1905 / 297 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 18 Dec 1905 18:00:01 GMT) scan diff

berg ist mit der 14. Kompagnie in den Matumbi-Bergen eingetroffen. Ein Zug unter Oberleutnant Wagner hatte ein Gese#t am Kitope- Berg. Der Feind floh. Die Marineinfanterie unter Leutnant von Engelbrecht ist gesund in Mpapua eingetroffen.

Aus Deutsh-Südwestafrika wird amtlich berichtet: Bei Gubuoms östlich von Aminuis hatte am 5. Dezember die 4. Batterie ein weites Gefecht gegen Hottentotten, in dem der Feind dret Tote, zwei Gewehre, aht Reitohsen und 25 Stüd Großoieh einbüßte. Auf deutscher Seite wurde ein Reiter \{chrwoer, ein Offizier und ein Reiter leiht verwundet. In dem bereits gemel- deten Gefecht dieser Batterie am 1. Dezember sollen außer dem Kapitän der Hoachanas-Hottentotten Manasse au fein ältester Sohn odep und sein Schwiegersohn Gasap sowie der Unterkapitän Hendrik ektor gefallen sein. : 8 Morenga hat am 8. Dezember einen erneuten Angriff auf Sandfontein gemacht, wobei auf deutscher Seite fünf Reiter ge- fallen und vier verwundet worden sind. Die dem Befehl des Majors von Estorff zum Kampfe gegen Morenga unterstellten Kräfte be- finden sich in der Sammlung, die einige Wochen beanspruchen wird. Die Abteilung des Nittmeisters Haegele warf am 8. Dezember östlih von Aub Leute des Cornelius nah Süden zurüdck und ver- folgte sie. Hierbei wurde ein Reiter \{chwer und ein Reiter leicht verwundet.

Jm Schußtzgebiet Kamerun ist der A Ngila im Kampfe gefallen. Einem Bericht des ezirksamts Jaunde vom 2. Oktober d. J. entnimmt das „Deutsche Kolonialblatt“ hierüber folgendes: :

Der Polizeimeister Müller war zur Ablösung der Besaßung nah Ngila gesandt und ihm der Auftrag gegeben, einen Versuch zu machen, den flüchtigen Ngila gefangen zu nehmen. Dies ist ihm durch eine Patrouille gelungen. Beim Tranêport des Ngila zum Polizeimeister Müller ist die Patrouille von Anhängern des "îgila angegriffen worden und Ngila selbst in dem Kampfe gefallen. Der zu Jaunde gehörige Wutebezirk ist nunmehr wieder als beruhigt zu betrachten. In den leßten Tagen haben si noch die Reste der zu Ngila haltenden Be- völkerung in Ngila eingefunden und den Oberhäuptling Wimane anerkannt.

Oefterreich-Ungarn.

Im österreichischen Abgeordnetenhause wurde vor- gestern die zweite Lesung des Budgets forigeseßt.

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ beklagte der Abg. Pitacco (Italiener) die trostlose Behandlung und Vernachlässigung der Italiener in fultureller, wirtshaftliher und politisher Beziehung. Der Abg. Graf Stürgkh (Verein der verfassungsgetreuen Großgrundbesiger) erflärte sch mit der angekündigten Indemnitäts- oder (Fr- mähtigungsgesezvorlage bezüglih der gemeinsamen Auslagen nicht einverstanden, falls Delegationsbeshlüfse fehlen, weil der Reichsrat zur Votierung eines solhen Geseßes nit zuständig set. In Ungarn herrshe jeßt, fuhr der Redner fort, der Wunsh nah Waffenstillstand vor, der die Hoffaung gestatte, daß es zum Frieden zwischen der Krone und der Nation kommen we!de, wodurch der Aus- gleih zwischen Oesterrei und Ungarn in ein aftuelles Stadium treten werde. Dann werde auch die Frage der Wahlreform, die auf beiden Seiten weniger aus inneren Bedürfnifsen heraus, als vielmehr aus Gründen der Taktik in den Vordergrund gestellt worden sei, im Interesse der Monarchie zurücktreten, troßdem die Regierung in leßter Zeit eine gewisse Schwäche an den Tag gelegt habe, indem sie vor äußeren Einflüssen zurückgewichen sei. Der Abg. Wolf erklärte, die Frage der Wahlreform, die die Deutschen übrigens nicht zu fürchten hätten, würde rur aufgerollt, um von dem Verhältnis zu Ungarn abzulenken in dem Augenblicke, wo das Parlament alle Kräfte zufammenfafsen solle, um endgültig mit Ungarn fertig zu werden. Der Abg.Stein(Alld.) gab der Unzufriedenheit der Alldeutschen mit der Haltung ‘des Minister- präsidenten gegenüber Ungarn Ausdruck und kündigte die Einbringung eines Antroges auf Erhebung einer Anklage gegen das Ministerium an. Der Abg. Gorsfki (Pole) warf der Regierung vor, daß sie nicht auf parlamentarisher Erledigung des Budgets bestanden habe, und beschweite si, daß die Forderungen der Polen von der Negieruna nicht erfüllt würden. Troß der seinerzeit beshlossenen Vereinbarungen über den Bau der UAlpen- bahnen und Wasserstraßen, sei der Bau der Wasser- straßen noch nit ia Angriff genommen. Der Redner warf der Ves gierung verfassungs8widriges Vorgehen bei der Vergebung der Triester Hafenbauten und Liebäugelei mit der Gasse vor; die Schuld an den jeßigen Verhältnissen sei bei der Wiener Bureaukratie, die mehr rot als \chwarzgelb sei. Schließlih wurde das Budgetprovisortium in allen Lesungen angenommen. Das Haus nahm ferrer den Gesezentwurf, betreffend den Abschiuß eines Handelsvertrags mit Italien, ohne Debatte an.

Großbritannien und Frland.

In London hat am gestrigen Sonntag wieder eine große Versammlung von Arbeitslojen stattgefunden. Wie „W. T. B.“ berichtet, zogen die Arbeitslo)en vom Trafalgar-Square mit roten Fahnen unter Absingen der Marseillaise nah der St. Pauls-Kathedrale, wo ein besonderer Gottesdienst abgehalten wurde. Nach dem Gottesdien]t ver- suhten Teilnehmer an der Kundgebung Ansprachen an die Volksmenge zu halten, doch schritt die Polizei biergegen ein und die Arbeitslosen zogen, wiederum die Marseillaise stngend, weiter.

Frankreich.

Die Deputiertenkammer sehte vorgestern die Be- ratung des Geseßentwurfs, betreffend die Schiff- fahrtsprämien fort, die nah kurzer Debaite vertagt wurde, und begann sodann die Beratung über die provisorischen Zwölftel. Vorher verlas der Ministerpräsident Rouvier die von ihm am Freitag im Ministerrat mitgeteilten Erklä- rungen. Nach dem Berich! des „W. T. B.“ begann der Ministerpräsident mit seinen Erklärungen vom 10. Juli über die Verhandlungen zwishen Deutshland und Frankreih über die Marokkokonferenz und fuhr dann fort:

Es sei damals noch übrig geblieben, das Programm der Konferenz festzustellen und es in gemeinfamem Einvernehmen zur Annahme durch den Sultan zu bringen. Er, Rouoier, habe am 28 September mit dem Botschafter Fürsten Radolin ein neues Protokoll unter- zeihnet, das den Programmentwurf feststelte. Der Sultan habe am 22. Oktober erklärt, daß er dem vorgeshlagenen Programm zustimine und Algeciras als Konferenzort annehme. Da Spanien Europa aufs neue seire Gastfreundschaft gewähre, \tche es ibm zu, die Mächte zu der Konferenz zusammenzuberufen. Die Kon- ferenz werde wahrscheinli Anfang Januar eröffnet werden. Das dieser Tage verteilte Gelbbuch gestatte, die Politik Frankreihs, seine Mäßigung und die Rehtmäßigkeit seines Vorgehens zu würdigen. Frankrieih müsse eine marokfanische Politik haben. Die Zukunft Marokfos werde in entsheidender Weise die Geschike ter nordafrika- nishen Besitzungen beeinflussen.

Der Ministerpräsident erinnerte sodann an die seit sechzig Jahren bestehende unruhige Lage an der algerish-marokfa- nischen Grenze und fuhr fort: /

„Dos Gelb bu legt die Anstrengungen und die Methoden dar, die zur Lösung dieses Problems angewendet worden sind. Marokko zeiate sih mahtlos, der Lage und der Gefahr, die sich aus dieser ansteckenden Anarchie ergab, abzuhelfen. Die Berechtigung unserer

Klagen wurte von den Mächten anerkannt. Sie erkannten an, daß woir ein Recht hätten, mit ihnen in Marokko aufzutreten, und zwar nicht mehr nur als Beschwerdeführer, sondern als Berater, von deren Rat die allgemeine Zivilisation Nuyen ziehen würde. Da trat Deutschland mit seiner Intervention auf. Deutschland hielt es nit für ausreichend, von unserem Abkommen in Kenntnis geseßt zu werden, es meinte, seine Interessen forderten, daß es in direkter Weise befrogt würde, und legte Nachdruck auf die Einberufung einer Konferenz. Jch hielt eine Konferenz für annehmbar, unter der Bedingung, daß die nötigen Bürgschaften gegeben wären, daß die Würde Frankreihs gewahrt bliebe.“

Der Ministerpräsident behandelte nun die Frage, unter welchen Bedingungen Frankreih auf die Konferenz eingehen konnte. :

„Es ist heute klar“, führte er aus, „daß die von uns dem Sultan gemachten Vorschläge keineswegs darauf auëgingen, in Marokko ein Regime analog dem in Tunis einzuführen. Wir haben uns niemals auf das angeblih-, europäishe Mandat berufen. Der Gesandte Taillandier hat mit vollkommener Korrektheit seine Auf- gabe erfüllt, die weder die Souveränitätsrehte des Sultans noch die Lage der Mächte, wie fie aus den Verträgen hervorgeht, berührte. Wir werden den vorgezeichneten Grenzen treu bleiben. Die der Konferenz gestellte Frage ist ein- fah. Jede Macht hat Rechte in Marokko. Diese Rechte find nicht bestritten. Jede Macht genießt dort die Vertragsrehte. Es war niemals davon die Rede, dem Eintrag zu tun. Die Interessen der Mächte müssen respektiert werden, aber wir haben die Pflicht, der Konferenz die besondere Art unserer Rechte und die Wichtigkeit unserer eigenen Interessen ‘zu zeigen. Das Protokoll vom 8. Juli stellt fest, daß das NReaime an der algerishen Grenze der aus\cließlihen Zu- ständigkeit Frankreihs und Marofkkos verbleibt.“ ,

„Unser Recht in Marokko besteht darin, daß Frankrei in Nord- afrika eine muselmanishe Macht ist und daß wir unfere Rutorität gegenüber 6 Millionen Eingeborener aufrechterhalten müssen, die durch die Gemeinsamkeit der Nasse den im Nachbarstaate um fi greifenden Aufreizungen ¿ugänglih sind. Wir sind daher berehtigt, zu verlangen, daß in Marokko eine Macht besteht, der man gehorcht und die ihr Ansehen niht dazu gebrauhen wird, um unsere Kolonie zu bedrohen und zu beunruhigen. Unser Recht berührt kein Recht eines anderen und bietet allen zivilisierten Mächten eine Gewähr füc thr Recht. Wir werden auf der Konferenz noh besonders unsere Handels- und Finanzinteressen zur Sprache bringen, die den ersten Nang unter den europäishezn Interessen einnehmen. Indes zeigen unsere Abkommen mit England, Spanien und Deutschland, daß wir eine gleihe Bebhandlu-g auf dem wirtschaftlichen Arbeitêgebiet wünschen. Daher kann die von den meist interessizrten Mächten zugegebene und in unserem Abkommen mit Deutschland schriftli niedergelegte Anerkennung unserer besonderen Lage niemand \chädigen. Die Wiederh=1stellung und Reform des Maghzen erscheinen für uns immer als Grundbedingungen des in Marokko für erforderli erklärten Werkes. Die marokkanishe F1age drängt ih unserer Politik auf, wenn wir nicht das alte kostspielige Werk Franktreihs in Nordwestafrika gefährden wollen. Das Ergebn1s der französisch-deutshen Unterhandlungen ist, daß unfere Rechte, wenn nit olle anerfannt, so doch alle vorbehalten find.“ |

„Es ist hervorzuheben, daß es Deutschland und Frankrei ge- lungen ist, die zwei ersten Etappen in der Regelung der Schwiertg- feiten zu überschreiten, die einen Augenblick ihre Beziehungen zu trüben drohten. Warten wir mit Ruhe das Ergebnis der Konferenz ab. Die äußere Politik Frankreichs ist leicht zu kennzeihnen : Treu der unberührt gebliebenen Allianz und den kostbaren Freund- schaften, die frei von Hintergedanken find, im Wunsche gegenseitige vertrauensvolle Beziehung-n zu unterhalten, hat Frankreich, seiner selbst siher wir“verkünden es laut nur die Wahrung seiner Rechte, seiner Interessen und seiner Freiheit im Auge.“

Nah Schluß ‘der Erklärung des Ministerpräsidenten Nouvier beantragte Hubbard die Vertagung der Debatte über die auswärtige Politik.

Fauròs bekämpfte diesen Antrag, indem er sagte, es wäre cine große Gefahr, wenn wir den Eindruck hervorrufen würden, daß wir bloß die besonderen Rechte Frankreichs berücksihtigen wollten, und daß wir alle Bürgschaften internationaler Art im Dunkeln lassen wollten. Wenn die Kammer dur ein beklagenëwertes Mißverständnis im Auslande die Meinung entstehen lassen follte, daß die internationale Seite der Marokkofrage vernachlässigt werden wird, dann werde sie vor dem Lande und vor der Geschichte die Ver- antwoitung tragen. Ribot {loß sh dem Vertagungêantrage an und erklärte: „Wir beschwörea keine Gefahr für die Zukunft herauf, aber es hängt von uns ab, uns treu zu bleiben. Wir haben vor niemandem furt, aber wir siod der Ansicht, daß wir eine Erörterung nur dann in Angriff nehmen sollea, wenn wir dieselbe für den Interessen Frankreichs nüßlih halten. Ih möbte in diesem Augenblick kein Wort sagen, das Polemiken wieder erwecken könnte, die nur zu lange ge- dauert baben, und die dazu beitragen könnten, zwishen zwei Ländern den Zustand der Ungewißheit, des Unbehagens und selbst der Spannung zu verlängern. Eine einzige Frage liegt heute vor: Stimmen wir der Regierung bei oder nicht? Wenn wir ihr zustimmen, dann müssen wir ibr die erforderlihe Autorität geben, damit sie nah Algeciras gebt, um die Interessen Frankreihs mit der ganzen Kraft Frankreichs selbiht zu verteidigen. Wir müssen uns“ eng um die Regierung sharen Wenn es einige Wolken gibt, dann hängt es von Deutschland und seiner Regierung ab, sie zu zerstreuen, aber es hängt von uns ab, dies Werk zu erleihtern, indem wir nach außen den

von feinen inneren Streitigkeiten zerrissen und daß wir alle mit der Regierung, der Verteidigerin der Sicherheit und der Ehre Frankreis einig sind.“

Der Antrag auf Vertagung der Erörterung über die auswärtige Politik wurde hierauf mit 486

putierte, darunter Delcassé, enthielten sich dec Abstimmung. Nacv weiterer Debatte nahm die Kammer mit 951l gegen 45 Stimmen die Vorlage, betreffend zwei provisorische Zwölftel, an : n Nachdem vorgestern auch der Senat die Vorlage, be- treffend die zwei provisorischen Zwölftel, angenommen hatte, wurde die Parlamentstagung geschlossen.

Rußland.

Ein Communiqué der Regierung findet, nah der Meldung der „St. Petersburger Telegraphenagentur“, die Klagen, Beshwerden und Forderungen der Eisenbahn- angestellten zum großen Teil gerechtfertigt. Das Verkehrsministeriuum hat daher die Ausarbeitung von Maßnahmen zur Aufbesserung der Lage der An- gestellten in Aussicht genommen. Da wegen der erforderlichen sehr bedeutenden Geldmittel! niht alle Maßnahmen gleichzeitig durhzuführen sein werden, richtet der Verkehrsminister seine Aufmerksamkeit zur Zeit auf die unaufsciebbarsten. Der Neichsrat genehmigte, daß hierfür die erforderliche Summe von 16 Millionen in das Staatsbudget von 1906 eingestellt werde. Die Post- und Telegraphenverwaltung gibt bekannt, im Jahre 1906 würde das niedrigste Gehalt der Post- und Telegr aphenbeamten von 300 auf 468 Rubel erhöht werden; außerdem würden die Mittel diess Ressorts zur Vervollkommnung desselben und zur Erhöhung des Personal-

bestandes um 50 Prozent jährlich erhöht; ferner wies der

Reichsrat eine halbe Million zur Verteilung an die Post- und Telegraphenbeamten an, die während des Eisenbahnstreikg verstärkte Arbcit leisten mußten. i der den Beamten, \huldig gemacht haben, alle fünf Jahre eine Gehaltszulage in Aussicht stellt. L Ein zweites gestern veröffentlihtes Communiqué der Regierung weist darauf hin, daß sih unter den politischen Parteien -namentlich die Gruppen bemerkbar machen, die zum Ziele haben, sich den im Manifest vom 30. Oktober angekündigten Reformen zu widersegen und den wirtschaft: lichen, sozialen und politishen Bau des Landes vollständig Diese Gruppen bedrohen die Regierung, die Gesellschaft und die Bevölkerung, die ihre Jdeen nicht teilen, und gehen so weit, Handlungen der Gemalttätigfeit zuzulassen, den Aufstand in der Armee vorzubereiten und zu predigen und dag Land durch Hemmung des Betriebs der Posten, Telegraphen und Eisenbahnen zu desorganisteren. i Aufmerksamkeit besonders auf die Arbeiterklasse. Jhre Pro: gramme fließen sih den Programmen der Sozialdemokraten und der revolutionären Sozialisten an, ihre Taktik nähert sich der: jenigen der Anarchisten. Die Regierung hält die Ausführung der Reformen auf der Grundlage 30. Oktober für ihre Pflicht.

Außerdem wird ein Entwur

ausgearbeitet, keines Tadels

zu zerstören.

Sie konzentrieren ihre

des Manifestes vom Sie hâlt es für das beste Mittel zum Kampfe gegen die Revolutionäre, sih auf die Geseße und provisorischen Reglements zu stüßen; wenn aber diese Mittel niht genügen sollten, um der Tätigkeit der Revolutionäre wird die Notwendigkeit eintreten, Maß- nahmen von vollständigem Ausnahmecharakter an- zuwenden.

Ein Kaiserlicher Erlaß erteilt den Generalgouver- neuren, Gouverneuren und Stadthauptleuten für den Fall der Einttellung oder Störung des Eisenbahn-, Post: und Telegraphenverkehrs, wenn die Herstellung der und Ordnung eigener Machtvollkommenheit den kleinen und großen Belagerungszujiand zu verhängen, wobei die Gouver: neure und Stadthauptleute die Rechte eines Oberchefs er: Ebenso wird in Gegenden, wo der militärische Vor- feinen niedrigeren Posten als den des Brigade: fommandeurs bekleidet, auf der Grundlage, die das Geseß vorsieht, der Kriegszustand verhängt, wobei der militärische Vorgeseßte die“ Rechte des Generalgouverneurs erhält. Die Aufhebung des Ausnahmezustandes erfolgt durch den Minister Für St. Petersburg bleiben die bisherigen hierauf bezüglichen Bestimmungen in Kraft.

Der Regierung wird, wie das oben genannte Bureau berichtet, von verschiedenen Seiten mitgeteilt, daß die dur den Ausstand der Eisenbahnangestellten zu Grunde gerichtete Bevölkerung sich in einem solchen Zustande der Ecregung befindet, daß ein neuer Ausstand sie zu GBewalttätigkeiten gegen die Eisenbahnangestellten treiben würde, worunter auh die Unschuldigen leiden würden. Orten herrshenden Unruhen würde es der Regierung sehr i wiederherzustellen, für den Fall, daß sih die Bevölkerung zu Gewalttätigkeiten gegen die ausständigen Eisenbahner hinreißen lassen sollte.

Die Verhaftung des Rats der Arbeiterdepu- tiefen Eindruck gemacht. verschiedenen,

Einhalt zu tun,

Befugnis,

des Jnnern.

Angesichts der an zahlreichen

die Ordnung rech!zeitig

tierten hat auf die Petersburg in haupisählich von Arbeitern bewohnten Vierteln Beratungen statt, in denen ein neues Exekutivkomitee der Arbeiter ge wählt und die Frage in Moskau wird, der Generalstreik angeregt worden. man nicht, nissen der Generalstreik gelingen würde. abend bei einer Sißung des Arbeiterrats verhafteten 268 Per- sonen sind bis auf 32, die ihre Namen nicht nennen wollten, wieder freigelassen worden.

Die vom Ministerrat ausgearbeiteten und im Reichs- | rat durhberatenen Maßnahmen gegen die Aus stände erhielten die Sanktion des Kaisers.

Die Aufreizung zum Streik bei den Eisenbahnen und Telegraphen stationen wird mit Gefängnishaft von 8 bis 16 Monaten bestrafl Personen, die den Streik beginnen, unterliegeu einer Gefängnishaft von 4 bis 16 Monaten. Perfonen, welche die Staatsrechte genießen und eigen- mächtig die Arbeit einstellen, werden mit Arrest von 3 Wochen bis 3 Mo naten oder Gefängnishaft von 4 bis 16 Monaten bestraf das Gericht die Entlassung der Betreffenden verfügen. Der Vers Gewalt und Drohungen die ArbeitseinsteUurg her beizuführen, zieht eine Gefängnishaft von 3 bis 16 Monaten nah sih. Die Teils Gesellschaften,

des Generalstreiks wie von dort gemeld:t Im allgemeinen gegebenen ie am Sonnabend

daß unter

t. Außerdem karn

Herbeiführung

zresturgéhaft 4 Monaten bis 4 Jabrea mit Verlust einiger Standetrechte. Für dk Dauer der eigenmächtigen Einstellung wind das Gehalt nicht aus Angestellte, die währ-nd des Streiks durch Streikende an esundheit geshädiat w-rden, erhalten Entshädigungen; sie arbeitsunfähig gemacht wurden, wurden oder e:haltenen Verleßungen er

starken Eindruck hervorrufin, daß wir unser seltst sicher sind, daß wir |

eine Pension, falls sie ge

lezen find, werden ihre Familitn F

Aus den baltischen Provinzen licgen sehr ernste Nad

gegen 49 Stimmen angenommen. Die Minorität bestand | ] E aus 12 Sozialistish-Radikalen und 37 Sozialisten, 35 De- | Nach einer Depesche der „St. Petersburg

rihten vor. „Sk revolutionäre Bewegun

| Telegraphenagentur“ ergreift die | in Livland nunmehr auch den nördlichen Teil de mit estnischer Landbevölkerung. Südlivland steht in hellen Auf Gutsbeamte wird von den Untergel geschossen, die Landsiße liegen in Trümmern. | Jürgensburg wurde von etwa Shloß Lemburg in Brand gesteckt, nachdem es mit Petr in Alla sh wurden ein Wohnhaus un Stadtverwaltun9

t den Aufsi

Lebtere verlangen v0 : 17 Geiseln, unl

| Aufruhr.

200 Aufständischen belager!, dad f begossen war; Brennerei eingeäschert. | steht unter Vorwi dischen in Unterhandlung.

Nitterschaft

denen sih auch vi

C Die Rigaer S ssen der Ritterschaft mi

Herausgabe s er deutshe Reichsangehörige befind die lettishe Republik anerkannt und eine vóll Lossagung Pachten und Loskaufzahlungen sollen erlasse und Belagerungszustand \ livländische Innern eine Denkschri

Rußland zugelassen : tuß zugelass erde. igl aufgehoben Adelskonvent ft zugestellt, in der darauf wird, daß viel, aber noh nicht alles verloren sei.

schaft halte es für ihre Pflicht, auf den Weg hinzuweis nesung zugeführt werden könne. der Bevölkerung Livlands ohne Unterschie i Naum für eine gesunde Entwickelung zu gewähren. Staatstreue der Bevölkerung leide fremden Beamtentums, unter de mundung. Die Ausführungen der

in leßter Stunde die vieder seiner O? bitte die Reg y d der National?

en, auf dem das Land 1

unter dem ‘Dru r Russifizierung und d Denkschrift gipfeln 1n

Vorschlag, einen Provinzialrat zu ernennen. Ferner haben die livländische Ritterschaft und die E Riga an den Kaiser sowie die Minister Graf Witte und Durnowo Telegramme gerichtet mit der Bitte um Auf-

hebung des Kriegszustandes.

Jn Anbetracht dieser Lage hat der Reichskanzler Fürst Bülow, wie „W. T. B.“ meldet, den baren in von Ostpreußen ersucht, sofort je einen Dampfer für Riga, Libau und Reval zu chartern, damit sie im Notfall für

dortige deutsche Neihsangehörige zur Verfügung stehen.

Aus allen Kreisen gehen nach amtlihen Meldungen Be- rihte über den Aufstand der Litauer ein, die fich gegen die bestehende Ordnung auflehnen. Ueberall sind die NRegierungsanstalten und Schulen demoliert. Die Beamten flüchten. Wie festgestellt wurde, agitiert die katholische Geistlichkeit für Fortnahme der Ländereien der orthodoxen Kirche und Austreibung aller Russen aus Littauen. Auch altgläubige Bethäuser wurden demoliert. Bewaffnete Volks- haufen überfielen die Dörfer der Altaläubigen. Der Bahn- verkehr ist wegen Konzentrierung der Truppen gehemmt; aus allen Waffengattungen werden fliegende Abteilungen formiert,

doch ist die Truppenzahl gering.

Von den übrigen, heute vorliegenden Nachrichten der ge- nannten Agentur seien folgende erwähnt: Jn Moskau ist vorgestern im Grenadierregiment Rostoff eine Meuterei aus- gebrochen. Das Regiment hat einen Aufruf an alle Negimenter ergehen lassen, in dem aufgefordert wird, die Bewegung zu unter- stüßen, die jeßigen Kommandanten abzusegen und für die Freiheit der Armee zu kämpfen. Die Antworten seien bis zum 19. Dezember zu erteilen. Das Regiment beschloß sodann, eine militärishe Demonstration in allen Straßen zu ver- anstalten. Gestern hat sich das Regiment aber bereits wieder unterworfen. Als erste ergaben sih die Soldaten der Mitrailleusenkompagnie, sodann das dritte und vierte der unzufriedenen Bataillone und zwar in Gegenwart von Vertretern der extremen Parteien. Die übrigen Soldaten werden dem Beispiele folgen. Zehn Rädelsführer wurden ver- haftet, unter ihnen ihr Chef Schabarow. Die Offiziere sind auf ihre Posten zurückgekehrt; die Untersuchung ist im Gange. Einige weniger bedeutende Forderungen sind bewilligt worden, so die Unverleßlichkeit der Soldatenbriefe, die Vermehrung der

Nationen und die regelmäßige Löhnungszahlung. Jn Jekaterinoslaw legten die L ;

verwundet. Ftalien.

Der Minister des Auswärtigen Tittoni und der dänische Geschäftsträger, Legationssekretär Graf Moltke unterzeich- neten, nah einer Meldung der „Agenzia Stefani“, vorgestern ein Uebereinkommen, durch das beide Staaten sich verpflichten, alle sich etwa zwischen ihnen ergebenden Streitig- keiten dem Schiedsgerichte zu Haag zu unterbreiten.

Die Deputiertenkammer beriet gestern den handels- politishen modus vivendi mit Spanien in zweiter Lesung. Nach dem Bericht des „W. T. B.“ begründete der Ministerpräsident Fortis die Vorlage nochmals in A

l ichtlih der von der Regierung befürworteten Tageserdnung Goris- Giovagnoli, die besagte: „Die Kammer bestätigt 1hr Ver- trauen zur Politik der Regierung und geht zur Beratung des Artikels über, nah dem der modus vivendi mit Spanien ratifiziert wird.“ Der Ministerpräsident gestand der Kammer das Recht zu, über die beiden Hälften dieser Tagesordnung gesondert abzustimmen, erklärte aber, daß die Regierung demissionieren werde, wenn die Kammer der Regierung zwar 1hr Vertrauen ausdrücke, aber den mo dus vivend1

Nede und stellte shließlich die Vertrauensfrage hin

ablehne.

In seiner Rede hob der Ministerpräsident gegenüber Sonnino

hervor, daß, wie dies auch bereits von den zuständigen Ministern in der Kammer b2tont worden sei, die erfolgte Kündigung des Handels-

vertrages mit Spanien unerläßliß gewesen ser und dan der Entschluß, einen vorläufigen modus vivendi mit Spanien abzushlicßen, nach gründlichen Unterhandlungen vors

nehmlich zustande gekommen si unter dem Einfluß der Ueberzeugung , daß es durhaus nicht angezeigt gewesen wäre, unter das Reaime des Generaltarifs zu geraten. „Der modus vivendi“, fubr der Minisfterpräsident fort, „ter den Weg für dauernde Abmachungen öffnet, kann mit sech8monatizer Fuist gekündigt werden. Die Regierung glaubt keinen Fehler gemacht zu haben; wenn sie es do getan hat, so wird die Abhilfe leiht sein. Ich werde die technische Seite der Angelegenheit in diesem Augenblick nicht erörtern, venn es würde ganz naiy sein, jeßt zu versuchen, die Gegner zu überzeugen ; ih will nur an das Wort Luzzattis erinnern, daß, sobald Interessen in Frage stehen, die offenkundigsten Wahrheitea bestritten werden können. Die Negierung i für den Schuß der heimishen Produktion, nawentlih der landwirtschaftlihen, sie kann aar nit ayders als dafür sein, aber der Zollshuß muß auch seine Grenzen haben, sonst wird er die shlagendite Unbilligkeit. Der über- mäßige Protektionismus kommt dem Monopol gleich und ruft eine Veberfülle der Produktion im Inlande hervor. Es handelt \sich also darum, das richtige Maß auch für den Zollshuyz zu finden, und ein Weinzoll von zwölf Lire entspricht einem Zollshuß von 50 bis 60 9%. Man kann das nicht Freibhandel nennen. Der Schuß des inneren Marktes kann niht bis zu dem Punkt getrieben werden, daß er unserer Ausfuhr jeden Weg, jede Be\trebung versperrt. Von diesen Grundsäßen hat sih die Regierung bei ihrem Vorgehen auch in den Unterhandlungen mit Spanien leiten lassen. Die Regierung glaubt nit, daß sie feblgegangen ist, und sie glaubt namentli nicht das Vertrauen des Parlaments verwirkt zu haben. Da aber Sonnino au von der inneren Politik, der Finanzpolitik und der Eisenbahn- frage gesprochen hat, bemerke ich ihm, daß es \sich im Interesse der Aufrichtigkeit der parlamentarishen Beratungen niht empfiehlt,

ragen, die verschiedenen Wesens sind und durchaus ge- chieden bleiben müssen, zu vermengen Ich stehe niemantem in der Sorge um die Interessen der Südprovinzen nah; nur empfehle 1G den Vertretern jener Landesteile, die Nolle in Nechnung zu ziehen, die bei dem angeblichen Schuß der Interessen des Südens örtliche und persönlicke Bestrebungen spielen. Da Sonnino auch von der allgemeiren Richtung der einzushlagenden Politik gesprochen

hat, wiederhole ih, daß niemand, als die Gelegenheit und

er geeignete Augenblick dazu da war, je die auswärtige

Politik des Kabinetts getadelt hat. Man hat dann von der Eisenbahnpolitik, der Finanzpolitik und der inneren Politik

gesprochen, may hat von der angeblichen Desorganisation der öôffent- lichen Verkehrsbetriebe gesprohen. Hier liegt cine ungeheure Ueber- treibung vor. Man hat der Regierung Untätigkeit vorgeworfen. Jeder Unparteiishe möge jagen, ob man in der Zeit seit April des Jahres mehr leisten konnte so vielen und so ernsten Problemen gegen- über, von der Eisenbahnfrage an bis zu den Maßnahmen für das so [Nwer heimgesuhte Kalabrien. Die Regierung hat wahrlich das

rdbeben nicht abgewartet, um sich der Interessen der Südprovinzen anzunehmen,“

Auf einen Zwischenruf Sonninos eingehend, fuhr Fortis fort: | „In der Regierung herrshte niemals Uneinigkeit und auch in der Frage des modus vivendi mit Spanien ift ihre Solidarität voll- Hinsichtlich der Eisenbahnfrage betone ih, Liquidation Streit entstand, Miuionen Lire nicht übersteigen, daß die Verhandlungen wieder auf- genommen sind, die Uebergabe des Materials der Bahnen im l den Staat kein Schaden die Kammer, der Kürze der Zeit und den allgemeinen Vechältnissen des Eisenbahn- Privatbetrieb zum Staatsbetrieb in Die Tagesordnung, die Gorio

Summen, über die

und aus all dem

Ich bitte

verfehrs sich der Uebergarg vom der bestmöglihen Weise vollzogen hat. vorgeschlagen hat, spricht von der Freiheit und der Demokratie. Diese Worte, glaube i, find überflüssig, da niemand die Gesinnungen, die Gorio und auch mich beseelen, in Zweifel ziehen kann. Sonnino hat gesagt, die Südprovinzen brauchten Unterriht und Gerechtigkeit; für eine Politik der Aufklärung, der Gerechtigkeit und der Arbeit habe ich mi stets ausgesprohea; Sonnino könnte daher der ministeriellen Mehrheit beitreten.“

Der Ministerp:äsident {loß : „Ich verstehe keine Tagesordnung, die niht die Bedeutung der Kundgebung offenen Vertrauens zur Regierung haben würde. i Tagesoi dnung vermieden werden. Gesetzentwurf

abstimmen Unklarheiten Mit der einfahen Tagesordnung wird ein j j ; i Ich verlange keineswegs eine Scheidung der Abstimmung über den modus vivendi mit Spanien und über die man kann aber nit hindern, daß etwa jemand in der Kammer ist, der bekunden will, taß er ¡war gegen den modus vivendi stimme, dennoch aber die Nichtung der Politik des Ministeriums gutheiße. j Wenn die Mehrheit den modus vivendi ablehnen, zugleih aber dem Ministerium ihr Vertrauen aus- drücken sollte, so wird das Ministerium auch in diesem Falle zurück- ist niht die,

stimmung, von der jede Unklarheit fern ist; es nimmt daher die Tagesordnung Goris-Giovagnoli an, vorbehaltlih des Rechts der Kammer, sie in Teilen zur Abstimmung zu bringen. Abstimmung der Kammer so geschehen, daß fie keine Unklarheit hervor- ruft, deny die Abstimmung muß dem, der nachher die politishe Frage zu Iôsen haben wird, einen flaren Fingerzeig geben.“

_ Hierauf folgte die namentliche Abstimmung. Die erste Hälfte der von der Regierung befürworteten Tagesordnung wurde bis zum Worte „Regierung“ mit 253 gegen 190 Stimmen angenommen; der zweite Teil wurde aber danach mit 293 gegen 135 Stimmen bei einer Stimmenthaltung ab- gelehnt.

Politik der Regierung; Sonnino möge sih beruhigen.

zum andern

i ) ostbeamten vorgestern die Arbeit nieder. Die Briefträger erschienen nicht, zerbrachen die Briefkästen, griffen einen Wagen, der Briefsäcke enthielt, an und zerrissen die Briefe. Die Polizei {ritt ein, und bei dem Handgemenge wurden zwei Polizisten durch Revolverschüsse

Spanien.

__ Nath einer Meldung der „Agence Havas“ werden, wenn die innerpolitishen Verhältnisse es gestatten, der Minister- präsident Moret, der spanishe Botschafter in Washington

) der Unterstaatssekretär |

Spanien auf der Konferenz in Algeciras vertreten. Die ganze marokka nische Vertretung für die Konferenz ist jeßt in Tanger versammelt.

Jn der Deputiertenkammer interpellierte vorgestern Soriano über die bei der Abstempelung der äußeren Schuld begangenen Betrügereien.

Nach dem Bericht des „W. T. B." Senator Cayorez und ein Pariser Bankier, der sich zum Mit- huldigen gemacht habe, hätten in betrügerisher Absicht Titres, die Spaniern gehörten, mit dem befonderen Stempel, der bezeihne, daß die Zinsen in Gold anstatt in Silber zu zahlen seien, versehen lassen und dadurch die Staatskasse um 36 Millionen Pesetas geschädigt. Der Justizminister erwidecle, daß die Justizbehörde bereits ein- geschritten fei.

_ Der Ministerrat beschäftigte sih in seiner vorgestrigen Sißung mit den in der Kammer besprochenen Betrügereien zum Schaden der Staatskasse bei Abstempelung der i Die Regierung beschloß, dafür zu sorgen, daß die Angelegenheit klargestellt werde und die Rechte des Staatsschatzes streng geachtet werden.

Cologan de Ojeda

erklärte Soriano,

äußeren Anleihe.

Nachdem die Pforte die Forderungen der Mächte bezüglich der mazedonishen Finanzreform angenommen hat und bezüglich einzelner Streitpunkte ein Ausglei erzielt worden ist, hat der Kommandant der internationalen Flotte Befehl erhalten, die Demonstration einzustellen. Die gemeinschaftlihe Note der Botschafter, welche die erzielten Einigung verständigt, nimmt na Meldung des „Wiener Telegr.-Korrespondenzbureaus“ für den Schlußabsatz des Artikels 5 des Finanzreglements die Fassung an, daß, wenn der Präsident einen Beschluß der Kommission ausführt, die türkfishen Mitglieder an die Pforte und die fremden Mitglieder darüber an ihre Behörden berichten. Note bestimmt ferner, daß, falls sih im Zivil- oder Militär- budget ein Defizit ergibt, die Pforte dieses nach den betreffenden Artikeln des Reglements vom 7. März 1905 ergänzt. Was die dreiprozentige Zollerhöhung anbelangt, können die Botschafter

Negierungen berichten. Der Schluß der Note lautet: „Nachdem das Finanzreglement endgültig vereinbart wurde und die Pforte auch alle anderen Forderungen erfüllt hat, erklären die Unter- zeichneten, daß die ergriffenen Maßregeln ein Ende finden.“ Die Beseßung von Mytilene und Lemnos wird nunmehr auf- h - Vor der Abfahrt der Demonstrationsflotte wird mit den Gouverneuren ein offizieller Besuhswechsel statt- finden und bei der Abreise der übliche Salut gefeuert werden, der bei der Ankunft unterblieben ist.

Griechenland. Ministerpräsident „W. T. B.“ meldet, in einer Versammlung der ministeriellen

rd daß er infolge des Zusammenschlusses der Opposition dem König, der vorgestern von Wien nah Athen zurückgekehrt ist, seine Entlassung eingereicht habe.

Montenegro.

Jnnern Petrowitsch-Ni Wukomwitf

gehoben werden.

Abgeordneten,

Der Minister des

egosh, der Minister des Aeußern gosh, de

| witsh und der Kriegsminister Plamenaz haben, „W. T. B.“ zufolge, ihre Entlassungs- eingereiht, angenommen

Die Deputiertenkammer ist gestern zusammengetreten.

Parlamentarische Nachrichten.

Bei der Ersaßwahl eines Mitgliedes des Hauses der Abgeordneten, die am 16. d. M. im 9. Wahlbezirk, be- stehend aus den Kreisen Luckau und Lübben, des Regierungs- bezirks Frankfurt stattgefunden hat, wurde, nah einer Meldung des „W. T. B.“ aus Lübben der Generalmajor z. D. von Krosigk-Fürstenwalde (kons.) mit sämtlihen 247 Stimmen

Das Mitglied des Reichstags und des preußischen Hauses der Abgeordneten, Pfarrer Bumiller “É Ostra e

| Fürstentum Hohenzollern (Zentr.) hat, wie demselben Bureau

| aus Sigmaringen berichtet wird, aus Gesundheitsrücksichten

| beide Mandate niedergelegt.

Statiftik und Volkswirtschaft.

Die deutsche überseeishe Auswanderung im November 1905 und in dem gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Es wurden befördert deutshe Auswanderer im Monat November über

1905 1904

E L O 983 Da L B09 333 deutshe Häfen zusammen . . . . . 1520 1316 fremde Häfen (soweit ermittelt)... 269 418 Berau L 1789 1734

s Aus deutschen Häfen wurden im November 1905 neben den 1520 deutshen Auswanderern noch 17 497 Angehörige fremder Staaten befördert, davon gingen über Bremen 10 433, über Hamburg 7064.

Zur Arbeiterbewegung.

Der Me tallarbeiterausstand in Solingen (vgl. Nr. 293 d. Bl.) gewinnt, wie die „Köln. Ztg.“ mittel aa N Nachdem die Fabrikanten vor kurzem etwa 150 Arbeiter der Mefsser- s{lägereibranche ausgesperrt baben, erließ am Sonnabend der Deutsche Metallarbeiterverband eine Bekanntmachung, nah der in sämtlichen Messerschlägereien, Gabel- und Scerengießereien der Ausstand erklärt wird. Es dürfte sich um 500 bis 600 Arbeiter handeln.

Verkehrsanftalten.

_Laut Telegramm aus Cöln hat die dritte englische Post über Ostende vom 17. d. M. in Cöln den Ans{luß Me

ug 13 nah Berlin über Hannover nicht erreicht. : Rebel in Belgien. s d) cht. Grund:

Theater und Musik.

Königlihes Schauspielhaus.

_ Das Königlihe Schauspielhaus brahte am Sonnabend die Erst- aufführung eines Dramas von Max Dreyer „Venus Ama- thusia“. Der auf dem Gebiet der modernen Komödie auf reiche Erfolge zurückblickende Verfasser führt uns in seinem neuen Stück in tragisch ausgestaltete Verwicklungen und in die Welt des frühen Mittel- alters hinein. Die Alemannen kommen, gelegentlich eines Einfalls, den sie um 550 nach Christo machen, auch in das {önheitstrahlende Florenz. Da ein italisch Weib einen der Ihrigen in den Hinter- halt gelockt und ihm Tod und Verderben gebraht hat, läßt Heerkönig Leutharis den Seinen verkünden, daß bei Todesstrafe niemand von ihnen eine Italienerin berühren dürfe. Aber der junge Aliger, der Sohn Herzog Hilderihs, wird durh seine Liebe zu der

lorentinerin Virginia dazu getrieben, das harte Gebot des Königs zu übertreten. Als es zur Entdeckung kommt und ih die Liebenden weigern, von einander zu [lafsen, wird das Todesurteil an ihnen voll- streckt. König Leutharis selbst aber erliegt feiner lange bekämpften Leidenschaft für die s{chöne. Lukretia. Es hilft ihm nichts, daß er das Bild der Venus Amathusia, in dem der veistorbene Gatte Lukretias deren Schönheit verherrlicht hat, und in dem der Alemanne den Zauber ver- förpert glaubt, dem er und die Seinen erliegen, in Trümmer \{lägt es treibt ihn gewaltsam zu der Feindin seines Volks. Aber als er Lukretia kaum umfangen hat, weiß er au, daß ihm der Tod ges bührt und, das ihm notwendig erschienene strenge Urteil an sich selbst vollziehend, stürzt er sich in sein Shwert. So klingt das Stück als Trauerspiel aus, eine Lôsung, auf die man bei seinem Beginne kaum gefaßt sein kann. Dem Charaîtter des Königs Leutharis entspricht der tragise Schluß wohl, aber der leihtgeschürzten Art des ersten Aktes entspriht er nit recht. Bis in die Mitte des Stückes hinein möchte man eine günstige Lösung für wahrscheinlich halten. In Dreyer steckt eben zu viel vom Lustspieldihter der eherne Schritt des Schicksals ist im Anfang des Dramas nicht zu ver- nehmen. Auch {eint dem Dichter, der sich auf wmodernem Boden so siher zu bewezen weiß, die Gabe kräftiger historischer Färbung nicht eigen zu sein. Die nordishen, in die Herrlichkeit des blühenden Florenz eindringenden Barbaren benehmen ih auch für Bühnen-Barbaren allzu zahm und rücksichtsvoll. Zu rühmen ist dagegen an dem Stück, daß ihm jede ungesunde Schwüle, jedes derbe Betonen des Sinnlichen, wozu der Stoff ja hätte verführen können, fehlt. Auch ist an vielen Einzelheiten der geistvolle Schrifisteller, am Aufbau des zweiten Aktes der bühnens fundige Dramatiker zu erkennen. Dieser Akt bildet auch in künstlerischer Beziehung den Höhepunkt des ganzen Dramas. Hier ist der Kontrast zwischen . der übermütig ausgelassenen Stimmung des Florafestes und dem Verihängnis, das sich über Aliger und Virginia zusammenzicht, kraftvoll und wirksam heraus8gearbeitet. Auch der dritte Akt, der ganz von Leutharis und Lukreiia beherrs{cht wird, brahte noch manches Eindrucksvolle. Herr Matkowsky (Leutharis) und Frau Poppe (Lukretia) vermochten gerade hier ganz aus sih heraus zu treten und von ihrem Besten zu geben. Gespielt wurde das Stück abgesehen von Schleppungen, die sich an an einzelnen Stellen be- merkbar machten sehr anerkernenswert. Außer den genannten Heldendarstellern verkörverte Herr Pohl den alten Herzog Hilderih in sehr harafkteristisher Weise, Herr Christians (Aliger) und Fräulein Wachner (Virginia) spielten das junge Liebespar warm und sym- pathisch. Auch äußerlid) machte der zweite Akt den meisten Eindruck, an dessen Ende der Verfasser mehrfah gerufen wurde. Zu erwähnen wären noch die {önen Bühnenbilder im zweiten und dritten Akt.

Theater des Westens.

Am Sonnabend seßte Florencio Constantino auf der Charlottenburger Opernbühne sein Gasispiel als Raoul in den „Hugenotten“ fort. Wenn man von einer Indisposition des Sängers

absieht, die ihn manchmal an der vollen Entfaltung seiner {önen

Mittel hinderte, so muß man abermals die geschmackvolle Art

der Stimmbehandlung und an einzelnen Stellen, so besonders im großen Duett des vierten Aktes, die ausgiebige Kraft bewundern. Die Valentine sang Sina Widhalm vom Stadttheater in Breslau mit einer, wenn auch gesanglih noch nit fertigen, so doch sehr s{höônen, umfangreihen Stimme und starkem dramatischen Talent. Mary Stöller bot als Königin wieder eine völlig einwandfreie Leistung, und Fräulein Fischer spielte und sang den Pagen mit [tebenswürdigem Geschick. Die Rolle des Marcell war der bewährten Kraft des Herrn Stammer anvertraut. Der Kapellmeister Sänger hielt das Ganze mit siherer Hand zusammen, nur müßte man vom Chor in Gesang und Bewegung etwas mehr Anteilnahme und Ge- \{chmadck verlangen.

Im Königlihen Opernhause wird morgen, Dienstag, „Der

Barbier von Sevilla“, komische Oper in drei Aufzügen von G. Nossini, aufgeführt. In den Hauptrollen sind Frau Bs die Bere S beo Aben riet tas a Mödlinger beschäftigt. Den

eschluß des Abends bildet das Ballett „Slavishe Brautwerbung“ von Emil Graeb, Musik von Hertel. E iti

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen Blumen-

thals Lustspiel „Der Schwur der Treue" wiederholt.