enger Zusammenhang zwischen der Leitung der Sozialdemokratie und der Revolution in Rußland besteht. Was der Abg. Bebel für den Fall eines fünftigen Krieges ankündigte, ist nur so ¿u deuten, daß er die Landwebr- leute und Reservisten bei Ausbruch eines Krieges auffordern will, fih nicht zu stellen, also hinter dem Rücken des Heeres, Aufruhr zu er- regen. Ich glaube aber, daß die Verfafsungsrehte niht auf den Abg. Bebel übertragen werden. Die Kriegsgerihte werden schnelle Arbeit tun und folhe Elemente unshädlich machen. Wenn ih unter den Waffen stehe, werde ih meine Pflicht tun; es gibt aber auch noch andere Exekutionsmethoden (Zuruf bei den Sozialdemokraten : Tot- reden!), und wenn dies eben mir zugerufene Mittel helfen follte, fo bin ih gern bereit, 9 Stunden zu reden, wie seinerzeit der Abg. Antrick. Eine Vorprobe für eine zukünftige Revolution haben wir ja {on von der Sozialdemokratie in der legten Zeit in Sachsen erlebt. Die einheimische Polizei war nicht imstande, wirksam einzugreisen, offenbar aus Mangel an einheitliher Organisation. Ich habe deshalb aud Maßregeln zum einheitlichen Schutze der Versammlungs- freiheit angeregt. Nah einem Antrag Albrecht, der uns vorliegt, oll bei Versammlungen und Umzügen erst 6 Stunden zuvor die Anmeldung bei der Polizei erfolgen ; dann kann der rubige Bürger i niht mehr vorschen, dann fann die Polizei niht mehr Mafregeln treffen, dann werden sih die Vorgänge in Dresden und Chemniß wiederholen, mit s{limmeren Erfolgen. Es war zu lesen, daß die Dresdner Behörde sich mit den Arbeiterorgani]atkionen in Verhandlungen eingelafsen und sie gebeten bätte, von Straßendemonstrationen während des Weibnachtsgeschäftes abzusehen. Wenn das wahr ift, würde ih es für eine unerhörte Feigheit balten; mit der Revolution verhandelt man nit, man \{chlägt sie nieder! Noch sind die staatstreuen Elemente în roßer Mehrzahl im Lande vorhanden, man soll ibnen bloß die Möglichkeit geben, die Wucht dieser Zahl auch bei Wahlen zum Aus- druck zu bringen; künftige Wahlkämpfe mühen, so gestaltet werden, daß der Unterlegene in der Hauptwahl ¿um Mitsieger in der Stich- wahl gegen die Sozialdemokratie wird. Wir haben diese Taktik in Eisenach siegreih erprobt. Aber es muß auch die Wakblpflicht ge- hafen werden; sie würde Ihnen sehr unbequem fein, Herr von Gerlach, aber Sie werden die Forderung gerecht finden. „Das Ziel erkannt, die Kräfte gespannt, die Shwarzseher verbannt!“ Denn noch brauchen wir die Hoffnung aus gesunde, friedliche Zustände nit aufzugeben, troy der Revolution!
Staatsminister, Staatssekretär des Jnnern Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:
Meine Herren ! Ihre Verhandlungen haben damit begonnen, daß gegen die verbündeten Regierungen aus der Mitte des hohen Hauses der Vorwurf erhoben wurde, sie habe rüdsihtélos gegen das Parlament des Reichs gehandelt, indem sie die leßte Session des Reichstags \chloß, statt zu vertagen. Ich erinnere demgegenüber zunächst daran, daß in den ersten elf Jahren des Bestehens des Deutschen Reichs, wo die großen geseßliden Grundlagen für den Ausbau des Reichs gelegt wurden, eine Vertagung des Reichstags überhauvt nicht statt- gefunden hat, und daß, da 1898 und 1903 Schluß der Legiélatur- veriode war, seit 1896 überhaupt nur zweimal, nämli 1897 und 1900, ein Schluß der Session erfolgt ift. Die Diskontinuität der Parla- mente herbeizuführen, beruht auf einem wichtigen monarchischen Recht, das verfassungsmäßig die Krone jederzeit nah ihrem cigenen Ermessen zu üben befugt ist. Aus den Vorwürfen, die gegen die Regierung erboben sind, weil sie die leßte Session geschlofsen hat, sieht man, wie bedenklih es werden kann, wenn tillschweigend Rechte der Krone zeitweise niht ausgeübt werden. (Lachen links.) Meine Herren, Sie lachen darüber! Aber die Parteien legen doch auhch auf ihre ver- fafsungémäßigen Rechte großen Wert, und sie können deshalb der Regierung einen Vorwurf nicht machen, wenn sie von ihren Rechten ebenfalls Gebrauch macht.
Nun, frage ih, was ift denn eigentlich durch den Swluß des Reichstags für ein sacliher Schaden herbeigeführt? Das Militärpensionsgeseßp war überhaupt erst in wenigen Para- graphen beraten; es war niht die geringste Aussicht vorhanden, daß in der vorigen Tagung, auch wenn der NReihs- tag noch weit bis in den Sommer ‘hinein beraten hâtte, diefes Gesey damals noch zur Verabschiedung gelangt wäre. Dieses Gese ift Ihnen, zum Teil mit den Abänderungen , die damals in der Kommission beschlossen sind, jeßt bereits wieder vorgelegt. Die Maß- und Gewichtsordnung ist Ihnen ebenfalls fast wörtlich in der von der Kommission beschlofsenen Fafsung wieder unterbreitet. Auch nehme ih an, daß das Börserngeseß vom Bundeérat in der von Ihrer Kommission gewählten Fafsung beschlossen und Ihnen zugehen wird. Ebenso ist Ihnen das Banknotengeleß wieder vorgelegt. Also alle die Gesetze, die damals noch niht erledigt waren, liegen dem Reichstag jeyt ziemlich unverändert zur Beschlußfassung wieder vor. (8 ist Hiernah ganz ausgeschloffen, daß dadur, daß die NRe- gierung von ihrem Ret der Diskontinuität Ihrer Verhandlungen Gebrau gemacht hat, irgend ein fahlicher Schade für die Ar- beiten des hohen Hauses herbeigeführt ift. (Sehr richtig! rechts.)
Ich komme nun auf eine zweite Frage, die damit in einem gewissen Zusammenhange steht oder wenigstens in einen gewissen Zusammen- hang damit gebracht wird; das ist die Frage der Tagegelder. Ich gestehe zu, daß für die Gewährung von Tagegeldern gewisse sachliche und Nüßlichkeitsgründe geltend gemacht werden können; aber es werden dagegen auch sehr s{chwerwiegende politische Gründe ins Feld geführt. Fch will nicht auf die Verfassung hinweisen, unter deren bestehenden Paragraphen das jeßt versammelte Haus gewählt ist. Ich will mich aber auf eine andere Tatsache stüßen. In dem erften Jahrzehnt des bestehenden Reichs hat das Parlament und. mit ihm die Regierung nicht so unter dem Absentismus gelitten wie jeßt, und gleichzeitig wird man doch behaupten können, daß au die Wohlhabenkeit der Kreise, aus denen die Mitglieder des hoben Hauses überwiegend hervorgehen, im allgemeinen sich nicht unwesentliÞ gehoben hat (Widerspruch), gehoben hat mit der Wohlhabenheit des ganzen Volkes. (Widerspruh.) Giwiß, meine Herren! Ferner muß ich doch auch an die Tatsache erinnern, wenn man diese Frage einmal hier erörtert, daß für eine ganze Reihe von Mitgliedern des - hohen Hauses die Gewährung von Tagegeldern gar keine wirts schaftlihe Bedeutung hat, und daß sie vielfach durch ander- weitige Verhältnisse verhindert sind, den Sitzungen beizuwohnen. Woran liegt diese Ersheinung? Sie liegt meines Erachtens daran, daß wir in den leßten 30 Jahren eine große Anzahl von neuen volitisher, fommunalen , fahmännishen Körperschaften geschaffen haben und hierdurch unser öffentliches Leben ein fo intensives ge- worden ist, daß die Mitglieder dieses hohen Hauses auch dur die Teilnahme an vielen anderen Körperschaften in Arspruch genommen sind, — i verweise in der Beziehung auf den Parlamentêalmana. Man fragt \sich in der Tat, wie es einem noch so arbeitsfähigen Manne mögli sein kann, alle diese Aufgaben zu erfüllen. Dieser Zustand, diese Abbaltung dur andere wichtige Pflichten im öffent- lihen LÆben würden auch durh die Tagegelder in keiner Weise be-
aber nicht die Tätigkeit in anderen öffentlichen Körperschaften. (Wider- \spruch und Unruhe links.) Außerdem haben wir hier im hohen Hause etwa © bis 6 Monate jeden Tag in der Woche Plenarfißungen von täg- lih 5 Stunden und darüber. Für die meisten Mitglieder des Hauses, die anwesend sind, haben vorher dreistündige Kommissions- sizungen stattgefunden. Dazu fommen die Fraktionsfizungen. An die Tätigkeit der Vertreter der Regierung, die außerdem eine große laufende Verwaltung zu beforgen haben, will ich gar nit erinnern. Das ift in der Tat eine Anforderung, die an die geistige und physische Kraft des Mannes gestellt wird, der nur die ge- sundesten und fräftigsten Naturen überhaupt lange Widerstand leisten können. (Schr richtig!) Wo bleibt aber bei dieser intensiven Be- schäftigung, die von den Mitgliedern des hohen Hauses und von den Mitgliedern der Regierung verlangt wird, noch die Zeit zur Vor- bereitung? Diese überlastende Tätigkeit, wie sie von Ihnen und von uns verlangt wird, auf dem Gebiete der Gesetzgebung, muß \chließlich wr Ershlaffung und Verflahung des politischen Lebens und zu Wiederholungen führen, und ih sehe in diesen äußeren Umständen ebensosehr den inneren Grund des Absentismus, wie vielleitt in den wirtshaftlihen Verhältnissen, die mit der Diâten- losigkeit verbunden find. Ich versichere Ihnen, daß mir auch Herren, die bier auf der Tribüne arbeiten, die Herren Berichterstatter, erklärt haben, das Material, welches ihnen zuflöôfse, wäre ein fo foloffales, daß fie troy ihres lebhaften Wunsches sehr bäufig bedeutende Reden, wichtige Erklärungen gar nit genügend rerarbeiten könnten, weil die Arbeit des laufenden Tages die Arbeit des vorhergehenden überwältigt. Ih meine, diese inneren Gründe und diese Zustände, von denen Sie selbst unbefriedigt sind, und auch die Regierung unbefriediat sein muß, drängen mit innerer Notwendigkeit zu einer fnavveren Behandlung unserer Geschäfte (Sehr richtig !), und soweit es an der Regierung liegt, wird sie mit gutem Beispiel vorangehen. Dazu kommt noi, daß in der Tat — keiner der Herren
haltig ist, wie man glaubt. Die Personen, die hier auf den Tribünen
und unter diesen find noch sehr viele Ausländer, die diese interessante Nummer, wenn sie in Berlin sind, mitnehmen, cinmal einer Sißung im Reichstage beizuwohnen.
Ferner, was die Wiedergabe der Neden in den Zeitungen betrifft, so werden diese Reden zurehtgeschnitten für den Abs
punkt der Zeitung. Ih will den fehen, meine Herren, der sich aus den Zéitungsberichßten wirkli ein objektives Bild über das machen ‘ fann, was hier vorgegangen ist. (Sehr richtig !) Wenn beispielsweise eine Zeitung sagt, daß wir das englische Handelé£- provisorium vorgelegt hätten, sei eine unbegreiflihe Maßregel der
mit Engelszungen geredet werden: so wird das auf die Kreise in der Provinz, die nur die cine Zeitung lesen, gar keinen Einfluß haben, denn die bekommen die anderen Aeußerungen eben gar niht oder nur sehr summarisch zu lesen. (Zwischenrufe.) Sie, meine Herren, mögen ver- schiedene Zeitungen lesen, in der Provinz liest man aber meist nur eine Zeitung, und auf diese ist die Meinung des Lesers in der Provinz
geeiht.
Ich glaube nit, daß jemals ¿. B. der Herr Abg. von Kardorff über- zeugt worden ist durch eine Rede des Herrn Akg. Bebel, wenigstens glaube id nit, daß er jemals anders gestimmt hat; und fo glaube ih au umgekehrt niht, daß der Herr Abg. Bebel durch eine Nede des Herrn Abg. von Kardorff in seiner Ansicht oder Abstimmung wesentli beeinflußt wird. Es kommt eben ni6t so sehr darauf an, was zur Begründung oder Bekämpfung einer Vorlage gesagt wird, sondern wie dur die gesetzgebende Versammlung im Wege der Gesetzgebung den geistigen, wirtschaftlichen und politischen Bedürfnifsen des Landes genügt wird, und wie die Vesege im Lande demnächst ausgeführt werden.
Es ift uns ferner vorgeworfen worden, daß wir hier 25 Gesetze auf einmal dem hohen Hause vorgelegt hätten. Der Herr Abg. von Lieber- mann hat son mit Recht daran erinnert, daß wir früber getadelt wurden, daß wir nicht die Gesege al8bald beim Zusammentritt dem Hause vorlegten, sondern nach und nach, und dann die Zeit nicht reichte, diese Geseze ¿u beraten, und die Möglichkeit fehlte, für die gesamte Tagung eiren Arbeitéplan aufzustellen. Nun, bitte, sehen Sie sich diese Gesche näher an! Unter diesen Gesegen ift nicht ein einziges, einshlicßlich der Finanzreform, was niht von dem boben Hause seit Fahren verlangt und gewünscht wird. Und dann kann ih auch nit annehmen, daß das hohe Haus nit în der Lage wäre, diese Gesetze zu erledigen. Denn man glaubt dohch offenbar, daß auch noch Zeit genug übrig bleiben wird für die Erledigung anderer aus der Mitte des boben Hauses hervorgegangener Vorlagen. Sehen Sie do, bitte, auf die große Anzahl von Anträgen, Refolutionen, Geseßentwürfen, die von Ihnen selbst vorgelegt \ind, und die nach ihrer sahlichen Schwerkraft fasi ebenso umfangreih sind, wie die Vorlagen der Re- gierung. Es wird endlich auch geklagt über die Rücksichtélosigkeit des Bundesrats, daß er Resolutionen und Geseßzentwürfen , die vom Reichstag beshlofsen find, niht Rehnung trüge. Ich glaube, man verkennt damit die Stellung des Bundesrats und das politishe Ver- bältnis der beiden Machtfaktoren,. Bundesrat und Reichstag, zucin- ander. Ich behaupte, daß es keinen Staat in der Welt gibt, wo neben cinem so weitgehenden Wahlrecht, wie das allge- meine, gleiche, direkte geheime Wahlrecht, nicht neben dem einen Haus ncch ein Oberhaus besteht. Bei uns im Deutschen Reich bestebt aber cin solhes Oberhaus nicht, denn der Buntesrat ist eine Vertretung der Regierungen, seine Mitglieder find an Instruktionen gebunden. In Ermangelung eines Oberhauses ist des- halb der Bundesrat genötigt, die Funktionen, die in den anderen Staaten das Oberhaus wahrnimmt, selbst wahrzunehmen. Deshalb hat er die gesam t e Gesetzgebung, die hier aus dem hohen Hause hervor- geht, seinerseits zu sihten und allen Anträgen und Gesetzen, die er für das Reich nicht für nüßlich bält, selbst die Genehmigung zu versagen. Damit hängt aber auch zusammen, daß die politische Verantwortung, ich möchte fast sagen, das politische Odium, das sonst in anderen Staaten zum Teil das Oberhaus trägt, auf den Bundesrat allein als die unmittelbare Vertretung der Regierungen fällt.
Ich möchte nun mit einem Wort auf die Finanzlage eingehen. Fch habe hier in den 12 Jahren, wo i die Ehre habe, mit dem
jeitigt werden. (Witerspruch.) — Vielleicht nur die Doppelmandate,
Reichstage zu verhandeln, fortgesezi Klagen gehört — schon wie
mag es mir übelnehmen, denn es bezieht fich das teilweise au auf ! die Regierung —- der Wert von Reden verbältnismäßig nicht so nah- i l De zom : i i | gewaltigen technis{chen Fortschritt au? allen Gebieten und bei der
sien, stellen doch nur einen kleinen Teil des deutschen Volkes dar, |
geordneten der eigenen Partei und nach dem politishen Stande j
Regierung, so kann von den Freunden dieses Handeléprovisoriums | ti : E E Zj | sMaftlihe Zentren dank seiner Geschichte, daß diese einen festen
unsere Schuldenlasi noch viel geringer war — über das unabsfehbarc und schnelle Wachstum der Schuldenlast des Reichs. Bei den leßten Verhandlungen über die jeßige Finanzreform cheint sih aker ein ganz anderes Bild zu bieten; jeßt ift es so dargestellt worden, als ob unsere Sculdenlast eigentlih gar nit so gefährlih wäre, und als ob die Maßregeln, die die verbündeten Regierungen vorshlügen, eigentlih sahlich nit voll begründet wären, ais ob wir unnüy in düsteren Farben malten.
Meine Herren, zunähst muß ich bemerken, daß die Parallele, die mit England, Frankrei, Amerika gezogen wird, meines Erachtens nicht zutrifft für die Verk ältnifse im Deutschen Reiche. Ich erinnere Sie nur daran, in welch großartiger Weise seinerzeit England nach den napoleonischen Kriegen seine Schulden ak- gebürdet hat; ih erinnere Sie nur daran, in welcher Weise Amerifa nach dem Sezessionékriege seine Stuldverhbältnifse geordnet hat; auf Frankreich ift son früher Bezrg genommen. Aber außerdem ist au nicht die absolute Höhe ter Schulden maf- gebend, sondern die Schulden stehen wie bei jedem Privatmann im Rerbältnis zur wirtshaftlihen Potenz, zum Kapilalreihtum des Staates, und wir können uns in bezug auf Kapitalskraft auch beute o nit weder mit Franfreichß noch mit England noch — behaupte ich — mit Nordamerika messen.
Es fommt aber noch ein anderer Gesichtspunkt hinzu. Je mehr wir Schuldentitel auf den Markt bringen, ie öfter wir mit neuen Anleihen an den Geldmarkt herantreten, desto mehr wird natürli der Kurs unserer Anleihen gedrückt, und desto teurer wird verbältnismäßig das Geld, das wir für unsere Anleihen zu bezahlen haben. Man kann Schulden machen für Einrichtungen, die dauernd sind oder dauernde Erträge versprechen. Aber wenn wir beispielsweise für die Zwee der Landeë- verteidigung genötigt sind, Anschaffungen zu machen, die fih im Laufe eines Menschenalters aufbrauhen oder unmodern werden, dann baben wir meines Erachtens die Verpflichtung, im Wege der Steuern und im Laufe einer Generation die Mittel zu beschaffen für solche Aufwendungen, die für die nächsie Generation von Wert niht mebr sein Werden; denn die fommende Generation wird bei dem
Verfeinerung unseres gesamten Lebens selbst neue Aufgaben zu lôsen und auch zu bezahlen haben. Deshalb is es meines Erachtens unrichtig, Schulden zu machen für Anlagen, die sih bereits im Laufe eines Geschlechts aufbraucen ; die müfsen von der lebenden Generation im Wege der Steuern gedeckt werden. Ich habe einmal mit tem verstorbenen Minister von Miquel in einer ernsten Stunde cine Unterhaltung gehabt über die Finanzen des Deutschen Reichs. Wie Sie wissen, war Herr von Miquel ein Mann von großer praktischer Erfahrung und einer gewifsen geschichtéphilofophischen Auffaffung. Er sagte mir bei dieser Gelegenheit: wir brauhen in Deutshland den Sieg des Nadikalismus, wie er von der äußersten Linken vertreten wird, zunächst nit zu fürhten; denn Deutschland hat s\#o viele verschiedene geistige, soziale und wirt-
Rüdbalt gegen den Ansturm des Nadikaliëmus bilden; die Lage der Regierung kann erst dann eine gefährlide werden, wenn fie in \chlehte Finanzen gerät, wenn fie infolgedefsen zu abhängig wird vom Parlament, und wenn sie die Staat18ausgaben, die das Land und ihre Stellung erfordert, nicht mehr leisten fann. Meine Herren, mir \hecint hierin eine tiefe Wahrheit zu liegen. Der Herr Abg.
Im allgemeinen haben Reten au nur eine geringe suggestive Kraft. | Bassermann und ebenso der Herr Abg. Bebel sind auch auf die jevige
Streikbewegung zu. sprechen gekommen, und ih muß fagen, das Streik:
! zieber, wie es jeßt durch die deutsche Arteiterbevölkerung geht, wuß
auf die Länge geradezu zerrütiend auf unsere wirischaftlichen Ver-
| ältnisse wirken. Der Herr Abg. Bebel hat sich darüber beschwert,
daß — ich glaube, im säcbsishen Textilgewerbe — Arbeiterinnen aut- gesperrt sind, weil sie nicht aus gewissen Organisationen austreten wollten. Ich möhte demgegenüber den Herrn Abg. Bebel daran erinnern, daß fortgesezt Arbeiter von ihren Mit- arbeitern ausgesverrt werden, weil fic nit Organisationen angehören. (Bravo! rets.) Also allerdings der umgefkfehrte Weg. (Zuruf rechts.) Nein, das ist nichts anderes, Es ift in beiden Fällen eine Be- schränkung der persönlichen Freiheit. (Sebr richtig! rechts.) Beides hängt eng zusammen, und ich meine, auch die Unternehmer würden ih den Organisationen gegenüber anders stellen, wenn nicht dieser Zwang seitens der organifierten Arbeiter geübt würde auf die ni{htorganisierten. (Sebr richtig! rets.) Hier in Berlin ereignet es sich nur zu bâufig, daß eine Arbeitsniederlegung stattfindet, weil die Organisierten niht zusammen mit den Nichtorganifierten arbeiten wollen. (Zustimmung rets.) Im Hinblick auf diese Zustände hat der Herr Abgeordnete Bassermann den Wunsch ausgesprochen, daß möglihft bald das Geseg über dic Arbeitskammern vorgelegt wêrden möchte. Wenn die verbündeten Regierungen dieses Gesetz, welhes i namens derselben am 80. Januar vorigen Jahres angekündigt habe, dem boben Hause unterbreiten, io hoffe id, wird es Ihre Zustimmung finden und dazu beitragen, die Schärfe der Kämpfe zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu mildern. Jedenfalls wollen wir aber erft sehen, ob das Gesetz, be- treffend die Berufsvereine, in diesem hohen Hause eine Gestalt bekommt, die für die verbündeten Regierungen annehmkar ist. Ist das der Fall, dann werten die verbündeten Regierungen sicher au einen Schritt weiter geben, und die Schaffung von Arbeitsvertretungen in Aussicht nehmen.
Meine Hérren, ih gestatte mir noch kurz die soziale Frage im allgemeinen zu berühren. Die moderne Arbeiterbewegung steht im
"engsten Zusammenhang mit der großartigen und schnellen Entwicklung ! der deutshen Industrie. Ih) möchte sagen, diese moderre Arbeiter- | bewegung, die große Mafsca von Arbeitern an einzelnen Punkten zum | Teil ganz vorübergehend fonzentriert, aber von der heimischen Scholle dauernd loslöft, ift der Schatten unserer industriellen Entwicklung. (Sebr richtig!) Es ift auch ganz naturgemäß, daß, | wenn der Arbeiter siebt, wie die Wohlhabenheit in unserem Lande Gott sei Dank steigt, er dann gleiWzeitig mit seiner besseren Schul- bildung und mit der wahsenden allgemeinen Kultur auch seine Ansprüße an. die äußere Lebenshaltung fteigert und er einen größeren Anteil an dem Gewinne der industriellen Betriebe für ch zu gewinnen fut. (Sehr richtig!) Aber dieses Bestreben, das an sich verständlih und auch berechtigt ist, findet seine Grenzen in zweierlei Richtung. Erstens kann selbsiverständlih durch die Höhe der Arbeitslöbne die Produktion nicht in einer Weise verteuert werder,
Fort’ezung in ter Zweiten Beilage.) (F gung D g
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zum Deutschen Reichsanzeiger und Köni
(Fortseßung aus der Ersten Beilage.)
daß {ließlich die Kauflust und Kaufkrast der heimischen Verbraucher finkt oder die Möglichkeit der Einfuhr fremder Erzeugnisse nah Deutschland übermäßig begünstigt wird, und ferner ist es ein Irrtum den man namentlich in sozialdemokratishen Kreisen häufig begeht daß man im allgemeinen den Verdienst der Unternehmer zu bo eins6äßzt. Wenn der Unternehmer niht mehr die Aussicht hat, sein Kapital wirkli gewinnbringend anzulegen, wird eben die Unternehmunçgslust überhaupt zurügehen, ein Zustand, wie er in Frankrei fo lebhaft beklagt wird. (Sehr richtig!) Es wird niemand sein Kapital risfieren in gewagten industriellen Unternehmungen, wenn ibm nit ein rei- licher Gewinn in Auesiht steht. Außerdem sieht man immer nur die glücklichen Unternehmungen, die großen Zins abwerfen. Von den Unternehmungen, den zahlreiGen Unternehmungen, die till untergehen, von denen fpriht kein Mensh. (Sehr richtig!) Werden also die Forderungen an Lhnen übershraubt, wird die Ware ¡u teuer, das Geschäft zu riskant, so leidet unter den fortwährenden Streiks zunächst die Unternehmerlust des deutschen Unternehmer- standes, dann trägt aber in zweiter Reihe den Rücks&lag der Arbeiter weil sich die Arbeitsgelegenbeit entsprechend vermindert. (Sehr richtig !) Diesen Auêëwüchsen der Arbeiterbewegung kann man nicht durch Gesege abhelfen; dem kann man nur abhelfen dadur, daß der Arbeiter in
seinem Denken wirtschaftliß reifer, wirklih gebildeter wird und daß er so imstande ift, den wirtschaftlihen Zusammenhang zwischen Arbeitslohn und Arbeitêsmarkt zu übersehen. (Sehr richtig !) Auferdem muß selbstverständlich die gere@teste Bekbandlung des Arbeiters sowobl seitens der Regierung8organe, wie der bürgerlihen Gesellshaft binzukommen, um sih das Vertrauen des Arbeiters zu erwerben und zu erhalten. (Sehr. rihtig!) Aber wenn hier bei Gelegenheit der Stenerdebatte ein so düsteres Bild entworfen ist von dem traurigen Zustande des deutschen Arbeiters, so will ich mich auf eine andere ih glaube, ziemlih unparteiishe, Quelle stüzen. Die énalisbes Messingwerke von Birmingham hatten eine Deputation nah Deuts{- land gesandt, um sih zu überzeugen, wie eigentlih die wirts{aftlibe Lage des deuishen Arbeiters sei, ob sie wirklih so elend sei, wie man bäufig liest, ob der deutshe Arbeiter zu so niedrigen Löhnen arbeite ob seine Lebenshaltung in der Tat eine so geringe fei, daß daraus eine gefährliche Konkurrenz für die englishe Industrie entstehen müsse weil man dementsprechend in Deutshland auch wesentlich billiger pro- duziere als in England. Das über ihre Reise von der Deputation veröffentlichte Buch ist wirklih sehr belehrend. Ih empfehle Ihnen namentlich alles das, was in bezug auf die sittliße Erziehung des deutschen Volkes durch die allgemeine Wehrpflicht gesagt ist. Was aber insbefondere die Lebenshaltung des Arbeiters betrifft fo findet fi hier folgende Stelle: i Vom Standpunkte des Arbeiters ift es ganz unzweifelhaft, daß der deutshe Arbeiter besser genährt ist wie in England : (hört, bört! rechts), und daß er sich eines böheren sozialen Lebensstandes erfreut (hört, hört! rets); es scheint, daß billige Nahrung nit der einzige wichtig 8s punkt in der Wohlfahrt eines Volkes ift E (sehr richtig! rechts), sondern daß die Intelligenz und die Selbstbeshränkung in ihrem Gebrauch vielleiht von noch größerer Bedeutung ist. (Sehr rihtig! rechts.) Die Intelligenz des deutshen Arbeiters ift in der Tat dank der deutshen Schulbildung in einem ganz außer- ordentlihen Maße gestiegen, und man fkann nur hoffen daß er von dieser Intelligenz auch in den Kämpfen auf dem Arbeits- marft einen durch Selbstkontrolle beschränkten Gebrauh machen möge (Bravo !) ; : Etwas ganz anderes wie die moderne Arbeiterbewegung ift aber die sfozialdemokratishe Bewegung. Die Sozialdemokratie [chöpft daraus ihre wesentlihste Kraft gegenüber den Massen daß sie ihnen erklärt: die bestehende bürgerlihe Gesellschaft ist dar nicht imsiande, die berechtigten Forderungen der Arbeiter zu befriedigen; deshalb muß der Staat von Grund aus neu aufgebaut werden. Daher ist es umgekehrt für die bürgerlihe Gesellschaft ganz außerordentlich gefährlich, wenn sie niht ihrerseits einen scharfen Unterschied jzwishen der modernen Arbeiterbewegung und der fsojialdemokratischéen Bewegung macht. (Lebhafte Zustimmung.) - Leider Gottes, meine Herren, gibt es noch immer Kreise, die in jeder Forderung des Arbeiters, sei es, daß sie sch auf böbere Löhne bezieht, sei es, daß die Arbeiter an die Betriebe Forderungen der Gesundheit, der Sittlichkeit oder des äußeren Anstandes stellen einfa sozialdemokratische Forderungen eiblicken. (Sehr richtig! in der Mitte.) Das is meines Erachtens der \{chwerste politische Fehler, den man machen fann, und trägt wesentli zur Stärkung der Sozialdemokratie bei. (Zustimmung in der Mitte. Zurufe linke.) Meine Herren, ih glaube nicht, daß ih ein Chauvinift bin ; aber ih habe die innerste Ueberzeugung — und ih habe auch fretube Under bereist und ihre Verhältnisse studiert —, daß es doch kein Land gibt, wo im allgemeinen \o geordnete soziale Zustände, so ge- ordnete wirtschafilihe und politishe Zustände vorhanden sind wie in Deutschland (sehr rihtig!), und daß es kein Land gibt, wo au den unteren Volksklassen nach dem Grundsaß „suum cuique“ fo ihr wirtshaftlihes und politishes Necht zu teil wird wie in Deutschland. (Widerspru und Unrube bei den Sozialdemokraten.) Demge genüber fragt man sich aber: wie ist es psyhologis erklärlich, daß in diesem Deutschland, einem Lande, das au wirtscaftlich zum Besten der unteren Volksklassen so gewaltige Fortschritte gemacht hat, daß in diesem Lande bei den Wahlen eine Partei mit drei Mil- lionen Stimmen auftreten kann, die unsere ganze Geschichte, unsere ganze Vergangenheit verleugnet und — wenigstens durch ihre Führer — behauptet: das moderne Staatswesen sei so durch und durch morsch, daß es von Grund aus neu auf-
Zweite Beilage glih Preußischen Staatsanzeiger.
e Berlin, Mittwoch, den 13. Dezember
2 Ich habe darüber gesprochen, und die haben mir gesagt: „Ja, wir stehen vor einem Nätsel! Wenn wir durch dieses Deutshland fabren mit seinem wasenden Wohlstand, wo man überall ernste Arkeit, wo man überall woblgefkleidete Leute sieht, wenn wir sehen, was Deutshland auf sozialem Gebiete geleistet hat, Leistungen, die wir als ein Vorbild betraten, dann fragen wir uns erstaunt: woher kommt bei Ihnen diese große radikale Partei ?* Meine Herren, man könnte viele Ant- worten darauf geben; ich möhte aber zunähst zwei Gründe für cine gewisse Erklärung finden. Ih will hierbei keine S{önfärberei treiben : ih glaube, daß wir bei ter Art unsrer Verwaltung auch in den lofalen Instanzen noch manwhe kleinen Gesihtépunkte aus dem kleinen alten Polizeistaat hinübergenommen haben, die in unsere Zeit nit | bei den Sozialdemokcaten.) Herren, ich glaube aber. ferner auch, daß mit unserm wachsenden Opferfreudigkeit ge- wirtshaftlihen M; auszeichnen muß. Die sozialdemokratishe Bewegung, die Sozialdemokratie, wurzelt G durhaus materialifstishen Weltans{hauung. Ih kann es aber nicht LTeugnen, auf Grund der Beobachtungen, die ih im täglihen Leben gemaht habe, daß mit unserm wachsenden Reichtum auch in unsern besitzenden Klassen ein Maß materialistisher - materialistisher Genußsucht faces Sehr ritig ! in der Mitte und links), das mich manchmal mit Besorgnis und Bedauern erfüllt. (Zustimmung in der Mitte und links.) Und darin sehe ih auch den eigentlihen Grund, taß die bürgerliche Gesellschaft nit die Kraft hat, die Sozialdemokratie zu überwinden weil in der Sozialdemokratie und in unsrer bürgerlichen Gesellschaft mit ihrem wachsenden Reihtum, weil in beiten ein Materialiêmus herrscht, der kongeniale Erscheinungen auf Grund derselben Ursache erzeugt. (Sehr gut !)
: Die bürgerlihe Gesellshaft wird die Sozialdemokratie auch nit mit großen Worten überwinden, fondern sie wird sie nur überwinden, wenn sie in sich selbst geht, wenn fie selbft diesen materialistishen Standpunkt verläßt, und wenn in das ganze Leben der bürgerlichen Gesellschaft wieder ein größeres Maß sittlihen Ernstes (Sehr gut! in der Mitte.) Wir haben im Beginn des 16. Jahr- hunderts und im Beginn des 19. Jahrbunderts Perioden gehabt, wo ein großer fitiliher und geistiger Läuterungsprozeß über das deutshe Volk gekommen ift, und diefer geistigen Wietergeburt des deutshen Volkes in jenen beiden großen Zeitläufen unserer deutshen Geschichte verdanken wir eigentli, daß wir zu einem deutshen Nationalstaat gekommen sind. Ich boffe, und es tut drirgend not, daß das deutsche Volk wieder eine solche geisiige und sittliße Wiedergeburt erlebt, voll Opfer- freud igkeit und Selbstlosigkeit für die großen Aufgaben der Zeit ! Dann werden die besizenden Klafsen und wird die bürgerlihe Gesell- |haft in Deuts{land fich den Einfluß und die Schwerkraft erhalten die sie troß jeden Wahlrechts in jedem Staat und unter jeder Ver- fassung besißen muß, und die sie in jedem zivilisierten Staat in der (Lebhafter Beifall.) , R E chrader (fr. Vgg.): en Niáachstag immer wieder zu vert fo seine Arbeitslaf\ erhöhen; aber in diesem Frübjabr lben: v Feine ce Bliben Wrünto dafür vor, weil eine Anzabl wichtiger Gesetze so weit vorbereitet waren, daß fie noch hâtten verabschiedet werden fönnen. vorher die geringste baun vaten Ute U S rechtzeitig Kenntnis !
Ausländern
mehr pafsen. (Sehr richtig!
gleihem Maße
Wohlstand [ Großherzigkeit
unzweifelhaft
Weltanshauung,
Tat auch besißt. Es ift kein glüdcklihes System,
mindestens muß ihnen
en Nen 2 usführun S s ; daß - das Reden [ g taats\ekretärs, Redner den anderen
Reichstags kann jolhe Herabseßung
1 UTU
Ein Oberhaus können wir uns nicht gefallen L eds d t auch nur die Interessen des Reichs zu vertreten haben und vertreten müssen; der jeßige Bundesrat wächst sich aber immer mehr aus zu dem alten Sas, E E war als eine Vertretung der ( aten. Je mehr wir leiden unter der Belastung mi iti- hen Gesckäften und anderen E desto mehr müsen die e orie t 1 zrnebmung ihrer Ges{äf
die Uebernahme der Kosten ibres Aufenthalts in Belie A RAE In der Behandlung der zur Diskussion stehenden Vorlagen werde id dem anekdotenbaften Voitrage des Herrn Kollegen Liebermann niht ! Was die Erledigung des Etats für 1906 betrifft, so ist hon jeßt keine Aussicht, daß wir mit der ersten Lesung desselben und der Steuervorlagen vor dem 15. Januar fertig werden. wir ganze 24 Monate für die Einzelberatung und endgültige Verab- O „wird da gar nihts übrig bleiben, als nah dem Vorschlage des Abg. Fritzen alles auf die neuen Steuern Bezügliche aus dem Etat zu eliminieren; aber leiht wird uns das nicht fallen ih sebe überbaupt nicht, wie wir zum Ziele kommen können. ( : uns im November zu berufen, läßt man uns erst im Dezember zusammen- fommen, obwohl man weiß, wie hwer es ift, kurz vor Weihnachten be- s{lußfähige Häuser zusammenzuhalten! lichen Etat scheinen mir bereits im festgestellt zu sein; die cinzelnen Ressorts haben munter drauf los Ob die Einnahmen richtig angenommen sind, wird si erst gegen Ende des Etat: jahres genu. U yen lassen. wir vorbehaltliÞh der Piüfungen im i en nichts | Auch in der Kolonialverwaltung haben wir, wie die Dinge nun einmal liegen, dafür zu sorgen, daß die Kolonieen gut verwaltet und so aus8gestaltet werden, daß sie auch einmal etwas einbringen, daß sie durch Bahnen usw. ershlofsen werden. Vor allem aber muß eine shäâärfere Kontrolle von hier aus geübt und überall der richtige Mann in den Kolonicen an die rihtige Stelle An der Spigze jeder Kolonie muß ein Mann ersten nicht entscheidend darf sein, ob er früher Leutnant gewesen iit, sondern ß ein tüchtiger Verwaltun Gee sein. În allen diesen fo 1 C erson die Hauptsache. i Steuerreform angeht, so hat uns der Bunde diese teien L Einzelstaaten, eine Reform vorgeschlagen, deren Basis das Bestreben ist die Einzelstaaten von der unbequemen Last der Matrikularbeiträge für das Reich zu befreien. Hier liegt der Kernpunkt der Reformvor- {läge; in allen anderen Beziehungen find wir der Beschlußfassung des Bundesrats unterworfen, in diesem einen Punkte nicht, hier kann der Neichstag souverän beschließen. Das will man beseitigen ; man will die Matrikularbeiträge auf einen Betrag von 40 S pro Kopf so wie sie vorgeschlagen wird,
Einzelstaaten.
erleichtert werden in der
Dann haben
schiedung übrig !
Die Auëgaken im ordent- Hinblick auf die neuen Steuern
Marineforderungen haben einzelnen nichts einzuwenden.
eseßt werden. anges fteben ;
folonialen Verhältnissen ift die
Die Erbschaftsfteuer,
1905.
ungesunde Wirtshaftspolitik einges{lagen. Sobald irgend eine Ver- besserung auf militärischem Gebiete erfolgt, sind sofort sämtliche Staaten gezwungen, fle mitzumacthen; damit wachsen die Ausgaben für die Wehrkaftigkeit des Reides. Es ist doch aber immer dasselbe Faß, welches angezapft wird; es fließt alles aus den Taschen des- selben Volkes beraus, gleihviel, wo das Faß angebohrt wird. Unfer deutscker Reichshaushalt basiert auf den Leistungen der Industrie und des Handels; und gleichzeitig haben wir eine Wirtschaftepolitik die geradezu die Entwicklung dieser Leistungen künstlih bindert. Der Graf Posadowsky appelliert an die reihen Leute, ‘die einmal etwas für das allgemeine Beste tun sollten. Zablen etwa unsere Groß- grundbesizer die bohen Steuern? Nein, sie haben aber die Liebes- ati aus dem Branntweinsteuergeseß! Hier bietet sih für den s NANLEURY ein Weg, feinen JIdealen zur Wirklich-
t zu verhelfen. Ein wirklich gutes Mittel, der Finanz- misere abzubelfen, ist die Reichseinkommensteuer, und zwar eine quotisieite. Jett ist das Unglück da: mit jedem Jabre wachsen die Flottenausgaben an si, da sie bei der teSnischen Entwidcklun wachsen müssen, und die Deckung feblt. Ich will ja nicht hoffen, daß Sie genötigt find, zu der NReickseinkommensteuer zu schreiten, aber kommen wird fie, weil sie allein die Möglichkeit bietet, zu geordneten Finanzzuständen zu gelangen. Was “die neuen Steuern im einzelnen betrifft. so haben wir die allergrößten Be- denken gegen jede neue indirekte Steuer, die aufgelegt werden soll. Der Finanzminister Freiherr von Rheinbaben hat neu- li, und der Graf Posadowskv heute die Lage der Ar- beiter in den glänzendften Farben geschildert. Jede Lohn- erhöhung _ bedingt eine Verteuerung von Lebenêmitteln und Verbrauchsgegenständen; terselbe Lohn hat heute nit mehr die Kauffraft wie vor Jahren und wird fo zu einer fortwährenden Ver- tenerung der Nabrungêmittel und Verbrauchêgegenstände. Nun verweist man auf den Erlaß der Einkommensteuer bei den unteren Klassen Aber das bedeutet dcch nur den Erlaß der Steuer, die der Haus- baltungévorstand bezablt; die indirekte Steuer träat er weiter und nicht einfa, sondern drei-, se{s- und mebrfa, je nah der Kopfiahl seiner Familie. Die Unterbeamten steben beute vielleicht noch schlechter da als die Arbeiter, denn ihre Gehälter ändern sih niht so leicht bei noch so starker Teuerung der Lebensmittel. Von der Ent- lastung auf dem Gebiete der direkten Steuern soll man also nit so viel Worte machen. Und kommt nicht mit dem neuen Zolltarif eine weitere shwere Belastung ? Da kann man doch nicht gleihgültig daran vor- übergehen. Wir sind bereit, die Erbschaftssteuer zu erhöhen und auf De- szendenten und Ebegatten auszudeh um zur Erleichterung der Arbeiter beizutragen. Die Téronrede hat diesmal einen Ton angeschlagen wie er nit herkömmlich ist; die Shärfe, die aus ihr [lingt, hat uns gestern in der Debatte seltsame Nacklänge gebraht, intem der Graf Reventlow gegen unseren deutschen Botschafter in London loszog, als ob der unsere Regierung in den Glauben versegt habe ‘daß ‘die eng- lishe Regierung gegen unsere Flottenvermebrung sei. Eine etwas energishere Zurückweisung hätte diese Jnsinuation wobl verdient, als sie gestern vom Buntdesratstishe erfolgte. Was die Marokko- Frage betrifft, so deute ich die Thronrede und die Kanzler- rede lo, daß wir auf dem Wege einer freunds{haftlihen Ver- ständigung sind. In solcher Situation ift cs kaum angezeigt Nükblicke zu werfen auf die Entwicklung und natträglih zu zeigen, daß der andere eigentlich unrecht hat. Die Ordnung für die inneren_ Zustände in Marokko wird man boffentlih Frankrei überlassen; ein gemeinsames Eingreifen mit Frankrei und England in die marokkanischen Verhältnisse unsererseits würde wahrsheinlich nicht ¿zum Frieden, sondern zum Unfrieden führen es würde ein Danaergeschenk der Konferenz von Algeciras sein. Die Flottendemonstration gegen die Türkei scheint ja zu Ende zu sein, ohne großen Erfolg gebabt zu haben. Es war eine neue Auflage des alten leidigen Zustandes, daß die Mächte in die inneren Verbâältnisse der Türkei sich einmishen; mit dieser ewigen Einmishung im Namen Europas legt man die cinzige Macht die wirklich eirschreiten follte und könnte, rämlid die “Türkei selbst, eher lahm und nüßt auch der Gesamtheit nichts Ganz besonders mußte der Pafsus der Thronrede auffallen daß andere Nationen uns mit Mißgunst verfolgen. Gegen England find ja hier im Hause schon seit ‘langem die beftizsten Reden gehalten worden; wenn jeßt in England heftige Gegenäu nagen erfolgen, fo ist die Hauptursache davon in der deuten Schutzollpclitik “und in der Chamberlainshen Agitation zu suchen. Chamberlain ift es, der die öffentlihe Meinung Englands gegen das bobsduuzöllnerisce Deutschland aufgeregt und aufgewüblt bat. Fett aber ist ein anderes. Ministerium ans Ruder gekommen, und“ die angesebensten Leute der englischen Gesellshaft verwahren sich dagegen, eine deutsch- feindlihe Politik auch nur im mindesten zu unteritugen oder nur zu billigen. Wir können unsferseits nur mit Freuden diese Wendung be- grüßen ; ih wüns®te nur, daß wir ebenso freundlih ‘diefe Bewegung erwiderten, daß auch von uns aus, einem Breslauer Anstoß folgend, angesehene Leute sich ähnlich soli- darish für ein England freundlihes Verbältnis erklärten Ganz gewiß werden wir nur einen Krieg führen, der uns aufgedrungen wird, den unsere nationale Ehre uns zu führen zwingt; so lagen die Dinge auch 1870. Aber es wird doch mit dem Ernst der Zeit“ ein etwas ausgedehnter Begriff verbunden. Hat doŸ zestern der Kultusminister Studt im preußischen Abgeordnetenhause erklärt der Ernst der Zeit erfordere, daß das Volfs\chulgeseß ohne viele Reden angenommen werden müsse! Daß Rußland bald aus den jeßigen Wirren herautkommt, glaube ih nicht; es fehlt jede Autorität, welhe die Ordnung der Dinge nach der einen oder der anderen Seite in die Hand nehmen könnte. Unsere Grenz- provinzen nach Osten können doch vielleiht irgendwie davon beeinflußt werden. Auch Oeesterreih - Ungarn hat gegen- wärtig innere Wirren durchzumachen, deren Wirkung wviel- leiht zu uns irgendwie übersprirngen könnte. Der Staats- sekretär macht ' den materialistishen Geist bei uns für die unbe- friedigende Lage der fozialen Zustände verantwortlich, und gleichzeitig befürwortet er die Auferlegung so ungeheurer neuer Lasten die die Unzufriedenheit notwendigerweise s{hüren müssen! Und das in einer Zeit, wo son diese höchst aufreizende Fleishteuerung die böchste Un- zufriedenheit erregt, der Bundesrat aber nicht das ailermindeste Ent- gegenkommen in dieser Frage bew'esen hat. Wenn unsere Sozial- demokratie troy aller Fehler, die sie mat, immer weiter wächst, so liegt das daran, daß die ganze Politik der Regierung darauf gerichtet ist, die unteren Klassen zu belasten und fie in einer direkt ver- legenden Weise zu behandeln. Man tut auch alles, was man kann um unsere gebildeten und intelligenten Klassen vor den Kopf zu stoßen. Troy aller Sozialreform ist zu bedenken, ob in der bisherigen Weise fortgewirtshaftet werden kann.;
Staatsminister, Staatssekretä )
Lia S ebots -W Aner: etär des Innern Dr. Graf Meine Herren! Der Herr Abg. Schrader hat geglaubt, einen Protest aus\prechen zu müssen gegen meine Ausfübrungen. Ich glauke wirklich, dieser Protest war niht notwendig. (Widerspruch links.) — Nein! Der Herr Abg. Schrader hat meine Ausführungen miß- verstanden. (Zuruf links.) Meine Herren, ich habe ausgeführt,
bietet keinen Ersat. von vornherein
daß für Diäten fih zwar sachlide und praktishe Gründe geltend