eire Behörde lähmend wirken würde (sehr rihtig), daß wir nur eine Organisation brauchen können, die eine Vereinigung derjenigen Vereine bildet, welde \ih der Volkswohlfahrt widmen. Die Leitung der Zentralstelle für Volkswohlfahrt — das würde ihr Name sein — soll durch einen Vorstand erfolgen, der bestehen soll aus 14 ron der Mit- gliederversammlung zu wählenden Personen, aus je drei Kommifsaren der Reichs- und der preußishen Regierung und dem Geschäftsführer. Sh glaube, hierzu keine weiteren Autführungen zu maten zu brauchen.
Dann kommt der fogenannte Beirat, der auch den Hauvptinhalt des Antrags Douglas bildete. Er ift gedacht worden bestehend aus 48 Mitgliedern, von denen 30 vom Vorftand gewählt, je 9 von Preußen und vom Reiche ernannt werden sollen. Ich erkläre, daß ch im vorigen Jahre gerade gegen die Schaffung eines solchen Bei- rats Zweifel beate; aber ih babe mi überzeugt, daß die Art, wie Herr Graf Douglas fih das Wirken einer Zentralstelle, wenn ih sie in seinem Sinne so nennen darf, denkt, nicht wohl erreiht werden kann obne einen solhen Beirat. Ih glaube deshalb, daß auch nah dieser Richtung bin den Wünschen des Herrn Abg. Douglas voll Rechnung getragen worden ift.
Nux will der heutige Antrag von Zedliß-Douglas, daß die Staatsregierung, die im übrigen zu diefen Vorshlägen ihrer Kommissare noch feine endgültige Stellung genommen hat, sondern abwarten will, wel(hes die Ansichten dieses hohen Hauses find, diesen Ausbau der Zentralstelle nit durchführen soll, bevor niht in einer freien Kommission von Sachverständigen seine Durchführbarkeit noch einmal erörtert und besprohen worden ift. Mein Gedanke bei der Sache war: Probieren geht über Studieren. Wenn wir noch einmal eine große Kommission von Männern einberufen, welche in den ver- iedenen Zweigen der Woblfahrtëpflege tätig find, so befürchte i, daß in dieser Versammlung aufßerordentlich divergierende Ansichten ih geltend machen werden. (Sebr richtig!) Mein Gedanke war selbstverständlih nur, mit diesem Auebau der Zentralstelle zunähst einen Versu zu macher: wte die Sahe marschiert, weiß keiner von uns. Aber ih glaube, daß der Versu, wenn er in die Praris übersegt w [bft Gelegenheit geben wird, in der Zukunft die- jenizen Abänderungen, diejenigen Umformungen vorzunehmen, welche die Prarië als notwendig erweisen wird. Namenilih wird das ge- s&ehen fönnen, wenn der Beirat, von dem ih gesprochen babe, in Funktion tritt. Dieser Beirat ist ja eigentlich die Versammlung ‘der Sathverständigen, die in dem heutigen Antrag Douglas-Zedliß genannt worden ist. Wenn es Ihnen aber erwünsht erscheint, daf, bevor an den Ausbau der Zentralstelle in dem mir Æizzierten Sinne herangetreten wird, no einmal über die Sa beraten wird, so kTôönnle die Regierung, da dieser Antrag für fie lediglih besagt: „überlege dir ncch einmal, in welhem Sinne du es machen willst*, darauf eingehen; aber eine ge» wiffs2 Verzögerung — das darf ih niht vershweigen — wird dadur unbedingt eintreten. wenn fie zu einem wirflihen Ergebnis führen soll, muß sorgfältig vorbereitet werden, und es múüfsen die Grgebnifse der Konferenz auŸh gründlich durgearbeitet werden. Würde das bobe Haus \sih dagegen damit einverstanden erklären, daß wir sogleih an den Ausbau der Zentralstelle herantreten, îo würde fi, glaube i, eine \chnellere Verwirklichung des Antrages Douglas erreichen lafsen.
Ich glaube oder, wenn ih einshränken darf, ih hoffe, daß die ausgebaute Zentralstelle ser gut wirken wird und daß fie alles das in Zukurft verwirklihen wird, was den edlen und idealen Motiven des Antrages Douglas ¡u Grunde liegt. (Bravo!)
Abg. Graf Douglas Ih danke
nor I
(freifonf.) :
dem He
Minifter für das ausgesprochene Woblweollen gegenüber unserem E i chDOLLIT L „ DIRIE
trage. Ih kann mich aber niht seiner Ansibt anschließen,
Probieren über Studizren gehe, man foll erft raten und dann taten : denn wenn wir erst einmal auf einen falsch:n Strang gekommen fir wenn wir uné, wie vorges{lagen, mit d:-m Reih resp. mit ¡hiedezen Bundeëstaaten auf einer gewissen Basis geeinigt baben, darn wird es shwer sein, wieder auf den rechten Weg zurüdck- ¡ukfommen. Daß ih von einem Woblfabrt2amte adsehe. habe ih in einer Denkschrift eingebend dargelegt, die ih
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babe. Daf €s Stimmungen Gerade den unser Wahlgeseß daz wir find, mii Im Lande sein, man wir beiten „ die energish in die Hand. Aba Dr. Fat “5 ur r f 5 Ministers baben úber eine Reiße von Tendenzen der Staatsregierung ein neues Licht verbreit:t. Wenn der Minifier glautt, daß in der na dem Antrag Zedliß ju berufznden Kommission zu viz-l dirergiererde Ansichten hervortreten würden, fo halte ih es für keinen Febler, wenn das der Fall sein würde. Was die Arsührungen des Ministers uber die Au?geftaltung der Zentralfielle angeht, so [ ih es für rihtig, ia den Beic den SHwecrunkt Wir bedürfen nah Art des Landeëökonomize-Koll-giums de wirtschaft cincs Koll-giams vonx praftishen Männern, weldhe ganze Gebiet der Volkéwcblfahrisfrage, nämlih der Wohlfahr pilece, der Wcohltätigkeit und des giebig bebantels, und ¡war axs der Praxi grönen Tisch aus. Der Kardinalfehler, we|
Se “ „S it Statut noch vorhanden ift, berußt ia der T an)
dadurh vollkommen Bestrebungen gegenüber, die z. Z. find, baben wir
Bolkéëvertreter urd fteis
die Volk3wokblfahrt eizzat
ie der Staatsregierung ftets danfba egrüßen, wenn es becffentliih f egierung nimwt die Wohlf fleg Ich bitte um Annabme unseres Antrages.
handele, habe i vizlern
inszentert beten Energie
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führers. können. Gs ift nôtig, daß diz £ weitere koordinierte Abreiluogen haft. Jch fte uréaze auf dem Boden der heutigen sozialen Gesztgebur i j
niht vershließen, daß die Interefien dzr ch
bâltnis zu denen der [ländlichen Bevölkerung ein gr
rung findeo. Dadurh wird die Landflucht und der Zag in
Städte bedenklih gefördert.
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Aach diefer Grsheinung kann vielle dur ti2 Fêrderung der Wohlfahrttpflege gzftzuert werden. Jch 2 die Grörterang aller diefer Fragen in einer bzsonderen Fahfommission für angebradtzr als eine Behandlung in der Budgetkommissios.
Abz. Dr. Hitze (Zentr.) glaubt, daß sich die soeben geäußerten Bedenkeza auch in der Budgetkommisfion zzrftreuean ließen.
D wird der A Zedliß der Budzeikommisfion übermiesen. Die Diskusfion
wendet fich nunmehr zu den Ausgaben
Referent Abg. v ppenbeim berichtet über die Verhand- lungen ter Rommission,* intbe Tre über die Vorschläze betreffs einer gitiliben Regelung tes Feuzrléshwesers Hiasihilih der Beitcags- vit ter Fzzerlöidsczirtätea, betr:ffS des Disjiipliaarverfahrent gegen Unterbeamite. s&bärferer Bestimmungen gegen das Zigeunerunweseca fce- wie dez Automobilsvort m brtreffs der Gingemeiadung der Vororte voz Berlias (Sro#-Berliz).
-
|. der nächsten Session, der vierten in | müßte die Reform endlich gemacht werden;
Eine folhe Konferenz von Satversiändigen, -
| vorzugehen.
an diz Mitalieder des ! L TRES E Lon Cine Salli | Staat8miristeriums und an die Vitglieder des Landtags verschickt | unglüdefälle; in diesem Jahre feolt dizje Statistik leider. sich bei ursferen Bestrebungen nur um \{chwankende ! widerlegt. | r, e di : g ; s
legt ¡ follte, daß die Automoktile am wenigsten die Menschenleben ge- | Eisenbabnen
S E . i kürzere Striche ufw.
i Stredckenkilom é | welhe Fahrzeuge am schle#ßtesten wegtkommen.
Haftpflicht für Shaden an Personen und Saten geregelt werden. 2 nder (Zentr.): Die Ausführungen des Herrn | Îmn vorigen Jahre stellie der Regiecungskommissar Verhantlungen | Auesicht, _wwii | Man muß do endlih einmal feftstellen, wer eigentlih für den | angzrihteten Schaden verantwortlih ift, der Automobilfahrer oder | der Besizer des Automobils. l Da ¡j L
* | gemaht wixd:
“_{ den Schaden tragen. { die Nummern
j wird
| Infafica zur Verantwortung zu ziehen.
Abg. Broemel (fr. Vgg.): In der Thronrede ift über die Teilung großer Wahlbezirke und Aenderung des Wahlverfahrens eine Vorloge in Aussicht gestellt worden. Diese Vorlage gehört in dieses Ressort, und darum muß sie hier erörtert werden. Au der Ver- treter des Zentrums, Abg. Herold, hat die bestehenden Wablzustände für unhaltbar und eine Reform des Wablrehts für notwendig erklärt. Von einer solchen Wahlreform scheint allerdings in der Thronrede niht die Rede zu sein. Es sollen nur einige kleine Mißstände be- seitigt werden, auf die früher hingewiesen wurde. Die Vorlage will das bestetende Wablreht unverändert beibehalten, sie fteht also im s{ärfsien Widerspruch mit dem Wunsche des Abg. Herold. Es ist deshalb an der Zeit, daß wir diese Waklreform in die
d netmen. Die sozaldemokratishe Bewegung auf diesem Gebiete ist im hôhsten Grade geeignet, die Aussichten ciner wirk- lien Reform zu verringern. Ich sprehe nit von den sozial- demoktratischen Versammlungen, diese find ein gutes Necht jedes Staats- bürgers, aber von der Form, in welher die Sache behandelt wurde. Von seiten der Sozialdemokratie ist nun eine Petition an den Land- tag eingegangen, die der „Vorwärts“ veröffentliht. Aber au diese Petition wird keinen Weg eröffnen. Ich fürchte, daß die Petitionskommission geneigt sein fönnte, fie für ungeeignet zur Er- örterung im Plenum anzu}ehen. Eine solche Forderung ist jedenfalls ungeeignet für irgend eine ernste Behandlung der Reform. Der ver- storbtene Professor Georg Meyer- Heidelberg, dessen spmpathishe Persön- lihkeit noch aus dem Reichêtag bekannt ist, war über den Verdacht, ein Radikaler zu sein, erhaben, er war nationalliberal, aber er be- hauptet, daß die preußishe Wakblrehtéverteilung niht eine Ver- teilung nah Stenerklafsen sci, sondern eine vollendete Systemlesig- keit. Und Bi8marck sagte mit Relt, daß es kein widerfinnigeres, elenderes Wakblrecht als das in Preußen testehende geb2. Dagegen ist selbst das vor zehn Jahren gemachte sähsishe Wahlrecht ein Muster an Klarheit und Gerechtigkeit. Das preußishe Wahlreht steht also unter allen WablreWten der dzutshen Staaten auf der tiefsten Stufe. Wir haben in Preußen Wähler, die über zweihunderttaufend Mark Steuern zablen, und doch nur in der zweiten Klafse wählen. Ander- seits fann ein Wähler mit ganz geringer Steuerzahlung ein bundert- mal ftärkeres Wahlrecht haben. Es wird eingewendet, daß für die Einteilung die Bevölkerung8zabl nicht maßgebend sein dürfe, aber in Bayern ift es gerade das Zentrum, welches bei der Wahlreht2- reform einz Einteilung nah der Bevölkerungszabl verlangt hat. In Württemberg soll jet neben der Ständekammer eine reine Volks- vertretung auf Grund des Reichstagswaklreckchts gebildet werden. Der bayerischen Reform liecat ebenfalls im wesentlih:n das Reichs- tagêwablrecht zu Grunde; wenn auch verlangt wird, daß der Wähler mindestens ein Jahr lang eine Staatssteuer bezahlt haben muß, so liezt darin feine wesentliche Beeinträktigurg des Wakhl- reis. In Sachsen wird ebenfalls auf eine Reform gedrängt, und nur ín Preußen will man dabzi beharren, jede Reform abzulebnen. Ich richte einen Appell an die Parteien dieses Hauses, nicht länger die Hände in den Schoß zu legen. Vom Zenirum if nach den Erklärungen des Abg. Herold cin Widerspcuch nit zu er- warten. Die beiden freisinnigen Parteien find für die Reform. In dieser Legislaturperiode, das wäre auch der legte Termin. Denn in der übernähsten, der lezten Session dieser Legislaturperiode, könnten die G’gner die Sache fo verzögern, daß die Reform bis zu den neuen Wahlen niht mehr zu fiande käme. In Sachsen fiellt man die Regierung vor die Gntscheidung; wir wüßten uns an der sächsishen Kammer ein Beispiel nehmen. Wenn die Konservativen sich nicht beteiligen wollen, so solite dies für diz anderen Parteien kein Anlaß sein, die vorbereitenden Schritte für diz Reform zu unterlassen. Das Zentrum darf die Gefahren riht verkennen, welche für unfer politinhes und foziales Leben aus der Fortdauer des alten Wahlrehts entstehen müssen. Die politische Stellung, das pclitishe Ansehen Preußens im Reiche moß beeinträchtigt werden, wenn es binter den anderea deuishen Staaten zurüd- bleibt. Die „Germania“ nennt es eine politishe Rüdständigkeit, wenn die Regierung auf der Fortdauer des Wahlrechts be- fiehen will. Im Reichstage hat Abg. Mugdan gesagt, daß man alles tun müsse, wodur die Stellung der nihtsozial- demokratishen Arbeiter gegenüber der Sozialdemokratie gestärkt werde. Kein unbefangener Politiker könnte sagen, - daß man die Entwicklung der nihtsozialdemokratishen Arbeiterorganisationen fördert, wenn man das preußiite Wablreht aufrecht erhält. Die Aenderung des Wahl-
| rets ist eine fitilihe und soziale Notwendigkeit.
Abg. Strosser (kons.): Jh möchte wie im vorizen Jahre wieder die Aufmertsamkeit auf die Automobilfcage lenken. Ih habe den Eindrudck, als o% die Rezizrurg richts geaen die Auë2wüchse des Automobilitmus zu tun gedenkt. Jh betonte das Wort „Aus- wüchse*, denn es lizgt uns fern, gegen die Automobile an sich Daß aber die Au2wühse ncch s{chlimmer geworden läßt ih niht leugnza. Im vorigen Jahre übergzaÿ uns die Regierung in der Kommisfion eine Statistik der Automobil- In einer durch
bewzisen
Gn ï wg
über Unglüdsäsle enthalten, die
eine Statistik
Zeitung war 2 Darstellung
graphisher
Berliner Fahrzeuge in
em. hatten in bezug auf die Zahl dec Unglüdcksfälle die lange Siriche, die Droschken und andere Fahrzeuge
Mit einer scl@&en Statistik wird nichts 1üß vielmehr die Anzahl der jurüdckgelzgten zu Gruate gelegt werden, dann würdea wir sehen, Es muß endlich die
bewiesen ;:
mit dem Reichéamt des Innern und geseßgeberische Maßregeln in atec tis jz8t hatten wir noÿ nichts darüber gehört.
Meiner Ueberzeugung nah müßte die Schadenersatpfliht, wie bei der Eisenbahn, dabin geregelt werden, riht ter Fahrer, sondern der Eigentümzr verantæorilih wenn er nit n2achweisen fann, daß die verunzlüdte Person den Unglüdsfall selbst verihuldzt hat, so muß er eben Man hat s{hoa oft darüber geflagt; dzß man nit erfennen tann. Sh habe felbst wiederholt ge- szbhen, daß die Nummern so tief angebraht warea, daß sie bald durch Schmub uad dergleichen unfenotlih wurden. Außerdem müfsen auch Nummern on am Autcmobil angebracht werden, da man bâufig beim Heranfahren die Nummer ganz deutlich erkennen föônnea, was beim Vorbeifahren wegea des Staubes usw. niht mebr ter Fall ist. Wie cft liest man in den Zeitungen, dieser oder oder jener wurde durch ein Automobil {wer verwundet. das Automobil fuhr in s{hnellfter Gangart tavon; es war nicht möglich, die Nummer zu erkennen, be¡w. den Fahrer oder die : Ich habe mir aus den Zei- tungen eize tleine Zusammerstellung gemacht, nah welHer innechalb weaiger Monate ia 15 Fällen cie Automobile bezw. die Automobil- fahrer úbertauvi nit ermittelt wurden. Jh habe die Zusammen- ftellung hier und bin gera berzit, dizselbe zur Einficht zur Verfügung zu stellen. Schon im vorigen Jahre babe ih ausgeführt, daß die be- ¡¿glih des Fabreas erlafsen?n Polizeivorsriftzn im allzemeinen wenig zu wünschen übrig lassen, daß fie sogar teilweise gans vorzügli find. Die Vorschriften sind da, aber fie werden einfah nit b:folgt, und die Organe der öffentlihen SiBerheit tun au nit immer ganz ihre Pflicht Bexeits im vorigea Jahre wurde der Herc Minister ersucht, uns einmal eine Zusammenstellung darüber zugebzn zu lassen, wieviei Fälle von
Tizciftrafein wegzn des zu s{chnelen Fahrens vorg-fommen fsiad. Im vorigea Jahre konate ux6 der Minister cine solde Auafiteliong richt geben, er wollte fie aber veranlaffen. Jb möchte ihn jetzt frage wie viele Fälle denn în diejem Jahre vorgekommzn find. ir wollen vorbeugea, das können wir aber nur tvn, wenn die bestehenden Vorschriften ionegehalien werdem Daß die Erregung auch heute noh in weiten Kreisen unseres Volkes außerordertlih groß ift über die durch Automobile angeri#teten Schäden, das braude ih wohl nicht
zu beweisen. Ih habe Zeitungs[eitartikel gelesen, in denen unter der Ueberschrift „Mordwagen“ gegen den Automobilismus zu Felèe ge: zogen wurde. Jh babe mi im vorigen Jahre außerordentlich über di, Mèeabhaungen und Anregungen des Vorfißenden des Deutschen Automobj, ubs gefreut, daß die Mitglieder größere Rücksicht auf das ublikum nebmen follten. Ich habe aber in dieser Beziehung keine 2 efserung wahrnehmen fönnen. Das is aber auch gar kein Wunder Denn ih muß geftehen, daß die Strafen, die ausgesprochen find“g die Fahrer bezw. gegen die für den Unfall für verantwortli® É klärten, so außerordentlih gering, fo außerordentlich eindrucksles wesen sind, daß man einen Grfolg gar nit erwarten durfte. Ï will nur einen Fall anführen, den ih der Freien Deutschen Preffe vom 26. August entnehme. Ein Motorwagen fuhr cuf der Chaussee binter cinem Radfahrer her, und als dieser dem Automobil nit Plaß machen wollte, versegte der Führer des Automobils dem Rad, fahrer einen wuhtigen Schlag mit einem Stock auf den Kopf ; der feste Hut des Radfahrers wurde zers{lagen, und der Radler stürzte vom Rade. Vor dem Schöffengeriht wurde der Angeklagte frei, gesprochen, weil er angab, daß er den Radfahrer nur aufforterz wollte, beiseite zu fahren; es [egie dann der Amisanwalt Beruf ein und b:antragte 100 Æ# Geldstrafe, der Gerichtshof erkannte \hließlich auf 150 # Seldstrafe. Das isi nach meine Ueberzeugung gar keine Bestrafang für eine solche bodenlose Robeit Wir haben doch in unserem Strafgesezbu einen Paragrapben, rah welchem Körperverleßung mit gefährlihem Werkzeug mit einer Strafe von nicht unter drei Monaten Gefängnis geahndet wird. Da mödte ih nun aber doch fragen: ift denn ein Automobil fein gefährlides Werkzeug? — Hinsichtlich der Wahlreform habe ich im Nama meiner politishen Freunde zu erklären, daß wir es durchaus ablehren múüfsen, heute son auf diese Frage näber cinzugehen, denn die Köniz, lie Staatsregierung hat ja ausdrüdcklih eine dahin gehende Vorlage diesem hohen Hause in Ausficht gestellt; sobald diese kommt, werden wir in diesem hohen Hause mit aller Autführlihkeit in die Be, spreckung eintreten. Zum Shluß meiner Auefübrungen mödhte id die Aufmerksamkeit des Herrn Ministers noch auf einen Gegenftand [enfen, der im vorigen Jabre hier zur Sprache gekommen ift, ohne da5 etwas Wesezntliches gesheten ift, ih meine den Verkauf der Schundliteratur, den wir überall beobachten fönnen. Mir sind teils aus meinem Wählerkreise, teils aus Berlin eire Anzabl von Schriften zuzeshickt worden, deren Inbalt wirklih aller Beschreibung fspottet. Ich will hier niht in Einzelheiten eingeben. Jh möchte auch noch hinweisen auf die immer mehr zunehmende Proftitution. die sich auf den öffentlichen Straßea Berlins immer mehr und mehr kemerlbar mat. - Es ist in dieser Beziehung immer s{limmer geworden. Jh hoffe, daß der Minister die Bestrebungen, diefe bösen Säfte aus unserem Volke zu beseitigen, kräftig unterftüßen wird, und ih glaube, daß es nicht unmögli ist, ihnen entgegenzutreten; denn „wo eiz Wille ist, ift auch ein Weg“.
Abg. Freiherr von Zedliyg und Neukirch (freikons.): Ete wir an die Reform des Wakhlrechts in irgend einer Weise heran- ireten, müfsen wir erst den Zeitpunkt abwarten, bis fih berans geftellt bat, daß die sczialdemokratishen Mafieademonstrationen völlig erfolglos gewesen find, und bis die daraus mit Notwendigkeit ber vorgehende Reaktion eingetreten ist. Vorher wäre ein Vorgehen auf diesem Gebiete lediglih Wasser auf die Mühle der Sozialdemoktcatie. Bei den Mafsendemonîtrationen am 21. Januar war das Verhalten der Polizei durchaus einwandsfrei. Ich kann mich aber der Befürhtuog riht verschließen, daß durch dieses Aufgebot au Macht das Machtbeœuftisein der Sozialderokratie gerade gz steigert worden ift. In die breiten Mafsen is sicherlid diefer Eirdruck gekommen. Durh ReichstagSdiäten würde der fojial- demofratishen Partei etwa { Mill. Mark zufallen. Das wúnte nur dazu beitragen, Agitatoren ¡zu schaffen, die beruf8mäßig Propaganda für die Sozialdemoftratiz treiben. Die Sozialden:okratiz würde in den Stand gesetzt, zahlreidze Lebensstellungen zu schaffen für Agitatoren und sich ein geschlofsenes Heer von Agitatoren zu er- balten ; denn es würde dazu dienen, den Agitationëdienft begehren2- werter zu maden. Schon die Krankenkafsenverwaltung hat den sozialdemokratishen Agitatoren eine feste Lebensftellung gegeben. Dieser Mißbrauch wird von allen Seiten verurteilt, am s{ärfften von- der Freisinnigen Volképartei, dern sch{ärfer als die Abgg. Rosenow und Mugdan kann æs niemand tun. Es ift notwendig, dies dur eine Aenderung der Kranfenkafsengeseßgebung zu verhindern. Auf di-se Mafinahme könnten \sich alle bürgerlihen Parteien vez rechts bis links vereinigen unter der Parole, die Fürst Bülow im Herrenhause au2gegeben hat: Gegen die revolutionäâre Sojial- demofratie! - În der leßten Rede des Grafen von Posadowtky war zu meinem Bedauern niht ein Wörihzn davon, daß wir în naher Zeit eine folh2 Vorlaze erhalten sollen. Es gewinnt den Anschein, als cb diese Maßnahme erst mit tem großen Werke der Vereiriaung der Reic8versiherungszweige in Ver- bindung gebracht werden soll, das hieße aber, sie vielleiht ad calendas Graecas vershiebzn. Wir meinen aber, daß diese ganz drinz- liche Staatsaufaate nicht auf Jahre hinaus vershoben werden darf. Die preußische Negiecung muß im Bundesrat energisch ibrea Einfluß daßin geltend machen, daß ohne Verzug eine solche Re- vision der Krankenkassengesezgebung gegen den }ozialdemokratishez MißbrauH stattfiadet und endlih die Worte in die Tat umaeseßt werden. Ferner müßtzn wir eine ganze Reihe von Unstimmigkeiten im Kommunalaktgabenzesez beseitigen. Die eine derselben werden wic aus der Initiative des Hauses gemäß einem Antrage zu § 53 bezüglih der Verpflichtung der Le- trieb8gemeinde, für Schul- und Armenlasten der Wohnsitßgemeinde Zaschüfse zu gewähren, erledigen können. Aber noch einige ante Punkte bedürfen dringender Erledigung durch eine Revifion des Kommunalabgabengesezes ; es hat z. B. die Befreiung der Stande#- herren von den Kommunalabgabten zu {worren Mißständen geführt. Und bei der Beratung des Schullastergesetes hat si erwizsen, das die Schalverwaltung völlig abseits von den Grundsäßen steht, azf denen unsere allgemeine Landeëverwaltung aufgebaut ist. Wir müsse ohne Verzug die Schulverwaltung nah diesen Grundsäßen r organisieren, d. h. nach den Grundsäßen der Dezentralisation, der U?bertiagung von der Regierung auf die Gemeinden in Verbinduzg mit ter Stärkung der Selbstverwaltung und der Schaffung vor Redbtsfontrollean. Ich bitte ten Minister, uns nah diefer Richtung möglichst bald eine Vorlage zu bringer. Das wird ¿zum Nugzen der Verrealtung und der Gemeinde und zum Nutzen der Shule seltf dienen, die unter der bureavfratischen B-rwaltung am meisten [eidel
Abz. Cassel (fr. Volkép.): Ich kann den leyten Auéführunges namers meiner Freunde zustiamen. Es ift in der Schulverwaltong eine ftarke Abneigung vorhanden, den Bedingz:ngen der Selbit- verwaltung gereckt zu werden. Ih bin überzeugt, daß es eines der wesentlihften Dince in unserer Staatsverwaltung ift, daß der Selbstverwaltung ein großer Spielraum bei der Schulverwaltang gelaffen werden muß, und daß vor allem ein Rehtsshuß geschaffe wird gegen die Verwaltung?willkür. Die politischen Kämpfe u? Reidbungen fpielen sich nir mehr nur bei den Wahlen zu dex Parlamenten ab. Es werden Maßnahmen seitens der Staatébehördes, speziell der Schulverwaltung, getroffen, die geeignet sind, d destraftivea Tendeozen ter Sozialdemokratie gedeihea zu laseæ- Die Beeintcähtigung der Selbfiverwaltung erzeugt eine groë? Verftimmung in Bürgèrkreisen, in der die Sozialdemokratie ihc
dceutendste Nährwurzel findet. Es if nicht bloß der Untcrcichtébehörde, diese Dinge zu regeln, es spielt au ein al- gemeines Staatsinteresse hier hinein. Der Minister des Jnnern hat tafür zu sorgen, daß der Geist der Selbstverwaltung, vor allem aé einem so wichtigen Gebiete wie dem des Unterrichts, niht an Einf verliert. Nah dem Gesey genießen die Beamten ein bestimmte Gemeindesteuerprivilegium, sie waren aber nicht befreit von den Lafies der Schulsozietäten. Sollten die jeßt wirkenden Beftrebungen in der Schulverwaltung Gestalt annehmen, so würden die Beamten von tiefen Lasten befreit werten und damit eine große Ausdehnun
(Séluß in der Zweiten Beilage.)
2e
zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlih Preußishen Staatsanzeiger.
V 32.
Zweite Beilage
Berlin, Dienstag, den 6. Februar
1906.
E ape ine E Ee ee
(Sé(luß aus der Erften Beilage.)
¡hres Privilegiums erfahren. Es wird erforderlih fein, auf dem Wege der Geiezgebung dieses Privileg zu beseitigen, sei es au unter ¿hrung von billigen Kompensationen. Eine Härte kann auc in der Bestimmung des § 53 des Gemeindeeinkommensteuerge]eßes liegen, wonach ein Unterschied zwischen Betriebsgemeinden und Wohnsißz- emeinden für die Regelung der Schul- und Armenlasten gemaht wird. Nur im Falle der Ueberbürdung der Wobnfitzgemeinde soll von dem 8 53 Gebrauch gemacht werden. Die Entscheidungen des Ober- * verwaltungêgerihts haben ja im allgemeinen zu einêr durchaus ri&tigen Praxis darin geführt. Was die Heranziehung der Groß- fédte zu den Polizeikosten angeht, so ist nit zu leugnen, daß in den fen Gemeinden keine große Neigung dafür vorhanden ist. Das *sustiert daraus, daß die Großstädte wohl alle Kosten zu bezahlen baben, aber niht im entferntesten die Rechte besien, die selbst der feinsten Gemeinden in bezug auf das Polizeiwesen eingeräumt find. Die Einverleibung der Vororte Berlins if seinerzeit von dem Minister Herfurth geplant worden. Es ist nicht zu bestreiten, daß der Magistrat von Berlin damals nit sehr erfreut darüber war. Sgließlih machte er jedoch eine Vorlage an die Stadtverordneten ; inzwischen war aber von den Nahfolgern Herfurtßs ein anderer Standpunkt eingenommen worden. Hervorgeboben werden muß, daß bei dieser Frage fi die Interessen teilweise gegenüber stehen. Die westlihen Vorortgemeinden lehnen die Eingemeindung mit aller Entschiedenheit ab. - Jst die Regierung nicht gewillt, die Ein-
. gemeindung herbeizuführen, so muß ein Ausgleich der verschiedenen
Lasten der Vororte und Berlins angestrebt werden. Es sind deshalb sogenannte Zweckverbände vorgeschlagen worden, und eine Vorlage des Magistrats schwett jeßt darüber in einem Aus[chuß der Stadivertreturg. Welle Fragen hierbei zu lösen find, zeigt der Umstand, daß Berlin bisher bei Aufnahme von Kranken aus anderen Gemeinden in seine Krankenhäuser nicht einmal je Höhe seiner Selbstkosten deckte. Zu den Verhand- lungen zwishen dem Ministerium und der Stadt über die Frage der Zweckverbände kann ih nah meiner persönlichen Beurteilung mitteilen, daß auch der Oberbürgermeister Kirschner der Meinung sein wird, daß nur durch Eingemeindung der Vororte zu helfen it. In bezug auf das Wahlrecht {ließe ih mich den Aus- fúbrungen des Abg. Broemel im allgemeinen an. Wir sind fast alle darüber einig, daß das bestehende Landtag8wablrecht ungeeignet ist. Nun hat die Thronrede eine gerechtere Einteilung der Wahlkeise und Aenderung des Wablverfahrens angekündigt. Wenn in vielen anderen deuten Staaten jet die Reform im Gange ift, kann fich Preußen einer Reform nicht entziehen, die viel weiter geht, als die Thronrede ankündiat. Es muß im Lande dasselbe Wahlrecht gelten wie im Reiche. Wir wünschen auch nicht, daß die Krankenkassen für politishe Bestrebungen gemißbrauht werden, ih fann es aber nit verfteben, wenn Herr von Zedliß eine Stärkung der sozialdemokratischen Parteikafse durch die Reichstagsdiäten be- fürhtet. Die sozialdewokratishe Partei verfügt über folche Mittel, daß die Diäten in dieser Richtung nichts zu bedeuten haben. Die Reform der Krankenkassengeseßgebung wünschen wir auch, weil fie ein Gebot der Serechtigkeit ist. ie preußishe Verwaltung des Innern soll die Kulturbedürfnifse fördern und namentli die Selbst- verwaltung aufrecht erhalten, die Preußen groß gemacht hat.
Minister des Jnnern von Bethmann-Hollweg:
Meine Herren! Ich hoffe auf Ihre Zustimmung, wenn ih aus meiner Erwiderung alle diejenigen Gegenstände aussheide, welche mein Ressort gar nicht berühren, oder welché für mein Ressort doch nur ein Interesse in zweiter Linie haben. Ih rechne dahin die soeben be- sprohene Diätenfrage, die Frage einer Reform des Krankenkafsen- gesezes; weiter den § 53 des Kommunalabgabengeseßes, der ja im wesentlißen nur im Sinne der Schulverwaltung hier besprochen worden ist; endlih au die Klage des Herrn Abg. Caffel über einz Beeinträchtigung der Selbstverwaltung in der Schulverwaltung. Auch das, glaube i, ist ein Gegenstand, der zweckwäßiger beim Kultus- etat, wenn überhaupt, zu verhandeln ist. Aber da nun mal von Be-
einträßtigung der Selbsiverwaltung die Rede ist, so gestatten Sie
mir zwei ganz kurze Worte. .
Ich habe außerhalb diefes Hauses hier und da wohl Gelegen- heit genommen, meine prinzipielle Stellung zu ter Selbstverwaltung kur; darzustellen, und das hat hier und da au in der Presse Anklang gefunden. Aber man hat gesagt: wir wollen do erst einmal Taten sehen. Ih möchte ta eine ganz eigentümlihe Erfahrung aus der Kreigabgabeznkommission mitieilen.
Meine Herren, ih habe mir Mühe gegeben, in das Kreisabgaben- gese Bestimmungen aufzunehmen, welhe die Selbstverwaltung der Kreisorgane nah allen Seiten hin sihern, und welhe gleihzeitig — das hängt ja mit der Selbsiverwaltung zusammen — im Sinne ter Dezentralisation gefaßt waren. Ih rufe alle Mitglieder der Kreis- abgabenkommission zu Zeugen auf, daß gerade diese Punkte die größten Shwierigkeiten gemacht haben (schr rihtig!), und daß mir da auch Widerspru von der linken Seite und vom Zentrum dieses Hauses entgegengebraht worden ist. Ih glaube beinahe, ih gehe in bezug auf die Selbstverwaltung noch über die linke Seite des Hauses hin- aus. (Hört, hört! und Heiterkeit.)
Herr von Zedlig, hat von der Dezentralisation der Schul- ¡verwaltung gesprchen und mein Interesse für diesen Gegenstand wach- gerufen. Jch kann Sie versichern, daß nah meiner persönlichen Ansicht — und nur die kann ich in diesem Falle aussprehen — allerdings die Dezentralisation der Schulverwaltung eine absolute Notwendigkeit ist. Soweit es an mir liégt, werde ich in diesem Sinne innerhalb der Staatsregierung zu wirken suchen.
Es ist weiter von der Notwendigkeit der Revifion des Kommunal- abgabengesezes gesprohen worden. Ich gebe zd, daß die Beratung sowohl in der Kreisabgabenkommission wie in der Schulkommission den Gedanken an die Notwendigkeit einer Reform des Kommuüunal- abgabengesetzes mir persönlih näher gelegt haben, als dies vor dem Zusammentreten dieser Kommissionen der Fall gewesen ist.
Der Herr Abg. Cassel hat in längeren Ausführungen au die Frage Groß-Berlin berührt. Ich fann nur wiederholen, was ih bereits in der Budgetkommission gesagt habe: Ich halte eine Ein- gemeindung der Vororte nach Berlin für unrihtig und werde fie meinerseits niht betreiben. Die Gründe, weshalb eine solhe Ein- gemeindung der Staatsregierung nit möglich erscheint, find bereits so oft in diesem hohen Hause erörtert worden, daß ich im einzelnen hierauf nit zurückfommen will. Einen und gewiß einen besonders shwerwiegenden Grund hat der Herr Abg. Cassel selber angeführt:
Die Vororte selbst wollen in ihrer großen Mehrzahl keine Ein- gemeindung. Meine Herren, die Sie nun für die Eingemeindung sind und gleichzeitig einen liberalen Standpunkt vertreten —, welche Vor- würfe müßten Sie mir machen, wenn ih gegen den Willen aller dieser von der Selbstverwaltung getragenen Vororte sie nah Berlin eingemeinden wollte. (Sehr rihtig! und Heiterkeit.)
Wenn von einer Eingemeindung niht mehr gesprohen werten kann, so bleiben — daë hat der Herr Abg. Caffel ganz richtig aus- geführt — nur zwei Eventualitäten in Frage. - Einmal eine Aus- gleihung der Steuern nah der Richtung bin, - daß diejenigen Orte, in welde sid die wohlhabenden Glemente zurüdckziehen, auch beitragen für sol@e Vororte, in denen die minderbemittelte, die Arbêiterbevölke- rungs fonzentriert ist. Und zweitens die Eventualität der Schaffung von Zweckoerbänden:
Die erstere Frage ist au in der Presse in diesem Sommer an- geregt worden. Praktish versuht bereits der § 53 des Kommunal- abgabengese8es, nah dieser Seite eine gewisse Abhilfe zu schaffen. Ein weiterer Weg würde der sein, eine sogenannte Au2gleisfteuer einzuführen, wie sie beispielsweise in der Grafschaft London besteht. Diese Ausgleisîteuer würde, wenn “ich den englishen Verhält- nissen unsere Begriffe zu subsummieren versuche, innerhalb ganz Großs-Berlin durch Zuschläge, wahrsheinlch zur Einkommen- steuer, erhoben und nach dem Londoner Muster auf die ein- zelnen Gemeinden nah der Bevölkerungszahl verteilt werden. In London, wo ih ja vor anderthalb Jahren mit meinem Herrn Amts- vorgänger zusammen war, wirkt diese Ausgleichssteuer sehr gut; sie wird gern gesehen, und die ärmeren Stadtteile haben einen großen Vorteil von ihr. Ob fie für die Berliner Verhältnisse anwendbar sein würde, darüber, meine Herren, maße ih mir gegenwärtig noch ‘fein Urteil an. Ich habe, noch als ich in meiner früheren Dienst- stellung war, eine Probeberechnung aufgestellt, die dahin führte, daß die ärmeren Vororte von einer solhen Aus3gleihsfteuer allerdings einen großèn Profit haben würden; ih weiß es aber nit, ob Sie auch im Sinne der Stadt Berlin liegen würde, wenigstens ergab meine Probe- reGnung, daß Berlin noch ein bedeutendes Teil an die ärmeren Orte ab- geben müßte.
Die zweite Frage ist die Frage der Zweckverbände. Ich bin mit meinen Aeußerungen in der Budgetkommission miß- verstanden worden, oder der Herr Abg. Cassel ist nicht ganz rihtig informiert worden, wenn er sagt, ih hätte zugegeben, die Zweckverbände innerhalb Groß-Berlins seien an {ih z¿wedck- mäßig und notwendig. So weit bin ih nit gegangen. Ich habe nur gesagt, daß ih die Frage der Zweckverbände speziell gegenwärtig prüfen lasse, indem ih sowohl den Herrn Oberbürgermeister der Stadt Berlin gebeten habe, au zu dieser Seite der Sache Stellung zu nehmen, als auch den Herrn Oberpräsidenten der Provinz Branden- burg aufgefordert habe, diese Frage vom Standpankte, der Vororte zu erörtern. IHYH hoffe, daß dur diese Art eines kontradiktorischen Ver-
Ich habe dann weiter gesagt — und auch darin liegt vielleiht ein fleines Mißrerständnis beim Herrn Abg. Cassel vor —: Einstweilen schiene es mir nit so, als ob die Bildung derartiger Zweckverbände zwishen Vororten und der Stadt Berlin in sehr naher Zukunft stände. Wären die Vorbedingungen für die Bildung von Zweckver- bänden günstig, dann würden fich Ansäße zu solhen Zweckverbänden hon in der Praxis tatsählich gebildet haben. Aber das ist nicht der Fall; wenigstens habe ich noch nicht von dem Versuch, derartige Zweckvereinigungen zu gründen, gehört, obwohl ein fol@er Versuch do auch bei der gegenwärtigen Lage unserer Geseßgebung nicht ganz auêgeshlofsen wäre. Wäre er schon gemacht, dann wäre die Löfung der Frage wesentli vereinfaht, denn die Gesetgebung hätte nur noch praktisch bereits eingeführte Einrichtungen zu le- galisieren. Aber wie gesagt, derartige Versuche liegen meines Wissens noch nicht vor. Ih habe dann weiter bemerkt, daß mir allerdings die Stimmung für derartige Versuche momentan feine besonders günstige zu sein heine. Dabei habe ih eremplifiziert auf den die städtishen Behörden von Berlin be- \chäftigenden Antrag wegen der Taxen in den Krankenhäusern. Jch habe mir nit heraus8genommen, über den Antrag und die Motive, die ihm zu Grunte liegen, eine Kritik nach der einen oder anderen Richtung vorzunehmen. Ich habe nur gesagt, wenn das Verhältnis ter Vororte zu Berlin gegenwärtig derartig ist, daß eine ungleißmäßige Behandlung der Vororte und der Berliner Einwohner vom Stand- punkt von Berlin aus angezeigt erscheint, so {eint mir dies kein sehr günstiger Boden zu sein, damit aus ihm Zweckoerbände hervorwahsen, die eine sehr nahe Interessengemeins@aft von vornherein voraus- segen. (Sehr rihlig!) Wie sich die Frage weiter entwickeln wird, fann ih gegenwärtig nit sagen ; das hängt im wesentlichen ah von der Stellung, die einerscits die Stadt Berlin, andererseits die Vororte einnehmen werden. Ih wünsche in der Frage gar nicht, durch eine Art von Diktatur irgendetwas vorschreiben zu wollen, was nachher für die praklishen Verhältnisse niht paßt; sondern gerade in einer \chwierigen Frage wie dieser, wo die kommunalen Interessen vers- schiedener Gemeinden \sich berühren, zum Teil auch gegenfäßlich be- rühren, da muß die Praxis vorangehen, und dann folgt die Geseh- gebung und sucht, der Praxis gerecht zu werden. (Sehr rihtig !) Der umgekehrte Weg führt uns, wie ih fürchte, zu bureaukratischen Ein- rihtungen, denen von vornherein kein Leben inne wohnt. (Sehr gut!) Ih bitte Sie, dabei zu bedenken, wie schwierig auch bei der Einrihtung von Zweckverbänden die tatsählihen Verhält- nisse liegen. Berlin hat 2 Millionen Einwohner gegenwärtig, und die gesamten Vororte, selbst wenn man den Zirkel sehr weit faßt, welhe in Frage kommen würden, haben 700 000 Einwohner. Die Steuerverhältnisse waren vor anderthalb Jahren, wenn mih mein Gedächtnis nicht täuscht, ungefähr die, daß in Berlin 43 Millionen auffamen und in den Vororten zusammen 17 Millionen. Aber ih bitte Sie, diese Zahlen niht als absolut zutreffend anzusehen. Ich
habe es leider übersehen, die betreffenden Aufzeihnungen mitzubringen.
fahrens ein irgendwie brauhbarer Kern herausgeschält werden wird.
Aber Sie schen aus diesen approrimativen Zahlen, wie verschiedene Organe da zu Zweckverbänden zusammengeshweißt werden sollen, und wie \{chwierig es namertlih sein wird, eine Vertretung dieser Organe zu hafen, bei denen diz Rechte der einzelnen Vororte nit zu kurz kommen, und bei denen das Uebergewiht von Berlin niht {ließli dabin führt, daß die den Zweckverbänden zugetcilten Vororte überhaupt nichts zu sagen haben.
Im übrigen wird diese Frage — und sie geht ja alle Zeit dur die Presse — in ihrer Bedeutung stark übershägt. Sind denn unsere Verbältnisse in den Vororten und- in Berlin so \chlechte, daß man sagen müßte: das fann nicht so weiter gehen? Ich verneine das. Die- Entwicklung der Vororte, die Ent- wicklung von Berlin — man braucht kein übergroßer Optimift zu sein, um das zu sagen — ist do eine sehr glänzende gewesen, und wenn Schwierigkeiten daraus entstehen, daß die Bezirke der Stadt Berlin und der Vororte so aneinandergrenzen, daß ein Teil der Straße nah Berlin, der andere nach Charlottenburg oder Wilmersdorf gehört, so werden Sie sol@e Fälle immer haben. Wenn eine Stadt ih so ausdehnt, wie es Berlin tut, so wird sie immer an einen be- nahbarten Bezirk anstoßen, und da im einzelnen Falle die Grenzen au etwas furios ausfallen. Das ist in London, was uns jeßt in den Zeitungen vielfah zum Muster vorgehalten wird, in viel stärkerem Maße der Fall. London besteht im ganzen aus 28 oder 29 Städten mit zum Teil kleinen Bezirken, sodaß man häufig niht weiß in welchem man sich gerade befindet. Und doch geht die Sache aus- gezeihnet. Man sollte sih also dur Aeußerungen in der Presse, die den Dingen vielleicht niht überall auf den Grund schauen, wegen der Frage Groß-Berlin niht nervês machen lassen. Meine Absicht ist — um das nochmals zu wiederholen —-, überall da, wo mir die Praxis die Notwendigkeit des geseßlihen Eingreifens dartut, an Sie mit der Bitte beranzutreten, einem entsprehenden Geseße zuzustimmen.
Meine Herren, ich komme nun kurz auf die Automobilfrage. Es ift eine Anfrage an mich gerichtet worden, ob ich nit eine Statistik derjenigen volizeilihen Bestrafungen aufstellen lassen möchte, welWe wegen zu {nellen Fahrens, ohne daß durch das zu schnelle Fahren ein Unglück angerihtet worden ist, erlassen ‘worden sind. Der Wuns nach Aufstellung einer solhen Statistik ist wohl {on im vorigen Fahre ausgesprochen worden und, wie ih zugeben muß, bei dem Wechsel, der im Ministerium des Innern stattgefunden hat, bisher niht erfüllt worden. Aber, meine Herren, soll ich denn nun wirkli für das nähste Jahr diese Statistik vornehmen? und kommen wir damit in der Angelegenheit weiter? An \ich liegt ja die Sache be, fannilih so, daß das Reih si der Regelung der Automobilfrage nach vershiedenen Richtungen hin annehmen will. Es foll eine Regelung der Haftpflicht stattfinden; es foll das Muster zu gleihlautenden Polizeiverordnungen für den Bereich des ganzen Reichs festgestellt werden; es ift eine Vershärfung der Strafbestimmungen ins Auge gefaßt worden. S@hließlich i die Bildung einer Zwangshaftpflicht- genossenschaft auf Gegenseitigkeit in den Kreis der Erörterungen ge- zogen worden, wie dies ja den Herren allen bekannt ist. Von meinem preußishen Standpunkt aus muß ih einstweilen abwarten, was &us- diesen von der Reichsregierung geplanten Maßregeln werden wird. Ich bin darauf beshränkt , die Polizeibehörden anjzu- weisen, dem Unfug einzelner Automobilisten zu fteuern, so- weit das möglich ist. Daß das nicht in allen Fällen ge- schieht, wegen der Schwierigkeit der Situation niht geschehen kann, das weiß ich, und das bedauere ih. Aber, meine Herren, ih bitte doch auch, in dieser Beziehung nicht zu weit zu gchen. Gewiß! Durch übermäßig shnelles Fahren können große Gefahren heraufbeschworen werden und werden tatsählich {were Unglüksfälle angerihtet. Aber deshalb nun die Polizeibeamten anzuweisen, mit der Uhr dazusteßen und zu kontrollieren, daß der Mann tatsächlich nicht mehr als 15 km in der Stunde fährt, das hat wirklich wenig praktischen Sinn, Uebermäßig schnelles Fahren in den Straßen einer Stadt kann gewiß den Verkehr sehr stören ; aber wenn man si jeßt die Verhältnisse in Berlin ansieht, wo die Droshkenautomobile außerordentlich zu- genommen haben, da habe ich persörlih wenigstens den Eindruck be- kommen, daß der Verkehr in den Straßen durch diese Droschken- automobile in keiner Weise ers{chwert wird. Im Gegenteil: er ist verbessert worden. Die Automobildroshkenführer fahren sehr viel besser als unsere Pferdedroshkenkutsher. Je vorsihtiger und zuglei je shneller sich ein Verkehr nach vorn entwickelt, um so besser wird für die Sicherheit des ganzen Verkehrs geforgt. Am un- bequemsten ist doch der Droschkenkutscher, der mit langen Zügeln auf dem Bo sißt und jeden Bordstein anfährt; vor dem kann sich kein Mensch retten, während èêin gut geführtes Automobil, das niht mit übermäßiger Geshwindigkeit fährt, das entschieden bessere ist. Man soll auch hier nicht das Kind mit dem Bade aus\{ütten.
Das freilih beklage auch ih mit dem Herrn Abg. Strofser, daß die Strafen für die Automobilisten, welche aus Leichtfertigkeit, zum Teil leider auch aus bôsem Willen Menschen gefährden, häufig viel zu ge- ring ausfallen (sehr rihtig!), wie ih überhaupt auf dem Standpunkt stehe, daß man nit in kleinen Dingen unausgeseßt strafen und tribu- lieren, aber bei Dingen, auf die es ankommt, gründlich slrafen foll, (Sehr wahr!)
Aber, meine Herren, das ist eine Angelegenheit, auf die ih, wie Sie wissen, keinen unmittelbaren Einfluß habe; es ist zunächst Sache der Gerihte und dann eventuel Sache der Abänderun unseres Strafrechts.
Meine Herren, zum Schluß gestatten Sie mir ein paar Worte zur Wahlrechtsfrage ! (Aha! links.) Ah nein, meine Herren, es bleibt ganz einfa, was ih sagen werde. (Heiterkeit rechts.) Auf die Frage an si gehe ih nit ein; denn ih stimme dem Herrn Abg, von Zedliß und vielen anderen zu, daß heute niht der rcchte Moment dazu ist. (Sehr richtig! rechts und im Zentrum.) Aber ih will ebenso ofen und ehrlich sagen, wie die Angelegenheit gegenwärtig liegt.
Als ih in das Ministerium des Innern berufen wurde, fand ih,