1885 / 30 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 04 Feb 1885 18:00:01 GMT) scan diff

Beiläufig wüiude er wünschen, daß in den Portosäßen für Drucksachen noch eine Zwischenstufe eingeführt würde. Druck- sahen bis zu 50 Gramm fosteten gegenwärtig 3 Z, über 50 Gramm sofort 10 „Z. Es dürfte sich empfehlen, vielleicht von 50 bis zu 200 Gramm eine Zwischenstufe von 5 S ein- zuführen. Wolle man die Sonntagsruhe in dem Sinne des Abg. Lingens durchführen, so dürfe man die Sache nicht als Postfrage oder als Frage der Land- wirthschaft allein behandeln, man müsse dann gleih den ganzen Verkehr treffen. Man solle nicht immer mit England und Amerifa kommen, der deutsche Volks- harakter sei ein ganz anderer, in Deutschland sei der puri- tanishe Sonntag nicht beliebt. Gerade die katholische Kirche habe sonst durhaus nicht das Prinzip, das Volk in seiner Heiterkeit und seinem Frohsinn zu beschränken; sehe man nur z. B. nah Ftalien; um so mehr wundere es ihn, daß gerade das Centrum den langweiligen englishen Sonntag in Deutsch- land einführen wolle. Er möchte dem deutschen Volke seine Sonntagsfreude niht verkümmern und hoffe, daß auch die gegenwärtige Reaktionsperiode das nit fertig bringen werde.

Der Volkscharakter würde keineswegs gewinnen, wenn man I atn mehr Philisterthum und Kopfhängerei einimpfen wollte.

Der Staatssekretär des Reich3postamts Dr. Stephan ent- gegnete, das Drucksachenporto habe früher bekanntli vier Pfennige betragen ; es habe bei Einführung der neuen Wäh- rung enlweder auf drei Pfennige herabgeseßt oder auf fünf Pfennige erhöht werden müssen. Man habe si gegen seinen persönlichen Wunsch für das erstere entschieden, und daher sei die vom Vorredner gerügte Kluft im Tarif zwischen drei und zehn Pfennigen entstanden. __ Uebrigens sei das Bedürfniß nach einer Mittelstufe niht so groß, wie der Vorredner meine. «m Jahre 1881 seien zum Beispiel im Reich8postgebiet im Ganzen 102 205 600 Drucksachen befördert, davon unter 50 g und also zum Dreipfennigtarif 95 Millionen, und nur 7 Millionen über 50 g. Auch würde die Postverwaltung dur Einführung der Mittelstufe im Tarif einen bei der jeßigen Sn pAgs erheblih ins Gewicht fallenden Einnahmeverlust erleiden.

Der Abg. Liebkneht bemcrkte, seine Partei stimme den Forderungen des Abg. Lingens zu, wenn auch aus anderen Gründen als die Herren des Centrums; er wünsche durch die Sonntagsruhe eine weitere Verkürzung der Arbeitszeit herbei- zuführen. Die Einwendungen, welche gegen diese Forderung erhoben seien, seien nit zutreffend. Was England sich in dieser Beziehung leiste, das könne auch Deutschland. Ihn habe indessen ein anderer Umstand veranlaßt, das Wort zu er- greifen. Fn voriger Woche sei aus der Schweiz ein Packet mit Drucksachen beim Postbureau des Reichstages für ihn ein- getroffen. Es habe dasselbe u. A. auG Nummern des „Sozialdemokrat“ enthalten, in welchem Angaben über Polizei- Jpione enthalten gewesen seien, für ihn wichtige Aktensiücke, welhe er bei der Debatte über die Aus- führung des Sozialistengeseßes zu verwenden gedacht habe. Diese Nummern seien indessen aus dem Packet entfernt worden, wie man ihm mitgetheilt habe, auf Grund des Sozialistengeseßes. Er gebe zu, daß der betreffende Beamte ganz korrekt gehandelt habe, indem derselbe die betreffenden Zeitungsnummern seiner vorgeseßten Behörde eingehändigt habe. Aber er halte die ganze Verordnung, auf welcher das Durchsuhen von Drucksachen beruhe, für unzulässig. Er habe bereits im Jahre 1879, wo er die Verordnung vorgelesen habe, darauf hingewiesen, und in der Debatte habe auch der Abg. Windthorst hervorgehoben, daß diese Verordnung nicht weiter aufrecht erhalten werden tönne. Troßdem sei eine Aenderung nicht eingetreten, und doch werde so nur einem System des Ausspionirens Thür und Thor geöffnet. Man be- shränke sih niht mehr darauf, Druksachen unter Streifband zu durchsuchon;; au vershlossene Packete seien geöffnet worden. Er erhalte ab und zu größere Packete mit Papier, und regelmäßig habe er wahrgenommen, daß der Umschlag derselben zerrissen gewesen sei. Ein bloßer Zufall könne hier nicht vorliegen. Man habe untersuchen wollen, ob vielieiht Drucksachen in dem Paket verborgen gewesen seien. Die Post fuße bei diesem Vorgehen auf den geseßlihen Bestimmungen. Aber diese selbst müssen geändert werden im Jnteresse der Postbeamten.

__ Der Staatssekretär Dr. Stephan erwiderte, über den Einzelfall, welchen der Vorredner vorgetragen habe, sei er nit unterrichtet. Er würde dem Vorredner aber dankbar sein, wenn derselbe sih mit der Provinzialbehörde in Verbindung seßen würde, die den Vorfall untersuchen lassen könne. Jm Uebrigen möchte er darauf hinweisen, daß der Postbeamte, welcher verbotene Drucksachen unter Streisband nicht anhalte, Na S 19 des Sozialistengeseßes eine Strafe bis zu 1000 M, resp. eine Gefängnißstrafe bis zu 6 Monaten zu ge- wärtigen habe. Jm Fahre 1879 habe allerdings eine Debatte über die Verfügung, auf welcher das Vorgehen der Post- beamten beruhe, stattgefunden. Aber Anträge seien damals nicht gestellt, sondern nur Ansichten und Gegenansichten vor- getragen, und Lasker habe damals ausdrücklich die Postbeamten gegenüber dem Abg. Liebkneht in Schuß genommen. Er habe damals erklärt, daß eine Aenderung der betreffenden Ver- fügung nit vorgenommen werden könne, und müsse er die- selbe Erklärung heute abgeben. Die Verfügung entspreche den Bestimmungen des Sozialistengeseßes, und es wäre eine Schwäche, wenn die Postverwaltung sihch der ihr gestellten Ausgabe würde entziehen wollen. Was den Beamten betreffe, der aus dem an den Abg. Liebknecht gerichteten Paket die Nummern des „Sozialdemokrat“ zurückgehalten habe, so müsse er erklären, daß derselbe lediglih seine Pflicht als Beamter

erfüllt habe.

Der Abg. Liebkneht bemerkte, er habe nicht Beschwerde gegen den Beamten geführt, der durchaus geseßlich verfahren jei, sondern gegen die Verordnung überhaupt, welche nit zur Ehre der Postverwaltung gereiche, denn sie werde durch die- selbe auf den Boden der Polizeispionage und der Spizelei ge- stellt. Diese Aufzüchtung eines Spißelthums wirke noch ver- derblicher als das Sozialistengeseß. Jm Uebrigen müsse doch von der Postverwaltung mit zweierlei Maß gemessen werden, denn wie gelange sonst der Minister in Besiß von Nummern des „Sozialdemokrat“, die ihm vorenthalten seien? Er meine, die Ehre Deutschlands erfordere es, daß jene Verfügung so rasch als möglich beseitigt werde.

Der Staatssekretär Dr. Stephan erklärte, die Ehre Deutsch- lands zu wahren, solle der Vorredner füglich den Regierungen überlassen; wenn derselbe aber den Postbeamten den Vorwurf der Spionage und der Spigelei angehängt habe, \o lege er dagegen Protest ein. Davon könne doch au gar nit die Rede sein, wenn die Postverwaltung ihre Pflicht thue gemäß den Bestimmungen des Sozialistengeseßzes. Auch früher habe

der Abg. Liebkneht der Posiverwaltung ähnliche Vorstellungen

wie heute gemaht. Es habe eine Zeit gegeben, wo derselbe alle Zahre die Jntegrität derselben in Zweifel gezogen habe.

Der Abg. Liebknecht habe dann davon abgelassen, weil dem- selben die Festung doch zu stark gewesen sei. Nun komme derselbe auf seine frühere Praxis zurück bei einem Falle, w0, wie der Abg. Liebkneht selbst sage, der betreffende Beamte ganz korrekt gehandelt habe. Er (Redner habe dem Abg. Liebkneht {hon früher gesagt, es besser sei, in einem Beschwerdefalle sich an die Provinzialbehörden zu wenden, als hier bei einem harmlosen Titel denselben zur Sprache zu bringen, wo man auf der- gleichen gar nit gefaßt sei. Die von dem Abg. Liebknecht früher vorgetragenen Fälle habe er alle untersuchen lassen, und es habe sih herausgestellt, daß überall gesezmäßig ver- fahren sei (Staatssekretär Stephan verlas das Ergebniß der von ihm angestellten amtlihen Untersuchungen).

Der Abg. Kalle bemerkte, dem Abg. Baumbach ließe er sih darin an, daß für Drucksachen über 50 g nit sofort eine Steigerung des Porto von 3 auf 10 3 eintreten, sondern daß es zwischen diesen Säßen noch eine Zwischenstufe etwa für das Gewicht von 50—100 g zu 5 S geben sollte. Dem Antrag Lingens stehe er durchaus sympathisch gegenüber. Der- selbe erreiche aber seinen Zweck nicht, weil der Antrag nicht radikal vorgehc ; die Beamten würden ja nah demselben ebenso lange im Dienste bleiben müssen wie früher; sie hätten nur während dieser Zeit etwas weniger zu thun. Das sei ein geringer Effekt, wenn andererseits dadur eine bedeutende Belästigung des Publikums entstehen würde, wie sie Staatssekretär Stephan dur Zahlen nachgewiesen habe. Die Ausgabe der Sonntags- blätter würde auch unmöglih gemaht werden. Der Sonntag sei ferner namentlih der Posttag des kleinen Mannes. Am Sonntag fänden bedeutende Mengen von Geldeinzahlungen statt; die kleinen Leute \chickten, wie er aus Westfalen wenig- stens wisse, an diesem Tage ihren Wochenlohn zum Theil in die Heimath. Der Antrag sei s{ließlich um so weniger dring- lih, als ja die Postverwaltung bestrebt sei, so weit es irgend angehe, ihren Beamten die Sonntagsruhe zu gewähren.

Der Abg. Dr. Windthorst dankte dem Staatssekretär für seine Bemühungen auf diesem Gebiete. Er erkenne an, daß derselbe {hon in bedeutendem Maße den Wünschen des Cen- trums entgegengekommen sei. Aber er meine, daß man in dieser Richtung allmählih weiter gehen müsse; man müsse auf den Standpunkt fommen, auf dem man in England schon stehe. Dem Hinweis auf die Bedürfnisse des Verkehrs stelle er gegenüber, daß es ein reiheres Land als England, wo die Sonntagsruhe in ausgievigsten Maße vorhanden sei, nicht gebe. Der übrige Verkehr werde sih allmählih nach der Post richten. Jeder, der gewohnt sei, sein Geld, seine Zeitungen U. s. w. am Sonntag zu bekommen, werde es zunächst unangenehm empfinden, wenn demselben das niht mehr möglih sei, aber man werde sih darein finden. Der Sonntag müsse dienen, wozu er eingeseßt sei, zum Gotlesdienst und zur Erholung für Körper und Geist. Zu diesem Ziele aber iverde dur den Antrag Lingens ein erheb- licher Schritt weiter gethan. Die Sympathie des Abg. Kalle an sih habe nichts zu bedeuten, wenn man sie nicht bethätige, nnd die Beamten von der Post würden davon nicht sehr ge- hoben sein.

Der Abg. Stöcker erklärte, in der jüngsten Provinzial- synode habe er den Antrag gestellt, dieselbe niöhte ihre Ueber- zeugung aussprechen, daß den Beamten des Verkehrs in der Regel der dritte Sonntag völlig dienstfrei gewährt werden müsse. Dort seien 20 liberale Mitglieder anwesend gewesen, die Synode habe einstimmig seinen Antrag angenommen und „ihn an die Generalsynode zur Empfehlung gebracht. Es beweise dies, daß diese Frage auch bei religiós und politisch freisinnigen Männern Sympathie finde. És sei für ihn s{hwer, was die Durführbarkeit des Antrages anlange, gegenüber den Aeußerungen des Staatssekretärs eine feste Stellung zu nehmen. Aber es sei ihm von Postbeamten ver- sichert worden, der Antrag liege nit außerhalb der Grenzen der Möglichkeit. Es sei ja seit dem vorigen Jahre {hon Einiges von der Verwaltung geschehen, und dafür sei er dem Staatssekretär dankbar, aber es sei doch noch sehr wenig. Die Klage über aufgedrungene Sonntagsbriefbestellung auf dem Lande habe noch immer niht aufgehört. Jn den ver- schiedenen Postdirektionen bestehe in dieser Beziehung auch verschiedene Praxis. Dem Abg. Baumbach stimme er darin nicht bei, daß man den Sonntag allgemein und nicht blos im Postverkehr behandeln sollte. Der Staat müsse das Vorbild abgeben, und die Post gehöre zu den größten Arbeitgebern auf dem staatlichen Gebiet; und seitdem die Eisenbahnverwaltung sich so ausgedehnt habe, werde diese Frage auh da zur Sprache gebraht werden müssen. Man müsse die FFrage so lange hier festhalten, bis sie im Sinne der großen Majorität dieses Hauses und des deutschen Volkes beider Konfessionen geregelt sei. Wenn man die soziale Reform unter religiösem Gesichtspunkt, wenn man praftisches Christenthum treiben wolle, so müsse man vornehmlich diese Frage zur Anregung und DurWführung bringen, wo man es mit ausgesprochenen göttlihen Geboten zu thun habe. Er fürchte, daß sonst in den Kreisen des Staatsbetriebes [leicht Unzufriedene und Rekruten für die Sozialdemokratie groß- gezogen würden. An den puritanishen Sonntag denke er nicht, sondern er wolle den guten deutshen Sonntag, der die ¿Freude gewiß niht ausschließe und der au das absolute Minimum von Arbeit gethan wisse wolle. Er richte deshalb an den Staatssekretär die Bitte, nah dieser Richtung seine Bestrebungen möglihst zu fördern.

Demnächst nahm der Staatssekretär des Reichs-Post- amts Dr. Stephan das Wort:

Meine Herren! Ih werde mir erlauben, zuerst dem letzten Hercn Vorredner zu antworten. Er hat einen Sah einfließen lassen, in dem er sagte: wir find der Postverwaltung dankbar für das, was sie gethan hat, so wenig es auch is. Gegen diesen Ausdruck muß ich mich wenden. Es entspricht den thatsählihen Verhältnissen nicht, zusagen, es ist wenig, im Gegentheil es ist viel geshehen. Jch will die Zahlen von vorhin nicht wiederholen, ih habe aber andere hier, die ich vorerst zurücfgehalten, wohl voraussehend, daß das Verfahren der Ct ie ao noch E in unterliegen würde. Es

eißt in der von mir vorhin erwähnten Verfügung gerade i auf die Dienstbefreiung der Beamten: L __ Die Ober-Postdirektionen sind bemüht gewesen, den Grundsatz, die Beamten und die im inneren, im Postbegleitungs- und im Bestelldienst beschäftigten Unterbeamten, ferner die Paetträger die Stadtpostboten, die Landbriefträger und die ständigen HüÜlfs- boten in einem dreiwöchigen Zeitraum mindeftens für einen Sonn- tag, sci es für einen ganzen Tag oder zwei halbe Tage völig dienstfrei zu machen, durzuführen, und es ist in dieser Hinsicht gegen das Vorjahr ein wesentlicher Fortschritt zu verzeichnen. In dem vorgeschriekenen Umfange sind na der beiliegenden

Ueberfiht Sonntags vom Dienste befreit von

82,7 %/g (aus\cließlid der Poftagenten) von den Unterbec emt

inneren Dienste 71,7 °/o, im Ortsbestelldienste 94 9% und bes im E r ara Ta SEeNegern 97,9 9%. et den

: as dann die Gelegenheit zum Besu des j

trifft, so können von den Beamten und Unterbemeeodienstes de am Amtsorte beiwohnen 51 9/6 jeden Sonntag, 30 ‘/, minpleiben jeden zweiten Sonntag, 13 9% mindestens jeden ndestens Sonntag, 39/6 jeden vierten Sonntag und 39% niemals ritten diesen 2 %%, welhe am Amtsorte dem Gottesdienste nie beiw R

können, ift nur 1 °%/% durch den Dienstherrn behindert, und h ohnen ist am Amtsorte entweder überbaupt feine Kirche oder kein eg der in Betracht kommenden Konfession vorhanden ; viele Beate polde aber Gelegenheit, die Kirhe an Nachbarorten zu besuchen die Bap Postbeamten und Postboten am Ueberlagerorte. Im Uebrige ahn die Ober-Postdirektionen bestrebt, Abhülfe zu {afen unter p ständen dur Verseßung einzelner Beamten bei pafsender Gel Üm heit, au wird bei der in Aussicht stehenden Vermehrung des a bestellperfonals auf fernere Verbesserung Bedacht genommen E

Diese Zahlen werden genügen, um zu beweisen, daß von der V waltung ret große Anstrengungen gemacht worden sind. Es bört viel Ueberlegung und Eindringen in die Verhältnisse dazu n e einem so fomplizirten Apparate, der aus 80 000 Beamten best E für jedes einzelne Amt die erforderlicen Einrichtungen zu treffe De ino recht fauer werden lassen, eben wegen des qutt

we w i e . J ps en, denn auch ich ftehe auf dem Standpunkte: nulla Der Herr Abgeordnete hat dann gesagt, ein oftbea ihm den Dank votirt, daß der Reichstag sich der Ste uen: Me hat. Ja, meine Herren, das ist einseitig gewesen; die Verwaltun, hat es nie fehlen lassen, ihrerscits vorzugehen. Es ift das im va mein Standpunkt gewesen, den ib, ih weiß nit, wie oft E betont habe, daß ic nur den Einschränkungen des Verkehrs ent Den bin, aber nit der Vermehrung der Sonntagsruhe für die Beamter ,__ Dann hat der Herr Vorredner gesagt bei den Petitionen Ke lich Wiedereinftellung des Sonntagsdienstes in den Landbezirken G werde in den einzelnen Ober-Postdirektionen verschieden verfabren. Ja, meine Herren, die Anweisungen lauten in einer Art, daß E übereinstimmend verfahren werden darf. Wenn im einzelnen Falle verschieden verfahren worden ist, so wird das wohl an der versiede- nen Begründung dieser Petitionen gelegen haben. Es frägt si, ob die Petitionen von der Mehrzahl der Einwohner herrühren, von den Hauptcorrespondenten, oder ob nur einzelne Correspondenten diese Pe- tition gestellt haben und die anderen nicht einverstanten sind ferner ob nit cine gewisse Cinwirkung auf den freien Entschluß und den freien Willen der Unterzeichner der Petition stattgefunden hat. Jch meine hier nicht, was sich der Herr Vorredner vielleicht denkt, sondern ih meine die Agitation der Landbriefträger. Wir haben nämli ver. O S! gee wo (s Landbriefträger \&]b\t agitirt haben man dtîe Bestellung einziehen möge, damit sie Sonntage E 4 Be haben. / ; O S j wende mich nun no& mit wenigen Worten an Hrn. Windthorst und age ihm zunähst meinen herzlichen Da n wohlwollenden Worte, die er in seiner Einleitung an die Adresse der Postverwaltung gerichte! hat. Er hat sich auc nitt fo ausgedrüdt wie Hr. Stöer es gethan hat, daß er sagte: fo wenig es au ist so wollen wir es immerhin annehmen; sondern er hat gesagt, es if viel gethan worden, aber noch nit genug gethan. Da stimme ih mit dem Herrn Abgeordneten vollständig überein. Jh weiß über- haupt kein Verhältniß im Leben und keinen Moment in der Lebens- dauer des Menschen, wo man sagen kann, es sei genug gethan. Da findet aub der Saß Anwendung: vita brevis, ars longa. Dann hat der verehrte Hr. Abg. Dr. Windthorst noch auf Eng- land Bezug genommen. Meine Herren, i habe, glaube i, hier {on ein Mal gesagt, daß die Einrichtungen in England, die ja be- ktanntlih aus der Zeit der Puritaner herrühren, vor 300 Jahren ge- troffen sind und daß sie jeßt seit 300 Jahren bestehen. Das ilt ganz etwas Anderes, als wenn Sie mit einem Schlage in der heutigen Zeit, in unseren verwickelten Verkehrsverbält- nissen, bei unserem ' ausgebreiteten Organismus der sämmtlichen Betriebs- und Verkehrsanstalten, bei unseren Verflehtungen der ein- zelnen Bezichungen innerhalb ter Gesellschaft, bei der Verknüpfung aller Nationen auf dem großen Welt- und Handelsmarkt, mit einem einzigen Schlage diesen puritanishen, englischen Sonntagsdienst und die Unterbrechbung des Sonntagsverkehrs einführen wollten. Daß das übrigens in England keineswegs so \{limm ift, geht aus einer Ver- sammlung hervor, die am 29. Oktober 1884 in London stattgefunden hat, betreffend den Sonntagsdienst; und es ist da eine Agitation ge- wesen, die dahin ging, den 23 500 Postbeamten, welche Sonntags noÞ in den verschiedenen Theilen des Königreichs im Post- dienst beschäftigt sind, mehr Ruhe zu verschaffen. Nun, meine Herren, wenn Sie die Zahlen damit vergleichen unfer Personal ift ja viel größer als das der englischen Postverwaltung, weil wir die Fahrpost baben und den Zeitungésdienst und versciedene andere Zweige, die in England nit bestehen die Prozentzahlen vergleihen, wieviel Beamte Sonntags frei sind, so glaube ih, wird das Resultat sih dahin stellen, daß {on jeßt innerbalb des Deutschen Reichs weniger Beamte des Sonntags beschäftigt sind, als in Eng? land. Es ist dabei namentlich hervorzuheben, daß in London der Dienst am Sonntag ziemli zusammengedrängt, beschränkt und aus- ges{lossen ist, aber nicht in vielen Provinzialstädten, und daß namentlih die Bestellung in vielen Orten auch Sonn- tags stattfindet. Sie wissen, daß in cinem der früheren Ae U Amendement Lord Ashley, welches dahin ging, in Zukunft in allen Theilen des Könizreichs die Annahme und Aus- gabe von Briefen zu verhindern, gestellt wurde. Dieser Antrag ging in Folge, wie es heißt, der Schläfrigkeit und des Mangels an Unter- ordnung der Anhänger der Regierung unter ihre Führer durch eine Ueberrashung mit 93 gegen 68 Stimmen im Jahre 1850 dur. Jn dem vollen Bewußtsein, daß eine solche Maßregel, ein solcher Ein- bruch in den Verkehr siherlih einen Sturm der Entrüstung hervor- rufen werde, R die englische Regierung diese Resolution einfach in Wirksamkeit zu seßen. Sie hätte in der That kein besseres Mittel ergreifen können, die Frage ein für alle Mal abzuthun. Einige Wochen lang genoß Lord Ashley das zweifelhafte Vorrecht, der bestverleumdete Mann im Königreich zu sein. Die Unbequemlichkeit der Maßregel wurde als unerträglih empfunden und durch cine zweite Resolution, welhe am 9. Juli, also ein paar Wochen später, mit 195 gegen 112 Stimmen durchging, wurde die Regierung vom Unterhause in den Stand geseßt, die Einrihtungen des Postamts wieder auf den früheren Fuß zu seben. Also, meine Herren, es bestätigt das, daß ein solcher Einbruh in den Verkehr der Nation nicht zugemuthet edes ie Gndlich sagt hier noch ein Parlamentsmitglied, welches au in Verbindung steht mit diesen Bestrebungen, und im E t ,___ Wenn i ret unterrichtet bin, hat das Haus der Gemeinen einst zu Gunsten ihres Zweckes j

er {reibt an das Comité für die weitere Sonntagsfeier einen Beschluß gefaßt, ift aber genöthigt gewesen, ihn zurück zu ziehen. Ich mache mir keine Sorge darum, daß Ste etwa einen (rfolg erringen: wenn Sie einen folhen au für den Moment erlangen, so muß ihm der Rückshlag do bald folgen. Der eine Rundgang des Postboten ist keine {were Last, nicht \{chwerer als die, welhe von Vielen in fast allen Lebensberufen zu tragen ist. Es ift ein großer öffentlicher Dienst, cine ehrenvolle Arbeit und muß ebenso verrichtet werden wie andere Dienstleistungen. Jm Neuen L tes G A A ‘eli a Ihre Ansichten unterstüßte, o sehr diese auch von religiösen Betrachtu : nd. Ber Sab g chtungen - durchdrungen sind

nun zitirt er aus dem Evangelium Marci, was ih wiederholt

zitirt habe ; Der Sakbbath ist um des M enfwhen willen gemacht und nichi willen. daß auf dem Wege,

ter Mensch um des Sabbaths Sie sehen aus all diesem, meine Herren, den die Verwaltung bisher geschritten ist, eine Uebereinstimmung mit

L A R R A e f e D E E E L N Da: E T E N

S

dem Reichstage und in voller Anerkennung der Anregung, die au hier in dieser Richtung gegeben worden ift, wir in der That das Beste für die Sache erreichen.

Der Abg. Dr. Baumbach erklärte, nihts liege ihm ferner, als den Postbeamten die Theilnahme an dem fröhlichen deutshen Sonntag verkümmern zu wollen, und er unterstüßte den Antrag Lingens, insofern derselbe darauf ausgehe, ihnen Erleichterung und Erholung zu ermöglichen, und auch dem Bedürfniß nah religiöser Erbauung Rechnung zu tragen. Aber der Weg, auf dem der Abg. Lingens seine Absicht ver- wirklihen wolle, scheine ihm nicht der rihtige. Er glaube ih also niht in Widerspruch zu seßen mit den freisinnigen Män- nern in der Provinzialsynode; jener Beshluß sei ihm viel- mehr vollständig sympathisch und von ihm nahe stehenden Männern gefaßt, mil denen er sih auf dem Boden des Pro- testantièmus zusammengefunden habe. Er habe sih nur gegen eine Beengung des Verkehrs gewandt, die den Postbeamten gar nihts nüßge. Er seinerseits sei im Gegensaß zum Abg. Stöcker niht gewohnt, seine religiösen Ge- fühle und Anschauungen öffentlih zur Schau zu tragen; er betrahte diese Dinge mehr als Jnternum. Die Frage der Sonntagsruhe sei vor Allem eine soziale Frage. Daß aber die Sache auch vom Standpunkt des praktischen Christenthums aus sich beleuchten lasse, gebe er zu. Das Christenthum sei in erster Linie eine Religion der Liebe und nit des Hasses und des Kampfes, und er würde sich freuen, wenn er sich würde künstighin auf diesem Boden auch mit dem Abg. Stöcker zusammenfinden können.

Der Abg. Stöcker entgegnete, auf den versteckten Appell an ihn, das Christenthum als Religion der Liebe zu pflegen, erwidere er, daß gerade der Umstand, daß eine Menge jüdi- cher Arbeitgeber am Sonnabend gefeiert und ihren Arbeitern den Sonntag vorenthalten hätten, ihm Veranlassung zum Kampf gegen das Judenthum gegeben habe. Es sei dies ein Motiv mehr, an die organisirte Heiligung des Sonntags zu denken. Der Abg. Liebkneht bemerkte, der General-Postmeister habe in einer Form, die geeignet sei, seine Glaubwürdigkeit in ein zweifelhastes Licht zu stellen, an sieben odec aht Fällen nachzuweisen versucht, daß seine früher hier vorgetragenen Beschwerden gänzlih unbegründet, oder daß doch die Post- verwaltung völlig unschuldig sei. Er gebe zu, daß in diesen wenigen Fällen die Postverwaltung Recht habe, die von ihm vorgeführten Fakta seien aber nichtsdestoweniger wahr, und der ganze Unterschied liege nur darin, daß seinen Gewährsmän- nern das Vorhandensein staatsanwaltliher Anordnungen zur Beschlagnahme nicht bekannt gewesen sei. Er habe aber eine Masse weiterer Fälle vorgebraht, wo leßtere niht vorhanden gewesen seien, und auf diese Fälle )sei der Staatssekretär nicht eingegangen. Die. Ver- hältnisse lägen eben in Deutshland so, daß man ein schwarzes Kabinet noch nicht entbehren könne. Seit dem Er- laß des Sozialistengeseßes sei es seinen Parteigenossen in hunderten von Fällen vorgekommen, daß von Polizeibeamten Haussuchungen bei ihnen vorgenommen und dabei Briefe beshlagnahmt worden seien, von deren Ankunft gerade die Post- behörde die Polizei erst in Kenntniß geseßt habe. Spißtelei und Spionage werde dadurch niht weniger {limm, daß man sie geseßlich regulire. Er erinnere den General-Postmeister an das einst von demselben gesprohene Wort, daß die Briefe auf der Post ebenso sicher seien, wie die Bibel auf dem Altar; es sei ein wahres Wort gewesen, denn die Bibeln auf dem Altar seien ja niht dazu da, um geschlossen, sondern um geöffnet zu werden.

Der Abg. Singer führte aus, nachdem von allen Seiten in Bezug auf die nothwendige Sonntagsruhe der Postbeamten Uebereinstimmung sih kundgegeben habe, komme der Abg. Stöcker mit seiner Privatliebhaberei, indem er auf die jüdi- schen Arbeitgeber hinweise, die so sehr prävalirten und, da sie ihrerseits keine Veranlassung zur Sonntagsheiligung hätten, ihre Arbeiter am Sonntag arbeiten ließen. Das sei doch ein an den Haaren herbeigezogenes Beispiel, das in die Debatte gar nicht hineingehöre. Es handele sich hier niht um jüdische Arbeitgeber, sondern um das Deutsche Reih als Arbeit- Geer, Wee es ja der A0, Stoler feldt mit 9 großer Emphase ausgesprohen habe, und für soweit verjudet werde das Deutsche Reih doch auch von dem Abg. Stöcker nicht gehalten werden, daß nun au schon die Reichs- Postverwaltung auf diesem Standpunkte angekommen sein solle, Er behaupte, daß ein Unterschied in Bezug auf die Sonntagsheiligung zwischen jüdishen und christlihen Arbeit- gebern kaum existiren dürste. Er schmeidäle sih, mindestens eben so viel Fühlung mit Arbeiterkreisen zu haben wie der Abg. Stöcker; wenn derselbe mit den Arbeitern über die Frage spräche, würde er finden, daß, was Humanität, Menschlichkeit, was die ganze Behandlung anbelange, die jüdischen Arbeit- geber in einen Gegensaß zu den christlihen absolut nicht zu bringen seien, Er sei ein sehr warmer Anhänger der Sonntags- ruhe und wünsche, daß auch der Abg. Stöcker derselben theil- hastig werde. Wenn derselbe auf ihn (den Redner) exemplifiziren wolle, so verweise er den Abg. Stöcker darauf, daß sein Name unter einem Geseßentwurf stehe, der noch viel strenger, als des Abg. Stöckers Freunde es wollten, den Sonn- tag heiligen wolle. Allerdings trete er in erster Linie für die

8 ; 2 Inserate für den Deutschen Reichs- und Königl,

Preuß. Staats-Anzeiger und das Central-Handels- register nimmt an: die Königliche Expedition des Deutschen Reichs-Anzeigers und Königlich Preußischen Staats-Anzeigers :

Berlin 8W., Wilhelm-Straße Nr. 32.

Steckbriefe und Untersuchungs - Sachen. [65810] Steckbrief. i

Gegen den unten beschriebenen Cigarrenarbeiter Friedrich Wilhelm Thiele, gebürtig ¡aus Reckahne, zuleßt wohnhaft zu Brandenburg a. H., welcher flüchtig ift, foll cine durch vollstreckbares Uctheil der Strafkammer bei dem Königlichen Amtsgerichte zu Brandenburg a. H. vom 23, Dezember 1884 erkannte Gefängnißstrafe von einem Jahre vollstreckt werden.

Es wird ersucht, denselben zu verhaften und in das Strafgefängniß zu Ploetensee abzuliefern und zu den diesseitigen Akten c./a. Panten u. Gen. M2. 99/84 Nachricht gelangen zu lassen.

Potsdam, den 31. Januar 1885

__ Königliche Staatsanwaltschaft. Beschreibung. Alter 25 Jahre, Größe 1,64 m,

ständig,

[65851]

rein menshlihe Seite der Sonntagsruhe ein; aber wenn au seine Partei die religiöse Frage als Privatsache erkläre, so habe er doh das Recht einer sehr großen Anzahl von Leuten zu wahren, bei denen auch die religiöse Seite der Sache in Betracht komme, und deshalb trete er für Sonntagsheiligung ein. Nicht tes Abg. Stöcker Partei allein stehe also auf diesem, von ihr mit Vorliebe betonten Standpunkte.

Der Abg. Stöcker erwiderte, er habe keineswegs auf den Abg. Singer exemplifiziren wollen, er habe sich mit demselben nicht beschäftigt, und werde das au in Zukunft nur thun, wenn er dazu gezwungen werde. Der Abg. Singer scheine niht im Stande zu sein, dem Gang der Verhandlungen und dem Wortlaut der Reden zu folgen, wenn derselbe ihn be- schuldige, diese Debatte angeregt zu haben. Wenn der Abg. Baumbach hier ihn ausdrüdlih nenne, und dabei von einer Religion der Liebe und einer Religion des Hasses spreche, dann wisse Jeder im Hause, was gemeint sei, und seine Persön- lichkeit wie sein Amt ständen ihm dann viel zu hoh, als daß er solche Ausführungen ruhig hinnehmen könne. Er glaube auch, sich in seiner Entgegnung durchaus maßvoll ausgedrückt zu haben. Wenn der Abg. Singer einen Unterschied der Sonntagsheiligung Seitens hrist- licher und jüdischer Arbeitgeber kaum gelten lassen wolle, so müsse er demselben aus seiner genauen Kenntniß der That- sachen heraus widersprehen. Es passirten bei den jüdischen Arbeitgebern Dinge, die zum Himmel schrieen; da lasse man Kommis Sonntags zur Jnventur kommen u dgl. Daß der Abg. Singer in den Arbeiterkreisen, in denen er sih bewege, davon wenig höre, sei sehr begreiflih, denn die Arbeiter, die denselben wählten, würden sich natürlih nicht viel aus der Sonntagsheiligung machen.

Die Debatte wurde hierauf geschlossen.

Es folgten persönlihe Bemerkungen.

Der Abg. Singer bemerkte, er bitte doch den Abg. Stöcker, ein sür alle Mal darauf verzihten zu wollen, ihm Vor- stellungen darüber zu machen, ob er im Stande sei, der Debatte zu folgen oder nicht.

Der Abg. Stöcker erwiderte, er habe nur die Thatsachen reden lassen, die bewiesen hätten, daß der Abg. Singer den Verhandlungen nicht habe folgen fönnen.

Der Titel wurde bewilligt; über die Resolution Lingens wird die Abstimmung erst in der dritten Lesung erfolgen.

Zu Tit. 17 (Ober-Postdirektionen) befürwortete Abg. Lingens folgende Resolutionen:

Der Reicstag wolle beschließen :

den Herrn Reichskanzler zu ersuchen : a. die Grundsäße über die Feststellung der Gehaltsftufen für die verschiedenen Beamtenkategorien in der Richtung einer Revision unterwerfen zu lassen, daß ein regelmäßiges Vorrücken der Beamten nach der Anciennetät gesichert werde ; b, vie Srundsäße über Regelung und Berechnung der Dienst- zeit bei Tag und Nacht gleichmäßig feststellen sowie dahin ändern zu lassen, daß die Stunden der Sonntagsruhe bei der Berechnung der Gesammtarbeitszeit der Wochentage nit in Ansaß kommen. Der Bundeskommissar, Geheime Ober-Postrath Kasubski bemerkte, daß es der vorgeshlagenen Revision nicht bedürfe, für das Aufrücken in die höheren Stellen sei das Dienstalter allein maßgebend; seit langer Zeit sei das bezügliche Ver- fahren geregelt. Das Haus möge also die Resolution zu a, als gegenstandslos ablehnen. Bezüglih der zweiten Reso- [lution verweise er auf die Verfügung von 1874, durch welche die Arbeitszeit der Beamten so geregelt sei, daß jeder sechs vo.le Arbeitstage wöchentlich, den siebenten Tag aber frei habe. Auch diese Resolution sei gegenstandslos. Der Abg. Dr. Baumbach erklärte sich mit der Tendenz der Resolution zu a. einverstanden, doch gebe die Form zu Bedenken Anlaß und könne vielleicht bis zur dritten Lesung noch geändert werden. Eine Sicherung des Aufrückens in die höheren Gehaltsklassen derselben Rangstufe, sowie überhaupt flarere Grundsäße für das Avancement und die Publizität der Anciennetätsliste müsse man dringend wünschen. * Die Abstimmung über die Resolutionen wird in dritter Lesung erfolgen ; der Titel wurde bewilligt. Sea Zu den Titeln 18 (Rehnungsbeamte) und 21 (Sekretäre) beantragte die Budgetkommission, „den Bundesrath zu er- suchen, für die Folgezeit bei Aufstellung des Etats der Reichs- Post- und Telegraphenverwaltung die dermalige Einrichtung zu beseitigen, wonach sih die Mittel zur Besoldung der Post- und Telegraphen-Sekretäre mit denjenigen Mitteln übertragen, welche zur Besoldung der in Titel 4 und Titel 18 bezeichneten höheren Beamtenkategorien sowie zur Besoldung der Kassirer und Ober-Sekretäre bestimmt sind.“ Dagegen beantragte der Abg. Dr. Baumbach folgende Resolution : d B Ha r den Bundesrath zu ersuchen, im nächsten Reichshaushalts-Etat die zur Besoldung der Poftsekretäre bestimmte Summe insoweit zu er- höhen, als dies erforderlich ift, um die dermalige Schmälerung zu beseitigen, welche die Mittel zur Besoldung der Poftsekretäre da- dur erleiden, daß sich eben diese Mittel mit denjenigen übertragen, welcbe zur Besoldung der in Tit. 18 bezeichneten höheren Beamten- fategorien, sowie zur Besoldung der Kassirer und Ober-Sekretäre be- stimmt sind.

j Dazu beantragte der Abg. Dr. Lingens folgende Reso:

ution :

darauf Bedacht zu nehmen,

Oeffentlicher

1, Steckbriefe und Untersuchungs-Sachen. . Industrielle Etablissefnents, Fabriken und

2. Subhastationen, Aufgebote, Vorladungen U. dergl.

3, Verkäufe, Verpachtungen, Submissionen etc.

4, Verloosung, Amortisation, u. s. w. von öffentlichen Papieren.

Statur mittel, kräftig, Haare {warz, Stirn niedrig,

Augenbrauen dunkel,

lih, Mund gewöhnli, Zähne niht mehr voll-

Kinn rund,

gesund, Sprache deuts.

Steckbriefs-Erledigung.

Der gegen den Steinhauer August Theodor Gronitß wegen Diebstahls resp. versuhten {weren Dieb- stahls unter dem 4. Mär: 1883 in den Akten c./a. Gronit III. J. 1314/82 erlassene Steckbrief ist durch die Ergreifung des Angeschuldigten erledigt.

Berlin, den 2. Februar 188d,

Königliches Landgericht T1. Der Untersuhungsri ter.

daß denjenigen Postsekretären, welche nach einer 25jährigen Gesammt-

Grosshande!, ;

. Literarische Anzeigen. . Theater-Anzeigen.

Zinszahlung . Familien-Nachrichten. /

Augen braun, Nase gewöhn-

Gesicht oval, Gesichtsfarbe

wird hiermit zurückgenommen. Berlin, den 2. Februar 1885,

[65809]

ostdienstzeit das Durschnittegehalt für Poftsekretäre nit erreicht an nun G Os bis Ee Meistbetrage von je 200 Æ fo lange zu bewilligen sei, bis das auf sie entfallende etatêmäßige Sekretärgehalt eine ihrem Dienstalter entsprehende Höhe erreicht hat.

Der Abg. Dr. Baumbach hielt die von ihm vorgeschlagene Maßnahme für die geeianetste, um dem dringenden Bedürfniß einer Verbesserung der finanziellen Lage der Postsekretäre ab- zuhelfen. Gerade bei den Postsekretären liege der Schwer- punkt der ganzen Verwaltung; auch müsse man auf die gefell- schaftlihe Stellung der Postsekretäre Rücksicht nehmen. Auch der Resolution Lingens werde er zustimmen. A Die Abgg. Schrader. und Kalle äußerten sich wesentli in demselben Sinne. / Der Bundeskommissar, Geheime Over-Postrath Kasubski entgegnete, daß auch gegenwärtig bereits die Verwaltung bemüht sei, bezüglih der Beamtendotirungen überall mit möglichster Gerechtigkeit zu verfahren. : : Nach einigen weiteren Erörterungen wurden die Titel bewilligt ; die Abstimmung über die Refolutionen wird erst in dritter Lesung stattfinden. Bei Tit. 27 (Landbriefträger, mit 600 /( Dur(hschnittsgehalt) äußerte der Abg. Dr. Baumbach den Wunsch, daß die Verwaltung dahin streben wöhte, endlih für die Landbriefträger eine Erhöhung des Durchschnittsgehalts von 600 auf 800 #6 zu ermöglichen. Der Abg. Dr. Wagner klagte, daß die Briefträger noch immer überlastet seien, und daß vielfah höchst unbillige Anforderungen an sie von den vorgeseßten Behörden gestellt würden.

Der Bundeskonmissar, Direktor im Reihs-Postamt Dr. Fischer bestritt dies aufs Bestimmteste. Die Lage der Brief- träger sei durch entsprehende Vermehrung der Stellen erheblih erleichtert worden; früher hätten sie 30 km täglich im Durch- schnitt gehen müssen; jeßt nur 22 km.

Der Titel wurde bewilligt.

Hierauf vertagte sih das Mittwoch 1 Uhr.

Haus um 51/4 Uhr auf

Jm weiteren Verlauf der gestrigen (13.) Sißung des Hauses der Abgeordneten bemerkte bei der ersten Berathung des Gesetzentwurfs über die Ver- äußerung und hypothekarishe Belastung von Grundstücken im Geltungsbezirk des Rheinischen Rechts der Abg. von Eynern, der Gesetzentwurf in seiner vorliegenden Fassung genüge, um das zu erreihen, was für die Rheinlande nothwendig sei. Seine Partei bitte, das Zustandekommen des Geseßes niht durch große Aenderungen zu erschweren, sondern es so anzunehmen, wie es sei. Bedenken lasse dieselbe gern fallen.

Der Abg. Dr. Reichensperger (Olpe) sprah die Ansicht aus, daß noch das deutsche Sprüchwort Geltung habe: „Lieber spät als gar niht“, und wenn das Grundbuchreht auch erft jeßt in den Nheinlanden eingeführt würde, so werde das au jeßt noch Nutzen bringen. Jm Uebrigen sei auch er der An- iht, daß die Vorlage nihht der verstärkten Justizkommission, fondern einer Spezialkommission zur Vorberathung zu über- weisen sei.

Der Abg. Westerburg zog seinen Antrag auf Ueberwei- sung der Vorlage an die verstärkte Justizkommission zurück, worauf die Vorlage an eine besondere Kommission von vier- zehn Mitgliedern gewiesen wurde.

Es folgte der mündliche Bericht der Geshäftsordnungs- Kommission über die Frage, ob das Mandat des Abg. Dr. von Cuny durch die Ernennung desselben zum Mitgliede der Hauptverwaltung der Staatsschulden erloschen sei.

Der Abg. von Quast als Referent führte aus, die Ge- » schäftsordnungs-Kommission habe die Frage geprüft, ob durch diese Ernennung des Abg. Dr. von Cuny das Mandat des- selben erloschen sei, die Kommission sei jedoch zu der Ansicht gekommen, daß dies niht der Fall sei. Es stehe fest, daß mit diesem Ehrenamt ein Gehalt nicht verbunden sei, ebenso fei in der Urkunde zu feiner Ernennung gesagt, daß eine Rang- erhöhung damit nicht verbunden sei; die Kommission habe sih dahin erklärt, daß das Mandat des Abg. Dr. von Cuny nicht für erloschen zu erachten sei.

Das Haus trat dem Beschluß der Kommission bei.

Als Referent derselben Kommission berichtete der Abg. Rübsam über die Frage: ob das Mandat des Abg. Dr, Del- brüd durch dessen Ernennung zum außerordentlihen Pro- fessor ohne Gehalt erloshen sei. Die Verfassungsurkunde, so führte derselbe aus, schreibe nur in zwei Fällen den Verlust des Mandats vor. Erstens, wenn ein Abge- ordneter ein Staatsamt annehme, uud zweitens, wenn er als Beamter îin ein höheres Amt mit höherem Gehalt oder mit höherem Rang trete. Die Geschäfts- ordnungs-Kommission sei einstimmig der Ansicht gewesen, daß diese beiden Vorausseßungen bei dem Abg. Dr. Delbrück nicht vorlägen, und beantrage deshalb zu erklären, daß das Mandat des Abg. Dr. Delbrück durch feine Ernennung zum außer- ordentlichen Professor nicht erloschen sei. :

Das Haus beschloß auch hier im Sinne der Kommission.

Damit war die Tagesordnung erledigt.

"aud vertagte sih das Haus um 11/2 Uhr auf Mittwoch 11 Uhr.

. Verschiedene Bekanntmachungen.

] In der Börsen- beilage.

[65852] Steckbriefs-Erledigung.

Der diesseits unter dem 17. Oktober 1883 hinter den Schreiber Philipp Heinrich Carl Rehage, 27. März 1857 zu Berlin geboren, wegen Diebstahls in den Akten I. Il]. D, 466. 1883 erlassene Steckbrief

Staatsanwaltschaft bei dem Königlichen Landgerichte I.

Offenes Strafvollstreckungsersuchen.

Der Arbeiter Robert Wagner aus Branden- burg a. ÔH., ehelich daselbst am 30. September 1855 geboren, Erfaßtreservist T. Klasse, evangelis, dessen zeitiger Aufenthalt unbekannt, ist dur Urtheil der

Anzeiger. ? i J g +2 Inserate nehmen an: die Annoncen-Erpeditionen des

„Fuvalidendank“, Rudolf Mosse, Haasenstein

& Vogler, G. L. Daube & Co., E. Schlotte,

Büttner & Winter, sowie alle übrigen größeren Annoncen - Bureaux.

E)

Strafkammer bei dem Königlichen Amtsgerichte zu Brandenburg a. H. vom 11. Juli 1882 wegen vor- säßlicher körperliher Mißhandlung zu einer Ge- fängnißstrafe von einer Woche verurtheilt.

Es wird ersucht, den 2c. Wagner im Betretungs- falle zu verhaften und die gedachte Gefängnißstrafe an demselben vollstrecken und hierher zu den Unter- fuchungsafkten M. 2. 212. 82 Nachricht geben zu wollen.

Potsdam, den 2. Februar 1885.

Königliche Staatsanwaltschaft.

am

[65807] Die nachstehenden Reservisten und Landwehrmän- ner, früher zu Breslau :

1) der Müller Reinhold Michael, geboren am 1. Mai 1856 zu Maliers, Kreis Os,