Königreih Sachsen.
1111) Komitee zur Samm nag von Liebesgaben für die deutschen Krieger in S.-W.-A., Leipzig, d Kisten Liebesgaben.
1116) Alldeutsher Verband Plauen, 10 Kisten Liebesgaben. 1117) F. I. Eberlein, Pirna a. E,, 1 Pack Zeitungen.
1195) 1 Pack Zeitungen. / 1128) Landesverein vom Roten Kreuz, Dresden, 9 Kisten Liebes-
aben. q 1131) Apotheker A. Buhr, R SELS , 1 Kiste Bordeauxwein. 1136) Alldeutsher Verband, Leipzig, 1 fle Liebesgaben. 1 L B aHaLe Vecvbndtonz, Levi 1 Kie Bis 11 . C. Hinrihssche Buchhandlung, Letpztg, e er. 1170 Landesverein vom Roten Kreuz im Königreih Sachsen, Dresden, 5 Kisten Liebesgaben. / 1182) Sammelkomitee für S.-W.-A., Leipzig, 14 Kisten Likör. 1185) Georg Leopold, Zwickau, 1 Kiste Kakao und Schokolade. 1186) Ad. Schütte-Felsche jr., Leipzig, 2 Kisten Liebesgaben. n Richard Kreyssig, Bischofswerda, 1 Kiste Pfeifen, Tabak 2c. 1213) Supd. Herzog, Oelsnitz i. V., 1 Kiste Wurst, Tabak, igarren 2c. Sia Haan Thurm u. Wunder Nfl., Leipzig-Lindenau, 1 Kiste Kakao. 1231) Otto Gruner, Hainichen, 1 Ri hen Liebesgaben. 1245) Alldeutsher Verband, Plauen, 9 Kisten Liebesgaben. d R Königl. \ähs. Militärverein Schöneck i. V., 1 Kiste ebe8gaben. 1271) Landesverein vom Roten Kreuz im Königreih Sachsen, Dresden, 1 Kiste Likör. : 1274) Alldeutsher Verband, Zwickau, 6 Kisten Liebesgaben. 1276 F J. Eberlein, Pirna a. E., 1 Pack Zeitungen. 1334) Alldeutsher Verband, Plauen, 4 Kisten Liebesgaben. 1336) F. J. Eberlein, Pirna a. E., 1 Pack Zeitungen. 1349) Tiele, Polizeiwachtmeister, Hainichen, 1 Kiste Liebesgaben. j; at R Königl. Sächs. 13. FInfanterieregiment Nr. 178, Kamenz, e Wein. 1354) Königl. \ächs\. Adreß. Comptoir, Dresden, 1 Pak Zeitungen. 1356) Alldeutsher Verband, Plauen, 2 Kisten Liebesgaben. 1364) Landsmannshhaft „Erzgebirge“, Großzschocher-Leipzig, 1 Kist- hen Liebesgaben. 1366) J. G. Schulze Nachf., Leipzig, 1 Paket Liebesgaben. 1367) Thiele, Polizeiwachtmeister, Hainichen, 1 Paket Liebesgaben. 1E Alldeutsher Verband, Plauen, 10 Kisten Wein. 1377) F. J. Eberlein, Pirna i. E.,, 1 Pack Zeitungen.
Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin.
1160) Fräulein von Bülow II1., Dobbertin, 2 Kisten Bücher. 1201) Kriegerverein Wismar i. M,, 2 Kisten Liebesgaben, 1 Faß
Fruchtwein. Großherzogtum Baden.
1129) Badischer Landesverein vom Roten Kreuz, Karlsruhe, 45 Kisten Liebesgaben. 1229) 1 Paket Liebesgaben.
Großherzogtum Sachsen-Weimar.
1169) Apotheker Keller, Dermbach, 6,95 #4 1250) Otto Neumeister, Jena, 1 Kiste Tabak, Zigarren, Pfeifen 2c.
Großherzogtum Oldenburg.
1198) Oldenburgischer Landesverein vom Roten Kreuz, Oldenburg, 1 Kiste Bücher. 1308) euperonn vom Roten Kreuz, Delmenhorst, 1,75 1303) Landesverein vom Roten Kreuz, Oldenburg, 145 1399) 59,95 M
Großherzogtum Hessen. 1008) Conservenfabrik Rhenania Finthen, Station Gonsenheim, 1 Kiste Fruchtkonserven. j 1120) Dick u. Kirschten, Offenba a. M., 3 Kisten Seife. 1202 Freu u. Bünte, Darmstadt, 1 Kiste Spielkarten. 1227) Kommerzienrat Herm. Weder, Afenta , 3 Kistchen Liköre. 1239) Zweigverein vom Roten Kreuz, Offenbach a. M., 1 Kistchen
arren. 1251) Heinri Fischer, Worms, 1 Faß Wein.
1255) Aug. Feldheim Söhne, Mainz, 6 Kisten Wein.
1330) Sammlung der Buchdruckerei „Kranzbühler* in Worms, 1 Kiste Liebesgaben. i
1319) Oberleutnant Ras Oppenheim, 1 Kiste Schokolade.
b 1207) Vaterländ. Frauen-Verein Weßlar, 1 Kiste Weihnachts- gaben.
Zig
Herzogtum Sachsen-Meiningen. 1247) Frauenverein Schalkau, 1 Kiste Liebe8gaben. 1300 Baterländischer O O 4 Meiningen, 7,65 1301) Frauenverein Schalkau, 60
Herzogtum Anhalt.
1350) Deutscher Kolonialverein, Abt. Dessau, Dessau, 4 Kisten Liebesgaben.
Herzogtum Sachsen-Coburg-Gotha. 1302) Gesammelt vom Landesverein vom Roten Kreuz, Marien- verein und Verband Vaterländisher Frauenvereine im Herzogtum Coburg, 135,20 A
Herzogtum Braunschweig. 1157) Vaterländ. Frauenverein, Helmstedt, 1 Kiste Bücher, 1 Kiste ane / : 1289) Gesammelt in der Expedition des Helmstedter Kreisblattes, Helmstedt, 214,15 Æ A Y 1383) Frauenverein Abt. S@höningen, 79,41 M
zum Roten Kreuz,
i Fürstentum Reuß ä. L. a9) Löffler & Co., Verlag der Greizer Zeitung, Greiz, 3 Kisten üher. i 1296) Gesam melt von der Greizer Zeitung in Greiz, 150
Fürstentum Reuß j. L. 1375) Christoph Ziehr, Loktenstein, 1 Kiste Lebes8gaben.
Fürstentum Schwarzburg-Rudolftadt.
1151) Ihre Ta die Frau Fürstin Annaluise zu Schwarz- burg-Rudolstadt, 1 Kiste Lebe8gaben.
Elsaß-Lothringen. 1137) Küblmann, Oberrebhmstein, 1 Paket Bücher. / 1138) Oberzollinspektor Dongke, irmak, 1 Kiste Zeitschriften. gi 1148) Polizeipräsident Dr. Dieckhoff, Mülhausen, 1 Kiste Bücher, ig. usw. Y 1193) Kriegerverein Dieuze, 3 Kisten Liebesgaben. 1199) von Mülmann, Kommandeur der Kriegsshule Meß, 2 Kisten Bücher. i L : 1224a) Kriegerverein Rheinau i. El, 1 es Lebesgaben. 1254) Vaterländ. Frauenverein, Mörhingen, Lothringen, 1 Kiste
Webesgaben vom Roten Kreuz, Straßburg,
1277) Landes. Männervercin 10 Kisten Weibnatsgaben. 1297) E aa Rem von Mülmann, Kom- mandeur der Kri Meg, M 1305) Männerverein vom Noten Kreuz in Zabern, 3 Kisten 1363) Oberftleutnant von Mülmann, Meß, 1 Paket Liebesgaben. 1379) 11,95 M
1396) Lothringishe Zeitung, Met, 28,10 „#4 1387) Oberstlt. von Mülmann, griammelt von den Unteroffizieren
1 Kiste 3 Kisten Schokolad
vom Vaterländ.
Wilhelm der d fra von Bremerhavener und Leher Pfeifen, 4 Tisten
Sherry, 1
Bremen.
1118) Bremischer Lahdesverein vom * Roten Kreuz, Bremén,
eitshriften, Bücher 2c.
1141/1144 a) 2 Kisten Tabak, 4 Kisten Tabak, 1 Kiste Zigaretten, e, 3 Kisten Rauchtabak.
1149) 1 Kiste Holzpfeifen, 1 Kiste Tonpfeifen.
1272) Haake u. Co., Bremen, 50 Kisten Bier.
1190/1) Vom Bedienungspersonal des Lloyddampfers „Kaiser
Patrioten und
rauenverein, Bremerhaven, 5 Kisten Tabak und
abak und Schokolade.
Hamburg. 1114) Hamburger Kolonne des Roten Kreuz, Hamburg, 1 Kiste
Medizin.
1130) d: C. Theod. Framheim, Hamburg, 2 Kisten Wein, 1 Kiste iste Portwein. : 1166) F. A Zieseniß, Hamburg, 25 Kisten Bier. 1214) Bill-Brauerei A.-G., u 960 Flaschen Bier. „S 1220) I. F Schaper, Hamburg, 1 Kiste Zigarren. 1234) Carl Bödiker, Hamburg, 4 Pakete Liebe8gaben.! 1269) Rote Kreuz, Hamburg, 1 Kollo Drucksachen. „.F""* 1278) C. Woermann, Hamburg, 1000 #4 1279) Woermann- Linie, Hamburg, 1000 1280) Damara u. Namaqua-Handelsgesellschaft, Hamburg, 1000 1283) Heußner Giffhorn u. Co., Hamburg, 30 K. 1293) Dr. Kersten, Cuxhaven, 3 1322) Vaterländ. Frauenhilfsverein, Hamburg, 50 Kisten Bier. 1324) Traugott Söllner u. Co., Hamburg, 1 Kiste Risgrrem: 1329) Vaterländ. Frauen-Hilfsverein, Hamburg, 26 Kisten Tabak. E Vaterländ. Frauenhilfsverein, Hamburg, 50 Kisten Likör 1339) 10 Kisten Pfeifen. 2A A 1340) 2 Kisten Tabak 2c, 6 Kisten Bier, 3 Kisten Pfeifen, 1 Kiste ‘ Zigarren 2c., 1 Kiste Likör 2c, 1 Kiste Zigarren, 1 Faß Kirschsaft, 1 Kiste Num, 1 Kiste Liebesgaben. ; 1346) Ad. Haussen, Mmburg, boa Flaschen Bier. u 1358) Frau K. S(hlodtfeldt Wwe., Hamburg, 1 Kiste Bücher. 1373) Vaterländ. Frauenhilfsverein, Hamburg, 50 Kisten Aquabit.
Schweiz. 1253) Alldeutsher Verband, Zürich, 2 Kisten Liebesgaben.
Berichtigung: Die in der Gabenliste Nr. 21 bei Schleswig - Holstein unter Nr. 995 veröffentlichte Spende von 240,50 4A if auss{ließlich von den „Kieler Neuesten Nachrichten“ gesammelt worden.
Max Schinckel, Territorialdelegierter der freiwilligen Krankenpflege.
em ih für diese Gaben meinen wärmsten Dank aus- [pre@e, bemerke ih, daß den von den Gebern hinsichtlih der erwendung nonen Wünschen diesseits Rechnung getragen werden wird. erlin, den 8. Januar 1906. Mad Der Kaiserlihe Kommissar und Militärinspekteur der freiwilligen Krankenpflege. Friedrih Fürst zu Solms-Baruth.
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Deutscher Reichstag.
37. Sißung vom 7. Februar 1906, Nachmittags 1 Uhr 20 Minuten.
(Berit von Wolffs Telegraphishem Bureau.)
Tagesordnung: Erste und event. zweite Beratung des von den Abgeordneten Albreht und Genofjen eingebrachten Geseß- entwurfs, be die Volks vertretung in den Bundes- rmdde und in Elsaß-Lothriugen und des von den
geordneten Nißler und Hufnagel eingebrahten Geseß- entwurfs, betreffend Gewährung von Beihilfen an Kriegs- teilnehmer. S E :
Ueber den Beginn der Verhandlung is in der gestrigen Numiner d. Bl. berichtet worden. i
Abg. Bernstein (Soz.) fortfahrend: Den Zensus shaffte man ab, aber man führte die Dreiklafsenwabl bei geheimer Stimm- abgabe ein; damit war den Arbeitern die Möglichkeit genommen, ihre Sitze zu behaupten, und bald war das sächfishe Parlament sozialdemokratenrein. Mit der gebeimen Abstimmung, an der natürlich prinzipiell festgehalten wurde, wurde uns îin Sachsen absolut kein Geschenk gemacht, denn die erste und zweite Klasse machte ja do die Wahl eines Sozialdemokraten unmögli. Gegen diese „Wablreform“, gegen diese Vergewaltigung baben damals niht bloß die Arbeiter, sondern zahlreiche Fabrikanten, Gelehrte und andere rechtlich denkende Männer mit aller Macht protestiert, aber ibre Stimme konnte gegen die Brutalität nicht aufkommen, mit der die Mehrheit ihre Position behauptete. Und die Wirkung? Sehen Sie \ih die Vertretung Sathsens im Reichstage und im sähsishen Landtage an; bier von 23 Mandaten 22 Sozialdemokraten, dort von 82 A geordneten jet ein einziger Sozialdemokrat! Dieser Wablreht8raub hat die Stimme der Volksvertretung ganz und gar verfälsht. Lübeck hatte bis vor kurzem cin relativ demokratishes Wablreht, das aber an die Erwerbung des Bürgerrechts geknüpft war; die Kosten dafür fielen den Arbeitern zu {wer, sodaß sich von den Arbeitern nur 6 bis 79/0 beteiligten. Aber au diese winzige Minorität war den Großkaufleuten dort zuwider; sie ahmten das sähfishe MWablrecht na und {ufen ein Klafsenwablsystem in zwei Klassen von Wählern mit über und unter 2000 #&; die leßte können bon 120 Mandaten auf alle Fälle höHstens 15 erlangen! Die Arbeiterklasse mat in Lübeck mindestens drei Viertel der Be- völkerung aus, es fehlte nicht an Protestversammlungen und De- monstrationen. aber die brutale Mat entshicd für die Wakbl- entrehtung. Wie können Sie da eine andere Stimmung in den Arbeiterkceisen erwarten, als fie hervorgetreten ist? Um das Vorgehen Hamburgs zu kennzceihnen, fehlt mir eigentli der parlamentarise Ausdruck. bat mit ciner Frivolität und Brutalität sondergleihen die Arbeiter hinsihtlih des Wahlrechts entrehtet. Dabei hatte es niht etwa ein Idealwablrecht. Die Befißzenden hatten ohnehin shon gewisse Vorrehte. Während Hamburg für den Reichstag über 200 000 Wähler hatte, hatte es für die Bürgerschaft nur 57 000 Wähler. Ein großer Teil der Arbeiter nahm also an den Wahlen rit teil, fie waren ganz unerhört untervertreten. Es war ganz auSges{lofsen, daß die Sozialdemokraten 80 Siye er- obern konnten, bödhftens bätten fie cs unter dem alten Wahlivîtem auf 50 Vertreter bringen können gegen 110. Dieses Syftem war der Bourgeoifie, den Grundbefizern noch zu modern, zu vorgeschritten; es mußte an werden, die Revifion nah rückwärts wurde er- ¿wungen. gebli4 hahen die Arbeiter in der Prefse und in Ver- jammlungen protestiert, bié s{ließlid die Demonstration der Arbeiter am 17. Januar auf die S s: _Da erbob die Rehte ein großes Geschrei, weil cin paar #Feniter} n zerbrohen wurden. Jn anderen Ländern hätte fein Habn danah gekräht bei einer so
en Mafsendemonftration. Wer diese zerbrohenen Fenster-
eiben miht haben will; soll das Volk niht entrehtea. In meinem Heimatstaat, dem „führenden Staat“ Prenßen, hat kine Rükwörtsrevision ftattgefunden, weil da nihts rüZwärts zu revidieren ift. Es hat mit Ausnahme von Braunshweig und Waldeck das iélcdhteste aller Wahlfyfteme. Als das Dreiklafsenwablfystem mit Gz- walt eingeführt wurde, hieß es in der Thronrede von 1849, bie Oeffent- lihfeit der Stimmabgabe wolle unlauteren Parteibeei ungen vor-
des 2. Bats. Königl. Inf. Regts. in Met, 35,30 „#4 1388) Gesammelt von der Megzer Zeitung, Meh, 12,15 M.
und durch die Dreiklafsencinteilung ei berbei- fübrer, bas den wirklithen Verhältnissen entspreche. Man sämie
ih wenigstens, das Privilegium des Besißes zu proklami und berief si auf die groß: Zahl der Analphabeten. Allerdin d a damals unter der Agrarberrschaft eine größere Zahl von Analph vorhanden als jet. Das Wahlrecht war ein echt reaktionärez Wahlsystem, denn es wurde nach der Revolution aufoktroiert.
Wabhlsystem war so ausgeklügelt, um den Wählern die Ausübung deg |
Wahlrechts zu verekeln. Es ist ungerecht und zeitraubend und dar
geeignet, den Ausdruck des Wollens der Wählerschaft zu fäl\{:n, In neuerer Zeit hat man an dem System zu flicken versucht, aber an dem verrotteten Prinzip hat man nicht gerüttelt. Welche U
gerehtigkeit, wenn in einer und derselben Stadt Leute mit gleihem i
Einkommen in verschiedenen Klassen wählen. Immer werden die beiden ersten Klassen die dritte Klasse erdrücken. In der Konflikt, zeit ersholl das Jammerlied über dies Wahlsystem auf der reten Seite, von seiten der Kreuzzeitung und des eußenvereins, Damals sprach Bismarck das Wort von dem elendesten und wider, finntgsten aller Wahlsysteme. Trotz dieser Brandmarkung blieb aber alles beim alten. Mit der geit ist es das Bollwerk der Konservativen eworden wegen der drei Klassen und der fortshreitenden Ungleihheit er Wahlkreise. Das Dreiklafsenwahlsystem entspricht lediglih der Plutokratie, dem Besiß, und ist immer s{lechter geworden, weil eg im Gegensaß steht zu der sozialen, wirtschaftlihen- und kulturellen Entwicklung. Die Arbeiter, die wirtshaftlich, geistig, kulturell' und ihrer Zahl nah einen Anspru haben, an den öffentlichen An. gelegenheiten teilzunehmen , E durh dieses System einfach aus. geshlofsen. Es gibt nihts Noheres, Brutaleres, nihts Unhistorischeres, als das Dreiklassenwahlsystem aufrecht zu erhalten. Die Sozial, demokraten haben sich \chließlich an dem_ preußischen Wahlre{t beteiligt und erhielten von 1300000 Stimmen 8340 000, also 19 9%, das entsprach aber nicht ihrer wirklihen Stärke. Bei den Neichstagswahlen fielen 28,72 9/0 der Stimmen in Preußen auf sie. Auch nach dem Ergebnis von 19 °/9 mußte unsere Partei 81 Ver, treter im preußischen Abgeordnetenhause haben von 433. Können Sie, meine Herren von der Rechten, den jeßigen Zustand für erhört balten? (Zuruf rechts: Ja!) Es ist traurig, daß Sie dafür nicht einmal ein Gefühl haben. Im Norden von Berlin erhalten wir das Doppelte der Stimmen der bürgerlihen Kandidaten. Im dritten Wahlkreis gab nur der Geldsack der ersten Klafse die Entscheidung zu Gunsten der Freisinnigen. Jh habe mi damals wirkli gewundert, daß die freisinnig-demokratische Partei nicht von selb zu uns gekommen ist und uns erklärt hat, wir wollen ein altes Unrecht gutmathen, es gebührt euch ein Play! Das ist nichts Unerhörtes ; sehen Sie doch die letzten englishen Wablen an, wo in mehreren Wahl, kreisen die Liberalen freiwillig zurückgetreten sind, um den Arbeiter: kandidaten gegen die Konservativen Mandate zu überlafsen. Selbst ein“konservativer Staatsmann follte die Empfindung haben, daß es Pre en zur Unehre gereiht, ein solhes, der Gerechtigkeit ins
esiht s{lagendes Wablsvstem noch weiter zu konservieren. Wie können Sie erwarten, daß das Volk anders über dieses Wablfystem denkt, als Sie von uns bôren ? Statt aber die Hand zu bieten, dieses Wahl- recht den modernen Verhältnissen wenigstens in etwas anzupassen,
geht man jeßt in Preußen dazu über, das Unrecht noch zu verstärken; |
die groben blkreise, die Riesenwahlkreise, wo Sie befürchten, daß die wollen Sie teilen, um durch diese Teilung die bestebende himmel- \hreiende Ungerechtigkeit zu verewigen. Und die Freisinnigen im Abgeordnetenhause sind die umgekebrte römishe Sibylle. Sie werden in ibren Forderungen immer nahgiebiger und s{wächer. In voriger Woche hat Freiherr von Hertling mabnende Worte an das Haus gerihteti, um es zur Annabme des Toleranzantrages „zu bewa eige das Zentrum hier bei unserem Antrage, daß diese Mabnung kei loße Phrase war. Verstecken Sie sih niht binter das Staatsrecht! Es ift gerade eine Aufaabe des föôderalistishen Gedankens, dem großen Staat Preußen das bessere Wablrecht aufzuzwingen; und war nitt der Toleranzantrag eine ganz erbeblihe Erweiterung der Rei&s- Fompetenz? Das Reich kann entscheiden, und der Reichstag kann be-
\{ließen, er wolle, daß in den Bundesstaaten das allgemeine, gleidhe,
direkte und geheime Wablreht besteht. Wir baben ja erst vor Ens MWodhen cine Demonstration dafür gehabt; die Sozialdemokratie
sie für notwendig erahtet. Man bat großes Aufheben von dem Vorschlag einiger weniger O, bei dieser Gelegenheit Straßen- demonstrationen zu machen. Necht, die Straße zu Demonstrationen
zu benugen, gebört zu einem konftitutionellen Staatswesen fo gut wi: |
das Versammlungêrecht überhaupt. Die Straße gebört nit ein- zelnen Klafsen, sondern der Gesamtheit. In England find solche Demonstrationen etwas ganz Gewöhbnliches; die Polizei wirkt dabei insofern mit, als sie den Wagenverkebhr in den Straßen, dur die der Zug geben soll, für die Zeit des Umzuges sperrt. In Amerika ilt dasselbe; die Polizei hat lediglih dafür zu forgen, taß dir D einoalieanien so wenig wie möglih gestört werden. Um fo mebr baben wir das Ret darauf, als uns gegenüber von dem Mittel der Saalabtreibung der denkbar größte Gebrauh gemaht wird. I bin für Breslau-West gewäblt; aber mit einer Ausnahme habe i dort noch nie zu meinen Wählern sprehen können, weil untere ros die Säle konsequent durch die Polizei etrieben werden.
ie soll die Partei in Breslau demonstrieren, ihre Stimmung kund- eben? Das ist ein Ding der Unmöglichkeit. Man bat davon 8 prochen, daß unsere Demonstrationen mit einer Sympathieerklärung für die russi he Revolution verbunden sein sollten, und uns deswegen von der Linken angegriffen. Ich bätte nie für möglich gebalten, daf solde Worte über dieses Thema bier aus freisinnigem oder liberalez Munde denkbar wären, wie sie hier der Abz. Mugdan von si gegebea hat. Die rusfishe Revolution ist niht das Produkt einer Partzi; unseren Parteigenossen in Rußland ift es auh vollständig klar, de die russische Revolution zunächft nit ibnen, sondern dem Bürgertun zugute kommt; aber die rus}ishe Revolution ist eine absolute Not- wendigkeit geworden. Die Revolution von 1789 war au cin: u1 geseßliche, die zum Teil sebr wilde Formen angenommen bat ; abe folde böhnenden Worte über die Untersheidung von Mob u Arbeiterschaft zu hören, war uns erst von der heutigen liberales
rtei beshieden. Haben Sie denn nichis von den Vorgängen T
iga gelesen, “wie musterbaft die Revolution dort die Ordaung bergestellt bat ? (Zuruf.) Nein, der Totsdlag war ganz wo arde. Jene unerhörten Grausamkeiten gegen die Juden und die unbetciligt? Bevölkerung, wie sie aus Odeffa, Kiew, Homel usw. gemeldet worden fit, fie wurden niht von den Revolutionären, sondern von denen gangen, die zum Shuß des heutigen Regiments aufgeboten worder waren! Sehen Sie do um si! In England hat in diesen Tagen d Demokratie einen dauernden Sieg erfohten; in Frankreich sehen Sie dk Demokratie vorwärts schreiten, überall Fortschritt, aber bei uns 7 steift man si auf die Reaktion und die verrottetsten Wablsvstem- Sie können fih darauf verlassen, wir werden niht nachlafsen, bi diese verrotteten Zusiände Mas igt sind. Gir einen beiligen Kampf ums Reht. Graf Pos D dankbarkeit der Arbeiter. Für wirklihe Leistungen find wir E unempfindlih; aber glauben Sie nicht, daß Sie tea Arbeitern d: irgendwelhe wirtshaftlihen Vorteile, wie* den A ch t stundentag 1 ibre Rechte abkaufen fönnen. Der Mensh lebt nicht vom D allein; bei uns berrscht der materielle Geist nicht. Unser Antra bietet Ihnen einen Weg, das schreiende Unrecht in den ein Bundesítaaten zu beseitigen. In Ihrer Hand (zum Zentrum) ch dafür # sorgen daß dedmal, Ene gade Antwort erfolgt, as : men Sie unseren An an!
s Gesandter und nähtigter Minister 2 ! Ih würde zu dieser , wenn nicht im Anfang der Rede
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L ßerbalb dieses uts doch wohl nit Wobea soll ch2 ari s tali Reichêtage wenn den Versamml der Einzelstaaten in solcher Weise Leidigt morden” unde von den Sozialdemokraten.)
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tlich! Ih würde darüber hinweggegangen sein, wenn im Shwunge s Rede derartige Ausdrücke gefallen wären. r aber den Her Norredner beobachtet hat, wird mir recht geben, daß diese Ausdrücke gewissermaßen g:quält, langsam herausgedrängt, also in -der Absicht der Beleidigung gesprohen waren. Das ist nun die Freiheit, die Gleichbeit, die Brüderlichkeit! (Zurufe von den Sozialdemokraten.) Za; die Freiheit des Schimpfens! Ein angemessenes Verhältnis qwischen dem Reichstage und den geseßgebenden Versammlungen der Einzelstaaten kann dadurch doch unmöglih gefördert werden. Es muß dob wenigstens einer hier im Neichstagz dagegen auf- treten, und ih halte mich dazu für berufen, weil ih ter Vertreter des Senates von Hamburg, der ebenfalls mit folchen Worten etroffen worden ist, hier bin. Auf der anderen Seite hat es mih sebr gewundert, daß der Herr Abgeordnete auf seine Partei die Brutalitäten übernommen hat, die bei den Unruhen in Hamburg entstanden sind. Er sprach nur von Fenstereinwerfen. Er weiß sehr wohl, daß dieses Fenstereinwerfen mit der Ab- ficht geschah, zu stehlen. (Uarube bei den Sozialdemokraten.) Ja- wobl, die Waren der Läden find auëgeräumt worden von der Masse, das ist zweifellos; Uhren, und was sie erraffen konnten, haben sie genommen. Das wurde nun heute nicht, wie in Hamburg von seiten der dortigen Sozialdemokraten, von ter Partei abgelehnt, sondern es wurde hier übernommen (Lärmende Zurufe von den Sozialdemokraten) — übernommen als eine ganz selbstver- ständlide und läherlich fleine Aeußerung der unterlegenen Nolkéshihten. Ih gehe übrigens auf diese Sachen hier nir näher ein, wie ich überhaupt auf die Diskussion, die hier geführt wird, niht weiter eingehen will. Nur eine kurze Bemerkung dürfen Sie mir erlauben. Der Abg. Dr. Mugdan hat in der vorhin hon berührten Rede die mehr konservativ gestimmten Parteien dieses hohen Hauses darauf aufmerksam gemacht, daß es in ihrem “ Interesse läge, wenn -möglichst viel Sozialdemokraten gewählt würden, weil sie dann viel leihter die Erfüllung der Wünsche, die sie angeblich betreffs der Aenderung des Wahlrechts baben, erlangen würden. Eine derartige kritisGe Situation lag in den Hansestädten vor nah der Ueberzeugung der geseßgebenden Körperscaften. Os sie rihtiz war, darüber ift hier nit zu diskutieren. (Stürmische B von den Sozialdemokraten.) Nein! (Wiederholte lebhafte Zurufe von den Sozialdemokraten.) Darüber haben zu befinden — — — (Sroß? Unruhe bei den Sozialdemokraten; Glocke des Präsidenten.) Diese Frage ist allein zu entscheiden von der Geseßzebung von amburg und Lübe. Allein von diesen Segnungen, und der Bidtas ist durch feine verfafsung8mäßige Bestimmung irgendwie dazu legitimiert, darüber abzuurteilen, ob fie recht haben oder nit. (Lebhafter Widerspruh von den Sozialdemokraten.) Nein! wo- bin kämen wir dann? Dann wären ja alle Einzelstaaten ledigli den {hwankenden Majoritäten des Reichstags anheimgegeben. Das gebt nicht, das ist unmözlih. Nach der Ueberzeugung der gesetzgebenden Körperschaften in den Hansestädten war die Möglichkeit, die Wahr- scheinlihkeit gegeben, daß eine ouisülaggetente Stellung der Sozial- demokratie in den Vertretungskörpern bevorstände. Dem baben wir vorgebzugt, deshalb — — (Zurufe von den Sozialdemokraten), weil wir der Ueberzeugung sind, daß wir die Aufgaben, die uns unsere Geschichte, unsere Entwiklung, unsere geographishe Lage in Deutsch- land stellen, Aufgaben, denen wir bisher mit den äußersten An- sirengungen gefolgt sind, niht weiter durchfübhren können, wenn das Heft der Gewalt in der Hand der fozialdemokratisch?:n Partei liegt, die prinzipiell den Handelébetrieb bekämpft. Im Zukunftsftaat soll es keinen Handelsbetrieb geben. (Wiederholter lebhafter Widerspruch.) Ih weiß nicht, ob Jhnen das etwa nicht bekannt ist. Dann inftruieren Sie sih darüber! Aber es ift gar keine Frage, und jeder wird mir darin recht geben (Lebhafte Zurufe von den Sozialdemokraten) — von Ihnen verlange ih es gar niht! — daß im Zukunfts- staat ein Handelsbetrieb in dem Sinne, wie er heute besteht, nit bestehen kann, nämli aus der vollen, felbständigen Energie des einzelnen, der, ge\tüßt durch Kredit oder Kapital, selbständig, mit eigener Kraft in den Kampf des Lebens hineingeht und diejenigen Ein- rihtungen auch trifft für die Schiffahrt usw., die erforderli find füc die Aufrechterbaltung und Ausbreitung des Verkehrs des Inlandes namentlih mit dem übersceishen Auslande. Wir können es nicht dulden, daß eine sozialdemokratishe Partei, die absihtlih und täglih wiederbolend binstellt, daß sie für die Interessen, und auss{hließlich für die Interessen der Handarbeiter eintritt, mit Auss{luß der Unter- nehmer, an die Spitze einer Handelsstadt tritt. Handels\tädte haben cine ganz besonders qualifizierte Stellung, die Schuß erfordert. Fetirmicte Zurufe von den Sozialdemckraten.) — Ja, auf Ihre obungen (Oh! ob! bei den Sozialdemokraten) — Jhre Drobungen und Eiawürfe will ich nicht eingehen! (Zuruf von den Sozial- demokraten) — Gut, lahen Sie! er zuleßt lacht, laht am besten. Wir können dieser Gefahr niht entgegensehen, ohne dasjenige zu tun, was unserer Ueberzeugung nah allein wirksam werden kann, obne die Rechte der Arbeiter ganz auszuschließen. (Zurufe von den Sozial- demokraten.) FJawobl, der Herr Vorredner ift falsch informiert! Ja Lüb:ck war bisher in der bürgershaftlihen Vertretung überhaupt kein Sozialdemokrat. (Zurufe!) Nein, erft infolge der Gesetze, die er angreift, sind die Sozialdemokraten überhaupt erst MRERFEIRE: Das ist ihm offenbar unbekannt; es ift aber wahr. Auch auf Drohungen mit irgendwelhen Unruhen u. dgl. lassen wir uns nit ein. Wir werden es abwarten, und ih versichere Sie: kommen Sie, so werden wir uns dagegen zu {üßz2a wissen und sprehen mit meinem heimischen Dithter: , ls Männer tragen wir auch das!“
Abg. Graf von Hompesch (Zentr.) : Ich habe namens meiner
Frlei folgende Erklärung abzugeben: Meine politishen Freunde
ten in“ Uebereinstimmung mit früheren Erklärungen an der Auf- fassung fest, daß die Gestaltung des Wahlrechts in den Einzel- staaten zur Zuständigkeit dieser letzteren gehört und der des Reich 8, abgesehen von Elsaß-Lothringen , entzogen ist. Anderseits bringt die Entwicklung der politishen Verhältnisse immer deutlicher die Tatsache zum Sen jein daß l das Wohl und Webe des Deutich:n Reidhes auf die Dauer von einer harmonishen Entfaltung des Berlosianglapene in den Einzelstaaten niht getrennt werden kann. Ín ciaem Staatswesen, in dem die Grundsäße der allgemeinen Swulpflicht, der allgemeinen Wehrpflicht und der allgemeinen Steuer- vflidt zur Durchfäßrüng gelangt sind, e:sheint cs als ein Wider- pruch, wenn einzelne Teile der Bevölkerung von einer wirksamen ver- fassungsmäßigen Vertretung ihrer Nechte und Intecessen ausgeshlofsen find. Was das Reich feinen Bürgern durch das allgemeine, geh‘ime und unmittelbare Wablrecht gewähren kann, wird auch in den Einzelstaaten in entsprehender Weise den Bürgern gewährt werdea müssen. Eine Frage von fo großer B-deutung und Trag- weite kann, wie die Erfahrung aller Zeiten lehrt, eine befriedigende
jung nur finden, wenn fie in Zeiten der Rahe und des
edens in Angriff genommen wird. Nah Art. 21 der Reichs- verfassung ist der Reichétag niht in der Lage, tie Initiative n2ch dieser Seite zu ergreifen. Wenn aber die verbündeten Regierungen nah Maßgabe der Reichsverfassung dem Reihstaze einen Gesey- entwurf zugehzn [asszn, in dem unter Erweiterurg der Zuständig- eit des Reichz die Einführung des gleichen, allgemeinen und un- mittelbaren Wahlrechts in den éTiiseliiagten in Vorschlag gebracht wird, so sind wir bereit, diesem unsere Zustimmung zu geben.
Elsaß-Lothringen betrifft, so liegt die Zuständigkeit des RNeichs- in 8 unbestritten vor. Der vorgeshlagene Geseteniwurf bietet indes
seinen Einzelheiten keine anwendbare Handhabe. Das ist es, was bega erklären haben ; wir werden uns nit weiter an der Debatte
n.
Abg. vonNormann (dkons.): Ih habe namens meiner politischen Freunde zu erflären: Wir find ter Ueberzeugung, daß das Reich nicht das Recht hat, in die Verfassung der Einzelstaaten einzugreifeu. Der Redner der sozialdemokrati hen Partei hat das beftritten, aber er hat es niht bewiesen. Seine Ausführungen sind nit in der Lage, unsere Ue zeugung zu ershüttern. Wir wünschen niht, daß in der bal l E irgend etwas çeändert wird, was sih auf das Ver- agent des Reichs zu den Einzelstaaten bezieht, und lehnen darum
vorliegenden Antrag mit Entschiedenheit ab.
Abg. Bassermann (nl.): Meine Freunde lehnen ebenfalls
den Antrag der Sozialdemokraten ab. Wir fiehen auf demselben Standpunkt, den der Abz. Margquardsen seinerzeit dargelegt Hat. Er hat die Kompetenz des Reichstags an ih anerkannt. Wir find au, entgegen der Auffassung der Zentrumépartei, der Ansicht, daß es dazu eines besonderen Gesezes, das die Verfassung des
Reichstags vorher ändert, niht bedarf. Wir haben immer den |
Grundsaß vertreten, daß in jedem Bundesstaat eine Volks- vertretung bestehe, die über den Etat und die Finanzen zu ent- scheiden hat. Das haben die Abgg. Bennigsen und Büsing u. a. ausgeführt. Dagegen sind wir nit der sicht, daß es Sache des Reichstags ift, sich in das Wablrecht der Einzelstaaten, in seine Einzelheiten einzumishen. Darum haben wir auh den Antrag Anker abgelehnt. Dagegen haben wir zugestimmt den An- trägen Büsing und Pachnicke. Wir gingen dabei von der Anshauung aus, daß allerdings in vielen Staaten Deutschlands das Wahlrecht reformbedürftig ist. Ein Staat, der revolutionäre Bewegungen nieders{lägt, darf sih solhzn Reformen nit verschließen. Der Abg. Friedberg bat denn au die Notwendigkeit einer Reform des Wahl- rechts in Preußen anerkannt. Auch in Sachsen baben wir den- selben Standpunkt vertreten. Was die mecklenburgishe Ver- fafsungêfrage anlangt, so haben wir 1905 in einer Interpellation auf eine Förderung der r gedrungen. In Süddeutsch- lard si1d eine Reihe von Reformgeseßen zur Annahme gelangt odèr angebahnt unter der SJnitiative oder Mitwirkung meiner Freunde. Ich erinnere an Bavern, Baden, Württemberg und Hessen. In Bayern hat man niht nach der Schablone gearbeitet, sondern ift in Verbindung mit der Regierung doch zu einer sehr vershieden- artigen Regelung gegenüber dem Reichstagswahlreht gekommen. Jn Baden hat man die zweijährige Staatsangehörigkeit verlangt, das bessishe Wablreht verlangt die dreijährige Staatsangehörigkeit und den dreijährigen Wohnsiy. So meine ih, daß eine Uni- formierung des Wablrehts für alle deutshen Staaten eine Un- möglichkeit ist. In dem Augenblick, wo Hamburg, Lübeck und Bremen das Reichstagswablreht einführen, ist die Herrschaft der Sozial- demokratie etabliert, und daß man Cents dazu nicht die Hand bietet, is selbstverständlih. Man wird die Gegner des Antrages von sozialdemokratisher Seite zu verdächtigen suhen. Das wird aber nicht gelingen, denn das Bürgertum sieht sh mit immer größerem Mißtrauen die Gedanken der Sozial- demokratie an. Die Sozialdemokratie ist die größte Feindin einer freibeitlihen Entwicklung. Die Hamburger Wahlreform is eine Wirkung aus der Ferne, von Jena nach Hamburg. In den \üd- deutshen Staaten gebärdet ih die Sozialdemokratie in der Tat etwas anders als im Norden. Der Abg. Vollmar findet patriotishe Töne, und der Abg. Cramer geht zum Großherzog, und der Abg. Geck empfindet eine gewisse Sehnsucht, zu seinem Großherzog zu gehen. Die Süd- deutshen täushen sich allerdings über die Gefährlichkeit der Sozial- demokraten. Die Verquickung der Wahlrehtsfrage mit den revolu- tionäâren Vorgängen mit ihren Greueln in Rußland hat die bürger- lihen Kreije empfindlih berührt. Das kann nicht dazu führen, folhen Anregungen, wie diesen Anträgen, Folge zu leisten. Es ist eine ganz falsche Auffaffung und unrichtige Einshäßung, wenn man glaubte, angesichts solher Szenen wie in Hamburg und in Sachsen das Bürgertum zu so weitgehendem Entgegenkommen zu veranlassen, wie es der eas Antrag verlangt; solches Gebaren kann nur die Schrittmacher der Reaktion, der Rückwärtserei ermutigen. Wenn man das ganze Bürgertum behandelt, wie es in der Leipziger Volkszeitung in dem Artikel „Der Tiger als Affe" geschehen ist (Der Redner verliest den Artikel, den die Sozialdemokraten mit wieder- bokten Zustimmungsrufen begleiten), wenn man in einer Berliner Versammlung Reden hört von dem 4 efressenen Bürgertum“, das in die Keller Ltcoen ist" , lo ift das eine sehr üble Musik, mit der Sie Shr eutiges Verlangen begleiten. Der Wutanfall der Leipziger Volkszeitung ist ja ein Produkt der Enttäushung darüber, daß die Regierung auf der Hut und bei der Hand war. Wir lehnen es einmütig ab, uns ins Schlepptau der Sozialdemokratie in dieser Frage 14 begeben. :
Abga. Traeger (fr\. Volk3p.): Ueber die Kompetenz des Reichstags kann absolut kein Zweifel mehr sein; das hat {hon 1895 der konser- vative Abg. von Buchka zugêstanden. Wenn der Abg. Bernstein den Anirag *für jung hält, so wolle er {ih daran erinnern lassen, M diefer Antrag {hon im konstituierenden Reichstage 1867 ge ellt und mit imposanter Mehrheit damals angenommen worden st. Es erschien damals undenkbar, daß in einer Verbindun konstitutioneller Staaten ein Staat {ih befinden sollte, der no im Zustande paradiesisher. Unshuld ohne Verfassung daftand. Mecklenburg hat ja bisher hartnäckig standgehalten, es hat noch beute keine Verfassung; aber ich meine, unter den heutigen Ver- hältnissen wird es endlich daran gehen, auch seinerseits diefen Anachronismus zu beseitigen. Wir unsererseits stehen noch auf demselben Standpunkte wie 1895, wo unser Antrag Anker dem Hause vorlag. Jn Konsequenz dieser Stellung können wir die Ausdehnung des Wahlrechts auf alle Personen über 20 Jahre und auf das weiblihe Geshleht niht acceptieren. Für die Einführung des allgemeinen, gleihen, direkten und ge- heimen Wahlrehts in den Einzelstaaten hat seit der Einführung dieses Wahlrehts fürs Reich der Liberalismus sich eingeseßt. Für Oesterreih hat der Kaiser das Ie Wahlreht für unaufschieb- bar erklärt; in Bayern hat der Thronerbe eine gleihe Erklärung abs gegeben. Die Buntschekigkeit der Wahlsysteme in Deutschland ist nit zu übertreffen, und die SUNegura U ist niht mehr auf- zuhalten. Wir sehen ja, wie in Württêmberg die Privilegierten selbst fo einsihtsvoll geworden sind, für ihre eigene Entfernung aus der Zweiten Kammer ‘zu votieren. Aber auch diesseits der neuen Mainlinie geht es vorwärts; in Oldenburg hat die- Regierung sich dem Ge- danken fehr geneigt gezeigt und gründlihe Erwägungen zugesagt. Leider hat der preußische Staat das allersch]echteste Wahlrecht. Gegen die Erklärung des Bundesbevollmächtigten, daß der Neichs- tag kein Reht habe, über die Wahlrehte in den Einzelstaaten abzuurteilen, muß ih aufs energischeste protestieren. Es würde ja sonst unsere ganze Tätigkeit im Reichstage leiht lahm- elegt werden können. Gegenüber dem allgemeinen Bedürfnis nah erbesserung unseres Wahlrechts an alten, verrotteten Formen festzuhalten, ist nicht konservativ, sondern reaktionär. Schon einmal hat übrigens das Reich durch seine Geseßgebung in die der Einzelstaaten eingegriffen, so durch das ilitärgesetz von 1874, worin bestimmt wurde, daß das Wahlreht der Militärpersonen bei der Fahne ruht, während dieses Wahlrecht in den Einzelstaaten teilweise anders geordnet war. E53 ist bedenklih, daß diese Sache, die gar keine Parteisache i}, zu einer solhen gemacht wird, denn ein gerechtes Wahlsystem kann keine Parteisahe sein. Auf die NRunzeln und Furchen des veralteten preußischen AOILige(tyes kann feinerlei Schönheitépflästerhen gelegt werden, die es wieder genießbar machen; wenn uns heute vorgehalten wird, das wir folh: kleinlihen Versuche gemacht haben, so ist das ledigli im Anschluß an einen konservativen Antrag geschehen, zu dem wir im preußishen Abgeordetenhaus ein Amendement gestellt hatten. Die Sozialdemokraten bekämpfen uns auf das bitterste, und nun ver- [langen fie von uns ten Edelmut, daß wir ihnen zu Mandaten in Berlin bei den Landtagswahlen verhelfen! Sie können do nicht ver- langen, daß wir uns die Finger verbrennen, Was den nervösen Sonntag betrifft, so hat er das Pflaster nicht gerötet. Die Demon- strationen auf der Straße halte ich für erlaubt und für die ultima ratio plebis, wenn es keine andere* gibt, Es i} lediglih eine Taktfcage. Jn (eiten politischen Fragen soll man nicht ab irato handeln. Die Engländer nd an derartige Demonstrationen seit Jahrhunderten gewöhnt. Bei uns würden solche Demonstrationen nah obenhin feinen guten Eindruck machen. Daß die russishe Revolution eine heilsame Warnung und Mahnung is}, ist unbestreitbar. Kein ee Mensch wird bestreiten, daß der russische Druck auf das olk unerträglich und ungerechtfertigt war. Der Druck hat Gegendruck erzeugt. Der Abg. Mugdan hat nicht bestritten, daß auf beiden Seiten Scheußlichkeiten vorgekommen s\inh. Das Unertr q e ist, daß die
Physiognomie der einzelnen Landtage der des Neichôtags entgegen- rien ist; die verbündeten Megierungen haben ein Interesse
vor, brutales Wahlreht. Jch selbst habe mit dem verstorbenen Reichskanzler Fürsten Hohenlohe in der dritten Klasse im Kaiserhof zum preußischen Abgeordnetenhause gewählt, zusammen mit unseren Portiers aus der Wilhelmstraße. habe mich dadurch nit im mindesten degradiert gefühlt. Meine Herren, Besitz ist keine Tugend, Besiß ift meist auch kein Verdienst, Besitz ist nur eine sehr angenehme Tatsache. Fürst Bismark hat allerdings in einem Augenblick des Unwillens das preußishe Wahlreht das elendeste aller Wahblrehte genannt. auch hier ist mir keine urkundlihe Tatsache bekannt, nah der Fürst Bismarck irgend einen Anfang eines Bersuhs gemacht hätte, dieses Wakhlreht zu ändern.
Dissonanz, darin, recht
keinem gegen eine Majorität regieren. daß die des Staates lösen. ja in der] Geschichte wenn eine Regierung das nicht will, die si \{ließlich der Majorität unterwerfen. alle und namentli manche Vertreter der Presse, die manhmal mit solchen Gedanken ziemli leiht spielen, nahzulesen, was derx ver« storbene Minister Mauteuffel, einer der bedeutendsten Staatsmänner, die jemals Preußen gehabt hat, trop aller Angriffe, die man gegen
{ daran, daß die Einzellandtage das getreue Spiegelbild der Volks3-
stimmung sind. In einer getrennten Abstimmung würden wir fúr den von uns acceptierten Teil des fozialdemokratischen Antrags stimmen. Nachdem die Großjährigkeit auf das 21. Jahr festgeseßt ist, wäre es berehtigt, auch beim Wahlreht dieselbe Altersgrenze festzustellen. Auch ih bin mit meinen Freunden füc eine Erweiterung der Frauenrechte. Aber ob es mögli ift, den Sprung, einen Salto- mortale, bis zum Reichstag8wahlrecht für die Frauen zu tun, ist eine andere Frage. An Beredsamkeit stehen ja die Frauen ihren Mann. Auf allen anderen Gebieten bin ih dafür, daß wir bunte Reibe machen, aber mit der Kröaung des Gebäudes, der Erlangung des Reichztags- wahlrechts, müfsen wir noch zurückhalten. Im übrigen kann ich nur sagen, daß wir von unseren fonstigen Forderungen auch nicht einen Finger breit zurückweichen.
Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatssekretär des Jnnern, Staatsminister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:
Meine Herren! Gegenüber dem Antrag der Sozialdemokratie und gegenüber den Ausführungen, die wir heute zu seiner Begründung gebört haben, möchte ih mir gestatten, einiges zu sagen üßer die psychologishe Entstehung des allgemeinen Wahlrehts im Deutschen Reich. Man kann wohl sagen : der Fürst Bismarck ist der Shöpfer des allgemeinen Wahlrechts im Deutschen Reich gewesen; er hatte das all- gemeine Wahlrecht in Frankreich kennen gelernt, während seiner Tätigkeit als Gefandter in Paris. Die Napoleonische Herrschaft, die sih auf diesem Wakblre(ht aufbaute, stand damals noch im Zenit ihres Ruhmes und ihrer Stärke. Unter diesen Verhältnissen hatte Fürst Bismarck die Wirkungen des allgemeinen Wahlrechts in Frankreih beobachtet. Fürst Bismarck, glaube ich — und ich meine, ich habe Grund, das zu glauben; er ift später selbst zu dieser Erkenntnis ge- kommen —, hat aber in der Verschiedenheit der Wirkung des allge- meinen Wahlrehts auf das deutshe Volk und das französishe Volk einen Umstand außer acht gelassen.
In Frankreich ist die Nation unter allen Regierungen an eine sehr strafe Zentralisation gewöhnt, und die Regierung hat in Frankreich unter jeder Verfassungsform durch die Regierungsorgane einen unendlih größeren Einfluß auf die Massen, als das jemals die deutfche Bevölke- rung ertragen würde. Die französishe Bevölkerung ist niht annähernd so individualistisch angelegt wie das deutsche Volk. Die Romanen sind ganz andere Naturen als die Germanen, und selbs eine deutsche Negterung, die das vollste Vertrauen der Bevölkerung besäße, würde in Deutschland nie \o bedingungslos von der Be- völkerung unterstüßt werden, wie in Frankreih die Mehrheit eine Regierung zu unterstüßen pflegt, solange diese Regierung das Vertraues der Bevölkerung besißzt. Das sind zwei vollkommen ver- \chiedene politishe Charaktereigenshaften.
Als Fürst Bismarck das allgemeine Wahlrecht in Deutsch- land einführte, beherrshte ihn, glaube ich, noch eine sehr leb- hafte Erinnerung an die Kämpfe der Konfliktszeit in Preußen ; er hatte aus- jener Zeit einen gewissen inneren Groll gegen die bürgerliße Demokratie, die die Stüße des Konflikts in Preußen gewesen war. Mit Einführung des allgemeinen Wahlrechts in Deutschland glaubte Fürst Bismarck offenbar, er würde einerseits die bürgerliße Demokratie . dadurch politisch dauernd überwinden; es würden sich dann solche Zustände, wie fie sich während des Konflikts in Preußen entwickelt hatten, unter dem allgemeinen Wahlrecht im Reih nicht wiederholen können, und er glaubte ferner, gestüßt auf die Erfahrungen, die in Frankreih mit dem allgemeinen Wahlrecht gemacht waren, daß der Reichstag von einer Bevölkerung gewählt werden würde, die ‘für die Zwecke der Landesverteidigung unter allen Umständen die notwendigen Mittel bewilligen würde. Meine Herren, in dieser Beziehung haben si die Hoffnungen, die Fürst Bismarck an das allgemeine Wahl- recht geknüpft hat, nicht erfülll. Denn eine große Partei in diesem Hause, die Sozialdemokratie, die wesentlich auf Grund des allgemeinen Wahlrehts ihre Organisation ausgebildet hat, hat wiederholt, bei vershiedenen Gelegenheiten, die \{ärfste Oppo- sition gegen die Forderungen der verbündeten Regierungen gemacht, die sih auf die Landesverteidigung beziehen.
Meine Herren, diese Erfahrungen wirkten im Laufe der Zeit
offenbar verstimmend auf den ersten Kanzler, und nachdem er sein Amt aufgegeben hatte, hat er ja bekanntlih die Aeußerung getan :
Wenn das deutsche Volk, falls sih das allgemeine Wahlrecht nicht bewährt, niht die Kraft hat, dasselbe zu beseitigen, dann habe ih mich getäuscht, wenn ih glaubte, ih brauhte das deutshe Volk nur in den Sattel zu heben, reiten wird es allein können.
“ Aber es liegt — und das möhte ih hier einmal im Deutschen
Reichstage feststellen — keine urkundlihe Aeußerung des Fürsten Bismarck vor — wenigstens ist mir é¿ine solhe niht bekannt —, die die Absicht erkennen ließe, daß er gewillt gewesen wäre, das all- gemeine Wahlreht zu ändern oder aufzuheben.
Nun, meine Herren, gehen Sie gegen das preußishe Wahblrecht weil es ein Dreiklassenwahlrecht ist. Sie nennen das ein
(Große Heiterkeit.) Jch kann Ihnen aber sagen, ih
(Bewegung.) (Heiterkeit.)
Aber
(Hört, hört!)
gestehe ich Jhnen gern zu: es liegt daß für den Meichstag ein besteht als für die Präsidialmaht Preußen. Ju fonstitutiozellen Staate kann fortgeseßt eine Regierung Man kann, wenn man glaubt, Majorität das nicht leiste, was zur Erhaltung notwendig is, eln Haus wiederholt auf. Regierungen geben — solhe Fälle haben wir , die s{ließlih zum Staatsstreich greifen, oder,
Nun eine gewisse
anderes Wahl
Es mag
Was aber ein Staatsstreich bedeutet, darüber bitte ich