1885 / 49 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 26 Feb 1885 18:00:01 GMT) scan diff

sei. Das Haus habe die Pfliht, die Verwaltung zu fragen, ob auch die bewilligten Mittel sahgemäß verwendet seien. Von seiner Partei sei die ganze Frage mit Vorsicht aufge- faßt worden, und nun werfe man ihr vor, daß fie die Sittenrichterin habe spielen wollen. Er besireite die Gesezmäßigkeit der Beseßung, denn es widersprehe den preußischen Geseßen, ein öffentlihes Amt mit einem Manne zu beseßen, an dem ein Makel hafte. Er leugne niht die Verdienste der Persönlichkeit, aber nah seiner Auffassung hätte dieselbe nicht in die Stellung befördert werden dürfen.

Nach einigen weiteren Bemerkungen der Abgg. Dr. Graf und Hobrecht wurde die Debatte geschlossen.

In namentlicher Abstimmung wurde hierauf die Position mit 190 gegen 149 Stimmen angenommen.

Bei Sthluß des Blattes folgte die Berathung des Tit, 3.

Es geht uns die Trauerkunde zu, daß der seit dem Jahre 1873 am hiesigen Allerhöchsten Hofe beglaubigte König- lich sähsishe außerordentlihe Gesandte und bevollmächtigte Minister, Wirkliche Geheime Rath von Nostiz-Wallwiß am 24. d. M. in Erlangen verschieden ift.

Die Königliche Regierung betrauert den Heimgang des Herrn von Wallwitz, welcher sih die ftete Pflege freund- nachbarlicher Beziehungen zwischen den beiden Bundesstaaten hat angelegen sein lasjen.

. Jn Folge des Seitens des Staatssekretärs des Reil;s8- Justizamts im September v. J. erlassenen Konkurrenz- Ausschreibens, die Einreihung von Entwürfen für ein in Leipzig zu errihtendes Reichsgerichts- gebäude betreffend, sind dem Reichs-Justizamt 119. Ent- würfe zugegangen. Nach den Konkurrenz:-:Bedingungen werden dieselben zunächst von einer Jury zu prüfen sein. Diese Jury besteht aus tem Präsidenten des Reichsgerihts, Wirklichen Geheimen Rath Dr. Simson, als Vorsißenden, dem Dber- Reichsanwalt, Wirklichen Geheimen Rath Dr. Freiherrn von Seckendorff, dem Senats-Präsidenten bei dem Reichs- geriht Dr. Drechsler, dem Geheimen Ober-Justiz-Rath Dr. Starfe aus Berlin, dem Geheimen Ober-Regierungs- Rath Dr. Meyer aus Berlin und den in den Konkur- renz - Bedingungen bereits benannten sechs Architekten : Ober-Baudirektor Herrmann, Geheimer Baurath Endell, Professor Jacobsthal aus Berlin, Ober-Baurath Siebert aus München, Ober-Landbaumeister Canzler aus Dresden und Ober-Baurath Professor Dr, von Leins aus Stuttgart. Die Jury wird am 2. März d. J. in Leipzig zusammentreten. Nachdem die Jury ihre Arbeiten beendigt und über die Ver- theilung der Preise entschieden haben wird, werden die ein- gegangenen Entwürfe in Leipzig auf die Dauer von etwa einer Woche öffentlih ausgestellt werden. Die Eröffnung der Ausstellung wird vor dem 15. März voraussichtlich nicht er- folgen können; der Tag derselben wird seiner Zeit bekannt gemacht werden. Von einer öffentlihen Ausstellung zu Berlin hat wegen der damit verbundenen Weiterungen abgesehen werden müssen.

Nach einer Entscheidung des Reichsgerichts, I. Strafsenats, vom 4. Dezember v. J., sind Kartell- träger niemals als Gehülfen der Duellanten, sondern stets nur aus §. 203 des Strafgeseßbuchs mit Festun.gs3haft bis du 6 Malen zu bestrafen, mag das Duell stattgefunden haben oder nicht.

Der Chef der Admiralität, General-Lieutenant von Caprivi, hat si in diensilihen Angelegenheiten nah Wil- helmshaven begeben.

Der General-Lieutenant von Heuduck, Commandeur der Kavallerie: Division des XV, Armee-Corps, is} zur Abstat- tung perfönliher Meldungen hier angekommen.

Baden. Karlsruhe, 24, Februar. Die „Karlsruher Ztg.“ berichtet: Se. Königliche Hoheit der Erbgroßherzog verbrahte Sonntag, den 22, d.,, den größten Theil des Tages mit Sr. Großherzoglihen Hoheit dem Prinzen Ludwig Wilhelm, wie herkömmlih, bei Jhren Majestäten dem Kaiser und der Kaiserin in Berlin. Als der ‘Erb- oezoa Abends das Kaiserliche Palais verließ, um nach

ótsdam zurüc@zukehren, glitt er aus und fiel rüdcwärts auf den linken Ellbogen. Troß der s{merzhaften Empfin- dungen kehrte der Erbgroßherzog nach Potsdam zurück, wo ärztliche Hülfe eine starke Anshwellung des Ellbogengelenkes konstatirte. Am Montag war die Anshwellung so weit ver- mindert, daß eine genauere Untersuhung möglih war, bei welcher der Ober-Stabsarzt Friedel einen Bruch des Ellbogen-

ortsaßes, der Elle, erkannte und dementsprehende Behand- ung anordnete. Jhre Majestät die Kaiserin sandte sofort den Professor Dr. Küster, dirigirenden chirur- gischen Chefarzt im Augusta - Hospital, nach Potsdam, welcher den Erbgroßherzog untersuhte und mit Ober- Stabsarzt Friedel die weitere Behandlung vereinbarte. Es soll in einigen Tagen, wenn die Anshwellung und der damit in Verbindung stehende Bluterguß verringert sind, ein fester Verband angelegt werden, welher dem Erbgroßherzog freiere Körperbewegung ermögliht. Nach ärztlihem Ausspruch ist eine völlige Heilung ohne weitere üble Folgen in etwa drei Wochen zu erwarten, da das Gelenk unberührt blieb und der Bruch daher ein verhältnißmäßig einfaher zu nennen ist. Se. Majestät der Kaiser ließen Sih durch Ober- Stabsarzt Friedel persönli » über den M des Erh- großherzogs Bericht erstatten, und Se. Kaijerliche Hoheit der Kronprinz berief zu gleihem Zweck diesen Arzt in Sein Palais, Der Großherzog sandte gestern den Flügel- Adjutanten Major Müller nah Potsdam zur Verfügung des Erbgroßherzogs und erwartet in einigen Tagen persönlichen Bericht von demselben. Heute sind ganz befriedigende Nach- rihten über das Befinden des Erbgroßherzogs eingetroffen ; er hatte eine ruhige Nacht und fühlte nur wenig Schmerzen.

Hessen. Darmstadt, 25. Februar. (W. T. B.) «Jn der Zweiten Kammer erklärte heute der Staats- Minister Finger, daß die Frage wegen der Neu- beseßung des bishöflihen Stuhles in Mainz in ein anderes Stadium nicht getreten sei, da zunächst die Kurie die Hand zum Frieden bieten müsse.

Elsaß-Lothringen. Straßburg, 25. Februar. (Ldes.- Ztg.) Jn der gestrigen (16.) Plenarsitzung erledigte der tan desausschuß die Generaldebatte über den Landes- haushalts-Etat für 1885/86, in dritter Lesung. Die Diskussion wurde eröffnet von dem Abg. Heush, welher auf das Ge- rücht hinwies, daß ein Zoll auf Wolle eingeführt werden solle, wodur) die Wollindustrie shwer geschädigt werden würde. Der Abg. Massing brachte eine Reihe von Beschwerden vox

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über die große Belaftuung der Bürgermeister mit Ge- schäften, die ihnen eigentlih niht zukämen, wie die Lieferung statistishen Materials, die Kontrole über die Aichung der Schankgefäße u. a. m. Man dürfte nicht vergessen, daß die Bürgermeister in Elsaß-Lothringen nicht wie im übrigen Deutschland Beamte seien, sondern Männer, welche die Ge- schäfte des Bürgermeisters als Ehrenamt führen, Der Staatssekretär wies zunächst darauf hin, daß au im übrigen Deutschland die Mehrzahl der Bürgermeisier ein Ehrenamt bekleiden wie in Elsaß-Lothringen. Was die Beschwerden des Vorredners im Einzelnen angehe, so würden zunächst die statistishen Anforderungen überwiegend vom Reiche gestellt, do herrshe au hier die Tendenz, die Bürgermeister zu ent- lasten, und die Landesregierung werde stets in dieser Richtung wirken. Die anderweitigen Beschwerden beträfen Geschäfte, welhe den Bürgermeistern als Vorstehern der Orts- polizei oblägen ; hier würde eine wesentliche Entlastung nicht möglich sein, ohne den Bürgermeistern die Ortspolizei zu neh- men, was jedenfalls nicht im Jnteresse des Ansehens des Amts der Bürgermeister liegen und auch niht den Wünschen der leb- teren entsprehen würde. Der Abg. Grad erklärte, daß die Be- fürchtung eines Wollzolls unbegründet sei. Was die finanzielle Lage anlange, so sei es wünschenswerth, daß ein Theil der Zollerträg- nisse der Landwirthschaft direkt zu Gute käme; Meliorationen würden dem kleinen Bauer mehr helfen als die Zölle; die er- fceulihe Gestaltung der finanziellen Lage würde auch andere Ausgaben, wie die für ein Kunstgewerbe-Museum, für ein meteorologisches Jnstitut u. a. m. ermöglichen. Der Unter- Staatssekretär Dr. von Mayr wies ebenfalls die Befürchtung wegen Einführung von Wolzöllen als ungerectfertigt zurü. Die von Herrn Grad kundgegebenen Wünsche bezüglich weiterer Geldbewilligungen für wissenschastlihe und landwirthschaft- lihe Zwecke bewiesen am besten, daß die gelegenilih der ersten Lesung gegebene Darstellung der finanziellen Lage als eine befriedigende rihtig gewesen sei; durch die neuen Le werde die Situation noch sehr wesentlih günstig beein- ußt, und es sei die Möglichkeit eines besonders guten Ab- \hlus}ses des Betriebsergebnisses für 1885/86 gegeben; dann könne ein etwaiger Uebershuß speziell für landwirthschaftliche und andere Zwecke verwendet werden. Nach einigen kürzeren Bemerkungen gab der Abg. Dr. Raeis einer Reihe von Be- denken, insbesondere über die zukünftige Gestaltung der finan- ziellen Lage Ausdruck, welchen Ausführungen der Unter-Staats- sekretär Dr. von Mayr entgegentrat, indem er namentlich her- vorhob, daß die Steuerzahler unter deutsher Verwaltung sehr wesentli entlastet seien. Der Abg. Grad betonte noch einmal seine früheren Darlegungen und führte u. A. aus, daß die von dem Reichskanzler angebahnte Kolonialpolitik auch im speziellen Jnteresse Elsaß-Lothringens liege. Nach einer kurzen Bemerkung des Hrn. Abg. Dr. Raeis bemerkte der Abg. Frhr. add von Bulah, Sohn, daß ein Vergleich der finanziellen age vom Mai 1870 und Februar 1885 entschieden zu Un- gunsten der Gegenwart ausfalle; das sei freilich in ganz Europa der Fall, und wenn auch die Steuern im Großen nicht zugenommen haben, so seien sie doch drückender geworden, weil der Wohlstand abgenommen habe; die Hauptfrage für die Zukunft werde niht sein: wie jollen wir die Gelder verwenden, sondern wie können wir das Land, yamentlich die Landwirthschast und das Kleingewerbe éntlasten./ Der Unter-Staatssekrekär Dr.

von Mayr ging auf, die Ausführungen dês Vorredners näher

ein und hob namentlich hervor, daß die Entlastung der Steuer- zahler gegen früher eine unbestreitbare Thatsache sei, welche gegenüber einer Vershlehterung der wirthschastlihen Lage noch ganz besonders ins Gewicht falle. Die Generaldiskussion wurde darauf geschlossen und die Spezialdebatte über den Etat, dritte Lesung, auf Mittwoch Na@mittag vertagt.

HOesterrei{ch-Ungarn. Wien, 24. Februar. (W. T. B.) Das Herrenhaus hat den Handels- und Schiffahrts- vertrag mit Frankreich angenommen,

095. Februar. (W. T. B.) Jn der heutigen Sizung des Abgeordnetenhauses wurde der Antrag Richters, betreffend die Erhöhung der Getreidezölle, dem Aus- \{chuß für Volkswirthschast zugewiesen. Bei Begründung des Antrages spra sih Richter für ein wirthschaftlihes Bündniß Oesterreihs und Deutschlands aus. Jahn erklärte sih gegen eine folhe Zoll-Union und empfahl die Einführung ausgiebiger Retorsionszölle, Der Antrag Schönerers, den Ausschuß zu be- auftragen, binnen 14 Tagen ein Börsensteuergeseß vor- zulegen, wurde mit 161 gegen 131 Stimmen abgelehnt.

Pest, 24. Februar. (Wien. Ztg.) Der Justiz-Aus- \chuß des Abgeordnetenhauses acceptirte auch in der Spezialberathung den Geseßentwurf, betreffend die Aufhebung der Hauskommunion im ehemaligen Grenzgebiet.

Großbritannien und Frland. London, 24. Februar. (Allg. Corr.) Der Prinz und die Prinzessin von Wales werden sich Anfang April nach Frland begeben, um mehrere Theile der „grünen JFusel“ zu besuchen. Fn der Dubliner Burg wird das Thronfolgerpaar Empfänge und andere Festlichkeiten abhalten. Die „Ti me s“ bemerkt dazu: „Die politishe Bedeutung dieses Besuchs wird allgemein anerkannt werden, und es muß hinzugefügt werden, daß der Muth, der den Besuch in diesem Augenblick angeregt hat, wo Dynamit- explosionen, überseeishe Drohungen und der den Feinden der Königin ertheilte Beifall die vernehmbarsten Aeußerungen der Jrländer zu sein scheinen, ebenso allgemein gewürdigt werden wird.“

26. Februar. (W. T. B.) Ein Telegramm des „Reuterschen Bureaus“ aus Kapstadt, von gestern, meldet: der britijche Kommissar im Damaralande, Palgrave, habe mit den dortigen leitenden Häuptlingen eine Konferenz abgehalten, in welcher dieselben die en g! lische Herrschaft anzuerkennen erklärt hätten.

25. Februar, Abends. (W. T. B.) Die Prinzessin Ludwig von Battenberg ist zu Windsor von einer Prinessin entbunden worden. |

_— 26. Februar. (W. T. B.) Die Vermählung der Prinzessin Beatrice mit dem Prinzen Heinrich von Battenberg findet, wie nunmehr endgültig bestimmt ist, während des Aufenthalts der Königin in Osborne im Juli in Whippingham auf der JFnsel Wight statt.

Der frühere englishe Geschäftsträger in Konstantinopel, Wyndham, ist zum englischen Gesandten in Belgrad ernannt worden.

Frankreich. Paris, 25. Februar. (W, T. B.) Die Deputirtenkammer nahm heute mit 316 gegen 175 Stim-

men den Zuschlagszoll auf Getreibe an. Der Getreide- Jmportzoll beträgt sonach im Ganzen 3 Francs. Der Ein- gangszou für außerhalb Europas produzirtes, aus europäischen Entrepots importirtes Getreide 1ist mit 6 Fr. 60 Cts. ange- nommen worden. Morgen wird über den Zoll auf Mehl berathen werden.

Die Regierung hat neuerdings wieder Dam pfer zum D LaT Im! von Kohlen und Proviant nah Tongking gemiethet.

Als der Handels-Minister Nouvier heute aus der Sißung der Deputirtenkammer kam, gab ihm ein Jn- dividuum zwei heftige Fa ustschläge. Der Minister brachte den Angreifer zu Fall. Derselbe ist ein entfernter Verwandter des Ministers und verfolgte diesen seit längerer Zeit mit Ge- suhen um Anstellung und Geld. Er wurde verhaftet.

Der Munizipalrath von Paris nahm heute mit 52 gegen 2 Stimmen einen Antrag an, in welchem die Kolonialpolitik der Regierung getadelt wird.

Nach einem Telegramm der „Agence Havas“ aus Shanghai, von heute, ging daselbst das Gerücht, daß Admiral Courbet die Fnsel Putu, im Osten von Chusan, beseßt habe und sodann nah Formosa zurücckgekehrt sei.

Ftalien. Rom, 25, Februar. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer nahm heute den ersten Artikel des Gesetzentwurfs, betreffend die Genehmigung des Vertrages über den Betrieb des Mittelmeer-Bahnneßes, an und begann die Berathung des Vertrages mit der Gesellschaft für den Betrieb des Adriatishen Bahnneßtes.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 26. Februar. (W. T. B.) General Fürst Dondukoff-Korsfakoff, Gouverneur des Kaukasus, hat die Genehmigung nachgesucht, eine wissenschaftlihe Expedition nah dem russi- hen Turkmenengebiet und den daran grenzenden Theilen der persishen Provinz Chorassan entsenden zu dürfen.

Amerika. New-York, 26. Februar. (W. T. B.) Jn einem soeben veröffentlihten Schreiben Clevelands wird die Einstellung der Silberprägung empfohlen, da eine fortgeseßte Ausprägung von Silber eine finanzielle Krisis herbeiführen dürfte.

Afrika. Egypten. Kairo, 25. Februar. (W. T. B.) Die Abtheilung des Generals Bracckenbury ist am 21. d. etwa 40 Meilen von Abuhamed eingetroffen und hat die Stelle passirt, an welcher Oberst Stewart ermordet worden war. Daselbst wurden Visitenkarten des Obersten Stewart und verschiedene Papiere der Konsuln Herbin und Power gefunden. General Brackenbury ließ das Besißthum des Hauptanstifters des Mordes zerstören. 9

Korti, 23. Februar. (Allg. Corr.) Eine Depesche Sir Evelin Woods, datirt aus Gakdul, meldet, daß Alles dort ruhig ist. Die Rebellen bei Abu Klea sind augenschein- lih nit geneigt, ihre neulihen Angriffe auf die - britischen Truppen zu wiederholen, da sie niht wagen, Angesichts des beherrschenden befestigten Postens, welcher von General Buller errichtet wurde und von einer Abtheilung des Königlich iri- schen Regiments vertheidigt wird, vorzurücen. Die Depesche fügt- hinzu, daß sieben der Leute des Mahdi, die früher zu der Armee Hicks Paschas ‘gehörten, sich ergeben haben. Sie sagen aus, daß der Mahdi aufgebrochen war, um den Nil Unte gus Metammeh zu marschiren, jedoch hierauf wieder umkehrte.

Zeitungsfstimmen,

Dem Reichskanzler sind, wie die „Norddeutsche All- gemeine Zeitung“ mittheilt, nachstehende Telegramme zu- gegangen : i

Aus Neustettin:

„Der heute hier versammelte landwirthschaftlihe Verein ift ein- müthig in dem Gefühle aufrichtiger Dankbarkeit für die von Ew. Durchlaucht der ‘Landwirthschaft geleisteten Dienste, und bittet Ero. Durchlaucht, auch fernerhin den landwirthschaftlichen Interefsen Ihren starken Arm leihen zu wollen.“

Aus Osterrode (Ostpr.):

„Der heute versammelte Osteroder landwirthschaftliche Verein sagt Ew. Durchlaucht warmen Dank für die Wahtung der Intereffen der Landwirthschaft und für die dabei im Reichstage aus den Herzen der großen Mehrheit des Deutschen Volkes gesprochenen mannhaften, überzeugenden und denkwürdigen Worte.“

Wie die „Rheinish-Westfälishe Zeitung“ berihtet, hat die XIV, ordentlihe Generalversammlung des „Vereins zur Wahrung der gemeinsamen wirthschaftlichen Fnter- essen in Rheinland und Westfalen“ in Düsseldorf am 24. d. M. folgende Resolutionen angenommen :

„1) Der Verein erkennt an, daß das Streben, überseeishe Ge- biete als Kolonien unter deutschen Schutz zu stellen und der deutschen Civilisation zugänglih zu machen, für die deutsche Produktion ver- mehrten Absatz und mittelbar wie unmittelbar für die Arbeitskräfte des Volkes Beschäftigung und Erwerb {afen wird. Dieses Streben ist daher in hohem Maße geeignet, den Interessen des Vaterlandes und der Nation in ihrer Gesammtheit zu dienen.

2) Der Verein spricht sich demgemäß freudig und mit voller Ueberzeugung dahin aus, daß die verbündeten Regierungen durch ihr Vorgehen in der bezeichneten Richtung, daß namentlih der Reichs- kanzler Fürst Bismark durch die Thatkraft und Umsicht, mit welcher er die deutshe Kolonialpolitik eingeleitet hat und weiter verfolgt, fi ein erneutes Anrecht auf die volle Dankbarkeit der Nation er- worben haben.

3) Der Verein erkennt ferner an, daß direkte deutsche Dampfer- verbindungen mit überseeishen Ländern höchst geeignet find, das An- sehen des Deutschen Reiches und seiner Angehörigen in fernen Welt- theilen zu heben und den Güterauêtausch mit denselben im Interesse der deutschen Produktion zu fördern. Der Verein erachtet daher die: Verwendung von Reichsgeldern zu der erforderlichen Subventionirung \folher Dampferverbindungen als eine durchaus im wohlverstandenen Interesse der Nation liegende Maßregel. /

4) Demgemäß sicht sich der Verein, gestüßt auf die feinen Mit» liedern innewohnende umfassende Kenntniß und Erfahrung in der Produktion und im Welthandel, veranlaßt zu erklären, daß die Be hinderung der Kolonialpolilik und die Ablehnung der SubventionirunF deutsher Dampferlinien, bezw. die Vershleppung dieser Fragen det Interessen der Nation zuwider sein würde.“

Jn einem Artikel, der das nationale Juteresse an der Erhaltung und Förderung der deutschen landwirthschaftlichen Produktion warm betont, zieht der „Badische Beobachter“ aus der Generaldebatte über die Abänderung des Zolltacifs U. A. folgende Shlüsse :

Eines tritt uns vollkommen sicher entgegen eine große Ma- jorität, und zwar eine Majorität, welck&e -auch die Mehrheit des Volkes hinter sich hat. Denn darüber ift ein begründeter Zweifel.

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nit mögli, troßdem er merkwürdigerroekse wiederholt in der De- batte fih geltend mate, daß bei den Wahlen die Kornzölle etnen maßgebenden Gesibtepunkt abgegeben haben. Nur muß man zwar die Mehrheit nit immer für allweise anschen, aber fügen muß man fich ihr, wenigstens wenn man son für Mehr- heit8entscheid eingenommen ist; c8 bleibi ja den Zollgegnern vollständig frei geftellt, eine entgegengesezte Agitation in Scene zu seyen und zu fehen, was dabei herauskommt Das wichtigste Interesse für alle ist gewiß die Erhaltung des Staates selbst, die Gesundheit des nationalen Ganzen und diese kann nur durch Ausgleicbung der verschiedenén Ansprüche erhalten werden, während fie nothleidet, wenn irgend ein wichtiger Berufs- oder Be- triebszweig ins Stocken kommt. Ein Staat von der geographiscen Lage und politischen Geshlossenheit des Deuts&en Reichs darf fich nie der Gefahr auésetzen, mit einem wesentliben Theil seiner Ernäh- rung auf das Ausland oder gar überseeis{e Bezüge angewiesen zu sein. Dieser politishe Gesichtspunkt ist besonders zu beachten, wenn es sich darum handelt, die Leistungsfähigkeit unserer Landwirthschaft gesund zu erhalten. Die extrem freihändlerischen Theoretiker urtheilen, als ob das Reich des cwigen Friedens und einer internationalen Brüderlickkeit {hon angebrochen wäre, obgleih wir davon noch bhimmelweit entfernt find. Das beachtenswertheste von allen Konsumgebieten ist jedenfalls das heimisce, fowohl quantitativ als qualitativ, und auch dieser Ge- sihtépunkt ift bei aller Förderung des Exports im Auge zu behalten. Mit den übertriebenen Behauptungen und Propbezeiungen, welche von beiden Parteien ins Feld geführt wurden, wird nicts erreicht, als daß die Gegensäße verbittert und der Glaube an die Zuverlässigkeit der theoretish-praktischen Untersuchungen erschüttert wird, Man laffe fi also von keiner Seite ins Bocckshorn jagen, sondern sehe mit Ge- lassenheit und kühlem Blute der Zukunft entgegen, und dem, was sie an Erfahrungen uns bringen wird. Neue Erfahrungen mögen neue Erwägungen und neue Unternehmunger zeitigen!

Statistische Nachrichten.

Das kürzli ausgegebene erste Vierteljahrsheft für 1885 der „Zeitschrift für Bauwesen“ bringt die Fortsetzung der „Statistischen Nachweisungen, betreffend die in den Jahren 1871 bis einschcbließlich 1880 vollendeten und abgerechneten preußischen Staatsbauten“, welhe im Auftrage des Ministers der öffentlichen Arbeiten von den Herren Geh. Baurath Endell und Reg.-Baumeister Wiethoff aufgestellt worden ist. Der jeyt folgende 16. Abschnitt dieser Statistik betrifft die Domänenbauten. Von solhen wurden in dem angegebenen Jahrzehnt die meisten aufgeführt im Reaterungsbezirk Breslou, nämlich 18, mit einem Kostenauswande von 377587 M; dann folgen die Regierungsbezirke Potsdam mit 12, Gumbinnen mit 11, Stettin mit 10 Bauten, ferner die Regierungs- bezirke bezw. Landdrosteien: Frankfurt a. O. und Magdeburg mit je 9, Posen und Oppeln mit je 8, Bromberg und Hildesheim mit je 7, Danzig und Marienwerder mit je 5, Hannover mit 3, Königs- berg, Liegniß und Merseburg mit je 2 Bauten und endlich Cöslin, Stralsund, Lüneburg und Caffel mit je 1 Bau. Im Ganzen erforderte diese Kategorie von Bauten einen Aufwand von 1 979784 A4, gegen 1997 140 M nach dem Kostenanscblage. i

Eine Uebersicht über die Zahl der bei dem Landheer und bei der Marine in dem Ersaßjahr 1883/84 eingestellten preußischen Mannschaften mit Bezug auf ihre Schulbildung (Centralblatt pro 1883 Nr. 135) giebt folgende Daten: In der Provinz Ostpreußen belief sich die Zakl der eingestelten Mann- {haften mit Schulbildung in der deutshen Sprache auf 6421, mit Schulbildung nur in der nicht deutshen Muttersprahe 365, zusam- men 6786, derjenigen ohne Schulbildung auf 481, überhaupt auf 7267, in Prozenten berechnet: ohne Schulbildung überhaupt 6,6. Die Zahl der bei dem Landheer und in der Marine eingestelten Mann- schaften in Westpreußen, welhe Scbulbildurg in der deutschen Sprache besaßen, betrug 4467, derjenigen mit Schulbildung nur in der nicht- deutshen Muttersprahe 382, zusammen 4849, ohne Schul- bildung 388, üÜberhauvyt 5237; ohne Sculbildurg also 7,4 9/0. In der Provinz Brandenburg betrug die Zahl der bei dem Landheer und der Marine eingestellten Mannschaften mit Schul- bildung in der deutschen Sprache 9640, solher mit Schulbildung nur in der niht-deutschen Muttersprache gab cs keine, ohne Schulbildung waren 13, überhaupt also 9653. In Prozenten ausgedrüdt, gab es also 0,13 ohne Schulbildung. In der Provinz Pommern betrug die Zahl der beim Landheer und der Marine eingestellten Mann- \haften, welche Schulbildung in der deutshen Sprache besaßen, 5520, derjenigen mit Schulbildung nur in der nicht deutshen Sprache 10, zusammen 5530, ohne Schulbildung 22, überhaupt 5552, in Pro- zenten also 0,4 ohne Schulbildung. In der Provinz Posen betrug die Zahl der eingestellten Mannschaften mit Schulbildung in der deutschen Sprache 3995, der mit Schulbildung nur in der nicht deutschen Muttersprache 2056, zusammen 6051, ohne Schulbildung 594, überhaupt 6645, also 8,9 %/ ohne Schulbildung. In der Provinz Sglesien betrug die Zahl der eingestellten Mannschaften mit Schul- bildung in der deutshen Sprache 11 892, die der Leute mit Schul- bildung nur in der nihtdeutshen Muttersprache 1989, zusammen 13 881, ohne Schulbildung 248, überhaupt 14 129, ohne Schulbildung also 1,76 9/6. In der Provinz Sachsen betrug die Zahl der ein- gestellten Mannschaften bei Landheer und Marine mit Schulbildung in der deutshen Sprache 7327, derjenigen mit Schulbildung nur in der nicht deutshen Muttersprache 5, zusammen 7332, ohne Schul- bildung 13, überhaupt 7345, wovon 0,18 °/o ohne Shulbildung. Sn der Provinz Shlesmig - Holstein betrug die Zahl der bei Landheer und Marine eingestellten Mannschaften mit Schul- bildung in der deutshen Sprache 3520, diejenige der Mann- haften mit Schulbildung nur in der nicht deutshen Mutter- adi d 35, zusammen 3555, ohne Schulbildung 4, überhaupt 3559, in Prozenten also 0,11 ohne Schulbildung. In der Provinz Hannover betrug die Zahl der eingestellten Mannschaften mit Schul- bildung in der deutshen Sprache 8667, mit Schulbildung nur in der nicht deutshen Muttersprache keine, ohne Schulbildung 9, überhaupt 6876, ohne Schulbildung also 0,13 %/%. In der Provinz Westfalen betrug die Zahl der bei Landheer und Marine eingestellten Mann- {chaften mit Schulbildung in der deutschen Sprache 5202, mit Schul- bildung nur in der nit deutshen Sprache 7, zusammen 5209, obne Schulbildung 10, überhaupt 5219, ohne Schulbildung 0,19 %0. In der Provinz Hessen-Nassau betrug die Zahl der mit Schulbildung in der deutschen Sprache eingestellten Mannschaften 5097, mit Schul- bildung nur in der nit deutschen Muttersprache 4, zusammen 5101, ohne Schulbildung 15, überhaupt 5116, also ohne Schulbildung 0,29 9/4. In der Rheinprovinz betrug die Zahl der mit Scbulbildung in der deutshen Sprache eingestellten Mannschaften 13 011, mit Schulbildung nur in der nicht deutschen Muttersprache 34, zusammen 13 945, ohne Schulbildung 30, überhaupt 13 075, ohne Schul- bildung 0,23%. In Hohenzollern betrug die Zahl der Mannschaften mit Schulbildung in der deutshen Spracbe 246, mit Schulbildung nur in der nit deutshen Sprache gab es keine, ohne Schulbildung ebenfalls keine, daher 0,0 9/0. In der gesammten Monarchie betrug demnach die Zahl der im Etatsjahre 1883/84 bei Landheer und Marine eingestellten Mannschaften mit Schulbildung in der deutschen Sprache 83 205, derjenigen mit Schulbildung nur în der u ‘deutshen Sprache 4887, zusammen 88092, derjenigen ohne Schul- bildung 1827, überhaupt 89 919, ohne Schulbildung also 2,03 %%o.

Zu der wirth\{chaftlihenStellung des Königreichs Sachsen im Deutschen Rei (Separatabdruck aus Heft T u. Il des XXX. Jahrganges der Zeitscbrift des Königl. Sächs. Statistischen Bureaus) sei betreffs des Schisfssbaues und der Binnenschiffahrt be- merkt, daß nach der Berufszählung vom 5. Juni 1882 im Deutschen Reiche 20 039 Erwerbsthätige beschäftigt waren, woran das König- reid Sachsen mit 462 Erwerbsthätigen, d. |. 2,31% der Gesammt- summe betheiligt war. Am Binnenschiffahrtsgewerbe betheiligten fi im ganzen Reiche 47 678 werkthätige Persor.en, woran sich Sawsen mit 3,25 9/6 betheiligte. Von den am 31, Dezember 1877 im Deute

hen Reih heimatkbere{tigten 17653 Schiffen waren 439 (d. |. 2,49 °%%) in Satbsen heimathberechtigt. An der gesammten Lrag- fähigkeit von 1 377222 t ift Sachsen mit 73 983,9, d. i. mié- 5,37% betheiligt. An der Salzproduktion is das Königreih SaWser nicht betheiligt. Das in den Jahren von 1872—82/83 in den Verbrau des Köntgreibs Sachsens übergegangene Salz matte eine Quantität von 360 733 Ctr. aus. Auch auf dem Gebiete der Zuckerinduftrie nimmt Sachsen eine sehr bescheidene Stellung ein. Im Jahre 1882/83 waren in Betrieb 58 Zucerraffinecien, welhe 2969 752 kg Rohzucker verarbeiteten. Auch der Tabackbau ift im Königreich Sachsen äußerst gering vertreten, Die Zahl der Tabackpflanzer belief sih im Erntejahr 1882/83 nur auf 135, der Fläcbeninhalt der mit Tabak bepflanzten Grundstücke auf 2 ha, der Mittelpreis in getrockneten Tabadckblättern pro Tonne einf{hließlich Steuer betrug 703 #Æ# Die Bruttoeinnahme der Branntweinsteuer für Sachsen im Etatsjahr 1882/83 belief fich an Steuerbetrag überhaupt auf 3 340386 A, für das Reich auf 58 824959 46 An Bierbrauercien zählte man zum Stluß des Etatsjahres 1882/83 im Reichs-Steuergebiet 11 863 Braue- reien; von densclben waren im Laufe des Jahres 10921, d, i. 92,06 °/g in Betrieb. Im Königreich Preußen waren von 8875 in Betrieb 8034, d. i. 90,529, im Königreih Sachsen waren von 754 in Be- trieb 739, d. i. 97,48%. Die Bierproduktion und Brausteuer im Reichs-Steuergebiet und im Königreih Sachsen wird durch folgende

Tabelle vachgewiesen: Prozentaler Antheil des Königs reihs Sachsen

an der an dem

Bier- Bruttoertrag produktion der Brausteuer

des Reichsfteuergebietes. En N 7,76 4,33 7 B E 8,13 4,42 I A 8,35 4,83 r A 8,31 4,85 O N A Jo 4,78 1877/78 . 4,53 1878/79 . 4,42 1879/80 4,22 1880/81 2,52 1881/82 . 3,29 1882/83 . 3,36

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

„Pandekten“ von Heinrich Dernburg, ordentlihem Professor des Rechts an der Universität Berlin. T1, Band. 4. Liefe- rung. Verlag von H. W. Müller in Berlin. Mit den bisher erschienenen 4 Lieferungen is der allgemeine Theil und die Lehre vom Besiy abgeschlossen. Die zum Abschluß des erften Bandes den allgemeinen Theil und die dinglihen Rechte umfassend noch fehlenden drei Lieferungen stellt der Verfasser, welher durch Ueber- nahme dés Rektorats an der s{nelleren Vollendung behindert war, im Laufe dieses Jahres in bestimmte Aussicht.

Von dem seiner Zeiï mit großem Beifall aufgenommenen Werk von La Mara: „Musikalische Studienköpfe“ (Hein- rich Schmidt und Carl Günther in Leipzig), ist wiederum eine neue Auflage nöthig geworden und zwar die sechste verbesserte, mit den Porträts der betreffenden Komponisten in Lichtdruck. Der vorliegende erste Band enthält die Lebensbilder der Romantiker der Musik: von Weber, Scubert, Mendelssohn, Schumann, Chopin, Liszt, Wagner. Der große Vorzug der Studienköpfe von La Mara ist der, daß sie keine leiht hingeworfenen Erzeugnisse des literarishen LTagesmarktes sind, sondern Bilder, in deren Ausmalung sih die Verfasserin mit Ernst und Lebe, mit völliger Hingabe an die Auf- gabe vertieft hat. Es sind feine harmlosen, ästhetisirenden oder \chönrednerischen Plaudereien, keine biographischen Novelletten, die das Wesen vom Erdichteten {wer unterscheiden lassen; sondern es find wirklihe, auf guten Studien beruhende Porträts. Die „Studienköpfe“ sind ein wahrer Schatz für jeden Müusikliebhaber und ein {önes Familienbuch. Eine ganz besonders dankenswerthe Zus gabe bilden die vollständigen Verzeichnisse der Werke der Komponisten, welche jedem Lebensbilde am Schluß beigefügt sind. Der Preis ist im Verhältniß zum Inhalt und der geschmackvollen Ausstattung ein sehr mäßiger, nämlich pro Band, geheftet, 3,50 4, elegant gebunden 4,50 # ;

Der Harzverein für Geschichte und Alterthums- funde versendet soeben den XVII. Jahrgang 1884 seiner Zeit- \chrift, welhe im Namen des Vereins von dessen: erstem Schrift- führer, Dr. Ed. Jacobs, herausgegeben wird (Wernigerode, Selbftverlag des Vereins; in Kommission bei H. C. Huch in Quedlinburg). Der Band publizirt an der Spiße den Vortrag, welhen Schulinspektor F. Günther in Klausthal auf der 17. Haupt- versammlung des Harzvereins daselbst, am 29. Juli v. J. gehalten hat. Derselbe giebt eine historische Uebersicht der Besiedelung des Dberharzes und ist durch eine große Reihe von erläuternden Anmerkungen erweitert. Eine beigegebene Karte veranschauliht den Waldbefitz des Klosters ella. In derselben Hauptversammlung des Vereins machte Dr, Hermann Wrampelmeyer, Oberlehrer am Gymnasium zu Klaus- thal, interessante Mittheilungen über den Polyhistor und vielseitigen Schriftsteller Caspar Calvör (1650—1725), welcher als General- superintendent des Fürstenthums Grubenhagen in Klausthal gestorben ist und in der Kirche zu Zellerfeld begraben liegt, seine höchst werthvolle Bibliothek aber leßterer Kirche legirt hat. Diesen in der Zeitschrift abgedruckten Mittheilungen entnehmen wir über die Manuskripte, deren die Bibliothek eine nicht geringe Anzabl aufweist, Folgendes: Sie enthält zunächst eine bis jeßt nicht gedrucktte Chronik des Bis- thums Hildesheim, von Bruschius, ferner Handschriften alchymifstischen und medizinishen Inhalts, viele Manuskripte und Briefe von Calirt, vor Allem aber die Tischredensammlung des Cordatus, des vertrauten Freundes Dr. M. Luthers: ein umfänglihes Manuskript von über 700 Seiten, vorn mit Originalen von Luther und Melanthon. Fie Handschrift, welche die Wittenberger Tischreden, und zwar die ältesten bis 1537, in ihrer ursprünglichen Fassung, wie fie unmittelbar aus Luthers Munde gekommen sind, Üüberliesert, enthält nicht allein vieles Neue, auf die Reformationsgeschichte und Luther selbst bezüg» lide, sondern entbehrt au jener Menge von überflüssigen, ja bedent- lien Zusäßen, offenbaren Fehlern und Entstellungen der späteren lateinischen und deutschen Tischredensammlungen. „In der Buchhand- lung von Niemeyer in Halle is diese Cordatus’]che Sammlung in Lieferungen zur Veröffentlichung gelangt. Bemerkenswerth is feuner ein ‘Manuskript, welches einem Buche, einer alten Ausgabe von Schriften Luthers angebunden ist. Dasselbe stellt, wie es \{eint, eine Art von Album dar, in welches sich alle zwölf auf dem, vom Kur- fürsten August von Sachsen berufenen, Lichtenberger Konvent. vom 17. Februar 1576 versammelt gewesenen bekannten Theologen (viel- leiht auf Jemandes Wunsh, um damit ein Andenken zu erhalten) eigenhändig mit Bibelsprühen und eigenen Worten eingetragen haben. Besonders interessant unter diesen Aufzeihnungen find die des be- rühmten Theologen Nicolaus Selnecker, des Schülers Melanchthons Wee 1582 als Professor in Leipzig), wel(er außer einem lateinischen

istibon noch sein \chnes einstrophisches Kirchenlied: „Laß mich Dein sein und bleiben, Du treuer Gott und Herr“ auf diesen Blättern niedergeschrieben hat. Der Verfasser richtet am Sluß seiner Mit- theilungen die Bitte an den Vorstand des Harzvereins, auf Mittel und Wege Bedacbt zu nehmen, um die Aufmerksamkeit der Regierung auf diese Bibliothek zu lenken, damit die Schäße derselben erhalten und zugängliher gemaht würden. Eine geordnete Peberficht über die seit den ältesten Zeiten bis jeyt erschienenen Stbriften zur Geologie des Harzes lieferte der Geh. Bergrath Dr. H. Wedding in Berlin. Ein forgfältiges 11 Seiten umfassendes spezielles Verzeichniß der bezüglien Literatur folgt am Schluß des Bandes, Dber- Bürgermeister Boysrn in Hildesheim giebt, auf Grund amtllither Aktenstücke und Lzriefe aus dem Hildelsheimer Landesarchiv , „einige Nachrichten übec die Anfänge des Königreichs Westfalen unter be- sonderer Beracksichtigung des Fürstbisthums Hildesheim“, welche dex

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Wahrheit näher kommen als andere Mittheilungen und daker ixk gewisser Beziehung als eine Ehrenrettung angesehen werden können. Indessen erklärt der Verfasser ausdrüdcklih, daß er eine solche nicht beabsichtigt, vielmehr geglaubt habe, seine Mitbürger würden gern erfahren, in welher! Weise das ge1zannte vormalige Fürftbisihum und andere ähnlihe, bis dahin selbstständige Staaten und Theile solher zum Königreich Westf.len vereinigt worden und wie man dabei das Beste diefer Länder zu fördern gesucht habe. Ferner bringt der neue Jahrg@ng der Zeitsrift den Scbluß bes fehr eingehenden Beitrages zur Seschibte d-s Klosters S. Crucis zu Braunschweig, von Wilhelm Tunica, Pastor in Lehndorf bei Braun- \{chweig. Der Herausgeber Dr. Ed. Jacob giebt interefsante Vit- theilungen im lateinischen Originaktext aus dem Stolbergishen Naths- jahrbuch und knüpft daran Ausführungen über Spiele und GSebräucbe im 15, und 16. Jahrhundert, über den Bauernaufruhr von 1525 und Luthers Anwesenheit in Stolberg. Weiter folgen zwei fehr werth- volle numismatishe Arbeiten, nömlih zunächst der zweite Theil der Beiträge „Zur vaterländisden Münzkunde“, von Dr. phil. J. Penaticr in Berlin, welcher darin über die reiben Brakteatenfunde von Autleben und Gröningen aus dem Jahre 1872 berichtet und 264 der werthe

vollsten Fundftücke, unter Beifügung von 11 Tafeln mit Abbildungen derselben, sorgfältig beshreibt. Als fernerer numismatischer Beitrag reiht \sih die zweite Hälfte der Mittheilungen „Zur Münzkunde des

Bisthums Halberstadt“, von H. Wege, mit zwei Tafeln Jllustrationeæ

an. Dann folgt eine Reihe kleinerer urkundliher Originalbeiträge,

Auszüge und Mittheilungen mannigfaltigen Jnhalts, nämlich „Aus-

beute der Klausthaler Gruben im 16. Jahrhundert betreffend“, von

F. Günther; „Huldigung der Stadt Wernigerode beim Regierungs-

antritt des Grafen Christian Ernst im Jahre 1774, Schilderung eines

Zeitgenossen“, mitgetheilt vom Oberlehrer Prof. Herter in Wernigerodez

„Widerruf einer Seelgeräthsstiftung in Gostlar, 15. Oktober 1530*,

mitgetheilt von Ed. Jacobs; „Schreib- und Rechenmeister zuw

Wernigerode im 16. Jahrhundert" ;* „Zur Geschichte des Andreasberger

Bergwerks 1571“; „Wernigeröder Marktverordnung 1673“, sämmtlid»

mitgetheilt von demselben; „Zur Geschichte des bäuerlihen Grund-

besitzes in Niedersacbsen“, von H. Langerfeldt, Oberförster a. D. în

Riddagshausen; „Herzog Otto zu Braunschweig, Otto's Sohn, ver-

leiht der Stadt Seesen städtische Privilegien, 1428, Juli 25*, mit-

getheilt von Dr. O, Meinardus; „Die Hochzeit eines vermögenden

Bürgers in Wernigerode in der erften Hälfte des 17. Jahrhunderts

und einige Bemerkungen über wernigerödische Zuftände in jener Zeit*®,

von Friedr. Sporleder, weil. Regierungsdirektor in Wernigerode. Den

Abdrücken der Urkunden sind zum Theil die Faksimilien der Siegel

und Wasserzeichen beigefügt. Der Band {ließt mit der Anzeige

und eingehenden Würdigurg der von dem Verein für Erdkunde zw

Halle gekrönten Preisschrift „Die Mundarten des Harzgebietes“, von

B. Haushalter, besprohen vom Gymnasiallehrer Dx. Richard Jeht

in Görliß. Auch dieser Jahrgang der Zeitschrift ist in Druck und

Papier gut ausgestattet, leider aber nit gebestet, so daß der Band

beim Aufschneiden der Bogen vollständig auseinander fällt.

Von dem „Arcchiv für hessisbeGeschichte undAlter- thumskunde”" ift kürzli das 3. Heft YXV. Bandes versandt worden. Dasselbe wird eingeleitet durch eine sorgfältige Sammlung der Inschriften auf Glocken hessisher “Orte, welche, {on jeyt umfangreich, noch weiter vervollständigt werden soll. Der inzwischen verstorbene; Verfasser, Robert Schäfer, hat seiner Sammlung au eine tabellarishe Uebersicht über die Glockengießermeister und ihre: Werke angehängt. Anton Birlinger veröffentliht in dem Heft eine neue Folge seiner interessanten sittengeshi{tlihen und sprach- lihen Beiträge aus Hessen, deren leßtere nah den Sticworten alphabetisd geordnet sind. Frhr. Schenk z# Schweinsberg lieferte für das Heft umfänglibe Beiträge zur hessischen Kirchengeschite, denen sich Mittheilungen aus dem Kirchen- buch von Sprendlingen in Rheinhessen, von Ern Wörner, anreihen. Friedrih Kofler handelt über den angeblicben Probuëwalk in Vogel8berg und kritisirt darin das Werken des Landbaumeisters Arnd: „Der Pfahlagraben na den neuesten Forschungen und Ent- deckungen.“ Frhr. Schenk zu Schweinsberg sucht fodann n einem weiteren Aufsaß mit Hülfe einer wörtlih beigedruckten Urkunde aus dem Jahre 1194 das Alter der Stadt Marburg festzustellen. Eine: Reihe anderer Urkunden hat Arcivrath Dr. A. Kaufmann in Wertheins beigetragen ; es sind größtentheils Lehnbriefe und Kaufverträge ; ein. Aktenstück bietet einen Beitrag zur Geschichte des Bauernaufruhrs in der- Grafschaft Büdingen und besteht in einer Urfehde, @. d. 4. Januar 1526... Aus den kleineren Mittheilungen am Schluß verdienen die von: F. Kofler gegebenen Erläuterungen zu den dem Heft beigefügten: Plänen über die Ausgrabung des Klosters Altenmünster bei Lorsch» Erwähnung. Mit diesem 3. Heft gelangt der in: den Jahren 1880; 1882 und 1884 beftweise ausgegebene Band dieser aus don Schriften: des Historishen Vereins für das Großherzogthum Hessen zusammen-- gestellten, von dem derzeitigen Vereinssekretär Dr. Guftav Frhrn. Schenk zu Schweinsberg redigirten periodishen Publikation (Darm- ftadt, Selbstverlaag des Vereins ; in Kommission der Hofbuchhandlung. von A. Klingelhöffer) zum Abschluß.

Das erste Vierteljahrsheft für 1895. (35. Jahrgang) der- „Zeitschrift für Bauwesen“, herausgegeben im Ministerium. der- öffentlichen Arbeiten, hat folgenden Inhalt+ Die Bexrtiner Stadt- Cisenbahn (Fortsezung); Das Kriminalgerichts - Etablissement zuz Berlin im Stadttheil Moabit, vom Ober-Baudirektor Herrmann in Berlin (I. Das Gerichtsgebäude); Neuere Kircheæbauten kleineren Umfanges (II1. Die evangelische Kirche für Grade darth); Dke: Pfarrkirche in Dausenau bei Ems, vom Regierungs-Baumeister: Pro- fessor Schäfer in Berlin; Der Hafen zu Memel, vom Geh. Dber- Baurath L. Hagen in Berlin (Schluß); Der Elbing-oberäändische- Kanal vom Regierungs-Baumetfter von Fragstein in Pillauzs Die- Eisenbahnbrücken über die Elbe bei Hamburg und Harburg, vom Ober-Bau- und Geh. Regierungs-Rath Lohse in Cölu (Schluß folgt)z: Mittheilungen über Abmessungen, Bauart, Gewichte und: Ausfüh- rungskosten der Eisenbahnbrückten über den Rhein: bei Hüningen, Alt-- Breisach und Neuenburg ; Analytishe Bestimmung der N dan Le linie in Futtermauern, vom MRegierungs-Baumeifter L. Dyxexfsen im Magdeburg; Das Eigengewicht der eisernen Dachbinder,, on Negte- rungs-Baumeistex Professor Th. Landsberg in Darmstadt (Schluß folgt); Zusammenstellung dar bemerkeaswertheren preußischen Staats- bauten, welhe im Laufe des Jahres 1883. in der Ausführung. be» griffen gewesen {\ind; 4 Im Gebiete tes Landbaues (Schluß) Statistishe Na&weisungen, betreffend die in den Jahren 1871 bis. eine {ließli 1889 vollendeten und abgerehnaten preußischen Staats- bauten, im Auftrage des Ministexs der öffentlichen Arbeiten guf- pee agg Geh. Baurath Endell uad Regizrungs-Baumeister WiethofF n Berlin.

Die Bu- und Antiquariathandlung von JofepH Folowicz in Pofen hat Lürzlih den Katok2g Nr. 88 ihreS antiquarishen Bücberlagers ausgegeben. Dasselbe enthält ein Verzeichniß von 609 Schriften, betueffend franzöfische Sprache und Literatur. Unter denufelben befinden sh Proben von Racine, Roufieau, Voltaire, Fénélon, Victor Hugo, A. Dumas, (S. Sand, Scribe u. A.

Gewerbe uud Haunel.

Die Direktion der Großen Berkiner Pferde-Eisen- bahn, Aktiengesellschaft, theilt uit, daß, na erfolgter Prüfung der Bilanz der Gefellschaft, für das Gesellshaftsjahr 1884 durch die dafür in der vorjährigen ordeatlichen Generaltærsammlung ernannten Revi- foren der Aufsichtsrath der GeseUschaft die Dividende [ie 1884 auf 104 9% feftgeseßt hat, und daß die Zahlung dieser Dividende gegen s des Dividendenscheines für 1884 vom 28. d. M. ab erfolgt.

Der Aufsichtêruth der Cöôlnis@en Wechsler- und Kgmmissionsban% hat bes{lofssen, der bevorstehenden General versammlung die Vectheilung einer Divivende von 54 %/a vorzuschlagen, nachdem für das vorangegangene Jahr 5} 9/4 Dividende vertheilt wora

[ den sind.