1885 / 29 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 03 Feb 1885 18:00:01 GMT) scan diff

9) „Reporter und Sozialist.“ Ein Gespräch über ) Ls 200d Wege des Sozialismus. Von Alexander onas. Herausgegeben vom National - Executiv- . Comité der Sozialistishen Arbeiter-Partei. New- York 1884, : f auf Grund von e 11 und 12 des Reichsgeseßes gegen die gemeingefährlihen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober Ee las Leipzig, den 30. Fanuar s T Königliche Kreishauptmannschaft. Gumprecht.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 3. Februar. Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm gestern Vormittag 111/25 Uhr militärishe Meldungen entgegen.

Um 6 Uhr fand im Kronprinzlichen Palais ein Diner von 19 Gedecken statt. :

Abends 9 Uhr besuhten Jhre Kaiserlichen und Königlihen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin mit Jhrer Königlichen Hoheit der Prin- zessin Victoria das Ballfest bei dem Kriegs-Minister, General- Lieutenant Bronsart von Schellendorff.

—— Der Ausschuß des Bundesraths für Justizwesen sowie die vereinigten Ausschüsse desselben für Handel und Verkehr und für das Justizwesen hielten heute Sißungen.

In der heutigen (40,) Sißung des Reiwhs-

tages, welher mehrere Bevollmächtigte zum Bundes- rath und Kommissarien desselben beiwohnten, theilte der Präsident zunähst mit, daß eingegangen seien:

1) ein Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung des Zolltarifs vom 19. Juli 1879, nebst umfangreichen Motiven, 9) ein Nachtrags-Etat für 1885/86 und 3) der Entwurf eines Gesetzes, betreffend einen Zusaß zu S 10 DeS Gesetzes wegen Erhebung der Tabacksteuer.

Auf der Tagesordnung stand die zweite Berathung des Reichshaushalts-Etats für 1885/86, und zwar des Spezial - Etats der Reihs-Post- und Telegraphen- verwaltung. :

Die Einnahmen wurden ohne Debatte genehmigt. Zum Tit. 1 der Ausgaben: Staatssekretär 24 000 M, lag folgender Antrag des Abg. Dr. Lingens vor:

Der Reichstag wolle beschließen:

den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, darauf Bedacht zu neh- men, daß an Sonn- und Festtagen nur Briefe, Postkarten und mittelst Postdebits zu beziehende Zeitungen anzunehmen und zu be- stellen, dagegen Waarenproben, Drucksachen, Pakete, Geld- und Werthsendungen, insofern solche nit als dur Eilboten zu be- stellende aufgegeben werden, vom Dienste auszuschließen seien.

Der Antragsteller motivirte denselben unter Hinweis auf die schon früher im Hause stattgehabten Debatten und die in früheren Sessionen gegen den Widerspruch des Staatssekretärs erfolgte Annahme des Antrages.

Bei Schluß des Blattes ergriff der Staatssekretär des Reichs-Postamts, Dr. Stephan, das Wort.

Jn der heutigen (13.) Sißung des Hauses der Abgeordneten, welher der Minister der öffentlichen Arbeiten, Maybach, der Justiz-Minister Dr. Friedberg und der Finanz-Minister von Scholz nebst Kommissarien beiwohnten, theilte der Präsident mit, daß eingegangen seien : 1) ein Geseß- entwurf, betreffend die Beschaffung von Mitteln für die Er- weiterung und Vervollständigung des Staatseisenbahnneßes ; 2) ein Antrag der Abgg. Lassen und Genossen, betreffend die im Jahre 1864 im Kreise Sonderburg cntstandenen Kriegsschäden ; 3) ein Bericht über die Verwendung des Erlöses für verkaufte Berliner Stadtparzellen.

Das Haus trat hierauf in die Tagesordnung ein. Der erste Gegenstand derselben war die zweite Berathung der Gesetzentwürfe, betreffend den weiteren Erwerb von Privateisenbahnen für den Staat, und betreffend den Erwerb des Halle-Sorau-Gubener Eisenbahnunternehmens für den Staat.

Der Abg. Büchtemann erklärte, daß seine Partei der Vor- lage zustimmen werde, und bat nur, auf den Bau einer Strecke von Blankenburg nah Tanne Bedacht zu nehmen.

Nach einer kurzen Erwiderung des Regierungskommissars, Ministerialdirektors Brefeld wurde §. 1 und darauf die ganze Vorlage ohne Diskussion mit großer Mehrheit angenommen.

Es folgte die erste Berathung der Rehnungen der Kasse der Ober-Rechnungskammer für das Fahr vom 1. April 1883/84. Dieselben wurden ohne Debatte an die Rehnungskommission verwiesen.

An dritter Stelle stand auf der Tagesordnung Be- rathung der Uebersicht über die Verwaltung der fiska- lishen Bergwerke, Hütten und Salinen im preußischen Staat für das Jahr vom 1. April 1883/84. Nach kurzer Debatte wurde die Uebersicht an die Budgetkom- mission verwiesen.

Das Haus berieth sodann den Bericht über die bis- herige Ausführung von Bestimmungen verschie- dener. Gesetze über den Erwerb von Privat-Eisen- bahnen für den Staat. Derselbe wurde durch Kenntniß- nahme für erledigt erklärt.

Es folgte die erste Berathung des Geseßentwurfs über die Veräußerung und hypothekarische Be- lastung von Grundstücken im Geltungsbezirk des Rheinischen Necht s. E

Der Abg. Dr. Reichensperger (Olpe) gab seiner Freude über die Vorlegung dieses Gesehentwurfs Ausdruck, bedauerte aber, daß demselben so enge Schranken gezogen seien, die ihm zu einer Reihe von Bedenken Veranlassung böten.

Der Abg. Westerburg war gleichfalls mit der Vorlage einverstanden, - die {hon längst für die Rheinlande ein Be- dürfniß gewesen sci, Die Bedenken des Abg. Dr. Ce e seien in erster Linie der Annahme entsprungen, daß es ih hier um eine definitive Ordnung des Hypothekenrechts handle. Allein diese Annahme sei nicht zutreffend. Er bitte, den Gesetzentwurf der um 7 Mitglieder verstärkten Justizkommission zur Vorberathung zu überweisen.

Der Abg. Lehmann hob hervor, daß der Geseßentwurf in den Rheinlanden überall mit Freuden werde begrüßt werden, Auch er stimme demselben zu und würde troß

mancher Bedenken im Einzelnen si für die Annahme en bloc ausgesprochen haben, wenn B die kommissarishe Berathung in Vorschlag gebracht worden wäre. ;

Der A De von Cuny trat glei{falls für diesen Vor- \chlag ein.

Bei Schluß des Blattes spra der Abg. von Eynern.

Eine das Beerdigungswesen in Preußen betreffende wichtige Entscheidung in einer Frage, mit welcher sich die Rechtsprehung der höchsten Gerichtshöfe noch nicht beschäftigt hat, ist vom Reichsgeriht, IV, Civilsenat, durch Urtheil vom 4, Dezember v. J. gefällt worden, Nach diesem Urtheil hat jedes Mitglied einer Kirchengesellshaft im Geltungsbereih des Preußischen Allgemeinen Landrehts ein im Wege des Civilprozesses verfolgbares Ret auf die béstimmungsmäßige Benußzßung des -der irchengesellschaft gehörigen Kirchhofes für si und seine der nämlichen Parochie angehörigen Familien- glieder. Verweigert beispielsweise die Kirchengemeinde dem eingepfarrten Vater das „ehrlihe“ Begräbniß der Leiche seines (Haus-) Sohnes, so kann der Vater gegen die Ge- meinde die Civilklage erheben auf Verurtheilung der- selben, das Begräbniß der Leiche auf dem Gemeindekirhhof an der für die Beerdigung der Gemeindemitglieder regel- mäßig dienenden Stelle („in der Reihe“) unter Ausschluß aller das Andenken des Verstorbenen herabsezenden Aus- nahmemaßregeln zu gesiatten.

Einer strafbaren Begünstigung der Gläu- biger (§8. 211 der Reichs-Konkursordnung) macht sich nach einem Urtheil bes Reichsgerichts, 11. Strafsenats, vom 6. November v. J., der zahlungsunfähige Schuldner, welcher einem Gläubiger in“ der Absicht, ihn vor den anderen Gläu- bigern zu begünstigen, in einer von diesem nicht zu bean- \pruchenden Art Befriediaung gewährt hat, nur dann s{huldig, wenn er niht nur das Bewußtsein gehabt hat, daß er ihn vor den anderen Gläubigern begünstigte, sondern sich auch bewußt gewesen is, daß der begünstigte Gläubiger auf die L bat S in der geschehenen Art keinen Anspruch ge- abt hat.

Der General-Lieutenant Frhr. von Salmuth, Com- mandeur der 7. Division, hat Berlin nach Abstattung persön-

liher Meldungen wieder verlassen.

Stettin, 2. Februar. Der 11. Provinzial-Land- tag der Provinz Pommern wurde heute dur den ebnet: E Grafen Behr-Negendank, mit folgender Rede eroNnnel:

Meine hobzuverehrenden Herren!

Nachdem Se. Majestät der Kaiser und König geruht haben, den 11. Provinzial-Landtag der Provinz Pommern auf heute, und zwar früher a!s biéher herkömmlich, zu berufen, damit der in Aussicht ge- nommene Umbau dieses Hauses sofort nah dem Landtagssclusse und so zeitig in Angriff genommen werden könne, daß die Fertigstellung bestimmt bis zum Herbst zu gewärtigen ist, heiße ih Sie beim Be- ginn Ihrer diesjährigen Arbeiten auf das Herzlichste willkommen.

Die Königliche Staatsregierung unterbreitet Ihnen eine Vor- lage, betreffend die Errichtung von Gewerbekammern, da sie es für geboten erachtet, daß, nachdem e Landwirthschaft, das Handwerk, die Industrie und 1 e das in dem Volkswirth\schaftsrath eine ge-

P A MEE E O

meinsaume Vertr&ung Fr das gesammte Staatsgebiet gefunden, ‘nun- mehr auch eine lokale Drganisation geschaffen werde, in welcher diese Hauptzweige der gewerblichen Thätigkeit nah Bezirken oder ganzen Provinzen sich zu gegenseitiger Verständigung und lebendiger Förde- rung in Körperschaften vereinigen, an welchen die Verwaltungen ‘des Reichs und des Staates für ihre auf die Hebung des allgemeinen Wohlstandes gerihteten Bestrebungen eine wirksame Stütße zu finden vermögen.

Indem ih daher diese hohwichtige Vorlage Ihrer eingehenden Prüfung und wohlwollenden Berücksichtigung auf das Wärmste empfehle, gebe ih mich der Hoffnung hin, daß der Provinzial-Land- tag geneigt sein werde, durch Annahme derselben die der Provinz zu- gedabten Recbte und Pflichten auf sich zu nehmen.

Von den Ihnen Seitens des Provinzialaus\{husses gemachten Vorlagen will ih hier nur zweier Erwähnung thun, der Abänderung des bisherigen Reglements für die Wegebau-Verwaltung der Provinz und der Feststellung eines Reglements für eine mit Ausnahme der A Stettin und Stralsund ganz Pommern umfassende Feuer- ozietät.

In der in dem abgeänderten Wegereglement Ihnen vorgeschla- genen Art und Weise der Prämiirung bei Neubauten erblickt die Staatsregierung einen Akt der Gerechtigkeit zu Gunsten der mit Pro- vinzialhausseen wenig oder gar nit ausgestatteten Kreise der Provinz, und entspricht es daber ihren Wünschen, daß \ih das vorgeschlagene System dem in der Provinz Brandenburg eingeführten nähert, welches in erfolgreiher Weise einen Ausgleid zwischen den mit früheren Staatschausseen in höherem und den mit solchen in geringerem Maße bedacbten Kreisen angebahnt hat.

Den Entwurf des Reglements für die Pommersche Feuer- sozietät begrüßt die Staatsregierung an sich mit Freuden, da er einen neuen Beweis dafür liefert, ‘daß die so wünschenswerthe Ver- \{chmelzung der Prorinz zu einem einheitlihen Ganzen im Fortschreiten begriffen ist; dagegen beklagt sie die Ausscheidung der Mobiliar- Versicherung aus dem Geschäftskreise der neu zu errihtenden Sozietät, wêélhe der Städte - Feuersozietät und der Feuersozietät des platten Landes von Alt-Pommern bereits gestattet war, da sie im Hinblick auf andere Provinzen des Staates der Meinung ist, daß die Ausscheidung dieses Geshäftszweiges in finan- zieller Beziehurg ungünstige Ergebnisse herbeiführen dürfte.

F halte daher umsomehr an der Hoffnung fest, daß der Pro- vinzial-Landtag sich für Beibehaltung der Mobiliarversicherung ent- heiden werde, als ja bereits sehr gewihtige Stimmen der staats- seitigen Auffassung beigetreten sind.

Unter den Ihnen zugegangenen Petitionen endli befindet {ih wiederum eine des Pommerschen Provinzial-Vereins zur Bekämpfung der Wanderbettelei, welcher von Ihnen eine leßte Spende von 19 500 6 er- bittet, um die im verflossenen Jahre eröffnete und bereits in reihem Segen wirkende Arbeiter-Kolonie „Meierei“ vor den ihr biéther noch drohen- den Gefahren bewahren und diese Anstalt, an welche si im Uebrigen vollberechtigte Hoffnungen knüpfen, einer gesicherten Zukunft entgegen- führen zu können. i .

Indem ih daher diese Sache, welhe Sie bereits vor Jahresfrist in fo hocherziger Weise gefördert haben, Ihnen nohmals ans Herz lege und der Hoffnung lebe, daß Sie dem jungen Unternehmen Ihre Unterstüßung nicht versagen werden, erkläre ih im Namen Sr. Ma- jestät des Kaisers und Königs den 11. Provinzial-Landtag der Provinz Pommern für eröffnet. :

Unter dem Vorsiß des Alters-Präsidenten, Landschafts- Direktors Coste-Brusenselde, brachte die Versammlung zunächst ein begeistertes Hoh auf Se. Majestät den Kaiser und König aus, wählte sodann dur Acclamation den vorjährigen Vorsigenden bezw. Stellvertreter, Landrath a. D, von Köller- Cantreck zum Vorsißenden und den Ober-Bürgermeister Haken-Steltin zum Stellvertreter. Beide nahmen die auf sie gefallene Wahl an. :

Ebenfalls durch Akklamation wurden zu Schriftführern gewählt die Hrrn. Bürgermeister Pförtner-Dramburg, Bürger- meister Westphal-Treptow a. Toll., Bürgermeister Kleinseld- Usedom und Landrath Freiherr von Reiswiß zu Bergen.

ierarz knüpfte sich die Mittheilung des Vorsißeuden über die seit dem vorjährigen Landtage ausgeschiedenen Mitglieder Ausgeschiede-n sind: A. durch den Tod 1) der Gutsbesiger Lehmann-:Curow, Kreis Bubliß, 2) der Kammerherr von der Lanken-Plüggentin, Kreis Rügen; B. in Folge Verlegung des Wohnsißzes 1) der Landrath von Dewiß-Dramburg, 2) der Kreis-Deputirte von Scheven-Schönhoff; C. niedergelegt hat sein Mandat. der Justiz-Rath Langemack zu Stralsund.

Neugewählt sind: 1) der Landrath Freiherr von Reiswig: Kaderzin zu Bergen a. R., 2) der Rittergutsbesißer, Regie: rungs-:Assessor a. D. von Zadow auf Alt-Wuhrow, Kreiz Dramburg, 8) der General-Landschafts-Rath von Kameke auf Warnin und Gerfin, Kreis Bubliß, 4) der Landrath Dr, von Hagenow zu Grimmen, 5) der Kreis-Deputirte von Kahl: den auf Neclade, Kreis Rügen, 6) der Direktor Matthies zu Stralsund.

Nachdem“ die Versammlung das Andenken der verstor: benen Mitglider durch Erheben von den Sißen geehrt hatte erfolgte die ‘Mittheilung über die neugewählten Mitglieder und deren Vorstellung.

Demnächst wurde die Ausloosung der nah der Geschäfts: ordnung zu bildenden Abtheilungen vorgenommen, woran si die Mittheilung des Vorsißenden über die eingegangenen Vor: lagen sowie die Beschlußfassung über die Behandlung der einzelnen Angelegenheiten ans{chloß.

Um 11/, Uhr wurde sodann die Sißung behufs Kon- stituirung der einzelnen Abtheilungen und Kommissionen auf eine Stunde vertagt und um 21/4 Uhr wieder eröffnet.

Nach kurzer Mittheilung über die Bildung der einzelnen Abtheilungen und Kommissionen und nahdem noch auf An- trag der betreffenden Referenten die Wahlen folgender neuen Mitaglieder : 1) des Landraths Frhrn. von Reiswiß:Kaderzin zu Bergen, 2) des Kreis-D-eputirten von Zadow zu Alt-:Wuhrow, 3) des General-Landschafts-Rathes von Kameke-Warnin, 4) des Königlichen Landraths Dr. von Hagenow zu Grimmen, 5) des Kréis-Deputirten von Kahlden auf Neclade sämmtlich für gültig erklärt waren, wurde die Sizung um 3 Uhr geschlossen.

Hessen. Darmstadt, 1. Februar. (Darmst. Ztg.) Die Zweite Kammer der Stände ist zum 19. Februar zur Berathung des Staatsvoranshhlages einberufen worden.

Anhalt. Dessau, 1. Februar. (Anh. St.-A.) Die Kunde eines frohen Ereignisses durcheilte am Sonntag die Residenzstadt Dessau: es war die Nachriht von der Ver- lobung Jhrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Heinrich der Niederlande mit Sr. Hoheit dem Prinzen Albert von Sachsen-Altenburg, Herzog zu Sahsen. Wie nahe dieses freudige Ereigniß gerade unser Anhaltishes Herrscherhaus und damit das Unhaltland selbst berührt, geht daraus hervor, daß die hohe Braut die am 14. September 1855 geborene Tochter Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Friedrih Carl von Preußen und Fhrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Maria Anna von Anhalt ist. Jhre Königliche Hoheit die Prinzessin Marie war mit dem am 13. Januar 1879 verewigten Prinzen Wilhelm Heinrih der Niederlande vermählt gewesen. Der hohe Bräutigam, Se. Hoheit der Prinz Albert von Sachsen: Altenburg, is ein Bruder Jhrer Hoheit der Frau Herzogin von Anhalt. Zur Freude der hohen Verlobten traf auch Jhre Hoheit die Frau Fürstin Marie von Schwarzburg- Sondershausen, eine Schwester Jhrer Hoheit der Herzogin zu dem Feste ein; auch die Ankunst Fhrer Königlichen Hoheit der Frau Erbgroßherzogin von Mecklenburg-Streliß erfolgte am Sonnabend. Mit herzliher Theilnahme und auf- richtiger Freude wurde die Nachricht von der Verlobung des Paares in allen Kreisen der Bevölkerung aufgenommen.

Der Landtag ist zum 16. d. M. einberufen worden.

Oesterreih-Ungarn. Wien, 31. Januar. (Wn. Ztg.) |

Der Budgetaus\chuß genehmigte heute drei Geseßentwürfe betreffs Rückzahlung der der Stadt Tachau, den böhmischen Gegenden und der Stadt Joachimsthal in Folge von Elemen- tar:Ereignissen aus Staatsmitteln bewilligten Vorschüsse mit dem vom Grafen Clam-Martiniß beantragten Amendement,

wonach die 5 proz. Verzinsung derselben statt im Jahre 1886 | erst im Jahre 1890 beginnen soll. Der Ausschuß nahm ferner eine Resolution des Referenten Firecek an, wonach die Petition | der Prager Stadtgemeinde der Regierung mit der Aufforderung |

übergeben werden soll, die Aktivirung der böhmischen Ge- werbeshule in Prag durWhzuführen, ohne daß der Gemeinde in Bezug auf Herstellung des neuen Gebäudes unverhältniß- mäßige Opfer auferlegt werden. Der Volkswirth- \haftsaus\chuß nahm einhellig den Antrag des Referenten Hallwih an: die Regierung sei aufzufordern, anläßlih der bevorstehenden Erneuerung des Ausgleihs mit Ungarn einen Gesetzentwurf vorzulegen, womit die Zoll- und Mono polsordnung vom 11, Juli 1835 einer zeitgemäßen Re- vision unterzogen wird. Der Regierungsvertreter erklärte sih in meritorischer Hinsicht mit dem Antrage einverstanden.

Prag, 31. Januar. (Wn. Abdp.) Nach Telegrammen aus Budweis erzielte bei der Wahl in die dortige Handelskammer die böhmische Partei in allen Wahl- förpern, ausgenommen in der Bergbausektion, die Majorität; daher werden in der Handelskammer 22 Böhmen und 2 Deutsche siven.

Schweiz. Bern, 2. Februar. (W. T.- B.) Die hiesige englishe Gesandtschaft hat den Beitritt der Kolonie Neu-Süd-Wäles zu dem Fnternationalen Telegraphenvertrage angezeigt.

Großbritannien und Jrland. London, 1. Februar. (Allg. Corr.) Die „Dublin Gazette“ hat einen vize kfönialichen Erlaß veröffentlicht, der die Cirkulation der von O'Donovan Rossa herausgegebenen Zeitung „United Frishman“ in Jrland verbietet, weil dieselbe Artikel enthalte, „die zu Gewaltakten und Einshüchterung auf- reizen.“

Kapstadt, 29. Januar. (Alg. Corr.) Sir Charles Warren und Präsident Krüger sind zu einem voll fommenen Einverständniß gelangt, und es sind Beamte nach Rooi Grond gesandt worden, um die Gosheniten auszuweisen. Es sind alle Aussihten auf Erhaltung des Friedens vorhanden, doch seßen die englischen Truppen ihren Vormarsch fort.

Frankreich. Paris, 31. Januar. (Fr. C.) „Paris“

meldet: Der Prôsident der Republik wird ein Dekret unter: F

zeichnen, welhes das Comité der Küstenvertheidigung

abshafft. Bekanntlich besteht ein Vertheidigungs-Comité, 2

Das Skrutinium findet am 4. Februar statt.

welchem der Präsident der Republik präsidirt und das sich aus dem Conseils-Präsidenten, dem Kriegs-Minister und den Mitgliedern des Ober-Kriegsraths zusammenseßzt. Der Leb- tere hat zur Stunde die Generäle Wolff, de Galliffet, Shmißz, Carteret:Trécourt, Billot, Florier und Laussier zu Mitglie- dern. Zutritt haben ferner in dieses Comité der Chef des Generalstabes des Kriegs-Ministeriums, die Präsidenten der berathenden Comités der Artillerie, Festungen und Fnten- dantur, die Direktoren der Artillerie und des Genie im Kriegs- Ministerium, der Generalstabs{chef im Marine-Ministerium ; endlih in besonderen Fällen die Corps-Kommandanten und die General-Jnspektoren der Artillerie- und Genie-Anstalten, auf deren Gebiet Vertheidigungsarbeiten herzustellen oder abzu- ändern sind. Neben diesem, durch Erlaß des Präsidenten der Republik vom 26. November 1881 organisirten Vertheidigungscomité giebt es noch ein anderes, genannt das Comité der Küsten vertheidigung, welhes durch Dekret vom 7. Januar 1864 gebildet wurde, dessen Vorsigender Ge- neral Farre, dessen Vize-Präsident General de Lajaille und dessen Mitglieder die Vice:Admirale Garnault und Ronsin, die Ge- neräle Bressonnet, Virgile, de Brives und Parmentier sind. Man ist nun zu der Einsicht gelangt, daß dieses leßtere Comité vollkom- men überflüssig sei, und deshalb beabsichtigt der Kriegs-Minister, es abzuschaffen. Man würde dementsprechend die Zusammen- seßung des Vertheidigungscomités ändern, indem man den Vize-Präsidenten des Admiralitäts-Raths, in welchem der Marine-Minister den Vorsiß führt, hinzuzieht und die Vize- Admirale-Seepräfekten unter denselben Bedingungen zuläßt, wie die Corps-Kommandanten, d. h. wenn die zu bewerk- steigenden oder abzuändernden Vertheidigungsarbeiten sich M Grenzen des Kommandos der Seepräfekturen be- finden.

(Köln. Ztg.) Sofort nah der Verhandlung über die Getreide- und Viehzölle wird in der Deputirtenkammer die Frage der Listenabstimmung von der Regierung zur Sprache gebracht werden. Da die Zolldebatte bis spätestens 10. Februar zu Ende gebracht werden soll, so wird Mitte der nächsten Woche diese Frage, die zugleih für den Zeitpunkt der Wahlen entscheidend wird, auf die Tagesordnung gelangen. Die „Agence Havas“ meldet serner, daß die Regierung einen Abänderungsantrag unterstüßen werde, welcher als Grundlage der Deputirtenzah in jedem Departement niht die Zahl der Bevölkerung , sondern die der einge- schriebenen Wähler annimmt. Ferner wird bei dieser Gé- legenheit ein Antrag gestellt werden, wodur die Entschä- digung fUr die Deputirten auf 12500 r. Vers mindert werden soll. Auch wird die geheime Abstimmung der Deputirten über das Wahlreform-Geseß verlangt werden, Um dem zuvorzukommen, hat Ballue einen von mehr als hundert Mitgliedern unterzeihneten Geseßentwurf vor- bereitet, der morgen bereits vorgelegt und für den die Dring- lichkeit beantragt werden foll. Derselbe will den Artikel der inneren Geschäftsordnung der Deputirtenkammer, der geheime Abstimmung gestattet, abschaffen.

2. Februar. (W. T. B.) Der Prinz von Wales ist heute früh hier eingetroffen.

Jn der heutigen Sizung der Deputirtenkammer wünschte Maret Auskunft über die in den Bureaux des „Cri du peuple“ vorgenommenen Haussuchungen. Auf Ersuchen des Justiz- Ministers Martin -Feuillée wurde jedoh die Berathung hierüber bis nach Fällung des Urtheils in dieser Angelegenheit vertagt. Ballue brachte einen Antrag ein, in welhem die Aufhebung des Artikels der Geschäftsordnung, welcher die geheime Ahb- stimmung gestattet, verlangt wird. LPockroy beantragt die sofortige Beratyung, La Rochefoucauld-Bisaccia sprach dagegen. Dieselbe wurde indessen beschlossen und der Antrag Ballue mit 418 gegen 13 Stimmen angenommen. Bei der Berathung des Budgets des Kultus-Ministeriums beantragte Bert einen Zusagartikel, dahin gehend, die im Konkordat nicht spezifizirten Grundstücke, welche Kultuszwecken dienen, zu Gunsten der Schul- lassen zu verkaufen. Der Justiz-Minister be- kämpfte den Antrag lebhaft und wies auf die Schwierig- keiten der Ausführung dieser Bestimmurg hin, indem er gleichzeitig hinzufügte: es wäre ungerecht, die Priester aus den Seminaren zu vertreiben, nahdem sie dieselben 80 Jahre im Besiß gehabt. Es würde aber auch eine für die Republik gefährliche Kriegserklärung sein, denn man dürfe nicht ver- gessen, . daß der Katholizismus in Frankreih eine Macht sei, mit der man rehnen müsse. Der Antrag Berts wurde denn auch mit 274 gegen 180 Stimmen abgelehnt und das ge- sammte außerordentliche Budget angenommen.

_ Der Senat hat Leroyer mit 172 von 209 Stimmen wiedergewählt, ebenso die früheren Vize-Präsidenten Humbert, Teisserenc, Peyrat und Magnin. Gavardie wurde wegen seines Verhaltens beim Verlesen des Protokolls dreimal zur Ordnung gerufen.

Ftalien. Rom, 2. Februar. (W. T. B.) Nach einer Meldung der „Rassegna“ wird die italienishe Expedi- tion in 2 Lagen in Massovah landen und dort die italienische Flagge aushissen. Ein Theil der Truppen soll sodann nah Assab weitergehen. Die italienishe Okku- pation am Rothen Meere wird sich von Affsab nach Suakin erstreden, wohin, im Einvernehmen mit England, eine zweite Expedition abgehen sol, welche schon zur Abreise bereit sei.

Der „Agenzia Stefani“ wird aus Suaëin, vom 1. d. M., gemeidet, daß die Dampfer „Vespuzzi“ und „Gottardo“ dort eingetroffen sind und nah Einnahme von Kohlen sofort nah Massovah weitergehen.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 3. Februar. (W. T. B.) Der russischen „St. Petersburger Zeitung“ zu- folge erhielt der jüngst vom Reichsrath gefaßte Beschluß, betreffend die regierungsseitige Errichtung von Kontrol- stellen für die Rechnungsführung privater Eisen- bahnen die Allerhöchste Genehmigung.

Amerika. Washington, 29. Januar. (Allg. Corr.) Der Senat seßte heute in geheimer Sißung die Debatte über den mit Nicaragua geschlossenen Vertrag fort. Ein Antrag auf Vertagung der Debatte bis nah dem 4. März, dem Tage, an welchem der neue Präsident sein Amt antritt, wurde durch eine kleine Majorität niedergestimmt und sodann die Abstimmung über die Frage vorgenommen, ob der Vertrag ratifizirt werden solle. 32 Senatoren stimmten dafür, 23 da- gegen. Da der Antrag auf Ratifikation des Vertrages nicht die nothwendige Zweidrittelmehrheit, nämlih 36 Stimmen, erlangte, ist derselbe als verworfen zu betrachten.

Der Aus\chuß für die auswärtigen Angelegen- heiten im Repräsentantenhause hat die Resolution Findlay's, bezüglih der Betheiligung amerikanischer Bürger an den Explosionen in London, einem Unter- ausschuß überwiesen. Es heißt, die Mitglieder des Aus- {usses seien im Allgemeinen der Meinung, daß das Haus feine Shritte in der Angelegenheit thun sollte, und man glaubt, der Unterausshuß werde dem Aus\huß keinen Bericht über den Gegenstand der Resolution erstatten.

New-Y ork, 29. Januar. (A. C.) Die Mittheilungen aus Paris, welc;2 der „New-York Herald“ in Bezug auf die Explosionen in London veröffentlichte, werden von einem hiesigen Mitgliede der Dynamitpartei bestätigt. Dieses Mit- glied erklärt, daß alle jüngsten Explosionen in London drei desperaten Vershwörern zuzuschreiben seien, welhe in Eng- land wirken, mit Explosivstoffen versehen werden und darauf bestehen, den « Krieg gegen die öffentlihen Gebäude fortzu- seßen, obshon gewisse an der Spiße der Bewegung stehende Personen ihnen mehrmals gerathen haben, davon abzustehen.

Jn der Legislatur des Staates New-York ist ein zweiter Geseßentwurf zur Verhinderung und Bestra- fung von Dynamitverbrechen eingebraht werden. Diese Vorlage bestimmt, daß jede Person, die Dynamit zu fabri- ziren beabsichtigt, dazu die behördlihe Erlaubniß einzuholen und Buch über die Namen aller Personen, an welche Dynamit verkauft wird, zu führen hat. Die Maximalstrafe für Zu- widerhandlungen gegen die Bestimmungen des Gesetzes ist e Mad Fahre Gefängniß und 5000 Dollars Geldbuße fest- geseßt.

2, Februar. (W. T. B.) Auf D’'Donovan Rossa wurden heute, als derselbe eine Straße passirte, von einer jungen Frau 5 Nevolvershüsse abgegeben. Rossa fiel zur Erde, soll aber nicht {wer verwundet sein. Die Frau, welche Rofssa verwundete, wurde zur Haft gebracht; dieselbe giebt an, daß sie im englishen Hogpital Krankenwärterin sei.

Afrika. Egypten. (Allg. Corr.) Ueber den Vorstoß des Gros der Expedition nah Gubat wird dem „Stan- dard“ aus Korti, unterm 29. d., telegraphisch gemeldet:

„Das Königliche iris che Regiment begann gestern Abend seinen Marsch dur die Wüste nah Gukbat Das Regiment ift in prächtigem Zustande, da die Mannschaften durch ihren jüng- sten Aufenthali in Indien an ein heißes Klima gewöhnt find. Sie brachen in bester Stimmung auf, obwohl sie mit Gewehren und Munition zu Fuß marschiren müssen. Die Baggage und die Wasservorräthe werden von Kaimeelen getragen. Es wird berechnet, daß das Regiment tägli im Durchschnitt 15 englishe Meilen zurücklegen wird. Das West-Kent-Regiment folgt in sehr Kurzem. Das Wetter ist günstig zum Marschiren, da es während ber leßten wenigen Tage wesentlih kühler geworden ist. General Buller und Lord Fißtzgerald brachen heute Morgen auf und werden das irische Regiment heute Abend einholen.“

(W. T. B.) General Wolseley hat in einer aus Korti, vom 2, Februar, Abends 9 Uhr, datirten Depesche dem Kriegs-Minister in London angezeigt: General Earle habe am 1. d. Birti besegzt, das vom Feinde geräumt wor- den sei. Der Schiffahrt auf dem Nil stellten sih zwar große Schwierigkeiten entgegen, General Earle sei derselben E mit seiner Truppenabtheilung bis jeßt immer Herr ge- worden.

Zeitungsftimmen.

_ Wie die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ mittheilt, ist dem Reichskanzler aus Barmen nachstehendes Telegramm zugegangen :

„Die zu Barmen im evangelischen Vereinshause tagenden Dele- airten der Mheinish-Westfälishen Schneider-Innungen senden Ew. Durchlaucht ehrfurchtsvollen Gruß, dankbar anerkennend Jhre Be- \trebungen für Hebung des deutschen Handtverks3,“

Die „Neue Preußische Zeitung“ schreibt :

Die aus Mecklenburg dem Reichstage unterbreitete Petition um Erhöhung der Getreidezölle trägt die Unterschriften von 3352 Erb- päcbtern (Bauerhofsbesißern), 1449 Bewohnern von Städten und Fleckten, 321 Gutöyächtern , außerdem von vielen Büdnern, Häuslern, Tagelöhnern und ländlihen Handwerkern, auch von Pastoren und Lehrern. Es seh also keine Klasse der ländlichen Bevölkerung Mecklenburas, und es wird diesem oöffentlihen Zeugnisse von der Nothwendigkeit höherer Getreidezölle gewiß nicht entgegengehalten werden können, daß es nit von Leuten ausgehe, die wissen, wo sie der Schuh drükt.

_— Die „Nationalliberale Correspondenz“ spricht sih Über die Agitation der „Deutsch: Freisinnigen“ gegen die Getreidezölle, wie folgt, aus:

„Die Agitation gegen die Kornzollerhöhung \{heint Seitens der deutschchfreisinnigen Partei jeßt in großem Maßstabe eröffnet werden zu sollen, Eine Protestversammlung auf Tivoli in Berlin, in wel- cher der ganze“ parlamentarische Generalstab der Partei erschien, hat das Signal gegeben. Noch find die Reden nit verklungen, in welchen dieselben Männer das Ausspielen und Aufhetzen des Volkes gegen den Reichstag, wie es anläßlich des Beschlusses vom 15. Dezember stattgefunden haben sollte, nicht {arf genug verurtheilen konnten als eine Auf- wiegelung gegen die legitime Volksvertretung, in welcher sie über fünstlide „Entrüstungsmahe“ und tendenziöse Aufstahelung der Leidenschaften klagten, und jeßt fassen fie Resolutionen, worin es heißt: „Um der Bewegung gegen die Erhöhung der Kornzölle zu einem mögli wirksamen Ausdruck zu verhelfen, beauf- tragt die Versammlung das einladende Comité mit der Bildung eines Agitation8comités aus allen Schichten der Be- ia ap, und das „Reichsblatt“ des Hrn. Rickert giebt zur Erleichterung der Entrüstungskundgebungen gleich fertige Entwürfe und Formulare aus. Die Deutschfreisinnigen versprehen fih von dieser Agitation große Erfolge. Keine bessere Wahlparole können wir uns wünscen, wurde wiederholt erklärt, als für oder gegen die Erhöhung der Getreidezölle. Es klang fast wie Jubel, daß man endlich wieder etwas habe, um die erloshene Popularität aufzufrischen. Der Erfolg wird lehren, was die deutschfreisinnige Partei mit dieser Agi- tation erreicht. Die Früchte werden auf der einen Seite den Agrariern zufallen. Man vergesse nicht, was es heißt, wenn 50 Prozent der deutshen Bevölkerung zu der Ueberzeugung kommen, daß für sie beim „Freisinn“ Nichts mehr zu hoffen ist. Und die asse der Arbeiterbevölkerung? Jst es nicht höchst bezeichnend, daß die deutsh- freisinnigen Arrangeure sogar diese angeblich höchst populäre Sache nicht mebr öffentlich, sondern nur noch bei verschlossenen Thüren und in der Beschränkung auf ein enges Parteiconventikel zu betreiben wagen, das noch dazu nah den eigenen Aussagen der Parteiblätter recht mäßig besucht war!“

Der „Schwäbische Merkur“ schreibt über den- selben Gegenstand :

». Die „Deutschfreisinnigen“, über die man bekanntlich bei Leibe nicht entrüstet sein darf, la jen sih in ihrem Recht, ihrerseits über andere Leute entrüstet zu sein, durchaus nicht stören. Sie gehen noch weiter: sie machen sogar eine Entrüstung8bewegung, was anderen Leuten gar nicht eingefallen ist, da man nur Mühe hatte, allzu vielen Eifer zurückzuhalten. Auf den 29, Januar Abends ricfen sie in

Berlin alle Entrüftungsbedürftigen na dem Tivoli zusammen, um p e geplante Echöhung der Getreidezölle allerfeierlihs zu protestiren . ….

Die „Germania“ äußert darüber: t

„Das ganze Land hat ein Interesse daran, daß der Landwirth- {aft ein erhöhter Shut ihrer Produktion zu Theil werde. Die bisherigen Getreidezölle haben diesen Schuß nit geboten, und da fie um feinen Deut den Brodzoll erhöht, so kann der Zoll mäßig erhöht werden, wenn das Erträgniß dieser Erhöhung der Landwirthschaft zugewendet wird. Die überwiegende Mehrheit des Volkes, welbe diese Ansichten hat, wird deshalb durd solche Resolutionen der Deutschfreisinnigen den- selben nur entfremdet. Die Deutschfreisinnigen hat {hon die Fusion eine stattlibe Anzahl von Siten gekostet, jetzt stehen sie im Begriff, neue Fehler zu machen. Statt dieser Agitation wäre es beffer, wollten die Deutschfreisinnigen dafür sorgen, daß die Erträgnisse der geplanten Getreidezollerhöhung in die Kanäle geleitet werden, welche durch das Gebiet der Landwirthschaft gehen.“

Die in Kapstadt erscheinende Zeitung „Das Kap- land“ veröffentliht Folgendes :

In Erwiderung der zahlreichen Zuschriften, welche uns auf die Publikation des Telegrammes, der Reichstag habe das Gehalt für einen Generalkonsul in Kapstadt zu genehmigen verweigert, zugingen, möchten wir unsere werthen Leser bitten, fih noch bis zum Eintreffen definitiver Nachrichten aus Europa gedulden zu wollen. Bestätigt fich wirkli jene Mittheilung, dann allerdings wollen wir Deutfcbe hier in Süd-Afrika uns an den Fürsten Bismarck wenden und ihn bitten, daß er der vielen Tausend Deutschen hier sich auch noch künftig annehme und ihnen zu einer geeigneten Vertretung verhelfe, ihm aber auch für fein bisheriges Eintreten zu unseren Gunsten unseren warmen Dank zollen. Hoffentlih aber ist inzwischen die Genehmigung der Vorlage erfolgt und hat der Reichstag bewiesen, daß feinen Mitgliedern das Wohl der Deutschen im fernen Afrika niht minder am Herzen liegt, als dasjenige derer in der alten Heimat.

Unter den uns zugegangenen Briefen verdient besonders derjenige eines in weiteren Kreisen hochgeachteten Mannes Veröffentlichung. Leider versagt uns der Schreiber desselben die Kundgebung feines Namens, da dur denselben dem Briefe besonderes Gewicht gegeben würde. Derselbe lautet wie folgt:

: „Herr Redacteur !

Die Nachricht, daß der Reichstag das Gehalt für einen General- Konsul in Kapstadt nicht bewilligt hat, wird wohl jedem guten Deutschen hier zu Lande ein Stich durchs Herz gewesen sein. Wir wollen zur Ehre des Reichstages annehmen, daß nicht philisterhafte Knauserei oder nörglerishe Zweifel an der Zweckmäßigkeit eines General-Konsulates es gewesen sind, welches die Ablehnung herbei- führten; wir wollen vielmehr das Beste vorausseßen, nämlich daß der Reichstag um cines Prinzipes willen die Position abgelehnt habe, nämlich um die Regierung handgreiflich daran zu erinnern, daß sie kein Recht hat, neue Beamtenstellen zu schaffen, ohne vorher vom Neichstag die betreffenden Gehalte sich bewilligen zu lassen. Aber selbst wenn dies der Grund ist, wie unklug muß uns Deutschen im Kaplande das Verfahren des Reichstages erscheinen, denen die hämische Schaden- freude der „Cape-Times“ nur zu deutlich zeigt, daß die Weigerung des Reichstages eine unmittelbare Ermuthigung für die Kap-Regie- rung ist, ihre gegen uns gerichteten Intriguen in Damaraland mit verdoppelter Kraft zu betrêiben? Jch möchte Ihnen nun einen Vor- \cblag machen, dessen Ausführung vermuthlich einen Erfolg haben würde, den Reichstag bei \väteren Berathungen über ähnliche Gegen- stände in günstiger Weise zu beeinflussen: Lassen Sie uns Deutsche des Kaplandes der Reichsregierung den Gehalt für den General- Konsul auf fünf Jahre anbieten! Sollte es Ihnen gelingen, in Ihrem Leserkreise Leute aufzufinden, denen mein Vorschlag einleuchtet, so bin ih bereit, 100 Pfd, Strl. jährlich auf fünf Jahre für besagten Zweck zu zeichnen.“

Neichstags -: Angelegenheiten.

Schwerin, 2. Februar. (W. T. B.) Bei der im 4. mecklen- burgishen Wahlkreise stattgehabten Neuwahl eines Reichs- tag8abgeordneten an Stelle des verstorbenen Abg. von Malgahn- Marrhagen erhielten, nah den bisherigen Resultaten, Wilbrandt (liberal) 5343 und von Hirschfeld (konservativ) 1577 Stimmen.

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlichungen des Katiserlihen Gesund- heitsamts sind in der 3. Jahre8woche von je 1000 Bewohnern, auf den Jahresdurbschnitt berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 24,3, in Breslau 27,1, in Königsberg 27,4, in Cöln- 24,7, in Frankfurt a. M. 25,5, in Hannover 15,5, in Caffel 27,2, in Magdeburg 24,8, in Stettin 19,7, in Altona 29,5, in Straßburg 26,3, tn Mey 26,2, in München 26,2, in Nürnberg 25,7, in Augsburg 26,0, in Dres- den 27,5, in Lipzig 25,6, in Stuttgart 25.0, in DEULER 25,5, in Karlsruhe 24,0, in Hamburg 26,6, in Lübeck —, in Wien 30,2, in Budapest 24,5, in Prag 26,3, in Triest 43,8, in Krakau 34,5, in Basel 18,9, in Brüffel 31,0, in Amsterdam 31,5, in Paris 27,9, in London 23,1, in Glasgow 32,8, in Liverpool 28,2, in Dublin 31,9, in Edinburg 20,1, in Kopenhagen 20,8, in Stockholm 35,3, in Chri- tiania 26,8, in St. Petersburg 31,9, in Warschau 33,4, in

defsa 34,8, in Rom 26,0, in Turin 36,0, in Bukarest 28,1, in Madrid 40,8, in Alexandria 34,8. Ferner in der Zeit vom 98. Dezember bis 3. Januar: in New-York —, in Philadelphia 26 5, Chicago —, in Cincinnati —, in St. Louis —, in San Franzisko 20,0, in Kalkutta 32,1, in Bombay 28,4, in Madras 47,1.

Während dtr ganzen Berihtswoche herrschten an den deutschen Beobachtungsstationen östliche und südöftlihe, in Karlsruhe nordöft- liche Luftströmungen, welche leßtere Windrichtung au in Berlin in den ersten Tagen der Woche, in Koniß in der zweiten Hälfte der Woche vorübergehend mit Südost wecselte. Die Temperatur der Luft war an allen Stationen eine niedrige und lag an allen Stationen um mehrere Grade Celsius (in München über 8 Gr.) unter der nor-= malen. Besonders um vie Mitte der Woche herrschte strenger Frost und wurden aus Münhen vom 19. und 20 Januar Temwperaturen von über -— 18 Gr. C gemeldet. Das Wetter war fast durweg heiter, des Morgens vielfa neblig. Meßbare Niederschläge wurden aus feiner Station gemeldet. Der beim Wochenbeginn hohe Druck der Luft nabm am 18. noch zu, fan? vom 19.—21. langsam,. ftieg jedoch dann wieder bis an das Ende der Woche. .

Die Sterblichkeit nahm in der Berichtswoche in den größeren Städten, namentlih Nord- und Nordwest-Guropas etwas ab, wäh- rend die südlich und westlich liegenden Städte vielsah eine geftei- gerte Sterblichkeitsziffer melden. Die allgemeine Sterblichkeits- verhältnißzabl für die deutshen Städte stieg auf 26,1 von 25,3 der Vorwoche (p:o Mille und. Jahr berechnet). Besonders war der Antheil des Säuglingsalters an der Sterblichkeit ein gesteigerter. Von 10000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 76 Säuglinge, gegen 72 der Vorwoche, in Berlin 70, in München 87.

Unter den Todetursahen haben von den Infektionskrankheiten Potcken, Masern und Diphtherie ein wenig ab-, Keucbhusten, typhöfe Fieber zugenommen. Scbarlah und Kindbettfieber führten fast die gleiche Zabl von Todesfällen wie in der Vorwoche herbei; in etwas gesteigerter Zahl führten au Darmfkatarrhe, akute Gelenkcheumatis- men, Lungenphthisen und akute entzündlide Prozesse der Athmungs- organe zum Tode. Masern haben in München, Frankfurt a. D. mehr, in Berlin, Potsdam, Frankfurt a. M. die gleiche Zahl von Todebfällen wie in der Vorwoche hervorgerufen, auch in Paris, Glasgow, Stockholm, Bukarest, Madrid nabm die Zahl der Mafern- todesfâlle zu, in Magdeburg, Mainz, Amsterdam, London, Kopenhagen ab. Das Swarlachfieber gewann in Darzig,Elbing,Bremen,Stockholrm, Bukarest größere Ausdehnung; au in Berlin, Elberfeld, Barmen,