1906 / 29 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 02 Feb 1906 18:00:01 GMT) scan diff

Es ift vorhin die Frage an mich gerihtet worden, in welhem Umfange die Ansiedlungsgesellshaft in Pommern gewirkt hat. Jh glaube, Herr Graf Groeben hat das schon kurz berührt: es sind nah dem Stande vom Juli 1905 im ganzen von dieser An- siedlungsgesellshaft 25 Güter mit ca. 9600 ha erworben, die in der Ausfteilung begriffen oder zum Teil {on aufgeteilt {ind und ich kann auch ich glaube Herr von Bolkelberg fragte danach angeben, daß bei der Generalkommission in Frankfurt a. O. 57 Güter hierin sind die der Pommerschen Ansiedlungsgesellshaft mit enthalten mit 26 590 ha in der Aufteilung begriffen resp. auf- ‘geteilt sind. Das sind beahtenswerte Zahlen; es kann natürli nicht von Hunderttausenden von Ansiedlerstellen die Rede sein, aber immer- Hin ist der Anfang gemacht. Ich bin als preußischer Landwirtschafts- minister bestrebt, die innere Kolonisation nah Kräften zu fördern. Es sind die derzeitigen Versuche hier dargelegt; insbesondere habe ih vor dem hohen Hause dargelegt, wie die beiden Gesell- schaften arbeiten. Ih habe au meinen Wuns dargelegt, nah der Nichtung hin die Möglichkeit der Kolonisierung zu schaffen, daß vorausgeseßt, daß ein entsprechendes Gesep dem hohen Hause zugehen sollte, die Domänenverwaltung selbst nach Prüfung durch die zuständigen Behörden Domänen selbst aufteilt.

Ich glaube, das gaaze Gebiet ist, wie einer der Herren {hon sagte, des Schweißes der Edlen wert. Es ist auch die Frage der Ent- \chuldung hier gestreift worden. Jh will sie heute niht näher be- rühren, die liegt aber zweifellos schr dit bei der inneren Kolonisation.

Meine Herren, ih habe es in meiner Praxis gesehen: hier wird ein vershuldeter Bauer von einem Großgrundbesißer aufgekauft, und daneben wenden wir große Kosten auf, um einen neuen Hof zu kreieren. Wollen wir ihn auf dem Hofe erhalten, so müssen wir all- mählich an eine , Regelung der Hypothekenverhältnisse herangehen. Ueber das Wie werden wir uns in der Diskussion bei der Ver- \chuldungsfrage aus\prehen. Aber ih halte dies für ein wesentliches Accefsorium dieses ganzen Vorgehens. Innere Kolonisation ohné Kon- solidierung der bestehenden Besizungen ist nah meiner Ansicht ein Unding. Meine Herren, ih habe mich immer gefreut, daß auf diesem Gebiete alle Parteien des hohen Hauses. einig sind. Ich glaube, wir werden mit der Zeit Erfahrungen sammeln, sodaß wir einen gesunden Weg finden.

Heute, meine Herren, möchte ih das hohe Haus noch um eins bitten, ih kann in diesem Jahre, wo wir erst in dem Anfangsstadium der Aktion sind, Ihnen natürli: nicht eine große Denkschrift vorlegen. Ich möchte auch dem Herrn Grafen von der Groeben sagen, daß wir aus dem Fonds von 400 000 M4 zunächst noch nicht viel an Beihilfen für die öôffentlih-rehtlihen Einrihtungen und für die Folge» einrihtungen entnommen haben, weil der im Ordinarium zur Ver- fügung stehende Fönds und Ersparnisse aus den VorjLhren zunächst für die vorliegenden Bedürfnisse ausgereiht haben. Wir werden aber noh bis zum Schluß des Jahres die eine oder die andere Forderung aus diesen Etatsmitteln zu befriedigen haben.

Ich hoffe, daß ih den Herren Vorrednern alles äuseinander- gefeßt habe, wie ich die Verhältnisse ungefähr beurteile. Vielleicht findet sih Gelegenheit, das noch einmal in der Presse auseinander- zuseßen. Vielleiht wird der Weg, den ih kurz angeregt habe, für manche Herren ein Novum sein, vielleiht wird er in die Kritik gezogen werden. Ih glaube aber, daß man meine Anregung nit ganz wird von der Hand weisen können. (Bravo!)

Der Titel wird bewilligt.

Bei dem Fonds von 5 Millionen zum Ausbau der hohwassergefährlihen Gebirgsflüsse in den Pro- vinzen Schlesien und Brandenburg spricht si

Abg. Baensch-Scchmidtlein (fr. kons.) anerkennend über die Ausführung der bisherigen Negulierungsarbeiten aus und bittet, mög- list bald auch die Arbeiten an der Lausißer Neisse, Hoztenplog und Weistriß in Angriff zu nehmen.

Dg: Hammer (konf.) bringt die Klagen der Bewohner des Kreises Beeskow über die alljährlih stattfindenden Spreeüber- s{chwemmungen oberhalb von Leipe zur Sprache. Die Wiesen ständen unter Wasser, die Hackfrüchte und die Herbstbestelung seien nur mangelhaft eingebraht worden. Dabei könne die Landwirtschaft nit bestehen. Das Ministerium möge diese Uebelstände möglichst bald aus der Welt schaffen.

_ Vei dem Fonds der Beihilfe zur Melioration der Mildeniederung spricht

Abg. Graf von Wartensleben-Rogäsen (fkons.) feine Freude über die Ausführung dieser Melioration aus und bestreitet zuglei dem Abg. Tourneau gegenüber, daß das Eichsfeld nicht genügend berüdsichtigt sei.

Bei dem Fonds zur Beihilfe an die Wasser- genossenschaft der Jlmenauniederung behufs Aus- führung von Ergänzungsanlagen spricht

Abg. Dr. Jänecke (nl.) seine Freude darüber aus, daß der C Ne eon dieie e G 4 Merantaut habe, A etnen eln eingreife, da die Genossenscha e Kosten der Folge- einrihtungen nit allein tragen könne. f O

Zur Herstellung von Kraft- und Lichtanlagen für das Ae bese Institut in Proskau sind 16 800 M ein- gestellt, ;

Berichterstatter Abg. von Arnim berichtet, daß in der Kommission wiederum die Frage einer Aufgabe oder Verlegung dieses Instituts besprochen sei. Das Institut solle aber vorläufig erhalten bleiben.

Abg. Schul ze-Pelk um (konf.) beantragt die Streichung der |.

Forderung und begründet dies damit, daß das Institut wegen der ungünstigen Bodenberhältnisse und Verkehrseinrihtungen verlegt werden müsse. Daher könne die Begründung für die neue Serteruns niht genügen. Die Schülerzahl in Proskau fei nur noch gering.

Minister für Landwirtschaft 2c. von Podbielski:

Meine Herren! Diese Frage hat ja {hon die Budgetkommission eingehend beschäftigt. Die Frage der Verlegung der Anstalt und die Frage der Befriedigung momentaner Bedürfnisse werden hier immer miteinander vermengt. Jh glaube, wir täten gut, beide Fragen voll- ständig von einander zu trennen.

Ich bin früher ja selbst eine Zeit lang für eine Verlegung der Anstalt eirgetreten, und zwar aus den verschiedensten Gründen, die dem hohen Hause ja bekannt sind; aber ih habe gefunden, daß alle berufenen Organe S{hlesiens von den staatlichen Behörden, welche der gleihen ‘Auffassung sind, ganz abgesehen sich \tark dafür gemacht haben, diese Gärtnershhule an dieser Stelle zu erhalten. Diesem be- rechtigten Wunsche der Provinz gegenüber habe ih einfa gesagt, wenn die Beteiligten so hohen Wert auf die Beibehaltung der Anstalt i1 Prosfau legen, jo hat die landwirtshaftliche Verwaltung keinen Grund, die Anstalt zu verlegen.

Die Forderung dieser 16000 M liegt aber auf einem ganz anderen Gebiet. Es“ handelt sich niht etwa bloß darum, für Licht und Kraft zu sorgen, sondern wir müssen Wasser beschaffen, wir - müssen eine Anlage machen, um das nôtige Trink-, “Wash- und Gebrauhswasser für Proskau zu schaffen. Meine Herren, selbst wenn Sie heute in einer Resolution der Staatsregierung gegenüber den Wunsch aus- sprehenzwürden, die Anstalt von Proskau zu verlegen, so würde ih auch dann noch dem hohen Hause gegenüber den Wunsch aufrecht er- halten müssen: Meine Herren, seien Sie so freundlich und bewilligen Sie die 16 000 4! Denn die Verlegung solcher Anstalt ist „doch nicht kurzerhand einfa mit einem Strich gemacht, hier wird es be- \{chlossen, und morgen wird der Beschluß ausgeführt! (sehr richtig !), sondern da gehen mindestens 3 bis 4 Jahre drüber hin, Sie wissen, es wird mir öfters vorgeworfen, daß des Kaisers Mühlen.

langsam mahlen (Heiterkeit) ehe die Sache gematht ist. Hier aber,

meine Herren, handelt es \sich um die Befriedigung eines momentanen Bedürfnisses, denn das Wasser müssen wir haben. Lehnen Sie mir heute die Forderung ab, so muß ich morgen mit der Forderung kommen : geben Sie mir eine Dampfmaschine, vermittels deren wir das Wasser heben können! Die Forderung von 16 000 A hat gar keine Ver“ bindung mit der Frage: soll das Institut in Proskau bleiben oder nicht? Meine Herren, ih bin gerne bereit, dem hohen Hause zu- zusagen, die sämtlichen s{hlesischen Behörden zu Berichten aufzufordern, wie sie über die eventuelle Verlegung der Anstali denken, und Jhnen die Berichte im nächsten Jahre vorzulegen, damit Sie darüber ent- scheiden können, ob das Institut in Proskau belassen werden soll oder niht. Die 16 000 4A haben wir bloß gefordert, weil wir glauben, die Wasserbeshaffung vermittels einer kleinen elektrishen Anlage be- sorgen zu können, und weil wir dann gleihzeitig auh die Beleuhtung der Räume durchführen können. Meine Herren, ich kann nur wieder- holen, selbst wenn Sie heute beschlös}sen, die Staatsregierung möge Proskau verlegen, so müßte doch bis zum Zeitpunkte* der Verlegung das Wasser dur irgend eine Anlage herbeigeschaffft werden.

Meine Herren, aus diesen Gründen ist die Forderung entstanden, und ih möchte bitten, daß die Herren in Anbetraht der Geringfügig- keit des Betrages und im Interesse der Anstalt diese Summe bewilligen.

Abg. Graf Strahchwißt (Zentr.): Die Bewilligung der Summe ist ganz unabhängig von der Frage der Verleaung. JIch würde die Verlegung des Instituts nur bedauern. Es handelt si hier um eine so geringe Summe, daß ich nicht verstehe, daß hier im Plenum, nachdem sie die Kommission A iat hat, ihre Streichung beantragt wird. Die Frage der Verleguna is aus eigenartigen Gründen ent- standen. Ich könnte Ihnen darüber Bescheid sagen, aber das Plenum ist” dazu niht geeignet. Es heißt jeßt: Proëkau eignet sich nicht ; also, was 36 Jahre gut geaangen, geht jeßt niht mehr. Jh kann sämtlihe Gründe für die Verlegung nit anerkennen. Eine Anstalt, an der gearbeitet werden soll, braucht nit an der Verkehrsstraße zu liegen. Der Boden soll fich nicht eignen. Ih halte es gerade für einen immensen Vorteil, daß éine staatliche Anstalt einmal nit auf gutem Boden liegt, fondern alles das machen muß, was der prak- tische Landwirt tut, um dem s{lechten Boden etwas abzugewinnen.

Die Anstalt is gezwungen zu arbeiten, wie überhaupt meistens der Oberschlesier arbeiten muß.

Abg. Gla gel (nl.) meint, daß die Anstalt nah der Erklärung des Ministers doch nicht an der rihtigen Stelle stehe; aber da die Bewilligung der Forderung der Frage der Verlegung nicht präjudiziere, kônne die Forderung bewilligt werdén. i

Der Titel wird gegen die Stimmen der Konservativen bewilligt. ;

Zur Vorbereitung und Durchführung eines allgemeinen Wetternachrichtendienstes sind 96000 / ausgeworfen.

Abg. E ck er t (fr. kons g begrüßt die Forderung, die namentlich in den Kreisen der Landwirte große Befriedigung verursachen werde; denn die Landwirte hingen mit ihrem Wohl und Wehe von dem Wetter ab. Es sei aber wohl zu erwägen, ob nicht diese ganze Angelegenheit

‘dem Kultusministerium zu überweisen sei, dem das Meteorologische

Institut unterstehe, damit nit etwa die wissenshaftlihe Ausführung. der Prognose in ungeeigneter Weise vorgenommen werde. Vielleicht könnten sih beide Ministerien daran beteiligen.

Minister für Landwirtschaft 2c. von Podbielski:

Meine Herren! Bei diesem ganzen Wetternachrichtendienst is ja zweifellos eine Vereinigung zwishen Wissenschaft und Praxis not- wendig. Aber sehr viele Köche, glaube ih, verderben den Brei; und wenn viele darin mitwirken, so, glaube ih, wird das, was wenigstens mir als Ziel vorshwebt, eine den landwirtschaftlihen Interessen in erster Linie gerecht werdende Organisation niht erreiht werden. Die Herren wollen sich dessen erinnern, ich war nech Chef der Reichs- postverwaltung, als ih die ersten Anregungen auf diesem Gebiete auf Grund von Mitteilungen gab, die mir damals von der amerikanishen Telegraphenverwaltung zugingen. Jch glaube, die Versuche, die das Landwirt schaftsministerium vor einigen Jahren mit der Ver- öffentlihung von Wettervorhersagungen speziell in Brandenburg, Hefsen-Nafsau, Teilen der Rheinprovinz usw. gemacht hat, haben auch gezeigt, daß wir auf einem rihtigen Wege sind, und ih kann nur wünschen, daß bei der jeßt in Aus\siht genommenen Verallgemeinerung des . Wetternachrichtendienstes, der doch in erster Linie dazu bestimmt ist, der Landwirtschaft zu dienen, in gleiher Weise vorgegangen wird und für die Art der Einrichtung die landwirtshaftlihen Bedürfnisse ausshlaggebend sein müssen; daneben können natürli auch weitere Kreise, nicht bloß der- jenigen, die draußen Landpartien mahen (Heiterkeit)

"aus dem allgemeinen Wetterdienst Nuyen ziehen; aber die Landwirt-

schaft hat an einem guten und zuverlässigen Wetternachrichtendienft das größte Interesse.

Ich kann dem Herrn Vorredner zugeben, es ist von mir in Aus- sit genommen, mit dem Kultusministerium in dieser Sache in Ver- bindung zu treten. Jh kann ferner hervorheben, daß der Nahrichten- dienst der Seewarte im Einvernehmen mit dem Reihsmarineamt mit der Wetterdienstorgantsation verbunden werden soll. Eine Mit- wirkuung dieser beteiligten Organe und Institute, des meteorologishen Instituts und der Seewarte, halte also au ih für selbstverständlich. Aber ein großes Gremium zu \chafffen mit so und so vielen Mit- arbeitern, halte ih für nicht im Interesse der Sache liegend und bedenklich; meine Herren, ih habe leider immer die Erfahrung gemacht, daß gerade in der Wissenschaft die großen Leute sehr leiht auseinandergehen in ihren Auffassungen, und im Resultate arbeiten die Maschinen gegeneinander. Dies muß vermieden werden und, meine Herren, ih habe den Wunsch, etwas Praktishes für die Land- wirtshaft zu schaffen, dabei aber * unbedingt den Boden der Wissenschaft festzuhalten; denn wenn wir den verlassen, dann würden wir uns vielleiht zu weniger zuverlässigen Wetter- propheten begeben. Das möchte ih nicht. Ih stimme darin

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mit dem Herrn dorcebner vollkommen überein, wir müssen einen Wetternachrichtendienst für unser Vaterland schaffen, der vor allen Dingen tunlihsst prompt und verläßlih ist und dem Landwirt einen Fingerzeig gibt, wie er wohl für die folgenden Tage in seinem Betrieb disponieren kann. Jh kann nur sagen, der Herr Kultusminister teilt meine Auffassung; infolgedessen ist diese Position auch in den land- wirtshaftlihen Etat eingestellt worden, und ih hoffe, im Ein- vernehmen mit dem Herrn Kultusminister mit diesem Schritt vorwärts auch einen nüßlihen Schritt zu tun für unsere heimische Landwirtschaft.

Abga. Seydel - Hirschberg E Ich weiß nicht, warum man dieses Institut von dem Meteorologishen Institut abgezweigt und der landwirtschaftlihen Verwaltung überwiesen hat. Das Meteorologische VFnstitut ist doch LRaNE zu diesem Zweck gegründet worden. Auch in anderen Ländern, in denen ein solher Nachrihtendienst E ist, ist er dem Meteorologischen Institut unterstellt, und ih weiß nicht, ob man das Meteorolo ische Institut um seine Ansicht befragt hat; meiner Ansicht nach liegt hier eine Art Zurückseßung dieses Jnjtituts vor. Hat doch gerade der jeßige Leiter dieses Instituts {hon vor vielen Jahren in Bayern einen solhen Nachrichtendienst eingerichtet. Meine Bitte geht also dahin, diesen Wetternachrihtendienst in ge- id Weise mit dem Königlichen Meteorologishen Institut zu ver-

nden.

Berichterstatter Abg. von Arnim-Züsedom teilt mit, daß bei dem früheren Versuh der Durhführung eines solhen Nachrichten- dienstes der Prozentsaß der rihtigen Prognosen nicht ungünstig ge- wesen sei; die Kommission sei für Bewilligung des Titels. 5

Bei dem Titel „Beihilfe zur Entwässerung des Kaukener Polders im Haffdeihverbande des Memel-Deltas“ bittet i

Abg. Glayel 1) um die Einstellung von Mitteln zux Normalisierung der Gilge.

Der Rest des landwirtschaftlihen Etats wird ohne weitere Debatte bewilligt, nahdem noch Berichterstatter Abg. von Arnim über die Forderung von 520 000 als erster Nate zum Ankauf des Grundstücks Königgräßer Straße 123b zum Neubau des Landwirtschaftsministeriums referiert hat.

Schluß 51/4 Uhr. - Nächste Sißung Donnerstag 11 Uhr. (Etats der Gestüt-, Forst: und Domänenverwaltung. )

15. Sißung vom 1. Februar 1906, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphishem Bureau.)

Veber den ersten Teil der Verhandlungen in dieser Sizung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden. Das Haus seßt die zweite Beratung des Entwurfs des Staathaushaltsetats für das Etatsjahr 1906 und zwar des Etats der Forstverwaltung bei der Einnahme aus dem Holz, die in Höhe von 98 Millionen Mark, das sind 5 N cus S v e, etgene ist, fort. . Dr. Gaîigala ol|p. d. Tons. Parte r eine Entwaldung der Kurischen Seba M1 E 19, Mae

Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten von Podbielski:

Meine Herren! Ih möchte auf die verschiedenen Fragen, die von den Herren Vorrednern angeregt worden sind, kurz antworten- In bezug auf Schwarzort möchte ih bemerken, daß eine Petition nit eingegangen ist; ih habe aker in Verfolg eines Artikels, der, wie ih glaube, in der „Königsberger Allgemeinen Zeitung“ enthalten war, Veranlassung genommen, den betreffenden Landforstmeister, der dort auf Dienstreisen war, anzuweisen, sich über die Verkältnifse ¡u orientieren. Das i} gesehen, und es hat \ih ergeben, daß in Schwarzort etwa 50 fm Kiefern-Altholz eingeshlagen worden sind. Die Herren, die mit den Holzverhältnissen vertraut sind, werden mir zugeben, daß es nich!1s oder nahezu nichts ist, wenn man auf etner Waldflähe von eiwa ‘120 ha 50 fm schlägt. Es hat ih dabei nur um altes, ja überaltes Holz gehandelt. Das ergibt si {hon aus dem betreffenden Zeitungeartikel, in dem ausdrücklich gesagt wird, daß die gefällten Stämme unzählige Jahresringe ge- habt haben. Die Bäume, die malerisch wirken, wird man aber wohl nicht beseitigt haben. Jh kann erklären, daß wir die Ab-

sicht haben, die Umgegend von Schwarzort als Park und Wald iu

bewirtshaften. Es ist aber das möchte ih hier betonen die Pflicht der Forstverwaltung, n'cht nur für die Gegenwart, sondern auch’ für die Zukunft zu sorgen; es muß also rehtzeitig eine almählihe Verjüngung der. Altholzbestände eingeleitet werden. Für die ein- geschlagenen alten Kiefern sind sofort junge Kulturen angelegt worden. Nur auf diese Weise kann erretdt werden, daß nicht allein die jevige Generation, sondern au die künftige mit Sicherheit in Schwarzort Wald vorfinden werde.

Die Frage, die der Abg. Dr. Dahlem an mi gerihtet hat, muß ih an eine andere Adresse verweisen. * Die preußische Forstverwaltung hat zwar die Pflege des Niederwalddenkmals übernommen, das Denkmal selbst aber gehört dem Reich, und somit gehört au die angeregte Frage vor das Forum des Reichstags. Soviel ih weiß ich bin über die Sahhe aber niht genau orientiert —, haben die früher bewilligten Mittel nicht çanz ausgereiht, und ih glaube, man hat dem Hersteller und Erbauer des Denkmals an Stelle eines Teiles der baren Vergütung die Berechtigung des photo- graphishen Betriebes bis zu einer gewissen Summe gegeben. Ich habe also mit der Frage absolut nichts zu tun. Jh habe nur die Pflicht, auf Grund der vom Reiche erlassenen Bestimmungen die Aufsicht über das Denkmal zu führen und möchte dem Herrn Abg. Dahlem anheimgeben, gelegentlich die Sache im Reichstag zur Sprache zu bringen.

Ih komme nun zu der weiteren Beshwerde, daß den Holzs berechtigten ihr Deputatholz usw. so oft von der Forstverwaltung auf einem ungünstigen Fleck angewiesen werde. Es wäre ja freilih das Angenehmste, das Holz brauchte womöglih gar nicht abgefahren zu werden, sondern stände gleich an der Stelle, wo es verbrauht werden soll. Das erinnert mich daran, daß ih einst im Reichstage. eine Anzahl von Petitionen hatte, die darauf hinausgingen, ih sollte dafür sorgen, daß die Postverwaltung auch die Briefe schriebe, das wäre einfacher. So ist es auch hier. Die Verpflichtung der Forsts verwaltung erkenne ih gewiß an, daß fie niht, wenn ih so sagen foll, die Bevölkerung chikanös behandeln darf. Wir sind der Bevölkerung wegen da, und nicht die Bevölkerung unseretwegen. (Bravo !)) Ih bin alfo gern bereit, erforderlihenfalls die Herren Oberförster immer wiedex darauf hinzuweisen, daß sie bemüht sein müssen, nah Möglichkeit den Wünschen der Interessenten zu entsprechen, aber ganz werde ih die Unzufriedenheit Einzelner in solchen Dingen nicht aus der Welt \chaffen können. Auch dazu werden Sie mich immer bereit finden, den

Bewohnern des Waldes den direkten Bezug ihres Holzbedarfs

‘von den Händlern

nach Möglichkeit zu erleichtern und sie nicht in Abhängigkeit geraten zu lassen. Ermäßigte Preise fann ih diesen Selbstverbrauhern aber nicht zugestehen. Jch hake die Verpflihtung dem Staate gegenüber, das Holz, welches zum Einschlag kommt, bestmöglih zu verwenden und darf weder dem einen noch dem anderen eine direkte oder indirekte Zuwendung machen. Dazu bin ih nicht berechtigt, ja ih glaube, es würde einen großen Sturm erregen, wenn mir hier mit Recht vorgehalten werden könnte, ih mäße mit ungleihem Maß. Damit würde auch die Stellung des Oberförsters sofort untergraben sein, wenn er den einen vor dem andern bevorzugen wollte. Wir müssen allen gleichßes Reht gewähren und das geshlagene Holz zu bestmögliher Verwendung bringen.

Nun i} der Herr Abg. Dahlem auf die Frage der Gemeinde- oberförster resp. die Besoldungsfrage gekommen. Auch auf diesem Gebiete sind die Ansihten sehr verschieden. Zunächst möchte ih mih auf den Abg. von Pappenheim berufen, der neulich

in der Budgeikommission warm für die Erfolge eintrat, die die |

preußishe Forstverwaltung hinsihtlich der Erhaltung des Gemeinde- waldes erzielt hat, und ausführte, daß alles in allem die Gemeinden mit diesem Erfolge sehr zufrieden sein könnten. (Sehr richtig!) Es kommen aber in jeder Gemeinde einmal besondere Anläfse Schul- bauten, Kirchenreparaturen und dergl. vor, bei denen aus der Ge- meinde heraus darauf hingewiesen wird: wir haben ja Wald, wir wollen mehr hauen. Das ist der Streit, der immer wieder beginnt, meine Herren: Die Forstverwaltung sagt: Eure Bedürfnisse müßt ihr anderweit decken; die Gemeinde sagt: da draußen stehen so viele Bäume, wir wollen hingehen und sie einschlagen. Und da, meine Herren, bitte ich Sie, unterstüßen Sie die Forstverwaltung im Interesse des Ganzen, daß wir den Einschlag im Gemeindewald in zulässigen Grenzen halten und aus dem einmal für gut befundenen Rahmen nit herausgedrängt werden, um sfsolhe finguläre wenn ih sie so nennen darf Wünsche befriedigen zu müssen. Es ist ja sehr hübsch, wenn man nah Hause kommt und sagen kann, wir brauen nun keine größeren Umlagen in der Gemeinde in diesem Fahre; das verstehe ih vollständig. Aber der Wald darf darüber nicht zu Grunde gehen. Dagegen bin ich gern bereit, in bezug . auf die ganze Art des Betriebes nah Möglichkeit den Wünschen der Gemeinden entgegenzukommen. Nur darf man der Forstverwaltung niht zumuten, zu Gunsten kleiner Spezialwünsche aus dem Rahmen des vorgeschriebenen Betriebsplanes herauszutreten und damit die gedeihlihe Entwicklung des Gemeinde- waldes in Frage zu stellen.

Nach dieser Richtung hin möhte ih besonders dem Herra Vor- redner gegenüber hervorheben : glauben Sie mir, die Stellung der Ober, förster, die Gemeindewaldungen zu verwalten haben, if eine recht \chwierige. Sind sie niht nahgiebig, dann entstehen Differenzen. Sind sle zu nahgiebig, so werden sie von der Aufsichtsbehörde getadelt. Also sie müssen wirklichÞ sehr diplomatisch angelegte Leute sein, um mit Geschick diese vielen Klippen zu umschiffen. Jch möhte Herrn Dr. Dahlem bitten, dies nicht zu verkennen, vielmehr an- zuerkennen, daß diese Herren immer das große Ganze im Auge halten müssen und damit am besten auch den Interessen der einzelnen Ge- meinde dienen werden. Jm allgemeinen {äße ih die Vorzüge dieses Beaufsichtigungssystems für die Gemeindewaldungen so, daß es mir

erwünscht sein würde, auch in der Rheinprovinz die Verwaltung der.

Gemeindeforsten verstaatlihen zu können. Ich bin aber im Zweifel, ob die berufenen Provinzialorgane sich hiermit einverstanden erklären werden.

Weiter hat ja nun Herr Dr. Dahlem auch den Wunsch geäußert, daß die Gehaltsfrage der Gemeindeförster anders gestaltet werden möge als bisher. Das ist ein Wunsch, der vielfa hervortritt. Aber, meine Herren, Sie wollen die erwachsenden Kosten möglichst auf breitere Schultern abwälzen! Ein Drittel foll der Staat, ein Drittel die Provinz, ein Drittel auch nur die Gemeinde tragen! Wenn man eine solhe Teilung mate, so würden der Staat und die Provinz wohl kommen und auch an dem Reingewinn teilnehmen wollen!

Nun gibt es ja viele Gemeinden, denen der Waldbesiß heute noch nit eine große Rente bringt. Es gibt aber au Gemeinden, die aus ihrem Waldbesig sehr hohe Einnahmen haben, und die würden sich doh höchlihst bedanken, wenn Staat und Provinz {ih an dem Rein- ertrage au beteiligen wollten. Es handelt \sich doch um ein Ver- mögengobjekt der Gemeinden, und die Kosten, die heute {hon der Staat für seine beaufsihtigende Tätigkeit erhebt, sind wesentli ge- ringer als die, die dem Staate daraus erwachsen. Die Gemeinden zIhlen dem Staate eine Vergütung von ungefähr §0 -4Z für das Hektar. Das isi so wenig, daß man wirklih sagen kann, genau ge- rechnet dur Pensionen usw. legt der Staat {hon Geld zu. Ich glaube deshalb, wir tun gut, an der Sache nit zu rütteln. Würde der Herr Abg. Dr. Dahlem in den Kommunallandtag seiner engeren Heimat, nah Wiesbaden kommen und dort proponieren, das Drittel der Mehrkosten, die aus der Besserstellung der Gemeinde-

förster entstehen würden, zu zahlen, ih glaube, da würde er {on -

Widerstand finden. Also ih würde erst einmal den Versuch empfehlen, ob. Sie jenes Drittel zu Hause bekommen; wenn es da ist, könnte man si ja überlegen, ob man' noh weiter geht, vielleiht noch einen größeren Zwekoerband heranzieht. Aber ih fürhte, der Plan wird hon am Widerstande der engeren Heimat scheitern; ih glaube, es wird sich dort niemand finden, der das Drittel der Kosten über- nehmen wird. /

Im allgemeinen glaube ih, daß eine bessere Durchführung der objektiven Staatsverwaltung für die Forsten gerade diesen Gemeinde- holzungen zum Segen gereihen würde. Die Erfahrungen, die be- sonders auch im Osten des preußishen Vaterlandes gemacht worden sind, wo eine eingehende staatlihe Aufsicht gefehlt hat, sind vielfach sehr trauriger Art. Der Wald is da oft niedergeshlagen, und die

öde gewordenen Flächen liegen produktionslos an der Sonne.*

Ich glaube, daß nach dieser Richtung hin gerade die unter einer zweck- mäßigeren Gesetzgebung in Hannover, Cassel und Nassau entstandenen besseren Verhältnisse dazu anregen sollten, auf diesem Gebiete nicht Rückschritte, sondern Fortschritte zu machen, das heißt im ganzen Staate eine möglichs wirksame Aufsicht über die Gemeindeforsten durchzuführen, damit diese Waldungen sowohl im allgemeinen Landes- kulturinteresse als auch in demjenigen der besigenden Gemeinden er- halten werden. (Bravo!) i

Abg. Lüders (frkons.): Wenn die Einnahmen aus den Holz- nußungen gewachsen sind, so müssen wir unseren Forstbeamten

nerkennung zollen, die wesentlich zu der Besserung der Nußungen beigetragen haben. Unsere Wälder befinden sich in ausgezeichneter

pege. Aber der Minister hat selb vor einigen Tagen darauf ingewiesen, wie notwendig noch eine Verbesserung unseres Wegebaues ist. Wie verhält ih aber in dieser Beziehung der Staat zu den emeinden? Eine Gemeinde in meinem Wahlkreis (Alfeld-Gronau) wollte zur Herstellung eines Weges die Steine von dem Staate erhalten, aber fie wurden ihr von der Regierung in Hildesheim ver- weigert. Von industriellen Etablissements, Zuckerfabriken, Ziegeleien usw. erhalten die Gemeinden stets Beihilfen beim Wegebau. Der Staat fährt mit seinen Holzfuhren die Gemeindewege kaput und sollte deshalb den Gemeinden gegenüber Billigkeit walten lassen. Ebenso bestehen lebhafte Klagen in meinem Wahlkreise über den aus den Staatswaldungen verursahten Wildschaden. f

Oberlandforstmeister Wesener: Der Vorredner hat mih yon diesen Beschwerden nit in Kenntnis gesebt, ih kann ihm daher keine bestimmte Antwort erteilen, bin aber bereit, zu prüfen, aus welchen Gründen die Regierung in Hildesheim die Lieferung des Stein- materials verweigert hat. Die Wildschadenersaßfrage regelt \sich nach den geseßlihen Bestimmungen, ich" bin: aber bereit, auch hier- E E weitere. Erörterung mit der Regierung in Hildesheim einzutreten. h :

Abg. Dr. v on Woyna (frkons.): Der Abg. Jänecke hat gestern die Meliorierung der Hochmoore in der Proviz Hannover angeregt, aber der Minister hat bereits die tehnischen Schwierigkeiten hervor- gehoben. Dazu kommen ganz eigenartige Besißverhältnisse. Ein großer Teil der Hochmoore ist bereits aufgeteilt, und es ist sehr \chwer, gemeinsame Anlagen für Entwässerung zu mahen. Ein anderer Teil des Stüdes ist in fiskalishem Besiß, und da haben die von der Forstverwaltung abgeschlossenen Pachtverträge einen großen Mangel, da sie unterlassen haben, die Meliorierung sicher & stellen. Die Unterlassung räht sih nun {chwer. Der fiskalische ess liegt in shledhtem Zustande da. Es muß mit diesem System gebrochen werden. Im Regierungsbezirk Aurich hat die Domänenverwaltung die Verwaltung der fiskalishen Moore, und diese hat das Markard- moor zu besonderen Versuchen der Generalkommission überwiesen, in

* den übrigen Teilen der Provinz übt dagegen die Forstverwaltung die

Oberherrschaft aus, und diese steht der Melioration, ih will nit sagen stiefmütterlih, aber interesselos gegenüber. Deshalb sollten auch in den übrigen Regierungsbezirken der Provinz Hannover die Moore der Domänenverwaltung unterstellt werden. Diese hat ihre Beamten über die ganze Provinz verstreut und hat ferner ihre Domänenpächter als die geeignetsten Sachverständigen für Mesliorationsfragen zur Verfügung. Ein Wandel is nur zu er- hoffen, wenn in der Reorganisatlól diese Aenderung eintiitt. Auch ih habe über Wildschaden eine Klage zu äußern. Jm preußischen Teil der Grafschaft Schaumburg an der Grenze von Hannover liegt

die Oberförsterei Haste, die den hannovershen Gemeinden Wildschaden

verursaht. Troy aller persönlihen Vorkehrungen ist diese Landes- kfalamität für die hannoversche Seite niht abzustellen. Die hannover- {hen Gemeinden sind in s{hlimmer Lage, weil das Land, auf dem der Wildschaden gemacht wird, ihnen von hessisher Seite überwiesen ist, also politis zu Hessen gehört. Sie können also keinen Einfluß aus- üben, weil die Abshäßung des Schadens dur hessische Kommunal- behörden erfolgt. Alle Gesuhe um Eingatterung sind vergebens ge- wesen. Aus eigener Anschauung weiß ih, daß in dem Nachbargebiet

des Fürsten Schaumburg-Lippe die E epsiege geübt wird, ohne daß

die hannovershen Gemeinden zu haden kommen, und diesen Ge- meinden liegt übrigens nicht so sehr an dem Schadenersaß, als viel- mehr daran, daß sie ernten können, “was sie gesät haben.

Minister für Landwirtschaft 2c. von Podbielski:

Meine Herren! Die Verhältnisse der Oberförsterei Haste sind mir sehr genau bekannt. Sie haben \sich dort ganz eigentümlich ent- wickelt. Die hannovershe Gemeinde Kohlfeld nämlich, die, wie ih glaube, in erster Linie hier in Betracht kommt, hatte ehemals in den hessishen Forsten ein Aufhütungsrecht und bekam für dieses- Recht bei der Auseinandersezung eine Landabfindung aus der Oberförsterei Haste. Nun entstand folgende Schwierigkeit. Nach hessishem also provinziellem Recht wird das Jagdpachtgeld von den Gemeinde- jagdbezirken zur Gemeindekasse abgeführt und niht an die einzelnen Grundbesißer verteilt. Die Abfindungéflähe der Kohlfelder gehört nur communaliter zur hessishen Gemeinde Haste, und diese hat natürlich ein vitales Interesse daran, jenes Jagd- pachtgeld zu behalten, während umgekehrt die Gemeinde Kohlfeld mißgestimmt darüber ist, daß die Jagdpachtgelder für ihre Ländereien nicht ihr, sondern der Gemeindekasse von Haste zu gute kommen. Es \{chweben zur Zeit Verhandlungen darüber, wie diesem zum mindesten nicht erfreulihen Zustand ein Ende zu mahen ist.

Im übrigen wird die Königliche Forstverwaltung dafür zu sorgen haben, daß namentli dem kleinen Besißer niht das Wild dort Schaden auf den Feldern anrihtet. Und wenn dies nicht verhindert werden kann, und nickt etwa aus Gründen, die auf einem anderen Gebiet liegen, es besonders wünschenswert erscheint, die Schwarzrehe in Deutschland zu konservieren, so werden wir sie eben totshießen müssen. Heute bekommt die Gemeinde freilich eine hohe Pacht für ihre Jagd, und andererseits halte ih es für ein Unding, Rehwild auf so kleinen Flächen einzugattern, namentlich in Haste, wo es ohnehin {hon sehr degeneciert ist. Der Gedanke, die Nehe einfach abzuschießen, liegt also sehr nahe. Dann kann \sich wenigstens keiner mehr beshweren. Aber freilich, ich betone das nohmals, die Gemeinden, die die Jagd jet noch verpachtet haben und später keine Rehe mehr haben werden, werden dann auch nicht mehr die bisherige Jagdpacht bekommen. Dann wird ‘die Stimmung um- schlagen, wie wir das ja häufig erleben ih kann in dieser Beziehung den Regierungsbezirk Erfurt erwähnen —; es kommen dann erhebliche Beschwerden darüber, daß die Leute keine Pachtgelder mehr bekommen. Ich glaube, Herr von Erffa wird mir das aus seiner Gegend be- stätigen können. Also ih bin bereit, die Beshwerden abzustellen ; aber gattern, nein, dann lieber totshießen und dann müssen ih die Herren damit abfinden, daß es dort keine Rehe mehr gibt. (Zurufe und Heiterkeit.) Jch stehe auf einem anderen Standpunkt. Wenn etwa in unseren kulturell hoch entwickelten Gegenden die Bewohner glauben, die Erhaltung eines Wildstandes sei für sie niht mehr günstig, dann wollen wir lieber radikal ein Ende damit machen. Aber im Grunde genommen, haben sich die s{hwierigen Ver- hältnisse bei Haste aus dem Auseinandersezungsverfahren ergeben ; das ist der Urgrund aller Beshwerden. Jh will gern nochmalz in eine Prüfung der Frage eintreten; aber ih glaube, wir werden wohl zu dem Schluß kommen: nicht gattern, sondern totshießen! Und die Gemeinden müssen si klar darüber werden, daß ih ihre Jagdpacht- erträge, die sie zur Zeit haben, stark vermindern werden.

bg. Dr. Lotichius (nl.) tritt für die Aufbesserung der Ge- bälter Tee at i io Beet G A! ei 5

g. Dr. Dahlem ( erra will nach der Erklärung des Ministers auf die Frage der Bald! ges von photographischen Auf- nahmen des Niederwalddenkmals im

Abg. Hammer (kons.): Jch erhielt en eine Eingabe aus Stegliß bei Berlin und hatte niht mehr Gelegenheit, mihch mit dem Herrn Referenten im Ministerium vorher ‘darüber zu verstän- digen. Diese Eingabe beschäftigt sh mit der Erhaltung des Grune- walds für unsere Jugend. Unsere Vororte bei Berlin sind derartig

bebaut, daß die dortige Jugend Kae so eingekastelt ist, wie in Berlin selbs. Nun haben ororte wie Stegliß, Zehlen-

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dorf 2c. Versuche gemacht, irgend ein Terrain dcs Grunewalds zw pachten, um dort Spielpläße anzulegen ; denn wir alle sind uns klar, daß die S eine Jugend heranzieht, die den An- Een der Wehrhaftigkeit unseres Volkes nicht mehr genügt.

elbst wenn die Bevölkerung der Großstädte noch als Rekruten herangezogen werden kann, fo hält sie nachher im Regiment und in der Schwadron die Anstrengungen des Dienstes nicht aus. Stegli will nun ein Terrain von 3 ha tes Grunewalds pachten. Na dem Entwurf des Vertrages mit der Forstverwaltung soll Stegliß für 10 Jahre gebunden sein, der Fiskus behält sich aber jederzeit Kündigung vor. Der Fiskus verlangt für den Hektar jährlich 1000 Pacht; das entsprähe einem Vermögen von 100 000 Æ bei 3 ha, Die Gemeinde muß daher auf das Terrain verzichten, und es herrscht darüber große Erbitterung in Stegliz. Der Fiskus stellt noch mehrere Bedingungen, darunter z. B. auch die, daß im Falle der Kündigung von seiner Seite alle Gebäude, die die Gemeinde im Interesse der geplanten Spielpläge 2c. zu errihten gedenkt, ohne Ent- schädigung in vier Wochen abgerissen werden müssen. Im Hinblick auf die Erhaltung der Wehrkraft unserer Jugend möchte ih hiermit den Herrn Minister fragen, ob der Gemeinde niht do billigere Be« dingungen gestellt werden können.

Minister für Landwirtschaft 2c. von Podbielski:

Meine Herren! Gewiß verkenne ich die Berechtigung der Be- strebungen niht, Spielpläße bezw. Eenesungsheime im Walde zu errihten, weil das zweifellcs z¿u- einer gesünderen und besseren Erziehung der städtishen Jugend führt. Aber ih möchte den Lerrn Vorredner bitten, meinen Ausführungen über den Wert des Grund Bodens zu folgen und dann zu urteilen, ob niht auf meiner Seite ein großes Entgegenkommen vorliegt, wenn ih Waldgelände gegen einen so mäßigen Pachtzins für derartige Zwecke zur Verfügung stelle. Ich will den Quadratmeter bei Stegliy nur mit 20 X berechnen: das ergibt für den Hektar, der 10000 qm hat, einen Wert von 2009 000 A und demgemäß für den 3 ha umfassenden Stegliger Sp!elplay = 600 090 A Was verlange ih nun an Pacht ? 3000 4! Das ift ein halbes Prozent! Das ist doch wirklich sehr wenig; ih hâtte eigentlich fürhten müssen, daß ih angegriffen werden würde, weil ich den Grund und Boden zu billig hergebe. (Heiterkeit.) An anderen Stellen bekomme ih ohne jede Schwierigkeit für den Quadratmeter 30 bis 50 &, also 3 bis 5 mal so viel. Es handelt sich hierbei dann allerdings nicht um gemeinnüßige, sondern um ge- werblihe Unternehmungen, z¿. B. um größere Gastwirtschaften, die am Wasser liegen. Der Pachtpreis von 10 4 für den Quadratmeter, den ih der Gemeinde Stegliß gestellt habe, ist also, wie ih eben {hon sagte, ein äußerst geringer.

Ich möchte bei Erörterung dieser Frage noch auf etwas anderes zurücktfommen. Wie Sie wissen, bin ich wegen der sogenannten Ent- waldung der Umgebung von Berlin vielfah angegriffen worden. Ich habe shon öfter darauf hingewiesen, wie notwendig es is, unsere meist armen Vorortsgemeinden in der weiteren Umgebung Berlins zu leistungsfähigen Gemeinwesen heranzubilden, und wie gerade die Forst- verwaltung bestrebt gewesen ist, in diesem Sinne zu wirken, und wie dieselbe diesen Gemeinden nicht nur durch. Zuwendung von Grund- stücken für öffentlihe Zwecke, z. B. für Schul- und Kirchen- bauten, für Wasserwerke, Kirhhöfe u. a. m. geholfen, fondern ihnen sogar das zu ihrer gedeihlihen örtlißen Entwickelung unbedingt nöôtige Forstgelände überhaupt erst hat zur Ver- fügung stellen müssen. Jn den Zeitungen habe ih freilih ge- lesen : endli hat der Druck auf den Minister dahin gewirkt, daß die Gemeinden etwas Forstland bekommen. WMtèeine Herren, ih bin gern bereit, meine Akten vorzulegen; aus diesen wird sch ergeben, daß meine Verwaltung es. gewesen ist, die an die Gemeinden heran- getreten ift .und ihnen die Möglichkeit geboten hat, ihren häufig un- leidlih eng eingeschnürten Naum zu erweitern. Wenn ih au nit anerkennen kann, daß Groß-Berlin oder die Stadt Berlin ein Anrecht auf den Grunewald hat, so gebe ih do zu, daß große Flächen des Grunewalds der Allgemeinheit erhalten werden müssen. Jh kann darauf hinweisen, daß das Terrain südlih der sogenannten Döberiger Heerstraße, dieser großen Straße, die durch den Grunewald bis an die Havel geführt werden soll, auf Allerhöchsten Wunsch als großes, jedermann zugänglihes Waldterrain erhalten bleiben soll. Das ift der leitende Gesichtspunkt, und ih glaube, er wird die Billigung des hohen Hauses erfahren.

Anträge auf Verpachtung von Land im Grunewald sind in sehr großes Zahl an mich herangetreten, ih habe mich stets bereit erklärt- hierbei den Gemeinden entgegenzukommen und ihnen zu helfen? während ih eine sehr große Zahl anderer Anträge, die von gewerb- lihen Unternehmern gestellt wurden es handelte sich hierbei unter anderen um Gastwirte, Karussellbesißer, Schaubudenbesiger u, a. m. —- einfa abgelchnt habe. Jh möchte nohmals betonen, daß die Be- rechnung eines halben Prozentes und die Festlegung auf 10 Jahre der Gemeinde Stegliß gegenüber ein außerordentlihes Entgegen- kommen bedeutet.

Abg. Hammer (kons): Die Ausführungen des Ministers wären ganz zutreffend, wenn es fih um Bauterrain handelte, aber der Besitz des Terrains geht gar nicht an die Gemeinden über. Ja, wenn das Terrain als Villenterrain aufgeshlossen werden sollte, da ja Steglitz jeßt eine elektrishe Bahn in der Nihtung des Grunewalds plant jo würde ih diese Preis\tellung seitens des Fiskus verstehen. Ich will nur noch erwähnen, daß wir beim Regiment keinen Einjährigen hatten, der es mit uns auf dem Marsche aufnehmen konnte.

Abg. von Dirksen (freikons.) wünsht Erleichterungen in der Lieferung von Streu an die kleinen Leute.

Bei der Einnahme der forstlihen Lehranstalten

referiert | Berichterstatter von Brandenstein, daß insofern eine Aenderung beabsichtigt sei, als in Zukunft bei der Prüfung der Forst, referendare Gebühren für die bei den Prüfungen entstehenden Kosten erhoben werden sollen. A Die Einnahmen werden bewilligt.

Bei den dauernden Ausgaben, und zwar bei den

Besoldungen der Oberförster weist A Abg. Freiherr von Wolff -Metternich(Zentr.) darauf hin, daß in Rheinland und Westfalen beabsichtigt sei, Gemeinde-Oberförsterstellen in staatlihe Oberförsterstellen umzuwandeln, und bemerkt, daß die - Gemeinden daraus eine Erhöhung ihrer Lasten befürhteten. Die Ober- förster selbt befürhteten dann Verseßungen von ihren Stellen. Jeßt bestehe in Rheinland und Westfalen die Gewohnheit, daß die Ge- meinde-Oberförster dauernd auf derselben Stelle verbleiben und mit ihren Bezirken verwahsen. Der Redner tadelt ferner, daß noh keine Entlastung der Oberförster von Schreiberejen erkennbar set. Berichterstatter Abg. von Branden stein referiert, daß 122 neue Oberförsterstellen ohne Revier geschaffen worden seien, um die Forstassessoren, die aht Jahre im Dienst seien, zu Oberförstern zu ernennen. j

Abg. Kaute (Zentr.) bemerkt, daß diese Einrichtung nit den im vorigen Jahre vom Hause geäußerten Wünschen genüge und nur als eine halbe Konzession anzusehen sei. Es bleibe noch immer der Unter-

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