1906 / 28 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 01 Feb 1906 18:00:01 GMT) scan diff

Im Beurlaubtenstande. 27. Januar. Befördert: zu Oberlts. die Lts : vom Landw. Bezirk Stuttgart Euting der Ref. des Gren. Regts. Königin Olga Nr. 119, Schreck der Res. des Gren. Rgts. König Karl Nr. 123, Shumm (Karl) der Nes. des Inf. Regts. König Wilhelm 1. Nr. 124, Federer der Res. des Ulan. Regts. König Karl Nr. 19, Kuhn der Landw. Inf. 1. Aufgebots, Schmid, Abert der Landw. Inf. 2. Aufgebots, vom Landw. Bezirk Reut-

gering

lingen Shagfhausen der Res. des 4. Inf. Regts. Nr. 122

Kaiser Franz Jo mann der Landw. Kraft der Landw, Inf. Mergentheim Bürkardt der Res. des Kaiser Franz, Jose

Bezirk Ulm

eph von Oesterreih, König von Ungarn, Inf. 1. Aufgebots, vom Landw. Bezirk Horb 1. Aufgebots,

Beck-

vom Landw. Bezirk 4. Inf. Regts. Nr. 122

von Oesterreih, König von Ungarn, vom Landw. errmann der Res. des Ulan. Regts. König Karl

Verichte von deutschen Fruchtmärkten.

Qualität mittel

gut

Verkaufte

Gezahlter Preis für 1 Doppelzentner

Menge

niedrigster E aa

niedrigster b

niedrigster 46.

hölhster d

bhöster d

Doppelzentner

Nr. 19, Söding der Landw. Kav. 2. Ausgelüts, vom Landw. Bezirk Ravensburg Ad orno der Ref. des Ulan. Regts. König Karl Nr. 19 zu Lts. die Vizewachtmeister: vom Landw. Bezirk Ludwigsburg Borgmann der Res. des Ulan. Regts. König Wilhelm I. Nr. 20 vom Landw. Bezirk Gmünd Martin der Ref. des Feldart. Regts König Karl Nr. 13. j

[Durdh nitts-

nah E ier Dns verkauft Doppelzentnex (Preis unbekannt)

Infterburg . Beeskow . Luckenwalde. . rankfurt a. O. In 2. Greifenhagen . Pyrig Krotoschin Militsch . Sre fonte h ‘Sál s rankenstein i. A Lüben i. Schl... . Schönau a. K. Halberstadt . Eilenburg Marne Goslar aderborn imburg a. L. . Neuß . ¿ Dinkel8büh[.. Augsburg Ueberlingen . RNostock . Warefi . Altenburg

D L A S

Augsburg “‘. Weißenhorn Biberach . Ueberlingen . Villingen

Insterburg . Beeskow . Luckenwalde . Frankfurt D. « Stettin . 1E Greifenhagen . Ea Stargard i. Pomm. . Schivelbein . ¿ Köslin A Stolp i. Pomm. . . Lauenburg i. Pomm. . Posen. R ap 6

otoshin . . Militsch .—-« Breslau . Cs Frankenstein f. Sl. Lüben i. E S Schönau a. K. Halberstadt . . Eilenburg Marne Goslar

aderborn . Limburg a. L

Neuß . x Dinkelsbühl Augsburg Ueberlingen . Rostock . an Braunschweig . Altenburg

(S&Sall111111I

Insterburg . Frankfurt a. O. Stettin Greifenhagen

yrißz .

dsen, Krotoschin Militsch . Breslau ,

Frankenstein i. Schl.

Lüben l S. «

Schönau a.'K.. lberstadt . ilenburg

Marne

Goslar .

E N imburg a. L. .

Dink elebühl .

Biberach .

Ghingen .

Rosftock .

Altenburg

i Braugerfte

A a i h R d L Mia A i R O E l E E U

—_ D S

Go F

Insterburg . Elbing . Beeskow . Luckenwalde. . gtodam. . . » ranffurt a. O. . Stettin . Ó S0 E awd Stargard i. Pomm. . Schivelbein . S o Stolp i. Pomm. . . Lauenburg i. Pomm. .

Posen .

tial 111

e

M M O0 SSSS

Dm Pad ferne e Pr Mo

D

D

17,30

eizen. j 17,00 17,70 | 17,00» | 16,40 17,00 17,10 e 17,20 16,50 17,00 16,70 16,50 17,50 16 95 17,00 16,80 17,40 17,30 17,20 17,00 19,00 17,70 18,90 19,40 18,60 17,10 16 90 16,90

Kernen (enthülfter Spelz, 18,40 18,40 19,20 18,20 18,20 18,40 17,20 + 18,49

18,31 18,31 18,70 19,40 19,40 19,60

Noggen. 15,59 15,80 14:80 4, 15,70 15,60 15,00 15,40 15,00 15,209 15,03

15,50 15,40 15,70 15,20 15,8

15,5

15,10 16,90 16,50 16,50 16,50 16,80 16,67 16.10 15,80 16 60 16.09 15,99 15,60 17,10 16,70

r ft e. 14,50 15,00

15,00 15,00 14 50 15,00 14.70 15 60 14,10 16,00 15.25 14,89 17.55 17,03 14,50 17,00 17,00 15,38 19,00

17,30 17,00

16,80 16,00 16,40 17,00 16 70 16,80 16,80 17,25 17,20 17,20 16,80

16,70 18,80 19,20 1851

16,80 16,00 16,00 17,00 16,45 16,60 16,45 16,70 17,20 16,50 16,80

16,70 18,70 19,20 18,51

a

15,60

15,50

15,20 14,75 14,80 14,89 15,00 15,20 15,10 14,90 15,50 15,05 14,80 16,60 16,00 16 40 16 20 16,60 15,10 15,60 16.29 15 91

Ge

16,40 16 80

fer.

14.80 14.40 16,09 16 60 17,00 15,69 15,70 15 30 14.50 14,80 14 09 15,29 14,69 14,40

I Tff

iges SL8

17,00 17,70 17,00 16,40 17,20 17,30 16,60 17,00 16,70 17,30 17,50 17,20 17,10 17,20 17,50 17,39 18,00 17,30 19,00 17,70 19,00 19,69 18,60 17,30 17,40

16,90

inkel, Fesenu). 19,20 18,40

18,70 19/60

15,50 15,80 15,75 14,89 15 70 16,60 15,10 15,59 15,00 15,20 15,00

15,50 15,40 15,70 15,89 15,80 15,80 15,30 17,2) 16,89 16,50 17,00 17,00 16,67 16,10 15,80 16,69 16,09 15,98 16,00 17,10

16,70

14,50 15,09

15,20 15,00 14,60 15,00 14,70 16,00 14 50 16,00 15,50 15,00 18,20 17,99 14 50 18,09 17,00 15,38 19,00

16,40 16/80

14,80 14,40 16.00 16 60 17,00 15 60 15,89 15,60 15 00 14,90 14 00 15 20 14,60

14,40

; Qualität Außerdem wurden

gering

mittel

gut Verkaufte

Gezablter Preis für 1 Doppelzentner

Menge

niedrigster o.

bödster

hödster [Doppelzentner

b

niedrigster E A

bêchster 6

niedrigster dh

6.

i E. Am vorigen E Markttage -

für 1 Doppel- ¡entner

aa

am Markttage (Spalte 1) nach überschläglicher Schäßung verkauft Doppelzentner

(Preis unbekannt)

Durc- shnitts- preis

Cs

wert

b.

14,50 14.40 13,90

14,15 13,20 16,17 14,75 15,90 15,00 13,80

[e ps

Krotoschin

Militsch .

Bat ia Meni lon i. Sil. üben i. Sl... . Schönau a. K..

Halberstadt . Eilenburg

Marne

Goélar . Don , imburg a. L. .

17,40 17/60 16.00

15 70 15,00 15/00

16,00

Neuß Dinkelsbühl. Augsburg Biberach . Ehinçen . Ueberlingen . Villingen Nostock Waren Altenburg

Bemerkungen.

15,00

Die verkaufte Menge wird auf volle Doppelzentner und der Verkauf8wert auf volle Mark abgerundet mitgeteilt.

Noch: 14,70 14,80 14,80 13,60 14,90 13,70 17,12 16,75 16,C0 17,00 14,40

14,70 17,60 19,20 16,80 15 80 15,95 15 40

Hafer. 14,90 15,30 14 90 14,00 15,15 13 80 17,12 17,00 16,10 17,00 15,30 15,80 15 20 17,60 19,40 17,00 16.00 16,10 16,00 15,80 16,10 17,50

14 50 14 40 14,30

14,40 13,40 16,64 1475 15,90 16,00 13.80

14,90 15,30 15,40 14,00 15,40 14 00 17,60 17,50 é 16,10 100 17,50

16 20 960 15.80 7 15 20 150 17,80 14 20,00 129 17,00 394 16,00 15 16,10 29 16,00 11 15,80 141 16.10 50 17,50

14,70 14/80 14,40 13/60 14.65 13,50 16,64 16,50 16,00 16.00 14,00

14,70 17,50 18 59 16,40 15,60 15,95 15,40

17,50 18 40 16,20

15,70 15/00

A =

16,00

14,71 14,91 |

D ck

1 600

8 490 111 2240 246 2 434 6 531 238 457 171 2215 805

16,00

15,16 15,80 14,93 17,59 18,87 16,60 15,87 15,95 15,55 15,71 16,10

16,00 |

15,62 | 15,60 | 15,00 | 17,12 | 19,00 | 16,28 | 15,55 | 16,05 | 15,60 | 15,80 | 16,12 |

E S O N R 1 T S

D DO R O D

50

Der Durchschnittspreis wird aus den unabgerundeten Zahlen berech net.

Ein liegender Strih (—) in den Spalten für Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende Preis niht vorgekommen ist, ein Punkt (.) in den leßten sechs Spalten, daß entsprehender Ber iht fehlt.

Deutscher Reichstag.

32. Sißung vom 31. Januar 1906, Nahmittags 1 Uhr 20 Minuten.

(Beriht von Wolffs Telegraphishem Bureau.)

Tagesordnung: Fortseßung der ersten Beratung des von den Abgg. Graf von Hompesh und Genossen eingebrachten Gesetzentwurfs, betreffend die Freiheit der Religions- übung, sowie erste und event. zweite Beratung des von den Abgg. Albrecht und Genossen eingebrahten Gesehentwurfs, betreffend die Volksvertretung in den Bundesstaaten und in Elsaß-Lothringen. A :

Ueber den Beginn der Sißung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berihtet worden.

Abg. Dr. Freiberr von Hertling (Zentr.) fortfahrend: Viel mehr als der Abg. Müller-Meiningen ift der Ea David auf unseren Antrag eingegangen, mit dessen Grundtendenz seine Parteigenofsen ja ciulertlanben find. Aber auch er hat geglaubt, auf ¿Fälle krasser In- toleranz bei uns hinweisen zu müssen. Er behauptet, und wir müssen davon Akt nehmen, daß die Be-belshe Aeußerung, daß seine Partei auf religiôösem Gebiet den Atheismus erstrebe, nicht mehr als pro- grammatishe Erklärung gelten könne, daß vielmehr nur- das Erfurter

rogramm gelte, Bone Religion Privatsache sei. Erledigt ist die

e aber damit für uns nit; erledigt ist vor allem niht die Fragee ob ein gläubiger Christ Sozialdemokrat sein kann. Wäre seine

artei nur eine Partei zur Erzielung besserer Lebensbedingungen für die Arbeiter, dann ließe \sih darüber reden; aber solange in dem Erfurter Programm der Sah stehen bleibt, daß die Partei auf dem Boden - des Mossenlramzten stebt, daß zu den Aufgaben der Partei auch das Schüren des Klassenkampfes, des Kampfes auch gegen die religiöse Autorität gebört, so lange kann ein gläubiger Christ nit Sozialdemokrat sein. Der Abgeordnete David hat dann den § 4 unseres Antrages bemängelt und sich für die Staatsshule ausgesprohen. Da können wir ihm nicht folgen. Die Staats\hule wäre der ärgste Gewissens- zwang. Der eigentlihe Grundgedanke unseres Antrages hat seinen Aus- angspunkt in den noch rückständigen Geseßgebungen einzelner deutsher taaten. Da wir nit in der Lage sind, auf die Regierung dieser Staaten L zu gewinnen, und in den dortizen Parlamenten nicht vertreten find Läbèn wir die Sache im Deutschen NReichs- tag vorbringen müssen. Wir wollen kein Privileg für unsere Glaubensangehörigen, sondern die allgemeine Freiheit der reli- gien Betätigung aller Ma Gtene des Deutschen Reichs. ir haben damit mit alten und veralteten Theorien gebrochen ; die alten, die mittelalterlihen Theorien sied abgetan und werden nicht wiederkehren, und wir wollen fie auch nicht wiederkehren sehen. (Zuruf links.) Jch babe diese Auffassung hon vor mehr als 10 Jahren in Schriften und öffentlichen Vorträgen vertreten. Wir wissen also, was wir tun, wir sprechen. einen neuen staatsrehtlichen Grundsaß aus, wir wollen die Freiheit unseres religiösen Bekenntnisses unter den Schuß der allgemeinen ftaatsbürgerlichen Freiheit stellen. Das bedeutet für uns, daß wir unser religiöses Bekenntnis um so höher halten, als wir es der Freiheit überantworten, daß wir damit auß die Vecpflihtung übernehmen, die religiöse Ueberzeugung aller anderen zu achten. Die Hindernisse der ftaatsbürgerlihen Areibeis, die in einzelnen Staaten auf religiösem Gebiete entgegen- tehen, müssen beseitigt werden. Wir denken gar niht daran, die Trennung von Kirhe und Staat hier in die Wege leiten zu wollen, dazu haben wir gar keine Veranlaffung. Ein freund- lihes Verhältnis zwishen Kirhe und Staat ist uns ein wünschens- wertes Verhältnis; wir wollen nur, daß der individuellen Freiheit fein Hindernis bereitet werde. Wir denken auch nit an einen radikalen Eingriff in hiftorish - gewordene Verhältnisse, die das Ergebnis einer jahrhundertelangen Entwicklung in Deutsch- land sind; wir verlangen lediglich eine Korrektur, insoweit der Freiheit der religiösen Uebung Abbruh geschieht. Auch die vermögensrechtlihen Verhältnisse, die auf sehr gut begrün- deten Rechtstiteln beruhen, wollen wir niht etwa beseitigen. Der Abg. David erinnerte uns an das Bestehen der Strafvorschriften gegen Beschimpfung von Religionseinrihtungen usw. Wir legen keinen fraßen ert auf den § 166, mit dem wir in den leßten Jahren chlechte Erfahrungen gemacht haben; aber die Anschauung in dieser Beziehung ist überhaupt verschieden, und die vorige Debatte gab Feeugnis von einer völligen Verwirrung auf diesem Gebiete. Die ationalliberalen wollen den Antrag nicht, und der Abg. von Heyl hat sich als Vertreter der konfessionellen Mehrheit gefühlt, die aus diesem Grunde ihn niht will. Das heißt do, eine Frage im Sinne der Macht entscheiden. Die Redner der Rechten sührten aus, die evangelishe Kirche könne diese Freiheit niht brauen; aber ist das ein Grund, sie unserer Kirche niht zu gewähren? Jedenfalls haben auch diese Kreise zugestanden, daß die Hemmnisse, die in den betreffenden Staaten der Freiheit der Neligionsübung noch entgegenstehen, beseitigt werden müssen, und das ist {hon ein großer Fortschritt. Eine Re- pheios nach dieser Richtung können wir nicht einbringen, aber wenn e von anderer Seite eingebraht würde, die verbündeten Regierungen ch auf ihren Boden stellten und der Kanzler seine bewährte Hand au hier bewähren würde, dann würde es mögli sein, daß der Abg. rader ans prophezeit hätte und der Antrag niht wiederkehrte. Unser öff:ntliches Leben würde ein ganz anderes sein, wenn aller konfessionelle Kampf und Hader vershwände; wenn wir dadurh in die Lage kämen, noch mehr mit denen zusammenzuarbeiten, mit denen uns auf anderen Gebieten so vieles vereinigt.

Abg. Hoffmann - Berlin (Soz.): Jh beantrage, den An-

trag einer Kommission von 21 Mitgliedern zu überweisen. Trennung

der Kirche von der Schule ist die Vorbedingung für die Durchführung

der religiösen Freiheit. § 4 ist einer der wesentlihsten Punkte, wes- halb wir eine Kommissionsberatung für notwendig halten. Der Abg. Hertling hat nichts über die auffällige Aenderung des § 4 gesagt. Wenn der Vorredner in der Trennung der Schule von der Kirche eine Gewifsenstyrannei erblickte, so verstebe ich das absolut nicht. Ich sehe darin umgekehrt eine Gewissensfreiheit. Die konfessionellen Schulen find Zwangsanstalten. Die Zentrumspartei wird ja ihre Meinung noch oft ändern. Vielleicht kommt es noch dahin, daß der Vatikan den Darwinismus billigt. Wenn die Herren meinen, wir leben niht im Mittelalter, so glaube ich ihm das aufs Wort; das ist eben die bekañnte Saure-Trauben-Fuhs-Geschihte. Jede kleine Erleichterung akzeptieren wir. Im vorigen Jahre habe ich gezeigt, in welher Weise Religions- und Gewissensfreiheit bei uns gewährleistet wird. Jh erinnere an die Behandlung von frei- religiösen Lehrern, denen man einen fittlihen Defekt nach- sagte, weil sie niht an die Existenz eines persönlichen Gottes glauben. Viele glauben nicht daran und heucheln, die gehen unge- straft aus; die den Mut ihrer Meinung haben, werden bestraft. Auf die verschiedene Rechtsprechung des Kammergerichts in dieser Frage habe ich s{on im ut as Jahre hingewiesen. Das kann nicht wundernehmen, wenn der oberste Beamte des Reichs in der Duell- frage zur Geseßesverletung auffordert. Als Ehrenmann fol man die Gefeße des Staats halten. Jett is das anders aufgeklärt, jeßt kann unter Umständen einer mit Schimpf und Schande fortgejagt werden, wenn er die Geseße des Staats beobahtet. Dann sind auch die Urteile der Gerichte begreiflih: wie der Herr, so’s Gescherr. Wir haben alle Ursache, mißtrauisch zu sein gegen das Zentrum in Kirchen- und Schulfragen. Das Zentrum fordert Toleranz von der Obrigkeit, denkt aber nit daran, sie felbst auszuüben. Dem Vorredner waren die angeführten Beispiele in der Tat unbequem; sie gepren sehr wohl hierher. Sie gehen, wenn es Ihnen nicht in den Kram paßt, auch gegen gerihtlihe Urteile vor; ich erinnere an den Sühnegottesdienst in

ünchen in Sachen des Redakteurs Richter, wobei gegen die Fret- \sprehung protestiert wurde. Wenn Sie die rihterlihe Autorität niht achten, wie können Sie verlangen, daß wir es tun? Die Herren rufen doch au gern den Staatsanwalt an in Preßsahen. Ein Schuß der Kirche seitens der Autorität der Staatëanwälte ist wirklich in Deutschland nicht zu vermissen. Im lehten Thoma-Prozesse wurde

rofessor Forel vernommen; er sagte, daß er reliaionslos sei.

er Staatsanwalt sprach ihm daraufhin die fittlihe Qualität ab, ein sachverständiges Urteil zu fällen. Darin lag einfach der ver- steckte Vorwurf des Meineides. Aehnlihe Vorwürfe wurden uns ja auch wiederholt gemacht. Sie e ja, daß im Badischen ein katholischer Pfarrer in der leßten Zeit zum Meineid verleitet hat. Eirer At wurden die framente verweigert, weil ihr Mann den „Nellenburger Boten“ ausgetragen hatte! InBerlin wurde gegen den Willen der Eltern, die beide Dissidenten sind, ein Kind hinter ihrem Rücken getauft. Die Großmutter ging einfa zum Kaplan und ließ das Kind taufen. Das geschah bei der Herz-Jesu-Kirhe. Der Kir{envorstand m anerkennen, daß die Taufe zivilrechtlich wirkungslos fei unbeshadet der Dogmatik. Und da sprehen- Sie von Toleranz. In der protestantishen Kirche sieht es nicht etwa besser aus. So wurde in Wittenberg ein dorthin von Berlin in Waisen- pflege gegebenes Kind widerrechtlich getauft. Ein \olches pfarr- herrlihes Buschkleppertum muß vor allen Dingen verhütet werden. Der Nedner erinnert ferner an den bekannten Bremer Fall, wo der Senat die Wiedertaufe anordnete, weil eine Abweichung von der üblichen Tauf- form vorlag. Der liebe Herrgott wirò wohl seine Meinung revidieren müssen. Es blickt da immer ncch dieselbe Tendenz heraus, die s{ließ- lih die Gläubigen aus der Kirche hinaustreibt. Ich weise bloß noch auf den Fall Remscheid hin, wo ein Lehrer dem evangelishen Bunde genau dieselbe Intoleranz vorzuwerfen Veranlaffung hatte, wie sie der katholishen Kirhe vorgeworfen wird. In St. Neobaun \chenkte ein Volksfreund für die die Volksshule verlafsenden Schüler die Volksausgabe von Schillers Werken; der Rektor der Mädchen- \hule dahte aber anders und per E die Annahme diefer ge- fährlihen Schenkung. Also so gefährlich find unsere deutschen Dichter {hon geworden, auf die wir angeblich f\tolz find! Da fällt einem wahrlich das s{chöne Gediht auf Schiller ein : Deutscher Barde frei und groß, seltsam fiel dein Lebenslos. Wardst gefeiert und gepriesen, wardst verkezert und verwiesen dumm gelobt und dumm getadelt und zuleßt auh noh geadelt. Ah, vergib dem Vaterland, Meister, diesen Unverstand. Jn Lüttgen-Dortmund wurde ein Sozialdemokrat auf dem Schindanger begraben, weil er nicht zur Kirhe gegangen war. Als auf Grund eines reich8gerichtlichen Erkenntnisses die Leiche dann ordnungs- mäßig beerdigt wurde, sagte der Abg. Brust im t neren: „Ein Sozialdemokrat gehört auf den Schindanger“. Auch in der Form der Feuerbestattung ist Ke katholishe Kirche intolerant. So erklärt man in Pforzheim, daß gegen die Feuerbestattung vom Standpunkte des Glaubens zwar nihts einzuwenden sei, daß aber ein guter Katholik aus anderen Gründen wiffen müsse, daß ihm die Sakramente entzogen werden müßten, wenn er sh für die Feuerbestattung aus\präche. Also troßdem werden diejenigen, die gegen die Leichenverbrennung kein Vorurteil haben, mit dem Bannstrahl bedacht. Alle diese Bei- spiele illustrieren doch, in welcher unerhörtesten Weise von Ihnen (zum Zentrum) dec Terrorismus geübt wird. t doch die Dresch- flegeltaftik gegen unsere Genofsen aus den Kreisen der katholischen Geistlichen des Niederrheins ihcen Ursprung genommen! Wenn {on gegen bürgerlihe Kreise so verfahren wird, wie die Affäre vcm Zeitungsaustragen zeigt, da können wir uns nicht wundern, wenn gegen uns noch einige Prozent heftiger zu Felde gezogen wird. Hier in den Parlamenten spielt das Zentrum als Freund der verfolgten Polen auf ; im Rheinlande, in Westfalen, wo die Polen zahlrei sind, da wird mit denselben terroristishen Mitteln gegen sie gearbeitet, wenn sie es zum Beispiel au} nur wagen, sich in den Kirchenvorstand

wählen zu laffen. Uebrigens können wir mit unseren bösesten Reden nicht so viel Unheil gegen die Autorität der Kirche anrihten, als der Kriegs- minister mit einer. Rede hier im Reichstage fertig bekommt ; ih weise bloß auf seine Nede vom 15. Januar hin, wo er meinte, der Duellant habe, wenn er ein gläubiger Christ sei, ih allein mit seinem Gotte abzufinden. Das ist eine sehr gefähr- lihe Theorie, und ich möchte wohl sehen, wohin es käme, wenn ein Anarchift sie für fich demnähst einmal in Anspru nähme. Ein guter Chrift ist ein guter Soldat, wird uns gesagt. Nach unserer Meinung kann ein guter Christ kein guter Soldat sein. Wir stehen diesem Antrag mißtrauisch gegenüber, besonders wegen des S 4, der den Schug der Dissidenten enthalten sollte, und in dem es jeßt beißt, zur Teilnahme an dem Religionsunterriht kann ein Kind gegen den Willen der Erziehungsberehtigten niht angehalten werden, wenn der Religionsunterriht ihrer religiösen Ueberzeugung nicht ent- spriht. Dieser leztere Zusaß is uns sehr verdächtig. In Preußen werden bekanntlich die Eltern, die ihre Kinder am Religionsunter- rit nit teilnehmen lassen wollen, aufs unerhörteste gepeinigt, gequält und drangsaliert. Ein in Küstrin vorgekommener Fall if von mir hon früher vorgebra®t worden. Der Mann wollte \{chlieflich sein Kind am jüdischen Religionsunterriht teilnehmen lassen, aber die „vorgesezte Behörde“ erklärte, diese Teilnahme könne das Kind von der Teilnahme am Religionsunterricht in der Mittel- schule nit befreien; das Kind wurde aus der Mittelshule entfernt. In dem gerichtlichen Verfahren, das sich anschloß, wurde erkannt, daß das Kind nicht bätte autgeschlossen werden dürfen. Als der Vater nun wieder das Kind in die Mittelshule bringen wollte, wurde die Aufnahme verweigert, solange das Kind von der Teil- nahme an dem Religionsunterriht durch den Vater ausgeschlossen bleibe. Hier also {ließt die Negierung den Knaben gegen Recht und Geseg von der Schule aus! So wird mit den Kindern der Dissidenten in E umgesprungen. In Tegel wird dem Vater eines Schulkindes aufgegeben, für dieses die Bibel anzuschaffen. Dem Vater wird, weil er sih weigert, A ein Regulator gepfändet; ein bequemes Mittel, statt der Bibel die Uhr zu nehmen, dann weiß kein Mensh mehr, was die Glocke geschlagen hat. Damit {haft man nur immer neue Verbitterung. Die Klausel in § 4 muß entfernt werden, um Mißdeutungen vorzubeugen. Auch in bezug auf den Austritt aus der Kirche A Wandel geschafen werden. Die Kinder werden geradezu. zur Dummheit erzogen. Endlich hat auch die Bremer Lehrershaft ih aufgeraft und beantragt, diese Dinge aus der Schule zu schaffen, weil es ein Unding sei, die Kinder mit Geschichten und Gesangbuchversen zu füttern, die fie niht verstehen. Auch die Berliner Lehrer und Lehrerinnen haben, wenn auch in etwas shachmatter Weise, gegen die Unter- stellung der Schule unter die Botmäßigkeit der Kirche protestiert. In dem Antrage muß es klar ausgesprohen werden, daß niemand der Austritt aus der Kirhe ershwert werden darf. Das Zentrum sagt zwar, das wolle es au; die Praxis der Kirche straft aber diesé Behauptung Lügen, Geistlihe haben erst auf dem Wege der Klage zur Auéstellung von Taufscheinen gezwungen werden müssen. Die \{chwersten Bedenken haben wir gegen § 12, der bestimmt, daß religiöse Genossenschaften, Gesellshaften und Vereine aller Art zu. ihrer Gründung, Niederlassung und Tätigkeit innerhalb des Reichs- gebietes keinerlei Genehmigung tes Staates oder der politischen Ge- meinde bedürfen. Dieser Paragroph könnte namentlich auf dem Schulgebiete mißbrauht werden. 1859 hat ih der damalige Prinz- Regent dagegen gewendet, daß die Religion zum Deckmantel politischer Bestrebungen gemacht werde. Später sagte derselbe Regent: Die Religien muß dem Volke «bilien werden. Aus Furcht vor der Sozialdemokratie hat man vor der Kirhe fkapituliert und die Schule der Kirhe ausgeantwortet.

Jetzt heißt es: Religion, Religion urd immer wieder Religion! Alle

Fächer werden mit Religion durhtränkt. Sie haben die Religion zu einer Waffe gegen die Mühseligen und Beladenen, gegen die Ge- wissensfreiheit gemaht. Das zeigt vor allem das Vorgehen der Ber- liner Behörden gegen die freireligiösen Gemeinschaften. Wir haben uns gar nicht ande1s zu helfen gewußt, als indem wir als freireligiöse Gemeinde in Berlin uns in das Vereinsregister in Offenbach haben eintragen lassen. In dem neuen Volksshulgesez in Preußen hat man den Freireligiösen dadurch einen Rikgel vorshieben wollen, daß man bestimmte, jüdische Schulen dürfen nur jüdishe Schüler aufnehmen. In Frankreih is die Trennung der Kirhe vom Staat eine Tatsahe geworden. Man hat dort an die Stelle des Religionsunterrihtes den Moralunterriht geseßzt. Die ie sind niht s{lecht dabei gefahren, d. ß ALtung vor den Eltern und der Familie ihren Kindern gelehrt wird, ftatt auf sie zu schießen. Auch der Kurator der Bonner Universität hat fich mit dankenswerter Deutlichkeit für die Trennung der Schule von der Kirche aubgeiproGe: In Neumarkt in Schlesien hatte ein Junge an einer Treibjagd teil- een und dafür 40 „4 erhalten. Der Fa tor, der den onfirmandenunterricht erteilte, legte ihm eine Strafe von 50 4 auf. Die Mutter zahlte die 50 S Z nicht. Darauf wurde verfügt, daß der Junge noch ein Jahr länger die Schule befuhen müsse. Ein Rekurs hatte keinen Erfolg, die Entscheidung des Kultusministers steht noch aus. Das Ende vom Liede ist also: der Pastor ver- weigert den Konfirmandenunterriht, und der Junge muß bis an sein Lebensende die Schule besuhen. Wir müssen die Schule vor Ver- muckerung bewahren.. Diesmal ist Frankreich in der Welt voran. Wir müssen unsere Jugend und den Staat von der kirhlihen Bevor- mundung befreien. S :

Abg. Stö cker (wirs Vgg): Es ist \{merzlich, im Reichstage eine Rede hören zu müssen wie die eben gehaltene; niht nur unter dem Gesichtspunkt der Religion, sondern auch der Bildung, Auch die Sozialdemokraten werden unter dem Eindruck stehen, daß ihr Genofse über die leßten Dinge der Menschheit kein Urteil abgeben kann. Daß die