1906 / 8 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 10 Jan 1906 18:00:01 GMT) scan diff

Ti auf personellem Gebiete. Ih habe hier die Ghre gehabt, dem hohen Hause vor einigen Jahren ausführlih darzulegen, welhe Maß- nahmen wir für richtig erahteten, um den außerordenilich erhöhten Anforderungen zu genügen, die der neue Zolltarif mit seiner viel weiter gehenden Spezialisierung und Detailaufftellung an die ganze Zollverwaltung stellen wird. Jh habe dargelegt, daß wir hier eine Hauptlehranstalt errihtet haben, die zu meiner Freude sich sehr güustig entwidckelt hat, die jeßt die Beamten nah deu Provinzen entsendet, um da als Instrukteure zu dienen. Jch habe dargelegt, daß wir eine besondere Organisation des Beamtenkörpers vorgenommen haben, und daß es einer sehr erheblihen Vermehrung des Personals bedürfen wird. Hinsichtlih dieser Vermehrung an Personal wußten wir nicht genau, an welhem Termin die Handelsverträge in Kraft treten würden. Wir haben vorsihtig mit dem 1. Januar gerechnet, und es ist wegen der Voreinfuhr für ein halbes Jahr, vom 1. Oktober, der Betrag eingestellt worden. Für das Jahr 1906 ergibt fih also die Notwendigkeit, die andere Hälfte einzustellen, und dafür ist der Betrag von 431 000 (M bestimmt. Aber wir find nah dem jeßigen Stande der Dinge der Ansicht, daß au diese Vermehrung des Per- fonals noch nicht voll genügen wird eben aus dem Grunde, den ih anführte. Die Dienstges(äfte, die wir bei der viel einfaheren Ge- staltung bisher ¿. T. durch Steueraufseher bewältigen konnten, müssen jegt z. T. in die Hände besser vorgebildeter, durch ein Examen geprüfter mittlerer Beamten gelegt werden. Der Etatsentwurf, wie er Jhnen vorliegt, sieht daher vor, 555 neue Stellen für mittlere Beamte zu {afen und dagegen 451 Unterbeamtenstellen in Abgang zu bringen.

Meine Herren, wie der 1. März sich gestalten wird, kann, glaube ih, kein Mensch, aub im Handel und Gewerbe, gegenwärtig vorausfehen ; denn es ist \{lechterdings niht zu übersehen, welhe Quantitäten dann zur Abfertigung gebraht werden. Soweit das überhaupt möglih ift, haben wir uns bemüht, diesen Anforderungen im vorhinein Rechnung zu tragen. Ich habe die Provinzialsteuerdirektoren angewiesen, jeßt {hon zu erwägen, ob sie niht das Personal in ihren Bezirken und in den Haupteingangsstellen zum 1. März zusammenziehen wollen, um dann diesen großen Anforderungen genügen zu können. Es ift an- geordnet, daß die Bureaustunden am 1. März verlängert werden. Endlich ist speziell in Berlin einer alten Beschwerde abgeholfen, wos na die Postzollabfertigungsftunden zu kurz bemessen waren. Es ift vorgesehen, an Stelle des Achistundendienstes 13 Stunden Dienst zu fezen. Das erfordert ungefähr eine Verdoppelung des Personals, und Sie finden entsprehende Mehrforderungen im Etat vorgesehen.

Ih gehe über ¡um Etat der Lotterieverwaltung, der ein Mebr von 200 000 4 vorsieht. Zu den Verträgen mit den beiden Mecklenburg und Lübeck, die {hon die Genehmigung des hohen Hauses gefunden haben, sind Ihnen jeßt die Verträge mit der hessisch- thüringishen Lotteriegemeinshaft und mit Reuß j. L. vorgelegt worden, und ih hoffe, daß der Vertrag mit Oldenburg in nächster Zeit er- folaen wird. Bei diesen Verträgen, wie bei den früheren, habe ich mich nicht in erster Linie von rein fiskalishen Gesichtspunkten leiten Lesen, sondern von dem Gesichtspunkte, endlih einmal auf diesem Gebiete Wandel zu schaffen, und diese höchs unerfreuliße Konkurrenz dieser verschiedenen Lotterien zu beseitigen, sodaß die preußische Lotterie überall zur Einführung gelangt. Wir haben infolgedefsen durchaus reihlide Abfindungen gewährt; troßdem sehen Sie, daß auch für die preußisGe Verwaltung es möglich gewesen if, daß noch ein Mehr voir 200 000 # vorgesehen werden konnte, eben weil unser inländischer _LWtieriemarkti von dieser shrankenlosen Konkurrenz des Auslandes be- “fra wotden ift. es f - % S Bet der Seehandlung if ein Mehr von 1 117 000 „(6 vorgesehen, resultierend aus der allmäßlich erfolgenden Grhöhung des Kapitals der Seehandlung, die bekanntlich dur ein besonderes Geseg votiert worden ift.

Fm Etat der Bergverwaltung finden Sie insofern eine grund- säßlie Verschiebung, als die Bernsteinwerke, die bisher auf dem Etat der Handels5- Und Gewerbeverwaltung figurierten, -auf den Gtat der Bergverwaltung übertragen worden sind. Die Gewinnung des Berrsteins muß immer mehr nach rein bergmäunishen Grundsäßen erfolgen, wird durch Beamte der Bergwerk3verwaitung geleitet, und es erschien daher auch rihtig, ihren Gtat auf den Etat der Berg- werfsverwaltung zu übertragen. Abgesehen von dem Uebershuß der Bernsteinwerke mit 1400000 4, sieht der Etat der Bergwerks- verwaltung wiederum wie in den leßten Jahren einen Minderüberschuß vor, und zwar in Höhe von 1,6 Millionen Mark. Die Urfachen find die gleichen, die ich {hon mehrfach erörtern durfte : die großen Investitionen in Westfalen und Oberschlesien, die namentlich späteren Jahren sehr zu gute kommen werden.

Meine Herren, ich komme ¡um Etat der Eisenbahnverwaltung. Im Ordinarium der Eisenbahnverwaltung sind an Einnahmen mehr vorgesehen 1154 Millionen, an Ausgaben 67 Millionen Mark, sodaß ein Mehrübershuß von 484 Millionen sch ergibt. Die Einnahmen segen sih so zusammen, daß auf den Personenverkehr 354, auf den Güterverkehr 73 Millionen Mark mehr entfallen. Das bedeutet bei dem Personenverkehr eine Steigerung um 8 9/6 gegen die Wirklichkeit von 1904, also dem zweitvorhergehenden Jahre, mithin für das Jahr selber eine Steigerung um 49/9. Bis Gnde November 1905 war eine Verkehrsfsteigerung von 6,65 9/9 gegen die gleiche Zeit des Vorjahres hervorgetreten; wir glauben also, mit einer Verkehrsf\teigerung von 4% noch durchaus vorsihtig zu rechnen. Beim Güter- verkehr bedeutet der Etat8ansaß eine Steigerung von 7 9/0, auch hier wieder gegen das zweitvorhergehende Jahr 1904, und für das Jahr selber eine Steigerung von 34%. Auch hier hat sh im laufenden Jahre 1905 bis zum Ende November eine erheblih größere Steigerung ergeben, nämlih von 5,51 9/0; aber diese außerordentliche Steigerung \fowohl - des Personenverkehrs wie des Güterverkehrs 1905 is meiner

, Ansicht nach eine sprunghafte, eine ausnahm8weise gewesen, auf die im Jahre 1906 nicht gerechnet werden kann, und deshalb wäre es auch aus den Momenten der wirts{chaftlihen Unsicherheit, die ih erwähnte, uicht vertretbar gewesen, etwa eine so hohe Verkehrssteigerung an- zunehmen, wie sie tatsählich in den Monaten des Jahrcs 1905 her- vorzetreten ift. i

Die Mehrausgaben der Eisenbahnverwaltung sind, wie ih er- wähnte, auf 67 Millionen geshägt, allein die persönlichßen Ausgaben auf 28 Millionen. Allein an Besoldungen und Wohnungsgeld- zuschüfsen sind 12 Millionen Mark mehr vorgesehen, darunter 8531 neue etatsmäßige Stellen. Im Jahre 1905 hatten wir 10 302 neue etat8mäßize Stellen; es sind also in den beiden Jahren 1905 und

1906 niht weniger als rund 20 000 neue etatsmäßige Stellen ge- schaffen.

Meine Herren, ih halte es für meine Pflicht, in Kürze die staat- lichen Aufwendungen darzulegen, die in der leßten Zeit für die Besser- stellung der Beamten der Eisenbahnverwaltung gemaht worden sind. Die gesamten persönlihen Ausgaben für das Personal der Eisenbahn- verwaltung sind in dem Zeitraum von 1895/96 bis 1906, also in 11 Jahren, von rund 298 auf 517, also um 219 Millionen gestiegen; es ift also im Durchschnitt dieser 11 Jahre jedes Jahr ein Betrag von 20 Millionen für das Personal mehr aufgewendet worden. Hierin befinden sich auch die Aufwendungen für Wohlfahrtszwecke, die in diefer Periode von 18 auf 31, also um nit weniger als 13 Millionen gestiegen sind. Das gesamte Betriebspersonal der Eisenbahnverwaltung, also ohne die Rottenarbeiter und ohne die Werkstättenarbeiter, ist in der gedahten Zeit von rund 196 000 auf 284 000, also um 88000 Köpfe gewahsen. Und, meiae Herren, was das Wichtigste ist, die etatsmäßigen Stellen sind in der- selben Zeit von 95400 auf 154700, also um rund 59300 gestiegen. Fn den 11 Jahren sind also rund 60 000 neue etat8mäßige Stellen für das Personal der Eisenbahnverwaltung geschaffen worden, und Sie sehen ja alljährlih die außerordentlitze Wirkung bei dem Pensions- und Reliktentitel in die Erscheinung treten. Jch glaube, es ist in der Tat eine Leistung für dieses Personal: in 11 Jahren nicht weniger als 60 000 etaismäßige Stellen. Und, worauf ich noch hinweisen möchte, diese Schaffung der 60 000 etatsmäßigen Stellen ift niht etwa gegen die Vermehrung des in Lohn stehenden Personals zurückgeblieben, sondern hat sie sogar noch etwas überstiegen. Von den im Betriebe Bediensteten waren in dem erwähnten Jahre 1895/96 48,7 9/6 im etatsmäßigen Beamtenverhältnis und im Jahre 1896 54,4 9/6; also um nahezu um 69/% ift die Anzahl der etatsmäßigen Stellen noh ftärker gestiegen als die Kopfzahl des gesamten Betriebspersonals. Für Hilfsarbeiter sind 103 Millionen mehr vorgesehen, füc Wohl- fahrts¡wecke 2,3 Millionen. Hierunter ift auch eine besondere Auf- wendung im Interesse der Arbeiter zu erwähnen. Bekanntlich hat die Eisenbahnverwaltung zwei Pensionskafsen, die Pensionskasse A und die Pensionskasse B, Pensionskasse A, die ledigli die geseßlichen Leistungen für die Arbeiter vorsieht, und die Pensionskafse B, die darüber hinausgehend weitere Wobltaten den Arbeitern erweist. Diese Pensionskafse B wurde bisher zur Hälfte vom Staat und den Ar- beitern gespeist; gegenwärtig wird ein weiterer Betrag von einer Million auf die Staatskasse übernommen und dadurch die Beitrags- leistungen der Arbeiter wesentlih ermäßigt.

Im Extraordinarium sind nicht weniger wie 146 Millionen bei der Eisenbahnverwaltung ausgebracht. Das ift egen 1905, wo das Grtraordinarium 115 Millionen betrug, eine Steigerung um 31 Millionen, und damit hat die Gisenbahnverroaltung das höchste Extraordinarium erreiht, das fie jemals gehabt hat, was ih auch hier anführen möhte zur JUustrierung der Behauptung, die man im allgemeinen in der Presse trifft, daß die Eisenbahnverwaltung von der Finanzverwaltung aus8gepowert würde, wie der {chône Ausdruck lautet. Dies Extraordinarium bedeutet nichts weniger als 11,6 % der Gesamtau8gaben der Eisenbahnverwaltung, und zwar finden Sie im einzelnen für 22 Bahnhofserweiterungen mit einem Baukapital von 35 Millionen erste Raten mit 2} Millionen ausgebracht, darunter für den Umbau des Bahnhofs Friedrihstraße mit 9 Millionen die erste Rate. Neue Babnhöfe find vorgesehen in Solingen, Weßlar, Frankfurt a. M.-Oft, dann sind auf 19 Strecken zweite und weitere Gleise vorgesehen mit 30 Millionen Baukapital, von denen die exsten Raten mit 4,7 Millionen inr Etat éirgestellt find. Auch ih habe mih der Ueberzeugung nicht verschließen können, daß auf einzelnen eingleifigen Strecken der Verkehr ih sehr ftark entwickelt hat, und daß es zu lange dauern würde, nur aus den Mitteln des Etats diese eingleisigen Strecken auszubauen, und ih habe mich dem Herrn Minister der öffent- tien Arbeiten gegenüber bereit erklärt, in die nähfte Nebenbahn- vorlage eine Summe von 50 Millionen einzustellen, um neben den etatsmäßigen Mitteln einen Ausbau der eingleisfigen Strecken nah Möglichkeit zu fördern. (Bravo!)

Dann komme ich auf die Betriebsmittel. Auch hier darf ih kurz einen Vergleich ziehen und anführen, daß 1898 für Betriebs- mittel, also Lokomotiven, Güter- und Personenwagen, 94 Millionen bereit gestellt sind, und daß 1906 niht weniger wie 140 Millionen dafür in Ausfiht genommen sind. Im Etatsjahre 1995 werden 147 Millionen aufgewendet ; es sind alfo in den beiden Jahren 1905 und 1906 im wesfentlihen aus den laufenden Mitteln einige geringe Beträge gehören in die Nebenbahnvorlage bei neuen Bahnen nit weniger wie 300 Millionen für Betriebsmittel zur Verfügung gestellt. Aber die Eisenbahnverwaltung erklärte, daß au diese Mittel noch. niht hinreichen, um dem \prunghaft gewahsenen Verkehr zu genügen. JIch brauche auf die Verhandlungen des hohen Hauses wegen Wagen- mangels nicht näher einzugehen. Meiner Ansicht nach war ein Zusammentreffen von extraordinären Umständen vorhanden, auf das zu einem Teil der Mangel an Betriebsmitteln zurückzuführen war. Das war einmal der Koblenarbeiterstreik, der dahin geführt hatte, nachher die Produktion außerordentlich zu verstärken, das war die Vor- einfuhr infolge der Handelsverträge und dann die ungewöhnlih große Rüben- und Kartoffelernte. Immerhin, auch abgesehen von diesen Momenten, war ein Landwirtschaft und Industrie in hohem Maße \s{hädigender Wagenmangel hervorgetreten, und die Anforderung an Wagen war bis um 189/69 gegen das Vorjahr gestiegen. Ih habe auh hier, um den Bedürfnissen des Verkehrs für Landwirtschaft und Industrie gerecht zu werden, mih-mit dem Herrn Minister der öffent- lihen Arbeiten dahin verständigt, daß in die Nebenbahnvorlage eine Summe von 100 Millionen eingestellt wird, um den Mangel an Güterwagen endgültig und einmalig zu beseitigen.

Ih komme zum zweiten Kapitel, zu den Dotationen und der allmeinen Finanzverwaltung, wo die öffentlihe Schuld 6,2 Millionen Mark mehr erfordert, darunter die Verzinsung 5,2 Millionen, die Tilgung eine Million. Dann finden Sie, dem Anträg des Herrn Abg. Friedberg entsprechend, eine Position eingestellt zur extraordinären Tilgung des Kaufpreises der Hibernia-Aktien. Bekanntlich war, der Anregung!des Herrn Abg. Dr. Friedberg entsprehend, beshlofsen worden, die Dividende der Hibernia-Aktien, soweit sie niht erforderlich ist zur Verzinsung und geseßlihen Tilgung der Anleiheshuld, extraordinär zur Tilgung zu verwenden, und dem ist durch den Etat Rechnung getragen worden.

Bei der Allgemeinen Finanzverwaltung finden Sie eine Mehr-

von 1905 ein Minderbedarf, eine Verbesserung von 4,3 Millionen ergibt. Das Mehr an Ueberweisungen vom Reih und das Mehr au Matrifularbeiträgen halten \sich im allgemeinen die Wage, indem die Matrifularbeiträge 5,5 Millionen mehr betragen, die Ueberweisungen vom Reich 5,6 Millionen. Beim Staatss{haz konnte ein Mehr von 1 200 000 vorgesehen werden, indem hier zunächst die Veräußerungen aus dem Posener Festungsgelände in die Erscheinung treten und ferner Grlöfe aus der Aufteilung der Domäne Dahlem. Auch ist hier in dem Etat die Dividende der Hibernia-Aktien mit 2,8 Millionen vorgesehen. Aus diesen beiden Posten ergibt fih im wesentlihen die Verbefferung des Etats von rund 4,3 Millionen Mark.

Meine Herren, ih komme nun zum dritten und wichtigsten Kapitel, zu den Staatsverwaltung8ausgaben.

Hier finden Sie zunächst beim Finanzministerium im Ordinarium eine Mehrausgabe von 13 Millionen Mark, und zwar darunter bei den Oberpräsidien und den Regierungen 650 000 #4, indem 30 neue Stellen für Regierungsräte ausgebraht, die Sekretärstellen und dergleihen mehr vermehrt wurden, und dann ist die Einrichtung der Kasseninspektoren, über die ih mich hier mehrfach habe äußern dürfen, weiter ausgedehnt worden, nachdem die Versuche, die wir bisher bei einigen Regierungen gemaht haben, fich durhaus bewährt haben. Ohne daß Friktionen eingetreten sind, hat die Finanz- gebahrung der Regierungen eine \{härfere Kontrolle erfahren, und es ift auch die Möglichkeit geschafen woxden, die Finanz- gebahrung der Kommunen etwas sachgemäßer zu fkontrollieren, als das bisher seitens der Regierungen der Fall war. Zu den drei Regierungen Breslau, Arnsberg und Caffel, die bereits die Kassen- inspektoren hatten, sollen die Regierungen zu Frankfurt a. O., Oppeln, Posen, Düsseldorf Hhinzutreten, indem auch ihnen Kasseninsp-ktoren überwiesen werden sollen.

Der Pensionsfonds hat mit 2,4 Millionen höher bemessen werden müssen, der Witwen- und Waisengelderfonds um 1,1 Millionen, und dann finden Sie und das ift die Hauptpost dieses Mehrbetrages von 13 Millionen eingestellt 8,4 Millionen zur Echöhung des Wohnungsgeldzushufses der unteren Beamten um 590 9/0. (Bravo!) Meine Herren, ich brauhe auf diesen Punkt niht näher einzugehen ; er ist hier im Abgeordnetenhause sowohl im Plenum, als in der Kom-

- mission eingehend erörtert worden. Jch habe meine Bereitwilligkeit

erklärt, eine Aufbesserung des Wohnungs8gtldzushusses der unteren Beamten eintreten zu lassen, und das hohe Haus hat die Güte ges habt, sih gemäß dem Beschlusse vom 3. November 1904 unter Zurück- ftelung anher weitergehender Wünsche sih damit einverstanden zu er- klären, daß diese Aufbesserung für die Unterbeamten vorgenommen werde. Sie finden die sehr erheblihen Beträge von über 8 Millionen in den Etat eingestellt, und ih freue mih, daß den Unterbeamten, die unter der Teuerung, auch der Wohnung, in den größeren Städten besonders zu leiden haben, diesbezüglihe Verbesserungen zuteil werden. Von dem Beschlusse sind wir in einem, allerdings nicht sehr wesentlichen, Punkte abgewihen. Es war der Herr Abz. Shmedding, der, meiner Ansicht nah sehr mit Recht, die Idee vertrat, in dieser Beziehung zu differenzieren zwischen verheirateten und unverheirateten Beamten, wie dies im Umizugskostengeseß {hon jeßt der Fall ist. Jch konnte mih dem Grundgedanken des Herrn Abg. Schmedding nur zustkmmend er- klären. Aber bei der näheren Prüfung hat \ih ergeben, daß den Unterbeamten diese Kontrolle an sh ziemlich \{chwierig sein würde, und vor allen Dingen, daß dies finanziell so gut wie keine Bedeutung haben würde, da nah den Ermittelungen, nur 5 %% der Unterbeamten

“git verheiratet sind. Ih glaube, das hohe Haus wird damit ein- ‘verstanden sein, daß unter diesen Umftänden von einer Differenziérung

abgesehen wurde. (Sehr richtig!)

Meine Herren, die Erböhung des Wohnungsgeldzushusses machte noch die Erhöhung der Mietsentshädigung für die Beamten not- wendig, die den Anspruch auf freie Dienstwohnung und, wo ibnen eine solhe nicht gewährt werden kann, den Arspruch auf Mizetsent- schädigung haben. Diese Beamten wären in ihrer Situation ver- bältnismäßig verschlechtert worden, wenn sie nicht auch eine Auf- besserung erfahren hätten. Wir mußten also die bisherige Spannung ¿wischen Wohnungsgeldzus{uß und Mietsentshädigung aufrechterhalten, indem wir, na@Œdem der Wohnungs3geldzushuß erhöht war, auch die Meietsentshädigung erhöhten. Dazu find 167 000 vorgesehen, die in der Summe von 8,4 Millionen enthalten find.

Die Bauverwaltung wird ein Mehr von 2,7 Millionen erfordern. Darunter befindet fih zunächst der erheblihe durhlaufende Posten für die Ruhrschiffahrtêverwaltung von 1,7 Millionen. Aber abgesehen hiervon sind auch noch die Einnahmen der Bauverwaltung in er- freulißer Weise gestiegen. Für Beiträge zur Unterhaltung der Land- und Wasserstraßen haben 248 000 % mehr vorgesehen werden können, und die Verkehrsabgaben ihrerseits find ebenfalls mit einem Plus von 350 000 A in den Etat eingestellt. In den Ausgaben der Bau- verwaltung, die ein Mehr von 2950000 Æ erfordern, fizurieren wiederum die nur durchlaufenden Posten der Nuhrschiffahrtsverwaltung. Dann ift aber auch der sehr erheblihe Betrag an personellen Kosten aus Anlaß der Schaffung der Kanalbehörden Essen und Hannover eingestellt. Es schien zweckmäßig, für die große Baufstreck- vom Rhein bis Hannover nicht eine Kanalbehörde zu schaffen, sondern zwei: in Gfsen und Hannover; dafür finden Sie die nötigen Mittel in dem Gntwurf des Etats für 1906 vorgesehen. Jch bemerke dabei, meine Herren, daß diese Kosten aber aus dem Kanalbaufonds ersiattet werden, und daß an diesen Kosten au alle Garantieverbände, die Interessenten, entsprehend teilnehmen.

Im Etat für Handel und Gewerbe finden Sie, wenn man von den Verschiebungen absieht, die durch die Uebertragung der Bernsfteinwerke auf den Bergetat eingetreten sind, eine Mehraus- gabe von 426000 Æ, wiederum überwiegend dem gewerblichen Unterriht3wesen mit 279 000 A zu gute kommend. Diese Kosten für das gewerblihe Unterriht8wesen weisen ja in jedem Jahre eine er- beblihe Steigerung auf; aber ih glaube, daß fie auch in hohem Maße geeignet sind, Handel und Gewerbe, der Industrie und auch den Arbeitern zu nuten. (Sehr richtig!)

In dem Etat für 1904 fanden Sie erstmalig eine Summe von 30 000 eingestellt, um die niht gewerbsmäßige Arbeitsvermittelung und Rechtsberatung für minderbemittelte Klassen der Bevölkerung zu unterstützen, und ¡war eine Rechtsberatung und eine Arbeitsvermittlung, die auf einem objektiven Boden steht und von allen rein gewerb8mäßigzn und politischen Rücksichten unabbängig ist; namentli war es der Wunsch, die Arbeiter zu {ügen gegenüber den sozialdemokratishen Arbeiter-

| einnahme von 13,1 Millionen vorgesehen, der Mehrausgaben im Be- * trage von 8,8 Millionen gegenüberstehen, sodaß sh gegen den Etat

sekretariaten, die in gewohnter Weise politishe Interessen vor die übrigen stellen. Es haben ih eine Reihe von Gemeinden bereit

finden lassen, folWe Arbeitsvermittlungs- und Rechtsberatungsstellen einzurichten, der Staat hat dazu einmalige Beihilfen gewährt, und da die Anträge der Gemeinden noch ni&t alle berüdcksihtigt werden konnten, haben wir für das nähste Jahr eine Erhöhung dieses Fonds vorgesehen, eines Fonds, der, glaube ih, sehr im Interesse der Arbeit- geber wie der Arbeitnehmer liegt. -

Ich gehe über zu dem Etat der Justizverwaltung, @der im Ordi- niarium eine Mehreinnahme von 1,3 Millionen vorsieht, dagegen eine Mehrausgab: von 5,2 Millionen, sodaß 3,9 Millionen an Mehrbedarf ersheinen. Diese Ausgaben entfallen zum großen Teil, und ¿war mit 4 Millionen auf die Oberlandesgerichte, Land- und Amtsgerichte, indem wiederum, wie in den legten Jahren, eine sehr erheblihe Vermehrung des Personals dieser Gerichte vorgesehen ift. Sie fiaden in dem Etatsentwurf für 1905 neue Stellen ausgebraht für 215 Richter und Staatsanwälte, 310 Bureaubeamte, 89 Kanzlisten, 84 Gerichts- diener.

Dann, meine Herren, erfordert der Etat für 1906 sehr erhebliche Mittel, um einem lang gehegten, auch in diesem Hause wiederbolentlih befürworteten Wunsch auf Aufbesserung der Gesamtlage der ständigen Kanzleigehilfen zu entsprehen. (Bravo!) Wir haben zunäßst die Schreiblohnsäßge dieser \tändizen Kanzleigehilfen er- Höht, eine Maßnahme, die einen Mehrbedarf von 400000 #4 er- fordert. (Bravo!) Sodann aber, meine Herren, war das Haupt- gravamen dieser Kanzleigehilfen doch immer, daß sie sh niht in einer genügend“ gesiherten Rechtslage befiaden (ehr ritig), daß sie zwar Beamte wären, aber weil sie widerruflich und in nicht etatsmäßigen Stellen angestellt wären, keinen Anspru auf die Wohl- taten des Pensionsgeseße3 hätten, also keinen Anspruch auf Pension für sih und auf Fürsorge für ihre Relikten. Wir haben nun, um ihnen diesen Rechisanspruh zu gewähren, um sie auf eine feste recht- lihe Bafis zu stellen, Ihnen einen Weg dahin vorgeschlagen, daß älteren bewährten dieser ständigen Kanileigehilfen nah einer be- ftimmten Dienstzeit die unwiderruflihe Anstellung verliehen und ihnen damit der Necht3anspruch auf Pension und Reliktenfürsorge im Sinne des Pensionsgesezes eröffnet wird. (Bravo!) Die Konsequenzen werden ja überwiegend in der Zukunft. zu Tage treten, und zwar hauptsählih beim Etat des Finanzminisiers, bei den Pensions- und Reliktenbezügen, den “Titeln, die alljährlich erheblihe Mehrbeträge erfordern.

Meine Herren, Sie finden ferner mehr eingestellt infolge Zunahme der Geschäfte für Kanzileigehilfen 722000 4, für fonstige Hilfs- arbeiter 386 070 und für Bureaubedürfnifse 326 000 4 Au gibt der Etat im vorweg dem Ausdruck, wozu Ihre Zustimmung durh eine besondere Geseg-svorlage erbeten werden soll: zur Schaffung der beiden neuen Landgerichte in Crefeld und München-Gladba&, worüber hier im Hause ja mehrfach verhandelt worden is. (Bravo!) Im Laufe des Etat2jahres tritt dann auch die neue Behördenorganifation für Berlin, näulich zum 1. Juni, in Kraft, die mit der Errichtung des IIL. Landgerichts und der Errichtung einer großen Anzabl von Amtsgerichten in den Vororten verbunden ist, und diese Organisation wirft ihren Reflex bereits auf den Etat für 1906.

Meine Herren, im Etat des Ministeriums des Innern sind, abgesehen von den zwei Millionen mehr für Veteranenbeihilfen, die bekanntlih vom Reih? erstattet werden, also nur einen durlaufenden Poften bilden, erheblihe Mehreinnahmen vorgesehen von den Gemeinden mit Königlicher Polizeiverwaltung. Auf Grund

des vorläufigen Ergebnifses der leßten Volkszählung sind an Beiträgen -

für die Gemeinden mehr eingestellt 837 000 A Aber, meine Herren, uun wollen Sie mal die Kehrseite der Medaille betraten: an Mehr- kosten für die Königlichen Polizeiverwaltungen find 1 861 000 4 ein- gestellt (hört, hört!); rechnen Sie dazu nun noch den erhöhten Wohnungsgeldzushuß, der zu einem sehr erheblichen Teil auf die Verwaltung des Innern fällt, weil gerade die Scußleute meist in der Klasse A und T stationiert sind, und rechnet man, wie das sehr vorsichtig ift, von: den 8 Millionen, die ih vorhin erwähnt habe, hierauf etwa 1 Million, so steigen die Koften der Königlihen Polizei- verwaltungen durch den nästjährigen Etat um nicht weniger als 2 800 000 Æ, denen nur 837 000 A Mehreinnahmen seitens der großen Städte gegenüberstehen, und es {weben die Erwägungen darüber, wie diesem Mißverhältnisse abgeholfen werden kann. (Abg. Krawinkel : Sehr gut!)

Meine Herren, bei den Königlichen Polizeiverwaltungen, bei denen, wie gesagt, die erheblihen Mehrkosten hervorgetreten sind, sollen 456 neue Stellen ges{chaffen werden, und dann find vorgesehen 573 000 4. für Stellenzulagen an Beamte der Schußzmannschaft in besonders großen und besonders teuren Orten. Meine Herren, es konnte nicht verkannt werden, daß hier in Berlin und in einigen anderen besonders großen und kostspieligen Orten ein Mangel an Schutßleuten si geltend machte, der in der Tat vom Standpunkte des öffentlichen Interesses aus Bedenken erregen mußte; es ist das eine Klage, die mehrfah in den Zeitungen laut wurde. Wir find daher dazu über- gegangen, in Berlin und den Nachbarorten und einigen anderen be- sonders koftspieligen Orten Stellenzulagen für Beamte der Schuß- mannschaft in erhöhtem Maße zu gewähren. Sie bekommen einmal erhöhten Wohnungsgeldzushuß, zweitens Stellenzulagen, und dann ist uachgelafsen worden für eine Reihe von Jahren, daß Unteroffiziere nah wie vor nah s\echzjähriger Dienstzeit bereits wieder “in die S@ußmannschaft übertreten, und auf diese Weise wird hoffent- lih das Manko, das auf diesem Gebiete vorhanden ist, in nicht zu ferner Zeit beseitigt werden.

; Die Landgendarmerie erfordert mehr 318 000 4 Auch hier find wir mit denselben Zulagen namentlih in Jndustriegebieten weiter vorgegangen, weil in Industriegebieten an die Gendarmen ganz be- sondere Anforderungen gestellt werden, da der Dienst niht nur außer- ordentlih \chwer, außerordentlih verantwortlih, sondern geradezu mit Gefahren für Leben und Gesundheit der Beamten verbunden ist, und dafür sind 76 020 „4 an neuen Stellenzulagen vorgefehen. Außerdem gehen wir jedes Jahr weiter mit der Anmitetung beziehentlih dem Bau von Dienstwohnungen für die Gendarmen in Induftriegebieten, ed recht8) und da geschieht im Laufe der Zeit ein ganz Erträg-

Meine Herren, die Fürsorgeerziehung hat, wie in allen Jahren, so au im Etatsentwurf für 1996 sehr bedeutende Mehrkoften erfordert. Wir haben für 1906 niht weniger als 1230000 4 mehr einstellen müssen; es sind also die Annahmen, die wir bei dem Fürsorgeerziehungsgesey binsihtlih der finanziellen Belastung batten, weit übertroffen worden. Aber andererseits ergibt dieses große Maß der finanziellen Anforderungen auch, wie außerordentli {were und

große Schäden auf diesem Gebiete zu beseitigen waren, und wie viel Taufende und Abertausende gefährdete kindlihe Existenzen noch gerettet werden konnten, wenn rechtzeitig zugegriffen wird, wenn fie auf eine geregelte Basis rechtzeitig überführt werden.

Bei der landrätlihen Verwaltung erscheint ein - Mehr von 343 000 M, das zum allergrößten Teil, mit 292000 4, auf die Er- höhung der Fuhrkoftenentshädigungen der Landräte entfällt (Beifal rehts) ich sehe, es freuen sich auf der rehten Seite einige Herren darüber —; denn es ist mit Reht darüber geklagt worden, daß die Fuhrkoftenentshädigungen der Landräte, namentli da, wo fie eigene Fuhrwerke halten müssen, den Bedürfnissen nicht mehr genügten. JInfolgedefsen soll diese Fuhrkostenentshädigung er- höht werden, wo ein Bedürfnis sih dazu ergeben hat.

Meine: Herren, im Etat für Landwirtschaft find an Mehrausgaben im Ordinarium 1,5 Millionen vorgesehen, darunter für die General- kommissionen 669 000, für [andwirtshaftlihe L-:hranstalten 287 000, für Landesmeliorationen 234 000 « Sehr bedeutend is der Mehr- bedarf im Extraordinarium der Landwirtschaft, der ih auf 13 Mil- lionen Mark beziffert und damit gegen 1905 um 4,4 Millionen ges stiegen ift. Wir haben hier wiederum 2 Millionen zur Fortführung der Kolonisation in Ostpreußen und Pommern eingestellt, weil mit dieser Maßnahme konsequent vorgegangen werden muß, wenn wirkli Grfolge erzielt werden sollen. Dann erfordert die Regulierung der Hochwasserflüfse in Sglesien einen Betrag von 5 Millionen, d. i. 3 Millionen mehr, als im Etat für 1905 eingestellt war, und Sie finden ganz neu eine Position von 150 009 zur Errichtung eines Instituts für Binnenfisherei am Müggelsee. Meine Herren, unsere BVinnenfischerei ist, wie ih glaube, bisher sehr empirisch, zum Teil etwas wild betrieben worden in dem Sinne, daß es vollkommen an der praktishen und wissenshaftlichen Erfahrung der Unterlagen, an der prafktischen und wissenshaftlihen Erfahrung der Lebens8bedingungen für die Fische fehlte. Um dem Abhilfe zu hafen, um” wirkli diese Unterlagen nähér zu prüfen und zu ergründen, ift die Schaffung eines solhen Instituts für Binnenfischerei am Müggelsee vorgesehen, und diese Fürsorge für die Fischerei ist, glaube ih, um \o erwünschter, als sie mit dem zunehmenden Verkehr auf den Strömen, mit der zunehmenden Verunreinigung der Wasserläufe infolge der Ausbreitung der Industrie mit immer größeren Shwierigkeiten ¡u kämpfen hat. Dieses Institut soll, wie ih noch bemerken darf, der Landwirtschaftlihen Hohshule in Berlin angegliedert werden. Zu meiner Freude ist es nach langen Verhandlungen gelungen, endli auch die Verbesserung des Warthebruhes in bestimmte Bahren zu leiten. Es ift eine Beihilfe des Staates in Höhe von 430000 4 dazu vorgesehen und als erste Rate bierzu der Betrag von 250 000 #46 in diefen Etat eingestellt.

Bei dem Etat der Gestütsverwaltung habe ih nur ju be- merken, daß wiederum erheblich verstärkte Mittel zum Ankauf der Pferde bereit gestellt worden sind, um unserer infolge der vermehrten Einfuhr von Pferden {wer ringenden Pferdezucht auch auf diesem Gebiet zu Hilfe zu kommen. Jm Ordinarium ist der Pferdeankauf3fonds um 400000 e erhöht worden, und im Extraordinarium ist der Zuschuß zu diesem Fonds auf 400 000 4 verstärkt worden ; er ist mithin gegen das Jahr 1905 ungefähr ver- doppelt worden, sodaß Sie im Jahre 1906 für vermehrte Ankäufe von Pferden ungefähr £00 000-,4 mehr eingestellt finden.

Meine Herren, ih komme zu dem leßten und allerdings wichtigsten Etat, zum Kultusetat: Im Ordinarium finden Sie eine Mehr- ausgabe von 7,3 Millionen vorgesehen, darunter zu persönlihen Zu- Tagen und Dienstaufwandsentshädigungen für die Superintendenten der älteren Provinzen 263000 «A (Bravo! rets.) Ich freue mich, daß damit ein alter, langgehegter Wuns der evangelischen Kirhe in Erfüllung gegangen is; denn es konnte nicht „verkannt werden, daß die bisherige Entshädigunz, die die Superintendenten für ihre Mühewaltung erhielten, außerordentli geringfügig war, und daß mit der Zunahme der Geschäfte dies Mißz- verhältnis immer stärker in die Ersheinung trat, und deswegen haben wir uns entshlofsen, diesen Betrag hier einzustellen.

Dann darf ih mitteilen, daß ¡ju meiner großen Freude in voller Uebereinstimmung der Königlichen Staatsregierung mit den Herren Bischöfen Mehrbeträge als Zuwendungen an die Bistlmer eingesetzt find, und zwar in Höhe von 409 000 A Was die rechtlihe Seite der Sahe betrifft, so muß die Staatsregierung daran festhalten, daß die Dotation der Bistümer, wie sie in der Bulle ds saluto animarum und in andern Bullen festgelegt ist, abgeshlossen ist, und daß eine rechtliche Verpflihtung des Staates nit besteht, auf diesem Gebiet noch weitere Beträge zur Verfügung zu stellen. Aber es ließ sich nicht verkennen, daß die Mittel, die die Bistümer für die Erfüllung ihrer großen Aufgaben hatten, in steigendem Maße unzulänglich geworden waren. Um dem abzuhelfen, muß die Möglihkeit ers{lofsen werden, den Weg der Kirchensteuer zu beschreiten, und es wird eine entsprechende Geseße8vorlage Ihnen zugehen. Aber um die Kirchen- steuer nicht zu hoch anspannen ¡ju müssen, und um namentlich den ärmeren Bistümern im Osten zu Hilfe zu kommen, haben wir uns ents{lofsen, au bier freiwillig und einmalig seitens des Staates eine wesentlihe Beihilfe zu gewähren und fo, wie gesagt, den Bis- tümern die Möglichkeit zu eröffnen, ihre steigenden Aufgaben zu er- füllen. Es ift . vorgesehen zur Erhöhvrg der Gehälter einzelner Bischöfe das find nur wenige und zu den Reisekosten der Bischöfe ein Betrag von 50 000 4, zur Erhöhung der Gehälter der Domgeistlichen ein solher von 163 000 A und für die allgemeinen Bedürfnisse der Diözesanverwaltung, namentlih für die bishöflihe Verwaltung, Domkirchen und Seminare ein folher von 195 000 M; das macht zusammen 409 000 «6 Ih darf besonders hervorheben, daß über diese Punkte zu meiner Freude eine vollkommene Ver- ständigung und Vereinbarung mit den Oberhirten der katholischen Kirche, mit den Bischöfen, erzielt worden ist.

Das Elementarunterriht8wesen erfordert einen Mehrbetrag von 5 Millionen. Also von der Steigerung im ganzen Kultuseiat, wenigstens im Ordinarium, von 7,3 Millionen werden allein 5 Millio- nen, also 70% für das Elementarunterrihtêwesen in Arspruh ge- nommen. Das möthte ih einmal hervorheben gegenüber den vielfach auftretenden Behauptungen, daß der Staat für das Elementarunter- riht8wesen nichts täte. Es sind im Etatsentwurf für 1906 7 neue Seminare und 6 Präparandenanstalten vorgesehen, und wir haben also von 1903 bis 1906 nicht wentger als 21 Seminare und 25 Prä- parandenanstalten, insgesamt 46 Lehrerbildungsanstalten geschaffen. oder stehen im Begriff, sie zu hafen. Ih meine, das ist ein s{lagender

Beweis für die Unricßtigkeit der eben von mir erwähnten Behaup-

tung, und ih glaube, daß mit der Schaffung so außerordentli zahl- reiher Bildungsanftälten auh endlih der bedauerlihe Mangel ax Lehrern beseitigt wird und beseitigt werden muß.

Zur allgemeinen Erleichterung der Volks\hullasten sind 300 009 4 mehr eingestellt und zu Beihilfen an Shulverbände speziell für Ostpreußen, das in dieser Beziehung besonders wenig leistungsfähig ist, 100 000 4A Die Hauptklage des Laudes und insbesondere der östlichen Landezteile unserer Monarchie bestand darin, daß die Lehrer immer von dem Lande in die Stadt, voa dem Osten nah dem Westen abwandern gelodt durh die höheren Gehaltsbzzüge, die ihnen von den Städten beziehentlih den besser gestellten westlihen Gemeinden gewährt werden konnten. Diesem Uebelstande, der in der Tat eine Gefahr für das Sgulwesen im Osten zu werden drohte, einigermaßen abzuhelfen, finden Sie in den Etatsentwurf eingestellt den Betrag von 2 750 000 A, zu denen noch die 200 009 Æ treten, die bereits in den Etat von*1905 eingestellt waren, sodaß rund 3 Millionen Mark für diesen Zweck zur Verfüzung stehen. Und zwar sollen die Bezüge der erften, allein stehenden Lehrer mindestens auf 1109 4, der übrigen Lehrer auf 1000 MÆ, der Lehrerinnen auf 800 gebraht werden; der Mindeftsatz der Alterszulage soll 120 Æ für Lehrer, 100 4 für Lehrerinnen be- tragen. Diese Bezüge seitens der minderbemittelten Gemeinden namentlich des Ostens zu gewähren, muß als auszeschlofsen gelten, und de2wegen Haben wir uns bereit erflärt, diese sehr erheblichen Beträge einzustelleu, um diesen fleinen, minder [eistungsfähigen Gemeinden die Zahlung derartiger Gebälter an Lehrer und Lehrerinnen zu ermöglihen, und wir bofen damit der Landfluht der Lehrer einigermaßen zu begegnen. Für neue Schul- stellen, namentli, wo die Wege zu weit sind, wo die Klassen über- füllt find, sind 309000 A mehr eingestellt. Die Witwen- und Waisenversorgung für die Lebrer erfordert 455 009 A mehr; für die Unterstüßung der Relikten der Lehrer, die vor dem 1. April 1900 verstorben waren, also keinen Anspru auf die geseßlihe Fürsorge hatten, waren im leßten Etat Mittel ausgebracht. Diese Mittel haben sich nit als ausreihend erwiesen, und der Etat für 1906 sieht deshalb eine Erhöhung dieser Fonds um 100000 4 vor. Ganz ähnlich liegt die Sache bei den Relikten der evangelischen Geistlihen, die vor dem 1. April 1895 verstorben waren. Auch hier war ein gewisser Austhilfsfonds geschaffen worden; au dieser hat siŸ als nit ausreihend erwiesen, er soll verdopp:lt werden, indem er auf 100 000 M erböbt wird.

Das Gese vom 28. August v. F. über die Seuchenbekämpfung drückt siŸ zum ersten Male im Etat aus, indem an Beibilfen für Kreise und Provinzen der Betrag von 250 000 4 eingestellt ist.

Meine Herren, was dann das Extraordinarium des Kultusmini- steriums betrifft, so hat das die Höhe von 244 Millionen Mark erreicht, ist also gegzn den Etat von 1995 um 3x Millionen aemadhsen. Aueh hier nimmt der Elementarunterricht den größten Teil der Mittel in An- spruh, indem dafür 9,9 Millionen Mark vorgesehen sind, gegen 1905 eine Steigerung um 3,6 Millionen. Namentlih ist es uns als eine wichtige Aufgabe des Staates erschienen, -die vielfah noch sehr mangel- haften bauliden Zustände in Westpreußen und Posen dadurch zu be- seitigen, daß besondere Mittel hierfür eingestellt find; Sie finden für Schulbauten in diesen Provinzen und- im Regierungsbezirk Oppelu den Betrag von 1 500 009 Æ eingestellt.

Meine Herren, der Tod dzs, ih möHte wobl sagen: Historio- graphen des preußishen Staates mit der Palette, des großen Menzel, hat die Möglichkeit eröffnet und dem Staate die Pfliht auferlegt, einen Teil der Werke diefes großen Künstlers den staatlihen Samm- lungen zu sichern, und Sie finden zu Erwerbungen für die Menzel- Sammlung den Betrag von 1 450 099 4 eingestellt. (Bravo !)

Die vielfahen Klagen über die Unzulänglichkeit des Patronats- baufonds haben dabin geführt, einen einmaligen Zushuß zur Auf- füllung dieses Fonds von 500 009 M im Etat vorzufehen.

Meine Herren, ih habe ihnen damit den Etat in allgemeinen Umrifsen vorgetragen. Er gewährt wie im Kaleidoskop das Bild eines aufsirebenden, nah allen Seiten \ih entwickelnden Staates und sieht troß, wie ih glaube, vorsihtiger Veranschlagung Mehraufs wendungen auf allen Gebieten des wirtshaftlihen und des kulturellen Lebens vor. Ich lege ihn vertrauensvoll zur weiteren Beratung in Ihre Hände, indem ih sicher bin, daß er eine sahgemäße und ein- gehende Prüfung bei Ihnen finden wird. (Bravo!)

Damit ist die Tagesordnung erledigt.

Schluß gegen 4 Uhr. Nächfte Sißung Sonnabend 11 Uhr. (Erste Beratung des Entwurfs des St ciats tür 19069 f Staatshaushalts-

Parlamentarische Nachrichten.

Der gestern dem Hause der Abgeordneten vorgelegte Sar L atia cas e TeNEio die Fesi stellung f Staatshaushaltsetats für das Etatsja folgenden Wortlaut : AOEE a

E S E O

S 1. Der diesem Gesetze als Anlage beigefü S für das Etatsjabr 1306 wird E a in Einnahme auf . 2910 344 395 M und in Ausgabe auf . . . 2910344396 nämli auf 2 673 400 752 M an fortdauernden und auf. 236 943 644 Æ an einmaligen und außerordent-

festgeseßt lihen Ausgaben

Der diesem Gesetze als ite Anl beigef iesem Gesetze weitere Anlage beigefügte Etat der Vers waltung8einnahmen und -au8gaben der i Zentral- shaftskasse für das Eiatsjahr 1906 Es A E in RENRe au F; s 6 200 A und in Ausgabe auf . 5 festgestellt. N S 3

8 3. Im Etatsjahre 1908s können nach Anordnung des Fi jur prabergezenden Verstärkung des Beteictaboria pam inisient staatskasse Schayanweisungea bis auf Höhe von 100 000 000 M, welche vor dem 1. Januar 1908 verfallen müssen, wiederholt aus- p a ees, ¡A i e (uben die Bestunmpogen des §8 4 p nd 2 und de e eleges vom b (Geseßsamml. S. 607) Anwendung. s BNRREE S

§ 4. Der Finanzminister ist mit 5 Tad zwinister ist mit der Ausführung dieses Gesezes