1885 / 25 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 29 Jan 1885 18:00:01 GMT) scan diff

gerissen und ein deutisher Angestelter Namens Pantenius ge- fangen fortgeführt sei.

Wie sich späterhin ergab, wurde der gefangene Deutsche am Nachmittage von einem Häuptling Elami Yoß, dessen Bruder von „Olga“-Leuten erschossen worden war, ermordet.

Kapitän-Lieutenant Riedel bra auf die ihm zugegangene Nachricht hin sofort nach dem jenseitigen Ufer auf, den Ueber- bringer der Nachricht ersuhend, dem Kapitän zur See Karcher hiervon Meldung zu machen. Die Dampfpinaß der „Bis- marck“ nahm Kapitän-Lieutenant Riedel mit.

Um 1 Uhr landete die „Olga“-Abtheilung unter heftigem Feuer der Yoß-Leute an der neuen Schmidtshen Faktorei, wobei in der Barkaß die Matrosen Kuhnert, Krüger und Hirsch (leichter Streifshuß) und glei nach dem Landen der Uriter-Lieutenant zur See von Ernsthausen verwundet wurden. Die Kuttermannschaften hätten hinter der Quaimauer Auf- stellung genommen und deckten die Landung der Barkaß. Als deren Mannschaften aber zu ihnen gestoßen und somit der 2, Zug formirt war, stürmte er unter Führung des Sceconde- Lieutenants von Eßtel mit „Mars, Marsch, Hurrah!“ auf das circa 30 m hohe Plateau von Bell-town hinauf, ers vor der S&luht Halt machend, welche Bell-town von Yoß- town trennt. Am Fuße des Abhanges waren die Matrosen Bugge und Gludan {wer verwundet worden. Ersterer starb noch im Laufe der Nacht.

Der 1. Zug unter Lieutenant zur See Höpner war dem zweiten sofort gefolgt und sicherte uun, mit zwei Sektionen ausgaeschwärmt, die linke Flanke des 2. Zuges, den Nest als Soutien in gedeckter Stellung haltend.

Von cinem weiteren Vordringen sah Kapitän: Lientenant Riedel bis zum Eintreffen von Verstärkungen ab, vornehmlih deéhalb, weil er seine Boote niht ungedeckt lassen durfte. Aber er unterhielt jeßt ?/, Stunden lang ein stehendes Gefecht gegen den ihn halbkreisförmig umfassenden, etwa 500 Mann starken Feind, wobei er shließlich das ganze Soutien mit in die Schüyzenlinie hineinnehmen mußte. Wenn während dieser ganzen Zeit nur noch zwei Matrosen (Meier und Lewerenz) leiht verwundet wurden, so ist das auf das s{chlechte zu hohe Schießen der Neger und die fahgemäße TerrainauLnußung Seitens unserer Ma- trofen zurückzuführen, wie überhaupt das Verhalten der jungen Mannschaft bei diefer Gelegenheit alles Lob verdient. Nament- lih gilt dies auch hinsihtliÞ der Feuerdisziplin. Wurde diesseits do im leyten Theil. des Gefehtes nur von den einzeln bezeichneten Leuten geschossen, während die ganze Linie fich im hestigen feindlichen Feuer befand.

Es ist noch zu erwähnen, daß während des Sturmes auf die Höhe von Bell-:town die „Olga“-Barkaß und die „Bis- marck“-Dampfpinaß Unter-Lieutenant zur Seé Mießner ein wirksames Booisgeshüßz- resp. Revolverkanonenfeuer gegen den Feind unterhielten. Die „Bismarck“-Dampspinaß wurde mehrfach von Kugeln getroffen und der Maschinisten- r:aat Pfeiffer durxh einen Schuß ins Auge {wer verwundet. Die Dampspinaß fuhr dann nach dem anderen Ufer hinüber, um dem Kapitän zur See Karcher Meldung zu erstatten.

Nicht ohne von den sich wieder heranwagenden Negern beschossen zu werden, schifste sich Kapitän zur See Karcher auf die erhaltene Meldung hin sofort mit der „Bismarck“- Abtheilung nah Bell-town ein und landete dort um 3 Uhr 5 Minuten p. m, nachdem aber {hon das Feuern in der Schüßenlinie der „Olga“-Abtheilung ganz aufgehört hatte. Kapitän Karcher ließ den zuerst gelandeten Theil der „Bismarck“-Mannschasten in die „Olga“-Schütenlinie ein- rüden und gab, den übrigen Theil der „Bismarck“-Compagnie als Soutien mitnehmend, den Befehl zum weiteren Vorrücken gegen Yoß-town und Tokodo-town. Die Neger hielten jetzt niht mehr Stand, sondern flohen in den Busch hinter ©Tokodo, einen Verlust von mehreren Todten und Ver- wundeten erleidend.

Da ein Nachdringen in den Busch zwecklos schien, so gab Kapitän Karcher den Befehl zum Rückmarsch nah dem Landungsplaße und zur Niederbrennung der Stadt.

Die Verluste der Neger in den Gefechten auf dem linken &lußufer sollen 20 Todte darunter 2 Häupilinge und

Eintheilung der Landungstruppen des Geschwaders. A. Divisionsstab. Commandeur: Kapitän zur See Karger. Adjutant : Unter-Lieutenant zur See Bachem. Ordonnanz-Kadett: Seekadett Goßtzheim. : S 2 Signalgäste, 1 Hornist. Außerdem zur Disposition des Commandeurs: Lieutenant zur See von Holzendorff, Flagg-Lieutenant.

B GNTanterit.

L Abtheilung /Bismarck“. Abtheilungs-Commandeur: Lieutenant zur See Graf von Moltke.

T, Compagnie.

1. Zug: Unter-Lieutenant zur See Kölle 2. Hug: Unter-Lieutenant zur See Scheer 3. Zug: Lieutenant zur See Meyer 11.

8 Unteroffiziere,

120 Mann,

2 Spielleute,

2 Signalgäste. 136.

O Artillerie

Unter-Lieutenant zur See Meier 1Il., 2 Unteroffiziere, 24 Mann. 27.

D, Pioniere.

2 Unteroffiziere, 6 Mann. 8,

: E, Sanitätspersonal: a, bei der Truppe: Stabsarzt Dr. Fischer („Olga“), 1 Lazarethgehülfe, 8 Krankenträger (4 „Olga“, 4 „Bismarck“), b. auf demVerbandplaß : Assistenzarzt Dr. Dammann(,Bismarck“), 2 Lazarethgehülfen |\ Bis _ 4 Krankenträger s -DBismardä“. 17; Boots- und Landungsabtheilung „Bismarck“. Matrosen-Compagnie 136 Köpfe C S O S A Sil. U, B E Sa. 218 Köpfe. Außerdem 1. Gig. 5 M Brandungsboot 10 Krooneger. 233,

Li 2. Zug: Seconde-Lieutenant von Eßel

40 Verwundete betragen. Diesseits haben nah dem Eintreffen der „Bismarck“:Abtheilung keine Verluste mehr stattgefunden. __ Die Landungs-Division bezog am Abend Quartiere in einer deutshen Faktorei und auf einer Hulk. Kapitän Karcher schickte eine Meldung über die Ereignisse des Tages an den Admiral auf „Bismarck&“, worin er gleichzeitig bat, womöglich S. W. S. „Olga“ den Fluß heraufkommen zu lassen.

Die Ereignisse am 21. Dezember.

Noch am Abend des 20. hatte Kapitän Karcher sih King Aqua kommen lassen und die Auslieferung seines rebellischen Bruders Manga Aqua verlangt. Auf eine sehr energische Wiederholung dieser Forderung am Morgen des 21. wurde ihr denn au Folge geleistet und Manga Aqua gefangen ein- gebracht.

Hingegen blieb der Versu, durch eine Umstellung von Yoß- und Tokodo:town die möglicherweise dorthin“ zurüdck- gekehrten Yoß-Häuptlinge zu fangen, erfolglos, und beschränkte sih die Thätigkeit der Landungs-Division darauf, die noh vom Feuer verschont gebliebenen Häuser anzustecken.

Am Nachmittage waren Theile der Landungs-Division mit der Untersuchung einiger Missionsgebäude nah geflüchteten Häuptlingen beschäftigt.

Um 9 Uhr 45 Minuten a. wm. war inzwischen S. M. S. „Olga“, auf der sich Kontre-Admiral Knorr eingeschifft hatte, bis in die Nähe von Yoß-town gelangt, fam aber hier auf der Bank fest und mußte erst wieder die Fluth abwarten, um bis zu ihrem Bestimmungsort vor Aqua:town zu gelangen, wie dies ihr denn auch gegen Abend glüdte.

Die Ereignisse am 22. Dezember.

Die Hickoïy-Stadt war am 20. nur zur Hälfte nieder: gebrannt worden. Die völlige Zerstörung derselben fand nun am 22. morgens statt, indem zunächst S. M. S. „VDlga“ mit Granaten gegen sie feuerte, theils um die etwa wieder zurückgekehrten Neger zu vertreiben, haupt- sählich aber des Eindruckes halber, den das Schießen aus hweren Geschüßen und das Krepiren der Granaten auf die Negerbevölkerung ausübt.

Bei der darauf durch die Landungs-Division vorgenomme- nen Durhsuchung der Stadt wurde dann auch kein feindlicher Neger mehr bemerkt, Nah in Brandseßen der noh stehen N EMIN Häuser kehrten die Mannschaften auf ihre Schiffe zurüd.

Der seiner Wunde erlegene Matrose Bugge S. M. S. „Olga“ wurde am 21. Dezember auf der Sualawa-Spite mit allen militärishen Ehren beerdigt.

Der Zustand der Verwundeten, sowie der Gesundheits- zustand auf den Schiffen überhaupt war nah den bis zum 30, Dezember reichenden Nachrichten ein guter.

Es erübrigt nur noch einen Auszug aus dem Bericht zu geben, in welhem Kapitän} zur See Karcher dem Geschwader- Chef sein Urtheil über das Verhalten der ihm unterstellten Mannschaflen S. M. Schiffe „Bismarck“ und „Olga“ aus- fpricht.

Es heißt darin: |

Das Verhalten der Mannschaften während der 3 Tage war ein musterhaftes. Nit allein, daß sie mit Unerschrocken- heit und Ruhe im feindlihen Feuer vorgingen und Stand hielten, sondern sie führten auch im Uebrigen die Befehle ruhig und verständnißvoll aus, was mit Bzzug darauf, daß bis jeßt erst einmal Gelegenheit gewesen ist, die Compagnie am Lande zusammen zu exerzieren, besondere Anerkennung verdienen dürste. Desgleichen ertrugen sie die Strapazen der zeitweise bei dem unwegsamen, s{hwicrigen Terrain in der glühenden Hiße sehr anstrengenden langen Märsche, des Boots- ruderns 2c., trogdem die Verpflegung während der ganzen Zeit nur aus Hartbrod und ungekohtem präservirten Fleisch bestand und die Unterbringung während der Nacht eine mangelhafte war, mit großer Ausdauer und Freudigkeit, und ist kein einziger Fall vorgekommen, daß ein Mann wegen Schwäche 2c. hâtte zeitweise zurückgelassen werden müssen. Auch fonst ist nit die geringste Unordnung vorgekommen.

2, Abtheilung „Olga “. Abtheilungs-Commandeur : Kapitän-Lieutenant Riedel.

H, Compagnie. Lieutenant zur See Hoepner | Lo, QNecaigere,

Anga. J . x Zug: Unter-Lieutenant zur See Hoffmann | 9 Spielleute, 2 Signalgäste.

S.

1 Unteroffizier, 12 Mann.

] Unteroffizier, 4 Mann.

F, Bootswahe. Commandeur: Lieutenant zur See Stiege. 1. Bootsabtheilung „Bismarck“: Unter-Lieutenant zur See __Mießner mit 29 Mann, 2. Bootsabtheilung „Olga“: Unter-Licutenant zur See von Ecnsthausen mit 9 Mann. 41.

Boots- und Landungsabtheilung Wia as Matrosen-Compagnie . 81 Köpfe Artillerie . 18 O 5 Sanitätspersonal . . . 6 Do O Sa A I

Sa. 116 Köpfe.

Bei der Landung Sa S ia tuen auf Yoß wurde i Deainiat zur See von Ernsthausen („Ol 2 De vi auf Daumen und Mittelfinger der reite & V U Pfe iffer („Bismark“), Shußwunde Sdeitlbei hi6 Gehe S E 1 ey Na E etl Gludau („Olga“), Schußwunde li E E E Saite cu ine “D Muliile Krad er COGT Echusgunde in de id Brustseite; {wer. cie Ie Meier(,„Olga“), Streifshuß am Halse; un- Bat lose Lewerenß („Olga“) Shuß in der retten il S e Q! 0 J ! é f („Bismarck“), Bruch des reten

Bekanntmachung.

Es haben in leßter Zeit im Kaiserlich deutschen Scuß- gebiet von Kamerun mehrfach anscheinend durch Fremde an- gestiftete Nuhestörungen stattgefunden, welhe s{ließlih die E militärisher Gewalt zu meinem Bedauern erfordert zaben.

__ Da s der bestimmte Wille der Kaiserlihen Negierun Ut, Die erforderliche Ruhe und Ordnung in biälem Vänie unter allen Umständen herbeizuführen und aufrecht zu er- halten, fo erkläre und mache ih hierdurch öffentlih und amt- lih allen Einwohnern bekannt, daß von diesem Tage ab jeder Ruhestörer, gleihgültig von welcher Nationalität, die sofortige Ausweisung aus dem Kaiserlihen Schußzgebiet von Kamerun zu gewärtigen hat. Fm Falle der erwiesenen mittelbaren oder unmittelbaren Theilnahme an den Operationen der feindlichen Negerstämme werden dieselben als Feind behandelt werden. Bis auf Weiteres verbiete ih jeglichen Verkauf von Waffen und Munition.

King-Bell-:town, den 21. Dezember 1884, - | Knorr, Contre-Admiral und Chef des Westafrikanischen Geschwaders.

Preußische Klassenlotterie. (Ohne Gewähr.)

Bei der heute fortgeseßten Ziehung der 4. Kleße 171. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen: 9

1 Gewinn von 150 000 46 auf Nr. 9675.

2 Gewinne von 30 000 4/6 auf Nr. 7859. 11 098.

1 Gewinn von 15 000 4 auf Nr. 23 617.

1 Gewinn von 6000 /6 auf Nr. 5028.

37 Gewinne von 3000 6 auf Nr. 2219. 3180. 3244. 4541. 6516. 9980. 14227. 14777. 22 072. 22 129. 23 T1. 24 007. 26 041. 35802. 38660. 42132. 46 487. 46 949. 47 377. 54271. 55946. 58169. 58842. 60 495. 60 502. 61 689. 62806. 63829. 66257. 66853. 73 227. 77 936. 78 491. 85017. 87090. 91645. 94467.

40 Gewinne von 1500 A6 auf Nr. 3281. 6147. 6312. 6497. 7831. 8300. 8764, 10-118. 15929, 188376, 21 449. 21 920. 28147. 31 980. 32873: 33366, 37 000, 41 961. 45 357. 48640, 55 788. 56153. 56668. 59 985. 60915. 61.095, 62915. 64425. 69240. 71996. 72043. 73 540, E O 77105, 79 768. 84762. 85890. 89556. 91 497,

71 Gewinne von 550 / auf Nr. 1861. 4430. 5328. 5962. 6002. 7562. 8304. 9023. 9631. 10 054. 10 389. 11 TOS8. 12915. 13882. 15030. 15536. 16158. 17 985. 21 062. 22089, 29/0. Lo 25507 M07 427 29 630, 30094, 30222. 30862. 31220; 32 712, 32965. 34 399. 36 332. 36423. 37 320. 38633. 40359. 41 542, 41 576, 42 442. 42535. 46103. 49923. 50618. 51311. 56 865, 57 201. 60860. 62849. 64398. 66985. 67 826, 69 342. 0907/9, 609926. 74246. 74284, 78141 829565 83 656. 84 222. 87 169. 87 660. 88663. 89413. 90 775, 93 5/2, 99 (20. 93 7/40, 93 753.

Der bekannte Lyriker Karl Gerok, der namentli a religiöser Dicter in allen Kreisen das höchste Ansehen E M na! dem beispielsweise Prof. Dr. C. Beyers „Deutsche Poetik“ eine deutsche Strophenferm benennt, feiert am 30. Januar seinen 70. Ge- burtstag. Zur Auszeichnung dieses Tages hat die Verlagshandlung von Greiner & Pfeiffer in Stuttgart, bei welher Geroks bedeutendfte Werke ersienen (z. B. seine in 50 Auflagen gedruckten, in alle A e S Et ein woblgelungenes Licht- ruckbi! es Jubilars herstellen lassen, das dur jede L - un Kunsthandlung zu beziehenist f E

__ Deutsches Theater. Fr. Niemann ist durch Unwohlsein ver- bindert, morgen zu spielen. Es wird deshalb, ftatt der angekündigten Vorstellung, „Dec Richter von Zalamea“ in der Neubeseßzung des Don Alvaro mit Hrn. Kainz gegeben. Am Sonnabend jedo spielt Bie O UCOS a A Mal vor ihrem Urlaube in «Vle große Glocke.“ Die erste Aufführung des „Fiesko* fin

am Montag, den 2. Februar, statt. 8 s

Der auf Sonnabend angeseßten Wohlthätigkeits-Vor- stellung imNeuen Friedrih-Wilhelmstädtisben Theater, deren Erträgniß den Opfern der Erdbeben in Spanien zuge- wandt werden soll, bringt man von allen Seiten das regste Interesse entgegen. Zur Aufführung kommt die beliebte Repertoire-Operette „Gas8parone“. Aus den höchsten und besten Gesellschaftskreisen der Residenz sind bereits an die Direktion Vorausbestellungen ergangen, so daß man s{chon heute einen günstigen, materiellen Erfolg prognoiticiren kann. Für den künstlerishen Erfolg bürgen die aus- gezeichneten Kräfte, denen, wie bei der ersten Aufführung, die Dar- stellung der Hauptrollen auc an diesem Abend anvertraut ift

Redacteur: Riedel.

Verlag der Expedition (S ch olz). Druck: W, Elsner. Vier Beilagen

Berlin:

(eins{ließlich Börsen-Beilage).

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zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

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Erste Beilage

Berlin, Donnerstag, den 29, Januar

885,

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Nichtamfliches.

Preußen. Berlin, 29. Januar. Jn der gestrigen 4{36.) Sizung des Reichstages begann das Haus mit der ersten Berathung des von dem Abg. Junggreen eingebrachten Geschßentwurfs, betreffend die Verwaltungs- und Ge- rihtss\prache in den zum Reiche gehörenden Landestheilen, in denen eine nihtdeutshe Sprache die Volkssprache ist.

Der vom Abg. Junggreen beantragie Geseßentwurf hat folgenden Wortlaut:

Der Reichstag wolle besc{ließen : S A

dem nachstehenden Geseßentwurfe die verfassungsmäßige Zu- stimmung zu ertheilen: G EH e e

betreffend die Verwaltungs- und Gerichtssprache in den zum Deut- schen Reiche gehörenden Landestheilen, in denen eine nichtdeutsche Sprache die Volks\prache ift. ¿S :

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König

von Preußen 2c. | 5 verordnen im Namen des Reis, nach erfolgter Zustimmung

des Bundesraths und des RNERGE, wie folgt :

In denjenigen Theilen des Deutschen Reichs, wo eine nicht- deutsche Sprache die Volkssyrache ist, verhandeln die Behörden mit der Bevölkerung und deren Organen in der Volkssprache, in welcher au alle Verordnungen und Erlasse, die speziell diese Theile des Reichs angehen, zu E 1A

Ebenso sind in den genannten Landestheilen die Rechtsverhand- lungen, wenn der Angeklagte es verlangt, in der Sprache des Volkes zu führen.

S: 8, : Alle diesem Gesetze entgegenstehenden geseßlihen Bestimmungen find hierdurch aufgehoben.

Der Abg. Junggreen vertheidigte seinen Antrag. Er

berufe sih für den Anspru der Dänischredenden in Nord- \{hleswia, daß Geseße und Gerichtsverhandlungen in ihrer Sprache erlassen resp. geführt würden, auf die Verträge, welche die Entscheidung über die Zugehörigkeit zu Dänemark oder Preußen der Bevölkerung überlassen hätten und sehr zu Unreht niht zur Ausführung gelangt seien. Bei den Land- und Amtsgerihten werde außer den Fragen, die der Dolmetsh:.x vermittele, nur deutsch verhandelt, so daß ein Angeklagter unter Umständen kein Wort von den Verhandlungen verstehe, die üver sein Schicksal entscheiden. Er selbst sei Zeuge eines solchen Falles gewesen. Da man außerdem noch häufig Assessoren als Hülfsrichter verwende, die kein Wort dänisch verstehen, so ruhe Alles in den Händen der Dolmetscher. Dem Einwand, daß nicht dänish redende Richter in genügender Zahl zu finden seien, würde damit begegnet werden, daß die betreffenden Richter dänish lernen müßten, wie es die Theologen gethan haben, die in Nordshleswig angestellt seien.

Hierauf ergriff der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Staatssekretär des Neichs-Justizamts Dr. von Schelling das Wort : |

Meine Herren! Unter der Vorausseßung, daß dem Reichstage erwünscht sei, eine Aeußerung vom Bundesrathstishe zu vernehmen, gestatte ih mir einige Bemerkungen. :

Jch vermisse in dem Entwurfe eine praktisch anwendbare Norm. Derselbe leat als maßgebender Faktor die Volkssprahe zu Grunde. Nun läßt sich aber die Grenze der deutschen Sprache, namentlich nah Osten und Norden hin nicht mit voller Sicherheit feststellen. Es bleibt, wie Ihnen allen bekannt ist, cine Reihe von Gemeinden übrig, in denen eine deutschredende Bevölkerung neben einer fremdspraclichen wohnt, wo also ¿wei Volkssprachen existiren. Wenn ich nun au dem Antrag unterstelle, daß in einem solchen Falle die überwiegende Sprache entscheiden foll, so kann doch dieses Verhältniß auch sehr zweifelhaft sein und sih im Laufe der Jahre verändern. Es fehlt nun an jeder Bestimmung darüber, in welher Weise solhe Streitig- keiten und Zweifelsfälle entschieden werden follen. Ich für meinen Theil halte diesen formellen Mangel für \o hervorstehend, das ich auf die Sache selbs nur mit wenigen Bemerkungen eingehen zu Tönnen glaube, ?

Ich will mich dabei beschränken auf die Gerichts\prache; denn soweit der Entwurf im §8. 1 die Verwaltungs\prache, insbesondere die Sprache regelt, in welcher Erlasse und Verordnungen bekannt zu machen sind, berührt er und das scheint der Herr Antragsteller selbst anzuerkennen eine reine Landesangelegenheit, für welche mir ‘die Zuständigkeit der Neich8gesezgebung nicht begründet zu sein scheint.

Was nun die Gerichtssprache anlangt, so will ih auch die Be- denken, welche vom Standpunkt der praktischen Ausführbarkcit den Vorschlägen des Herrn Antragstellers entgegenstehen, nicht eingehen, da der Herr Antragsteller selbi diese Bedenken bereits vollständig an- erkannt hat. Jch möchte nur cine Konsequenz, zu welcher der Antrag führt, betonen. L

Der Entwurf enthält allerdings keine auëdrückliche Bestimmung darüber, wie es mit der Gerichts\prache in den Angelegenheiten der Civilgerichtsbarkeit und der nicht streitigen Gerichtsbarkeit gehal- ten werden soll. Da aber §, 2 nur von „Angeklagten“ spricht, nehme ich an, daß derselbe nur für Strafsachen Anwendung finden oll, also die Gerichtssprahe in den übrigen Justizangelegenheiten nah §. 1 sich richten soll, Danach würde ein deutscher Kläger oder ein deut- {cher Verklagter sich unter Umständen einer fremden Sprache bedienen müssen ; und wenn ih mich in jenem Verständniß des §8. 1 irrte, so würde doch jedenfalls nach §. 2 ein deutscher ‘Privatkläger in Straf- sachen {ich einer fremden Sprache bedienen müssen, um vor einem deutschen Gerichte zu seinem Rechte zu gelangen. Meine Herren, das ift eine Konsequenz, welcher wie ih glaube die verbündeten Regierungen niemals ihre Zustimmung ertheilen würden,

Der Abg. Lenzmann erklärte sich gegen den Antrag, er begreife nicht, wie ein solcher Geseßentwurf dem Hause vor- gelegt werden könne, der die Kompetenz der Reichsgeseßgebung bei Weitem überschreite, die Vorlage sei deswegen einfach undiskutirbar. Er {ließe sich deshalb auch ganz dem Be- denken des Staatssekretärs an, daß die Volkssprache eine absolut undefinirbare Norm sei. Die Bewohner des Spree- waldes könnten eben so gut verlangen, daß ihre Gerichtsver- handlungen in wendisher Sprache geführt würden. Der Antragsteller habe ja gewiß andere Gegenden im Auge gehabt, Posen, Elsaß und Schleswig. Jhm sei es in amtlicher Eigen- schast im Elsaß passirt, daß die Leute cine deutshe Sprache geredet hätten, die er niht habe verstehen können. Als er ver- langt habe, sie sollten französisch sprechen, hätten sie erklärt, sie verständen kein Welsh. Dies Beispiel zeige, wie {wer es sei, die Sprachgrenze zu finden. Was die Publikation von Geseßen anlange, so verständen die Leute in Bezirken ge-

mister Bezs!?erung, die überhaupt dergleichen lesen, gewiß deutsh. Dänisch redende Richter würden sih in der nöthigen Zahl nicht finden lassen; man müßte s{ließlich in jener Pro- vinz das Nichterpersonal aus einer ganz eng begrenzten Klasse nehmen. Dadurch würde die Rechtspflege leiht eine politische Parteirihtung annehmen. Er für seinen Theil würde jedenfalls dafür danken, in einem politishen Prozesse von Richtern abge- urtheilt zu werden, die si auss{ließlih aus jenen Landestheilen rekrutirt hätten. Viel e sei es do, der dänischen Be- völkerung zu sagen, sie jollten Deutsch lernen, als die ein- zelnen Beamten zu zwingen, die dänishe Sprache zu lernen. Jm Uebrigen bestehe ja in allen diesen gemischten Gebieten neben der fremden Sprache au die deutshe Sprache. Er finde in diesem Antrage eine Feindseligkeit gegen das Deutsche Reich, möchte auch der Antragsteller sih noch so sehr bemühen, das Politische daran zurücktreten zu lassen. Derselbe sei ge- rihtet gegen die deutsche Einheit, und man könne in Deutsch: land keine solhe Sonderbündelei vertragen. Der Antrag müsse deshalb in schneidiger Form zurückgewiesen werden. Deshalb beantrage er die Ablehnung a limine und nicht die Verweisung in eine Kommission.

Der Abg. Dr. Windthorst bemerkte, der Antrag möge \{lecht formulirt sein, * aber vielleiht werde eine Kommission eine bessere Fassung finden. Er beantrage deshalb dessen Ueberweisung an die Kommission, der der polnische Sprachen- antrag überwiesen sei. Der Antrag enthalte unbestreitbar einen berechtigten Kern. Gerade wenn man den Wünschen der {leswigshen Bevölkerung in Bezug auf die Sprache ent- gegenkomme, würde man sih um fo eher ihre Sympathie er- werben und den Assimilationsprozeß beschleunigen. Diese Sym- pathie erwerbe man sich aber ganz gewiß niht, wenn man so hauvinistish auftrete, wie der Abg. Lenzmann. Jm Uebrigen sei er überzeugt, daß in niht zu ferner Zeit in den ehemals dänischen Landestheilen Nordschleswigs die deutshe Sprache die vorherrschende sein werde.

Der Abg. Dr. Hartmann erklärte, der Antrag Junggreen gehe sehr viel weiter, als der: polnishe Sprachantrag. Sei aber der Art. 1 jenes Antrages unannehmbar gewesen, so sei es dieser §. 1 erst recht. Man würde auf dem Wege dazu kommen, die Einheit der deutshen Gerichtssprahe aufzugeben. Der Antrag sei au völlig undurchführbar; es würde sih ja die nöthige Anzahl dänish redender Richter niht finden laffen. Der Antrag verlange überdies nicht nur dänish redende Richter, sondern daß auch solche Gerichtsschreiber, Geshworene, Schöffen u. \. w. beschafft werden sollten und zwar bei den Amts-, Land-, Ober-Landesgerichten und dem Reichsgericht. Für alle diese Stellen die Leute aufzutreiben, sei doh rein unmöglih. Der Antrag habe überhaupt nur eimen agitato- rischen Zweck, derselbe fei sahlich und formell nicht berechtigt, und er werde daher au gegen die Ueberweisung des Antrags an eine Kommission stimmen.

Der Abg. Gottburgsen führte aus, es sei nicht rihtig, daß der größte Theil der nordshleswigshen Bevölkerung nicht deutsch verstehe. Jm Gegentheil, die Mehrzahl sei der deutschen Sprache sehr wohl mächtig. Die Richter sodann verständen zum überwiegenden Theil dänisch; das treffe z. B. in Haders- leben auf 2 der dortigen 3 Richter zu. erner seien sämmt- liche Gerichtsshreiber des Dänischen mächtig. Der Angeklagte, von dem der Abg. Junggreen mittheile, daß derselbe außer wenigen an ihn gerichteten Fragen nichts von der in deutscher Sprache geführten Verhandlung verstanden habe, sei ja frei- gesprochen worden; es sei ihm also jedenfalls kein Unrecht geschehen.

Der Abg. Francke bestritt, daß der dänishen Bevölkerung in Bezug auf die Sprache ein Unrecht geschehen sei, es würden in Nordschleswig eigentlih fünf Sprachen gesprochen: hoh- deutsch, plattdeutsh, hochdänish, plattdänish und friesish. Erst in diesem Jahrhundert sei zur dänishen Zeit das Dänische als Gerichts\sprache eingeführt worden; früher sei deutsch die dortige Gerichtssprache gewesen und nahdem Nord- shleswig an Deutschland gefallen sei, müsse natürlich wiederum deutsch die Sprache der Behörden sein. Die Einführung des Dänischen ais Geschästssprache der Behörden würde ohne wesentliche Benachtheili- gung wichtiger Volksinteressen gar niht dur{führbar sein. Er könne das Alles aus seiner eigenen Praxis be- zeugen ; die dortige Bevölkerung empfinde es als Wohlthat, wenn ihre Kinder deutsch lernten. Erst durch künstliche Agitation dänischerseits jei hierin theilweise eine Aenderung eingetreten. Es liege aber im Jnteresse der Nordschleswiger selbst, wenn dem Antrage Junggreen nicht stattgegeben werde.

Der Abg. Dr. Simonis bat, dem Antrag Junggreen wohl- wollend entgegenzukommen. Wenn ein Land annektirt worden sei, solle es darum nicht rechtlos dastehen ; im Gegentheil, dort müsse mehr als irgend wo anders auf striktze Gerechtigkeit ge- halten werden ; so erfordere es eine weise Politik. Dies könne aber nur geschehen, wenn die Gerichte und Behörden in der Volks- sprache verhandeln könnten, das Dolmetscherwesen führe zu erheblichen Mißständen, auch in Elsaß-Lothringen habe man ganz ähnliche Erfahrungen gemaht. Zum Mindesten dürfe man den Antrag Junggreen niht einfach zurückweisen; es seien keine minimalen Fnteressen, wenn es gelte, daß einem Angehörigen des Deutschen Reichs vor Gericht sein Recht zu Theil werde.

Der Abg. Klemm wünschte, daß der Antrag Junggreen a limine abgelehnt werde.

Der Abg. Liebknecht erklärte, der Gedanke, der dem An- trag Junggreen zu Grunde liege, sei berehtigt ; natürlich dürfe au nicht das deutshe Element in Nordshleswig dur das dänische unterdrückt werden. Jedenfalls müsse mit größter Vorsicht darauf gehalten werden, daß den Mitgliedern fremder Nationalitäten, soweit sie zu Deutschland gehörten, nah allen Richtungen ihr Recht werde, Er sei für Verweisung des An- trags an eine Kommission. i:

Nach einem S@hlußwort des Antragstellers wurde die Verweisung des Antrages an eine Kommission abgelehnt. Die zweite Berathung wird also im Plenum stattsinden. i

Es folgte die dritte Berathung des vom Abg. Dr. Windt- horsi eingebrachten Geseßentwurfs, betreffend die Aufhebung

des Geseßzes über die Behinderung der unbefugten Ausübung von Kirchenämtern vom 4. Mai 1874. j Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, nah den eingehenden Diskussionen, die wiederholt über feinen Antrag stattgefunden hätten, hoffe er, daß derselbe ohne Weiteres Annahme Seitens der großen Mehrheit des Hauses finden werde. Für den Fall einer erneuten Debatte behalte natürlich auch er sih weitere Erklärungen vor. Der Antrag wurde ohne weitere Debatte angenommen. Das Haus begann darauf die erste Berathung des von den Abgg. Kablé, Germain und Genossen eingebrachten Geseßz- entwurfs wegen Abänderung des 8. 2 des Geseßes, betreffend die Verfassung und die Verwaltung Elsaß-Lothringens, vom 4. Juli 1879. Der Antrag lautet: Der Reichstag wolle bes{ließen : dem nachfolgenden Gesetzentwurfe die verfassung#mäßige Zu- stimmung zu ertheilen: Gx E ER

wegen Abänderung des 8. 2 des Gesetzes, betreffend die Verfassung und die Verwaltung Elsaß-Lothrinaens, vom 4. Juli 1879 (Neichs- Gesetzblatt Seite 165). Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deulscher Kaiser, König von Preußen 2c. verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstages, was folgt:

Der §. 2 des Gesetzes vom 4. Juli 1879, betreffend die Vers fassung und die Verwaltung Elsaß-Lothringens, wird in nach- stehender Weise abgeändert :

„Auf den Statthalter gehen zugleid die durch Gesetze und Verordnungen dem Reichskanzler in elsaß - lothringischen Landes- angelegenheiten überwiesenen Befugnisse und Obliegenheiten über.

Die durch §. 10 des Gesetzes, betreffend die Einrichtung der Verwaltung, vom 30. Dezember 1871 dem Ober-Pcäfidenten über- tragenen außerordentliÞhen Gewalten sind aufgehoben.“

Der Abg. Kablé klagte, daß die Ausnahmnegeseßgebung in einem Lande aufrehterhalten werde, in dem nah dem Aus- spruche der Behörden selbst die Ruhe noch niemals gestört worden sei. Die weitere Aufrechthaltung des Diktatur- paragraphen sei eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, und hier im Hause könne nicht genug daran erinnert werden, welche Verantwortlichkeit jeder Einzelne der Abgeordneten auf sih lade, der zur weiteren Verlängerung der außer- ordentlihen Gewalten, welche der Regierung in Elsaß ver- liehen seien, seine Zustimmung gebe. Jn der That sei die Macht des Statthalters in Elsaß-Lothringen größer, als die eines Souveräns. Das Geseß vom 4. Juli 1879, gegen das die Abgeordneten von Elsaß-Lothringen immer gestimmt hätten Und vor dessen üblen Folgen sie auch in der Zeit gewarnt hätten, als es berathen sei, habe dazu beigetragen, diese Macht noch zu vergrößern. Zwar sei den Elsäyern gegen die Entscheidung des Staithalters der Rekurs gewährt, aber das zuständige Gericht, an das sie sich in einem solchen Falle zu wenden hätten, fehle noch. Da sti es begreiflih, wenn das Gefühl des Rechtsbewußtseins immer mehr und mehr im Volke s{hwinde, und diese bedauerlihe Thatsahe müsse nohch verstärkt werden dur die großen Gewaltmaßregeln, zu welchen sih die Regierung in Elsaß-Lothringen habe bewegen lafsen. Als die erste derselben müsse das Verbot der Versicherungs- gesellschaften bezeihnet werden. Schon gleih nah dem Kriege sei in den FJuteressentenkreisen agitirt, daß die französischen Versicherungsgesellshasten ausgewiesen würden. Man habe darauf aufmerksam gemacht, daß die Agenten ihren Einfluß in deutschfeindlihem Sinne verwenden könnten, aber der Mann, der damals an der Spiße der Verwal- tung von Elsaß-Lothringen gestanden habe, der Ober-Präsident von Moeller, habe sich nicht irre machen lassen ; derselbe habe die Elsässer auf den Frankfurter Friedensvertrag hingewiesen, der auch die ausländischen Handelsgesellshaften unter den Schuß des gemeinen Rechts gestellt habe. Erst als der jeßige Statthalter nach Elsaß-Lothringen gekommen sei, und als die Jnteressenten auch da wieder ihre Agitation in gleiher Weise geltend ge-

. macht hätten, sei der Beschluß vom 11. März 1881 zu Stande

gekommen, durch den die ausländischen Versicherungsgesellshaften aus Elsaß-Lothringen ausgewiesen seien. Nach dem napoleoni- schen Preßgeseß sei bei Gründung einer Zeitung nur die Anmeldung nur die Stellung einer Kaution erforderlich ge- wesen. Nach Erfüllung dieser Bedingungen habe Niemandem ein Recht zugestanden, das Jnslebentreten der Zeitung zu hindern. Jeßt bringe der Statthalter nah eigenem Ermessen eine Korrektur an und verbiete, wenn es ihm gut scheine, politishe Zeitungen ohne Weiteres auf Grund der demselben durch das fraglihe Gese übertragenen Vollmachten! Am \hwersten habe freilih der Diktaturparagraph den Herausgeber der Zeitung „Meß“ und seinen Kollegen Antoine betroffen. Derselbe habe bei der Begründung feines Blattes durchaus allen geseßlichen Anforderungen genügt, aber es sei ihm sogleih bedeutet, daß feine Zeitung verboten werden würde, und als Motiv sei die Persönlichkeit und die bisherige Thätigkeit des Hrn. Antoine angeführt. Hand in Hand mit diesem Gewaltakt sei zugleich das Anklagever- fahren gegen Hrn. Antoine wegen versuchten Hochverraths ge- gangen. Derselbe sei zu wiederholten Maien gefänglih ein- gezogen und verhört worden und das Resultat fei ge- wesen, daß vom Reichsgeriht auf Niedershlagung die- ser ganzen Anklage erkannt sei. Hr. Antoine habe wegen des Verbots der Zeitung in einem Sthreiben an den Statthalter auf das Lebhafteste protestirt. Es berge in der That dieses Vorgehen Gefahren für die persönliche Sicher- heit jedes einzelnen Elsaß-Lothringers in ih. Allen diesen Maßregeln habe sich nun das am 22, November vorigen Jahres erlassene Verbot der „Union“, des „St. Odilien- blattes“ und des „Echo“ angeschlossen. Selbst die national- liberale „Straßburger Post“ habe anerkannt, daß die Maßregel nur die Verbitterung steigern werde. Alle drei Blätter seien niht regierungsfeindlih gewesen, au nicht protestlerish. Man könne ihre Unterdrückung sih nur aus dem Ergebniß erklären, das die Wahlen in Elsaß-Lothringen uns geliefert haben. Es solle die Aufregung durch diese Blätter ge- shürt sein. Aber nirgends hätten bei den Wahlen Störungen fich ereignet, Mey allein vielleicht ausgenommen. Man habe

diese Behauptung auch nicht durch Thatsachen erhärten köns