1906 / 22 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 25 Jan 1906 18:00:01 GMT) scan diff

8 15. Der Gemeindeversammlung liegen folgende Geschäfte ob : 1) die Wahl des Gemeinderats; 2) die Prüfung und Feststellung des Gemeindehausßalts 26) ; 3) die Pcúfung und Feststellung der JFahresrechnung 28); 4) die Beshlußfassang über diz Art und die Höhe der zu erhebenden Gemeindeabgaben 25); 5) die Senehmigung zur Erwerbung, Veräußerung und Belastung von Grundstück&en, zur Aufnahme von Anleihen fowie zur Annahme und Aus\Hlagung von SHenkungen, Grbschaften und Vermächtnifsen ; 6) die Beschlußfassung über die auf länge: als ein Jahr er- folgende Anstellung von Gemeindebeamtzn; 7) der Erlaß allgemeiner Anordnungen über die Verwaltung und Benußung der Anlagen, Anstalten und Ginrihtungen der Gemeinde ; _§) die Beratung über die das Ge-Ziet der Niederlassung dbe- treffenden Polizeiverordnungen 29) ; E 9) die UebzerwaHung der Ausführung ihrer Beschlüffe. i Ueber andere als Gemeindeangelzgenheiten da:f die Gemzinde- versammlung ohne Senehmigung des Konsuls nit verhandeln.

Dritter Abschnitt. Gemeinderat.

S 16.

Der Geme!nderat besteht aus fünf Mitzliedern. Jhr Amt ist ein unbesoldetes Ehrenamt. ,

Wählbar sind die stimmberehtigten Gemeindemitglieder und in den Fällen des § 7 deren Vertreter. Der Konsul und andere be- foldete Konsulatébeamte fowie Gemeindebeamte können niht aewähßlt werden. Drei Mitglieder des Gemeinderats müssen Deutsche sein.

S 17,

Die Wabl des Gemcinterats erfolgt durh Stimmzettel mit ein- faher Stimmenmehrheit, und zwar in der Urt, daß ¿unähtti drei deutsche Mitglieder und sodann ¿wei Mitglieder beliebiger Staats- angetörigkeit gewählt werden.

Bei jeder Wahl sind von dem einzelnen Wähler foviele Personen zu bezeichnen, als zu wählen find; bei gleicher Stimmenzahl gilt der Aeltere aïs gewählt.

8 18.

Der Gemeinderat wird auf die Dauer eines Jahres g2:wählt; er tritt sein Amt am 1. März an.

Seiden Mitglieder vor Ablauf ibrer Wahlzeit aus dem Gemeinderat aus, fo hat dieser, solange noch drei von der Gemeinde- versammlung gewählte Mitglieder vorhanden sind, das Recht, fih na eigener Wahl zu! ergänzen. Wettere Nahwahlen erfolgen dur die Gemeindeversammlung. Die Nahwahlen find unter Beachtung der Bestimmungen des § 16 Abs. 2 vorzunehmen und in ortsüblicher Weise bekannt zu machen.

__ Jn Ermangelung eines beschlußfähigen Gemeinderats werden dessen Geshäfte bis zur Neuwahl von dem Konsul geführt.

S 19.

Da3 Amt eines Mitglieds des Gemeinderats verliert :

1) wer aufhört, stimmberehtigtes Gemeindemitglied oder Ver- treter eines folhen zu fein;

9) wer gemäß § 6 Abs. 2 des Rechts zur Teilnahme an der Gemeindzversammlung verlustig geht oder geshäftsunfähig oder in seiner Geschäftsfähigkeit beshränkt wird;

3) wer szinen Wobhnsig in Tientsin aufgibt oder sich auf längere Zeit als vier Monate aus Dstasien entfernt ;

4) wer diz Reich3angehörigkeit verliert, sofern niht au ohne ibn drei deuts&e Mitglieder vorhanden sind.

S 20.

Der Semeinderat wählt seinen Vorsißenden aus der Zakßl seiner deuts%en Mitglieder. Dieser wird in Fällen der Behinderung durch das älteïte deutshe Mitglied vertreten.

__ Der Vorsitzende beruft den Gemeinderat, so oft die Geschäfte es erfordern; er muß ihn berufen, wenn dies von zwei Mitgliedern verlangt wird.

Die Sitzungen des Gemeinderats sind nit öffentli.

S 21.

__ Der Semeindzrat ist beshuußfähig, wenn mindestens drei Mits- glieder anwesend und davon mindeiîtens zwei Deutsche find.

_Die Besclüsse werden nah Sutimmenmeßrbeit gefaßt; bei Stimmengkeihheit cnischeidet die Stimme des Vorsitzenden. Zur Beschlußfaffung ist die Berufung der Mitglieder nichr erforderlich, wean sie sämtlich ihre Zustimmung zu dem Beshlusse riftli erflärt baben.

_Im übrigen finden auf die Beratung und Beschlußfaffung die Be‘timmungen des § 11 Abs. 2, des § 13 und des § 14 Abs. 1 ent- sprechende Anwendung.

8 22. G G2meinderat vertritt die Gemeinde gerichtlich und außer- gerictlid.

Die Ausfertigungen der Urkunden werden im Namen der Gemeinde von dem Versizenden unterschrieben.

Urkunden über Rechtsgesbäfte, welch: die Gemeinde gegen Dritte verbinden follen, sowie Vollmacht3urkunden müssen außerdem von einem Miigtiede des Gemeinderats unterschrieben und mit dem Be- meindesiezel versehen fein, und zwar bei Beträgen übec 1009 Taels sowie in den Fällen des § 15 Abs. 1 Nr. 5 unter Anführung des in Betracht Tom:nenden Gemeindebeslusses,

Dem Gemeinderate liegen folgende Geschäfte ob:

_1) die Vorbereitung und Ausführung der Beschlüsse der Gemeinde- versammlung;

9) die laufende Verwaltung der Gemeinde; -

3) die Verrwoaltung des Gemeindevermögens lagung und Erhebung der Gemeindeabgaben ;

4) die Verwaltung und Benuzung der Anlagen, Anstalten und Einrichtungen, der Gemeinde; b D die Anstellung, Anweisung und Beaufsichtigung der Gemeide- eamten ;

6) die Aufbewahrung der Urkunden und Akten der Gemeinde ;

7) der Griaß polizeilicher Ausführungébestimmungen 30);

8) die Verwaltung der Gemeindepolizei (Z 31).

Der Gemeinderat ist befugt, die laufenden Geschäfte und die Beaufsichtigung einzelner Geshäftszweige unter seine Mitglieder zu verteilen. Diz2 Geschäftsverteilung ist auf der Gemeindekanzlei zur Einsi#t der Leteiligien auszulegen.

Vierter Abschnitt. Gemeindehaushalt. 24. Die Einnahmen der Gemeinde besteßen aus 1) den Einkünften des Gemeindevermögens; 2) den Gemeindeabgaben; 3) den Ei eiea und den ihr durch Kaiserliße Verordnung zu- gewiesenen Strafgeldern wegen Uebertretung der für die Niederlassung eingeführten polizeilichen I

sowie die Verans-

versammlung zu be Aenderung dur Beshluß der Gemeindeversammlung unterliegt. _Die în dieser Ocdnung festgeseßten Abgaben können auch von Perionen erhobzn roerden, die, ohne Gemeindemitglieder zu sein, die nlazen, Anstalten od?r ERRE E der Gemeinde benuyen.

licßznden At mans erhoben, die der un

Die ns qu nbedti werden nach einer von der Gemeinde-

Uber ale Einnaßhmzn und Ausgaben, die sich im voraus ver- anshlazen lassen, entwirft der Gemeinderat für das Rechnungsjahr einzn Voranichlaz. Das Rechnungsjahr ift das Kalenderjahr.

Der Entwurf ist nah vorheriger Bekanntmachung während einer Woge in der Gemeindekanzlei zur Einsicht dec Gemeindemitglieder

auszulegen. : N1ch Ablauf dieser Frist erfolgt die Prüfung und Festfiellung

; 8 27.

Der Gemeindehausbalt ist nach dem Voranshlage zu führen. Ausgaben, die den Voranschlag überschreiten oder außerhalb des Vor- ans§lag3 geleistet werden sollen, bedürfen der vorherigen Genehmigung der Gemeindeversammlung. Im Falle befonderer Dringlichkeit genügt der einstimmige Beschluß des vollzäbligen Gemeinderats. __ Bis zur ordnungsmäßigen Feststellung des neuen Voranschlags eee Gemeindebaushalt Tas vem bisherigen Voranschlage weiter zu uHren.

8 28.

Ueber alle Einnahmen und Ausgaben der Gemcinde wird Res nung geführt.

Die Gemeinderechnung ist im Monate Januar einem von dem Konsul aus der Zahl der stimmberehtigten Gemeindemitglieder zu ernennenden Revisor vorzulegen. Dieser hat binnen aht Tagen die Renung und die si darauf bezi-henden Buchungen einer Vorprüfung zu unterziehen und fie fodann, mit seinen Erinnerungen versehen, dem Gemeinderate zurückzureihen. Di: Rechnung isi demnächst mit den Grinnerungen des Revisors und den etwaigen Gegenbemerkungen des Gemeinderats spätestens fünf Tage vor der ordentlichen Sitzung der Gemeindeversammlung 9 Abs. 2) den stimmberechtigten Gemeinde- mitgliedern in je einem Abdrucke mitzuteilen und darauf der Gemeinde- versammlung zur Prüfung und Fesistellung sowie zur Entlastung zu

unterbreiten. Fünfter Abschnitt. Gemeindevolizei. | 8 29. _ Die Gemeindeversammlung ist befugt, über den- Erlaß, die Abänderung oder Grgänzung fowie die Aufhebung von Polizeie verordnungen für das Gebiet der Niederlassung zu beraten und die von ihr beschlofsenen Vorschläge dem Konsul zur weiteren Veranlassung zu unterbreiten. __ Weigert sih der Konsul, diescn Vorschlägen zu entsprehen, #o steht dem Semeinderate das Ret der Vorstellung bei dem NReichs- kanzler zu. 8 30.

Der Gemeinderat ift berechtigt, allgemeine Ausführungsbestim- mungen zu den für die Niederlassung fingesahrten Be n nach Maßgabe ber ihm darin DeigeleWes Befugniste zu treffen. Diese Bestimmungen sind in orteüblicher Weise bekannt zu machen.

S 30

Der Gemeinderat führt in dem Gebiete der Niederlaffung die Verwaltung der Gemeindepolizci, insbesondere liegen ihm folgende Aufgaben ob :

1) der Shuß der Person und des Eigentums;

2) die Fürsorge gegen ansteckende Krankheiten und Viebseuchen ;

3) die Fürsorge gegen Feuers- und Wassersgefahr sowie überhaupt gegen gemeingefährlihe oder gemeinshädlihe Greignifse, Handlungen und Unternebmungen ;

4) die Sorge für Ordnung, Sicherheit und Leichtigkeit des Ver- E auf den öffentlichen Straßen, Wegen, Pläßen, Ufern und

rüden ;

5) die Genehmigung für die na Maßgabe der Polizeiverordnungen genehmigungspflihtigen Anlagen und Gewerbebetriebe ;

6) die UeberwaHung der Bauten und Gewerbebetriebe, des Markt- verkehr8 und des öffentlihen Feilhaltens von Nahrungsmitteln und Gebrausgegenständen ; 4

7) die Aufsicht über Gasthäuser, Herbergen und Wirtshaften.

8 32.

Dem Gemeinderate stehen zur Dur(hführung der von ihm an- geordneten polizeilichen Maßnahmen folgende Mittel zu Gebote:

2 1) die Anwendung unmittelbaren Îiwanges auf den öffentlichen Siraß:n, Wegen, Pläßen, Ufern und Brücken;

2) die Anwendung weiterer Zwanasmaßregeln nach Maßgabe der von dem Konsul näher (Myulebenden Befugnisse;

3) die Ecstattung* Strafanzeige bei dem Konsul sowie die Grbebung der Klage der für die Uebertretung polizeilicher

Vor- {riften verwirkien Bußen; A G die vorl estnahme auf dem Gebiete der Niederlassung na

äufige aßgabe der in den §§ 33 bis 35 getroffenen Bestimmungen.

Gegen andere Dersouen als Chinesen dürfen, abgesehen von Fällen dringendîter Not, Festnahmen und sonstige Zwangs8maßregeln nur durch Mitglieder des Gemeinderats oder durch nihtfarbige Polizei- N oder im Auftrage und in Gegenwart von solGen vorgenommen werden.

8 33

Wird in der Niederlassung jemand bei Verübung einer strafbaren Handlung auf frischer Tat betroffen oder verfolgt, so hat ihn, sofern er niht einer beroaffneten Macht angehört und sich in entsprechender Uniform befindet, die Gemeindepolizei auch ohne richterliGen Befehl vorläufig festzunehmen, wenn er der Flucht verdächtig ist oder seine Persönlichkeit nicht sofort festgestellt werden kann.

__ _Gbhinesen können, au abgesehen von den Fällen des Abs. 1, vor- läufig festgenommen werden, wenn die Interessen der Strafrechtspflege oder der öffentilihen Ordnung es LREDeyE

Die na § 33 vorläufiz Festzenommenen sind mit Au83nahme M E dem Konsul Tofoet zur weiteren Veranlassung vor- zuführen.

__ Festgenommene Chinesen sind im Polizeigewahrsam zu halten, bis der Konsul über sie verfügt hat. Derartige Festnahmen find dem Konsul spätestens in den Geschäftsstunden des nächsten Vormittags zu melden. M

S

Vorläufige Festnahmen in anderen als den im § 33 bezeichneten Fällen sowie Auzlieferungen an fremde Behörden oder Vorführungen vor solche dürfen von der Gemeindepolizei nur mit Einwilligung des Konsuls bewirkt werden.

Etroaige Versuche, die Festnahme eines von den Hinesishen Be- hörden verfolgten Chinesen ohne Genehmigung des Konsuls herbei- ¡uführen, sind nötigenfalls mit E äbzuwéisen.

_ Der Gemeinderat ift verpflihtet, dem Konsul oder den fonst zu- ständigen Konsulatsbeamten in der Niederlafsung bei Verhaftungen, vorläufizen Festnahmen, Aus[kieferungen oder Vorführungen sowie zu polizeilihen Zwecken die erforderlihe Unterftüßung durch die Gemeinde- polizei zu leiten. Auch ist der Konsul oder der Korfulatsbeamte bes fugt, in solchen Fällen die Unterstüßung der Gemeindepolizei unmittelbar in Anspruch zu nehmen.

Sechster Abschnitt. Aufsicht. 8 37.

Gegen die Belunise der Gemeindeversammlung kann der Konsul bei dem deutshen Gesandten in Peking Einspruh einlegen. Die Absendung des Einspruch3 muß innerhalb einer Frist von zehn Tagen, die mit dem auf die Beschlußfassung folgenden Tage beginnt, von dem Konsul bewirkt und dem Gzmeinderate shriftlich mitgeteilt werden. Der Gesandte hat vor der Entscheidung über den Einspruch den Gemeinderat zu hören.

Vor Ablauf der im Abf. 1 erwähnten Frist dürfen die Beschlüsse der Gemeindeversammlung niht au3g-eführt werden, es sei denn, daß der Konsul dazu \chriftlich seine Genehmigung erteilt. Beschlüffe, gegen die der Konsul Einspru erhoben hat, treten in Kraft, wenn der Einspruch von dem Konsul zurückgenommen oder von dem Ge- sandten verworfen wird.

38. Gegzn die Beschlüsse des Gemeinderats, die niht die laufende, auf dea Beshlüsen der Gemeindeversammlung beruhende Verwaltun betreffen, fann der Konsul aus Gründen des öffentlichen Wohles b dem Gesandten Ginspruch einlegen. Zu diesen Beschlüssen gehören insbesondere die für die Anlagen, Anstalten und Einrißtungen der Gemeinde erlassenen allgemeinen Anordnungen, die Ausführungs-

des Voranschlags durh die Bemeindeversammlung.

1 Tagen und Gewerbebetrieben sowie die Anstellung von Gemeinde,

beamten. Beschlüsse dieser Art sind dem Konsul

Gi tis zuitigteilen es 2 7 Pes onsul vom Gemeinderat uf das Einspruchsverfahren finden die Vorschri

mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß lge Eins

mit dem auf die Mitteilung des Beschlusses folgenden Tage beginnt

8 39.

Gegen die Beschlüsse, Bescheide und sonstigen A Gemeinderats, welche die Deuutois e S "enden A Einrichtungen der Gemeinde, die Veranlagung und Erhebung der Gemeindeabgaben fowie die laufende Polizeiverwaltung betreffen, kann ider Beteiligte bei dem Konsul Beschwerde einlegen. Der Konsul bôre vor der Entscheidung über die Beschwerde biz Beteiligten ¡u

n. :

Die Entscheidung de3 Konsul3 ist endgültig, wenn {werde zurückweist. Andernfalls kann der Gemeinbecat und [xe Beteiligte gegen die Entscheidung bei dem Gesandten Einspruch ein, legen. Der Gesandte hat vor der Entscheidung über den Einspruh die Die Beri zu S der EiusvruS:A

Die Beschwerde sowie der Einspruch sind, soweit nit Are gr n E M e Le eine Frist nid et unden. Sie haben keine aufschiebende ng, es sei denn, daf Kauen que der Eplonule qu aen bestimmt. J O

Die Beschwerde gegen die Veranlagung zu den Gemeindeab; sowie der Einspruch gegen eine solWe Beschwerde sind innerhalb e Frist von zwei Monaten einzulegen, die mii dem auf die Mitteilung der Veranlagung oder die Entscheidung des Konsuls folgenden Tage beginnt. i S 40

40.

Auf die Bescheide des Gemeinderats wegen Genehmigun Anlagen und Gerwoerbebetrieben finden die E e qung 8 39 über das Beshwerdeverfahren mit folgenden Maßgaben Anwendung,

Der Bescheid ist sowohl dem Unternehmer wie dem Wider- sprehenden \{riftlich mitzuteilen.

Die Beschwerde ist innerhalb einer Frist von zehn Tagen ein bulegen, die mit dem auf die Mitteilung des Bescheids folgenden Tage eginnt.

Vor Ablauf der im Ab\. 3 erwähnten Frift sowie vor Er- ledigung des Beschwerdeverfahrens darf die Anlage nit errichtet in das Gewerbe nicht betrieben werden.

Siebenter Abshnitt. Uebergangs8- und Sa U BN e R UKCgen,

Diese Gemeindeordnung tritt am 1. April 1906 in Kraft.

In der ersten E des April 1906 wird durch den Konsul eine Bemeindeversammlung berufen, die über die Art und Höhe der zu er- hebenden Gemeindeabgaben beschließt, den Gemeindehaushalt für das laufende Jahr feststellt und den Gemeinderat für die Zeit bis zum 1. März 1907 wählt.

In dieser Gemeindeversammlung gewährt das Eigentum an Grundstückten in der Niederlassung

1) von mindestens 3 Mow 1 Stimme,

2 6 2 Stimmen,

3) B ö 15 3 S l e M 5 4 Be und so fort jeder Mekhßrbesiß von mindestens 15 Mow eine weitere ieg M jedo, daß kein Gemeindemitglied mehr als 12 Stimmen ren Z

8 42.

Der Deutschen Niederlafsungs-Gesellshaft in Tientsin fiebt, solange sie Eigentümerin von mindestens einem Viertel des bebauungs- fähigen Niederlafsung8areals ist, das Recht zu, eines der deutschen Mitglieder des Gemeinderats zu ernennen. Bis dahin werden von der Ee ine inden Bs nur vier Mitglieder des Gemeinderats ge ;

8 44.

Aenderungen dieser Bemeindeordvung können nur in einer Ge- meindeversammlung, in der mehr als die Hälfte der vorhandenen Stimmen vertreten is, und zwar nur mit zwet Drittel der Stimmen beschlofsen werden.

Die Aenderungen bedürfen der Genehmigung des Neichskanzlers. Soweit es fich um die der Niederlassung s8gemeinde zustehenden Be- fugnisse des öffentlihen Rehchts handelt, ist außerdem die Zustimmung des Bundesrats erforderli.

Die Anordnung über die erfolgten Aenderungen wird vom Reichs- kanzler erlaffen.

Berlin, den 9. Dezember 1905.

Der Reichskanzler. Fürst von Bülow.

Bekanntmachung.

Auf Grund des § 10 des Geseßes, betreffend die elektrischen Masiciuheiten vom 1. Zuni 1898 (Reichsgeseßbl. S. 905), sind die folgenden Systeme von Elektrizitätszählern zur Beglaubigung durch die Elektrishen Prüf- ämter im Deutschen Reih zugelassen und ihnen die beigeseßten Systemzeichen zuerteilt worden:

Jnduktionszähler für einphasigen Wechselstrom, Fa orm KJ und für Drehstrom mit gleichbelasteten weigen, Form DM und DO; G nduftionszähler für Drehstrom, Form D1, 18] beide hergestellt von der Allgemeinen Elektrizitäts Gesells af in Berlin. Beschreibungen der beiden Systeme werden in der Elektro- tehnischen Zeitschrift bekannt gemaht, von deren Verlage (I: Springer in Berlin N., Monbijouplaß 3) Sonderabdrüde ezogen werden können. Charlottenburg, den 11. Januar 1906. Der Präsident der Physikalish-Technischen Reichsanstalt. E. Warburg.

Mit den näthsten Seeschifferprüfungen für große Fahrt wird in Stettin am 2. März, in Danzig am 10. März d. J. begonnen werden. Mit leßterer wird eine Seesteuermannsprüfung verbunden werden.

Königreich Preufszen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:

den Landgerichtsrat Dr. jur. Wex in Neuwied zum Oberlandesgerihtsrat in Frankfurt a. M. und die Oberlehrer Adolf Müller in Altona und Albert Kuhlmann in Elberfeld - Barmen zu Maschinenbauschul- direftoren f us ernennen sowie

ymnafialdirektor Dr. Richard Arnoldt in Altona

den Charakier als Geheimer Regierungsrat zu verleihen.

bestimmungen zu den Polizeiverordnungen, die Genehmigung von An-

Konsul im Sinne dieser Mlilgbeatbiiing ist auch der für ihn

Auf den Bericht vom 8. Fanuar d. J. will ih der Ge- meinde Dillingen im Kreise Saarlouis auf Grund des Geseßes vom 11. Juni 1874 (G.-S. S. 221) das Recht verleihen, das zum Neubau eines Rathauses erforderliche, auf dem anbei zurückfolgenden Lageplane von der hellroten Linie ABCD umgrenzte Grundeigentum im Wege der Ent- eignung zu erwerben.

Berlin, den 15. Januar 1906.

Wilhelm R. von Bethmann-Hollweg.

An den Minister des Jnnern.

Ministerium der geistlihen, Unterrihts- und Medizinalangelegenheiten.

Der bisherige Pastor in Georgmarienhütte bei Osnabrüdck Dr. Nicolaus Hilling ist zum e Professor in der faiholish-theologischen Fakultät der Universität zu Bonn ernannt worden. / n |

Am Sqhullehrerseminar zu Alfeld is der Predigtamts- fandidat Liz. Dr. von Hofe als ordeniliher Seminarlehrer

angestellt worden.

Ministerium für Handel und Gewerbe.

Den Maschinenbauschuldirektoren Adolf Müller und Albert Kuhlmann sind die Stellen des Direktors der höheren Maf inenbauschule in Altona und des Direktors der vereinigten Maschinenbauschulen in Elberfeld-Barmen übers

tragen worden.

Justizministerium.

Die Rechtsanwälte Justizrat Reihmann und Boas in Beuthen O.-S. sind zu Notaren für den Bezirk des Oberlandes- gerichts Breslau, mit Anweisung ihres Amtssiges in Beuthen O.:S., un f j s der Rechtsanwalt Wünscher in Teuchern ist zum Notar für den Bezirk des Oberlandesgerichts Naumburg a. S., mit Anweisung seines Amtssigzes in Teuchern, ernannt worden.

In der Fünften Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs- und Staatsanzeigers“ ist eine Bekanntmachung des Herzoglich braunschwergish-lüneburgischen Staatsministeriums vom 99. Januar 1906, betreffend eine Anleihe der Aktiengesellschaft „Halberstadt - Blankenburger Eisenbahn-Gesellschaft“ zu Blankenburg am Harz, veröffentlicht.

Nichkamfkliches. Deutsches R ei ch.

Preußen. Berlin, 25. Januar.

Der Bundesrat versammelte sih heute zu ciner Plenar- figung; vorher hielten die vereinigten Ausschüsse für Bare und Verkehr und für Justizwesen und der Ausschuß für Justiz- wesen Sißungen.

Der Geheime Regierungsrat von Schwichow in Schleswig ist der Königlichen Regterung 1n Stettin und der Negierungsrat Dr. Franke in Wiesbaden der Königlichen Regierung in Schleswig zur weiteren dienstlihen Verwendung überwiesen worden. _ S E

Dem Regierungsassessor Dr. von Wülfing in Stettin ist die kfommissarishe Verwaltung des Landratsamts im Krei}e Ruhrort, Regierungsbezirk Düsseldorf, übertragen worden.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Fürst Bismarck“ mit dem Chef des Kreuzergeshwaders am 22. Januar in Batavia einge oes und geht am 29. Januar von dort nah Soerabaya (auf Java) in See.

Sachsen.

Seine Majestät der König hat nah einer Meldun des „W. T. B.“ den Staatsminister von Meß bis au weiteres mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Ministeriums des Königlichen Hauses betraut.

Württemberg. Die Kammer der Abgan eien begánn gestern die

er Verfassungsrevi]ton. Berra e T I „W.T. B.“ erklärte der Ministerpräsident von Breitling im Laufe der Debatte, daß die Regierung dem Antrage der Kommission, den vorgeschlagenen 75 dur das allgemeine Wahlrecht zu wählenden Abgeordneten noch 17 nah dem Proporz zu wählende Abgeordnete hinzuzufügen, nicht zustinme. Schließlich wurden 63 Oberamtsbezirksabgeordnete, 6 Abgeordnete für Stuttgart und je 1 Abgeordneter für die Städte Tübingen, Ludwigsburg, Ell-

wangen, Uim, Heilbronn und Reutlingen genehmigt.

Hamburg. cs

n der gestrigen Sizung der Bürgerschaft kamen

bei Us fortgeseßten Beratung der Wahlvorlage auch die Vorfälle vom 17. d. M. zur Sprache.

Vom Senatstishe wurde, „W. T. B.* zufolge, unter lebhaftem Beifall des Hauses betont, daß allein diejenigen Männer die volle Verantwortung treffe, welche die sozialdemokratishen Massen nah der Umgebung des Rathauses geführt haben, woraus dann die beklagens- werten Rrawalle am Sthoppenstehl entstanden seien. Die Massen- kundgebungen der kontrakt rüchig gewordenen Arbeiter am Rathause seien geradezu eine Beleidigung der A G der Bürgerschaft ge: wesen. Dem umsihtigen und energis Eingreifen der Polizei gebühre der Dank der gesamten Bevölkerung Hamburgs. s

Bei der Bürgerschaft ist, wie ferner gemeldet wird, folgender, von 39 Mitgliedern unterzeihneter Antrag ein- Ra Na@t vom 17. zum 18. Januar sind bei dem Volks8- auflauf am Fischmarkt und den umliegenden Straßen, besonders am Glau an f [ünderungen von Läden und Verletzungen von Privat- eigentum gänzli unbeteiligter Personen in frevelhafter Weise verübt worden. Die Bürgerschaft erjucht den Senat, in Anbetracht der

Deutsche Kolonien.

Der Kaiserlihe Gouverneur von Deuts ch-Ostafrika Graf von Gößzen berichtet, „W. T. B.“ zufolge, aus Dares- salam: h : wtmann Nigmann meldet den Ueberfall einer Ab- teil N d Litinindapóstens aus dem Hinterhalt. Ein Effendi und 11 Askari fielen, tapfer fämpfend. Nah Eintreffen von Hilfe unter dem Oberleutnant von Krieg floh der Feind nah der Ulanga-Ebene zurück. Die Kolonne Wangenheim urd Grawert marsciert, da Ulanga und Luwegu unpasfierbar sind, auf passierbarem Uebergang über den Ruaha zwischen Kilossa und Iringa. Die Unter- werfung des Kilwa-Bezirks schreitet gut fort. j i Aus Windhuk in Deutsh-Südwestafrika wird ge-

e Ludwig Schleih, geboren am 24. 1. 1884 zu am 20. Ja-

frü nfanterieregiment Nr. 147, ift

De : Es iisigtion, Alurisfontein gefallen, Reiter ohann Marek, geboren am 16. 5. 1883 ¡u Wyssoka, früher im Füsllierregiment Nr. 38, am 20. Januar im Lazarett zu Warmbad an Typhus gestorben, Reiter Wilhelm Link, geboren am 12. 7. 1883 zu Defsow, früher im 3. Gardefeldartillerie- regiment, am 16. Januar beim Baden im Fis&fluß bei Ganifkobis ertrunken. Reiter Kurt Smidt, geboren am 3. 8. 1882 zu Königsberg, früher im íFnfanterieregiment Nr. 43, ist am 17. Januar bei Gurumanas {wer verwundet worden (Fleishschuß in Rücken

und rechten Oberarm).

Oesterreich-Ungarn.

Der Versuch des Ministerpräsidenten Freiherrn von Gautsch, das Kabineit durch Heranziehung Dr. von Der- schattas und Dr. Pacaks als Minister ohne Portefeuille u ergänzen, muß, der „Neuen Freien Presse“ zufolge, als ae- {heitert betrachtet werden, da die Tschechen Bes für den Eintritt Pacaks stellen, die 1m Hinblick auf den Wider- stand der Deutschen nit erfüllt werden können. Wie das ge- nannte Blatt ferner meldet, hat der Graf Julius Andrajsy gestern eine Berufung zum Kaiser erhalten.

Frankreich.

Die französische Regierung hat auf diplomatischem Wege der \{chweizerischen Regierung die für beide Re- gierungen LeRchenD Notwendigkeit vorgestellt, die Frage der Zugangswege zum Simplon }o bald als möglich einer befriedigenden Chma zuzuführen. ; 14

Die Deputierten kammer nahm gestern den Artikel TIT des Arbeiterversiherungsgeseßes an, der die Beschaffung der Geldmittel für die Pensionierung behandelt, und seßte dann die Beratung des Budgets des Fn fort.

Nach dem Bericht des „W. T. B.* verlangte Tivrier (Soz.) die StreiSung des Kredits für die geheimen Fonds. Der Ministers präsident Rouvier forderte die Bewilligung diefes Kredits, die stets ein Vertrauentvotum bedeutet habe. Wenn die Regierung nicht das Nertrauen der Kammer besie, würde sie zurütreten. er Kredit wurde hierauf mit 341 gegen 138 Stimmen bewilligt.

Nufßland.

Durch den KatjertiSes Ukas vom 24. Dezember vorigen Jahres, betreffend Abänderung des Wahlgeseßes, war eine Frist von: 3 Wochen zur Eintragung aller wahl berechtigten Personen gegeben worden. Da diese Frist sich als nicht genügend erwiesen hat, ist, wie die „St. Petersburger Telegraphenagentur“ meldet, vom Kaiser befohlen worden, diese bis zum 14. Februar zu verlängern. i N

Der Ministerrat hat sih gestern über die Zugehöri g- keit vonRegierungsbeamten zu politishenParteien folgendermaßen ausgejprochen: j S

Beamten steht es frei, nah threr Ueberzeugung jeder beliebigen politischen ne anzugehören, mit Au8nahme der Umfturz- parteien. a ibre erste Pflicht darin bestebt, ihr Amt ge- wissenhaft zu verseßen, darf ihre politishe Tätigkeit in keiner Weise sie an der Erfüllung dieser Hauptpfliht biodern. Leiter von unabßängigzn lokalen oder zentralen Verwaltungézweigen, denen die Begutachtung der Leistungen von Subalterabeamten und die Ent- scheidung über die auf Grund vorstehenden Prinzips siatthafte Anteil- nahme des Verwaltungspersonals an der Tätigkeit in politischen Parteien obliegt, dürfen die Stellung bon Führern, Vertretern oder Mitgliedern von Burzaus oder Komitees nicht bekleiden. :

Nachrichten aus Livland zufolge hat ein Teil der dortigen Bevölkerung, eingeshüchtert durch das energiiche Vorgehen der Truppen, die Waffen niedergelegt und die Führer ausgeliefert, ein anderer Teil der Bevölkerung ift 1n die Wälder geflühtet. Am 22. Januar wurden in, Fellin 45 im friegs- gerihtlihen Verfahren zum Tode verurteilte Personen erso}jen. Mie die „St. Petersburger Telegraphenagentur“ aus Mitau meldet, überschritten gestern Aufständishe aus Livland die Düna ‘und gelangten nah Toms dorf, wo sie die Kasse der Verwaltung beraubten, die amilichen Schriftstücke verbrannten und Bilder des Kaisers, die sie vorfanden, zerri}jen.

Spanien.

n der gestrigen Sizung der Marokko-Konferen z zecF wie V. D berichtet, der Vorsißende, Herzog von Almodóvar das Antworttelegramm des Königs Alfons auf die ihm zu seinem Namenstage von der Konferenz esandte Glückwunschdepeshe. Hierauf wurde die französische ecjetung der bereits furz gemeldeten Ansprache des Ver- treters Marokkos Mohammed el Mokri verlesen, der nach

diesem authentishen Text unter anderem sagte: el „E3 or midi aa Srl au nüßlich, seine Hatgeber und Notabeln zu befragen, ob es rätlih sei, die Mets, der Mächte einzuholen über die geplanten Reformen und über die Wege zur Beschaffung der nôtigen Mittel zu ihrer Durchführung innerbalb der Grenzen der Unabhängigkeit Marokfos, der religiösen Gefege und der ein- beimishen Sitten. Nachdem Spanien Algeciras für die Konferenz zur Verfügung der Mächte rent hat, rechzen die marokfanischen Delegierten auf die Unterstüßung und die Natk- {läge der Mächte zur Beratung der besten Reformen, die, nachdem fie einstimmig angenommen worden sind, zur Anwendung gelangen werden. Nath der Meinung Seiner S@erifishen Majestät wird es namentlich angezeigt scin, die folgenden Fragen zu prüfen: 1) die Frage der Organisation der Polizeimacht in den haupt- säcblichen Mittelpunkten, von wo sie allmählih nach den übrigen Teilen des Reiches auszudehnen wäre, 2) die Frage der Verbesserung der Finanzen und der Unterdrückung des Schmuggels im allgemeinen sowie des Verbots der Einfuhr von Kriegêe und IJagdwaffen ohne Erlaubnis der \cherifishen Regierung, 3) die Frage des Kurses des marofkkanishen Geldes, 4) bie rhebung der von Marokkanera und Schupbefohlenen zu enicich- i f a Abgaben, 5) die Schaffung nzuer Hilfs- uellen und einer Bank, 6) die Durhführung der Artikel des Madtider Vertra es von 1880, 7) die Leitung der öffentlichen Arbeiten zur

und Feststellung des Schadens Grsay aus Staats3mitteln zu gewähren.

E und der Begleitumstände den Beteiligten nah Untersuchung .

Verbesserung der Verhältnifse in den Häfen uud andertwo.“

Alsdann ließ der Präsident die von der dazu ein- geseßten Sonderkommission ausgearbeitete neue Fassung der fünf ersten Artikel des Entwurfs eines Reglements zur Unterdrückung des Waffenshmuggels verlesen, dessen Annahme im Prinzip durch die Konferenz erfolgt ist. Die Konferenz nahm die vörgeschlagene neue Fassung an und ging zur Beratung der anderen Artikel des Neglementsentwurfs über, die sie mit verschiedenen Abänderungen ebenfalls an- nahm. Der Herzog von Almodóvar ersuchte darauf die marokkanischen Delegierten, unverzüglich an den Sultan zu schreiben, er möge das Reglement über die Unterdrückung des

Waffenshmuggels seinerseits annehmen.

Belgien.

Das Abgeordnetenhaus hat gestern die Antwerpener Kreditvorlage mit 82 gegen 77 Stimmen angenomten. Türkei. Die von bulgarischer Seite angestrebie und von türkischer Seite zugesagte Revision der türkish-bulgarischen andels konvention vom Jahre 1890 ist wegen der bul- garish-serbishen Zollunion fallen gelassen worden. Von türkisher Seite ist, wie das „Wiener Telegr.-Korresponderz- bureau“ meldet, erklärt worden, daß, falls leßtere zustande fomme, bei Handelsverkehr aus Bulgarien nah der Türkei Ursprungszeugnisse geliefert werden müßten, Nach einer Meldung der „Agenzia Stefani“ hat der italienishe Generalkonsul in Kanea für die Familie eines für:lih, bei Ruhestör-ngen anläßlich der Woahien er- mordeten italienishen Soldaten eine Entshädigung und Be- strafung der Schuldigen sowie eine amtliche Kundgabe des Bedauerns über den Vorfall gefordert. Da die fretische Regierung die Entshädigung nicht bewilligt hat, hat der italienishe Generalkonsul auf Befehl seiner Regterung die Zolleinnahmen im Bereiche der italienischen Sphäre mit Beschlag belegen lassen.

Bulgarien.

Nach wiederholten fruchtlosen mündlichen Versuchen über- reite der türfkishe Kommissar in Sofia Sadik Pascha der buigarishen Regierung eine Note der Pforte, in der unter Hinweis auf das im Jahre 1904 abgeschlossene türfisz-bulgarische Abkommen das Befremden darüber ausgedrückt wird, daß die bulgarishe Regiernng den Unionsvertrag mit Serbien ohne vorherige Verständigung der Pforte abgeschlossen hat. Die bulgarische Regterung hat sich, nah einer Depesche des „Wiener Telegr. Korrespondenzbureaus“, entschlossen, die Note unbeantwortet zu lassen. :

Bei Besprechung der Zollunion führt das Regterungs- organ „Nov Vek“ aus: Oesterreich habe bisher der wirtschaft- lien Entwiklung Serbiens im Wege gestanden. Ein Zoll- frieg werde Serbien freimahen und der Entwicklung zu- gis: Ein Zurücweichen der serbischen Regierung in er Unionsfrage föonte für Serbien \{chwere Folgen haben, könnte das Königreih als Staatseinheit kompro- mittieren, wäre ein Treubruch- gegenüber Bulgarien und müßte das Vertrauen des Auslandes zu Serbien untergraben. Nur durch starres Fesihalten an den übernommenen Pflichten der Union könne sich Serbien vor Europa rehabilitieren. Von der Energie Serbiens hänge es ab, ob die Verbrüderungsidee beider Völker erhalten bleibe. Die serbische Regierung würde das fkleinmütige Fallenlassen der Zollunion {wer ver- antworten können.

Amerika.

Die republikanishen und demokratischen Mitglieder der Kommission des epräsentantenhauses der Ver- einigten Staaten für den zwischenstaatlichen und aus- ländischen Handel haben gestern, nah einer Depesche des „W. T. B.“ aus Washington, das fogenannte Hepburn- Eisenbahntarifgeseß einstimmig angenommen, das einen gerehten, angemessenen und ziemli einträglihen Saß vorfieht, der als Minimalsaz gelten soll.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Sglußbericht über die gestrige Sizung des Reichs- tags, der Bericht über die gestrige Sißung des Herren- hauses und der Sthlußbericht über die gejirige Sigzung des Hauses der Abgeordneten befinden sih in der Ersten, Zweiten und Dritten Beilage.

Die heutige (28.) Sibung des Neichstages, der der Staatsminister, Staatssekretär des Jnnern, Dr. Graf von Posadowsky-Wehner, der Staatssekretär des Reichs- justizamtes Dr. Nieberding und der Staatssekretär des Reichs- \haßamtes Freiherr von Stengel beiwohnten, wurde um 1 Ukr 20 Minuten vom Präsidenten Grafen von Ballestrem eröffnet.

Auf Grund eines \{chleunigen, ohne Diskussion an- genommenen Antrages der sozialdemekratishen Abgg. Albrecht und Genossen beshloß das Haus, den Reichskanzler zu ersuchen, zu veranlassen, daß das gegen den Abg. Legien bei dem Berliner Amtsgericht Il s{chwebende Privatklageverfahren des Bau- unternehmers de Caneva in Zschopau für die Dauer der Session

eingestellt werde. ; : In der dritten Beratung des Geseßentwurss wegen Ab- änderung des Geseßes, bettcssend die Statistik des Waren- verkehrs des deutshen Zollgebiets mit dem Aus- lande, erklärte auf eine Anfrage des Abg. Osel (Zentr.) der Unterstaatésekretäc Wermut h, daß es hinfichtl:ch der 4nmeldung der als Ausiîtellung8güter eingehenden Kunstgegenstände, Bilbhauer- arbeiten, Gemälde usw. bci den Bestimmungen des Zolltarifgeseges verbleibt, während die statistishe Gebühr na@irägli@ zu erlegen ift, wenn die Sre Ther dei i. ada nach Schluß der Ausstellung în den freien Verkehr übergehen. H ba Osfel (Zentr.): Was der Unterstaatésekretär eben gesagt hat, bôrt fi ja fehr {ön an, aber stellen Sie sih vor, daß bei einer solchen Ausstellung 5/09 Bilder hereinkommen und daß davon 400 verzollt werden, während die übrigen 4600 unter ständiger Kontrolle gehalten werden, damit man nachweisen kann, daß fie au wieder binauägehen und insofern der Gebübr nicht unterliegen. Es wäre vorzuziehen, lieber die statistische Gebühr für die Oelgemälde zu erbebcn, gleichgültig, ob sie wieder hinausgehen oder nicht. Unterstaat? sekretär ermuth: Ich glauke, daß der Vorredner die Tragweite diejer Sache doch übershäßt. Eine Ueberwaung wegen der statistischen Gebühr findet in keiner Weise statt, überwacht wird nur die ganze Ausstellung wegen des Zollinteresses, das richt gering ist. Es handelt sh im übrigen nur um eine Detailfrage, die sich vielleicht dem Vorredner besonders aufgedrängt hat, die aber

im allgemeinen kaum erheblich ist.