Abg. Poithoff (fr. Vgg.) aus: Die Regierung möge dahin wirken, taß alle diejenigen Warensendungen, die bis zum 13. Januar an der bulgarishen Grenze einiräfen und zur Verzollung angemeldet würden, rah den jetigen Tarifsäßen eingelassen würden, ohne Rück- sicht darauf, ob die Zellabfertigung ncch rechtzeitig erfolgen könne. Es sei ein Getot der Billigkeit, den Uebergang in die neuen s{hwierigeren Verkbältnisse nicht ncech durch \{hemati]jhe Handhabung ter Bes stimmungen zu vershärfen. Er frage, welhe Schritte die Regierung überbaupt getan habe, um eine möglichst entgegenkommende Be- handlung der kurz vor dem Inkrafttreten des neuen Zolltarifs an den Grenzen anlangenden Warenfendungen zu sichern. Namentlich lege die Geschâäftêwelt Wert darauf, zu wissen, wie man Rußland gegen- übcr verfahren würde, das seinerseits immer sehr rigoros verfahren sei.
Der Vertrag wird in seinen cinzelnen Bestimmungen ohne weitere Debatte genehmigt. An Stelle des aus der Reihsschuldenkommission aus- eschiedenen Abg. Dr. Paasche wird auf Vorschlag des Abg. Gräfen Hompesh der Abg. Dr. Patzig gewählt.
Darauf wird die Generaldiskussion des Etats und der Novelle zum Flottengesez und der Steuervorlagen fortgeseßt. ;
Aba. Gr öber (Zentr.): Eine Ergänzung der Ausführungen unseres erften Frafktionêredrers is bei der Weitschichtigkeit der zur Beratung stehenden Gegenstände niht zu umgehen. Die verbündeten Regierungen baben dem Reicstage ein überaus großes Material von allein 24 Geseß- entwürfen vorgelegt. Allein die Flottengeseze, die Finanzreform und die Steucrvo:lagen könnten eine Session ausfüllen, und doch ist nihts geshehen, um dem Reichttage seine Aufgabe zu erleihtern. Die Ausführungen des Staatssekretärs über den Schluß der legten Session waren niht \{lüsig. Der Reichstag hätte doch wenigstens früber einberufen werden können. Jeyt müssen die in der vorigen Session {on vorgearbeiteten Vorlagen neu in Argriff genommen werden. Einem diâtenlosen Reichstage sollte man seine Aufgabe nicht er- \{chweren. Mit dem Recht der Diékontinuität, von dem gestern der Staaissefkretär spra, sollte niht rüsichtélos umgesprungen werden. Das Kronrecht steht niht in der Verfassung, sondern nur in der Ge- schäftsordnung. Der Reichétag ift jederzeit in der Lage, diese Bestimmung aufzuheben. Geschieht dies, wo bleibt dann die Berechtigung der Krone? Es fann niemand den Reichstag verhindern, zu bestimmen, daß die Prbeiten der einen Session in der anderen fortdauern. Gerade die Diâtenlosigkeit des Neichstogs ist s{uld an unserer chronisen Beschlußunfähigkeit. Der Staatésekretär hat hierüber Beme: kungen gemacht, die er nahber abgeihwächt hat, die aber von vornberein, i will mal sagen, Mißverständnissen begegnen tonnten. Die Klagen über die Bescblußunfähigkeit des Reihetags sind so alt wie der Reichêtag selbst. Ich kann eine solche Klage sckon aus dem Jahre 1870 anführen. Der Sozialdemokrat Dr. von Schweiger sagte mit Hohn: „Sie sind von der Gnade derer abktängig, die auszählen laffen wollen ; denn Sie sind fast immer beshlußunfahig.“ Also wir sind jeßt nit die einzigen Sünder. Dazu kommt, daß damals die Tagungen bedeutend kürzer waren und damals doch ein gewiffer Enthusiasmus für den Reichstag vorhancen war. 1873 wiederholten si die Klagen, der Reichstag weise fast stets leere Bärke auf, fo daß man sagen farn: wir find doch bissere Menschen. In- ¡wischen sind die Verhältnisse für die Abgeordneten viel s{limmer eworden, denn die Dauer der Sessionen hat bedeutend zugenommen.
ie erften 13 Sessionen dauerten durhs{nittlich 81 Tage, die nächsten 10 97, die Sessionen von 1893 bis 1901 stiegen auf 194 Tage und dauerten etwa 7 Monate. Diese Anforderungen können nur wenige er- füllen. Dazu kommt, daß unsere Legislaturperiode niht mebr drei, sontern fünf Fahre dauert. Der erste Karzler des Reichs bat si nicht ab- folut gegen die Diäten autgesproher. Er sagte 1877, man fönne fh ja vorbehalten, später Diäten einzuführen, wenn es nötig wäre. Ob es ibm freilib Ernft war, weiß ic nicht; daß er aber scinen Zweck mit der Diäâtenlosiakeit nicht erreihte, ist zweifellos. Was hat wan denn mit der Verweigerung der Diäten erreiht ? Eine Privi- legierunrg des preußisden Landtages. Die Doppelmandatare werden auf Kosten Preußens dotiert. Wie sind aber die weit ent- fernt wohnenden bayzrishen Atgecrdneten dran? Wenn eine Institution ¿ur Einigung des Deutschen Reichs geführt hat, fo ist es der Reichstag, u:d diesen in seiner Bedeutung zu erbalten, ift auch Sache des Bundesrats. Jett ist man bei der Auéwabl der Ab- eordneten auf Woblbabende angewiesen oder auf solche, die aus der arteikafse bezahlt werden, und dies ist ein sebr unerwünshter e Wo sind jeßt die eigentlichen Vertreter des Arbeiterstandes ? ie hier sigen, sind Redakteure usw. Wir wollen aber, daß die rihtigen Arbeiter hier fißen. Auch der Handwerkerftand sollte hier mehr vertreten sein. Es bandelt sih bier um eine Gesamtangelegenbeit der geetgebenden Faftoren, um die rihtige Erledigung der Keihs- geschäfte, und darum sage ich dem Bundesrat: Tua res agitur! Aendern sb denn niht auch die Anshauurgen des Reikétags im Laufe der Jahre? 1897 hat sih der Abg. Bassermann namens. der Naticnalliberalen beftig gegen den sogenannten fleinen Befähigung2- ausweis ausgesprohen; am 9. Dezember 1905 hat derselbe Abg. Basse1mann sih unter dem jubelnden Beifall seiner Fraktion für dieien Nachrocis ausgesprochen, und zwar deéhalb, weil sih rach und nah dafür im Reichstage eine Uebereinstimmung herausgebildet hat! Solche Beispiele wird man bei jeder Partei anführen können. Heute wird ein diâtenloser Neichétag füh entlassen, spät zusammenberufen, und dann erwoeiit man ibm nicht einmal die Höflichkeit, daß ihm sofort die Uebersicht der Entschließungen des Bundesrats auf seine Beschlüsse übergeben wird, sodaß man gar nicht weiß, ob man son früher angenommene Jnitiativanträge wieder einbringen soll. Trot eines aus- drücklih noch in voriger Sesfion in dies:r Beziehung auszesprochenen Wunsches des Hauscs ist diefe Uebersiht noch immer niht da. Wir sind mit dem Antrage auf Diâten jeßt wieder heroorgetreten, weil er für eine Session, die die Steuerreform maden soll, eine besondere Be- deutung bat. Die Zatkl der Initiativanträgz, die diesmal vorgelegt worden sind, beträgt nit weniger als 86. Lraußen wird es wieder heißen, es werde damit bloß unnöôtige Zeit im Reichstage vergeudet. Eine folche Aw'faffung verkennt die Bedeutung der Juitiativanträge vollständig. Keiner dieser Anträge ist bedeutun,slcs, und der Bandesrat kann über sie nur erfreut sein; denn er erhält dadur Kenntnis ven den Anliegen der Bevölkerung, von den volfkstümlihen Wünschen, die er auf anderem Wege nicht ur Kenntnis bekommt. Wohin es kommt in Ländern, wo ein solch s Vertil nicht bestebt, sehen wir in Rußland. Es wäre nur zu wünschen, daß bei unseren Beratungen über dieje An- träge der Bundesrat niht in ter Regel durch Abwesenheit glänzte; feine Mitarbeit würde uns manche Arbeit ersparen. Dann wird uns vorgeworfen, daß wir scit einigen Jahren einen Teil dieser Anträge in Etatzresolutionen umänderten und fo die Etztéberatunz verschleppten. Fa, es bleibt urs ja kein anderer Weg übrig. Ein Reichétag. der von 6 Tagen in der Woche bloß einen für seine eigenen Wünfcbe sich vor- behält, ist doch gar b: eiden. Das Reich hat einen föderativen Charakter, defsen prägnantester Ausdruck die Matrikularbeiträge find; schon aus diesem Grunde halten wir an ihnen st:enge fest. Die Vo:lage wezen der Ordnung dis Reickéhaushalts mat uns in dieser Be¿iebunz sehr bedentlih, uid au die gestrigen Slußausführungen des Neichsschaß- sekretärs haben uns ni4t vom Gegenteil überzeugen fönnen. Die Fixierung der Matrikutarbeiträge auf eine ganz b-stimmte Summe int ei-e ganz bedeut'ame Atärderung der Reichéverfafsuna. Wenn der Reichstag sein Budzetiecht ganz erheblich derart eirgeschrärkt sieht, so ift das etwas ganz anteref, als was j t im Art. 70 der Verfassurg stebt. Ertt ncch der vorjährizen Beschluf.fassung find die Matrikularbeiträge, die so lange als etwas Vorübergebhendes charafterisiert wurden, als etwas Dauerndes auch in der Verfassung bezeihnet worden; um fo bederflider mußten uns daher besonders die Ausführungen des preu- bischen Finaniwi: isters in diesem Punkte erscheinen. Gerade die früber auf M queis V-anlassung erfolgte Einschaltung „solange nicht direïte Rent steuern eingefübri werden“ ist in dem vorjäbrigen Geschz beseitigt wooden. Die eiugeführte Stundung der über 24 Millionen | ewa abgaben üungedidt:n Diatrifularbeitiäge ist" ebenfalls geeignet, denten hervorzurufen. Soll die Stundung in infinitum erfolgen?
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Dann würde daraus eine unglaublihe Pumpwirtschaft entstehen. Die Ginzelstaaten baben sh die Ueberweisungssteuern gern gefallen lassen, jeßt, wo die fetten Jahre vorüber sind, beginnen sie ihren Schmerz zu zeigen. Da scheint uns gerade der jeßige Moment der aller- ungeeignetfte, etwas an der jeßigen Finanzgebahrung zu ändern ; das Interesse der Einzelstaaten an der Pre des Reichs würde damit in geradezu verhängnisvoller Weise abgeshwäht werden. Ob die Stundung nur vorübergehend oder nur auf unbestimmte Zeit erfolgen soll, darüber muß unbedingt Klarbeit ges{afffen werden. Der Abg. Müller-Sagan hat wieder den Wunsch nach selbständigen Reichëminifterien au8gesproben; er wollte bescnders den Schazsekretär zu einem felbständigen Reicsfinanzminister machen, aber au die ande:en, namentlich ten MReichspoftamts - Staatssekretär, damit diese gecen den Reichéfinanzminister mebr Widerstandskraft bekämen. Das {eint mir ein innerer Widerspruch zu sein. Die Selbständigkeir des Schatzsekretärs läßt, glaube ih, nihts zu wünschen übrig. Die Staatssekretäre haben übzrhaupt tat- säblih eine gewisse Selbständigkeit, diese aber zu einer rechtlichen Selbstär digkeit auszudehnen, geht ¡u weit. Dadurh würde die Einheitlichkeit der Verwalturg vollends verloren gehen, denn beute \{on wird der eine Staatsscfkretär gegen den anderen ausgespielt. Die einzelnen Bundesstaaten würden in ihrer Selbständigkeit ge- schädigt werden, wenn ihnen niht bloß der Reichskanzler, fondern auch noch selbständige Staatssekretäre gegenüberständen. Der Gedanke einer Betrietsmittelgemeinschaft zur Vereinfabung des Verkehrs hat durchaus unseren Beifall. Wir möchten amtlihe Auskunft darüber, ie augenblilich der Stand der {mæebenden Verhandlungen ist. Was die Kolonialpolitik tetrifft, so ist cs uns von großem Interesse, zu wissen, wie der augenblicklihe Stand der Niederkäwpfung des Aufstandes in Südwestafrika ist. Namentlih die Eltern haben ein großes Interesse daran, zu hören, wie es um ihre Söhre steht. Die Tapferkeit unserer Truppen verdient volle Anerkennung. Wann werden unfere Trupven aus Ostasien zurückebhren?2 Ist es ferner rihtig, daß Häuptlinge, die eine Beschwerdeschrift über den Gourerneur ron Putt- famer eingereidt baben, deëhalb zur Verantwortung gezogen und zu mebrjähriger Gefängnié strafe verurteilt worden sind? Wäre es wabr, so müßten sol Vorkommnisse zur Erregung weiterer Aufstände führen. Unsere Veiwalturg bcg?ht oft Miß- griffe und weiß sich richt in den Geist der Eingeborenen zu versezen. Die Eingeborenen „als Schußbefohlene“ werden oft mit einer gewissea Willkür behandelt. Es wäre sehr erwünscht, wenn man uns in der Kommission darüber Mitteilung machte, ob der Aufstand der Bondelswarts dur eire unichtige Handhabung der Gerichtsbarkeit hervorgerufen worden ist, wie es in einem Aufsatz behauptet wurte. Es wird ferner behauptet, daß einem Trunken- bold Samuel Herero Land und Boden abgekauft fei, das Stammeseigertum gewesen sei, über das er also kein Ver- fügungsreht gehabt habe, und daß die Reservate viel zu flein seien. Die Landfrage, wird weiter behauptet, wäre geradezu der Shlachtruf der Hereros. Eine Wiederlegung jenes Aufsazes habe ih bisher nicht gelesen. Der Reichstag hat. hiernach alle Ver- anlaffung, sich mehr um die Kolonialverwaltung zu kümmern, als er es biéher getan hat. Die Kolonialverwaltung sollte richt nervês werden, wenn recht viele Atgeordnete sih um die Kolonien bekfümmern, sondern récht froh darüber sein. Näßec als der Schutz der Eingeborenen in ten Kolonien liegt uns unsere soziale Fürsorge. Fh bedaure außerordentli, daß die Thronrede auch nicht einen Saß en!bâlt über die Fürsorge im Interesse des Mittelfiandes, z. B. über einen Gesczentwurf, betreffend den unlauteren Erwerb u. a. Es sollte eine Er(uete über die Verbältnisse tes Mittelstandes, über die Ausbildung e Lehrlinge, den Gencfsenshastszusammenshluß usw. einberufen werden. Wir begrüßen, daß ein Gescßzentwurf über die Sicherung der Forderungen des Bauhandwerkes in Aussicht steht, aber wir vermifsen eine Vorlage über den sogenannten kleinen Befähigungênachreis. Bei den Steuervorlagen hat man den Mittelftand niht vergessen, wohl aber, wo es sich darum handelt, ihm eine innere Organisation zu geben, ihn zu s{üßen. Wir wollen, daß die Vorlage über die Berufsvereine großzügig und freibeitlih sein möge. Aber was in der Thronrede stebt, und was der Staatésekretär gestern gesagt hat, ift niht sehr ermutigend. Wenn man am Bundeëratstish so bewegli flagt über frivole Streike, dann sollte man au Vo geeignet ist, folhe frivelen Streiks zu verhindern. des Zehnitundentages an Arbeiterinnen war der gani Wie stellt sich der Bundesrat dazu? Ich freue mi Arbeitsblatt Mitteilungen über die Tarisverträge gebra daß in dem Gesetzentwurf über die Berufêvereine eine 2 l dieie Tazifverträge enthalten sein möge. Wir haben eine reihsge|eß- lide Regelung des gesamten Bergwertswesens verlangt und erwarten nun die Entichließung des Bundesrats dazu. Die ungenügende Gestaltung der Bergge]etznovelle im vreußishen Landtag hat urs zu einem Antrag auch im Reichstag veranlaßt, und die Reichéregierung hat alle Veran- lassung, hierzu Stellung zu nehmen, au gegenüber der ungenügenden Ausführung des preußishen Gesetzes und gegenübcr dem übermütigen Shharfmaderton, der in der legten Zeit zum Ausdruck gekommen ift. Was ift für allgemeine Regelung der Frage der Hausindusirie ge- heben, wo das Schußzbedürfnis das allergrößte ift? Ich wende mi nun zu den Steuervcrlagen. Den Ausgangépunkt für diese bildet für Bundesrat und Reichstag die viel zitierte Besiimmung tes § des Flottengeseßz2s. Es handelt sih da um ein Gesetz, nü um cin mehr oder weniger verbindlihes Programm : if rehtlice Verpflihtung begründet, die Bestimmung übe ; beranziehung der Artifel des Massenverbrauchs zur Wahrheit zu machen. Um was handelt cs sich denn jeßt bei den neuen Steuer- vorlagen? In der Hauptsahe um die neuen Mekbrforderungen für die Flotte. Der Mehrbedarf für diese bezw. für die Marine- verwaltung beträgt {on jeßt 92 Millionen, und dieser Betrag wird sich erhöhen bis 1917 auf 209 Millionen. Damit ift erwiesen, daß das Hauptwachstum unserer Schulden der Mehrbedarf der Marine herbeiführt, daß dieser Mehrbedarf also den Kernpunkt der Steuer- vorlage bildet und das Flottengeseß absolut beahtct werden muß. Die Annahme des § 6 hat seinerzeit, wie man sich auch am Bundes- ratétishe erinnern lolite, die conditio sine qua non fúür Annahme beider Flottengeseze gebildet. Unser Kollege Lieber hatte damals die Aujbringung der Kosten durch Erhöhung der Zuschläge zu den einzelstaa!lihen Einkommernsteuern empfoblen; dagegen erhoben die verbündeten Regierungen heftigen Einspruch, und hließlih wurde auf Antrag WBenniglen, der duürch einen Antrag Lieber modifiziert wurde, die jegige Fassung bes{lcssen. Die Absicht des Antrages war, daß die Minderbemitt:lten dur die Flottenvorlage nicht belastet werden sollten. Jedenfalls müfsen wir an diesem Grundgedanken festha!ten. Wenn wir die indirekten Steuern im Gese ausschließen, und dafür auch der Bundesrat eintritt, fo muß man auch fonsequent die Zölle ausschließen, und daber hat sih der Abg. Frißen ganz wit Recht gegen die Aenderung des Tabak- zolles eifiärt. Hat denn 1904 der Reichs'chatzsefretär sih nur für seine Person ausçesprchen, als er erklärte, daß bei allen fteuer- lien Maßnahmen jchonende Rücksiltnahme auf die wirtsckaftlih Schwachen walten müsse? Mit diesem Programm laffen sich die Vorla,en über Tabak- und Biersteuer in ihrer jeßigen Fassung nicht vereinigen. Nun rief der preuß:s{e Finanzminister verzweifelt aus: Soll denn das mit dermS§ 6 in Ewigke.t fortwähren? Nein, das meine auch i nicht, aber so lange sou das Geseh gelten, als es in Kraft ist. Man bietet viel Berediamkeit auf, zu zeigen, daß der Tabak fein Nahrungêsmiitel ist. Das kann man zugeben, aber das Flotten- ges redet au gar niht von Nabrurgsmit eln, sondern von Auflagen, die den Maff: nverbrauch belasten. Wir wollen die Beibehaltung des § 6 au, weil wir die Verteilung der indireften und der direkten Steuern, fo wie sie jegt ist, nit füc richtig halten, die indireften Steuern tetragen zur Zeit etwa dreimal mehr al8 die direkten. Veber die Kommunalsteuern kaben wir feine Statistif; der preußische Finarzmininer finn uns daiüber fein genaues Material geben. Wir baben au eine Menge indirekter Kommunalfteuern auf Bier, Gas usw., worüber es an bestimmten Nachweisen fehlt. Die Tabak- steuervorlage soll ja einen schr beträchtlihen Mehbrertrag gegenüber
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der bisherigen Steuer ¡bringen; das Steuersystem soll aber niht ge- ändert, sondern nur vers{ärft werden. 1895 war der damalige Schatz- sekretär Graf Posadowsky ganz anterer Meinung, er meinte, daß auf Grund des bestehenden Systems eine Erhöhung der Steuer richt mögli, obne den Konfum im Inlande zu vermindern; es sei deéhalb unbedingt geboten, einen neuen Modus der Tabakbefteuerung ein- zuführen. Wie stimmt damit die jeßige Begründung der Tabaksteuer- vorlage? Was die Erbschaftésteuer betrifft, so könnte man, wenn man die Begründung liest, glauben, daß es sih um etwas ganz Unerhörtes handelt. Dabei wurde schon im 16. Jahrhundert zur besseren Durch- führung des Tückenkrieges eine Reichserbschaftésteuer vorgeschlagen. Später wurde zur Begründung einer deutschen Flotte die Heranziehung der reihen Orden, der Domkapitel vorgeschlagen. Wo find heute die reihen Domkapitel ? Die gab es wokl früber, aber jeßt niht. Wer den meisten Vorteil will, der muß au für die Flotte zahlen. Dem Reichs- shaßsefretär Freiherrn von Stengel allerdings ift es bitter sauer ge- worden, die Reichserbshaftssteuer vorzushlagen. Früher hat man doch in Preußen diese Steuer vorgeschlagen und hat diese Bedenken gehabt. Miquel hat ja einen Erbichaftssteuerentwurf im preußishen Land- tage vorgelegt, in dem sogar die s{hauderhafte Besteuerung der Deszendenten und fogar der Ebegatten vorgeschlagen war. Das Zentrum nimmt die Grbschaftésteuer freilich nur als Notbebelf an, wenn es nicht arders geht. Die Bedenken dis Finanzministers von Rheinbaben fönnen wir aber nicht gelten laffen. In Elsaß-Lothringen und in fremden Staaten bestebt hon lange die Erbschaftébefteuerung der Deszendenten. Die Gefahr ist nur, daß, wenn diese Steuer eins geführt wird, die reien Leute sich das Land sehr genau ansehen, wo fie ihren Wohnsiß aufshlagen wollen. Das Hauptbedenk:n würde fortfallen, wenn man nur die ganz grofen Erbshaftéanfälle der Steuer unterwürfe. Der Finanzminister freilich bäumte sib dagegen auf und spra davon, daß das fozialdemofratisch sei. Das ist um fo merkwürdiger, als «r eben eine Einfommensteuervorlage im Abgeordneten- bause vertreten hat, woria die Gesellschaften mit bes{chränkter Haftung bis zu 109 000 M steuerfrei bleiben sollen. Meine Freunde find der Meinung, daß große, schwere Opfer im Interesse des Vaterlandes gebracht werden müßsen: ich glaube, nur der sozialen Gerechtigfeit zu dienen, wenn wir diese Lasten ten [eistungsfähigen Schultern auferlegen. Dem Staatssekretär Grafen Posadowsky danken wir für die warmen Worte, die er gestern gegen den Materializmus gesprech n hat. Die Wiedergeburt des teutishzn Volkes kann aber nur erfolgen auf der age der religiôósen und bürgerlihen Freiheit. Die Regierung daran seen, den fonfessionellen Frieden zu fördern. Zeugnis religiösen Sinnes, wenn heute ncch in manchen Genehmigung des Gottesdienstes und des Baues von n von der Genehmigung des Staates abhängt. Eës ist is religiösen Sinnes und einer edelmütigen Gesinnung, wenn es staatliderseits verboten wird, daß ter Unterriht îin der Muttersprache erteilt wird, wenn die Spendung der Sckramente von der Erlaubnis staatlicher Beamten abhängt. Das Wohl des Reichs bärgt richt bloß von der Waffengewalt ab, sondern au von der Pflege der idealen Güter.
Stellvertretender Direktor der Kolontialabteilung des Auswärtige Amis, Erbyrinz zu Hohenlohe-Langenburg: Meine Unter den fkolonialen Fragen, die der Herr Abg. Gröber in sei: Rede berührt hat, ist eine von fo dringlicem Gharafter, daß ih fi sogleih beantworten zu müssen glaube. Es handelt si um den Fall des Herrn von Puitkamer. Die Beschwerden der Akwa-Leute gegzn Herrn von Puttkamer, von wmelhen der Herr Atg. Gröber aeiprohen bat, wurden dem Gouverneur zur Aeußerung zuges{idckt. Ein Bericht bierüber ift bis jeßt noch nicht eingegangen, was fih wobl aus der durch die weite Entfernung bedingten zeitraubenden Ver- bindung erklärt. Dagegen erhielt die Kolonialabteilung ein Tele- gramm des Herrn von Puttkamer, wona die Beshwerdeführer durch Richterspruch zu mehrjährigen Freiheitsftrafen verurteilt worden seien. Eine Bezründung des Urteilsspruhs liegt uns kier noch nickt vor; der Bericht wird erwartet. Schon mein Amt8vorgänger, der Herr Kolonitaldireftor Dr. Stuebel, batte über verschiedene andere Argelegen- beiten einen Bericht des Herrn von Puttkamer eingefordert. Nach- dem nunmebr die Nachricht von der Bestrafung der Akwa-Leute ein- getroffen war, ift alsbald Herr von Putikamer aufgefordert worden, h zur mündlihen Berichterstattung hier einzufinden, sobald sein Ver- treter, Herr Obecst Müller, die Geschäfte übernommen haben werde. Wir sehen der Ankunft des Herrn von Putikamer, sobald es irgend möglih ift, entgegen. Alédann wird die ganze Angelegenheit die
aueste und gründli{ste Prüfung erfahren.
Abg P aver (D. Volfkéy.): Ich kann aus dem Entwurf auch nihts anderes hberauslesen, als daß die Matrikularbeiträge so weit beseitig werden sollen, daß fie für das öffentlide Leben keine Bedeutung mehr haben. Es ift allerdings febr bequem, Veipflibtungen von R abzu- wälzen; wer das tut, geht aber auch seiner Rechte verlustig. Wir leben nit în einem Einbeitsstaat im Reich; der bundesstaatliche Charakter des Reiches muß gewahrt werden. Die Einzelstaaten haben cin Interesse an dem Wohl und Webe des Reiches. Ein Einheitsstaat ist heute niht anders denkbar, als daß er geleitet wird in preußishem Sinne. Die anderen Staaten baben kein Interesse daran, nach diesem Motus regiert zu werden. Geld bringt ja Preußen genug auf, aber in politisher Beziehung berrsht dort eine die keine Nachahmung verdient. Seit Jahren befißt
ärmlihsie Wahblrecht, und es zeigt sich kein
gendreie cinem befferen Waklreht Plaß machen | stens nohch darüber froh sein, daß die Reaftion in Preußen E sondern auf halbem Weg steten bleibt. Es ist vie iger, as Reich Kostaänger der Einzel- staaten ift alé gefehit. þ in glüdliher Zustand, daß das Reich wie ci! nig den Einzelstaaten abgab; es bieß damals in den Einzelstaaten: wie gewonnen, fo zerronnen. Was jeßt uns zur angeblichen Er der Matrikularbeiträge vorgeshlagea wird, ist eigenili Linfen- oder richtiger ein Schaugericht. Es wird uns dakei eine Beschränkung des Budgetrehtes zugemutet, worauf wir weniaer verzihten dürfen, als uns fonît niht fehr viele Ne(te z Es wäre jeßt der Zeiipunfkt gewesen, wo der Reichstag bätte sagen müfsen, wir lehnen ein Eingehen auf die Finanj- reform ab, wenn uns feine Diäten gewährt werden. Dann hätten wir die Diäten vielleiht hon So aber hat der Graf Posadowsky uns mit \{höônen Worten abgespei#t. Ec sagte urs ganz bâäte:lih, ja Kinder, Diäten sind ja garz gut, aber ihr b:kommt fie niht, ihr habt ja gar nicht Zeit, allezn Verhandlungen beizuwohnen, ein Teil von euch hat Doppveimandate, die wirtschafilie Lage hat sih so gehoben, daß ihr die Diäten gar nit brauht; avßerdem tut ihr gut, etwas weniger zu reden, denn das bat feinen großen praftiihen Wirt. Das find Komplimente, für die wir dem Staatssckcetär dankbar sein können, denn Offenbeit ift fie!s erwünsht. Jh behaupte demgegenüber, daß mit wenigen Ausrahwen die Herren vom Bundesrat der Meinung sind, daß ohne Diâten diz Eriedigung der Geschäfte hier gar nicht mögli ist: freilich giben im Bundesrat niht immer die sacverständigften Stimmen den Ausschlag. Seit 1877 kenne ih den Reichstag, und ih muß entschieden bestr:iten, daß wir finanziell besser geftellt teien wie die früheren Abgeordneten. Die H rren von der Rechten machen allerdings eine Auénahme, diefe find ja nicht umsonst so lange „nollzidend“ gewesen. Was wir außerhalb des Hauses politis treiben, fann der Staatésefretär rubig uns selbst überlassen. Ein Teil von uns lett von den Diäten im preußischen Landtage. ist eine ungewöhnlihe Fo1m, wenn feitens eines Mitgliedes der Regierung mit der Offeaherz:igfkeit, will ih mal sagen, in der Weise voa unferen rhetorishen Leistungen gesprohen wird. Die Regierung fürchtet, in Abhängigkeit von der Volfkévertretung zu geraten, und iteckt Geld d:8 Volkes ein. Das Richtige wäce, wenn wir das Geld einsteckten, die Diäten nämlih, und der Regierung die Vorlesung hielten, die ihr gebührt. Die Regierungen wollen die Steuern als ein einheitlihes Ganzes betrahtet wiffen-
sol. Wir
das
(Séluß in der Zweiten Beilage.)
IMation
2 294.
(Sc{luß aus der Erften Beilage.)
kch glaube, das ist nit so tragisch gemeint. Als sie die tewpelabgabe usw. uns vrorshlug, bat sie nicht daran gedacht, af diese angenommen we:rdzn würde, sondern sie wollte uns ur die Gelegenheit geben, durch die Ablehnung als Helden zu er- Leinen. Die Braufteuer ist hon deshalb unerwünst, weil sie, so wie ¿e vorgeshlagen wird, den Süddeutshen die Brausteuer immt, die sie gegen ein fleines Aversum für sich behalten znnten. freue mich, daß auch das Zentrum diese Steuer rweigern will, freilich mat mich bedenklich? der Zusaß es Abg. Grôöber: „in der Faffung“. Auch gegen die abak- und Zigarettensteuer \prehen Bedenken mannigfafter Art. Sie geht entgegen allen früheren Annabmen auf weiter nichts hinaus als auf die Belastung des Komsums der großen Massen. Man muß doch auch dem kleinen Marn einen gewissen bescheidenen Genuß gönnen, wenn es fit hier wirfliGh um ein Genuß- mittel handeln sollte. Die Erbschaft2steuer wäre immerhin eine ute Steuer, wenn es gelänge, die Bedenken dagegen zu zer- treuen, wenn uns nachgewiefen würde, daß sie gerecht ist. Wir alten es für rihtig, die Deszendenten und Ehegatten dazu erarzuziehen bei den großen Vermögen, wie es das Zentrum vor- eschlagen hat. Die Reform der Zuckersteuer hätte viel früber ingeführt werden sollen. Aus der Branntweinabgabe ießen ih mit der größten Leicktigkeit r große Summen ir die MNeichskafse erzielen. Der ritusring s\{chwimmt Im Fett. Was das Flottengeseßz betrifft, so hat der Abg. von Richthofen merkwürdigerweise diese Vorlage dazu benußt, die Ne- ierung gegen die Sozialdemokratie scharf ju machen. Dadur kann ¡ur Erbitterung geschaffen und eine sachliche Diskusfion verhindert
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Darum werden wir in eintreten, die wir früber ten bedürfen
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Auch die Kundgebungen d haben mehr ge- genüßt. Diese Kundge an Verbegung mit s{uld daran, unsere guter élwollendea Ab- erden ine Bindung auf technischen Fort- ung wäre es mögli, fich e technische Fragen, cote, zu verständigen. i ift zu einer vorurteils 1 Flottenvorlage mmission bereit. Die Ereigni è let Or igung kervorgerufen, des Guten auf di jebi zu wenig zu Mensch zweifeln : kriegeri Wenn uns gegenüber at s das deutihe Volk an Ret und seine Selbständigkeit zu [{üßen. Kommission in die Prüfung von Forderungen für w-:niger dringend ge f leber die Kolon wir do der genauesten Auf ng. Zerwaltung und Nechtsprechung in unseren Kolonien erregt die all n Bedenken. Wenn uns beute vor der Tagesordnung ein i Nachtragsetat für Südwestafrika angekündigt wird, so muß ich d f unseren Kolonien und ibrer Verwaltung lastet ein wahrer Fluch, an dem wir niht ohe Schuld sind. Der Reicksfkanzler meinte neulich, wir find zu sparsam gewesen für die Kolonien. Ich glaube, kein ander:s8 Land würde hne Murren so viele Millionen in Kolonien gesteckt baben, die feinen materiellen und faum ideellen Wert haben. Was die auswärtige Politik betrifft, so ist die Lage vielleiht nit ganz so s{limm, wie man €s von oben mit RüdLsicht auf die Slottenvorlage und die neuen Steuern darstellt, aber immer noch \chlimm genug. Es ist kaum dagewesen, daß eine abhnungelose eines shöônen Morgens mit der Mitteilurg überrascht wird von einer berufenen oder nit berufenen Autorität, daß sie eines Tages vor Monaten und Woten mit Krieg überzogen worden wäre. Man hat si ja allmählih wieder gefaßt, und das ift 8 man fi rergegenwärtigt, was ein fsiegreiher oder ver! an Gut und Blut kostet, so können folte Betrahtuncs same ersheinen. Und €s ist auch gut, wenn die N diesem Anlaß gelernt baben, sich etwas vorsichtige servierter zu verhalten gegenüber einer gewissen jahraus jabrein zum Krieg hbeßt auch in nicht unvertreten ift. Es föônntie t bei folhem Völkern einmal gehen wie jenen Reisenden im Eisen die im Dunkeln einander für ansahen und j Vorsicht und in der Tendenz, dem anderen zuvorzukommen, immer näber rüdten, bis fie entdeckten, daß sie von einander nichts zu fürchten brauten. Wenn fie si aber erst am Halse gepackt hätten, dann wâre die Sache niht so friedlich abgelaufen. Die Taktik unserer auéwärtigen Diplomatie scheint mir in diesem Sommer nit so einheitlih gestaltet gewesen zu sein, wie früher; aber selbst wenn man tarüber die beste Meinung bat, so muß doch gesagt werden, daß in diesem Sommer
von Seite der eurcpäishen Diplomatie mit dem Feuec gespielt worden ift. Zwei Nationen, die so errstlich zum Frieden ents{lossen sind, wie Deutschland und Franfceich, baben tatsählich in Gefahr gestanden, dur das Nänkespiel eines einzigen Ministers in einen Krieg verwickelt zu werden. Das find für die Völker unerträglihe Zustände. Die Völker und ibre Vertretungen werden aufhören müssen, di* Diplomatie als eiwas Unnabbares anzusehzn, dem man sich mit blindem Vertrauen unterordnen müsse. Es muß dafür gesorgt werten, daß die Ansprüte der Diplomatie, die Verkältnifie der Völker unter einander zu ordnen, zurückgewiesen werden auf das bescheidene Maß äußzrlicer Förmlichkeiten. Diese wirkliche Ordnung verstehen die Völker selb#t viel beffer als die Diplomaten, die dafür den Befähigungsnahweis vielleicht nicht erbringen föônnen. Wenn wir im Auslande nit beliebt sind, so svielt dabei sehr mit der ganze unruhige, bastige, fatrige Geist unjerer au8wärtigen Politik. Immer sind wir auf dem Markt, immer haben wir die Gewohnbeit, auch den unbe- deutendsten Anlaß zu benußen, um die Augen der Welt wieder einmal auf uns zu ziehen. Wir find, wie der Lehrer in der Schule, immer am Wort, und wir benugen das Wort, um alle anderen nah Ver- dienst und Würdigkeit zu lozieren und zu klassifizieren. Wir find nit bloß gerecht und weise, sondern wir wifssen's auch, und wir so oft, daß sie es fast nicht mehr mit anhören Das alles kann ja die Welt vertragen, und fie_verträgt's es ist ja auch nichts Schlimmes, es sind mehr Kleinigkeiten, \{leckte Gewohnheiten; aber allmählich geht diese Metbode den anderen im curopäishen Völkeripiel auf die Nerven. Und der Verkehr mit solchen, deren Nerven man nicht gereizt hat, vollzieht sich doch bequemer, argenehmer und befser als derjenige mit solchen, die auf diese Weise gereizt worden sind. Welche Verdienste könnte die deute Diplomatie sh um Deutschland erwerben, wenn sie endlich einmal au anderen das Wort ließe !
_ Abg. Zimmermann (D. Rfp.): Bei der Diäten- losiafiit des Reichstacs steigern sh die Schwierigkeiten für den Reiéstag außerordentlih, die Fülle schwerer Arbeiten, die der Bundesrat auf ihn autgegossen bat, zu bewältigen. Das Steuer- bukett der verbündeten Negierur gen zeigt zum Teil recht alte Be-
standteile, wie die Quitturg#steuer, die seinerzeit vom Reichêtage glatt
| Zweite Beilage zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlih Preußishen Staatsanzeiger.
19S.
Berlin, Donnerstag, den 14. Dezember
“zu:
Ziel ist bei einer Reihe von Vorschlägen des Steuerbuketts ganz bedenklih aus den Augen verloren worden. Die Flottenvorlage anlangend, maße ih mir nicht an, von der Marine mehr zu ver- steben als die Fachleute; jedenfalls halle ich dafür, daß die Vekertreibungen der flottenvereinlihen Agitation, als ob unsere jeßzicen Sdbiffe s{wimmende Särge seien, nur s{chaden können. Bei der Erbschaftsstcuer, die unter den Deckungsmitt?eln auch eine Rolle spielt, gefällt mir die Progressierung nit, die viel zu gering ist, und anderfeits fürhte ih sehr, daß wir es vielleiht nur mit einem Schaustück zu tun haben, da das Reih nur dann etwas ab- bekommen soll, sobald die Einzelstaaten befriedigt find. Der Brau- steuererhöhung steben wir ganz ebenso wie 1893 gegenüber. Die Staffelung ist uns sympathish, da sie der Maßregel einen mittel- standsfreundlichen Charakter gibt; aber ein Vorteil ist dabei für das Gewerbe nicht zu ersehen, weil die Besteuerung ja sehr stark erhöht werden soll; wir werden sie ebenso ablehnen, wie die Erböbung der Tabak- und Zigarettensteuer, weil alle diefe Steuern eine Verminde- rung Korsums nach sich ziehen müsffen und Arkeiter- entlaîungen in großem Maßstabe zur Folge baben werden. Alle kleinen fkavitalshwahen Tabakfabrikanten wérden bei der Neubelaftung zusammenbrehen; selbst Caprivi batte {on die Gewichtésteuer als hart bezeichnet. § 6 des Flottengeseß-3 steht überdies, wie das Zentrum {hon ausführlich bat darlegen laffen, diesen neuen Steuerforderungen direkt entgegen, und der Graf Caprivi hat 1893 bereits erflärt, daß er seine in derselben Richtung sich bewegende Zusage im Namen des Bundesrats abgäbe. Die Zigaretten stzuer ersheint als eine Sondersteuer und wirkt auf als eine Art Lurussteuer bestehend. Aber die große Masse der reitzn sind solhe zum Preise von 1 und von F ch4, die der Arbeiter ; die Besteuerung würde wiederum eine Menge Arbeiter auf die setzen, und eine blühende Zigarettenindustrie vernihtet werden. en Bedenken baben wir indessen gegen die Verkebrs- Quittungs- und die Fahrkartensteuer, die den Mittel- en fleinen Mann ganz unvezrhältnismäßig treffen würden. ift als Luxussteuer unjweikelhaît berechtigt noch erhöhen. Sole Steuerversuhe, wie Quittunasfteuer, passen nicht in unsere machen einen recht rüditäntigen Eindrudck; das rf nicht derartig \ifaniert und veriert werden. nfe der Aufräumung mit veralteten Lasten ? die boben Gebühren bei Aufnahme von Wir werden die beste der r Neichserbschaftésteuer in Verbindung mit steuer finden. Die Dinge können ih rasch wenten: es hieß daß von einer Reichs-
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ônne, und beute haben in einer Vorlage der verbündeten Regierungen vor uns. 3 wäre aub eine Wehrsteuer, eine Reihsum'aßsteuer und eine Erböhun riensteuer. Das Börsengeseß zu durhlöchern, werden wir Reise zu verhindern suchen. #Freilih scheint für ie Börse ein günstiger Wind zu wehen. Die Börsenkreise machen ja in Patriotiëmus. Zu Gunsten der russischen Revolutionäre bat die Sozialdemokratie Sammlungen veranstaltet. Ih persönlih bedauere auch die jüdiscen Ovfer in Rußland: man darf aber nit übersehen, aß Juden in Rußland zu den größten Blutsaugern gebören, daß sie die Korruption großgeiozen baben und Träger der Revolution find. So ist es fein Wunder, daß G:walt mit Gewalt beantwortet wird. Es heißt, daß die mlungen nur zum geringsten Teil den wirklih be- Juden zu gute kommen, sondern daß sie dazu
werden, die revoluticnären Streifkkafsen zu füllen. sollte die Verwendung scharf kontrollieren, wie
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eine die Juden stattgefunden, niht im Herrenfe er. Die Vorgänge in Rußland sche Herz irre zu führen und zu so muß ich dem Abg.
; man dem Oberbürgzrmeister Er hat nur seine
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ftigen erwendet ie Regierurg in England ja auch Berlin Woßhltätigkeitäfeie 1lloercdiras
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werden übertrieben, um das mißbrauchen. Was die Soz
WSojlai 1550 -_ Lievermann v.
Sonnenberg erwid Beutler in Dresden Feigheit niht vorwerfen fann. ] Pflicht erfüllt als Oberhaupi cer Stadt, wenn er die Arbeiter vor der Fortsezung ihrer Demonstration warnte und u. a. auc darauf bingewiesen ß Leben dadur gestört werde ß in der r Mittelstand nit erwähnt ift, bedauern au i diese Leg 1ôdte ih entihieden Verwahrung ein g 1 di € en E des Ministerialdirektor biel gegen den Mittelstand. Seine Aeußerungen haben mit Fug un Recht in de i 3, des Kleingewerbes und Gastwirtêgewerbes gerufen. Diese Angr sind durchaus unberehtigt. wendet \ih dann dem Etat im einzelnen zu und namentli, daß die Wünsche gewisser Postbeamten nicht be worden find. Die Ent- widckelung der Verhältniffe in fährt der Redner fort, läßt den SHluß zu, daß dort nih nisiert, sondern slawisiert wird. Was die auswärtige Politik ketrifft, so hat die Haltung der Ne- gierung im Burenkriege nicht das Ansehen des deutihen Namens im Auslande z . Wenn die Sozial- demokraten sich mebr an der au en Politik beteiligen, so ift das nur zu begrüßen. Es wü dies vielleicht zu einer be- rechtigten nationalen Selbstzuht fi Den Frieden wollen wir alle, aber niht um den Preis der Chre und Wohlfahrt des Volkes.
Um 61/4 Uhr wird die Weiterberatung auf Donnerstag 1 Uhr vertagt. Vorher dritte Lesung des Handelsprovisoriums mit England und des Handelsvertrags mit Bulgarien.
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Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.
6. Sizung vom 13. Dezember 1905, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegrapbisßem Bureau.)
Auf der Tagesordnung steht zunächst die Besprehung der Interpellation der Abgg. Hilbck (nl.) und Genossen : „Welche Maßnahmen gedenkt die Königlide Staatsregierung
zu ergreifen, um den großen Stockungen im Eisenbahn- verkehr vorzubeugen, weile in diesem Jahre in einem nie ge- scheren Umfange aufgetreten find und die wirtshaftliche Entwidlung des ganjen Landes bedroben ?“ Die Interpellation if bereits in der Sißzung vom 6. d. M. von dem Abg. Hilbck begründet und von dem Minister der öffentlihen Arbeiten von Budde beantwortet worden. Ueber den ersten Teil der Erörterungen ist bereits in der gestrigen Nummer d. Bl. berihtet worden. Abg. Oeser (fr. Volksp.): Daß ein Wagenmangel in einem außerordentli hohen Maße bestanden bat, darüber ift kein Zweifel möglih. In diesem Jahre ist er nun gestiegen, und der Mangel an Vorauésiht der Regierung bat dazu beigetragen, daz es
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fontrolle bat s{uld daran, daß nit genügend Wagen gestellt worden
sind. Auch die Landwirtschaft im Often hat den Wagenmangel gefühlt.
Der Miniiter hat auf die starke Materialienbe‘ch1ffFfung hingewiesen,
aber nicht bestreitea fôanen, daß ein Güterwagenmangel vorhanden
sei. Jch muß hierbei unteritreihen, daß wir jeßt noch unter der
Thefaurierungspolitik des Ministers Miquel zu leiden haben, die die
Beschaffurg von größerem Betrieb8matertial verhindert hat. Die Ver-
kürzung der UmlaufSzeit begrüße ih als einen Fortschritt. Wie
steht rführung der Betriebtmittelzemeinshaft, Ausrußung der Wagen zu er-
Zugveripä ungen lafsen den E
ju, d g s Beamtenpersonal vorhanden ist. Die
Verantwortung wird leider immzr mehr einer einzigen Stelle jugeshoben.
Gegenüber den Ausführungen des Grafen Kaniß muß ich fagen:
wir sehen überall die den Zwischenhandel aus-
zushalten. Der Konsum dieser Ausschaltung
keine Vorteile gehabt. blensyndikat reserviert f
Koktlenproduktion für den Schiffsverkebr, um
iu baben, und steigert dazu die Schifftarife bis nahe an die
Die Eisenbahnverwaltung muß deshalb den Wagenpark f:
er niht nur für normale, sondern auch für außergewöhnli
genügt, damit keire Verkebr2stockungen mehr eintreten.
Streik werden die Koblenpreise sofort wieder
gehen. Hier greift das Kartellwesen direkt
interessen ein. Der Minister sagte, die
gleihfalls Vorsorge treffen und i
8 Geld ift ja sehr knapp, und
große Kapitalien in Koblen festlegen.
„Sommertarife!“ sagte der Minister,
Sommertarife. Ja, hat denn
Sommertarife ? Eisenbabnve tung bemüht sch
einigen Iabren, i Y e O vollen Monopol-
lung au8zugestalten, und f Schiffabrtsverkehr mit einer ge- Ani negenüber, wie di en Verkehrssteuern beweisen.
AcgenI L T ; auch den SYiff- ;
deshalb will
Auf den Wafserverkehr ha das Koblensyndikat
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gaben ju zur Entlaftung Kalamität des W die Landwirtschaft mitwirken, damit wir î brauchen.
Abg. Dr. Volt ih sagen, daß die systems stattgefunden weist, wie |chlecht reguläre Tarife, î
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ei den Löhnen einbi eine Beschäftigun Also wieder de oztaldemofrat. © gen wollen, müssen si: feiern. ist allerdings immer nur zeitweise jüterwagen ist do das ganze Jahr i 10 n der Lantwirt- gebört. j namentli und Sckmalspurs nnen, daß die rihlesien das
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eckten Wagen wagen. Wo liegt m Beamten angesichts es Menschenmögliche geleiste System; diese Meinung waltung dürfte fich nur von den Bedürfnissen des Verkehrs nit. Es fragt sich immer, siebt geringeren Etatseinnabhmen wird weniger Einnahmen mehr. Das ist nit das Richtige. man@en Jahren gespart. Wenn dann eine steigend tritt, bei der die Eisenbahnen etwas verdienen fönnten, g e- trieb, und dann beißt es zur Entshuldigung immer, der Andrang sei unerwartet a-fommen. Wenn der Minister darauf hinweist, day die Industcie im Frübjahre befragt worden ift, wie viele Wagen fie im Herbste gebrauchen werde, so lassen fi doch vom Frühjahre bis zum Herbst auf keinen Fall genügend neue Wagen beschaffen. Die Eisen- babnverwaltung müßte unabktängig davon Jahr für Iahr neue Wagen in einer Zahl beschaffen, die dem durhsnittlichen Verke hrszuwaBŸs, sagen wir eirimal, in den [eßten 20 Jabren, entspricht. as muß gesehen, unabbärgig davon, wie gerade im laufenden Iabre der Verdienst ist und wie die Einnabmen sind. Der Minister sagt, dann müßten die leeren Wagen dasteben, und neue Gleise für die Aufstellung gebaut werden. Ja, natürlich müßte das geicheben ; auch industrielle Werke, wie
die Zuckerfabriken z. B., steben zeitweise stil. Wir in Oberschlesien sind für das,
en, Schuld? f genmangels a ir aben. Der Fehler errscht ganz allgemei ibrem eigensten I eiten lassen.
erjagt de
abgelehnt worden ist. Das Ziel unserer Steuergeseggebung muß lein, die großen Einkommen in stärkerem Maße hberanzuzichen; dieses
vielen Arbeitern an Arbeitsgelegenheit gefehlt hat. Die Verkehr®-
was die Eisenbahndirektion selbst bei diesem Wagenmangel geleistet hat, sehr dankbar, aber das