verursahte Unfall eines dem Wind und Wetter ausgeseßten Zugbediensteten bei dem Eisenbahnbetriebe (beispielsweise der Tod eines Bremsers durch Ersrieren oder das Erfrieren einzelner Glied- maßen) fällt nah einem Urtheil des Reichsgerichts, IT, Civilsenats, vom 28. November v. J., unter diejenigen Eisenbahnunfälle, für welche das Reihs-Hastpflichtgesey die Eisenbahnverwaltung zur Schavdenersatleistung verpflichtet, sojern sie nicht beweist, daß der Unfall dur eigenes Ver- \{ulden des Verunglückten verursacht sei. Auch werde ein derartiger Unfall nit regelmäßig auf eine die Haftbarkeit der Bahn ausschließende höhere Gewalt zurücckgesührt werden können, da zur Sicherstellung des Fahrpersonals auch gegen eine außergewöhnlih strenge Kälte geeignete ' Maßregeln ge- troffen werden könnten.

Nach einem Cirkularerlaß des Ministers des ZJu- nern, vom 8. dieses Monats istff der summarische Nachweis der den Ober - Wachtmeistern und Gens d'armen zustehenden Gehälter, Wohnungsgeld - Zuschüsse, Schreib- materialien - Vergütungen und Dienstaufwands - Entschä- digungen in den Löhnungslisten für die Revision der Jahresrechnungen in denjenigen Fällen als aus- reihend zu erachten, in welchen die gedahten Mannschaften den vollen Betrag der Kompetenzen sür ein und dieselbe Stelle beziehen. Dagegen ist, zur rechnungsmäßigen Kontrole, sofern Veränderungen irgend einer Art bei den einzelnen Stellen der Ober-Wachtmeister und Gensd’armen vorgekommen sind also bei Zugängen, Abgängen, Beurlaudungen, Ver- tretungen, Suspensionen, Verseßungen die Eintragung der geleifteten Zahlungen in die Löhnungslisten nah den Monats- bezw. Vierteljahrsbeträgen nothwendig, Die erwähnten A find fortan nah Maßgabe eines neuen Schemas auf- zustellen.

Der General-Postmeister von Fapan, Mr. Nomura, welcher einige Zeit zur Besichtigung der deutschen Post- und Lelegraphenanlagen hier verweilte, hat sich gestern zur Theilnahme am Weltpofikongreß, welcher am 1. Februar eröffnet wird, na Lissabon begeben. Auf der Reise dorthin werden in den nächsten Tagen hier auch der russi che General- Postmeister von Besac und der \chwedische General-Post- direktor Roo s erwartet. Von den deutschen Bevollmächtigten haben der Direktor Sa chs\e und der Geheime Ober-Rechnungs- Rath Frit\ch die Reise bereits angetreten, während der General-Postmeister wegen der Lage der Reichstags- verhandlungen hier noch nicht abkömmlich ist.

Der Kommunal-Landtag der Kurmark er- Ledigte in seiner 3. Plenarversammlung am 24. d. M. die bis dahin von den Ausschüssen ferner eingegangenen 16 Gut- achten. Die Mehrzahl derselben war von dem ersten Aus- schufse vorgelegt worden und betraf Angelegenheiten der Land: Feuersozietät der Kurmarkund der Niederlausiß. Jn drei Fällen drang die General-Direktion mit dem von ihr gegen die Ent- scheidungen der Kreistage eingelegten Rekursgesuch dur; nur ein solher Rekurs wurde abgelehnt... Dem Gesuch eines Privaten, dessen Pferd bei einex Sprißenfuhre beschädigt worden war, wurde dur Zah- lung einer entsprehenden Entschädigungstattgegeben. In zwei Fällen wurden Beihülfen zur Anschaffung von Feuer- sprizen und Erbauung von Sprigzenhäusern bewilligt. Die- jelben würden reihliher ausgefallen sein, wenn sämmtliche Besißer in den betreffenden Ortschaften der Sozietät angehörten. Einem Gesuch um Bewilligung von Sprißenprämien gegen- über hielt der Landtag daran fest, daß für Hülfeleistung im eigenen Bezirk Prämien auch dann nicht gezahlt werden, wenn dieser Bezirk theils städtisch, theils ländlih und die Hülfeleistung von der Stadt ausgegangen ist. Ferner nahm der Land- tag von den in den Kreisen Jüterbog-Luckenwalde und Beeskow-Storkow im vorigen Jahre ausgeführten allge- meinen Gebäude-Taxrevisionen und von dem Ergebniß der Rechnungen der Generalkasse der Land-Feuersozietät für das Jahr 1883 Kenntniß. Dieser leßteren Rechnung wurde die Decharge ertheilt, Nah dem Vorschlage des zweiten Aus- schusses wurde den freiwilligen Feuerwehren von acht Städten die erbetene Beihülfe aus dem Dispositionsfonds der Kurmärkischen Hülfskasse versagt, weil anzunehmen fei, daß den Feuerwehren auch noch andere Hülfsquellen zu Gebote stehen ; dagegen wurde einem Rettungshause zur Abbürdung einer Hypothekenshuld ein Amortisationsdarlehn bewilligt. Einer anderen milden Stiftung wurde ein Unterstütungs- gesuh abgelehnt, weil dasselbe mit erst noch vorzunehmenden Erweiterungsbauten begründet war. Aus dem Geschäfts- bereih des dritten Ausshusses kamen die Abrechnung der Provinz mit dem ehemaligen kurmärkishen Landarmen- verbandeo, welche aus in der Sache liegenden Gründen noch

Erfreulich sei es, daß troßdem

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immer nit vollständig hat bewirkt werden können, und die Berichte über die Kriegsschuldentilgung und -Steuer zur Ver- handlung. Der Ant der Kurmark an der Kriegss{huld beträgt zu Ende L noch 2331 924 4 Seine nächste Sißung wird der Landtag am Dienstag, den 27. d. M., 11 Uhr Vormittags, halten.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Kaiserliche Unter-Staatssekretär im Ministerium für Elsaß-Lothringen, von Puttkamer, ist hier eingetroffen.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Fürstlich reußische Geheime Regierungs-Rath von Geldern-Crispendorf ist von hier wieder abgereist.

Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren:

Dr. Bengelsdorff in Rummelsburg i. Pomm., Dr. Seltmann®

in Breslau, Siegheim in Trebniß, Dr. Gittermann in Halberstadt, Dr. Schaefer in Magdeburg, Dr. Haas in Düssel- dorf und Mo in Sigmaringen.

Hesterreich-Ungarn. Wien, 24. FFanuar. (Wn. Abdp.) Heute tagten im Abgeordnetenhause zahlreihe A u s- fhüsse. Der Budgetausshuß verhandelte über den Nachtragskredit für den Umbau der Gewehrfabrik in Wien und begann sodann die Diskussion über den Etat des Ministeriums für Kultus und Unterricht. Auf der Tages- ordnung des Steuerausschusses befanden sich der Neferentenberiht über die Ausdehnung der nah dem Gesey vom 7. Juni 1881 eintretenden Begünstigungen der Grundsteuerträger, dann der Bericht über die Geseßvor- lage, betreffend die Bewilligung von Grundsteuernachlässen bei Unglücsfällen. Der Justizauss{chuß verhandelte über den Antrag Nitsche auf Herabsezung des Zinsfußes, und der Gewerbeausschuß seßte die Spezialdebatte über das Un- fallversiherungsgeseß fort. Außerdem tagten heute der Jm - munitätsausschuß und der Ausschuß für den Antrag des Abg. Dr. Kopp, betreffend die galizishe Tra nsversal-

bahn. Pest, 24. Januar. (Wn. Abdp.) Die Enquete- Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfes einer

Seemannsordnung hat?ihre Arbeiten beendigt. Betreffs sämmitliher Punkte des Entwurfs wurde volle Ueberein- stimmung erzielt.

Belgien. Brüssel, 25. Januar. (Wes.-Ztg.) Dér „Moniteur“ veröffentlicht jezt die Uebersicht über die Staatseinnahmen im Jahre 1884. Darnach haben die direkten Steuern dié im Budget festgestellte Höhe erreicht, die indirekten Steuern aber sind um 15 625 945 Fr. gegen den Anschlag zurückgeblieben, Das Defizit beträgt 26 359959 Fr. Die zur Amortisation nicht verwendeten Fonds im Betrage von 4 312 000 Fr. werden zur Deckung benußt, sodaß noch ein Defizit von 22 047 959 Fr. verbleibt.

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Großbritannien und Jrland. London, 24. Januar. (Allg. Corr.) Die „Times“ widmet heute der Lage der Dinge im Sudan einen längeren Artikel, in welhem dem Ernst der Situation volle Rehnung getragen wird. Das Cityblatt verhehl® sich nicht, daß mit der besten Absicht in der Welt die Abwesenheit weiterer Nachrichten von dem Obersten Stewart als ein gutes Omen zu betraten, die Lage der Streitkraft unter seinem Befehl voller Shwierigkeiten und Ge- fahren sei. Siege, die unter buchstäblicher Dezimirung errungen werden, dürften keine öftere Wiederholung ertragen. Rapide Ver- stärkungen mit Benüßung des Nils zu entsenden, sei physish un- möglich, sodaß das einzige Lord Wolseley zu Gebot stehende, Mittel darin bestehe, eine Hülfsstreitkraft quer über die Wüste marschiren zu lassen. Das von einem Pariser Journal in Umlauf gesezte Gerücht, Oberst Stewart sei umzin- gelt, verdiene keine Beachtung. Dergleihen Nachrichten könnten nur aus Korti durch Lord Wolseley's Hände hierher gelangen. Wäre die Meldung begründet, dann würde er sie Jelbst der Regierung übermitteln, und sei sie falsch, dann würde er ihre Absendung überhaupt nicht gestatten. Es sei daher anzunehmen, daß die Nachricht viel näher der Heimat als Korti aufgebraht worden sei. (Vgl. Egypten.)

Jn Bezug auf das Gefecht bei Abu Klea schreibt die „Pall Mall Gazette“: „Die Dezimirung der tapferen kleinen Schaar, mit welcher General Stewart durch die Wüste nah dem Nilstrom eilte, hat einen höchst peinlichen Eindruck hervorgerufen, den keine Schilderung des Mutys und der Heldenmüthigkeit unserer Soldaten gänzlih verwischen kann. Dies ist das zweite Mal, daß ein britishes Carré im Sudan gesprengt wurde, und obgleich die ehte Mannestugend unserer Leute sih in der Weise, in welcher sie sih, nahdem die Araber in ihrer Mitte waren, sammelten, deutlicher zeigte, als es der Fall gewesen wäre, wenn sie ihre Reihen nicht hätten durch- brechen lassen, so ist es doch nicht Recht, daß ein britisches Carré durch AUfrikaner gesprengt wird. Die Franzosen waren nicht im Stande, dies in der Schlacht bei Waterloo zu thun, und die Sudaniten könnten es weder bei Tamasi, noch bei Abu Klea gethan haben, wenn niht ein Fehler gemacht worden, der in beiden Fällen wahrscheinlih seinen Grund im Uebereifer hatte.

926. Januar. (W. T. B.) Der am Sonnabend in der’ Umgegend von London verhaftete und ' der Theilnahme an dem Dynamitattentat verdächtige Mann wurde heute dem Polizeigericht in Bowstreet vor- geführt. Er gab an, Gilbert zu heißen, 23 Jahre alt und unter dem Namen Cunningham aus den Vereinigten Staaten herübergekommen zu sein. Die Verhandlung wurde auf acht Tage vershoben. Nach den von der Polizei eingezogenen Er- kundigungen stammt der Angeklagte aus der Grafschaft Kork ; derselbe lebte 5 Jahre in Amerika und kehrte im leßten Herbst nah England zurü.

Italien. Rom, 27. Januar. (W. T. B.) Der „Agenzia Stefani“ wird untec dem 26. d, M. aus Perim telegraphirt, daß am Tage zuvor ein Detachement des Panzer\schiffs „Castel Fidardo“ in Beilul lan- dete, den Ort beseßte und die italienishe Flagge aufhißte. Von den Häuptlingen der Eingeborenen sei die Abtheilung \freundlich empfangen worden. Einige in Beilul zurück- gebliebene egyptische Soldaten würden sich morgen auf dem italienishen Dampfer „Corsica“ nah Massowah einschiffen.

Numänien. Bukarest, 26. V Ee (W. T. B.) Der Justiz-Minister Woinow ist von seinem Posten zurüdckgetreten.

Bulgarien. Rustschufk, 25. Januar. (Pr.) Das Sobranije hält jeßt täglih zwei Sißungen. Auf der Ta e8- ordnung befindet sich der Bericht der Enquete-Kommission übr die Finanzgebahrung des Ministeriums Zankow.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 27. Januar. (W. T. B.) Die Reichseinnahmen betrugen bis zum 1. November 1884 527 500 000 Rb[l., gegen 522 500 000 Rbl, in dem gleichen Zeitraum des Vorjahres, während die Reichs - ausgaben 528 900000 Rbl., gegen 522 700 000 Rbl. in dem gleihen Zeitraum des Vorjahres betrugen.

Amerika. Washington, 26. Januar. (W. T. B.) Der Senat nahm in seiner heutigen Sißung mit 63 gegen eine Stimme eine_von Bayard beantragte Resolution an, in welcher der Entrüstung über die jüngsten in Lön- don stattgehabten Dynamit - Attentate und dem Abscheu vor derartigen Verbrechen gegen die Civilisation Ausdruck gegeben wird.

New-York, 26. Januar. (W. T. B.) Fn einer gestern in Chicago stattgehabten Sozialistenversammlung wurden die jüngsten Dynamit-Attentate in London von mehreren Rednern sehr gepriesen und der Gebrauch des Dynamits gegen die besizenden Klassen anempfohlen.

Afrika. Egypten. (W. T. B.) General Wol- seley telegraphirt aus Corti, vom 26. Januar, daß das Ausbleiben der Nachrichten von dem Obersten Stewart keinen Grund zur Befürchtung gäbe. Er fügt hinzu, daß die Nachrichten vom 17. d. M. durch Baschibozuks überbracht wurden, und Oberst Stewart von den leßteren keine mehr bei sih habe; die Nachrihten müßten jet durch Kameelreiter mit der gewöhnlichen englischen Eskorte überbracht werden.

Zeitungsftimmen.

Der „ShwäbisWe Merkur“ {reibt „gemachte“ Bewegung :

Die Herren von der demokratishen Opposition sollten es fi do ersparen, wie im Reichstag am 23. geschehen ist, auch das den Ultramontanen nachzubeten, daß die Entrüstungsbewegung gegen den Reichstagsbescbluß vom 15. Dezember eine künstlich gemachte sei. Gemacht ist viel eher die Entrüflung über die Entrüstung, oder vielmehr, da die Herren doch wohl ernstlih böse sind über eine Bewegung, die ihrem Einfluß unendlich geschadet hat, gemacht, mühselig hervorgesuht, armselig begründet ist die Behauptung, der Adressensturm sei „von oben“ angeregt, kein freiwilliger, kein Volksausdruck. Die Herren verlangen bekannilich in demselben Athem außer- ordentlichen Respekt vor der Volksvertretung, die doch auch nur ein Ausdruck des Volkswillens is; einer anderen Form desselben Ausdruck3, die sie font schr wohl und mit besonderer Vorliebe selbst zu handhaben wissen, den Versammlungen, Refolu- tionen, Adressen versagen sie, die Demokraten, die „Freisinnigen“, ihre Achtung, weil eben der Zug in der Sache gegen sie ist. Zugegeben, es komme, wenn einmal ein Sturm der öffentlihen Meinung, von dem man mit Recht in diesem Falle spricht, entsesselt ift, da und dort etwas Menschliches vor, wie viel menschlichcer geht es bei den Wahlen zu, da z. B. wo die Konfession die po- litishe Richtung - diktirt? Es ist darüber kein Wort zu wver- lieren. Und vor den Erzeugten dieser Wahlen, vor ihren Be- \{lüfsen follen wir demüthig den Hut abziehen, aub wenn wir der Ansicht sind, daß sie der Ehre und dem Vortheil Deutschlands ¿uwiderlaufen? Nimmermehr! Berufe man sich, wie Hr. Rickert gestern den 23. gethan nur auf die Zukunft, weil die Gegenwart niht gefällt. Die Zukunft wird allerdings Mühe haben zu verstehen, wie es zur Zeit dec Erhebung Deutschlands Parteien geben konnte, die dieser Erhebung nah Kräften entgegenarbeiteten und dabei Volks- wohl und Freiheit, Fortschritt und Freisinn und wie die schönen Worte alle heißen, zu vertreten behaupteten. Zu verstehen, sagen wir, wird das der Zukunft {wer werden, noch s{chwerer, als uns, die wir cs mit eileben. Aber das Urtheil der Zukunft, das Urtheil der Geschichte ist bereits geschrieben. . .…. Und die „freisinnigen“ Blätter,

über die

die ‘in der Verurtheilung des Beschlusses einig waren mit den gemäßigt liberalen, und die Wähler „freisinniger“ Abgeordneten , die erklärten, fich in threm Vertrauen geirrt

zu haben, die waren wohl auch nur '„offiziós verheut“ ? Wahrlich, jede Redaktion eines Lokalblättchens könnte Geschichten er- zählen, wie die Leute aus dem Volk gelaufen kamen mit der Bitte, do energis{ch gegen die Neich8tag8mehrheit zu s{reiben, Erklärungen aufzunehmen, zu Versammlungen und Adressen aufzurufen. Und das nennt man gemacht. Es war freilich gemacht, aber sehr unfreiwillig von den Urhebern des Beschlusses vom 15. Dezember selbst.

Jm „Hannoverschen Courier“ lesen wir:

Die cinmüthigen Kundgebungen der Deutschen im Auslande zu Gunsten der Dampfersubvention und der deutschen Kolonialpolitik überhaupt, fangen an, dem Hrn. Abg. Richter recht unbequem zu werden. In den jüngsten Berathungen des Reichstages über kolonial- und handelspolitische Fragen hat der genannte Abgeordnete sich mehr- fach veranlaßt gesehen, jene „lästigen“, „zudringlihen“ Stimmen von außen her zu befritteln. Angesichts dieser Abschüttelungsversuche sei doch auf einen Ausspruch des deuisch-freisinnigen Abg. Stiller-Lübeck verwiesen, welcher am 1. Dezember v. J. im Reichstage ganz zutreffend bemerkte : „Das bloße nationale Gefühl wird do% wohl \{werlih allein das Kriterium fein, um zu einer Beurtheilung dieser wichtigen Vorlage zu gelangen ; vielmehr möchte ih €s für richtig ansehen, daß man sich möglichst auf den Standpunkt desjenigen stellen muß, der selb\t eine Reihe von Jahren in überseeishen Pläven thätig gewesen.“ Nun, das sind ja gerade die Kreise, aus denen heraus der Widerstand der Fortschritté partei gegen die kraftvolle Entwickelung nationaler Unter- nehmungen über See am schärfsten verurtheilt und das im Lande selbst allenthalben erwachte nationale Gefühl als das richtige be- stätigt wurde.

Der „Staats-Anzeiger für Württemberg“ meldet aus Stuttgart: j

Nachdem sich die Königliche Centralstelle für Landwirthschaft in ihrer leßten Plenarsitzung einstimmig für die Vorlage, betreffend Er- höhung der Getreidezölle ausgesprochen, hat am Mittwoch auch die biesige Handels- und Gewerbekammer mit 11 gegen 3 Stimmen einen Beschluß gefaßt, wornah die preußische Vorlage Seitens der König- lien Regierung zu unterstüßen ist. Die Anhänger der Er- höhung machten namentlich geltend, daß in einem weiteren Preisrückgang der landwirthschaftlißen Erzeugnisse wirklich eine große Gefahr für Handel und Industrie liege. Durch ‘die \{chlechte Lage der Landwirthschaft leiden alle Geschäfte. Wegen der \{lechten Rentabilität der Landwirthschaft sei auch der Hypothekarkredit bedeutend gesunken. Schon aus diesem Grund habe sich die Kammer der Nothlage der Ländwirthschaft anzunehmen. Die Gegner machten geltend, daß die Vertheuerung des Brotes den Arbeiter in_erster Linie s{ädige. Eventuell erklärten sih die 3 ver- neinenden Stimmen für Staffelzölle, d. h. für die Ermächtigung, im Falle von Mißernten u. dgl. eine Herabsezung der Zölle vorzunehmen. Ein weiterer Gegenstand der Tagesordnung betraf die Börsen- steuer. Auch hier erklärte si die Mehrheit für cine höhere Besteuerung der Geschäftsumsäte. . ..

Der Münchener „Allgemeinen Zeitung“ wird unter dem 22. Fanuar aus Regensburg geschrieben :

Die gestern unter dem Vorsit des Hrn. Reichsraths. Grafen von Lerchenfeld-Köfering dahier abgehaltene Versammlung war zahlreich

besuht von Gutsbesißzern, herrshaftlihen Pächtern ünd höheren Be- amten, und nach einer Ansprache des Vorsitzenden und kurzer Be- rathung wurde folgende Resolution einstimmig angenommen: In Erwägung erftens, daß die Cinfuhr des auëländisben Getreides, welche durch Minderung der Frachtsäße in Folge von Ueberbieten der einzelnen Tranéportgesell\shaften immer größeren Umfang annimmt, den Bestand der bayerishen Landwirthschaft ernftlich bedroht, indem die Preise unter die Selbstkosten gesunken sind; in Erwägung, zweitens, taß der Körnerbau in einer rationell geführten Wirthschaft nit ohne große Scbädigung unter ein bestimmtes: Maß gebraht werden darf; in Erwägung drittens, daß das National- vermögen durch eine landwirths{chaftlihe Krisis bedeutend gemindert werden würde und die Steuerkraft des Landes gegenüber den sich ftets mehrenden Ansprüchen zu Staat und Gemeinde einen tiefen Rückgang erleiden müßte, ohne der zablreicen Existenzen zu gedenken, welche unter einer solhen Krisis zu Grunde gehen würden; in Erwägung endlich, daß nah den bisherigen Erfahrungen der Zollsaß von 1 bezw. 50 & Z per Doppelcentner, als zu niedrig, eine Einwirkung auf die Kornpreise niht auszuüben vermochte, da derselbe dur das Sinken der Frachtsäße ausgeglichen worden if beschließen die heute dahier versammelten bayerishen Landwirthe, \ich vertrauen®- voulst 1) an den Fürsten-Reichskanzler, 2) an den Deutschen Reich8- taa, 3) an die bayerishe Staatsregierung mit der ganz gehorsamsten Bitte zu wenden: es seien zur Erhaltung der inländischen Getreide- produktion die Zollsäße für Weizen und Kleefaat auf 4 4, für alle übrigen Getreide-Arten, Hülsen- und Oelfrüchte auf 3 K per Doppel- Centner zu erhöhen, sodann in gleiwem Verhältnisse zur Zollerhöhung der Robprodukte die Zölle für die Fabrikate daraus festzusetzen.

Die „Thüringische Correspondenz“ berichtet aus Weimar unter dem 26. Januar:

Auf Anregung des hiesigen landwirthsck{afilihen Vereins ift aus dem 1. weimarischen Wahlkreis und 16 demselben nicht angehörenden Ortschaften eine Petition um Erhshung der Getreidezölle auf 3 4 pro Doppelcentner an den Reichskanzler und den Reichstag abge- gangen, die nahe an 5500 Unterschriften trägt, welche von Bauern, kleinen Besißern und ländlichen Arbeitern zum größten Theil her- rühren. Die Unterschriften aus den Landgemeindèn des Wahlkreises allein betragen über 4600, d. h. 709/60 der bei der Reichstags-Stich- wahl in diesen Gemeinden im Ganzen abgegebenen Stimmen.

Landtags- Angelegenheiten.

In dem Etat der Verwaltung der direkten Steuern stellen sich die Einnahmen (Kap. 4) auf 148 582 000 # oder um 2 656 267 M höher als im Etat 1884—85. Es tragen zu den Ein- nahmen bei: die Grundsteuer 40 131 070 A (— 8000 4), Gebäude- steuer 29315 000 A (+ 555 000 M), flassifizirte Einkommensteuer 36 440000 M (+4 1718000 M), Klafsenfteuer 22 062 000 M. (+ 335500 4), Gewerbesteuer 19 200 050 4 (+4 347000 M), Eisenbahnabgabe 334 000 M (— 585 733 4), direkte Steuern in den hohenzollerns{hen Landen 274 000 A (+ 3000 4), Fortshreibungê- gebühren 97 000 4, Wittwen- und Waisengeldbetträge 164 000 4 (+ 6500 4), Strafbeträge und sonstige Einnahmen 565 000 4. (+4 185 000 6)

Die dauernden Ausgaben (Kap. 6) betragen 10937 700 4 (+ 275700 M). An dem Mehc nahmen die Katafsterämter mit 56 306 M Theil. Die zum 1. April d. I. bevorstehende Zurü- führung der Gerichtskostenerbebung von der Verwaltung der direkten Sieuern auf die Justizverwaltung bedingt eine anderweitige Organt- sation des Vollziehungëwesens bei den Kreis- und Steuerkafsen, vte cine Meh rausgabe bei den etatsmäßigen Beamten von 149 700 #, bei den Hülfsarbeitern von 116 000 A verursacht, wogegen bei Tit. 8 193 928 #4 erspart werden. Den Mentmeistern werden in Folge der Vergrößerung ter Bezirke und der Vermehrung der Ge- fdäfte 47 739 M zugelegt, den 13 in den Provinzen Hannover und Scchleswig-Holstein 27 386 M.

Der Üeberschuß der Verwaltung beträgt 137 644 309 (4+ 2 380 567 M).

—- Der Etat der Verwaltung der indirekten Steuern 1885 86 weist an Einnahmen (Kap. 5) 51 009 000 4 (+ 1 978 800 4) auf, davon 24862 660 4/6 (+ 684460 4) Reichssteuern und 26 146 340 M (+ 1294340 MÆ) für alleinige Rechnung Preußens. Von den Reichsfteuern verbleiben Preußen: Zölle 10085 500 (— 21 900 Æ), Tabadfteuer 172400 # (— 22300 A), Rüben- zuckerfteuer 4 1000009 4 (+ 466 400 M), Salzsteuer 173 920 4 (+ 1270 M), Branntweinsteuer 8127750 4 (+ 170250 M), Brausteuer 2073000 A (+ 76500 #4), Spielkartenstempel 30 800 6 (— 50 M), Stempelabgabe für Werthpapiere 2c. 99 290 M (+ 14 290 M)

__ Für alleinige Rechnung Preußens werden eingenommen: Ent- \chädigung für die Kosten der Statistik des Waarenverkehrs mit dem Auslande 10000 4 (+ 25C0 4), Wechselstempelsteuer 72 500 (+ 709 M), Stempelsteuer 15500 000 M (+4 1000 000 4), Erbd- \chasisfteuer 5 500 000 G (4+ 15000 M), Brüdcken- 2c. Gefälle 2 450000 A (+ 150000 6), Niederlage 2c. Geld 170000 A, Kontrolgebühr für Salz 80 000 4A (+ 6000 46), Hypothekengebühren 570 000 6 (+ 10 000 6), Wirthschaftsabgaben in den hohenzollern- \{en Landen 34 000 4 (— 1000 4), Strafgelder 300 000 4, an Verschiedenem 1 459 840 4 (— 23 920 4).

Für die Ausgaben find (Kap. 7 —10) 26041 070 M {—2 794 030 M) ausgeworfen Erheblihe Ersparungen (78 525 und 16956 M außerdem künftig now 14250 und 19 800 M) treten in Kap. 8 durch die Zurückführung der Gerichtskostenerhebung auf die Justizbehörden ein, ebenso in Kop. 9: 579700 M, 464 425 M, 668 385 J, 271824 M, 63 000 6, 160000 M und 393 4154, ferner in Kap. 10: 36510 Æ Für neue Stellen traten dagegen hinzu: Kap. 9 38178 #4. für 6 Ober-Grenz- und Ober-Steuercontroleure und 11 Haupt-Zoll- und Haupt-Steueramts-Assistenten, 92583 für 85 Grenz- und Steueraufseher, außerdem 9824 46 Wohnungs- geldzushuß und 5000 4. Pferdegelder. Die Wittwen- und Waisen- gelder erhöhen sich um 67 000 M

Der Ueberschuß der Verwaltung steigt auf 24967 930 4 (+4 4 772 830 A6).

Die Einnahmen der Lotterievermaltung (Kap. 6) find auf 4049 900 MÆ. (+ 15 900 M) veranschlagt, die Ausgaben (Kap. 11) auf 89 200 4, der Uebershuß auf 3 960 700 M (+ 15900 M).

__— Der Geschäftsgewinn des Seehandlungsinstituts für die allgemeinen Staatsfonds ist (Kap. 7) unverändert auf 2 339 000 4 geblieben. Die Ausgaben (Kap. 12) sind auf 266980 A (4+ 20 390 M) erhöhet worden.

Der Etat der Münzverwaltung weicht in den Einnahmen (Kap. 8 und 8a. 227 260 M) von dem laufenden nur um + 1760 M), in den Ausgaben (Kap. 13: 225 830 46) um —+ 2800 M ab, so daß si der Ueberschuß (1430 46) um 1040 6 vermindert.

_Die Staatss\chuldenverwaltung hat nah dem Etat 1885—86 in den Einnahmen (Kap. 22 102 200 4) einen Ausfall von 26 400 M, der dur die sonstigen Einnahmen herbeigeführt ift.

Die Ausgaben (Kap. 35—39 180 790 593 M) stellen sib um 23 161 054 ( höher als im laufenden Etat. Es fallen von den Ausgaben auf die Verzinsung (Kap. 35) 158476126 M (+ 23 118 345 4) bei einem Schuldkapital von 3 901 920 404 4 (+ 556 822 966 46), auf die Tilgung (Kap. 36) 20055 177 (+ 947 025 M), zur Verrehnung auf bewilligte Anleihen (Kap. 37) 157 950 Æ (— 912 116 M), auf die Renten (Kap. 38) 1 393 914 (+ 5425 A), auf die Verwaltung (Kap. 39) 707466 (+- 85 875 M).

Der Betriebsfonds der Staats\c{ulden-Verwaltung betrug am 1. Juli 1884 6 589 119 4, der Depositalfonds 2831614 4 und 20 689 808 M. Effekten. .

Die Etats für das Herrenhaus und das Haus der Abgeordneten sind fast unverändert geblieben.

Der Etat der allgemeinen Finanzverwaltung erhöhet sih in den Einnahmen (Kap. 24) auf 121724921 4 (+ 10210386 46), wobei aber in Betracht zu ziehen ist, daß

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darunter 821 876 (A Verwaltungs-Ueberschuß aus dem Etats- jahr 1883—84 und 22091000 M aus einer Anleihe enthalten find. Von den ordentlihen Einnahmen dieser Verwaltung hat aus den Zöllen und der Tabacksteuer (51 248 520 A) eine erheblichere Vermehrung (1 297 070 4) zu erwarten, während bei Einnahmen des vormaligen Staatsschatzes (4 020050 4) und den Rückzahlungen aus Notbftandsdarlehn (104 177 Æ bezw. 84447 4) Ausfälle von 424 950 Æ bezw. 192 936 K und 247 657 M eintreten werden.

Die Ausgaben (Kap. 42 und 43: 130 429 428 #) steigern si um 24 419 913 M durch die Matrikbularbeiträge.

Die Staats-Aktivkapitalien beliefen sich am 1, Oktober 1884 auf 50422 188 (+ 158 323 M). Ï

Der Etat des Ministeriums der auswärtigen An- gelegenheiten 1885/86 ist unverändert geblieben.

In dem Etat des Finanz-Ministeriums sind bei den Einnahmen von den Beiträgen der Wittwen- und Waisen-Ver- pflegungsanstalten (Kap. 27: 412550 4) in Folge des Ausscheidens von Mitgliedern 42189 #4 abgeseßt worden. Ebenso sind in Kap. 28 (verschiedene Einnahmen 1 630 984 4) die Kosteneinnahmen der Be- zirkéaus\düsse um 9376 G und die Beiträge zu den Verwaltungs- kosten um 4029 4 ermäßigt worden. Dagegen erhöhen sich die Wittwen- und Waisengeld-Beiträge der aktiven Beamten um 3000 / und die der pensionirten um 20000 6 Die herrenlosen Erbschaften sind mit 3430 Æ mehr angeseßt. Im Ganzen betragen die Einnahmen 2043534 M (— 29030 M).

Die dauernden Ausgaben (Kap. 57—63) ftellen \sich auf 44 365 526 A6 (+ 1 724 336 6). Da in der Provinz Hannover am 1. Juli d. I. an Stelle der Landdrosteien und der Finanz-Direktion 6 Regierungs-Präsidenten und Regierungen treten werden, so erhöhen sich die Titel „Besoldungen“ um 284 285 A, wogegen von 323 142 Diéposition8gehälter 22 140 A beimgefallen und 301 002 / von hier auf Kap. 62 (Wartegelder 2c.) übertragen sind. Der Zuschuß zu den Wittroen- und Waisengeldverpflegung8anstalten (Kap, 60: 5 138 838 S6) ermäßigt sih um 157 596 /( Die Wartegelder 2c. (Kay. 62: 22 047 445,4) erhöhen sich um 1695540 4 Außer der erwähnten Uebertragung von 301002 M erböhen si{ der Civilbeamten - Pensionsfonds (18 700000 6) um 700000 MÆ, die gesecßlihen Wittwen- und Waisengelder der pensionirten Beamten um 486 110 , der aktiven um 29600 (6 Der Pensions-Auësterbefonds if mit 30000 4 weniger angeseßt.

Zu einmaligen und außerordentlichen Ausgaben (Kap. 2) find 151600 # ausgeworfen, nämlich 51600 (+ 11100 M) zur Erstattung ron Ablösungskapitalien 2c. in der Provinz Scleswig-Holstein und 190000 A (+4 100 000 4) zur Unterstüßung derjenigen Beamten, welche in Folge der Zurückführung der Gerichtéfoftenerhebung auf die Austizbehörden am 1. April d. I, im Wege der Kündigung werden entlassen werden.

Statistische Nachrichten,

Gemäß den Veröffentlihungen des Kaiserlihen Gesund- heitsamts find in der 2. Jahreswoche von je 1000 Einwohnern, auf den Jahreëdurdsc{nitt berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 23,9, in Breslau 32,4, in Königsberg 26,7, in Cöln 25,4, in Frankfurt a M. 23,4, in Hannover 19,4, in Cassel 24,0, in Magdeburg 31,2, in Stettin 20,2, in Altona 27,3, in Straßburg 23,0, in Meß 24,3, in München 26,2, in Nürnberg 30,7, in Augsburg 21,9, in Dres- den 24,5, in Leipzig 23,7, in Stuttgart 18,8, in Braunschweig 14,7, in Karlsruhe 25,0, in Hamburg 28,9, in Lübeck —, in Wien 28,5, in Budapest 28,0, in Prag 29,4, in Triest —, in Krakau 44,8, in Basel 21,9, in Brüssel 28,1, in Amsterdam 33,7, in Paris 28,5, in London 23,7, in Glasgow 34,5, in Liverpool 24,5, in Dublia 31,0, in Edinburg 22,4, in Kopenhagen 27,1, in Stotholm 27,1, in Chris stiania 26,0, in St. Petersburg 29,5, in Warschau 35,1, in Dbtessa 35,0, îin Rom 31,5, in Turin 32,8, in Bukarest 23,9, in Madrid 40,3, in Alexandria 34,8, \— Ferner àus der Zeit vom 21, bis 27. Dezember pr.: in New-York 24,3, in Philadelphia 28 9, Chicago —, in Cincinnati —, in St. Louis —, in San Franzisfo 21,2, in Kalkutta 32,0, in Bombay 26,8, in Madras 44,1.

Beim Beginn der Berichtswoche herrs{hten an den deutschen Beobachtungsorten meist mäßige bis frische, in Konitz, Breslau und Karisruhe fogar stürmische westlibe und südwestlihe Luftströmungen, die an den Oststationen und in Cöln am 13, nah Oft und Südost, an den übrigen Stationen (in München nach vorübergehendem Wechsel mit Südost, in Berlin mit Nord) erst am 14. nah Oft und Nordoîft, nah welcher Richtung der Wind auch in Koniß zu Ende der Woche umging. Die Temperatur der Luft war eine niedrige, der Jahres- zeit entsprechende, und lag in Konitz, Breslau, Berlin, Bremen, Cöln etwas über, in München unter dem vieljährigen Monatsmittel. Jn Müncten herrs{te vom 13.—16. Januar ftrenger Frost. Nieder- \chläge, meist Schnee, erfolgten häufig, aber meist nit sehr ergiebig. Der beim Wochenbeginn niedrige Druck der Luft nahm unter geringen Schwankungen im Laufe der Woche zu, so daß das Barometer zu Ende der Woche einen hohen Standpunkt einnahm.

__ Die Sterblichkeit hat in der Berichtswoche in den meisten Groß- städten Europas wieder zugenonimen, nur in wenigen, wie Berlin, München, Dresden, Braunschweig und in den größeren englischen Städten hat die Sterblichkeit etwas abgenommen, Für die deut- schen Städte stieg die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl auf 25,3 von 25,0 der Vorwoche (pro Mille und Jahr berechnet), und zeigt eine Verminderung des Sterblichkeitsantheils der Säuglinge und der Altersklafse von 1—5 Jahr, cine Steigerung dagegen der höheren Altersklassen, besonders der Altersklasse Über 60 Jahre. Von 10000 Lebenden starben 72 Säuglinge, gegen 75 der Vorwoche, in Berlin 62, in München 76.

Unter den Todesurfachen haben die Infektionskrankheiten meist weniger Sterbefälle hervorgerufen, auch Darmkatarrhe der Kinder führten seltener, Croup sowte alle akuten Erkrankungen der Athmungë- organe, în den außerdeutsben Städten auch Pocken, häufiger zurn Tode. Masern riefen in Schweidnitz, Müncben, Nürnberg, Berlin, Potédam, Mainz, Colmar, Paris, Glasgow. Stockholm weniger, in Franffurt a. M., Magdeburg, Amsterdam, Kopenhagen, London mehr Todesfälle hervor. Das Scarlachfieber wurde îin Königsberg, Eibing, Chemnitz, Frankfurt a. M,, Berlin, Prag, Amsterdam häufiger, in Leipzig, Stocktholm, Christiania etwas seltener Todesveranlafsung. Diphtherie zeigt vielfach einen Nachlaß der Sterbefälle, wie in Königsberg, Danzig, Thorn, Bromberg, Münhen, Dresden, Chemniß, Leipzig, Berlin, Potsdam, Charlottenburg, Span- dau, Brandenburg, Hamburg, Altona, Braunschweig, Wien, Paris, Amsterdam, London, Granada; dagegen war in Roftock, Stolp, Breslau, Stuttgart, Erlangen, Frankfurt a. O., Dessau, Prag, im Haag, Stockholm, Christiania, St. Petersburg, Warschau, Odessa, Turin die Zahl der Opfer eine größere als in der Vorwoche. Typhöse Fieber zeigten fih im Allgemeinen, be- sonders in deutsden Städten in beschränkter Zahl als Todesveran- lassung, nur in Hamburg und Edinburg war die Zahl der Sterbe- fälle eine größere als in der Vorwohe. Sterbefälle an Fleck- typhus kamen nur vereinzelt aus Braunschweig, Rom, Granada und San Franzisko zur Mittheilung. Darmkatarrhe der Kinder und Brechdurhfälle zeigten si gleichfalls allgemein seltener, Ruhrtodesfälle wurden aus deutschen Städten nicht mitgetheilt. Seltener waren auch Todesfälle an Keuchhusten, besonders in Berlin und Paris, während sie in Stargard i. Pom., Chemniß, Amsterdam, Wien, London, Edinburg zahlreicher wurden. Sterbefälle an Pocken kamen aus deutshen Städten nur 1 (aus Dresden) zur Mittheilung. Aus Birmingham, Sarägofsa, Alexandrien werden einzelne, aus Paris, Liverpool, St. Petersburg, Warschau, Odeffa mehrfache Todesfälle gemeldet. Jn größerer Verbreitung herrschten Pocken in Wien, London, Triest und in der Mitte des De- zember in Rom, Turin, Lissabon. Die Cholera in Paris ift er- loshen. In Nantes kamen im Monat Dezember 4 Todesfälle an Cholera, tn Bukarest 1 Todesfall an Cholera nostras zur Meldung. In Kalkutta und Bombay trat die Cholera Ende November und Anfang Dezember in beschränkter Zahl auf.

pr F E e

Kunst, Wissenschaft und Literatur. :

Das neueste Doppelheft 7 und _ 8 der „Altpr eußischen Monatsschrift“ (für die Monate Oktober bis Dezember 1884) bringt die weitere Fortseßung der Publikation des mehrfah erwähntén ungedruckten- Werkes von Kant aus seinen lezten Lebenéjahren. Rudolf Reicke, welcher dasselbe bekannilich in dieser Zeitschrift als Manuscript herausgiebt, hatte in der von ihm bereits vor 20 Jahren in demselben Organ veröffentlichten Nachricht von Kants nachgelafsener Handschrift über den nun folgenden Theil gesagt: „Das 7. Konvolut enthält auf 10 Bogen mit der Aufschrift „Beilagen verschiedene Bemerkungen über Gegenstände aus der Naturwifsenshaft und der Transscententalphilosophie, z. B. über Raum und Zeit, über das Weltsyftem, über das Dasein Gottes, über die Möglichkeit der Erfahrung und über das praktishe Prinzip des Menschen. Dies Alles ist ohne bestimmte Ordnurg hingeworfen und jeder der gê- nannten Gegenstände mehrere Male mit denselben Worten gesagt. Es scheint, als wenn in einigen Stellen auf den Theätet und Aenesidemus Rüksicht genommen worden ist.“ Diese Notiz wird in der Einleitung nunmehr zunächst wiederholt und dann hinzugefügt, daß als Umhbüllung eine Nummer des „Königsberger Irtelligenz-Zettels*“ vom 11, Juli 1801 diente, sowie daß die Niederschrift in den J:L-2n 1799 und 1800 erfolgt zu sein scheine. Wenn Kant mehrfach auf Theäâtet und Aenesidem Bezug nebme, so meine er damit wahrscbeinlih seine Gegner Tiedemann, der in seiner 1794 zu Frankfurt a. M. erschie- nenen Schrift „Thbeätet oder über das menshlihe Wissen, ein Beitrag zur Vernunft - Kritik“ die objektiv-reale Gültig- keit der menshlichen Erkenntniß gegen Kant behauptet, und den Skeptiker Gottlieb Ernst Schulze mit seiner anonymen Schrift: „Aenesidemus oder über die Fundamente der von Reinhold in Jena gelieferten Glementar-Philosophie nebst einer Vertheidigung des Sk ptizismus gegen die Anmaßungen der Vernunft- kritif* (1792). In den Anmerkungen müht \ih der greise Philos- \soph unaufhörli{ ab, um cine präzise Definition des Wesens und Begriffs der Erfahrung, Anschauung, des Begriffs selbst, von Gott, Welt, Freiheit 2c. zu gewinnen. Aber auch Erscheinungen der konkreten Wirklicbkeit bilden den Gegenstand der Aufzeihnungen. So finden wir u. a. folgende Bemerkung: „Die Ziehkraft des Magncts ift im Winter beim Nordwintde stärker als im Sommer, besonders in feuhter Luft, auß im leeren Raum stärkec als im lvfivollen, zieht auch vom Ambos mehr Eisen als von jeder anderen Unterlage“. In dem folgenden Beitrage des Hefts, mit der Ueberschrift „Der alte preußiscbe Chronist in der Chronik von Oliva“, kritisirt M. Perlbach die feiner Zeit besprochenz, von Dr. Walther Fuchs verfaßte Arbeit über denselben Gegenstand. Sodann giebt Carl Bekherrn eine mit drei autographirten Tafeln illustrirte

Beschreibung und Geschichte des chemaligen Ordenshauses Bäslack, der jeßigen Kirche in dem gleichnamigen, 14 Meile südwestlib von Rastenburg gelegenen Dorfe. Daran

reihen sich _ Kritiken und Referate, und zwar Besprechunge der Werke „S@tiller als Historiker und Philofoph“, von Friedri Ueberweg, und „Friedrih der Große und die deutsche Poesie“, von Dr. Gottlieb Krause; ferner Referate über die Sitzungen der Alter- thumsgeselishaft Prussia, nebst dem Abdruck einer Reihe interessanter Mittheilungen über Sitten, Gebräuche und Sagen, wie folche in Burdungen (Kreis Neidenburg) gesammelt und in einer Februar- - Sitzung des Jahres 1883 zum Vortrage gebracht worden find. Im Anhang endlich finden wir kleinere urkundlihe und andere Mit- theilungen, die Universitäts{ronik für 1884, die altpreußishe Biblio- graphie für 1883 und die Kant-Bibliographie des Jahres 1883 (mit Nacbträgen zu früheren Jahren zusammengestellt von R. Reike). Mit dem vorliegenden Doppelheft beschließt die „Altpreußische Monats\chrift“ ibren 21. Band (die „Neuen Preußischen Provinzial- Blätter“ ihren 87. Band). Die von Rudolf Reicke und Ernst Wichert herau®gegebene, in Ferd. Beyers Buchhandlung zu Königsberg i. Pr. erscheinende Zeitschrift dient zunächst den Interessen der Provinzen Ost- und Westpreußen; ihre Bedeutung reiht aber auch über die Grenzen derselben hinaus, und sie kann daher wegen der werthvollen Bet- träge zur Geschichte und Landeskunde weiteren Kreisen empfohlen werden. Sie wird jährlich in 4 Doppelheften zu je 8—12 Bogen (gr. 89) publizirt. Der Pränumerationspreis beträat 9 M für den Jahrgang. Heft 1 und 2 des neuen, XXII. Jahrgangs werden als Doppelheft zu Ende März ausgegeben werden.

Ihn den foeben ausgegebenen Lieferungen 10—13 der im Ver- lage von Sigmund Bersinger in Wien, Leipzig und Prag exscheinenden illufstrirten Prachtaus8gabe von HeinrihHeine's Werken wird „Italien“ fortgeseßt. Auch die Prachtautgabe von Lenau's Werken, desselben Verlages, ist um die Lieferungen 14 und 15 vor- geschritten. Die Verlagshandlung bleibt nach wie vor bestrebt, diese klassishen Werke, was die Illustrationen, das Papier und den Druck betrifft, des billigen Preises (50 «3 die Lieferung) ungeachtet, in der würdigsten Weise auszustatten. Daß auch auf den Text die erforder- liche Sorgfalt verwandt worden ist, verbürgt der Name Heinr. Laube's, welcher noch die Durchsicht besorgt hat.

„Engelhorns allgemeineRomanbibliothek“ (Stutt- gart, I. Engelhorn) bringt im 11, Bande den gemüthvollen Roman von Ludovic Halevy (überseßt von Max Schoenau), „L’'Abbé Con- stantin“, der, obwohl er niht auf Effekt berechnet ift, do so gro- ßen Beifall gefunden hat, daß er bereits in mehr als 60 Auflagen erschienen ift. 0

Veterinärwesen.

Der für den laufenden Monat in Preßburg (Ungarn) in Aussicht genommene Zuchtviehmarkt ift mit Rücksiht auf das Umsichgreifen der Maul- und Klauenseuche unter dem Rind- vieh, welche neuerdings namentlich in Temesvár und in Arad auêgebrochen sein soll, auf den Monat Februar d. I. verlegt worden.

Gewerbe und Handel.

_Zur Unfallversicherung. Am 22. d. M. fand in dem großen Saale des Architektenhauses die Generalversammlung der Tabadckverarbeitungs-Berufsgenossenschaft unter sehr zahlreiher Betheiligung statt. Es waren 3293 Stimmen vertreten, also wie man annehmen darf, fast 2 aller Interessenten. Es sind ca. 78 000 Arbeiter in dieser Brande in Deutscbland beschäftigt. Zu- nächst wurde der Antrag des Hrn. Thorbecke in Mannheim dis- kutirt, eine besondere Berufsgenossenshaft für Süddeutschland (Baden, Bayern, Hessen, Hessen-Nafsau, Württemberg, Elsaß- Lothringen) zu bilden. Die Abstimmung ergab folgendes Resultat: 552 Stimmen gegen, 797 Stimmen für eine folche Bildung. Diese Stimmen vertheilten si wie folgt: von 647 Stimmen aus Baden stimmten 571, von 295 aus Heffen 114, von 212 aus Hessen-Nafsau 41, von 105 aus Bayern 35, von 72 aus Würltemberg 32, endli von 18 Stimmen aus Elsaß-Lothrin- gen 4 für eine süddeutsche Unfall- Berufsgenossenschaft. Die end- gültige Eatscheidung über diese Frage hat nun der Bundesrath zu fällen. Für den Fall der Annahme hat der Präsident des Reich3- Versicherungsamts, Bödiker, empfohlen, au Hohenzoäecn-Sigma- ringen einzuziehen. Für diese Eventualität ist abgestimmt und beschlossen worden, daß dann die übrig bleibenden Theile Deutschlands eine Genoffenschaft für sich bilden sollen. End- lih haben sich die der Bildung der süddeutshen Unfall- Berufsgenossenschaft widerstrebenden Süddeutschen für den Fall der Ablehnung geeinigt, für ganz Süddeutschland nur eine Sektion mit verschiedenen Vertrauensmännerbezirken einzurihten. Sodann wurde zur Berathung des Statuts eine Kommission von 21 Mitgliedern gewählt, wovon 14 der norddeutsben und 7 der süddeutshen Gruppe angehören, entsprechend der Thatsache, daß Süddeutschland 25, Nord- deutshland 53 Tausend Arbeiter beschäftigt.

London, 26. Januar. (W. T. B.) Bei der am Sonnabend abgehaltenen Wollauktion waren Preise unverändert.

Glasgow, 26. Januar. (W. T. B.) Die Verschwiffungen von Roheifen betrugen in der vorigen Woche 6400 gegea 6800 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres.

Bradford, 26. Januar. (W. T. B.) In Wolle Tendenz zu Gunsten der Käufer, sehr ruhiges Geschäft, Garne ruhig, gebotene Preise sind den Spinnern zu niedrig, Stoffe ruhig.

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