1928 / 63 p. 1 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 14 Mar 1928 18:00:01 GMT) scan diff

. die Oberpostdirektion Breslau erlassen habe. / Ü , hektogravphierte Zettel vorgelegt, wonach sie sich bereit ‘erklärten,

- und seve Arbeiter an die Stelle.

Neichs- und Staatsanzeiger Nr. 62 vom 13. März 1928. S, 4,

und die Landesaufnahme durch den Sparkommissar nochmals prüfen zu lassen. Den Titel „zur Liuderung der durch Unwetter- fatastrophen in Teilen des Reichs im Sommer 1927 entstandenen Schaden 18 Millionen Reichsmark“ beantragte Abg. Gerauer Bayr. Vp.) um 5 Millionen Reichsmark zu erhöhen, ganz be- cis im Fnteresse der Straubinger Gegend. Der Titel wurde leihfalls dem Unterausshuß überwiesen. Die zum Etat vor- iegenden Oen wurden entsprehend den Anträgen des Berichterstatters Abg Dr. Schreiber (Zentr.) der Regierung zur Erwägung oder als Material überwiesen bzw. durch die Beschluß- fassung für erledigt betrachtet. Es folgte die Beratung des Haushalts des Reichspostministeriums. Reichspostminister Dr. Schä hel machte Ausführungen Über die bisherige und künftige Reformarbeit der Deutschen Reichspost. Die Verkehrseinrihtungen zeigten durchgängig eine starke Auf- wärt8entwicklung: der Krastwagenverkehr der Reichspost werde mit 7600 Kraftomnibussen auf einer Streckenlänge von 31 500 Kilometern betrieben, im Postscheckverkehr habe sich gegenüber der Vorkrieg8zeit die Kundenzahl verzehnfacht, der Geldumsay mehr als verdoppelt. Die Buftpole, die erst nah dem Kriege entstanden sei, werde auf achtzig Verbindungslinien betrieben, das Fern- iprehwesen habe sich gegenüber dem Fahre 1913 im Umfang ver- doppelt, das Fernkabelney umfasse bercits 8000 Kilometer, zurzeit seien 56 vH der Telegraphen- und Ferusprehleitungen verkabelt, die S des Fernsprechshnellverkehrs \chreite vorwärts, der Sel! "stansch ußbetrieb der Fernsprehämter umfasse bereits mehr als ein Viertel der Anschlüsse, das Funkwesen werde für Presse und Wirtschaft, namentlich für den Auslandsverkehr zunehmend nuybar gemacht, im leßten Sommer sei die Fernsprechverbindung mit Argentinien eingeleitet vor einem Monat der Fernsprechver- kehr mit Nordamerika eröffnet worden, der Rundfunk umfasse be- reits über zwei Millionen Teilnehmer, an der inneren Ausgestal- tung der Verkehrseinrihtungen werde tatkräftig gearbeitet, Die Zahl der Post- und Fernsprechstellen werde planmäßig vermehrt, die Dienststunden der Postanstalten erweitert, die Zustellverhält- nisse in Stadt und Land dauernd verbessert. Zur. Beschleunigung der Post- und Personenbeförderung werden zunehmend neuzeit- liche Betriebsmittel eingestellt. Die Rationalisierung dexr Ver- kehrseinrichtungen schreite vorwärts. Die Rationalisierungsmaß- nahmen erstreckten sich auf die Zusammenfassung der örtlichen Be- triebe, die Verwendung zeît- und arbeitsparender Betriebsmittel, die Mechanisierung der Verkehrseinrihtungen, die Normalisierung der Betriebsmittel, vor allem der Fernspreher und der Kraftfahr- zeuge, die Vereinfahung der Betriebs- und Geschäftsformen nach faufmännishem Muster, die ae a des Veschaffungs- wesens unter weitestgehender Zentralisation der Preisgestaltung bei Dezentralisation der Bestellungen. Durch die Rationalisierung seien im Jahre 1926 4000 Kräfte, im Fahre 1927 1200 Kräfte entbehrlih gemacht. Während die Steigerung des Verkehrs seit 1913 im Brief- und Paketdienst etwa 31. vH, bei der Personen- beförderung 500 vH, im Postsheckverkehr 330 vH, im Fernspreh- betrieb 90 vH betragen habe, sei die Kopfzahl des gesamten Ver- ivaltungs- untd Betriebspersonals von 394-000 im Fahre 1920 auf 295 000 im Fahre 1927 gefallen. Die Rationalisierung8maßnahmen haben hiernach angesichts des gewaltig gestiegenen Verkehrs zu einem starken Abbau des Personals geführt. Die Durchschnittsleistung des Personals konnte dur die Ratwonalisierungsmaßnahmen, vor allem durxh Ersaß der menschlihen Tätigkeit durch Maschinen, namhaft gesteigert werden. Die Steigerung betrug im Brief- und Paketverkehr 20 vH, im Scheckverkehr 46 vH, im Fernsprechverkehr 22 vH, Durch Neuregelung des Verwaltungsdienstes, vor allem durch Erhöhung der Zuständigkeit der Oberpostdirektionen, wird sich dex Personalstand des Ministeriums um 113 Kräfte ver- ringern. Besonderes Augenmerk wendet die Reichspost dec Fort- bildung der. internationalen Beziehungen Deutschlands zu den Post-Telegraphenverwaltungen der Welt und dem Ausbau der Einrichtungen des zwischenstaatlihen Vevkehrs zu. Auf dem Welttelegraphenkongreß von Paris, ferner auf dem Kongreß für das Fnternationale Funkiwesen in Washington hat Deutsch- land in einflußreicher Weise mitgewirkt. Fm Funkkabelbau und in

der Ausbildung des FJnuternationalen Funkneßes wurde in leßter Zeit zur Erleichterung der deutshen Wirtschaft viel geschaffen. Die Deutshe NReichspost is unausgeseßt be- strebt, 1m Gleichschritt mit den anderen Völkern der Erde den hr gebührenden Plaß im Weltverkehr zu behaupten.

Berichterstatter Abg, Torgle r (Komm.) bemerkte, daß auch die Reichstagsabgeordneten Juteresse an dex Denkschrift über die Rundfunkgesellschaften und über die Verminderung der Oberpost- direktionen haben fönnten. Ex frage, wie der Postminister sich zur Entwicklunga dex Tariflöhne, die unbedingt zu erhöhen seien, stelle. Die Tarife liefen doch jeßt ab. Sei es richtig, daß troy der Besoldungsordnung auf der einen Seite Ueberzahlungen und auf der anderen - Seite gänzlih ungenügende Erhöhungen für Angestellte und Diätare zum Teil von noch nicht 8 Prozent bewilligt würden. Wie stehe es mit den Aufrückungsstellen? Welche Vorschläge mache der Sparkommissax zur Umorganisierun der Verwaltung. Mitberichterstatter Abg. Morath (D. Vp. fragte, wie es mit den Auffassungen über das Reichspostfinanz- eseß stehe. Die Anschauungen änderten sich anscheinend. Der tinister gehöre dem Verwaltungsrat nicht an, pröôsidiere ihm aber. Wäre es nicht rihtiger, wenn der Verwaltungsrat einen Vorsivenden wähle? Bedauerlich sei, daß der Minister sein Fern- sprechbauprograntm stark stoppe. Hoffentlih gelinge es ihm nun, an den Anlethemarkt heranzukommen. Der Reichstag habe einen Geseßentwurf über die Verminderung der Oberpostdirektionen ver- langt; der Reichstag wolle darüber beschließen. Seien Schritte für die neuen Tarifabkommen {hon gemacht? Wie ständen die Arbetiterlöhne zu den Beamtenlöhnen? Ein 24 jähriger Arbeiter bekomme das Gehalt, daß ein Beamter der Schaffnerklasse 6 Fahre nach seinex Anstellung erlange. Wie stehe es mit den Postspar- kassen? Der Nachtraqsetat habe das zu erfüllen, was die Be- foldungs8ordnung übrig gelassen habe. Werde die Verwaltung auch die Wünsche des Reichstags im Eaclonetat erfüllen? Sollen bestimmte Betriebszweige ganz den Arbeitern überlassen bleiben? Wie \tehe es mit dex Abhaltung von Sonderprüfungen? Seiten die Reste erledigt? Wie stehe es mit den Versoxgungsanwärtern? Mit der Annahme der übrigen Kategorien? Wie denke die Ver- waltung sth überhaupt ihre Personalpolitik? Die Beförderungs- möglichkeiten seien \{chlechter als in anderen Ressorts, z. B. in der Steuer und der Zollverwaltung. Anch die Techniker klagten mit Recht Würden die Ruhestands- und Wartestandsbeamten genügend bei Einstellungen berücsihtigt? Abg. Allekotte (Bentr.) bemerkte, der Ablieferuna der 100 Millionen an die Reichskasse stimme seine Fraktion zu. Die Minderung der Obexrpostdirektionen seße einen Geseßentwurf voraus, der in das Notprogramm nicht einbezogen sei. Die Postverwaltung befinde sich in einer Umstellung ihrer Verwaltung und der Arbeitsmethoden; dafür wünsche er ihr eine feste Hand. Für den Abschluß der neuen Tarife bitte ex reht- zeitig die Jnitiative zu ergreifen, damit keine Störungen ein- träten. Seine Fraktion werde sich streng an das Notprogramm halten, auch bezüalich der Personalien. Abg. Seppl (Soz.) kritisierte die Verfügungen über den Abbau, namentlich wie sie Beamten würden

ih pensionieren zu lassen, aber erst vom 1. Oktober. Diese Art es Abbaues schaffe Verbitterung. Die Durchführung der Ent- {chließungen bei der Verabschiedung der Besoldungsordnung sei versprochen worden. Die Versprehèn müßten eingehalten werden.

. Sei das Finanzministerium bereit, auch bei der Post nah den

Entschließungen zu handeln? Jn den unteren Besoldungsklassen schaffe man anscheinend das Berufsbeamtentum immer mehr ab Abg. Sch ul d t (Dem.) meinte, wenn die Rationalisierungsbestrebungen doch zu Portoerhöhungen

* und Gebührenheraufsezungen führten, seten sie anscheinend nur

eine Schädigung der Beamten, Die Portoerhöhung usw. treibe die Preise hoh. Bei dex Drucksache ergäbe sich das Mer?wiirdige,

daß man deutsche Dencaen nah Desterreih verlade und von dort nah Deutschland sende. Werde das verhindert, so werde man künftig auch die Drucksachen dort herstellen lassen. Die Kaufleute wünschten Kleinpakete! Wie stehe es mit den Haus- briefkästen? Sollten die Säße für Wenigsprecher weiter erhöht werden? Wie stehe es mit dem drückenden Leitungslängen- zushlag für Fernsprechteilnehmer, 4. B. in Wannsee und Cladow? Der Redner kritisiecte die jeßige Finanzgebarung und forderte größere Benußung von Anleihen. Sei n t ein Antennen- recht zu schaffen Für die „Hörspiele“ seien die ausgeseßten Preise an die Preisbewerberx nicht ausgezahlt worden. Die Ver- minderung der Planstellen zugunsten der Angestelltenstellen sei bedauerlich. Man spreche von einer Kontrolle der Beamten în ihren Wohnungen. Abg. Dr. Cremer (D. Ra betrachtete den Postetat vom Standpunkt der Post als eines Reichsvermögens§- objeftes. Auch er sei der Meinung, daß er eine Rente ergeben müsse. Die Belastung des Postverkehrs durch die 7Fnvestitionen wirke als eine Verkehrssteuer. : ( j den Nuteffekt des in jedem Zweige Geleisteten. Rentiere sih zum Beispiel der Kraftwagenverkehr? Der Voranschlag der Post ergebe auch kein klares Bild. Nach der Denkschrift heine die Hauptlast der Minderung der Oberpost- irektionen wieder Preußen tragen zu sollen. Die Schaffung einer Zweipfennigmarke erleichtere die

Das Antennenrecht, daß das Recht am Luftraum schaffen müsse, sei niht ganz einfach zu schaffen. Redner regté an, den sinkenden Telegraphenverkehr noch mehr auf den Fernsprecher zu üÜber- nehmen. Redner dankt der Post für ihren tehnishen Fortschritt. Abg. Torgler (Komm.) beklagte den Dualismus zwischen Reichstag und Verwaltungsrat; das Potcfinanane es müsse ver- chwinden, Die neue Gebührenvorlage habe das Publikum stark belastet. Der Ergängzungsetat solle t: {hon im Druck sein wie weit sei darin den Wünschen des Reichstags nachgekommen? Die Post müsse am 1. April ihre Arbeiter erheblih aufbessern Die Ablieferung der 100 Millionen an das Reich geschehe auf Kosten der tehnishen Verbesserung. Die Portoerhöhung sei eine indirekte Steuer. Redner begründete entsprehende Resolutionen. Abg. Ben der (Soz.) widersprah der Annahme Moraths, als ob die Arbeiter der Post zu hoh besoldet seien. Der Mens scheine bei Herrn Morath erst beim Beamten anzufangen. Der Beamte brauche die Sozialbeiträge nicht zu zahlen, wie der Arbeiter; schon dadurch stehe der Arbeiter s{hlechter. Er rechne damit, daß es gzu einer friedlichen neuen Tarifabrede kommen werde. Abg, HaL- mony (D. Nat.) bemängelte, daß den Wartestandsbeamten" zum Teil eine zu lange Probezeit zugemutet werde. Ob es klug sei, das A i e A zu vergrößern, erscheine ihm zweifelhaft nah den Erfahrungen mit dem Eisenbahngentralamt. Wie hoch sei heute der Betriebskoeffizient? Abg. Schmidt -Stettin (D. Nat.) er- klärte, daß seine Freunde ebenso wie der Abg von Gus6rard darauf bestehen würden, daß den Beschlüssen und Resolutionen bei der Nee auch im Postetat Rechnung getragen werde. Re

F i l *berfsi über | L ; ï Er vermisse eine Uebersihht Uber | „nd sonstige Anstalten, die Personen zur Kur und Pflege auf-

Verwendung von |

mehreren Marken zur Frankierung im Jnteresse des Publikums. | zur Elektrodiagnose und Elektrotherapie“ einzubeziehen, fand An-

Der Sozialpolitishe Ausschuß. des Vor- läufigen Reihswirt| aftsrats behandelte gestern den Entwurf eines dritten Gesepes über Aenderung in dex Unfallversicherung. Der vom Reichsarbeitsminister zur Begutachtung vorgelegte Geseßentivurf soll einer Forderung des Reichstags nachkommen, u. a. schleunigst einen Geseßentwourf vor- zulegen, der die Unfallversiherung auf Feuerwehren, Krauken- anstalten usw., Laboratorien und Bühnenbetriebe ausdehnt, Der Entwurf umfaßt nur die Betriebsgruppen, bei denen nah der Auffassung des Reich8§tags etne - Ausdehnung . der Unfallversiche- rung ohne Schaffung neuartiger Versicherungsträger mögli ist. Er bezieht ferner die Röntgenbetriebe sowie die Rundfunksende- betriebe cin und unterstellt Unfälle bei einer Lebensrettung den Schuye der Unfallversicherung. Sowohl im Arbeitsausschuß, als auch im Sozialpolitischen Ausschuß herrshte Einmütigkeit über die Unfallversicherung in bezug auf a) die Betriebe der Feuerwehren, b) Krankenhäuser, Heil- und Pflegeanstalten, Entbindungsheinte

nehmen, c) Betriebe für naturwissenshaftliche oder technische Untersuhungen und Versuche (Laboratorien). Dabei wurde ein- stimmig beschlossen, unter e auch die Betriebe für medizinische Untersuchungen cinzubeziehen. Ein Antrag, neben den Betrieben, „die Röntgeneinrichtungen verwenden“, auch „die Einrichtungen

nahme. Dem Artikel 5 des Entwurfs der Reichsversicherungs- ordnung wurde ein § 553 in folgender Fassung. eingefügt: „Die Vorschriften über die Entschädigung von Betriebsunfällen finden auch Anwendung, wenn jemand, auh ohne rechtlih dazu ver- pflichtet zu sein, cinen anderen aus gegenwärtiger Lebensgefahr rettet oder zu vetten unternimmt und dabei einen Unfall erleidet.” Angenommen wurde ferner ein Antrag, die oberste Verwaltungs- behörde zu ermächtigen, Gemeinden oder Versicherung8verbände von Gemeinden zu Versicherungsträgern zu erklären, wenn diese

| mindestens 6500 000 Einwohner ‘haben. Mit einigen redaktionellen

Aenderungen wurde dex Geseßentwurf sodann vom Sozialpolitischen Ausschuß in der beschlossenen Fassung gutgeheißen.

des Preußischen Laudtags verhandelte am 10. d. M. übex den Haushalt déx dla gemeinen Finanzverwaltung. Nach dem Bericht des Referenten Abg. Wiemer (D. Vp.) wird der eetrag, für 1997 rund 13,8 Millionen betragen, der aus dem Betriebsmittel» fonds gedeckt werden kann. Das für 1928 veranschlagte Defizit von 73,6 Millionen ermäßigt sih durch Mehrüberweisungen ‘vom Reiche sowie durch höhere Einnahmen aus der Forst- und ustiz- verwaltung auf etwa 1,5 Millionen, wozu noch einige - Mehr- ausgaben füx die Landwirischaft unb durch besondere Beschlüsss des Landtags kämen. Das Gesamtdefizit könne ugleich déx

Der Hauptaus s

voraussichtlich geringen Höhe unbedenklich auf den Ausgleichsfond3

übernommen werden. Abg. Brück ner (Soz.) trug als Bericht-

* erstatter den Jühalt einer Eingabe der Stadt Berlin auf andere

ner forderte mehr Selbständigkeit der Oberpostdirektionen und

der Dienststellen. Abg, Gerauer (Bayr. Volksp.) brahte Miß- |

[U bei den Postagenturen zur Sprache, ee würden von en Gemeinden Garantien beanspruht. Eine Verbilligung der Gebühren auf dem Lande sei notwendig. Abg. Br uh n (D. Nat.) empfahl, die besprochene Denkschrift L gu erledigen und dann dem Verwaltungsetat zu überlassen; er halte es auh für richtig, daß die Post eine Rente an das Reich gebe. Der Minister sei darin den rihtigen Weg gegangen. Abg. Morath (D. Vp.) bedauerte die Ausdehnung dex Helfer auf Kosten der Beamten bei der Post. Die Wiedereinführung einer Obersekretärprüfung sei dankbar zu begrüßen. Abg. Schuldt (D wies auf das Bedenkliche einér Beteiligung an der Braunkohlenbengingewinnung hin. Abg. Steinkopff (Soz.) sprah gegen die kommunistischen Anträge. Reichspostminister Dr. S chà bel: Das Reichspostfinanzge|eß ist niht in das Notprogvamm aufgenommen worden. Das weniger Schóne an diesem Geseh ist der Dualismus zwischen Reichstag und Verwaltungsrat. Dabei kommen beide wohl zu ihrem Recht, nicht aber der Postminister. Will man an dem Grundsaß festhalten, daß die Post sich selbst unterhalten soll, so muß der Reichstag die erforderlichen Maßnahmen treffen, damit die Post ihre Ausgaben durch Einnahmen decken känn, Die Stelle, die die Ausgaben be- \chließt, muß auch die Einnahmen beschließen können. Ob man Jnvestitionen aus Anleihen oder Betriebsmitteln bestreitet, hängt von der allgemeinen Lage ab. Zurzeit ist es der Post nicht mög- lih, mehr Anleihen unterzubringen als vorgesehen sind. Nicht alle Fuvestitionen sind zinsbringend. Wir können die Post nicht als rein kaufmänntshes Unternehmen behandeln, denn dann mußten wir eine Reihe von unrentablen Betrieb8zweigen abbauen, so den Deitungsverkehr, den Telegraphenverkehr, zurzeit auch den Post- hedckverkehr. Auch das Kraftpostwesen deckt nur die Kosten. Es solle keine Einnahmequelle bilden, sondérn als gemeinnüßiges Ver- kehrsunternehmen nur zur Verbesserung des Verkehrs, namentli auf dem platten Lande, dienen. Die Verminderung der Zahl der Oberpostdirektionen beruhe auf einer Entschließung des Reichstags. Daher halte er (der Minister) es für seine Pflicht, zunächst dem Reichstag eine Denkschrift darüber vorzulegen. Erst, wenn dieser dazu Stellung genommen habe, werde sich der Verwaltung®§rat weiter mit der Frage befassen können. Dabei könne es sih nicht um ein einseitiges Vorgehen der Post handeln, sondern um ein Vorgehen in gleichem Schritt mit den übrigen Behörden im Programm der Verivaltungsreform in Reih und Ländern. Der Minister bekannte sih als unbedingten Anhänger des Berufsbeamtentums, nameni- lih im Hinblick auf die Pflicht zur Wahrung des Briefgeheimnisses und zur Erfüllung wichtiger Staatsaufgaben durch die Reichspost, Himsichtlih " der Personalpolitik müsse die Deutsche Reichspost gleichen Schritt mit den übrigen Verwaltungen halten. Er schäße ie Leistungen der Techniker und werde dafür sorgen, daß ihre hohwertigen Leistungen auch ein Aequivalent in einem verbesserten Vorwärtskommen fänden. Er würde sih dafür einseßen, daß die Entschließungen des Reichstags und des Haushaltsaus\chusses auch im Personaletat zur Auswirkung kommen. Und was dem Beamten recht sei, müsse dem Arbeiter billig sein. Eine Erhöhung der Löhne halte auch er für angebracht. Ueber das Maß der Er- böhungen könne er sich aber vor Abschluß der shwebenden Tarif- verhandlungen nicht äußern. Wenn der Plan der Post, sich durch Beteiligung an einem industriellen Brauukohlenunternehmen selbst billiges Oel zu sichern, auf Widerspruch in den Jndustriekreisen stoße, so habe er dafür volles Verständnis., Er Hoffe aber, nach dem Urteil von Sachverständigen den Betriebsstoff in eigener Regie erheblich billiger herstellen zu können, als die Fndustrie ihn liefere. Die Tätigkeit des Sparkommissars unterstüßte ex mit allen Kräften. Sie habe bereits gute Ergebnisse gezeitigt, der erste Be- riht liege vor, weitere Berichte würden fortlaufend erstattet werden. Die Frage der Einrichtung von Postsparkassen ruhe zur- zeit, weil er die vielen Proteste aus Kreisen der Gemeinden, Spär- kassen und Banken nicht unberücksichtigt lassen könne, Von vielen Seiten sei ihm der Vorwurf gemacht worden, daß er in die Mode der weiblichen Kleidung eingegriffen habe. Hierbei handele es si weder um eine Modefrage noch um eine Uniform, sondern um €étne einheitliche Regelung der seit langem bestehenden Schußkleidun fat das weibliche Personal. Die Frage habe auch eine soziale un tenstlihe Bedeutung. Mindevbemittelte weiblihe Beamte, die ihre Kleidung nicht immer der wechselnden Mode anpassen könntén, hätten es bitter empfunden, daß sie deshalb von anderen über dte Achsel angeschen würden. Die Schubkleidung müsse etwas länger sein als die darunter befindlihe Straßenkleidung. Diese werde dur die Schußkleidung stark geshont. Fm übrigen sei diesc An- regung von der tveiblichen Beamtenschaft selbst ausgegangen. Nach kurzer weiterer Aussprache wurde der Haushalt der O ost und der Reichsdruckérei genehmigt und die Denkschrift für die Verminderung der Zahl der Oberpostdirektionen zur Kenntnis genonmen, Montag: Etat des Reichsfinanzministeriums.

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F T S4 L E s A N E L E

Verteilung der Anteile. aus der Kroftfahrzeugsteuer vor und empfahl Berücksichtigung. Pa Dr, Höpker- Ascho ff ging von der Mitteilung aus, daß der Etat für 1928 ins Gleichgewicht gebracht wérden könne durch die Einstellung von 40 Millionen aus ttllheven Le und durch Ver- anshlagung , der Steuereinnahmen auf rund der öheren C des Reichs. Keinesfalls dürfe man aber bei der Aufstellung des preußishen Etats mit den Schäßungen höher greifen als das Reich. Der Minister machte dann auf Grund von Ausführungen des Berichterstatters Dr. Wiemer Mitteilun en über die Verhandlungen zwischen Preußen und Reich über die Eisenbahnabfindung. Das Reich bot den Ländern, wie der Minister ausführte, eine Beteiligung mit einem Viertel an den Stamn- aktien an. Die Länder legten natürlich Wert e eine Dividende, und ¿wär von wenigstens 3 Prozent, die das Reil nit zugesichen wollte. Es gibt noch eine andere Möglichkeit der Entschädigung der Länder, die der Aufwertung des Restkaufgeldes in Me von 5 Milliarden. Reichskanzler Dr. Luther wollte dieses Restkaufgeld mit 500 Millionen bewerten entsprehend dem Goldwert bei Ab- \chluß des Vertrages. Die Länder forderten aber mehr. aut leßter Zeit sollten ivieder Verhandlungen mit dem Reichsfinanz- minister stattfinden, die aber abgeblasen wurden, da der Reichs- finanzminister als Mitglied eines nur noch geschäftsführenden Kabinetts diese politischen Dinge nicht mehr angreifen will. Der Finanzminister erklärte sodann zu einem Antrag der Deutschen Volkspartei bezüglich monatlicher Finanzübersichten, die er auch von den Gemeinden wünscht, daß Preußen seine Uebersichten bereits ausgestaltet habe. ‘Er legte eine Vebersicht über die preußischen Slaatseinnahnien und ‘-ausgaben in den Monaten April bis Dezember 1927 vor. Das Reich hat den Vunsch, au die süddeutschen Länder möchten solche Vebersichten e IOL und in Verhandlungen soll das genaue Schema einheitlich sest- gelegt werden. Gleichartige ‘Veröffentlichungen der Gemeinden ständen im Zusammenhang mit dem Weg der Gemeinden zu neuen Anleihen. Die Gemeinden sträuben sich auch nicht gegen erweiterte Publizislik auf dem Gebiete ihrer Finanzen, und der Finanzaus\huß der Länderkonferenz wird in kürzester Frist in diesex Beziehung Vorschläge machen. Der Minister wandte sich darauf gegen den Vorwurf, Preußen sorge nichi für die Gemeinden. Die Beteiligungssumme der Gemeinden an den Staatseinnahment sei im Laufe der Jahre 1925 bis 1928 der Summe der reinen Staatseinnahmen immer näher gerückt. Hinzu komme, daß die Grunderwerbssteuer mehr Erträguisse abwerfe, obwohl der Steuér- seß gesenkt worden sei. Auch“ unter Beachtung der Tatsache, daß die Städte hohe Ausgaben für Wohlfahrtszwecke leisten müßten, könne man sagen, daß der Staat die Gemeindén nicht zu furz §e- halten habe. Zum Schluß beschäftiate sich der Minister mit den Forderungen des Deutschen Städtetages auf Veränderung der An- teile des Staates und der Gemeinden an der Hauszinssteuer und auf Veränderung des Finanzausgleichs überhaupt. Er erklärte die Erfüllung dec Forderungen für unmöglich. Der Binange ausgleich müsse noch ein Fahr weiter in Geltung bleiben. Abg. Hecken (D. Nat.) stimmte den Deckung8vorschlägen des Ministers für die Jahre 1927 und 1928 namens feiner Fraktion zu, mahnte aber angesichts der stéigenden Daweslasten zu größter Vorsicht. Die Ausführungen des Ministers über das Verhältnis Preußen und Reich seien offenbar vorsichtig gehalten, îin der Hoffnung, daß sich nach den Wahlen die Husamnenseßung der Reichsregierung ändern werde. Die Eingabe des Preußischen Städtetages sei sehr béachtlich, die Denkschrift der Stadt. Berlin aber sehx anfehtbar. Herr Boeß habe ihm selbst gesagt, daßer mit seinen Zahlen seine Ansprüche nicht voll belegen könne. Der Redner begründete dann deutschnationale Anträge auf Seukung der Realsteuern und Lees der Provinzialdotationen. A Dr. Schmedding (Zentr.) bedauerte, daß der Betrieb8mittel» fonds dur ‘die - Defizite aufgezehri.-sei, zumal in den nächsten Jahren die finanzielle Entwicklung n sehr optimistisch zu be- urteilen sei. Den Ausführungen des Borredners über die not- wendige Erhöhung der Provinzialdotationen stimme er zu der vorgeschlagene Weg erscheine ihm aber niht gangbar,

(Fortseßung in der Ersten Beilage.)

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Deutscher Reichsanzeiger

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Juhalt des amtlichen Teiles: Deutsches Reich. Bekanntmachung über den Londoner Goldpreis.

Bekanntmachung der Kaliprüfungsstelle über Zuerkennung

einer endgültigen Beteiligungsziffer.

Anzeige, betreffend die Ausgabe der Nummer 8 des Reichs-

geseßblatts Teil IL.

Preußen. Ernennungen und sonstige Personalveränderungen.

G M E R R A E S S R S R D E R E I (R E E E E Sa E B S S E E C

Amtliches.

Deutsches Reich. Betanntmachung

über den Londoner Goldpreis gemäß 8 2 der Vers- ordnung zur Durchführung des Geseßes über werts- beständige Hypotheken vom 29. Juni 1923, i (RGBl. [1 S. 482.) Der Londoner Goldpreis beträgt [Ur Qine Unze Semgold «. « « « « SE6h 113 d, für ein Gramm Feingold demnach . 32,7777 pence. Vorstehender Preié gilt für den Tag, an dem diese Bekannt- machung im Meichsanzeiger ‘in Beilin erscheint, bis einichließlih des Tages, der etner im Meichsanzeiger erfolgten Neuveröffentlihung vorausgeht. Berlin, den 14. März 1928. Reichsbankdirektorium. Dreyse. Hülfe,

Die Kaliprüfungsstelle hat in ihrer Sißung am 8. Februar 1928 entschieden: : E : Der GewerkschaftErichssegen in Lehrte wird für ihr Kaliwerk Erichssegen gemäß § 82 Abjay 2 der Vor\critten zur Durchführung des Gesezes über die Regelung der Kaliwirtschaft vom 18, Juli 1919 eine endgültige Beteiligungszitfer in Höhe von 5,0453 Tausendstein mit Wirkung vom 1. Dezember 1927 ab zuerkannt, unbeschadet der auf Grund des 8 84 der Verordnung vom 22. Oktober 1921 (NGBl. S. 1312) vorzu- nehmenden Aenderungen. Sie ent\priht 110 vom Hundert der durchschnittlichen Beteiligungsziffer aller Werke, Z

Berlin, den 8. März 1928.

Die Kaliprüfungsstelle. Heckel,

/ Vorstehende Entscheidung ist der Gewerkschaft Erichs- segen in Lehrte (Hannover) am 10. März d. J. zugestellt

worden, I. A.: Maenie.

Dea maun o

Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 8 des Reichsgesegblatts Teil 11 enthält:

die Vei ordnung zur Aenderung der Di!ziylinarstrafo! î das NReichöheer vom 3. März 1998 j E Sinns Me

die Vefanntmachung. über Errichtung einer Abre Swéttvetkebre vom 3. März 198 eMnungosielle lin

die Zwölfte Durhführungéverordnung zum öIndustri - geleße, vom 3. März 1928, t Sas die Bekanntmachung über die Ratifikation der fakultativen Be- stimmung des Zeihnungéprotokolls zumin Statut des Ständigen Inter- nattonalen Gerichtebots im Haag, vom b, März 1928, die Bekanntmachung über die Ratifikation des am 18. Junt 1927 in Beilin unterzeichneten deut1ch-finnischen Uebereinkommens über Untallversiherung, vom 6. März 1928,

die Verorduung, betreffend Aenderung der Militärtransports

ordnung tür Eisenbahnen vom 18. Fanuar 1899 (RGBl. S, vom 3, März 1928 und E

die Bekanntmachung über die Baltijhe Geodätishe Konvention,

vom 6, März 1928. : Umtang 1 Bogen. Verkaufspreis 0,15 NM. Verlin, den 13. März 1928,

Geseysammlungsamt. Dr. Kaisenberg.

Preußen.

Ministerium für Landwirtschaft,- Domänen und Forsten. Die Oberförsterstelle Leinefelde im Regierungs-

bezirk Erfurt ist zum 1. April 1928 zu beseßen Bewer müssen bis zum 26. März 1928 oa E

Die Ausschreibung der Oberförsterstelle Car : e Carlsber im Regierungsbezirk Breslau wird zurückgezogen. 8

Nichtamtliches.

Deutsches Reich.

Am 4, März d. J. verschied in Berlin - Schöneberg, Schwäbische Straße 3, nach kurzer Krankheit im y Leben jahre der Ministerialrat, Geheime Oberregierungsrat Dr. jur. Walter Gerlach. Er wurde am 9. August 1868 in Memel geboren, am 7. November 1889 zum Gerichtsreferendar, am 18, November 1891 zum Regierungsreferendar und mit dem Dienstalter vom 29. September 1894 zum Regierungsassessor ernannt. Nach Beendigung seiner Ausbildung war er zunächst bei der Einkommensteuerveranlagungskommission in Flensburg und dann bei der Regierung in Gumbinnen tätig. 1903 erfolgte seine Ernennung zum . Regierungsrat unter Ueberweisung an die Regierung in Votatan Von hier wurde er im -Jahre 1905 iniatat seiner guten Kenntnisse auf dem Gebiete der Tarif- und Verkehrsabgaben in die Wasser- bayabteilung des damaligen Preußischen Ministeriums der öffentlichen Arbeiten einberufen, wo er im Mai 1906 Cn Geheimen Regierungs- und vortragenden Rat und im Juni 1911 zum Geheimen Oberregierungsrat ernannt wurde, Aus Anlaß der Auflösung des Ministeriums der öffent- lichen Arbeiten erfolgte dann im April 1921 seine Ueber- weisung an die Wasserbauabteilung des Preußischen Mi- nisteriums für Landwirtschaft, Domänen und Forsten zur Bearbeitung der auf dieses Ministerium übergegangenen Angelegenheiten, speziell der Wasserbausachen in dem Gebiet westlich der Elbe einschließlich der Provinz Schleswig-Holstein und der Nordsee. Dr. Gerlach hat während seiner 23jährigen Tätigkeit in den genannten Ministerien sich als ein begabter und „pflichttreuer Beamter von umfassendem Wissen und als vorzüglicher Kenner des preußishen Wasßserrechts gezeigt und sich um die Auzgestaltung der Wasserwirtschaft und des Wasserstcaßenwesens bleibende Verdienste erworben. Er hat bei der Lösung der wichtigen und shwierigen wasserwirtschaftlichen Fragen, die Reih und Preußen in den leßten Jahren be- schäftigten, in hervorragender Weise mitgearbeitet. Sein unerwarteter Tod bedeutet einen s{hweren Verlust für die Wasserbauverwaltung. M _ Das Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten wird ihm ein dankbares. Gedenfken bewahren.

Deutscher Reichstag. 398. Sißung vom 13. März 1928, 14 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger ®.) Präsident L ö b e eröffnet die Sizung un» 14 Uhx.

Der Nachtragshaushalt für 1927 wird ohne Aussprache dem Haushaltsausschuß überwiesen.

__Es folgt die erste Beratung der Geseyentwürfe über Einfuhrscheine für Shweine und Schweine- fleisch und über die Herabseyung des Kontin- gents für diezollfreieEinfuhrvonGesfrier- fleisch. Beide Entwürfe bilden einen Teil des Not- programms.,

Abg. Mathilde W u rin (Sogz.) bekämpft die Herabseßung des Kontingents und bestreitet, daß die deutsche Landiwirticlatt in der Lage sei, die Bevölkerung ausreichend mit Fleish zu versovgen. Besonders im Jntevesse der minderbemittelten Bevölterung müsse das zollfreie Gefrierfleish weiter, wie bisher, eingeführt werden. Der Vorkriegsverbrauh an Fleisch sei in Wirklichkeit noch nicht erreicht. Der besonders hohe Fleishverbrauch des Jahres 1927 werde sich auf die Dauer nicht auf dieser Höhe halten. Der Minister habe auch die Kinder und die Säuglinge in die fleish- verbrauchende Bevölkerung mit eingerechnet; das ergebe ein falsches Bild, Jn Wirklichkeit stelle sich der Fleischverbrauch im „Jahre 1927 mit 61,5 Kilogramm auf den Kopf dec Bevölkerung gegenüber dem Durchschnitt der Fahre 1911——1913 mit 66,1 Kilo- gramm Verbrauch um 7% geringer. Die Bevölkerung der armeren Bezirke Deutschlands set besonders auf die Gefrierfleish- einfuhr angewiesen. Der Anteil des Gefrierfleishes an dem Ge- samtfleishverbrauch betrage nur vier Prozent; da könne von einer Schädigung des deutschen Fleischmarktes nicht gesprochen werden. Bon einem Fallen der déutschen Fleischpreise Pri die Gefrier- GEIMeNDee sei keine Rede. Die Handelsbilang werde durch die

efrierfleischeinfuhr ebenfalls nicht beeinflußt. Die ganzen leyten Wochen seien erfüllt mit Klagen übex die Not der Landwirtschaft. Um den Konsumenten kümmere sich kein Mensh. Die Áus- führungen des Ministers könne man dahin usammenfassen: Der Konsument kann verhüngern, wenn es dem Produ enten nur gut geht. Dabei hätten die Schweinefleischpreise in den leßten Monaten chon zu steigen begonnen. Wenn sih das bei den Produgenten S so ausgewirkt habe, so seien daran diejenigen chuld, die die Bauern auffordecten, mit dem Landbund Milceinsiañe Sache zu machen. Der Landbund treibe eine unverantwortliche Heye. Den kleinen Landwirten werde wenig yeholfen; die Anträge der Regierung seien sehx weitgehend, Vor allem komme es auf die Kausffkraft an, - Die sci aber zum Beispiel bei den Acgestelltèn,

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[augen völlig unzulänglih. Die erat des See eei ontingents bedeute eine antisoziale Maßnahme Die Gefrier« fleishversorgungsorganisationen: seien mangelhaft: Der Gre handel habe sih dabei über Gebühr bereihern fönnen.

Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft S ch i e l ex Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Wurm hat mir die Berechtigung abgesprochen, das Kontingent für Gefrierfleish mit Wirkung vom 1. Januar dieses Jahres ab auf 102000 Tonnew herabgeseßt zu haben. Jh muß demgegenüber einige Ausfüh- rungen machen und auf die Geschichte des Gefrierfleishkontingents eingehen.

Bei der Beratung des Geseyes über Zolländerungen vom

17. August 1925 bestand im Handelspolitishen Ausshuß des Reichstags eine Uebereinstimmung darüber, daß als im Rahmen der bisherigen Einfuhr die Menge gelten solle, die im Kalender- jahr 1924 nah Deutschland eingeführt worden war. (Sehr wahr! bei den Deutshnationalen.) Das war die Grundlage für dis Tünftige Gestaltung des Gefrierfleishkontingents. Sie wurde das mals auf mindestens 900 000 Doppelzentner Gefrierfleisch ver« anschlagt. Es wurde seinerzeit ein Antrag Hilferding, Drucksachs Nr. 111 des 21. Ausschusses, eingebracht, der sich darauf stügte, daß die Grundlage bei dem Bedarf von 1924 gefunden werden sollte. (Abgeordnete Wurm: Mindestens 90 000 Tonnen!) Jch stelle ja fest, daß es mindestens 900 000 Doppelzentner sind. (Er- neuter Zuruf der Abgeordneten Wurm.) Jch darf vielleicht fort- fahren. Jh komme ja auf Jhre ganzen Gedankengänge zurüdck, Jch glaube, ih werde sie erschöpfend behandeln. j

Diese Zahl beruhte zunächst auf einem Jrrtum der Statistik, die nicht das ganze Gebiet umfaßt hatte. Es blieben mehrere Holl- stellen im beseßten Gebiet außer aht. Wenn man das Gesamt- gebiet in Frage zog, also die Auslandsfleischbeschaustellen Heräns- zog. und so das verbrauchte Gefrierfleischquantum für das Fahr 1924 ermittelte, so ergab sich das Gefrierfleishkontingent, das der heutigen Verteilung zugrunde liegt, nämlih 1020 000 Doppel zentner. Als im Sommer 1926 eine Verknappung des zollfreien Gefrierfleisches eintrat, gab der damalige Reichsminister für Er- nährung und Landwirtschaft bei den Verhandlungen über den schwedischen Handelsvertrag die Erklärung ab, daß vom 1. Jali 1926 an für die nächsten Monate je 100 000 Doppelzentner verteilt werden würden, Einem Antrag Müller (Franken), Schlack, Lemuter und Genossen, der der Verteilung die während der Zeit vom 1. OŒtober 1924 bis zum 20. Septentber 1925 eingeführten Mengen zugunde legen wollte, entsprach einer Erhöhung des Kon- tingents auf 1 169 552 Dopvelzentner. Dieser Antrag wurde aber sowohl im Handelspolitischen Ausschuß als auch im Plenum ab- gelehnt; er bildete also für die Reichsregierung keine brauchbare Grundlage, und es verblieb bei der vom damaligen Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft, Hercn Dr. Haslinde, vorge- s{lagenen Regelung, die si, wie ih wiederhole, auf den Konsum des Kalenderjahres 1924 stüßte, der mit der HZiffer von 1020 000 Doppelzentner abschließt. Da gegenwärtig das Angebot an in- ländischem Fleish die Nachfrage bei weitem übersteigt wer kann das bestreiten? —, war es nötig, die Einfuhr zollfreien Gefrier- fleishes dem Stande des inländischen Fleischanfalls anzupassen und dementsprechend herabzuseßen.

Nun hat die Frau Abgeordnete Wurm die durchaus verständs liche Frage an mich gerichtet, wie die Neichsregierung sich die Ver« teilung des Gefrierfleishkontingents auf der neuen Basis denke, Ursprünglich bestand im Reichstag bei den Verhandlungen über die Wiedereinführung der Zölle die Absicht, das Recht zum Bezug gollfreien Gefrierfleishes lediglich auf die minderktemittelten Schichten der Bevölkerung zu beschränken. Man empfand e3 mit Recht als einen Mißbrauch des zollfrei eingeführten Kontingents, wenn die Mengen niht den Minderbemittelten zugeführt würden. Die Erfahrungen haben aber bewiesen, daß ein solches Vorgehen auf unüberwindliche technishe Schwierigkeiten stieß Die Vers«- teilung des Gefrierfleisches über das ganze Reichsgebiet vers ursachte derart erhebliche Schwierigkeiten, daß man von der Durführung der ursprünglichen Absicht, lediglich den Mindere bemittelten das zollfreie Gefrierfleish zuzuführen, Abstand nahm. Die Gemeinden konnten nicht verhindern, daß auch Angehörige der kessergestellten Vevölkerungs\chichten, Wurstfabriken und Gasts stätten zollfreies Gefrierfleisch bezogen. Mit Rüsicht auf dis bevorstehende Verringerung der gollfreien Einfuhr auf 500 000 Doppelzentner jährlich ist es notwendig, die zollfreie Einfuhr von Gefrierfleisch nur für die dichtest bevölkerten Gebiete des Reichs zuzulassen, in denen nach den statistischen Erhebungen schon bisher der größte Gefrierfleishverbrauh zu verzeichnen war. Es handelt sich also hier künftig mehr um eine territoriale Regelung, und bei der Verteilung der 50 000 Tonnen Gefrierfleish scheiden praktischerweise diejenigen Bezirke aus, bei denen der Gesamt-

*) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehob der Herren Minister, die im Wortlaute Sea E Ls

bedarf nicht entsprechend vorhanden ist, Diese Beschränkung wird