sicht über dieselben entstandenen Kosien bei dem Arbeits- betriebsfonds — bei welchem die Arbeits1öhne sür die Ge- fangenen vereinnahmt werden —, in usgabe gestellt worden sind, Dieses Verfahren is, wie der Minister des ieru den Regierungs-Präsidenten 2c. durch Cir- kularerlaß vom 28. v. mittheilt, von der Ober- Rechnungskammer beanstandet worden, indem die gedachten Kosten zu den eigentlihen Baukosten gehören und demzufolge aus dem für den betreffenden Bau extraordinär bewilligten gens bestritten werden müssen. Demzufolge ist bei Auf- ellung der Anschläge zu extraordinären Bauten, bei welchen Arbeiten durch Gefangene vorkommen, darauf zu achten, daß dergleihen Kosten neben dem Arbeitslohn in den An- fchlägen mit in Ansaß gebracht werden.
— Die Direktion einer Versicherungsgesellshaft auf Gegenseitigkeit, bei welcher statutarish die Haupt- (General:) Versammlungen befugt sind, Beschlüsse zu fassen, welche alle Mitglieder der Gesellschaft verpflichten, und der Wirkungskreis der Direktion sih im Wesentlihen auf - die Verwaltung be- schränkt, ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, I. Civilsenats, vom 17. Dezember v. J., niht befugt zu dem Erlaß von Bestimmungen, welche eine Aenderung der Ver- siherungsbedingungen bezwedcken, selbst wenn die Ge- neralversammlung diese ihr allein zustehende Befugniß aus- drüdcklih auf die Direktion übertragen hat. Die von der Direktion unbefugt aufgestellten Bedingungen haben für die versicherten Mitglieder der Gesellschaft, selbst wenn sie die Mittheilung derselben ohne Widerspruch entgegennehmen, keinerlei rechtlihe Wirkung. „Selbstverständlih ist auch die
auptversammlung nicht ermächtigt, die ihr allein nah dem
tatut zustehenden Befugnisse auf die Hauptdirektion zu über- tragen. Hiernach konnte eine Aenderung der Bestimmungen des Statuts über vie Versiherungsbedingungen und über die Fälle der Verwirkung der Rehte der Versicherten aus der Versicherung nur durch einen Beschluß der Generalversamm- lung unter Bestätigung der zuständigen staatlichen Behörde erfolgen. Die von der Hauptdirektion auf Grund der ihr von der Hauptversammlung ertheilten Ermächtigung erlassenen „Bedingungen über den Gebrauch von Lokomobilen“ und die ih daran anschließenden Bestimmungen über die Folge der Verleßung dieser Bedingungen sind daher rechtsungültig und wirkungslos,“
— Der Königliche Gesandte von Thielau isi von dem ihm Allerhöhst bewilligten kurzen Urlaub nach Weimar zurückgekehrt und hat die Geshäfte der Gesandtschaft wieder Übernommen.
Lippe. Detmold, 11. Februar. (Hannov. C.) Das Amtsblatt veröffentliht in seincr neuesten Nummer den Landkassen-Etat pro 1885, wie - solher aus der Be- rathung des Landtages hervorgegangen ist. Derselbe ließt ab mit einer Einnahme von 935 345 #6 und einer Ausgabe von 974 858 M, so daß ein Defizit von 39513 # zu decken bleibt. Hiersür ift in erster Linie ein Ueberschuß aus der Landkassenrehnung vom Fahre 1883 im Betrage von 20 215 M vorhanden, während der Rest wohl aus dem be- deutenden Ueberschuß der Erbschaftssteuer pro 1884 gedeckt werden dürste, falls keine wesentlihe Herabminderung der Matrikularbeiträge eintritt.
Elsaß-Lothringen. Straßburg, 14. Februar. (Ldes. Ztg.) Jn der heutigen (13.) Plenarsißung des Landes- ausschusses wurde zunächst die Wahl eines sür den Staatsrath vorzuschlagenden Mitgliedes (an Stelle des Hrn. Nessel, dessen Mandat mit Ende dieses Monats abläuft) vor- genommen. Hr. Nessel wurde wiedergewählt und sprach der Versammlung seinen Dank aus.— Die Debätte über den 2. Gegen- stand der Tagesordnung, Etat der Tabacmanufaktur, wurde von dem Abg. Freiherrn Zorn von Bulah (Sohn) eröffnet. Derselbe führte aus, daß ihm die Rentabilität der Manufaktur eine geringe erscheine, und daß dieselbe auch für den Taback- bau des Landes in Folge zu kleiner Ankäuse niht Genügen- des leiste; man müsse sih deshalb fragen, ob man das Jn- stitut auch ferner behalten solle, und ob es für die Finanzen des Landes besscr wäre, ernstlich daran zu denken, dasselbe zu verpachten. Der Abg. Heush-Dudrap sprach die Ansicht aus, daß es niht zweckmäßig erscheine, an der Manufaktur immer von Neuem Kritik zu üben; habe sie auch nicht Alles gethan, was man gehofft, so habe sie doch recht Beträchtliches geleistet ; auch ihre Fabrikate fänden immer mehr Eingang ; ihre gegenwärtige Lage erscheine durchaus nicht ungünstig, zumal im Hinblick auf das Tabackmonopol, welches doch über kurz oder lang kommen würde. Der Unter-Staatssekrär Dr. von Mayr legte dem ersten Redner gegenüber dar, daß es nicht richtig wäre, die Rentabilität der allerleßten Zeit für si zu betrachten, sondern man müsse die Zeit der Betriebserweiterung und der Folge- jahre als ein Ganzes ansehen; es ergebe sih, daß die Manu- faktur für das Land noch immer ein ret gutes Geschäft sei. Was den Ankauf Elsässer Tabaclke anlange, so suche die Lei- tung der Manufaktur den kommerziellen Gesichtspunkt und die Berücksichtigung des einheimishen Tabackbaues zu ver- einigen; die Ankäufe auch der leßten Jahre seien durhaus niht unbedeutend. Um noch größere Ankäufe zu ermöglichen, wäre es nöthig, daß der Ruf des Jnstituts immer mehr und „mehr gehoben würde und ihre Fabrikate in immer weiteren Kreisen Eingang fänden ; diesem Ziel komme man aber dadurch niht näher, daß man fortwährend den Wunsch äußere, das Institut zu verkaufen oder zu verpahten. Nach einer kurzen weiteren Erörterung wurde der Uebershuß der Manufaktur, welcher 1885—86 an die Landes- Hauptkasse abzuliefern ist, im Betrage von 500 000 M genehmigt. — Die nächste Sißung ist auf Donnerstag, den 19. Februar, anberaumt.
Oesterreich-Ungarn. Wien, 14. Februar. (Wn. Abdp.) Im Abgeordnetenhause tagte heute der Spezial- aus\chuß für die Vorberathung der beiden Sozialisten- geseße. Der Berathung wohnten von Seiten der Regierung der Minister-Präfident Graf Taaffe und der Sektionschef
Frhr. von Kubin bei.
_ Pest, 14. Februar. (Wn. Abdp.) Heute waren beide Häuser des Reichtages versammelt. Das Oberhaus verhandelte über das Budget für 1885, das Abgeordn e- E sehte die Debatte über die Reform des Ober-
ausés fort. Der Justiz-Minister Pauler unterbreitete dem
bgeordnetenhause einen Geseßentwurf über die Anfechtbarkeit der im administrativen Wege von Militär- und Landes- vertheidigungsbehörden gefällten Entscheidungen in Entschädi- gungsangelegenheiten.
Großbritannien und Jrland. London, 16. Februar. (W. T. B.) Heute findet eine Kabinetsberathung statt. — Der Premier Gladstone rihtete an die ministerielle Partei im Unterhause ein Shreiben, in welchem es heißt, daß sofort nah dem Zusammentritt des Parlaments, am 19, d. M., Dinge von sehr großer Wichtigkeit dessen Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen würden.
Frankreich. Paris, 12. Februar. (Fr. Corr.) Jm heutigen Ministerrath wurde beschlossen, das Amendement, welches Hr. Peytral Namens der Marfeiller Abgeordneten zu der Getreidezoll-Vorlage eingebraht hat, und nah welchem Weizen, der zur Nudelfabrikation bestimmt ist, zollfrei bleiben soll, zu befürworten. Der Kriegs-Minister Lewal verharrte auf. dem Vorschlage, dem General Thibaudin wieder ein Armee-Corps zu geben. Der Marine-Minister bestätigte, daß der Admiral Courbet mit einem Theil seiner Flotte von Tam-Sui nach der O Gußtla ff gefahren ist, um einige chinesische Kriegsschiffe zu überraschen ; dieselben hatten jedoch rechtzeitig Kunde von dieser Absicht erhalten und sih in die durch Forts geshüßte Mündung des Yag-tes-Kiang hineingeflühtet. Die Jnsel Gußlaff, vor welche sich der Admiral Courbet mit einem Theil seines Geshwaders begeben hat, liegt etwa 90 km weit von der Südeinfahrt des Wusung entfernt. Diese Jnsel ist der Ausgangspunkt aller nah Shanghai fahrenden Schiffe; auf einem ihrer Hügel brennt ein 36 km weit sichtbares Leuchtfeuer. — Nach einer neuen, Shanghai, 12. Februar, 3 Uhr 35 Minuten Nachmittags, datirten Depesche haben : die französishen Schisfe Gußlaff verlassen und suchen die chinesische Flotte vor Schipu, südwestlich von Ningpo, auf.
— 13, Februar. (Köln. Ztg.) Mehrere hiesige Blätter wundern sih, daß General Brière de l’Fsle in seinen Depeschen vom Kriegsshauplay in Tongking nichts über die Brigade des Generals Négrier sagt; dies ist jedoch einfa dem Umstande zuzuschreiben, daß General Négrier sich shon seit längerer Zeit mit dem General Brière vereinigt hat und die Gesammitstreitkräfte gemeinsam unter den Befehlen des Ober-Generals des Expeditionscorps operiren. — Der Kam- merausschuß für dieListenabstimmung versammelte sich heute und verwarf den Antrag, welcher die Zahl der Deputirten nach der der eingeschriebenen Wähler und nicht nah der Be- völkerung bestimmen will. Der Ausschuß erklärte sih auch für die sofortige Berathung des neuen Wahlgeseßes, sprach sih aber mit Ausnahme von Spuller gegen jede Aufiösung vor der geseßlichen Frist aus. Einen endgültigen Entschluß faßte der Ausshuß noch nicht, da er vorher die Ansicht des Minister-Präsidenten vernehmen will. Der Ministerrath wird morgen über die Listenabstimmung berathen. Wie es in den amtlichen Kreisen heißt, ist die Regierung für die sofortige Lösung dieser Frage. — Die fortgeshrittenen Mitglieder des Senats haben unter dem Namen „äußerste Linke“ eine besondere und ges{lossene Gruppe gebildet. Dieselbe besteht bis jeßt aus den Senatoren Schölcher, Naquet, Dide, For- cioli, Laurent Pichat, Girault, Marcon, Claris und Georges Martin (Paris). Die Linke des Senats is in Folge dessen in fünf Gruppen : äußerste Linke, republikanishe Vereinigung (Gambettisten), republikanische Linke, linkes Centrum, abtrün- niges linkes Centrum (Simonisten) getheilt. Die Rechte ist in zwei Hauptgruppen gespalten : Royalisten und Bona- partisten.
— 14. Februar, (W. T. B,) Die Deputirten- kammer beendigte heute die Generaldiskussion der Geseßz- vorlage, betreffend die Erhöhung der Einfuhrzölle auf Getreide, und beshloß mit 364 gegen 136 Stimmen, in die Spezialdebatte einzutreten. Zunächst wurde mit der Be- rathung der Gegen-Entwürfe begonnen und die Diskussion sodann auf nächsten Donnerstag vertagt.
Das Zuchtpolizeigericht verurtheilte heute fieben von den Veranstaltern der Anarchisten-Versammlung am Montag zu je 3 Monaten und einen zu 6 Monaten Ge- fängniß.
— 15. Februar. (W. T. B.) Eine Depesche des Generals Brière de l’Jsle aus Langson, vom 13. d. M., 1 Uhr Nachmittags, meldet: Heute Mittag wurde auf der Citadelle von Langson die französishe Flagge gehißt. Der Fluß wurde überschritten. Die chinesi\sche Armee befindet sich seit der leßten Naht nah einem heißen Kampfe, welcher 8 Kilometer vor dem Orte stattfand, auf der Flucht. — Nach einer Meldung aus Shanghai, von heute Nachmittag 4 Uhr 25 Minuten, ist dort das Gerücht von einem Gefecht zwischen den französishen und chinesischen Schiffen in der Nähe von Sheipoo verbreitet. Üeber das Resultat verlautet noch Nichts.
Spanien. Madrid, 15. Februar. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer hat mit 241 gegen 65 eine Tages - ordnung angenomnen, in welcher der Regierung Ver- trauen ausgesprochen wird.
. Jtalien. Rom, 15. Februar. (W, T. B.) Wie
die „Agenzia Stefani“ meldet, hat der Minister des
Aeußern, Mancini, gegenüber der wiederholten münd- lihen Reklamation des türkishen Geschäftsträgers wegen der Beseßung von Massowah an die frühere spontane Erklärung JZtaliens in dieser Frage erinnert und hinzugefügt, daß die Besezung in Folge der in jenen Gegenden gestörten Ordnung erfolgt sei, und daß Jtalien von den Vorstellungen der Pforte zu Gunsten der Rechte des Sultans, die man nicht außer Acht zu lassen beabsichtige, Akt genommen habe. Der Minister spra gleichzeitig die Hoffnung aus, daß dieser Zwischenfall durch den Austausch von Erklärungen beider Mächte in befriedigender Weise ge- regelt werden könnte. Der Kardinal Chigi ist gestorben.
__ Die dritte Erpedition nah dem Rothen Meere
wird nah dem 22. d. M. in Neapel eingeschifft werden.
Nußland und Polen. St. Petersburg, 15. Februar. (W. L. B.) Die Gerüchte über einen Vormarsch der Russen auf Herat und die Absicht, Herat unter russisches Protektorat zu stellen, werden von bestunterrihteter Seite als durchaus unrichtig bezeichnet.
Afrika. Egypten. Kairo, 15, Februar. (W. T. B.) General Wolseley hat telegraphisch den ausführlichen Bericht eines Augenzeugen aus Khartum hierher ge- meldet. Nach demselben drangen die Aufständischen am 26. v. M. bei Tagesanbruch in Khartum ein; Gordoln wurde dur eine Salve der Aufständischen erschossen, als er sih nah dem österreichishen Konsulat begab. Der österreichische Konsul wurde in seiner Wohnung getödtet, der griechische Konsul wurde gefangen genommen.
Wie das „Reutersche Bureau“ aus Kairo vo 15, meldet, ist auf Wuns des Generals Wolseley Prinzen Hassan das Kommando über ein egyptisez Kavallerie-Corps für die Erpedition im Sudan angebote worden. Die bezüglichen Verhandlungen, welche seit gestern stattfanden, haben dazu geführt, daß Hassan das Kommando angenommen hat. Derselbe soll zuerst die Annahme davon abhängig gemacht haben, daß 4000 Türken eingestellt Würden Wie es heißt, würde Prinz Hassan den Titel General-Goy- verneur des Sudans führen. Von dieser Maßregel wird ein guter Eindruck auf die Bevölkerung des Sudans erwartet da dieselbe den Béweis liefern soll, daß England die Eroberun des Sudans nicht für si beabsichtige. 9 __ Wie das „Reutershe Bureau“ erfährt, wäre der Bau einer Eisenbahn von Suakin nach Berber von der englischen Regierung nunmehr endgültig bes{lossen, und würde mit den bezüglichen Arbeiten sofort begonnen werden.
Nah einer Depesche des „Temps“ aus Aden wären in Harrar Unruhen ausgebrochen, und hätten \ih die So- maiA E rettete Lub A E ¿At Die ort lebenden Ftaliener hätten sofort ihre Regierun Schuß ersucht. G Sti
_— (W. T. B.) Die „Times“ meldet aus Alexan: dria u. d. 15.: General Wolseley verläßt morgen Korti. — Prinz Hassan wird, entgegen der „Reuterschen“ Meldung, wonach derselbe das Kommando über ein egyptisches Kavallerie-Corps übernehmen sollte —, dem Stabe Lord Wol- seley's als Civil-Kommissar des Khedive beigegeben werden.
— (Allg. Corr.) Der Spezial - Korrespondent dez „Standard“ bei der Kolonne des Generals Bracken- bury, telegraphirt von der Dulka-Jnsel unterm 12. d,: General Bradckenbury ertheilte heute der Kavallerie, dem egyptischen Kameelcorps und einem halben Bataillon des Cornwall-Regiments den Befehl, drei Meilen vorzurücken und dort eine starke Stellung einzu- nehmen, bis der Rest der Kolonne nachfolgen werde, — General Earle, die Obersten Eyre und Coveny sowie die im gestrigen Gefecht gefallenen Soldaten wurden gestern * Abend beerdigt. Die Verwundeten befinden si wohl und werden in Zelten außerhalb der Zerebra gut ge- pflegt. Die Kolonne kampirt noch auf derselben Stelle, gegenüber der Dulka-Jnsel, welche gestern genommen wurde,
Zeitungsftimmen.
O „Neuen Preußischen Zeitung? Eisleben berichtet :
Auf die dem Reichskanzler Fürsten Bismarck anläßlich des be- kannten Reichstagsvotums vom 15. Dezember v. J. übermittelte Adresse aus den Mansfelder Kreisen hat der Geh. Bergrath Leuschner hier nachstehende Antwort erhalten :
„Berlin, 6. Februar 1885,
__ Die Adresse, welche Ew. Hochwohlgeboren mir zu übermitteln die Güte hatten, erfreut mich nit nur wegen der großen Zahl, sondern aub wegen des Gewichtes ihrer Unterschriften. Die Bewohner des Mansfelder Landes sind mit den Bedürfnissen unserer Industrie aus eigener Erfährung vertraut und ihre Zustimmung zu den Bestrebungen der verbündeten Regierungen zur Eröffnung neuer überseeischer Absaß- gebiete ist daher von besonderem Werthe. Ew. Hochwohlgeboren bitte ih ergebenst, den Betheiligten den Ausdruck meines verbind- lichen Dankes übermitteln zu wollen.
wird aus
von Bismarck.“
_ — Wie die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ mittheilt, haben 1038 Bauern des Kreises Erkelenz, 1200 An- gehörige des Oberamtsbezirks Hall (Württemberg) sowie der Oppelner Land- und Forstwirthschastlihe Verein an den Reichskanzler Eingaben gerichtet, in denen sie sih für Er- höhung der landwirthschaftlichen Zölle aussprechen. ;
Die Bauern aus Erkelenz schließen ihre Petition mit den Worten :
„Unsere höchst traurige Lage kann nicht länger verkannt werden und erfordert dringend Abhülfe, Ein weiteres manchesterliches Gehenlassen der Dinge würde zu einer unberechenbaren Desorgani- sation der Landwirth\chaft führen und ihr den Charakter als Nähr- und Wehrstand vollständig benehmen. Der in Folge dessen ent- stehende Pauperismus würde ein Proletariat erzeugen, von dem für Staat und Gesellschaft Alles zu befürchten wäre. Deshalb darf die dringende Abhülfe auf beiden Gebieten, dem der Zoll- wie Steuer- politik, nicht länger hinausgeshoben werden.“
— Der „National- Zeitung“ wird zur Dampsfer- Subventionsfrage von einem Hamburger Kaufmann geschrieben: „Nachstehender Fall dürfte Gegnern von Postdampfer-Subven- tionen klar machen, ein wie großer Vortheil es für uns deutsche Kauf- leute sein wird, wenn wir mit Gegenden, mit denen wir einen be- trächtlichen Handel treiben, eine direkte regelmäßige Dampferverbindung haben, damit wir niht gezwungen sind, uns der Verladung via Eng- land zu bedienen und nit länger sozusagen von den englischen Com- pagnien abhängig sind. L Schreiber dieses hatte vor 14 Tagen mittelst eines englischen Dampfers von London aus nach einem Plate Ostafrikas 15 Fässer deutshen und 15 Fäfser englischen Kupferdrahts zu verladen ; die rep. Fässer hatten beide den gleichen Kubikinhalt und gleiches Gewidt. Die Fässer deutsben Drahts, welche zuerst verladen wurden, nahm und berechnete die betreffende Compagnie per Ton Gewi!, die Fässer engliswen Drahts berecnete sie mir nach Maß. Letzteres stellte sich für mich erheblich ungünstiger, und da ih bei den 15 Fäfsern englishen Draths etwa d, Sterl. mehr an Fracht zu zahlen hatte, reklamirte ih bei der Compagnie. Selbe wies mich mit meinen Reklamationen kurz ab; ih wandte mich nun an den englishen Fabrikanten, dur den die 15 Fässer Draht bezogen hatte, und suchte die Diffe- renz durchþ seine Vermittelung zurück zu erlangen. Er schrieb mir, die Compagnie würde die Differenz vergüten, wenn beweisen könnte, daß die zuerst verladenen 15 Fässer deut- {en Ursprungs gewesen A der Fabrikant hatte natürli geltend gemacht, daß die billigere Frachtberechnung der deutschen Waare eine Benachtheiligung der englischen Provenienz sei und ledig- li hierdurh die Compagnie bewogen, für die 15 Fässer englischen Drahts eine glei billige Frachtrate zu bewilligen. — Daß ich troß meiner gere{chtfertigten Reklamation von der englischen dompagnie keinen Pfennig erhalten hätte, wenn das Ursprungsverhältni der Waare zusällig das umgekehrte gewesen wäre, liegt auf der and, Ich wollte nur, die Herren, welche so heftig gegen die Dampfer- subventionen opponiren, wären Kaufleute und hätten als solche häufiger Verladungen via England nah überseeishen Pläßen ¿u bewerkstelligen ; sie würden, glaube ih, die Sache mit etwas anderen Augen ansehen. JIch will Jhren Raum nicht weiter in Anspru nehmen mit der Aufzählung von Plackereien und Scherereten, L mir hierdurch \{chon erwachsen sind, in welhem Grade d Waaren beim Transitiren Seitens der Lightermen und in den Dos bestohlen werden, ist kaum glaublih. Interessiren Sie sid dafür, so will ih Ihnen gerne Le N mOgorre on enten über solche Fâlle vorlegen. Es wird ein nit zu untershäßzender Vortheil fein, wenn wir uns betreffs der Beförderung unserer Waaren nach un
s derselben von übersecishen Pläßen immer mehr von des find emanzipiren können; i denke, jeder Kaufmann, der in der Lage ifft, hierüber ein Urtheil zu haben, wird mir hierin beipflichten.“
— Aus München wird der „Deutschen Reihhs-Posstt“ über den Getreidezoll (srtedert: L
In Bayern ift das Getreide buchftäblich unverkäuflich; selbst zu reisen, welche kaum die Herstellungskoften decken, ift keine Nach- 0h nah bayerishem Getreide mehr. Unser Bauernstand konmt dadurh an den Rand des Verderbens. Wem nützen diese ‘vedrückten Getreidepreise ? Antwort: Aus\chließliG der inter- ? tionalen Spekulation und den Kornwucherern. Wenn die Getreidezölle um das Dreifache erhöht werden, so leidet darunter nit das billige Brot des armen Mannes; es werden nur der Speku- sation Zügel angelegt. Zudem ift billiges Brot nicht das Ideal der lat towirthschaft, sondern nur das Ideal der allgemeinen Sklaverei. Sobald si die Landwirthscaft niht mehr lohnt, fallen auch die Ghne der industriellen Arbeit, tritt ein Verfall der ganzen BNolkswirthschaft, ein Sinken des allgemeinen Wohlstandes in, Jett wie immer „nährt der Lanwirth Alle." — Dieser Bericht findet seine offizielle Bestätigung dur Mittheilungen des General- Sekretärs des landwirthschaftlihen Vereins für Bayern, Professor May, der über die Höhe der Getreideproduktionskosten auf Grund von Berechnungen aus versbiedenen Gegenden des König- reichs mittheilt, daß diese Kosten sich durhschnittliÞ wie folgt stellen: für 1 Ctr. Weizen auf 7,82 Æ, für 1 Ctr. Roggen auf 780 M, für 1 Ctr. Gerfte auf 545 Æ, für 1 Ctr. Hafer
6,09 6 G landwirthschaftlihen Vereins, die Thatsache konstatirt, daß die gegenwärtigen niederen Preise für Weizen und Roggen zum mindesten auf das Niveau der Produktionskosten gesunken sind, und daß in Er- mangelung erhöhter Getreidezölle namentlich die Weizen- und Roggen- produktion, statt entsprehenden Gewinns, erheblihen Verlust zur Folge haben muß.
ierau werde, bemerkt Professor May in der Zeitschrift
JFustiz-Ministerial-Blatt. Nr. 7. — Inhalt: Allge- meine Verfügung vom 3. Februar 1885, betreffend eine Uebersicht über die Zahl der Recbtsanwälte. — Allgemeine Verfügung vom 10. Februar 1885, betreffend die Revision der Gefangenarbeits- verdienstkafsen.
Neichstags - Angelegenheiten.
Dem Reichstage ift folgender Eniwurf eines Gesetzes, betreffend Aenderungen des Reihs-Militärgescßes vom 2. Mai 1874, vorgelegt worden: - \
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König
von Preußen 2c. i verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstages, was folgt: : ;
Der §. 30 des Reichs-Militärgeseßzes vom 2. Mai 1874 (Reichs- Geseßbl. S. 45) erhält unter Nr. 3a und b folgende Fassung:
) Die mit den ständigen Geschäften der Heeresergänzung be- trauten Behörden sind: : —
a, für den Aushebungsbezirk die Ersaßkommission, bestehend in der Regel aus dem Landwehr-Bezirks-Commandeur und aus einem PVerwaltungsbeamten des Bezirks, oder wo cin solher Beamter fehlt, einem besonders zu diesem Zweck bestellten bürgerlichen Mitgliede,
b, für den Infanterie-Brigadebezirk die Ober-Ersaßkommission, bestehend in der Regel aus dem íInfantexie-Brigade-Commandeur und aus einem höheren Verwaltungsbeamten.
Begründung. :
Die Bestimmung im §. 30 3a. und þ. des Reichs-Militärgeseßes vom 2. Mai 1874, na welcher das militärishe Mitglied der für den Aushebungs- bezw. Infanterie-Brigadebezirk mit den ständigen Geschäften der Heeresergänzung betrauten Behörden — Ersatz- bezw. Ober: Ersaßkommission — der Landwehr-Bezirke-Commandeur bezw. JInfanterie-Brigade-Commandeur sein soll, hat sih nicht durchweg durchführen lassen; es is vielmehr nothwendia gewesen und wird aub fernerhin nothwendig sein, in_ einzelnen Fällen an Stelle der vorbezeichneten Personen andere Offiziere regelmäßig mit den ständigen Geschäften der Heeresergänzung zu betrauen (vergl. auch Verhandlungen des Reichstages vom 12. Januar 1885, Stenographische Berichte S. 557). Für leßteres Verfahren soll dur die vorgesblagene Aen- derung die erforderliche geseßlihe Ermächtigung herbeigeführt werden.
Landtags- Angelegenheiten.
Am 23. d. M. tritt das Herrenhaus zu einer Sihung zu- sammen.
Statistische Nachrichten.
Als Separatabdruck aus Heft 1 und 2, XRR. Jahrgangs der Zeitschrift des Königlich säcbsihen Statistishen Bureaus erschien : „Die wirthschaftlihe Stellung des Königreichs Sachsen im Deutschen Reiche“, vom Regierungsassessor Dr. A. von Studnitz. Wir entnehmen diesem Bericht in Bezug auf die Be- völkerung zunächst folgende Daten:
Das Königreich Sachsen hat an Flächeninhalt etwa den 36. Theil desjenigen des Deutschen Reicbes, nämlich 2,77 Proz., an Bevölkerung 657 Proz. derjenigen des Deutswen Reiches, und zwar hat fi die Bevölkerung Sachsens \{hneller vermehrt als der Durchschnitt der Bevölkerung der übrigen deutshen Staaten, indem im Jahr 1871 die sähsishe Bevölkerung von der des deutschen Reiches nur 6,23 Proz. und im Jahre 1875 nur 6,46 Proz. auëmachte. Seit der vorleßten Volkszählung (vom 1. Dezember 1875) nahm die Bevölkerung des Königreichs Sachsen jährlich um 1,48 Proz, zu, während si diejenige Preußens nur um 1,16 Proz., diejenige Bayerns nur um 1,02 Proz., diejenige Württembergs nur um 0,93 Proz. und diejenige Badens nur um 082 Proz. rermehrte. Jn der Dichtigkeit der Bevölkerung wird Sachsen nur von Hamburg, Bremen und Lübeck überragt. Während in Sachsen auf 1 qkm 198,3 Personen wohnen, befinden sih im Deutschen Reiche auf der gleichen Fläche nur 83,7 Perjonen. Im gesammten Königreih Preußen kommen auf 1 qkm nur 78,3 Einwohner, im gesammten Königreih Bayern nur 69,7, so daß das Königreich Sachsen fast dreimal so dicht bevölkert ist als das König- reih Bayern. Auf die Orte von 2000 und mehr Einwohnern kommen im Durchschnitt des Deutschen Reiches 41,4 Proz. der Bevölkerung, im Königreih Sachsen 56,6 Proz. Im Königreich Preußen kommen auf die bezeichneten Orte nur 42,6 Proz., in Baden 38 Proz., in Württem- berg 35,3 Proz. und im Königreih Bayern nur 27,7 Proz. — Die
ahl der bewohnten Gebäude beeus am 1. Dezember 1880 im
eutschen Reiche 5 631 803, im Königreih Sachsen 378 737; auf 1 qkm fommen daber im Deutschen Reich 10,42 bewohnte Gebäude, im Königreid Sacsen 25,26. In Sachsen entfallen im Dur(scbnitt auf ein bewohntes Gebäude 7,85 Personen, während im Durchschnitt des Deutschen Reiches auf ein Gebäude 8,03 Personen kommen. Im Durchscbnitt des. Deutschen Reiches kommen auf 100 männliche Per- sonen 103,9 weibliche, im Königreich Sachsen 105,7. Was die Staats- angehörigkeit betrisft, so betrug die Zahl der am 1. Dezember 1880 im Königreich Sachsen anwesenden sächsischen Staatsangehörigen
2760 354, Angehörige anderer Bundesstaaten wurden 175 413 und
Reichsausländer 37038 gezählt. Von der Gesammtzahl der orts- anwesenden Personen waren 5,90 Proz. Angehörige anderer Bundes- staaten und 1,25 Proz. Reichsausländer. Die meisten Angehörigen anderer Bundesstaaten hatte Hamburg, nämlich 33,73 Proz., sodann
folgt Lübeck (29,95 Proz.), Bremén (23,51 Proz.), Anhalt (14,07
roz.) u. \ w. Bezüglih der Zabl der Reichsausländer fteht das
duigreich Sacsen mit an erster Stelle; es wird nur überragt von ae urg (2,39 Proz.), Elsaß Lothringen (2,16 Proz.), Lübeck (2,18
roz.) und Bremen (1,32 Proz.). Die geringste Anzahl von Reibs- ausländern zeigten Lippe und Waldeck, nämlich beide 0,08 Proz. Im Deutschen Reiche zählt man auf 100 ortsanwesende Personen 0,61 Reichsauëländer. Von den ortsanwesenden Personen des König- reis Sacbsen, deren Geburtsland innerhalb des Deutschen Reiches gelegen, kamen auf die Provinz Sachsen 80236, das ift 301,130 pro mille der gesammten außerhalb des Königreihs Sachsen Geborenen ; auf die Provinz Schlesien entfielen 40 534, das ist 152,126 pro mille. Ferner sind noch hervorzuheben Sacsen - Altenburg mit 18 074, das ist 67,833 pro mille, Provinz Brandenburg mit 12 958 (48,632 pro mille), Sachsen-Weimar mit 10013 (37,579 pro mille), Reuß jüng. Linie mit 9812 (36,825 pro mille), Bayern rechts des Rheins mit 9652 (36,224 pro mille). 2
_ Von den außerdeutshen Geburtsländern war Oesterreih am stärksten betbeiligt mit 31 170, das ift 116,983 pro wille, die nächft größten Antheile entfielen auf Rußland mit 2186, das ist 8,204 pro mille, die Schweiz mit 1211 (4,545 pro mille) und Großbritannien und Zrland mit 1120 (4,203 þro mwille). Sachsen ist mit wirth- \chaftlih thätigen Kräften etwas stärker gesegnet als der Durchschnitt des Deutschen Reich, indem nämlich im gesammten Deutschen Reiche von 1000 Perfonen 619 produktive gezählt wurden, während im Königreih Sachsen die entsprewende Zahl 621 beträgt. Dieselbe Zahl hat das Großherzogthum Baden, eine höhere Zahl Sachsen- Altenburg und Bremen (623), Sachsen-Weimar (625), Bayern aa Schaumburg-Lippe (629), Mecklenburg-Schwerin (630), Lübeck (633), Braunschweig (635), Elsaß - Lothkingen (637), Hamburg (661) und Medcklenburg-Strelii (663); geringer vertreten sind die produktiven Kräfte in folgenden Staaten: Sachsen - Coburg - Gotha (619), Schwarzburg - Sondershausen (616), Preußen und Oldenburg (615), Reuß jüng. Linie, Anhalt und Hessen (614), Reuß ält. Linie und Sachsen- Meiningen (612), Schwarzburg-Rudolstadt (611), Württemberg (608), Lippe (605) und Waldeck (596).
Die Zahl der Greise, welche auf 1000 Personen der Bevölkerung kommen, ist in Sachsen etwas kleiner als im Durchschnitt des Deutschen Reiches, indem sie in Sachsen 21, im Deutschen Reich 25 beträgt. In Folge des großen Kinderreihthums des Königreihs Sachsen ist da- gegen die Gruppe der Bevölkerung, welhe die Personen unter 15 Jahren umfaßt, an si etwas stärker vertreten als im Durschnitt des Deutschen Reichs, indem diese Gruppe in Sachsen 358, im Deutschen Reiche 356 beträgt. — Die Zahl der Eheschließungen war in den Jahren 1872—1882 im Königreih Sacbsen größer als im Durcbschnitt des Deutschen Reiches, indem nämlich in Sachsen auf 1000 der Be- ens jährlich 8,86 Eheschließungen, im Deutschen Reiche nur 8,13 amen.
Auf 1600 der Bevölkerung wurden im Königreih Sachsen in
„den 11 Jahren 1872—1882 42,60 geboren, während für das Deutsche
Reich die entsprechende Zahl eine erheblich niedrigere ist, nämlih nur 39,16. Nur ein einziger anderer Staat, Bayern, hat in der betr. Periode eine größere Fruchtbarkeit, indem hier auf 1000 der Be- völkerung 43,08 geboren wurdep. U
Im Durcbschnitt der 11 Jahre kamen im Königreih Sachsen auf 1000 der Bevölkerung 28,99, im Deutschen Reich 27,18 Sterbefälle. Uneheliche Geburten kamen im Königreih Sachsen jährlih im Durch- \chnitt der Jahre 1872—1882 16 297 vor, d. h. es entfielen auf 1000 der Bevölkerung nicht weniger als 5,48. Die Zahl der Todtgeburten im Königreih Sachsen ist ebenfalls stärker als im Durcbschnitt des Deutschen Reiches. Während hier auf 1000 der Bevölkerung 1,54 Todtgeburten gezählt wurden, beträgt die entsprehende Zahl für Sachsen 1,72. : /
Nach der Berufszählung vom 5. Juni 1882 waren im Deutschen Reiche von 100 ortsanwesenden Personen 38,99 Grwerböthätige, im Königreih Sachsen 41,15. Von 100 erwerböthätigen Personen entfallen im Deutschen Reiche auf die Landwirthschaft 46,06, auf die Bekleidungs- und Reinigungsgewerbe 7,57, auf die Gruppe, welche die Staats-, Gemeinde und Kirchenbeamten sowie die sog. freien Be- cufsarten umfaßt 585, auf das Baugewerbe 5,37. In Sachsen kommen Angesichts des mächtigen Vorwiegens der Industrie von 100 Erwerbstkbätigen nur 23 auf die Landwirthschaft, dagegen 58,39 auf die Industrie, und zwar 18,37 auf die Textilindustrie (im Deutschen Reiche nur 4,83), 9,71 auf die Industrie der Bekleidung und Rei- nigung, 7,41 auf das Baugewerbe, 5,80 auf das Handelsgewerbe, welches bei der mächtigen Entfaltung der Industrie nothwendig si mehr entwickeln mußte als in den Staaten mii vorwiegender Lands wirthschaft, und 5,43 auf die Gruppe, welche die Beamten und die freien Berufsarten umfaßt. Dann kommt die Industrie der Nah- rungs- und Genußmittel mit 4,20 Personen von 100 Grwerbs- thätigen, die Industrie der Holz- und Schnißstoffe mit 3,70, die Eisenverarbeitung mit 2,88, die Verfertigung von Maschinen, Werk- zeugen, Instrumenten und Apparaten mit 2,70, der Landverkehr mit 2,58, der Bergbau, das Hütten und das Salinenwesen mit 2,57, die úIndustrie der Steine und Erden mit 2,35, die Papier- und Leder- industrie mit 2,27 2c. Die am wenigsten vertretenen Gruppen find der Wasserverkehr mit 0,15, die Fischerei mit 0,02, die Torfgräberei und -Bereitung mit 0,01.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Der Verein für Hamburgische Geschichte versendet soeben den 7. Jahrgang, 1884, seiner „Mittheilungen“, welcen noch der bisherige ständige Sekretär des Vereins, jehige Archivar der Stadt Roftock, Dr. Karl Koppmann, im Auftrage des Vorstandes herausgegeben hat. (Hamburg, Verlag von W. Mauke Söhne). Den „Vereinsnachrichten*“ entnehmen wir, daß in der Generalversammlung vom Februar 1884 beshlossen wurde, im April des Berichtsjahres cine Ausstellung von Erinnerungen an die Kriegszeit von 1800 bis 1816 zu veranstalten, sowie daß si die Versammlung nah abge- haltener Berathung einstimmig für die Nothwendigkeit der Errich- tung eines Museums für Hamburgische Geschichte erklärte. Seit Fahren {on war es ein von den Freunden der Hamburgischen Ge- \hihte lebhaft gehegter Wunsh, die Sammlung Hamburgischer Alterthümer mit der Bibliothek und den Sammlungen des Vereins für Hamburgische Geschichte vereint zu sehen und für beide eigene, für die spätere Erweiterung ausreichende Räume zu erwerben. Im Herbst des Jahres 1883 gaben äußere Umstände den Anstoß zu noch lebhafterer Bewegung zu Gunsten des Unternehmens; denn es begann der Abbruch zahlreicher Gebäude in dem älteren Stadttheil Hamburgs zum Zwcck der großen Hafen- und Speicherbauten; die Behörden und die Kommission für die Sammlung Hamburgischer Alterthümer Jor dafür, daß aus der Abbruhsgegend Manches, was der Aufbewahrung werth fich zeigen würde, erhalten und für die Sammlung erworben werden konnte. Ferner waren Hr. Hans Speckter und Hr. Dr, Koppmann in (später veröffent- lihten) Vorträgen für die Sahe des Museums mit Wärme eingetreten. Dem einstimmigen Beschlusse folgte denn auch bereits 14 Tage später die Wahl eines Comités zur Ausführung desselben. Am 1. Juni veröffentlichten dann die Hamburger Zeitungen einen Aufruf an die Bürger, in welchem darauf hingewiesen wurde, wie der Zollans{luß und die Anforderungen des modernen Verkehrs8- lebens die iederlegung ganzer Stadttheile nöthig machten, die durch Alter und Eigenartigkeit bisher die Lebens- verhältnisse zur Anschauung gebraht haben, unter denen die Vorfahren den Boden für Hamburgs Welthandelsstellung bereiteten. Es sei daher Pflicht des lebenden Geschlehts, der Nachwelt Bau- theile, Bildwerke und Alles das zu überliefern, was von kultur- geshihtlichen Zeugnissen dazu beitragen könne, das Gesammtkehen der Poreltern in der Anschauung der Nachkommen [Es zu bewahren. Das Museum solle Alles enthalten, was dazu dienen könne, die eigen- thümlidbe Entwickelung des Hamburgishen Gemeinwesens von seinen Anfängen an zu veranschaulichen, nicht nur seine politische Ge- schichte, seine Theilnahme an den Geschicken des Deutschen Reichs und an den ruhmreihen Thaten der Hansa, sondern au seine rege Be- theiligung an dem geistigen Leben des deutshen Volks sowie Alles,
was das häusliche Leben der Altvordern, ihr Arbeiten ia der Werk- statt, im Kaufhause und auf den Schiffen vorführen, Alles endli, was die Sitten und Tracbten der Stadt- und Landbevölkerung -ver- gegenwärtigen könne. Es wurde sodann um die Förderung des Unternehmens durch Zuwendungen oder Zeichnung von Wochen- oder Jahresbeiträgen ersucht, zuglei aber au nm Ueberweisung jeder Art von Hamburgischen Alterthümern, Kunsft- und Gewerbserzeugnissen, Geräthen aller Art, Abbildungen, Sthrift- ftücken oder Drucksachen gebeten. — Die {hon erwähnte Ausstellung von Gegenständen aus der Franzosenzeit' war von Hrn. Landrichter Dr. Schrader angeregt worden. Dieselbe sollte jene Zeit {meren Drutes, tiefer Erniedrigung und endlicber mannhafter Erhebung în Wort und Bild veranschaulihen. Sie wurde am 9. April, dem Stiftungstage des Vereins, im Gewerbemuseum er- öffnet, zählte 1305 Nummern und erfreute sich bis zu ihrem Schluß, am 4. Mai, eines sehr regen Besuches (23 000 Personen). — Seit dem 1. Oktober 1884 if Hr. Dr. Karl Koppmann, wie {hon bemerkt, als Stadtarhivar nah Rostock über- gesiedelt und hat sein Amt als ständiger Sekretär des Vereins nieders- gelegt, jedo die Redaktion der „Mittheilungen“ noch bis Ende des Iahres von dort aus weitergeführt. Der Vorstand des Vereins spricht dem dur seine unermüdliche Thätigkeit für denselben hocver- dienten langjährigen Förderer und Mitarbeiter scinen Dank aus und macht zugleich die erfreuliche Mittheilung, daß der Scheidende die Zusicherung ertheilt bat, auch ferner für den Verein wirken zu wollen, — In dem Winterbalbjahr 1883/84 wurden an den Vereinsabenden folgende Vsrträge gehalten: Landrichter Dr. Schrader: Mittheilungen aus dem ältesten Rebnungsbuche der Kirche zu Billwärder an der Bille ; Architekt Marcand: Der Kanzelbaldacin in der St. Petrikirhe; Hr. E. H. Wich- mann: Die Schleswigschen Moorfunde; Dr. K. Koppmann: Der Verein für Hamburgische Geschichte nah scinen Aufgaben, seinen Leistungen und seinen Wünschen; Hr. Hans Speckter: Die Nothwendigkeit eines Mu- jeums für Hamburgische Geschichte; Dr. Caspar: Die Bedeutung ge- wisser Bossenwerke an älteren Fachwerkbauten in Hamburg und Um- gegend (insbesondere Hauswedel und Windmühle); Pastor Lieboldt: Bilder aus dem fkirclihen Leben Hamburgs im 17. Jahrhundert; Hr. E. H. Wichmann: Ergebuiß der am Adolféplaß und am Gebrhof aufgefundenen Mauer- und Pfahlrefte, sowie deren Bedeutung für die Ausdehnnng der kleinen Alster im 13, bis 15. Jahrhundert; Hr. E. Riedel: Die Schulkomödien in Hamburg; Dr. E. Rautenberg: Die Zeitstellung der vorhistorischen Funde in der Umgegend Hamburgs; Dr. K. Koppmaun : Die Leichen- Ss zu Hamburg im 18. Jahrhundert; Dr. Ad. Wohlwill: Marschall Davoust in Hamburg nach neueren Publikationen und handschriftlihen Quellen; Hr. R. Löwendei: Ausstellung und Besprechung der von. ihm gemalten Hamburgensien. — Aus dem vielfältigen Inhalt der „Mittheilungen“ seien nur dic nachstchenden Beiträge genannt: Hamburgische Medaillen vom Jahre 1883, vom Hauptmann C. F. Gädechens; Aus einem Hamburger Handlungsbuch von 1755, von E. Fröbel und Dr. K. Koppmann; Die Hamburger Kapelle in Amsterdam, von demselben; über den ab- gebrochenen, „Spenéhörn“ genannten Gang in Hamburg, vom Archivar Dr. O, Beneke; üker „Papagoyen- und Scheibenschießen* von C. Walther und J. Diermifsen; ein Beitrag zu den Münzwirren im 17. Jahrhundert, von E. L. Benjamin; über alte Ansichten von Hamburg, von Dr. A. Borcherdt und C. F. Gädechens ; über die Donnerbesen, Feuerwedel und ähnlihe mystische Zeichen, von Dr. Beneke, H. Olshausen und W. Nathansen; zur Kleidung der Ham- burger im Jahre 1652, von Dr. Koppmann; über das Amts- geräth der Huf- und Waffenshmied-Gesellen, von C. W. Lüders; über die Verbindung zwishen Elbe und Rhein durch Kanäle und Landstraßen na den Projekten Napoleons I., von Dr. Adolf Wohl- will; über Hamburgische Portugaleser-Stempel, von H. Sander; ehe- malige Gerichtsgebräuche in Bergedorf, von I. F. Voigt; über den Hamburger dramatishen Schriftsteller Dr. Georg Nicolaus Bärmann, von . A. Kropp; über die Glasfenster des Klosters Ribniß, von Fr. Crull in Wismar; über die Ausftellung von Gegenständen aus der Franzosenzeit, von C. W. Lüders; Mit- theilungen aus dem Protokoll der Zimmergesellen. von Dr. Kopp- mann; über den Amsterdamer Kupfersteher Peter Kaerius und die von ihm gestohene Ansicht der Stadt Hamburg, von W. Nathansen ; über einen Fürstlihen Landsiß der Herzoge von Holstein- Sonderburg - Franzhagen in Billwärder, von H Hübbe; über die Rolandsmühle bei Altona, von E. H. Wihmannz zur Ge- \cchichte des Johannisklosters, von Dr. Koppmann; Über cine Karrikatur auf Hamburg aus dem Jahre 1805, von W. Nathanfen ; über ein Walfish-Schulterblatt als Wirthshaus\{ild von Dr. S. Bolauz über den „Marsch der Nahtwächter“, von Dr. Th. Schrader ; Nachrichten Otto Sperlings über Leichenbegängnisse, von Dr. Beneke ; zur Hamburgishen Literaturgeshihte, von Dr. Koppmann; über F. Stöters Geschichte und Beschreibung des St. Nicolai- Kirchenbaues in Hamburg, von W. Sillem; über das Kranzhaus auf tem Schiffbauer-Brook, von I. F. Voigt; ferner genealogische Mitthei- lungen über Hamburger Familien, von Dr. F. Cropp, J. H. Siegeler, W. Sillem, C. Walther, u. v. A.
— Der Entwurf einer Bau-Polizei-Ordnung für den Stadtkreis Berlin ist in Carl Heymanns Verlag hierselbft in einer Separat-Ausgabe erschienen, die zum Preise von 50 H von jeder Buchhandlung wie auch von der Verlagshandlung zu beziehen ist. Dem in demselben Verlage ershienenen Werke: „Die Preußi- schen Baupolizeigeseße“ von Jaeschke, fortgeseßt vom Regie- rungs-Rath Seydel, wird dieser Entwurf gratis beigefügt.
— „Ein erster und ein leßter Ball“, diese liebenswür- dige, ecinfahe Geschichte von Hackländer, ist in neuem hecch- modernen Gewande, das ihr Schlittgens feiner, eleganter Stift über- geworfen hat, soeben im Verlage von Carl Krabbe in Stuttgart cr- schienen. (Preis 1 G) — Es sind die Freuden eines jungen Mäd- chens, welches den ersten Ball besucht, und der Kummer ihrer älteren Schwester, die vergeblich nah Tänzern ausschaut, die dem Dichter mit allen Balldetails den Stoff zu dieser gemüthvollen, ansprecenden, lebens8wahren und versöhnend s{ließenden Erzählung geliefert haben. Das Quartformat, welches dem kleinen Buche gegeben ift, hat es dem Zeichner ermöglicht, die Jllustrationen durch ihre Größe noch wirk- famer zu machen. A : —
— „Engelhorns allgemeine Romanbibliothek“ (Stutt- gart, J. Engelhorn) bringt in dem fo eben erschienenen 12. Bande unter dem Titel „Jhr Gatte“ die durch If. Kurz veranstaltete Ueberseßung des in Italien viel gelesenen Nomans von G. Verga „Il marito di Elena“. Auch dieser Roman ift, dem Grundsaß der Ver- lagshandlung gemäß, in dem einen Bande vollständig enthalten, so daß der Leser der Unannehmlichkeit des Wartens auf Fortseßung und Scébluß überhoben ist. Der Preis beträgt 50 s.
Land- und Forstwirthschaft.
Dem „Bericht des Ministers für Landwirthschaft, Domänen und Forsten, Dr. Lucius, an Se. Majestät den Kaiser und König über Preußens landwirthschaft- lihe Verwaltung in den Jahren 1881, 1882 und 1883“ (Verlag von Paul Parey in Berlin) entnehmen wir endlich Folgendes :
Das Jahr 1883. Die preußische i ift leider genöthigt, das Jahr 1883 zu den ungünstigsten Jahren zu re{chnen, welhe uns das leßte Jahrzehnt gebraht hat. Jn mancher Beziehung war es dem Jahre 1881 verwandt, doch mag sein Gesammtergebniß für die ganze Monarchie und für alle Zweige des landwirthschaftlihen Betriebes zusammengenommen, fast noch geringer anzuschlagen sein. i Witterungsabnormitäten aller Art hatten zur Folge, daß die Ernte der Hauptfrüchte sehr mittelmäßige Erträge lieferte. War schon die Erntemenge gering, so befriedigte die Beschaffenheit der Früchte noch weniger. Einzig die Kartoffeln machten insofern eine Ausnahme, als sie wenigstens in einigen Landestheilen reihe Erträge lieferten, wäh- rend das Gesammtergebniß der Kartoffelernte demjenigen des Jahres 1881 erheblih nachstand. Wenn im Jahre 1883 ein Futtermangel nicht hervortrat, so halfen dabei die reihen Vorräthe an Futtermit-