1905 / 288 p. 9 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 07 Dec 1905 18:00:01 GMT) scan diff

berger Feuerwehr, die sich auch ausgezeichnet bei diesem Unfall bes nommen hat.

Meine Herren, über die Ausrüstung von Stationen und Strecken mit dem Blocksystem, über die Einrihtung von Sicherheits- vorkehrungen haben die Herren Vorredner Statistiken, die ih auch hier zur Hand hatte, so reihlich gebraht, daß ich glaube, Sie werden mir gestattén, daß ich Sie niht noch mit statistischen Zahlen bediene; fie stehen natürlih jederzeit zur Verfügung.

Resümierend bemerke ih, daß in den gesamten Sicherheits8- einrihtungen die Preußish-Hessishe Staatseisenbahnverwaltung voran geht, mindestens mit an der Spiße aller Eisenbahnverwaltungen der Welt marschiert, und daß unsere Blockeinrihtungen auf allen Auês- stellungen, besonders in Amerika, epohemachend gewirkt haben. Es vergeht keine Woche, wo nit ausländische Techniker an mich Gesuche einreichen mit der Bitte, \ich unsere Einrihtungen anzusehen. Wenn also gelegentlich der Aufregung in der Presse behauptet worden ist, wir hätten keine ordentlihen Bremssysteme, keine Blockeinrichtungen, fo kann das ja nur auf eine Unkenntnis des Berichterstaiters zurück- zuführen sein.

Fn dieser Beziehung muß ih allerdings bemerken, daß eine ganze Menge Erfinder si bei solhen Gelegenheiten breit machen. So habe ich zum Beispiel einen sehr langen Artikel gelesen über eine geniale Erfindung, wonach der Lokomotivführer überhaupt an nichts mehr zu denken brauht, sondern es wird ihm geklingelt, je näher er einer Gefahr ist und dergl. Dann steht in einer ernsthaften Zeitung, diese Erfindung wäre ausprobiert und von den Technikern als durh- aus vortrefflich gebilligt worten, und nur die Fiskalität und Bureaukratie der Eisenbahnverwaltung hätte sie nicht eingeführt. (Heiterkeit.) Ja, meine Herren, die betreffende Erfindung ift aber noch nirgends eingeführt worden, und wir sind der Ansicht, daß, soviel wir auch automatisch bedienen, wir {ließlich den Kopf des Leiters nit automatisch bedienen können (sehr rihtig!), und wenn Sie einen Fahrdienstleiter auf dem Bahnhof haben, wie es in Duisburg ge- wesen ist, und dieser hat das Kommando wie ein Siffskapitän auf dem Schif, und er macht einen Fehler, dann ist das eben eine mens{hlihe Schwäche, auf die der Fehler zurückzuführen ift. Fn Duisburg is, wie man mir von fachmännis{her Seite ver- Achert hat, das beste Blocksystem eingeführt, das überhaupt bis jeßt bekannt ist. Selbstverständlih wird dieser Unfall wie auch der Unfall in Spremberg uns Anlaß geben, weiter darüber nachzudenken, ob man nit weitere Sicherheitseinrihtungen anbringen kann, die ein solches Fehblgreifen wie in Duisburg verhindern würden.

Hinsichtlich der Einführung des Bloksystems bemerke ih noch, daß ih bereits angeordnet habe, daß auf der Strecke Görlitz —Kottbus das elektrishe Blocksystem eingeführt wird, das bis zum 1. April fertig sein wird. Es if auf eingleisigen Strecken das Blocksystem allgemein, bis auf wenige Strecken, die einer besonderen Sorgfalt be- durften, nit eingeführt worden, weil eben der Zugmeldedienst ein so einfacher, ein fo sicherer ift, weil die Verkehrsdichte es nicht erheiste, und man mit der Einführung des Blocksystems nur gradatim vor- gehen kann, au schon wegen der Ausbildung des Perfonals. Das Blocksystem ist ganz vortrefflih, aber man muß auch das sachver- ständige Personal zur Bedienung haben, und auch {on deshalb muß in angemessener Weise mit der Einführung vorgegangen werden. Geld spielt dabei gar keine Rolle, sobald es fich um BetriebssicherhKt handelt. i

Nun hat Herr Abg. von Schenckendorff es für absolut notwendig hingestellt, zwei Punkte einer Petition aus Görliß auszuführen, erstens: Kottbus—Görliß muß zweigleisig ausgebaut werden, und zweitens: der Oberbau muß revidiert werden. Ja, meine Herren, daß der Oberbau revidiert werden muß und revidiert wird, ist selbstverständlich. Fh habe nah dem- Unfall so viel Klagen erhalten über unruhiges Fahren, daß ih die Direktion Halle beauftragt habe, den Oberbau genau zu untersuhen, und außerdem auch aus dem Ministerium Nâte dorthin entsandt habe. Was zur Verbesserung des Oberbaues nôtig ist, is geshehen bezw. wird andauernd geshehen. Was den zweigleisigen Ausbau anbetrifft, so wird zweifellos die Strecke Kottbus— Görlitz auch einmal an die Reihe kommen, dann, wenn die Verkehrs- dihte es erfordert. Ich habe die Absicht, wie ih dem Herrn Abgeordneten von Schenckendorf sagen kann, im nächsten Sommers fahrplan ein sehr {chöônes neues D-Zugspaar über die Strecke zu führen und zwar ohne daß das zweite Gleis gebaut wird. (Heiterkeit.) Wenn Sie aber besorgt sind, daß das D-Zugépaar ohne zweites Gleis nit fahren kann, dann könnte ich das D-Zugspaar ja noch streichen. (Erneute Heiterkeit.) Diese neue Zugverbindung foll dazu dienen, über Görliß, über den Gebirgsfamm bis nah Glaß hin zu fahren, also die \chlesishen Gebirgsbäder zu bedienen und dann einen weiteren Anshluß nah Oberschlesien hin zu hafen, sodaß die Ober- {leser über Candrzin—Cosel bequemer als bisher in das \chlesishe Gebirge kommen - können. Also, meine Herren, so ganz wird Schlesien niht vergessen. Ih habe nicht gewußt, daß ih die Vernachlässigung von Schlesien serviert bekommen würde, sonst hätte ih mir aus einigen \{lesishen Zeitungen Auéschnitte mit- gebracht, an denen ich au einmal Freude gehabt habe, in denen ih einmal ausnahmsweise gelobt worden bin, und worin die Schlesier sogar gesagt haben, ich hätte für den Fahrplan sehr viel getan. Also für den Fahrplan wird noch weiterhin dem Verkehrsbedürfnis ent- sprechend geschehen.

Es ist dann von der Handelskammer in Görliß der Antrag ge- stellt worden, es möchte in Görliß eine neue Eisenbahndirektion er- richtet werden, a conto des Spremberger Unfall3; die Direktion Halle sci zu weit vom Schuß. Meine Herren, wenn Sie die Größe und die Zahl der Direktionsbezirke sih ansehen, so ist Halle nicht der größte Bezirk, w-zu ich bemerke, daß die Größe des Direktions- bezirks durhaus niht maßgebend ist, sondern die Verkehrsdichtigkeit, und daß die kleinen Direktionébezirke, Essen und Kattowiß, die größte Arbeits- last haben. Außerdem steht an der Spitze der Eisenbahndirektion Halle ein auêgezeihneter Mann von folcher Tatfkraft und folhen Kenntnissen, daß Sie wahrlich nicht besorgt zu fein brauchen, daß er nit ordentlih Zucht und Ordnung auf der Görliß-Spremberger Strecke bringen wird.

Meine Herren, ih glaube, ih habe im wesentlichen die Fragen beantwortet, die die Herren Vorredner an mi gestellt haben. Aber Sie verlangen von mir nun selbstverständlich eine Antwort auf die Frage: wie soll ein solhes Unglück für die Zukunft verhütet werden ? Da kann ich Ihnen nur wiederholen, daß ih alle diejenigen Beamten,

erneut zur Pflicht gemaht worden, den eingleisigen Betrieb, überhaupt den Betrieb auf den Bahnen, mit Peinlichkeit dauernd zu revidieren, namentli au die Betriebskontrolleure, die selbst den kleinen Dienst aus alter Erfahrungfkennen, dazu zu benußen, um diesen Dienst dauernd im Auge zu behalten. . Meine Herren, ich möchte mir einen fleinen militärischen Vergleich erlauben. Es ist mit dem Betriebsdienft im einzelnen dasselbe, wie mit dem kleinen Dienst bei der Truppe mit dem o genannten Detailexerzieren. Wenn dieser selbe Dienst alle Tage zu tun ift, alle Tage dasselbe gemaht wird, so sind wenige Leute, die mit shreckliher Begeisterung an dem täglichen Einerlei hängen; und wenn dann einmal nit der rihtige Mann an der Spiße der Kompagnie hier der Betriebsinspektion steht, dann kann eine solhe Bummelei vorkommen. Aber, meine Herren, sie kommt in der Regel nur auf Strecken vor, die so wenig befahren sind, wie Görlißz—Kottbus. Denn wo der Betrieb ein flotter und strammer ist, da kommen die Leutegar niht auf Dummheiten, da haben sie die Zeit niht dazu. Es ift eine alte Erfahrung, daß ein Mann, der sehr viel zu tun hat, immer Zeit hat, ein Mann, der gar nichts zu tun hat, nie Zeit hat und nichts mat. (Bravo!) Meine Herren, das dritte Mittel, um einen Unglücksfall in der Zukunft zu verhüten, ist der hon erwähnte Erlaß gegen den Genuß von Alkohol im Dienst. Es is mir sehr s{chwer geworden das können Sie aus dem Datum des Erlasses ersehen; jet erst im No- vember, während am 7. August der Unglücksfall passiert ist —, einen solchen Erlaß herauszugeben, und zwar s{hwer geworden, weil ih der Ansicht bin, daß man vom Ministertishe keine Erlaffe herausgeben soll, die nicht durchgeführt werden können, die man auh nicht kon- trollieren kann. Außecdem weiß ih, daß es eine ziemlich starke Forderung ist, die ich an das Personal stelle, von alten lieben Gewohnheiten, hier und da mal ein Glas Bier zu trinken, abzusehen. Wenn ih troßdem dazu gekommen bin, den Alkoholgenuß während des Dienstes ganz zu verbieten, event. angedroht habe, mit Entlassung einzuschreiten, so habe ih die Pflicht dazu gehabt, weil der Spremberger Fall nit allein vorliegt, sondern weil in Oberschlesien ebenfalls ein Unglücksfall passiert ist, wo ein Lokomotivführer tatsäch- lich {wer betrunken war; ebenso in Ostpreußen bei Tilsit. Bei diesen Vorkommunissen hielt ich es für meine Pflicht, das Publikum, den Betrieb zu hüten; und ih bin der Ansicht, dadur, daß der Erlaß herausgegeben is, wird in den Kreisen der Eisenbahner die Meinung mehr und mehr Play greifen, daß in dem Alkoholgenuß eine gewisse Gefahr liegt. Er wird erzieherisch wirken, daß sie au außerhalb des Dienstes im Alkoholgenuß mäßig sind. Die Fälle in Oberschlesien und in Spremberg liegen fo, daß die Betreffenden nit im Dienst Alkohol zu \ich genommen haben, sondern ehe fie in den Dienst gekommen sind. Also der Erlaß, den i jeßt gegen den Alkohol- mißbrauch im Dienst herausgegeben habe, trifft eigentli diese Fälle nicht. Aber i bin der Ansicht, wenn die Leute wiffen, daß der Alkohol im Dienste gefährlich ist, werden fie sfich auch daran gewöhnen, wie jeder brave Soldat weiß: wenn er am anderen Tage einen weiten, beißen Marsch hat, dann trinkt er am Abend vorher nihts; denn er weiß ganz genau, er bleibt sonst am folgenden Tage liegen. Also, ih bin der Ansicht, daß der Erlaß erzieherisch wirkt. Ich hielt es aber auch für meine Pflicht, unmittelbar im Zusammenhange mit dem Erlaß eine zweite Verfügung herauszugeben, in der die Direktionen angewiesen werden, dafür zu sorgen, daß die betreffenden Bediensteten auf den Stationen je nach der Jahreszeit alkoholfreie Getränke vorfinden, sei es zu ganz minimalen Preisen, z. B. eine Flashe Selterwasser zu 2,4, sei. es, daß die Verwaltung unter Um- ständen bei starker Kälte Getränke oder Speisen aus ihren eigenen Mitteln verabfolgt. (Sehr rihtig!) Denn es wäre ein Fehls{lag, wenn man den Luten jedes Getränk verbieten wollte während des Dienstes, welher in der Tat anstrengend ist, sodaß sie gelegentlih eine Erfrishung zu sich nehmen müssen. Ich hoffe also, daß ih auf diesem Wege weiter vorwärts komme, und die Antialkoholbestrebungen, die ja font im Lande mehr und mebr Plat greifen, namentlich auch unter unserer reiferen Jugend, lassen hoffen, daß wir auf diesem Wege weiter fort- schreiten und dur Trunkenheit keine Betriebsunfälle mehr zu be- fürhten haben werden. (Bravo!)

Der vierte Punkt, den ih erwähnen möchte, ift der, daß ih die beshleunigte Einführung elektrisher Streckenblockierung auch für ein- gleisige Strecken in Aussicht genommen habe, auf denen bisher die Blockierung nicht eingeführt war, weil die Verkehrsdichtigkeit es nicht erforderte. Meine Herren, in den näcstjährigen Eisenbahnetat follen für diesen Zweck 2 Millionen Mark eingestellt werden.

Das wären die Maßnahmen, die ih getroffen habe, um solchen Unglücksfällen für die Zukunft vorzubeugen.

Es wäre nun noch etwas zu erwähnen über den Rettungsdienst, der meiner Ansicht nah nicht versagt hät. Welche großartigen Vor- kehrungen die preußish-hessishe Staatseisenbahnverwaltung getroffen hat, um einen guten Rettungsdienst einzurihten es find 78 Sanitätswagen, die im Lande verteilt sind —, das ist Ihnen be- kannt; auch darin marshieren wir an der Spiße.

Daß der Nachrichtenbienst versagt hat, babe ich auch \{chon er- wähnt. Was in der Zeitung gestanden hat über die Nichtentsendung des Rettungswagens von Görlitz, ist von der Direktion Breslau bereits eingehend beantwortet worden. Es waren Rettungswagen, Rettungskästen usw. alles zur Stelle. Es ist behauptet worden, daß im Zuge keine Rettungékästen vorhanden waren. Ja, meine Herren, wenn die Lokomotiven aufeinander fahren und die Gepäckwagen zer- trümmert werden, werden die Rettungskästen auch mit zersplittert. Im Zuge waren sie vorhanden. Es war aber auf der Station reih- lihes Material vorhanden, um die vier Verwundeten, um die es ih überhaupt nur handelte, zu verbinden.

Fehler sind begangen worden bei der Weiterbeförderung der Reisenden. Die Reisenden des Zuges Nr. 112 sind statt um 7} erst um 1 Uhr Nachts mit dem Personenzug in Berlin angekommen. Das sind Fehler, die ih ernstlich gerügt habe, die aber darauf zurüdck- zuführen sind, daß an einem folchen Tage, wo eine, ih möhte sagen, verlorene Schlacht passiert ist, nit jeder fähig ist, so geschickt und sahgemäß zu arbeiten, wie es notwendig wäre.

Meine Herren, die Herren Vorredner haben {on angeführt ih hatte mir auch das Material zusammengestellt —, daß wir in der

eine ganz verrottete Organisation hâtte, wie ih das in diesem Sommer in den Zeitungen gelesen habe, und daß kaum etwas geshähe für die Sicherheit und für das Leben der Reisenden. Ih bin sehr gern bereit, der Presse au in solhen Zeiten Auskunft zu geben; ih habe nur die eine Bitte an die Presse zu rihten; daß sie in solchen Zeiten auch nur die Wahrheit berihten möge. (Sehr rihtig!) Ich glaube, daß in diesem Sommer das reifende Publikum, das sich in den Bädern befand und die Eisenbahn viel benußte, ganz

unverantwortlih aufgeregt worden ist.

Meine Herren, ich bitte: habe Sie zur Verwaltung weiterhin Vertrauen! Es wird alles geschehen, was nur irgendwie mögli ist, um den Unglüdcksfällen, auf die wir wahrsheinlich bei den Etatsbera- tungen oder bei dem Wagenmangel noch zurückommen werden, und die sich in der leßten Zeit sehr stark gehäuft haben, vorzubeugen. (Lebhafter Beifall.) )

_ Auf Antrag des Abg. Goldschmidt (fr. Volksp.) findet eine Besprehung der Jnterpellation statt.

Abg. Dr. von D irksen (fr. kons.): Die Gifeubabnnetiwaltun at ih bemüht, die Fehler, die gemaht worden find, zu beseitigen. Aber daß der Minister diese Strecke nicht zweigleifig ausbauen will, wird in die Kreise der Interessenten dieser Bahn do große Enttäushung bringen. Ich möchte den Minister doch im Interefse meines Heimat- kreises nohmals um diesen Ausbau bitten. Es ist bei diesem Unfall zu rügen, daß die Bekanntgabe der Opfer der Katastrophe zu lange Zeit gedauert hat. Von Görliy iff keine Hilfe geleistet worden, weil der Ort des Unglücks zur Eisenbahndirektion Halle gehört. Es hätte auch die Stadt Görliß ihren Rettungswagen \chicken können. Der Unfall konnte in der Form jedenfalls nicht vorkommen, wenn die Strecke zweigleisig gewesen wäre. Die Eisenbahnverwaltung behauptet, daß der Betrieb auf eingleisigen Strecken nicht minder sicher sei als ‘auf zweigleisigen. Das ift eine Behauptung, die wir niht glauben können. In der Er- klärung der Verwaltung nah dem Unglück hieß es, die zweiten Gleise würden gebaut, um die Leistungsfähigkeit der Bahn zu erhöhen; das heißt also: niht der Sicherheit wegen. Wir hoffen, daß der Minister von seiner Ansicht, daß eingleisige Bahnen ebenso sicher sind, selbst abkommen wird, und ich bitte ihn, in den nähsten Etat die Mittel ¡um zweigleisigen Ausbau der Strecke Kottbus—Görliß ein- zustellen. Wenn in diesem Falle 7 Beamte haben Fehler machen föônnen, so {eint doch die Oberauffiht dur die Direktion Halle nicht streng genug gewesen zu sein. Im allgemeinen haben wir alle an dieser Strecke die Empfindung, daß es sih um eine verrahlässigte Strecke handelt, und doch kann diese Strecke auch strategische Bedeutung haben. Auf die technis{che Einrichtung will ich nit weiter eingehen, aber ich möhte es -doch für wünschenswert halten, daß das Ministerium ein Bureau errichte, welhes \sich aus\{ließlich mit allen neuen Erfindungen zu be- sessen hat. Eine Einmishung des Reichseisenbahnamts, wie der Abg. Schrader vorschlug, wünschen wir nicht, wir haben im Gegen- teil das größte Vertrauen zu unserem Eisenbahnminister.

Abg. Goldschmidt (fr. Volksp.): Die Ausführungen des Ministers können nit ganz unwidersprochen bleiben. Der Minister sagt, daß die Sicherheit auf den eingleisigen Bahnen ebenso groß ift wie auf den zweigleisigen. Aber jedenfalls wäre dieses Unglück bei Sprem- berg nicht passiert, wenn die Strecke zweigleisig gewesen wäre. Es darf nicht länger mit dem Ausbau der zweigleisigen Strecken gewartet werden. Die Görlißer Bahn war urfprünglich zwei- gleisig gedaht worden, aber die Staatscegierung hat diese Forde- rung bisher stets ablehnend beantwortet, obgleich das zweite Gleis zur _Betriebssicherheit unerläßlih is. Es werden ja viele Wünshe wegen Verbesserung der Eisenbahn- verhältnisse an die Regierung gerichtet, aber um der un- wichtigen willen dürfen doch nicht auh die wichtigen übergangen werden. Zum mindesten {einen aber tehnische Verbesserungen dringend notwendig zu sein, denn nah Zeitungéberihten soll es nit mehr mögli gewesen fein, den Zug nah der achten Blockstation noch aufzuhalten. Auch die bewacbsenen Abhänge dürften ihren großen Anteil an dem Unglück gehabt haben, denn in andern Fällen, wo der Ausblick nicht durch Bäume behindert war, hat man dur rechtzeitiges Bremsen Unfälle verhindern können. Der Minifter hat die Haupts{huld auf eine große Bummelei geschoben; da erscheint es mir doch + widtig, festzustellen, daß der Stationsvorsteher krankheitshalber beurlaubt war und thn sein Assistent vertreten mußte. Wäre da nicht vielleiht doch besser der Stationsvorsteher dur einen erfahrenen Stationsvorsteher vertreten worden und nit dur feinen Assistenten, zumal dieser doch auch seinen Dienst versehen mußte ? Man müßte auch vielleicht anstreben, die Beamten mit den technischen Fortschritten besser vertraut zu mahen. Wenn im alten Hamburger Bahnhof ein Eisenbahnmuseum eingerichtet würde, und dieses von diesem hohen Hause und den Eisenbahnräten fleißig besuht würde, so würde es boffentlich auch dazu beitragen, Unfälle zu vermeiden.

Abg. Dr. König - Crefeld (Zentr.): Als Nichtfahmann kann ih nicht über alle möglichen tehnishen Einrichtungen \sprehen, aber dieses Spremberger Unglück zeigt, daß besonders auf Em ges Strecken solche Unglüdsfälle vorkommen tönnen. Ich habe selbst erlebt, wie auf der Strecke zwischen Cöln und München häufig Zugverspäturgen vorkommen und dann die Züge mit Geshwindigkeiten von 100 Kilom. in der Stunde auf eingleisigen Strecken dabinfahren. Dabei ift eine sehr große Aufmerksamkeit der Beamten und eine große Inanipruthnahme der Materialien notwendig. Ist es denn ten Zugführern allein über- laffen, nach ihrem Belieben die Geschwindigkeit zu steigern ? Es müßte dahin gestrebt werden, daß möglihst die Zugverspätungen ver- mieden werden, damit solche Geshwindigkeiten niht nôtig find, die namentlich in der Nacht große Gefahren mit sich bringen. Der Laie hat allgemein das Gefühl, daß die eingleisigen Bahnen gefährlicher sind als die zweigleisigen. Jedenfalls muß mit einem zweigleifigen Ausbau vorgegangen werden, wo das Verkehrsinteresse und die Betriebs- siherheit es fordern. Auf der eingleisigen Strecke Cöln—Kleve, an welcher Kevelaer liegt, sind im Jahre 138 Pilgerzüge gefahren mit 147 000 Fahrgästen, an einem einzigen Sonntag mußten 30 Extrazüge eingelegt werden. Dort wäre der zweigleisige Ausbau unbedingt er- forderlich. Die meisten Unfälle sind allerdings niht auf mangelhafte Einrichtungen zurückzuführen. Das ist eine Beruhigung und ein ehrendes Zeugnis für unsere Eisenbahnverwaltung; es beweist, daß die Fiskalität niht für die Sicherheit maßgebend ist. Aber, wo Menschen sind, werden Fehler gemacht ; der tücktigste Beamte kann nicht sagen, daß er niht mit einem Fuße im Gefängnis steht. Wir müssen leider sagen, die Einrichtungen mögen noch so vollkommen sein, es werden doch immer Fehler vorkommen. Deshalb begrüße ih den Erlaß des Ministers wegen des Alkohols mit Freuden. Die Verwaltung muß mit \trengen Maßnahmen dahin wirken, daß das Alkoholverbot au wirklich durchgeführt wird. Die vpflichttreuen Beamten werden sih selbst sagen, daß es so sein muß. Es is gesagt worden, die Beamten seien überlastet und übermüdet. Ich kann mich nicht zum Sprachrohr dieser allgemeinen Behauptung machen, es wird darin viel übertrieben, aber ich bitte den Minister, uns mit dem nächsten Etat eine Uebersicht über die Beschäftigung der Beamten zu geben, damit wir sehen können, ob eine Ueberlastung vorliegt. Es fommt nit allein auf die Zahl der Dienststunden an, sondern auf die ganze Diensteinteilung. Die einzelnen Dienstschichten dürfen aller- | dings nit zu lange ausgedehnt werden. Die Nachtdienstzeit namentli | sollte niht bis in den Tag hinein ausgedehnt werden, und die Haupt- | sache ist, daß nit zu viel Nachtdienfte aufeinander folgen. In Württem- berg dürfen niht mehr als 4 Nachtdienfte auf einander folgen, aber ih

größeren

Statistik der Unfälle einen guten Play einnehmen, daß wir am günstigsten dastehen; ih brauche also diese Zahlen nicht zu wiederholen. Fch kann nur bitten, daß das hohe Haus im Lande mit dazu wirken möge, daß Vertrauen in. die Eisenbahnverwaltung be- steht, und daß man aus einem einzelnen Unfalle, der so aufgeklärt

die mittelbar oder unmittelbar mitgewirkt haben, bescitigt und fomit unshädlih gemacht habe. Dann ist sämtlichen Direktionen von mir

vor uns liegt wie dieser, niht {ließen möchte, daß die Verwaltung '

| halte dieses Bet für zu hoh. Im allgemeinen können wir nur das | Gefühl der Befriedigung über unser Eisenbahnwesen haben. Wer | Minister wird das Erreichbare erstreben, und hoffentlich gelingt es | ihm auch, das Herz des Finanzministers zu erweichen.

Darauf wird ein Schlußantrag angenommen.

(S{luß in der Vierten Beilage.)

zum Deutschen Reichsanzei

M 288,

Vierte Beilage

Berlin, Donnerstag; den 7. Dezember

ger und Königlich Preußishen Staatsanzeiger.

1905.

(S(hluß aus der Dritten Beilage.)

nat . von enden dorff dem Minist i Î puixrefsguten nicht die Gelegenheit benugten, et gedenilex, daß F ekommen, sondern daß dieser Wunsch schon lange vorher bestanden habe.

Die Jnterpellation ist damit erledigt.

Auf der Tagesordnung steht ferner die Inte i i rpe

der A A u. Gen. : ' 9 E

„Welche Veaßnahmen gedenkt die Königliche Staatsregi ja ergreifen, um den großen Stockungen E en a Bn, Ün E ate (n Mesem Aite in einem nie gesehenen

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e A B ren Bu rtshaftlihe Entwicklung des

Abg. Hilbck beantragt, mit Rücksi{t auf di chri G n Poros ju vertagen. B, S die vorgeschritiene g. von Pappenheim (kons.) erklärt sich dagegen. 5 Abg. Schmieding (nl.) stimmt dem Abg. HilbE bei, da bei er Wichtigkeit des Gegenstandes es nit angebracht sei, die Debatte zu zerreißen. E Das Haus lehnt die Vertagung ab. 25

Auf die Frage des Präsidenten erklärt sich der Mini der öffentlichen Arbeiten von Budde zur E Interpellation bereit. En ONNROE Das Abg. Hilbck (nl.): Sind die prsea: 2 eri an die

Fnüpfte ? ah der fisfalischen Seite haben allerdings die ü

die Hoffnungen weit übertroffen. Im vorigen Jahre Vale vi E bahnverwaltung über 600 Millionen Mark Vebershuß. Aber in bezug auf den Verkehr, namentlich den Güterverkehr und die Tarif- bildung sind die Hoffnungen “in keiner Weise erfüllt worden. Die Eisenbahnverwaltung hat es auch niht verstanden, den Verkehr immer p bewältigen. Dies hat sich namentlih in diesem Jahre gezeigt. An diesem 3. Dezember, nahdem die Nübenernte, auf die maa sonst immer den Wagenmangel {hob, längst vorüber war, haben in West- falen an den angeforderten 21000 Wagen niht weniger als a Wagen gefehlt. Das bedeutet für die Industrie einen usfall von 420000 G und für die Arbeiter einen Lohn- ausfall von 110000 Æ an einem einzigen Tage. Kommt dies noch hinzu zu der Erregung des Volkes über die Fleish- teuerung, so versteht man, wenn die Sozialdemokratie zunimmt. Insgefamt ist in diesem Jahre der Staatskasse ein Ausfall an Fracht dur den Wagenmangel in Höhe von 2 Mill. Mark entstanden. Eben erfahre ich aus Ruhrort, daß dort wieder 6960 gedeckte Güterwagen fehlen. Wie kommt es, daß in diesem Jahre gerade dieser Notstand in allen Gebieten, nicht bloß in Westfalen, eingetreten ist ? Die Eisenbahnverwaltung weiß doch, daß alljährlih im Oktober und November ein besonders großer Bedarf an Wagen ift, und maß dana ihren Wagenpark vermehren. Diese Vermehrung ist nit in enbaeuter Weise erfolgt. Der Niedergang der Industrie von 1901 at der Eisenbahnverwaltung einen Ausfall von 50 Millionen Mark gebramt, deshalb hat der Finanzminister unter Billigung des Eifen- Lis angeordnet, daß in den nähsten Jahren die Neu- La afung pon. Wagen fast ganz unterblieb. Diese Un'erlassung der agenbef ng zur rechten Zeit von 1901 bis 1903 ift die Ursache des jeßigen übergroßen Wagenmangels. Die Eisenbahnverwaltung hätte setave in der stillen Zeit die Industrie durch Wagenbestellungen be- hâftigen sollen. Es ist wiederholt von der Regierung in Aussicht gestellt worden, daß man in Zukunft so verfahren wolle ; daß ift auch das einzig Richtige. Der Minister hat in diesem Jahre große Wagenbestellungen gemacht, aber so ras lassen die Wagen sich nit herstellen, zumal bei dem flotten Gang der Industrie alle Werke voll- auf beschäftigt find. Ebenso hat die Vermehrung der Gleise nicht geit Schritt mit der Entwicklung der Industrie gehalten. Die C cweiterung der Rangierbahnhöfe ist hinter der Entwicklung des Verkehrs bergebinft ; ebenso hat die Beschaffung von Lokomotiven nit dem Bedürfnis entsprohen. Daß es der Eisenbahnverwaltung niht an gutem Willen gefehlt Hat, erkenne ih gern an, insbesondere hat die Cisenbahndirektion Essen in der Wagenverteilung das Mög- lihste getan, aber wo nichts ift, hat der Kaiser sein Ret verloren. Ich bitte den Minister um Autkunft, wie er dem Uebelstand abhelfen will.

Minister der öffentlihen Arbeiten von Budde:

S Meine Herren, ih kann nit in Abrede stellen, daß die Staats- eisenbahnverwaltung in diesem Herbst und bis heute nicht in der Lage gewesen ist, dem Verkehrsbedürfnis voll zu genügen. Die Tatsachen die der Herr Vorredner angeführt hat, sind nicht zu leugnen; sie Liegen klar auf der Hand. Alle Tage haben große Massen an Wagen namentlich in den Industriebezirkrn gefehlt, aber auch vielfah in der kleineren Industrie und auf dem platten Lande. Wenn ih mich nun lediglich an das halten wollte, was der Herr Vorredner gesagt hat» so müßte man eigentli den Eindruck bekommen, {daß die Staats- eisenbahnveïwaltung minderwertig geworden wäre, daß sie in diesem Jahre geringere Leistungen gehabt hätte; denn der Herr Vorredner hat, wenn ih ihn richtig verstanden habe, die eigentlißen Gründe weshalb denn die Staatseisenbahnverwaltung den Verkehr nit hat bedienen können, nicht angeführt mit Ausnahme des einzigen Punktes : sie hat zu wenig Wagen gehabt. Der Grund, weshalb die Staats- eisenbahnverwaltung den Verkehr nit hat bedienen können, ist ein höchst erfreulicher ; das ift nämli die gewaltige Steigerung des Ver- kehrsbedürfnisses im ganzen wirtschaftlihen Leben. Darüber hat aber der Herr Vorredner meines Wissens keine Zahl angeführt, sondern er hat nur die Zahl der fehlenden Wagen angegeben.

Wenn ih mir nun erlauben darf, Ihnen einen Ueberblick zu geben über die gesamte Steigerung des Verkehrs, d. h. über die An- forderungen, die an den Staatsbahnwagenverband gestellt worden ags so werden Sie sehen, daß diese Anforderungen gegen das

orjahr ganz ‘gewaltig gestiegen find und weit über das hinaus- geben, was bielleicht auch von dem Herrn Vorredner heute vor A erwartet werden konnte. Im Jahre 1905 sind von April

ugust 7 834 955 offene Wagen angefordert worden oder 6,3 9% e als im Vorjahre, und weiter ih will die einzelnen E nicht anführen, sondern nur die Prozentzahlen im e E dieses Jahres 10,6 % mehr als im Vorjahre, 2 Oktober 17,4 9 und im November 18,6 9% mehr als in E gleihen Monaten des Vorjahres. (Hört, hört! rechts.) Wenn defi L wissen, daß wir alljährlich in Uebereinstimmung mit Verteh ohen Hause im Etat annehmen, daß im Güterverkehr eine D ehrófteigerung von etwa 3 bis 40/6 stattfindet, und wenn orauf ih nohch später komme die Vorbesprehung mit den Inter-

großen Hoffnungen berechtigt ge- Verstaatlichung der Eisenbebn

mehr geleistet, wie ich vorhin erwähnt habe :

A sie hat bis zu was die Interefsenten ursprünglih verlangt hatten. Im Oft

für Kohlen und anderes Mafsengut namentli R A Mehrbedarf von 8%/0, im stärksten Monat von 10 9/6 geschäßt, im Braunkohlenrevier von 6 bis 80/9. Alle diese Zahlen find durch die

8 9% boraussagt, und wenn Sie dann hören, daß die Fn

von uns im November plöglihch 18,6 °/% mehr wr ias i Vorjahre, dann frage ih: wie soll das geleistet werden? Das haben die Interefsenten selbst nicht gewußt, und es geht mir in diesem Falle so, wie es au andern großen Betriebsunternehmungen geht, die jeßt die Bestellungen und Anforderungen, die an sie gemacht werden nit leisten können, weil sie, wie man zu sagen pflegt, bis über den Hals beschäftigt sind. Wenn ich den Mehrbedarf an gedeckten Güter- wagen anführen darf, so find gegen das Vorjahr mehr verlangt worden von April bis August 3,7 9/0, im September 2 9%, im Dfk- tober 4,4 %/o, im November 3,5 %/o. Im allgemeinen if in den be- deckten Güterwagen keine große Not vorhanden gewesen, wenn au hier und da Wagen gefehlt haben. Der Mehrbedarf «| an offenen Güterwagen ist zum großen Teil dur die aus- gezeihnete Rübenerntz, die wir in diesem Jahre glücklihherweise gehabt haben, mit hervorgerufen worden. (Abg. von Arnim-Züsedom : die Kartoffelernte!) Die Kartoffelernte fällt mehr auf den Bedarf von gedeckten Güterwagen, weil die Kartoffeln meift in gedeckten Güterwagen befördert werden. Die Wagennot bestand bauptsähhlih in offenen Güterwagen. Die Anforderungeza im Oktober für Rüben waren 41,5 % böber als im Vorjahr. Für Mebr stehen sie noh nicht fest, werden aber faum minder hoh sein. Die Rübenernte wird von fahverständiger Seite auf ein Mehr von 51 % gechäßt. Wenn man nun annimmt, daß im Jahre 1904 über 10 Millionen Tonnen Nüben geerntet worden sind, so würde das eine Mehrernte in 1905 von über 5 Millionen Tonnen allein an Rüben bedeuten. (Hört hört! rechts.) Soweit bei der Beförderung die Eisenbahn in An. spruch genommen wird, würde in diesem Herbst bei Annahme einer Steigerung von 91 9/0 an offenen Wagen allein für die Rübenernte ein Mehrbedarf von 180 000 Stück sein. Wenn der Herr Vorredner vorhin bemerkt hat, man hâtte gehofft, daß, nabdem die Rübenernte vorüber sei, die Wagennot geringer werden würde, so kann ich ihm nur sagen, daß nah den Berichten, die mir vorliegen, die Nübenernte L E E ua niht vorüber ist und vorausfihtlich

rößten Teil des Monats emb j i e O O jember die Eisenbahn noh in An -

Auch für Kohle ift ein ganz gewaltiger Mehrbe genü dem Vorjahre vorhanden, und ¿war in fti R A Mehrbedarf von 25,7 9/6, im mittleren Braunkohlenrevier ein Mehr- bedarf von 13,3 9%, im rheinischen Braunkohblenrevier von 40,9 9% Desgleichen ift ein Mehrbedarf an Wagen gewesen für andere Güter wie Ecze, Kalk, Eisenfabrikate und dgl. Namentlih war, wie vorhin erwähnt worden ift, au für Kartoffeln ein erheblicher Mehrbedarf an Wagen. Beispiel8weise sind vom Bezirk Cöln aus nach Belgien nicht weniger als 7000 Wagen Kartoffeln ‘ausgeführt worden, während im vorigen Jahre aus Belgien Kartoffeln nah dem Cölner Bezirk ein- geführt worden sind, d. h. mit anderen Worten: im vorigen Jahre liefen die belgischen Wagen uns zu, und beute find unsere Wagen nah Belgien gewandert. Dies alles hat der Herr Vorredner nicht angeführt; es ist aber doh ein ganz gewaltiger Entshuldigungsgrund ¿e die Staatseisenbahnverwaltung" ‘den Verkehr nicht hat bedienen önnen. z Sie hat aber den Verkehr nah Möglichkeit bedient. Güterwagen wurden im September von der R enes tung mehr gestellt als im Vorjahre 10,1 9%, im Oktober 9,0 9/0, im November 11,7%, an gedeckten Güterwagen mehr gestellt im September 95,1%, im Oktober desgleichen, im November 2,9 9%. Für Rüben wurden mehr geftellt als im Vorjahre allein im Monat Oktober 37 9/9. Die Gestellung an gedeckten und offenen Wagen zusammen betrug im November 1905 an jedem Tage 113 267 Wagen. Davon entfällt ein Viertel allein auf das kleine Gebiet ¡wishen Duisburg Ln Hamm, E auf das Nuhrgebiet, wo an offenen und gedeckten üterwagen niht weniger als 28 ä i E ger als 28 000 Wagen täglih im Bedarf ge- : Wenn nun der Herr Vorredner aus\ch{ließlich auf di hingewiesen hat, so möchte ih sein Augenmerk v ite Ce Ausnuzung der Wagen eine ganz andere geworden ist als früher. Die Ausnußzung des einzelnen Wagens ift dur die Verkürzung der Umlaufszeit wesentli gesteigert worden; sie betrug in den stärksten Verkehrêmonaten von September bis November 1901 3,95, also fast vier Tage, 1902 3,841, 1903 3,560, 1904 3,548, 1905 3,266, also bon 1901 bis 1905 eine Steigerung des Umlaufes von fast vier Tagen auf 3,266. Im November war die Umlaufszeit sogar nur 3,12 Tage. Für gedeckte und ofene Güterwagen zusammen war die Umlaufszeit im Oktober 1905 I vgs 29 im November 2,959 Tage, also für jeden Wagen noch ni age, troy der ti i E Mga: ß weiten Entfernungen, die vielfah gefahren Das Ergebnis. der Gesamtleistungen der Eisenbabnen i E Herren, kein ungünstiges; es hat nur e E A E entsprechen können, das kein Mens vorauszusehen Nicht rechtzeitig gestellt wurden im Oktober an offenen Güters Lten S 9% und an gedeckten Güterwagen 5,6 %. Der Mangel E s Güterwagen ist seit einigen Tagen wohl als beseitigt i; Die Schäzzung, die im Often und Westen d alljährliÞ zwishen den Interefsenten und a Baue tungen stattfinden, liegen weit unter der Verkehrssteigerung. Man hatte an der Ruhr die Steigerung des Kohlenverkehrs auf 4 9% geschäßt, worauf sich also die Eisenbahnverwaltung präparieren mußte. Die Eisenbahnverwaltung hat aber ganz bedeutend mehr geleistet, weit

alfo über das hinaus,

eflenten diese Zahl au vielleiht auf das Doppelte, also auf 6 oder

wirkliche Verkehrsfteigerung weit übertroffen worden. '

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Man hat dann auch der Herr Vorredner hat es

niht angeführt geklagt über die a E D Verkehrs. Ih möhte darüber sagen, daß die Eisenbahnverwaltung die s{ärfsten Verfügungen erlafsen hat, die Verkehre alle gleihmäßig ¡u bedienen. Es ist aber ausgeschlofsen, daß das an den einzelnen Tagen geshieht. Denn wenn Oberschlesien beute z. B. eine große Kohlens sendung ledigli bis Kosel {hickt und am folgenden Tage gehen die Kohlen bis Stettin, dann ist es ganz natürli daß über die Wagen später disponiert werden kann, wenn sie ads Stettin gehen, als wenn sie bloß bis zum Ums{laghafen Kosek gefahren worden sind. Das Bestreben ist es aber gewesen, die Verkehre gleihmäßi zu u gelungen ift es nichi. N

; o die eigentlihe Ursahz, weshalb die s

ist, ift eine höchst erfreuliche: es ist e Ba S

Î Nun hat der Herr Vorredner gesagt, die Eisenbahnverwakltun hâtte sich unter allen Umständen darauf einrichten müfsen S N eine Neibe von Zahlen angeführt, daß wir in der Beschaffung von Wagen ¡zurückgeblieben seien. Meine Herren, ich kann mich folie e ich Minister bin, hiervon niht getroffen fühlen. Der Deie Bör- redner hat allerdings nur von der Beschaffung von Wagen gesprochen ; darauf kann ih jedoch nit eingehen, sondern ich fann nur | spreden von der Beschaffung der Betriebsmittel. Denn die Beschaffung von Wagen genügt niht allein, sondern die Lokomotiven find eine große Hauptsahe. Jh mötte erwähnen, daß unsere großen Leistungen nur dadurch mögliß geworden find, daß ih die Staats- eisenbahnverwaltung seit Jahren reichlicher mit Lokomotiven versorgt hat, sodaß Lokomotiven und Personal im allgemeinen nicht gefehlt haben. Es kommt hier darauf an, welche Geldmittel auf- gewandt worden sind. Im Jahre 1902, als ih mein Amt übernahm waren 99 727 000 Æ für Betriebsmittel ausgeworfen. Wir brachten im _Jahre 1203 einen Etat bier zur Vorlage mit 70 090 000 Defizit. Da hat der Herr Finanzminister sowobl wie ih erklärt : troß des Defizits halten wir es für unsere Pflicht, eine Beschränkung in der Beschaffung der Betriebsmittel nit eintreten zu laffen Des wir balten es gerade für unsere Pflicht, in Zeiten der swacen In- dustrie Betriebsmittel zu bestellen, weil sie billiger sind, und damit man für Zeiten starken Verkehrs vorforgt. Demiufolge wurde troß des Defizits ein Posten von 98 540 000 4 in den Etat eingestellt Im Jahre 1904 segte ih es dur, daß ih fast 140 Millionen für Betriebsmittel habe, nämlih 139 938 000 4, und im Jahre 1905 werden mit denjenigen Betriebsmitteln, die bestellt worden find, ohne daß das hohe Hrus bis jeßt seine Genehmigung dazu gegeben hat rund 148 Millionen für Betriebsmittel verausgabt werden Ih wiederhole, daß ih den Etat mit einem Posten von nit an 100 Millionen für Betriebsmittel übernomten habe, und nah Tes Jahren geben wir 148 Millionen hierfür aus. Ich glaube also nit daß man mir den Vorwurf machen kann, daß die Staatseisenbabn- verwaltung Mangel an Voraussicht gehabt bätte. Aber ih gebe dem Herrn Vorredner zu, drei Jahre tun niht alles fóntédi es handelt \sich bei Betriebsmitteln um einen Heltciuit von etwa 25 Jahren, denn die Wagen werden bekarntlih ein Vierteljahr- hundert alt, bis sie ausrangiert werden. Wir baben im Jahre 1901 beschafft: 734 Lokomotiven, 1902 843, 1903 857, 1904 878 und 1905 ungefähr 900 Lokomotiven. Die Zahl der beshaften Wagen ift 1902 11629 gewesen, Güter- und Gepäckwagen, 1903 12 134 und 1904 15 978, und im Jahre 1905 werden es 17 700 fein. Diese Zahlen N also au niht dafür, daß die Staatéeisentabnverwaltung E i R Betriebsmittel getan habe, zu wenig Voraussicht ge- Ich habe auch keinen Widerspru bier in di Haus gehört bei den Etatsberatungen; im Gegznteil, ih ai C E genau, _daß Ihr vortreffliher Herr Berichterstatter in der Bud e kommission wie hier im Hause lobend anerkannt hat, daß für die Be triebsmittel etwas geshehen ist, und, meine Herren gerade bn Me Zeiten, für die ih verantwortlih bin. Í is

Meine Herren, nun kommt aber noch eine Anza S

die der Herr Vorredner au niht erwähnt “a Io der Wagennot ift, wie erwähnt, die plögliche Verkehrs\teigerung Dann aber sendet Preußen sehr viel mehr Wagen an die Giariiis Under einshließlich au von Süddeutschland, als beladene Wa en von dort zurückfommen, und daß bei einer Zeit der dia Wagennot dort die Wagen länger zurückgehalten werden, das [iegt auf der Hand. So waren am 1. November dieses Jahres fast 6000 Wagen weniger bei uns als im Juni. Am 1. Oktober 1905 befanden ih 3000 Wagen mehr im Auslande als 1904. Der Ausstand in Ruß- [and führte es mit sich, daß auf der Warschau-Wiener Bahn 720 preußishe Wagen zurückgehalten wurden, und die Eisenbahn- zustände in Oesterrei haben natürli auch den Wagenrücklauf niht beshleunigt, sondern verlangsamt. Dazu kommen noch einige andere Momente, das, was der Herr Vorredner {on anführte, daß dér Altenbekener Tunnel eingestürzt war, wodurch weite Umwege gefahren werden mußten, dann das außerordentlih {lechte Wetter ias und Regen, und namentlich in den leßten Tagen Nebel auf den Rangierbahnhöfen. JIch will Sie nit mit dem Verlesen einer Depesche des Direktionspräsidenten in Essen belästigen. Er teilt mir mit, daß die Rangierbahnhöfe seit zwei Tagen mit \{chwerem Nebel zu kämpfen bätten, fodaß bis 9 Stunden Verspätungen in der Ge

stellung des Leermaterials vorkamen. Jh glaube doch nicht, daß Sie wollen, daß bei der außerordentlichen Gefahr, die auf den Nangier- bahnhöfen besteht, namentli für die Rangierer, Ueberstürzungen statt- finden. Alle diese Ueberlastungen, die stattfinden durch die plögßlihe Verkehrssteigerung, führten zu einer gänzlihen Unordnung im Güterzug- fahrplan. Der Fahrplan auf den westlichen Linien istdurch Wochen hindur in Unordnung gewesen. Im Direktionsbezirk Elberfeld kamen vom

15, bis 24. Oktober 1777 Verspätungen von Güterzügen vor, von

eine bis zu 11 Stunden, im Direktionsbezirk Cassel 1173 Ver,

spätungen von 1 bis zu 14 Stunden. Meine Herren, dabei herrscht

überall die Ueberzeugung ih habe gestern eine große Denkschrift