1885 / 94 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 22 Apr 1885 18:00:01 GMT) scan diff

Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm gestern Vormittag 11 Uhr militärische Meldungen entgegen ‘und fuhr sodann zum Empfange Sr. Majestät des Königs von Schweden na dem Anhalter Bahn- hof und von dort in das Königliche Schloß.

Um 11/4 Uhr empfingen Jhre Kaiserlihen und Königlihen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin in Höchstihrem Palais den Besuch Sr. Majestät des Königs von Schweden.

Jhre Kaiserlihe Hoheit die Kronprinzessin begab Sich hierauf nah Rummelsburg und besichtigte die Einrichtungen des dortigen Waisenhauses.

Nachmittags 4/2 Uhr fuhren Jhre Kaiserlichen Hoheiten die Kronprinzlichen Herrschasten mit Jhrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Victoria zum Galadiner zu Jhren Majestäten, begaben Sich darauf in die Oper und später zum Thee in das Königliche Palais.

Bei der Abreise Sr. Majestät des Königs von Schweden, um 11 Uhr Abends, gab Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz Allerhöchfidemselben das Geleit nah dem Stettiner Bahnhof.

Der Königlich großbritannishe Botschafter und dessen Gemahlin werden, wie aus der bereits ver- öffentlichten Ansage hervorgeht, nunmehr die zum Allerhöchsten Hofe gehörigen oder daselbst vorgestellten Herren und Damen empfangen. Dieser Empfang wird am Montag, den 27., und am Diensiag, den 28. d. M., jedesmal Abends von 91/2 bis 11 Uhr, stattfinden.

Der Anzug ist: i

für die Damen in ausgeschnittenen Kleidern,

für die Herren vom Militär in kleiner Uniform,

für die Herren vom Civil in Frack mit Ordensband über der Weste.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Justizwesen und für Elsaß-Lothringen sowie die vereinigten Ausschüsse desselben für Justizwesen und für die Verfassung hielten heute Sißungen.

Die Scchlußberichte über die gestrigen Sihungen des Reichstages und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.

Jn der heutigen (83.) Sißung des Reichstages, welcher der Staats-Minister von Boetticher, der Staatssekretär des Reihs-Schaßamts, von Burchard, sowie mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundesrath und Kommissarien desselben beiwohnten, wurde die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Abänderung des Zolltarifgeseßes vom 15. Juli 1879, mit der Position 2 des Tariss: Baumwolle und Baumwollenwaaren, fortgeseßt. :

Bei Schluß des Blattes sprah der Abg. Penzig.

Jn der heutigen (57.) Sißung des Hauses der A b- geordneten, welcher der Vize-Präsident des Staats: Ministe- riums, Minister des Jnnern von Puttkamer, und der Minister der geistlichen, Unterrihts- und Medizinal-Angelegenheiten, Dr. von Goßler, nebst Kommissarien beiwohnten, stand zunächst auf der Tagesordnung : die erste und zweite Berathung des Antrags des Abg. Dr. Windthorst auf Annahme eines Gesetzes, be- treffend die Herstellung der Leistungen aus Staatsmitteln für die röômisch-katholishen Bis- thümer und Geistlichen, welcher lautet :

Einziger Paragraph.

Das Gesetz vom 22. April 1875, betreffend die Einstellung der Leistungen aus Staatsmitteln für die rômisch-katholischen Bis- thümer und Geistlichen (Geseßz-Samml. S. 194) tritt mit dem 1. Mai 1885 außer Wirksamkeit.

Die nach §. 9 dieses Gesetzes weiter zu treffenden geseßlichen Bestimmungen bleiben vorbehalten.

Der Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten is mit der Ausführung dieses Gesetzes beauftragt. /

Der Abg. Dr. Windthorst begründete den von ihm ein- gebrahten Antrag. Zwar sei das Sperrgeseß in den meisten Diözesen aufgehoben, und er nehme auch an, daß nach dieser Aushebung das Gesey niht wieder in Anwendung werde gebraht werden, aber noch bestehe dasselbe für die Diözese Posen - Gnesen fort. Man hoffe viel- Leiht, einen Druck auf den Rücktritt des Kardinals Ledochowskfi ausüben zu können; das sei indessen ein barbarishes Mittel und eines christlichen Staates nicht würdig. Seine Partei entnehme daraus für sih die Pflicht, soweit das in ihrer Kraft Fehe, für die Aufhebung dieses Gesetzes einzutreten.

Der Abg. von Rauchhaupt erklärte, daß seine Partei mit Rücksicht auf die Verhandlungen, welhe in Rom stattfänden, den Antrag ablehnen müsse.

Der Abg. Or. Frhr. von Schorlemer-Alst bedauerte, daß der Minister noch nicht auf die Rede des Abg. Windthorst geantwortet habe. Es handele sih hier um das widerwärtigste Geseß, das je beshlossen worden sei. Er hoffe deshalb, daß das Haus nicht nur für die Außerkraftseßung, sondern für die Aufhebung des Geseßes stimmen werde.

Der Staats-Minister Dr. von Goßler erklärte, daß die Regierung sich im vorigen Jahre gegenüber dem gleichen Antrage ablehnend verhalten habe. Seitdem sei nichts ein- getreten, was die Haltung der Regierung hätte verändern können. Die Sperre in der Divzese Posen - Gnesen fônne nur beseitigt werden durh die Bestellung eines Erzbischofs für diese Diözese, der auch vom Staate anerkannt würde. Jn dieser Beziehung sei man einer Verständigung nahe gewesen, die aus zum Theil polnisch- nationalen Gründen gescheitert sei. Er hoffe indessen, daß aus für Posen bald das Sperrgeseÿ werde beseitigt werden

nnen.

Der Abg. Dr. von Jazdzewski bat um Aufklärung dar- über, in welher Weise die Haltung der polnischen Geistlichkeit

darauf eingewirkt habe, daß das Bisthum Posen-Gnesen bis"

jeßt unbeseßt geblieben sei. Nach einigen weiteren Bemer- R der Abgg. Biesenbach und Bachem wurde die Debatte geschlossen.

Jm Schlußwort glaubte der Abg. Dr. Windthorst hervor- heben zu müssen, daß die Besezung des bishöflihen Stuhles in Pofen bisher nicht erfolgt sei, weil die Regierung sih auf eine einzige Persönlichkeit gesteist habe. Ein solches Vorgehen

Jei unbillig, denn dadurch würde dem Staate allein die Ent- scheidung Über die Beseßung der Bischofsstühle in die Hand

Der Finanz-Minisier theilt den Provinzial-Steuer- direktoren unterm 15. d. M. mit, daß nach einer Verordnung der K. K. Ministerien des Ackerbaues, des Jnnern, des Handels und der Finanzen zu Wien, vom 22. Januar d. F die im Artifel 3 der internationalen Reblaus-Konvention vom 3. November 1881 aufgeführten nicht zur Kategorie der Rebe gehörigen Bodenerzeugnisse,— deren Ein- und Durfuhr in Oesterreih:Ungarn bisher nur unter denselben Bedingungen gestattet war, unter denen die Einfuhr derselben über die Grenzen des Deutschen Reiches und ihre Ausfuhr aus dem Reichsgebiet in die Gebiete der bei der internationalen Reblaus-Konvention betheiligten Staaten nah §8. 4 der Aller- höchsten Verordnung vom 4. Juli 1883 zugelassen ist, fernerhin ohne Rücksicht auf ihre Provenienz dann zur Durchfuhr dur Oesterreih-Ungarn zugelassen ist, wenn dieselbe unter Kolloverschluß und unter Zollkontrole erfolgt.

Die Veränderung des Zeitdatums der Aus- stellung eines stempelpflihtigen Vertrages, welcher nit rechtzeitig gestempelt worden, um bei der nunmehrigen Vorlegung vor der Steuerbehörde zur Kassirung des Stempels diese über den Ablauf der geseßlichen Kassirungsfrist zu täuschen, ist nach einem Urtheil des Reih8 gerichts, Il. Straf- senats, vom 6. Februar d. Z., als Urkundenfäls{hung zu bestrafen.

Nach der im Reihs-Eisenbahnanit aujgesteüten, in der Zweiten Beilage veröffentlihten Nachweisun g über die im Monat Februar d. J. auf deutshen Bahnen (aus- \{ließlih der bayerischen) beförderten Züge unb deren Verspätungen wurden auf 40 größeren Bahnen beziehungs- weise Bahnkomplexen mit einer Gesammtbetriebslänge von 31 313,66 km befördert an fahrplanmäßigen Zügen: 12713 Courier- und Schnellzüge, 101 141 Personenzüge, 57 583 gemischte Züge und 103 203 Güterzüge; an außerfahrplanmäßigen Zügen : 1499 Courier-, Schnell-, Personen- und gemischte Züge und 93 929 Güter-, Materialien- und Arbeitszüge. Fm Ganzen wurden 678 715 446 Achskilometer bewegt, von denen 186 158 228 Adwsfilometer auf die fahrplanmäßigen Züge mit Personenbeförderung entfallen. Es verspäteten von den 171 437 N Courier-, Schnell-, Personen- und gemischten Zügen im Ganzen 670 oder 0,39 pCt. (gegen 0,34 pCt. in demselben Monat des Vorjahres, und 0,77 pCt. im Vormonat). Von diesen Verspätungen wurden jedoch 236 durch das Abwarten verspäteter Anschlußzüge hervorgerufen, so daß den aufgeführten Bahnen nur 434 Verspätungen (= 0,25 pCt.) zur Lait fallen (gegen 0,48 pCt. im Vormonat). Jn demselben Monat des Vorjahres verspäteten auf den eigenen Strecken der in Vergleich zu ziehenden Bahnen von 166 667 beförderten fahrplanmäßigen Zügen mit Personen- beförderung 374, oder 0,22 pCt., mithin 0,03 pCt. weniger. Jn Folge der Verspätungen wurden 306 Anschlüsse versäumt (gegen 951 in demselben Monai des Vorjahres und 602 im Vor- monat). Wird eine Gruppirung der Eisenbahnen nah den auf je eine Anshlußversäumniß entfallenden Zugverspätungen vorgenommen , so kommen in erster Reihe: der Bezirk der Königlichen Eisenbahn-Direktion Erfu:t (30 Anshluß-Versäum- nisse auf 25 Verspätungen) mit 0,83 pCt., die Main-Neckar- Eisenbahn (3 Anschluß-Versäumnisse auf 4 Verspätungen) mit 1,33 pCt., die Oberhessishen Staats-Eisenbahnen (3 Anschluß- Versäumnisse auf 4 Verspätungen) mit 1,33 pCt., während die Elsaß: Lothringischen Eisenbahnen (3 Anschluß-Versäumnisse auf 16 Verspätungen) mit 5,33 pCt., die Sälhsishen Staats- Eisenbahnen (1 Anshluß-Versäumniß auf 6 Verspätungen) mit 6,00 pCt., die Württembergischen Staats-Eisenbahnen (3 Anshluß-Versäumnisse auf 18 Verspätungen) mit 6,00 pCt. die leßten Stellen einnehmen, und auf 5 Eisenbahnen 12 Ver- \spätungen ohne Anschluß-Versäumnisse und auf 14 Eisen- bahnen weder Verspätungen noch Anschluß-Versäumnisse vor- gekommen sind.

Posen, 21. April. Jn der heutigen (4.) Plenarsißung des 93. Provinzial-Landtages des Großherzogthums Posen sind folgende Gegenstände zum Vortrage resp. zur Er- ledigung gebracht worden: Von den geprüften und dehargirten Rechnungen pro 1881/82 für den Chaussee- und Wegebaufonds der hiesigen Provinzial-Jnstitutenkasse nebst dem zu derselben gehörigen Berichte wurde Kenntniß genommen. Ueber die Gesuche der Kreise Wreschen, Bromberg, Wirsiy und Schubin, die zur Beihülfe für Kreis- und Gemeinde-Wegebau bestimmten Mittel in Zukunft den einzelnen Kreisen ganz oder theilweise zu über- weisen, wurde zur Tagesordnung übergegangen. Dagegen ist ein Antrag des Abg. von Klißing, dahin gehend, die provinzial- ständishe Kommission für den Chaussee: und Wegebau zu veranlassen, dem nächsten Provinzial-Landtage Vorschläge zu machen, wie die Vertheilung der Umlagen auf die Kreise, soweit sie zur Unterhaltung der Provinzialhausseen ver- wendet werden, eine gerehtere wird, angenommen worden. Die Gesuche der Kreise Bromberg, Obornik, Wirsiß, Kolmar und Wollstein, daß die Unterhaltung der Chausseen von der Provinz an die Kreise gegen Ueberweisung der dafür bestimmten Fonds übergeben werde, sind abgelehnt worden. Das Gesuch des Magistrats zu Wreschen um Unterhaltung eines Durchlasses an der Chaussee von Posen über Wreschen nach der Landesgrenze ist abgelehnt worden. Die Stadt Lekno, Kreis Wongrowiß, ist sür geeignet erachtet, die Landgemeindeverfassung anzunehmen unter Beibehaltung der bisherigen zwei Fahr- märkte. Das Gesuch der Gemeinde Nieder-Strehliß bei Fordon um Bewilligung ciner Bauprämie und Uebernahme der Strecke Wluki—Fordon auf die Provinz ist abgelehnt worden. Zur Erhaltung der gewerblichen Vorschule in Posen wird dem Vorstande der Polytehnischen Gesellschaft bis zum Zusammentritt des nächsten Provinzial-Landtages eine jähr- liche Beihülfe von 3000 6 bewilligt. Das Gesuch der kreis- ständishen Kommission des Kreises Gnesen, von der rechts- kräftig gegen den Kreis Gnesen erstrittenen Forderung für nicht vorschristsmäßig bergestellte Chausseehäuser in Höhe von 3316220 #6 Abstand zu nehmen, ist abgelehnt. Die Anträge des Rittergutsbesißers von Przyzuski wegen Ueber- nahme der Unterhaltung des von ihm mit finanzieller Bei- hülfe aus dem provinzialständischen Wegebaufonds ausge- bauten Vizinalweges von der Grenze Starkowiec über Lagie- wnikfi nah Ochla wurden abgelehnt. Die Etats der Taub- stummenanstalt in Posen und Schneidemühl sind laut dem Vorschlage der provinzialständischen Verwaltungskommission in Einnahme und Ausgabe bei Posen mit 86 500 # und bei Schneidemühl mit 61800 A festgestellt und genehmigt, dagegen der Etat für die Taubstummen - Hülfs- anstalt zu Bromberg noch vorläufig beanstandet und dem Aus\shuß zur Umarbeitung zurückgegeben worden.

und für die Ackerbaushulen zu Forbah und Thalheim sind in der bisherigen Höhe festgeseßt resp. genehmigt worden. Das Gesuch des Gartenbau-JFngenieurs Laraß zu Bromberg um Bewilligung einer Subvention von 6000 # jährlih zur Ausbildung von Gärtnern is abgelehnt worden. Der Etat der Blindenanstalt zu Bromberg is in Einnahme und Aus- gabe festgeseßt mit einem Unterhaltungszushuß von 32 000 H und 1500 #4 jährlih als Unterstüßungsfonds für entlassene erwachsene Blinde.

Württemberg. Stuttgart, 20. April. (St.-A. f. W.) Gestern Nachmittag is unerwartet {nell an einer Lungen- lähmung der Präsident des Königlihen Konsistoriums, Dr. enes von Bizter, verstorben. Seit 1874 hatte der

erstorbene der Kammer der Abgeordneten angehört. Eine seiner leßten Bethätigungen in der Kammer war sein warmes Eintreten für das Kirchengemeindegeseß.

Hessen. Darmstadt, 21. April. (W. T. B.) Die Zweite Kammer is heute wieder zusammengetreten ; die Erste Kammer nimmt ihre Sißungen am 28. d. M. wieder auf. Den Fammern ist ein Geseßentwurf, betreffend die Wahlen zu den Vertretungen der Gemeinden, Kreise und Provinzen, zugegangen, in welhem, um den feine Einkommensteuer zahlenden, wohl aber der Gemeinde- steuer unterliegenden Personen das Wahlrecht zu wahren, das Wahlrecht an die Gemeindesteuerpflicht geknüpft wird.

Oesterreich - Ungarn. Wien, 20. April. (Wn, Abdp.) Das Herrenhaus hat heute seine Schlußsißung gehalten, in welcher ‘die Nordbahnvorlage fast einstimmig angenommen wurde. Es sprachen in der Angelegenheit nur der Berichterstatter, der Handels-Minister Baron Piro und der Sektionschef Ritter von Wittek. Nah Erledigung der Tagesordnung hielt der Präsident die Schlußrede, welhe mit einem Hoh auf den Kaiser {loß, in welches die Versammlung drei Mal begeistert einstimmte,

P est , 20. April. (Presse.) m Abgeordnetenhausewurde die Generaldebatte über die Oberhaus-Reform fortgeseßt. Beöthy lehnte die Modifikationen ab, weil dur deren Annahme das Abgeordnetenhaus seine eigene Niederlage inartikuliren würde, Redner polemisirte gegen die Enunciationen des Minister- Präsidenten, nahm seine Partei gegen den Vorwurf der Jn- konsequenz oder der faktiösen Opposition in Schuß und suchte nachzuweisen, daß das neue Oberhaus keine Verbesserung und daher nur als ein Provisorium zu betrachten sei.

Agram, 20. April. (Wn. Abdp.) Der Klub der Nationalpartei beschloß, in die meritorishe Debatte des Budgets erst bei Beginn der Generaldebatte einzutreten, nachdem das Verhalten der Opposition Veranlassung bieten könne, zu den einzelnen auftauhenden Fragen Stellung zu nehmen. Die Partei ist vollkommen einig, auch bezüglich der serbishen Forderungen.

Belgien. Brüssel, 20. April. (Köln, Ztg.) Jm Schlosse zu Laeken haben die beiden jüngsten Kinder des Grafen von Flandern, Josephine (geb. 1872) und Albert (geb. 1875), durch den Erzbishof von Mecheln die firhlihe Konfirmation erhalten.

21. April. (W. T. B.) Jn der Repräsentanten - fammer verlas heute der Minister-Präsident Beer- naert ein Schreiben des Königs, in welhem derselbe die Ermächtigung verlangt, den Titel: „Souverän des Congostaates“ anzunehmen. Jn dem Schreiben wird her- vorgehoben, daß der neue Staat volllommen un- abhängig sein werde, und daß es zwischen beiden Staaten sich nur um ein persönlihes Band handeln solle. Belgien solle mit Rücksicht auf den Congostaat keine besonderen finan- ziellen noch militärishen Lasten tragen. Hr. Beernaert {lug im Namen des Kabinets vor, dem König die Ermächtigung zur Führung des Titels „Souverän des Congostaates“ zu ertheilen. Das Kabinet stützt sih hierbei auf den Artikel 62 der belgischen Verfassung. Die Kammer überwies den Antrag zur Prüfung an die Sektionen.

Großbritannien und Jrland. London, 21. April. (W. T. B.) Die neue Depesche Lumsdens, deren Ein- treffen gestern von dem Premier Gladstone als bevorstehend angekündigt wurde, ist heute Morgen eingegangen. Der Kabinetsrath ist deswegen heute Nachmittag zusammen- getreten.

921. April, Abends. (W. T. B.) Jm Oberhause brachte der Staatssekretär des Aeußern, Lord Gran- ville, heute die Vorlage wegen Bewilligung eines Kre- dits von 11 Millionen ein, von denen 41/4 Millionen sür die Expedition im Sudan und der Nest fue all: gemeine, niht auf den Sudan bezüglihe Vorbereitun- gen bestimmt ist. Lord Granville bemerkt: : die Regierung habe die militärishe Lage Englands sorgsam geprüft und zwar nicht nur in Bezug auf den Sudan, sondern bezüglich des all- gemeinen Standes der öffentlihen Angelegenheiten, und aller Ansprüche, die voraussichtlih an die militärischen Hülfsmittel einschließlich der Streitkräfte im Sudan gestellt werden würden, soweit die leßteren unter den gegenwärtigen Um- ständen im Nothsal für cinen Dienst anderswo disponibel gemacht werden könnten. Der Kredit hliezge niht die Mittel für weitere Offensiv- Operationen im Sudan oder für militärische Vorbe- reitungen zum Zweck eines demnächstigen Vormarsches auf Khartum ein; dagegen solle der Kredit auch verwendet werden für Forderungen, welhe sich auf Verträge und Unterneh- mungen beziehen, die hon weit vorgeschritten seien und nicht mehr eingestellt werden könnten, die aber nicht die Noth- wendigkeit einer feindlichen Aktion involvirten. Der Kredit solle ferner verwandt werden für N ildampfer und zur Voll- endung der Wady- Halfa-Eisenbahn. Was weitere Schritte angehe, so behalte sich die Regierung volle Aktionsfreiheit vor und werde ihre Schritte dem Parlament zur Genehmigung unterbreiten. Alles dies bedinge übrigens keinen Wechscl der Ansicht oder Absicht der Regierung bezüglih der Vertheidigung Egyptlens. Was die Suakim-Eisenbahn angehe, so sei dieselbe als eine Militärbahn zur Unter- stüßung der Nil-Armck projektirt gewesen und so be- gonnen worden. Mit der Einstellung der aktiven ODpe- rationen am Nil sei von jeder beträhtlihen Ausdehnung der Bahn abgesehen worden ; bis zu einem anderen dauernden Arrangement könne es indessen nothwendig werden, den Hafen von Suakim durch englische oder indishe Truppen beseyt zu halten, um Suakimzu sichern. Möglicherweise wäre es auch noth-

gegeben. Bei Schluß des Blattes begann die zweite Lesung.

Die Etats für die Gärtner-Lehranstalt zu Koschmin

wendig, eine oder zwei Positionen in der Nachbarschaft zu be-

E E neen am E E A E

seßen, und bis zu diesen Punkten würde die Eisenbahn vor- geshoben werden. Die Vermehrung der Streitkräfte, welche die Regierung erziele, indem fie die im Sudan stehenden Truppen für den Dienst an anderen Orten disponibel halte, sei voll- fommen unabhängig von den großen Verstärkungen, welche jüngst von der indishen Regierung verlangt worden seien. Diese Forderungen würden vollkommen dur Arrangements in England erfüllt werden, indem die frei gewordenen Streit- fräfte im Sudan und in Egypten als Reserven für Jndien oder anderwärts bestimmt wären. Thatsählih bereite die Regierung zuerst-das vor, was die Regierung in Jndien schon verlangt habe ; zweitens aber werde die Regierung dur eine Mobilisirung in England in Verbindung mit den in Egypten und dem Sudan gelassenen Truppen ein vollständiges Armee-Corps her- stellen; drittens sollten Geshüße und submarine Ver- theidigungsminen beschafffl werden. Die Regierung ver- lange zu alledem einen Kredit von 11 Millionen, von denen 41/7 Millionen für den Sudan und 61/, Millionen für spezielle Vorbereitungen außerhalb des Sudans verwendet werden sollen. Lord Granville {loß mit den Worten: es sei der lebhafte Wunsh der Regierung, zu allen auswärtigen Mächten in freundschaftlichen Beziehungen zu bleiben. Die Vermehrung der militärishen und Seekräfte Englands werde den Wunsch Englands, jede Differenz mit anderen Ländern in freundschaftliher Weise zu lösen, niht ändern. (Beifall.)

Jm Unterhause erwiderte auf die Anfrage Wolffs: welher Schuß den englishen Schiffen im Shwarzen Meere gewährt werden würde, wenn die Dardanellen geschlossen seien, der Premier Gladstone: diese Frage be- ziehe sich auf eine Eventualität, w.lche eintreten könnte; es sei ihm aber nicht möglih, zu antworten. Weiter erklärte der Premier: der Regierung sei weder von der Türkei, noch von Deutschland, Oesterreih oder Frankreich eine Mittheilung darüber zugegangen, daß die leßteren drei Mächte der Pforte bezüglih der Schließung der Dardanellen Vorstellungen ge- macht hätten. Mr. Gladstone theilte fecner mit: die Ant- wort Lumsdens auf die verlangte Auskunft der Regierung vom 10. d, M. sei heute früh eingegangen. Dieselbe enthalte einen detaillirten Bericht über das, was Lumsden als das Wesentlichste des Zwischenfalls von Pendjeh ansehe. Der Bericht weiche bedeutend von dem des Generals Komaroff ab. Mac Coan fragt an: ob es wahr sei, daß mit der Pforte Unter- handlungen wegen der Beseßung Egyptens durch türkische Truppen unter englishen Offizieren stattgefunden hätten. Mr. Gladstone erwiderte: er könne in dieser Beziehung nihts mittheilen; er wisse niht, daß jemals derartige Verhandlungen oder Vorschläge stattgesunden. Später fügte der Premier hinzu: er habe von Lord Fißmaurice erfahren, daß das von Mac Coan erwähnte Gerücht jeder Begründung entbehre. Der Premier gab schließlich bezüglih der Kreditfsorderung von 11 Milionen Er- flärungen ab, welche denen Lord Granville's im Oberhause analog waren, und betonte: die Regierung sei sich der Be- deutung der Forderung wohl bewußt, sie rehne aber mit Ver- trauen auf den Patriotismus des Parlaments. Das Ziel und der Wunsch der Regierung sei, zu den übrigen Mächten in denselben Beziehungen zu bleiben, wie bisher, das heißt: wenn möglich durh friedliche Mittel eine gerechte und ehrenwerthe Lösung jeder jeßigen oder zukünftigen Kontroverse zu erreichen. (Beifall.) Jm weiteren Verlauf der Sißung wurde die Einzelberathung der Wahlbezirks-Bill erledigt.

Die „Pallmall-Gazette“ sagt: das Kabinet habe beshlossen, die Eisenbahn von Suakim vorläufig nicht weiter fortzuführen als bis Tambuk oder Sinkat oder bis zu einer anderen Station, welche zu einem Sanatorium für eine Garnison, die in Suakim zu halten erforderlich sei, geeignet ist. Das Gros der Armee Grahams werde zurückgezogen werden, sobald die Umstände es gestatten. Am Nil würden die Truppenbewegungen durch die Rücksichten auf den Shuy Ober-Egyptens gegen die Ber- breitung des Aufstandes des Mahdi bestimmt werden. Das Gerücht von einer englisch-türkishen Konvention zum Zwecke einer Dkk upation Egyptens durch türkische

ruppen sei unbegründet. Bezüglih Afghanistans sagt die „Pallmall: Gazette“: die Hoffnung auf Aufrechterhal- tung des Friedens zwischen England und Rußland bestehe unverändert fort.

21. April, Nachts. (W. T. B.) Die vom 17. d. aus Tirpul datirte Depesche Lumsdens beantwortet die Darstellung des Generals Komaroff über die Ereig- nisse an der afghanishen Grenze der Reihenfolge nah und erklärt: die Afghanen seien weit davon entfernt gewesen, an friedlihe Absichten des Generals Komaroff zu glauben; sie hätten vielmehr bei den fortgeseßten und aufreizen- den Versuchen , sie zu Feindseligkeiten zu verleiten, die Ueberzeugung gehabt, daß dies allein der Zweck der JUisen [el Am. 2/7, Manz elen zwei vulsiWe Truppenabtheilungen gleichzeitig vorgegangen: die Kavallerie unter Alikhanoff sei über Pulikhisti hinaus vorgerückt, während die Jnfanterie nach der rechten Flanke der Position der Afghanen vorgedrungen sci. Alikhanoff habe si erst dann zurückgezogen, als die afghanische Kavallerie und Jn}janterie ihn abzuschneiden versucht und nachdem der Befehlshaber der Afghanen einen russischen Offizier davon benachrichtigt habe, daß er genöthigt sein werde, zu feuern, wenn er sich niht zurückziehe. Am folgenden Tage habe der Generalstabshef des Generals Komarof den Kapitän Yate benachrichtigt: Alikhanoff habe den Marsch vom Tage vorher lediglich zu seinem Vergnügen unternommen ; Kapitän Yate habe geantwortet, die Afghanen hätten denselben bei Weitem ernster auf- gefaßt. Lumsden hebt die Mäßigung und Geduld hervor, die die Afghanen während unaufhörliher, zwei Monate hindurch fortgesezter Provok ation an den Tag gelegt hätten. Als die russishe Streitmacht am 30. März vorgegangen sei, seien die Afghanen genöthigt gewesen, sich zu vertheidigen. Daß die englischen Offiziere den Afghanen gerathen hätten, sih: nicht zurüczuziehen, als General Komaroff dieselben dazu aufgefordert habe, wird von Lumsden in Abrede gestellt.

4292. April, früh. (W. T. B.) Der gestrige Kabinets- rath berieth über die Depesche Lumsdens. Nach der Sißung wurde eine Depeshe nach St. Petersburg gesandt, welhe wie der „Standard“ wissen will hervorhebt, daß die Russen in dem Gefecht bei Aktepe die Angreifer gewesen seien, weshalb die englische Regierung sich genöthigt sehe, ihr früher gestelltes Verlangen einer Desavouirung des Vorgehens des Generals Komaroff zu wiederholen. Die „Daily News“ sagen: das Telegramm Lumsdens mache die Krisis ernster als bisher, England erwarte wegen Komaroffs Verhalten dem Bundesgenossen

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Englands gegenüber aus St. Petersburg weitere, bessere Auf- klärungen, als bisher gegeben worden seien.

Lord Salisbury hielt gestern bei einem konserva- tiven Meeting in Wrexham. eine Rede über die afahanishe Frage und sprach dabei die Ansicht aus, daß man Rußland einen Punkt in Asien bezeihnen müsse, über welchen hinaus es nit vorgehen dürfe, wenn es nicht ge- wärtigen wolle, daß England Alles aufbiete, um es zurück- zutreiben. Ueber diesen Punkt müßten sih die Strategen einigen.

Aus Canada wird der „Allg. Corr.“ gemeldet :

_Ottawa, 19. April. Die Hälfte d:r Kolonne des Generals Middleton wird den Saskatcwewan bei Clarkes Crossing überschreiten, die andere Hälfte marschirt das östlihe Ufer entlang in der Richtung auf Batoches. Drei Kundschafter Riels wurden gefangen genommen. Dieselben gehören denTeeton-Siour-Indianern an und sfaaen, daß ihr Stamm unfreiwilliger Bundesgenosse Riels sei. General Middleton fette einen derKundschafter auf freienFuß und trug ihm auf, zu seinem Stamme zurückzukehren und zu sagen, daß Canada nicht Krieg mit den guten Indianern führe, die Willens seien, sih nach den Reservatgebieten zu begeben. Riel hat ein Manifest erlassen, worin die Beschwerden der Mi schlinge rekapitulirt werden und erflärt wi d, daß dieselben bereits in den Jahren 1876, 1877 und

1878 den Regierungsbehörden dringlihe Vorstellungen gemacht hätten, aber ohne Erfolg. Er tadelt die Landvermesser wegen der Parzellirung der Ländereien der Mischlinge und die Inspektoren wegen der Ent- ziehung ihrer Holz-_ und Wasserrechte. Ec behauptet, daß er niht den ersten Schbuß abgefeuert habe, sondern daß er zu Tode geheßt werde. Das Manifest {ließt: „Unter dies(in Um- ständen, da Tod durch Henkershand oder in der Swlacht unser Loos sein muß, müssen wir kêmpfend sterben.“ Riels Anhänger desertiren indessen von ihm. Die von Swift Current abgesandte fliegende Kolonne nähert sich in Eilmärshen Battleford. Die Truppen 6 ga Tgary werden ns ies mere Montag nach Edmonton egeben. eldungen aus Battleford und Prince Albe dort Alles gut. E L O N

Frankreich. Paris, 20. April. (Köln. Ztg.) Die „Agence Havas“ meldet: „Der französishe Bevollmäch: tigte, Patenôtre, befindet sih vermuthlih gegenwärtig in Tientsin. Die chinesische Regierung hat jedo ihre Bevollmächtigten noch nicht bezeihnet, um über den endgültigen Vertrag mit Frankreih zu verhandeln. Die Unterredungen, welche bisher stattgefunden, waren blos offiziöser Art und wurden von Li-Hung-Tshang und dem französishen Konsul in Tientsin gepflogen. Wie verlautet, soll Hart, welher vor Kurzem sich in Peking aufgehalten hat, in Tientsin erwartet und wahrscheinli dem cinesishen Bevollmächtigten beigesellt werden. Die Blokade von Formosa ist bekanntlich seitdem 16. aufgehoben. Nichtsdestoweniger werden die französishen Truppen und Schiffe Kelong und die Meerenge im Norden von For- mosa bis zur Unterzeichnung des endgültigen Friedensvertra- ges beseßt halten. Englische Blätter sprehen von Kriegs- vorfällen im Westen von Tongking, wobei die Chinesen den Sieg davongetragen, aber viele Leute eingebüßt hätten. Dieses Telegramm aus Hongkong scheint jedoch keinen Grund zu haben. Der Zwist zwishen China und Japan isst bei: gelegt ; die hinesi]hen jowie die japanishen Truppen verlassen Korea. Japan steht von seiner Forderung einer Entschädi- gung ab.“

Hr. Jules Fer ry hat den Plan, eine Rundreise durch die Provinz zu machen, aufgegeben. Gestern fanden wieder zwei Wahlen für Generalräthe statt, wobei die Republikaner wieder einen Siß verloren haben. Der Conscils-Präsident de Freycinet erwartet erst am Mittwoch die Antwort der egyptishen Regierung in Sachen der „Bosphore Egyptien.“ Der neue Finanz-Minister hat den Budgetentwurf des Hrn. Tirard angenommen, welcher keine Anlei he zuläßt; jedohwird das Finanz-Ministerium unverzüglich 200 Millionen in Obligationen auf kurze Frist für das außerordentlihe Budget von 1885 ausgeben. Für die Expedition nah Tongking werden Schaßsdeine aus- gegeben werden. Der Präsident Fules Grevy hat heute Morgen Depeschen von dem S uezkanal-Auss\ch erhalten, Der Unterausschuß hat Hrn. von Lesseps und dessen Sohn zu Rathe gezogen. Uebermorgen wird der Auss{huß zusammen- treten, um die Arbeiten des Unterausschusses zu prüfen und einige Punkte festzustellen, gegen welhe England Einwendun- gen erhoben hat.

Aus dem Fnnern Algeriens eingegangene Nach- rihten melden sehr bedeutenden, durh Uebershwemmun- gen angerichteten Schaden. An vielen Orten find die Feld- früchte zerstört, Straßen durchbrohen und Brücken weg- geshwemmt worden. Jn Folge eines dur das Austreten der Schiffa verursachten Erdrutsches ist der Verkehr zwischen Blidah und Mednah unterbrochen.

21. April. (W. T. B) Das Gerücht von einer neuen Anleihe wird dementirt. Das Gleichgewicht des Budgets für das künftige Jahr wird ohne Anleihe her- gestelt werden können. Die Nachforderung für einen Kredit ist nur für das Fahr 1887 vorgesehen.

Ftalien. Rom , 21. April. (W. T. B.) Die „Agenzia Stefani“ meldet: Gestern sind die Einladungen an die Mächte zu der am 15. Mai in Rom stattfindenden Sanitäts-Conferenz ergangen. Alle geladenen Mächte werden dur einen Bevollmächtigten und durch tehnishe De- leairte vertreten sein.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 22. April, ruh. : Q. S. D) ‘Der Kaiser empfing gestern den früheren terbishen Minister Ristitsch.

Dex „Herold“ berichtigt seine sruhete Mits theilung, daß der Reichsrath die Coupon-Steuer- vorlage mit einem Amendement angenommen habe, wonach für gewisse Anleihen Affidavit-Certifikate behufs der Steuerbefreiung eingeführt werden sollten, dahin, daß dieses von dem Oekonomie-Departement des Reichsraths her- rührende Amendement vom Plenum des Reichsraths nicht angenommen worden sei. Die Ansicht des Plenums be- dürfe indeß noc) der Bestätigung dur den Kaiser.

Afrika. Egypten. Kairo, 21. April. (W. T. B.) Ein Telegramm des „Reutershen Bureaus“ meldet: Heute früh erklärte der diplomatishe Agent Frank-

reichs dem Minister-Präsidenten Nubar Pascha, daß die Þ

französishe Regierung von der Antwort Egyptens auf ihre Forderung bezüglih einer Genugthuung wegen der Unterdrückung des „Bosphore Egyptien“ nicht befriedigt sei. Er lasse der egyptishen Regierung bis 4 Uhr Nachmittags Zeit zur weiteren Antwort. Hierauf theilte Nubar Pasha Nachmittags um die angegebene Zeit dem diplomatischen Agenten Frankreihs mit, daß die Pforte das Verfahren der egyptischen Regierung gebilligt habe. Nubar

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fügte hinzu: er stehe noch in telegraphishem Verkehr mit der englishen Regierung und bitte um Verlängerung der Frist.

Suakim, 19. April. (A. C.) Ein eben hier angekom- wener Bote hat den General Graham benachrihtigt, daß 5000 Mann des Amarar-Stammes und anderer Stämme Willens sind, sih den britishen Truppen anzuschließen und gegen Osman Digma zu kämpfen.

Zeitungsfstimmen,

Das „Deutsche Tageblatt“ erörtert die Frage nah dem Nutzen oder Schaden der Schußtzölle in einem Leitartikel, E Sus laute:

ir bezeibnen die Manchesterlehren als unmens(li, falsch un unklug. Es bedarf keines weiteren Nachweises, daß es “R ÓnA ift, die wirthschaftlich Schwachen dur den Starken unterdrücken und ausfaugen zu lassen Es bedarf keines weiteren Nachweises, daß die Lehre fals ift, der zufolge Nachfrage und Angebot allein die wirth- schaftliben Zustände befriedigend regeln. Und es ift leiht nachzu- weisen, daß es nit nur unmens{hlich und unrichtig, sondern auch un- Élug ift, die Bauern und Arbeiter durch die Konkurrenz des Aus- landes verarmen zu lafsen.

Bauer und Arbeiter erzeugen nicht nur Lebensbedürfnisse; sie verbrauchen auch allerlei Güter. Sind sie arbeitélos, so fallen fie der Armenpflege zur Last. Deshalb wird jede vernünftige Gesehz- gebung die Zoll- und Steuergeseßze so einrichten, daß die Bauern und die Arbeiter (die breitesten Volks\cichten) erwerbsfähig bleiben und nict durch die Konkurrenz des Auslandes zu Bettlern werden. Selbst wenn der deutsche Arbeiter und Bauer für ihre Arbeit einen etwas höheren Lohn und für ihr Getreide einen etwas höheren Preis er- balten, als die Aueländer, so wird der denkevde Bürger diesen kleinen Preisaufslag gern zahlen. Denn das aa unsere Bauern und Arbeiter gezahlte Geld bleibt im Lande und kommt \{ließlich allen Deutschen wieder zu gute; während das ins Anéland bezahlte Geld so gut wie für uns verloren ift.

Der Scutzoll sichert einém Erwerbszweige meist den einheimi- \{hèn Markt, in Deutscbland also an 46 090 000 Kunden. Auf sol- cer Kundschaft läßt sich leicht eine große Industrie errichten, welche das über den einheimischen Bedarf hinaus Gearbeitete billiger auf den Weltmarkt werfen fann, als die Industrie es vermöchte, wenn sie den heimishen Markt nicht als sieres Absaßzgebiet hätte. Nur bei Massenfabrikation kaun die Industrie billig arbeitea, und der Massenabsay ist für eine junge Industrie wiederum nur zu erzielen, wenn fle auf den durÞd Schutzzölle gesicherten heimischen Markt renen kann. Nawbdem aber ein Industriezweig auf dem het- miscben Markt allmätli erftarkt ift, suchen die Fabrikanten nibt nur den Weltmarkt auf, sie unterbieten fih aub auf dem heimischen Markt, so daß die Bürger nur Anfangs mehr für heimische als für fremde Waaren zahlen. Die vor 25 Jahren in den Vercinigten Staaten von Nord-Amerika eingcführten hohen Schußzölle haben diesen Verlauf der Dinge wiederholt gezeigt. Mancbe Gegenstände, welche unter einem hohen Schutzzoll in den Vereinigten Staaten fabrizirt w-rden, haben trotz (oder auch wohl wegen) des Schußzzolls auf dem Weltmarkt wie in der Union einen billigeren Preis als die englishen Erzeugnisse gleiher Art, welche früher alle Märkte beherrshten. j

Deshalb befürworten wir, natürlich mit gewissen vernünftigen Beschränkungen, Scbußtzölle, deren segensreihe Wirkungen wir in Deutschland bereits fühlen.

__ Die „Kölnische Zeitung“ bemerkt zu der Nahwahl im Wahlkreije Teltow-Beskow-Storkow: Charlottenburg :

Der am meisten fortschrittlihe Kreis Teltow hatte noch am 28, Oftober über 300 Stimmen für Wöllmer abgegeben, jeßt hat hier der fkonferoative Kandidat Über anderthalbtausend Stimmen Vorsprung. Die deutscfreisinnige Partei hat damit angefangen, die neuerdings stattgehabten Nachwahlen, die in Malchin und Oldenburg zu ihren Gunsten ausgefallen waren, unter dem Gesichtspunkte der Kornzollfrage zu wverwerthen; diese Wahlen sollten den wabsenden Widerstand au vorwiegend ländlicher Kreise gegen die Kornzölle beweisen und verstärkten die Zuversicht der Parteileitung, unter dieser Parole demnächst mit günjtigsten Aus- fichten in einen allgemeinen Wahlkampf einzutreten. Es kann nicht Wunder nehmen, wenn nun auch die Freunde der Kornzölle aus der DLODENs in Teltow den cntsprechenden Schluß für ihre Sache ziehen.

_— Dem „Schwäbischen Merkur“ wird aus Rott- weil, u. d. 16. April, berichtet : __ Eine Ueberrashung erfreulicher Art brate die heute erfolgte öffentlide Bekanntmachung sämmtliher Bäter, nach welcher der Preis von 4 Pfund Halbweißbrod von 58 auf 50 4, des 4pfündigen Schwarzbrodlaibes von 50 auf 45 ermäßizt ist Die demokratische Phrase von der Vertheuezung des Brodes des armen Mannes durch den Kornzoll ist hierdurch am treffendsten illustrirt.

Jn der „Schlesischen Zeitung“ lesen wir:

„In Aussicht auf die Erhöhung der Getreidezölle stieg in Paris, Lyon u. |. w. der Brodpreis, während die Getreidepreise eher etwas herabgingen. Seitdem sind leßtere etwas, 1—2 Frcs. der Hektoliter, gestiegen, namentlib im Norden Frankreichs. Unterdessen aber ist das (sech8pfündige) Brod, welches im Januar und Fcbruar 80 Ctm. kostete, seit März auf 70 Ctm. und selbst no& weiter heruntergegangen. Wie das zugeht, dürften diejenigen am ehesten erfahren, welche die Mache der Großfinanz eingehender erforschen.“

_ Armee-Verordnungs-Blatt. Nr. 9. Inhalt: Ab- änderurg der „Vorschriften, betreffend den Schulunteiribt der Mi- litärfinder“. Kommandirung von Mannschaften (Hufbeschlag- \cülern) zu dex Lehrsbmieden. Bestellung von Amtéskoutionen. Ausgabe des Entwurfs einer neuen Reparatur-Instruktion für die Schußwaffen M/71. Ausgabe der Instruktion, betreffend den Re- volver M/83 nebst zugehöriger Munition. Rückgabe der von Ofs- fizieren aus fiskalisben Beständen entnommenen Revolver M/79, Berichtigung eines Druckfehlers im Preistarif Nr. 1 über Fabrikate der Artillerie-Werkstätten. Berlin im August 1882.

Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 16. Inhalt: Amtliches: Personalnacbrichten. Nichtamtliches: Feuersiere Dach- deckung der Packhofsgebäude in Berlin. Beitrag zum Eisenbahn- Signalwesen. Die Betriebéergebnisse der Großen Berliner Pferde- bahn-Gesellshaft. Die Vorbildung der Architekten und die Ein- richtung der Hochbauverwaltung in Frankrei. Vermischtes: Aus- tellung von Wettbewerb-Entwürfen für das Reichsgerichtshaus in Leipzig. Versuche mit der Judlinschen und der Hosemannschen Imprägnirungsmasse. Elektriswe Beleuchtung. Apparat zur Bestimmung der Richtung von Bohrlöcbern. Die Kuppel der Peterskirhe in Rom. Verbesserung der gejundheitlien Verhältnisse in Neapel. Senkung eines Hauptrohrs der Wasserleitung von St. Louis. Adolf Wolff f. Aloys von Rödckl Ff.

Statistische Nachrichten.

__ Die überseeishe Auswanderung Deutscher über deutsche Be und Antwerpen betrug in den beiden ersten Monaten dieses ahres 6580 Personen, im Vorjahre während desselben Zeitraums 10 504.

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

In dem soeben zur Versendung gelangten 1. Heft 20. Jahr- gangs 1885 der unter dem Titel: „Geschichtsblätter für Stadt und Land Magdeburg*" erscheinenden „Mittheilungen

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