1906 / 35 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 09 Feb 1906 18:00:01 GMT) scan diff

14/8) Verd Dortmunder Bierbrauer zur Förderung threr omen SyrrreeFon, Dortmund, 123 Kisten Bier.

Provinz Hannover. 4408) Neë&tsanwalt O. Kleinrath, Hannover, 21,75 M

Provinz Schleswig-Holstein.

1479) Kehmarns(her Verein für Landwirtschaft und Industrie, Bug 4. F, 1 Kiste Liebesgaben.

Königreich Sachsen. 1409) Carl Friedr. Lorenz, Döbeln, 1 Kiste Zigarren."

1414) I. Schneider u. Co., Leipzig, 6 Kisten Seife, 1 Kiste Liebesgaben, 1 Kiste Tabak, 1 Kiste Zigarren und Zigaretten.

1428) Zentralverkaufs\telle des 4. Inf. Regts. Nr. 108, Bauyen, 1 Kiste Liebesgaben.

1452) Ortsgruppe Annaberg-Buchholz des Alldeutschen Verbandes, Buchholz-Sachsen, 2 Kisten Liebesgaben.

1454) Landesverein vom Roten Kreuz im Königreih Sachsen, Dresden, 7 Kisten Liebesgaben.

1421 u. 1455) F. I. Eberlein, Pirna a E., 2 Pack Zeitungen.

1461) Klasse Ila des Königl. Gymnasiums zu Bauten, 1 Paket Liebe8gaben.

Pet Alldeutsher Verband, Plauen, 1 Kiste Liebesgaben.

1471) F. I. Eberlein, Pirna a. E., 1 Pack Zeitungen. Ln 1 Pack Zeitungen. 1487) Carl Oîto Kemniger, Treuen, 5 Kisten Liebesgaben.

Königreich Bayern.

de 1415) Bayer. Löwenbrauerei Franz Stockbauer, Passau, 4 Kisten ler. P S 6M 1423) Kreis\sammelstelle für Oberbayern, München, 20 Kisten Löwenbräu, 20 Kisten \{horrbräu, 20 Kisten Leistbräu, 7 Kisten Liebesgaben, 2 Kisten Champagner.

1437) 1 Kiste Kognak.

1442) Bayerischer Frauenverein vom Roten Kreuz, Kreisaus\{chuß für Unterfranken und Aschaffenburg, Würzburg, 50 H

1445) 100

1456) Kreissammelstelle für Schwaben und Neuburg, Augsburg, 1 Kiste Liebesgaben

1459) Würzburger Hofbräu, Würzburg, 27 Kisten Bier.

1473) Bayer. Landeshilfsverein vom Roten Kreuz, Kreisaus\{huß von Niederbayern in Landshut, 20 Kisten Bier.

1477) Materialsammelstelle des Oberfränk. Kreis\sammelk'omitees Bamberg, 7 Kisten Zigarren, Tabak, Likör 2c.

1483) Oberpfälzishe Kreisfammelstelle Regensburg, 1 Kiste Zeit- schriften, 1 Kiste Bier.

Großherzogtum Baden. 1416) Bauer Landesverein vom Roten Kreuz, Karlsruhe, -1 Paket Liebesgaben. 122 3 Kisten Liebesgaben (Lesestoff). 1422) 150 Kisten Frada. s Deutsche Kolonialgesellshaft, Freiburg, 2 Pakete Zigarren. 1481 Museumögesellscaft Bühl, Baden, 1 Kiste Zeitschriften.

Großherzjogtum Mecklenburg-Streliß. 1431) Vaterländ. Frauenverein zu Mirow, 1 Kiste Weihnahts-

gaben. Fürstentum Reuß ä. L. 1493) Redaktion der Greizer Zeitung, Greiz, 150 6

Herzogtum Anhalt.

1416 a, 1417) Anhaltischer Landesverein vom Roten Kreuz, Soihen: egel. vom Kreisverein Bernburg, 1 Kiste Liebesgaben, 2 Pakete ebesgaben. 1448) 1 Kiste Wein und Tabak, 1 Paket Tabak. 1488) Deutscher Kolonialverein, Dessau, 2 Kisten Leibwäsche, Elsaß-Lothringen.

Kognak, Kuchen 2c.

1420) Kriegerverein Weißenburg i. Els., 2 Kisten Liebesgaben.

1440) Meger Zeitung in Met, 3 M

1459) Hauptmann Weichel, SGA b. Metz, 1 Kiste Büther. 1497) Gebr. Lang, Meh, SEI, e

konzerts im Münchener Bürgerbräu, Meß

Hamburg. Pf nen Unbekannt, Hamburg, 1 Kiste Seife, 1 Kiste Zigaretten, eifen 2c. 1426) Carl Jul. Klein, Hamburg, 1 Kiste Zigarren. 1443) Familie H. Schulze, Hamburg, 6 1465) H. Heinemann, Hamburg, 20 1489) Notes Kreuz, Hamburg, 2 Pakete Drucksachen.

Berichtigung: Die in der Gabenliste Nr. 21 unter Nr. 869 aufgeführten 2 Kisten Schaumwein von den Herren G. Keßler u. Co. Nachfolger in Eßlingen sind auf Veranlassung des Württembergischen Landes- vereins vom Roten Kreuz gespendet worden.

Max Schinkel, Territorialdelegierter der freiwilligen Krankenpflege.

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nes Wohltätigkeitsmilitär- , 237,10 M.

Indem ih für diese Gaben meinen wärmsten Dank aus- \prehe, bemerke ih, daß den von den Gebern hinsichtlih der Verwendung ausgesprohenen Wünschen diesseits Rechnung getragen werden wird.

erlin, den 3. Februar 1906. Der Kaiserlihe Kommissar und Militärinspekteur der freiwilligen Krankenpflege. Friedrih Fürst zu Solms-Baruth.

Deutscher Reichstag.

38. Sißung vom 8. Februar 1906, Nachmittags 1 Uhr 20 Minuten.

(Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Tagesordnung: Zweite Beratung des Entwurfs eines Geseyes, betreffend die Feststellung des Reichshaushalts- etats für das Rechnungsjahr 1906, Spezialetat: Reichs- amt des Jnnern.

Ueber den Beginn der Verhandlung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Abg. Lehmann (nl.) fortfahrend: Ein sozialdemokratisher Arbeiter hat in den erwähnten Tarif falsche Zahlen eingeseßt und ist in frechster Weise gegen thn losgezogen. war der Gauleiter Brettshneider. Hätten die Unternehmer vorher mit der Organisation verhandelt, so hätten sch die Arbeiter wahrsheinlich mit der Hälfte von dem begnügt, was ihnen E wurde. Es wurde nun in einer Fabrik in Gera die

rbeit niedergelegt, worauf die Unternehmer mit der Ankündigung antworteten, daß, wenn am 28. Oktober die Arbeit niht wieder auf- genommen sei, sämtlihe Betriebe die Arbeit einstellen würden. Der Terrorismus, den der Abg. Hue weit von \ih wies, ist von den Sozialdemokraten bei diesem Streik gegen Arbeitswillige in seiner ganzen Glorie betätigt worden. „Hund, Schuft, Verräter“, das waren so die Liebkosungen, mit denen die Arbeitswilligen reaaliert wurden. Wenn der Graf Posadowsky hier erklärt, die actunggebietende Stellung der deutshen JIadustrie auf dem Welt- rbeiter, so sollte er doch das- en Unternehmergeist aus\prehen. Nach

marfkte beruhe auf der e der

selbe Zeugnis auch dem deuts

weiteren drei Wochen hieß es dann aber: der Streik ist aus, das Geld ist alle, geht wieder in eure Fabriken! Da haben devn die Arbeiter selbst eingesehen, welche traurige Rolle sie in den Händen der \ozialdemokratischen Führer Ce hatten. Die „Reußishe Volk3- eitung“, ihr Drag konstatiert se sl daß die Niederlage der Arbeiter- haft um so gr jer ewesen sel, als die Arbeiter hoffnungslos in die Fabriken zurückgekehrt wären und das Vertrauen auf ihre Führer, auf den Zentralvorstand, verloren hätten, weil uu sie über die Aussicht und die Lage des Streiks gewissermaßen etäuscht hätten. Wie sehen denn die Peiniger aus, welhe die Arbeiter- massen erbarmungslos verhungern lassen? Die Aussperrung ist ewiß ein zweishneidiges Schwert, aber die Sozialdemokratie ist es, ie ihnen dieses zweis a Schwert in die Hand drückt. Auf der

einen Seite zielt man auf den grausamen, mitleidlosen Reichen, anderseits wundert man \ih, daß der Reiche sozusagen künstlich sein Herz verschließt, wenn ihm sein Entgegenkommen, seine ute Absicht mit Hohn und Spott erwidert wird! Auch das wolle der raf von Posadowsky berücksihtigen, wenn er wieder von der man elnden Opferwilligkeit der Unternehmer \priht. Und wie nett macht sich nicht der Appell an den Machtkißel: „Alle Räder stehen ill, wenn dein starker Arm es will!“ Weil die Sozialdemokratie ihre Ziele durhseßen will in einem bestimmten Falle, um ihren Partetinteressen zu dienen, ist sie es, die bei Aussperrungen Zehntausende er- barmungslos aufs Pflaster wirft. ann werden dem deutschen Arbeiter endlich die ugen über seine angeblihen Freunde ausaeven Die Sozialdemokratie kannte do das Vorhandensein des Verbandes der \ächsis{ - thüringishen Textilindustriellen, und weil sie ihn und seine Satzungen kannte, war ihr Vorgehen um so verwerf- licher. Der Verband bezweckt allerdings auch die Abwehr unbe- rechtigter Forderungen der Arbeiter. Wer denkt unter den heutigen Umständen von den Fabrikanten noch daran, den Betrieb zu ver- ivern Die S1aate EUIEn müßte etwas mehr Fühlung mit den etreffenden Fabrikantenkreisen haben, wenn sie die Verhältrifse rihtig beurteilen will. Es \{cheint mir fast noch s{chwerer zu sein, die Blüte und Bedeutung der deutschen Industrie zu erhalten, als se zu schaffen. Von einer NMedefreiheit ist bezüg- lh der Sozialdemokraten {hon längst keine Rede mehr ; was heute existiert, ist nicht Nedefreiheit, sondern Redefrechheit. Der christlide Arbeiterverein in Greiz hat sich sehr forrekt benommen und hat wiederholt die Arbeiterschaft vor den sozialdemokratischen Agitatoren gewarnt ; aber fen Bemühen war vergeblich. Auf das Verhältnis des ristlih-nationalen Textilarbeitervereins kann ih dieses Lob nicht ausdehnen; das Verhalten dieses Vereins war weder christlich noch national. Der Sozialdemokratie, das ist hiernach erwiesen, gilt das Interesse des Arbeiters nichts, fie tritt es rücksichtslos mit Füßen, wenn ihre Machtgelüste in Frage kommen. Wenn das Prinzip des Unternehmerverbandes : freiwilliges Entgegen- fommen bis an die äußerste Grenze, dann aber im Kampfe ausharren bis zu Ende! Gemeingut des deutschen Unternehmertums wird, dann erwarte ih auch noch eine Gesundung unseres wirtschaftlichen Lebens !

Abg. Sha ck wies Vag.): Ih möchte niht mitshuldig werden, wenn d rörterung dieses Etats über die in Aussicht genommenen 6 Tage hinaus eht, ih werde mich daher sehr kurz fassen, zumal mi sämtliche Reden, die mehr als eine halbe Stunde dauerten, unangenehm berührt haben. Dem Staatssekretär erkläre ih nur, daß er den Mittelstand nicht zutreffend definiert, wenn er noch andere Elemente als die selbständigen darunter begreift. Im übrigen sage ih ihm: „Du sprihst vergebens viel, um zu versagen; der andre hört bon allem nur das Nein !“ Die Tarifverträge stellen auch kein Allheilmittel dar, aber Organi- sation von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die vernünftig genug Tarifverträge abschließen, werden, das darf man hoffen, gegebenenfalls auch so vernünftig sein, einen solhen Vertrag durch einen noch besseren zu ersezen. Um in der Richtung des Innehaltens der Tarifverträge erziehlih zu wirken, werden die Arbeits- fammern ein sehr gutes Mittel sein. Die Erklärung des Grafen P vom 12. ¿Dezember knüpft die Einbringung eines

esezes über die Arbeitervertretung an allerlei Bedingungen, von denen in der Zeit - des Bergarbeiterstreiks nicht die Rede war, so an eine ; befriedigende Gestaltung der Vorlage wegen der Berufsvereine durh den Reichstag. Nun haben wir erfahren, daß diese Sache sich noch in einem embryonalen Stadium befindet. Bedenklich is für uns vor allem die Verquickung mit der Regelung der Berufsvereine. Es war rein zufällig, daß auf dem Arbeiterkongreß zunächst über die Rechtsfähigkeit der Berufsvereine und dann über die rbeitskammern ge\prohen wurde. Die Rechtsfähigkeit ist für die Arbeiter eine Annehmlihkeit, aber keine Notwendigkeit, fie verlangen in erster Linie Arbeitskammern. Die christlihen Arkeitergewerkschaften haben bereits Besorgnis bei den Sozialdemokraten hervorgerufen. Die - Regierung e Vertrauen zu diesen Gewerkschaften haben, denn diese nd das beste Bollwerk gegen die Sozialdemokratie. Die tehnischen und kaufmännischen Angestellten sind den verbündeten Regierungen dankbar dafür, daß eine Enguete ins Werk geseßt wird über die Pentionsfrage, Dis tecönisen Angestellten wünshen den fkauf- männischen Angestellten gleihgestellt zu werden. Die Erklärung des Staatssekretärs über die Sonntagsruhe in der Handelswelt hat Ent- täuschung bereitet. Jch glaube, die Frage ist \o reif, daß man zur völligen Sonntagsruhe im Handelsgewerbe schreiten kann, wie fie in Frankfurt a. M. {hon dur Ortsstatut eingeführt ist. Seit 7 Jahren ist nihts mehr auf gesezgeberishem Wege in dieser Frage getan worden. Alle Shutbestimmungen fanden zuerst den Widerstand der Prinzipale, B. der Neunuhrlatenshluß; dann fanden sich die Prinzipale in die enderung. Auch die Kaufmannsgerihte haben ne sehr gut bewährt. Auch E die Regelung der Arbeitszeit in den Kontoren möchte ih die Aufmerksamkeit der Regierung lenken. Enttäusht hat die Er- flärung des Staatssekretärs, der die Ablehnung der Einführung von Handelsinsp-:ktoren durh den Bundesrat gebilligt hat. Es kommt nicht darauf an, ob „neben jedem Deutschen ein Aufseher stehen soll“, wie der O sagte, sondern darauf, daß die ercallenen Schuÿz- bestimmungen für die Handlungsgehilfen MOLA ausgeführt werden. Dazu sind sachverständige Organe notwendig, freundlihe Ratgeber, Bertrauensmänner, die zwishen Prinzipalen und Angestellten vermitteln, um einen sozialen Frieden zwischen ihnen zu hafen. Kein anderer Stand ift in dem Maße abhängig in seiner Existenz von dem Prinzipal, wie der der Handlungsgehilsen. Wir werden uns hoffentlich mit dem Antrag des entrums, der diese Frage behandelt, noch be- gi Vg Noch ein Wort über die LehtAlingszüchterei. Es sind n dec letzten Zeit ATra e exfolgt. Besondere Verdienste um die Regelung dieser ia p at si der Verband der deutshen Buhdruckèr erworben im Gegensaß zu der ablehnenden Haltung der Handels- kammern. Es ist bekant, daß dieser Verband der sozialdemokratischen Richtung angehört. Natürlih wurde dann auch der Verband von der Parteileitung gerüffelt. Hier wird die sogenannte Lehrlingsfkala als ein ¡ünftlerischer Rückschritt bezeichnet, die von manchen Genossen in der Schweiz als Fortschritt bezeichnet worden ist. Wenn man die jung- aufblühende christlih-nationale Nusetteroewegung betrachtet, dann ver- liert die sozialdemokratishe Bewehuns sehr viel von ihrem Schrecken. Je revolutionärer diese si ‘gebärdet, um so schneller tritt eine Os ein, und man muß sagen, es muß doch Frühling werden.

Abg. Pauli - Potsdam (d. kons.) : Es muß anerkannt werden, daß der frühere Mirister Möller eine segensreihe Tätigkeit für das Fach- und Fortbildungsshulwesen entfaltet hat. Allerdings hatte er in den Innungen eine gute Grundlage. Die Genossenschaften allein fönnen das ndwerk niht heben. Die Einkaufsgenossenschaften zum Beispiel stoßen bei der Verteilung der Rohprodukte auf große Schwierigkeiten. Der Abg. Mugdan fann es dem Handwerk nicht verübeln, daß es von den niht viel wissen will, wenn er bedenkt, wie es der Tischler- branhe ergangen ift. Die Tischler wollten eine eigene Feuerversicherung gründen. Die Regierung stellte \{chließ- lich die Bedingung, daß fie den Garantiefonds verdoppeln und eine Rüdversicherung vornehmen sollten. Beide Bedingungen konnten die Tischler niht erfüllen, und so unterblieb die Gründung.

Genossenschaften

Die Handwerkerkammern empfehlen keineswegs die Genossenschaften so wie es der Abg. Mugdan behauptet hat; denn in diesen Hand: werkerkammern sigen Leute genug, die mit den Genossenschaften {lechte Erfahrungen gemacht haben. Der Abg. Mugdan meinte, der Handwerker würde nah einigen Wochen doch wieder die im Examen bewiesenen Kenntnisse verlieren. Wie ist es denn da bei den Aerzten und Rechtsanwalten? Nein, der geprüfte Meister wird dur die Pra in die Lage kommen, die nahgewiesenen Kenntnisse zu befestigen. au Staatssekretär meinte, der große Aufschwung, den unsere Industrie (nonen habe, sei lediglih ein Verdienst unjerer deuiaes Arbeiter ewiß haben die Arbeiter einen großen Anteil daran. Der Abg. Hue hat aber schonanerkannt, daß auch die Kopfarbeiter darauf einen Einfluß haben Anderseits kommt auch unser A geschäftlihes Verbältnis zum Auslande in Betracht; seit der Gründung des Deutschen Reichs waren wir nur dur eine starke Armee und Flotte in der Lage, unserer Jn, dustrie den großen Aufschwung zu geben, der vor 1870 gar nit m gewesen wäre. iht die Arbeiter allein also können diesen Aufschwung auf ihr Konto schreiben ; Arbeiter, Ingenieure und Unter- nehmer zusammen haben diesen Aufs{chwung zustande gebraht. Der Kollege Bruhn hat mir vorgeworfen, ih sei ezüglih des Befähigungs- nahweises umgefallen ; der Wortlaut meiner Aeußerungen gibt für diesen Vorwurf keine Unterlage ab; daß meine versbnlile Gesinnung diesem Postulat gegenüber eine andere geworden wäre, habe ih keines, i Die \{aurigen Schilderungen des Abg. Hue über die E in den Hüttenwerken müssen großes Befremden darüber ervorrufen, daß Gewerbeaufsicht, Polizei usw. nicht längst einge- schritten sind; aber au darübzr, daß troy dieser \{eußlidhen Miß: stände ein solher Zuzug von Arbeitern in diesen Industrien stattfindet. Wenn es in dieser- Branche so [n um die Arbeiter steht, warum fällt man dann immer über die Landwirte und kleinen Ne her mit der Besu bigung der {lechten Behandlung ihrer Lehrlinge und Gesellen ? arum geht man denn dort dem Unwesen der? Ueberschichten und Sonntagsarbeit nicht energischer zu Leibe? Die Sonntagsruhe im Handelsgewerbe kann auch nah meiner Meinung völlig durhgeführt werden; ih wünsche nur, daß damit au die Sonntagsheiligung Hand in O gehen möge. Den Anklagen über den Terrorismus der Arbeiter seßen die Sozialdemokraten die Beschuldigung entgegen, daß die Arbeitgebervecbände noch größeren Terrorismus übten. Die Arbeiteragikation hat erst die Arbeitgeber ¿zum Zusammenschhluß gebraht, und nun wirst man diesen vor, daß sie Terrorismus übten, \ch{chwarze Listen führten usw. Auch die Sozialdemokraten per- öffentlichen in ihrer Presse oft {warze Listen von Arbeitgebern. Abg. Eickhoff (fr. Volksp.) : Ich halte es für eine ritter- lie, für eine Chrenpfliht, meinen Freund Myvgdan gegen die Angriffe in Schuy zu nehmen, die hier gegen ihn erhoben worden sind. Der Abg. Stüklen hat in seiner Rede von den Aus- führungen des Kollegen Mugdan als von denjenigen eines Mannes gesprochen, auf den das Christentum noch den Reiz der Neuheit ausübt. Was bezwecken folhe antisemitishen Scherze aller- gewöhn Art aus Ihrem Munde? Will die Sozialdemokratie ier nach Ahlwardtsher Art die Gegner abführen? Daß mein Freund Mugdan jüdischer Abstammung und vor vielen Jahren zum Christentum übergetreten ist, war \cchon vielen Mitgliedern des Hauses bekannt. Und wie kommt gerade die Sozialdemokratie dazu, eine Partei, die die Religion zur Privatsache erklärt, und deren Führer von Karl Marx bis zu Arthur Stadthagen auch zahlreiche Männer jüdischer Abstammung aufzuweisen hat ? Etwas bessere Manieren könnten Sie \sich wohl angewöhnen. Mein Freund Mugdan hat sich auch nit als Verteidiger des Zari3mus aufgespielt, wie der Aba. Stücklen behauptet. Ich fordere ihn auf, das nachzuweisen, über den russishen Freiheitskampf hat sih der Abg. Mugdan in keiner Weise geäußert. Etwas mehr Freiheitsliebe und etwas mehr Gerechtigkeit wäre bei Ihnen uns gegenüber sehr erwünscht, auch denjenigen Fhrer Parteigenossen gegenüber, die niht ganz Jhrer Ansicht find; und gegenüber denen, die auch ferner hier mit Jhrer gütigen Erlaubnis die Wacht am Roten Meer halten werden, und, wie der gestrige Tag bewiesen hat, auch ferner die politischen orderungen vertreten, die einem modernen Staate geziemen.

wegs gesagt.

raf Posadowsky hat si zu den positiven Vorschlägen meines Freundes |

Mugdan bisher niht geäußert; i Auf die Zustände im allgemeinen hinweisen. Schon seit ahren war dort ein Konflikt zwishen den Aerzten und dem sozialistishen Kassenvorstand aus- gebrochen. Die Aerzte haben \sich unter großen Opfern dem Terro- rismus des Vorstandes entzogen und sih damit ein großes Verdienst um ihren Stand erworben. Wenn ferner der Vorwurf des Grafen

osadowsky berechtigt ist, daß die Unternehmer es an sozialem Empfinden ehlen ließen, so trägt daran die Krankenkassengesegebung mit die E Der Hauptfehler dieses Geseßes liegt in der Zweidrittel- mehrheit der Arbeitnehmer, wodurch die Arbeitgeber bei der Verwaltung völlig ausgeschaltet werden und so der ganzen sozialpolitischen Gesebgung entfremdet wurden. Wir bedauern das aufs lebhafteste. Eine Reform des Krankenkassengeseßes hat an diesem Punkte ein- zuseßen, wenn die Arbeitgeber für die praktische Mitarbeit an der Sozialgesezgebung zurückgewonnen werden sollen. Von dem Dru der jeßigen Kassenverwaltung weiß auch mancher Arbeiter ein Lied zu fingen ; das würde anders werden, wenn die Arbeitgeber in der Ver- waltung mitzureden hätten. Eine Harmonie zwischen Arbeitern und Unternehmern gibt es, muß es geben, weil es im Intercsse der Allgemeinheit liegt. Die Bestrebungen für die Berufsvereine, die sid vor allem unser leider verstorbener Freund Max Hirsh zu fördern bemüht hat, wären von Anfang an von größerem Erfolge gewesen, wenn den Arbeitern das volle Koalitionsreht gewährt worden ware; boffentlich zaudert die Regierung gepi niht länger, dem Drängen der D nachzugeben und diese Vorlage endlih dem Reichstage zu machen.

Abg. von Gerlach (fr. Vag.): Es ist gerade der größte Vorzug der Krankengesezgebung, daß Kassen geschaffen wurden, in denen die Arbeiter die Mehrheit haben. Mißstände kommen überall vor, ! möchte aber entschieden bestreiten, daß bei den Kassen mehr Vettern-

hoffe, daß er das noch nacholt.

wirtschaft vorkommt, als bei höheren Verwaltungêsbehörden. Die '

Fahre 1904 und 1905 waren sozialpolitisch unfruhtbar, das Jahr 7906 wird es aber noch mehr sein. Wir befinden uns noch in den Kindershuhen der Sozialreform. Die Ausführungen des Abg. Hu über die Hüttenwerke haben einen geradezu ershütternden Eindruck ge“ mat. Was haben wir nun zu erwarten ? Nach den Ausführungen de Grafen Posadowsky ift es „möglih“, daß wir noch in diefer Session das Gese über die Rehtsfähigkeit der Berufsvereine bekommen werden. Fh glaube bei der Geschäftslage des Reichstages nicht daran, er müßte denn vertagt werden. Wie wird aber der Fnhalt des Gesetzes sein? Es soll dem Gemeinwohl dienen. Mit keinem Worte wird aber mehr Mißbrauch getrieben als mit diesem Wort der Thronrede. Es wurde auch bei der Zuchthausvorlage usw. gt brauht. Es. würde sehr zur Klärung und Beruhigurg dienel wenn der Staatssekretär erklärte, daß an eine Beschränkung des Koalitionsrehtes nicht gedacht wird. Die Ausdehnung df Krankenversiherung auf die Landarbeiter und das Gesinde i ein nobile officiuum dex Kreise, die bisher nur d Interessen der Großgrundbesizer vertreten haben. Ih auch bei dieser Gelegenheit auf den Streit zurückfkommen, dero im vorigen Jahre mit dem Abg. von Massow gehabt han Ich hatte bei der Beratung des Handelsvertrages Bezug genommer A cinen Arbeitsvertrag auf dem Gute Rupperthagen im Kreise Weh L Der Abg. von Massow hat dann später hier gesagt, daß es ein Gut Ruppert! hagen im Se Wehlau gar nicht gebe, und binzugefügt : „das sin die Waffen, mit denen die Herren kämpfen.“ Nun habe ih aus den! ostpreußishen Güterlexikon ersehen, daß es allerdings

Gut nicht gibt, wohl aber ein Gut Koppershagen. Das war einzige Fehler. Sollte es einem Manne mit normalen Geister kri niht mögli sein, auf den Gedanken zu kommen, daß dieses dit emeint war? Diese Kampfesweise is mir nicht ret erklärlich, i n dieser Weise einen Kollegen verdähtigt. Fch habe den Verte in beglaubigter Abschrift hier, und ih muß sagen, daß er d

i bestätigt, was ich über die traurige Bezahlung seinerzeit gesas

bei der Krankenkasse in Remscheid will ih nur

er zitiert den Vertrag.) Ein Grundbesiger aus dem Kreise

„Me elegraphierte an den Fürsten Bülow, daß seine Freunde essen Politik vollkommen einverstanden seien: Preußen in nit {shland voran und Ostpreußen in Preußen voran. Dem an von Kardorff erwidere ih: solange die ländlihen Arbeiter de, ie soziale 4 Seseugebung einbegriffen sind, ift die ganze soziale s eine eit. Gelebge urs achse (Soz.): Das Zentrum hat meine Partei wegen ichen Terrorismus angegriffen. Die christlichen Gewerkschasten 3 unshuldige Lämmer; ih erinnere nur daran, wie Holzarbeiterstreik . Mitglieder christliher Gewerk-

Pfeffer in die Augen gestreut haben.

anz s{warzen Orte des Wakblkreises des Abg. ozialdemokrat, und dieser wird von der ganzen

Bevölkerung als Räuber und Mörder behandelt, und man versucht sogar, ihn wohnungsles zu machen. Wehe, wenn einmal ein organisierter Arbeiter das gegenüber nihtorganisierten Arbeitern versuchte ! An jener Handlung waren auch gebildete Zentrums[leute beteiligt, die nit dem Arbeiterstande angehören. Jn Bergrath, einem Orte bei Aathen, haben die Geistlichen in einer Versammlung Boykott der Sozialdemokratie beschlossen, dadur), daß uns der Saal des einzigen Gasthauses abgetrieben wurde. Ich werde beweisen, welhen Terrorismus die christlichen Brüder getrieben haben. Auf der fogenannten Breslauer Räubersynode haben die christliden Gewerkf[hastler den Führern der fatholischen Facabteilung Un- ehrlihfeit, Nerleumdung, Gemeinheit, gemeingefährlihes Handwerk und fonfessionelle Hebe vorgeworfen. Was den Terrori?mus der Arbeitgeber betrifft, so wurden die Arbeiter nit nur im Nuhrgebiet, in Ober- und Niedershlesien von nationalliberalen Arbeitgebern, sondern auc von Zentrums[euten ret niederträchtig behandelt. Der Abg. Spahn bezeichnete die Geistlichen als die geborenen Führer des Volkes. Mie bchandeln nun die fatholishen Geistlihen die Arbeiter? Die fatholishe hohe Geistlichkeit in óln stellte die organisierte christlihe Arbeiterschaft als Lumpen hin. Jn Regensburg wurde gerichtlich festgestellt, daß der Bischof die Forderung der Arbeiter seiner Brauerei ablehnte und die Aussperrung nicht zurücknahm. Ein Familienvater mit mehreren Kindern konnte, weil er der Organisation angehörte, keine Arbeit mehr finden. Er war auf die \{chwarzen Listen geseßt worden. Wehe, wehe, wenn so etwas auf unserer S?ite vorgekommen ware. In dein katholischen Kreise Aachen sind ähnlicze Fälle zu verzeichnen. Die christlih organisierten _Steinbrucharbeiter haben sich an ihre Arbeitgeber gewendet ; ihre Eingabe wurde nicht berücksichtigt, wohl aber {lossen sih die Arbeitgeber in einem Vereine zusammen und ver- pflihteten sich bei Konventionalstrafe, niht mehr direkt mit ihren Arbeitern zu verhandeln! Sollte das Zentrum und sollte die katholische Geistlichkeit nicht zuerst ihren Glaubensgenofsen das E vom hrijtlihen Arbeiterreht predigen? Auf der gleihfalls sehr frommen elsaß-lothringishen Erzgrube „de Wendel“ sind die christlich organi- sierten Arbeiter von der Verwaltung niht einmal einer Antwort auf ihre Eingabe ewürdigt worden; nachdem sie einen zweiten Anlauf genommen hatten, wurden 6 Mann entlafsen, und als eine Versammlung stattfinden sollte, wurde urplöglih die Grube mit Militär besezt. Ganz genau fo wie in dem Ruhrrevier, wo die nationalliberalen Ausbeuter hausen, oder vielmehr noch s{limmer als bei diesen; denn auf dieser Grube war noh nit einmal ein Streik ausgebrohen, als \{chon Militär anrückte, um die frommen Besißer über Wasser zu halten. Bekanntlih werden auch die Ausländer, die Italiener, Polen, Oeslerreiher, die man früher selbst im Interesse der Lohn- drüderei hereingeholt hat, schleunigst als lästige Ausländer ausgewiesen, wenn sie s\{ch mausig machen, wenn sie für die Forderung ihrer Kameraden mit eintreten. Wo bleiben denn hier die geborenen Führer des Nolkes ? In Elsaß-Lothringen hat man auch in Widerspruch mit dem Gejeß vielfah die Bildung von Knappschaftsvereinen unterlassen. Wo waren denn hier die geborenen Führer des Volkes ? Auf einer Braun- fohlengrube Fortuna, die im Ses der Cölner Familie Trimborn sich befindet, herrschen ganz bedenkliche Zustände. Geseßesverleßungen sind an der Tagesordnung, und bei den Arbeiteraus\hußwahlen sind geseßz- widrig Beamte gewählt worden. Auf manchen Gruben werden Ge- fangene beschäftigt, obwobl - von Arbeitermangel keine Rete ist. Gewisse Aeußerungen des Organs unseres Kollegen Giesberts verraten auch eigentümlihe Ansihten über die Organisierung der Arbeiter ; man tritt dafür ein, daß die Handwerkergesellen mit den Organisationsbestrebungen verschont bleiben sollen, nah dem Motto: O heiliger Sebastian . . . o heiliger Florian, wollte ih sagen, vershon? mein Haus, zünd? andere an! Die sozialdemokratische Partei is stets für die Evolution, für die friedlißhe Ent- wicklung eingetreten und wird das ferner tun, aber mit blofen Versprechungen kann \sch das Volk, kann si die Arbeiter- haft nicht abspeisen lassen und kann nicht einfa zusehen, wie das Swharfmachertum \ch{ließlich die Oberhand über die Regierung be- kommt. Hat nicht der frühere Handelsminister Möller sehr oft erklärt, man habe sehr wohl Kenntnis von der Gâärung im Ruhr- revier gehabt, aber es auf eine Kraftprobe ankommen lassen wollen ? Also die Regierung if selbst {uld; wenn sie nur vorwärts zu bringen ist, wenn Katastrophen eintreten, so propagiert sie selbst den Massenstreik, dann zieht sie russishe Zustände groß; dann muß die Masse die Geduld verlieren. Gehen Sie von Ihrem Herrenstandpunkt, von Fhrem Herrenhausstandpunkt ab! Wie es mit dem absoluten Pänister vorbei ist, so wird auch die Zeit des Herrenhausstandpunktes einmal vorüber sein, und wir werden dafür sorgen, daß der Moment, wo dieser zu dem überwundenen Standpunkte gehört, recht bald eintritt. Es gibt feine konfessionellen Arbeitgeberverbände, darum braucht es auch feine konfessionelle Arbeterpereinigung zu geben. Vor 10 Jahren sagie man dea christlichen ewerkshaften : nehmt Fühlung mit den Arbeitgebern und verlaßt euch auf den lieben Gott, der wird euch erleuhten. Heute sind solhe Aus- sprühe in der criftlichen Gewerkschaftspresse niht mehr zu finden; jet heißt es auch da: Hilf dir selbst, so hilft dir Gott! Auch das Blatt des Abg. Giesberts, das Organ der grisen Gewerkschaften, hat betont, daß die gesamte Arbe terial den Ar eitgebern gegenüber einig ist, daß nur noch eine energische Arbeiterpolitik vorwärts bringen kann. Es gebt nicht mehr rückwärts, sondern es geht vorwärts im sozialpolitishen Sinne. Selbst in dem shwärzesten Bezirk meines Wahlkreises, aus dem Weber-Grenzdorf Friedland, geht seit dem neuen Zolltarif, seit der Leben83mittelteurung unsere Bewegung rapide vorwärts. 20 bis 30 verdienen dort die armen Wesen pro Tag. Das sind grauenhafte Zustände. Und da will man von Christentum, von Fürsorge des hrijtlichen Staats für seine Angehörigen reden? Graf Posadowsky hat erklärt, er sei auh kein Freund der Politik der Nadelstihe gegen uns. Diese Nadelstihpolitik kann uns nur fördern und fördert uns, auh da, wo das Zentrum den Vorteil davon haben sollte. In dem \{önen s{warzen Münsterland haben wir es.mit einer ganz besonders eifrigen Polizei zu tun. In Recklinghausen löst man uns jede Mitgliederverjammlung auf, weil wir aut Grund der von uns erlangten Kammergerichtsentsheidung dem Wunsch der Polizei, die Mitgliederverzeichnisse des Verbandes einzureichen, nicht tntsyte@en, nd in gleicher Weise geht die Polizei gegen irte vor, die uns ihre Sâle zu Versammlungen hergeben ; alle diese Wirte werden auf die Polizeistunde geseßt, und zwar auf eine kürzere, als andere. uf Vorstellungen heißt es immer: Weisen Sie die Noten aus und wir werden sehen! Und richtig: geschieht das, so wird die Polizei- tunde wieder verlängert. (Der Redner führt einige Ppette Fâlle an). Auch der Regierungspräsident von Münster hat diefe Mitglieder- versammlungsauflösungen und Verbote für gerechtfertigt erklärt, weil

: au ein Metzger in einer solhea Versammlung anwesend gewesen sei.

Selbst Gerichtsvorsitzende haben es an abfälligen Urteilen über fut derartiges Polizeibeamtenpersonal nicht fehlen lassen. Gegen ie Arbeiterkonsumvereine geht die Polizei in Recklinghausen in der gleichen ungeseßlihen Weise vor. In Oberschlesien, der Domäne des Zentrums, geht es womöglih noch böswilliger her; dort ist der girbeiter geradezu vollständig rechtlos. In den Sälen, wo d nit ungen stattfinden, wird mit Strenge darauf geachtet, daß auch nicht

ein Mann mehr da ist, als die polizeilich erlaubte Zahl; und wenn auch nur ein Mann vom Stuhl aufsteht, wird die Versammlung aufgelöst. In Niedershlesien wurde eine Versammlun ausgetol, weil fie zu stark besucht war. Der Amtsvorsteher ließ sich ogar Bedrohungen zu [Gulden kommen, obne daß er dafür zur Redenshaft gezogen wurde. Ausländer, die sich an Streiks beteiligt haben und unferer Organisation angehôren, werden ausgewiesen, auch wenn sie lange Zeit an einem Ort sich aufgehalten haben und sich ein Haus gekaust haben. Der Graf E spra davon, daß man die hristlih- nationalen Gewerkschaften unterstüßen müsse. Von einem Vorgehen gegen die Arbeitgeber und die (es Listen dagegen hat er nichts gejagt. Es werden niht nur eute auf die Quar Liste gestellt, die gestreikt baben, sondern auch solhe, die Lohn itdetungen stellen. Ein Arbeiter steht auf der \{warzen Liste, weil er bei einem seiner früheren Arbeitgeber noch einen kleinen Vorschuß hatte. Noch ein Wort über das so oft gepriesene preußische Berggesez. Die Abgg. Trimborn und Erzberger haben es über den grünen Klee gelobt. (Widerspru im Zentrum.) Sie haben es do als einen Fortschritt bezeichnet. Das Zentrum hat mit der Zustimmung zu diesem Geseh einen schweren Fehler gemaht. So denken auch die christlichen Bergarbeiter. Der sanitäre Arbeititag ist nicht eingeführt worden. Neben den 12stündigen Schichten können noch Nebenschichten eintreten; es ist alles beim alten geblieben. Die Arbeiteraus- \chüfe find vollständig rechtlos. No in lepter Zeit find Arbeiter- aus\hüsse gemaßregelt worden, auch wenn fie nur für die acht- stündige Schicht eingetreten sind. In Niederschlesien werden heute noch troy dem neuen Berggesez die Wahlen zu dem Bergaus\{chuß auf Grund der öffentlihen Wahl vorgenommen. Die nieder- \{lesischen Grubenbarone im Waldburger Revier wollen von der Geheimwahl nichts wissen. Auf verschiedenen Zechen ist die Arbeits\hicht verlängert worden, ohne daß bie Arbeiter- aus\chüsse etwas daran ändern fkönnen. Der bekannte Ver- treter der christlichen Bergarbeiter \chrieb nach Erlaß des Gesetzes, die Arbeiterausshüsse würden keine Arbeitervertretung, fondern eine Schußtruppe der Unternehmer sein. Es geben also aud Zentrumeanhänger nihts auf _das Geseß. Das Wagennullen ist zwár abgeshafft, aber an seine Stelle find Strafen getreten von einer exorbitanten Höhe. Auf einer Grube hatte jeder Arbeiter pro Tag 1,50 #4 Verlust, früher beim Nullen nur 1,20 A Seit dem neuen Gesetz ist das Ueberschichtenwesen noch s{chlimmer ge- worden, als es bisher war. Die Bergarbeiter werden dazu auf Shhleihhwegen gezwungen. Das neue Geseß sieht au den Gesundheits- beicat vor. Dieser ist nur ein Blendwerk; bei Uebershihten wird er gar nicht gefragt. Das Zentrum hat dem vershlechterten Gefeß zu- gestimmt und ist der reihsgeseßlichen Regelung nicht beigetreten. „Die Kohlenbarone im Ruhrrevier und andere Barone haben das Gesetz auf ihre Weise ausgelegt, und die Bergämter haben si ihnen anges{lossen. Sie haben den Bergarbeitern mit diesem Gese einen s{lechten Dienft erwiesen. Man hat behauptet, daß in der leßten Zeit die Zahl der Unfälle in der Industrie abgenommen habe. Diese Behauptung wird dur die Statistik widerlegt. Die Unfallvorschriften müssen in allen Betrieben in den Sprachen der Arbeiter angeschlagen werden. Die Arbeitgeber werden wegen Verlegung der Schu Voriébriften oft mit lähherlih geringen Strafen belegt. Das Unglüdck in der Borussia wäre nit eingetreten, wenn wir Arbeiterkontrolleure gehabt hätten. Ohne Arbeiter\chub ist die soziale Geseßgebung nihts wert.

Abg. Bargmann (frs. Volksp.): Nah der erregten Debatte will ih auf ein harmloseres Gebiet übergehen, auf das des Schußes nüßlicher Vögel. Ich möthte den Staatssekretär bitten, uns mitzuteilen, wie weit die Vorarbeiten zu einer geseßlichen Neuregelung dieser wichtigen Materie gediehen find. Fc iympathisiere mit den Arbeiter- {hußmaßregeln der Geseßgebung, aber das \chließt nicht aus, daß man ih au der Vögel annimmt.

Darauf wird Vertagung beschlossen.

Persönlich verwahrt si

Abg. Er zberger dagegen, daß er das preußische Berggeseß über den grünen Klec gelobt habe. :

Shluß gegen 6 Uhr. Nächste Sißung Freitag 1 Uhr. (Erste Beratung des Geseßentwur]s, betreffend die Bee Gerichtsbarkeit, Fortseßung der abgebrochenen Etatsbératung.)

Bpeußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. o 20. Sigung vom 8. Februar 1906, Vormittags 11 Uhr. (Berit von Wolffs Telegraphishem Bureau.)

Ueber den Beginn der Sißung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Das Haus seßt die zweite Beratung des Staatshaus- haltsetats für 1906 Hr.

Bei der Besprehung des Etats der Verwaltung der indirekten Steuern erwidert auf Bemerkungen mehrerer Redner aus dem Hause der

Finanzminister Freiherr von Rheinbaben :

Meine Herren! Ih kann den Herren Vorrednern nur dankbar sein für die Anerkennung, die sie den Beamten der indirekten Steuern, insbesondere den Grenz- und Steueraufsehern haben zu teil werden lassen. J teile diese Anerkennung in vollem Maße und habe von jeher gerade diesem Teile meines Dienstbetriebes ein besonderes Inter- effse zugewandt. Ich teile insbesondere die Auffassung, daß die Grenze beamten, die in Wind und Wetter draußen ihre Pflicht zu erfüllen haben, ein ganz besonders \s{chwieriges Amt haben.

Meine Herren, ih weiß auch sehr wohl, welche Wünsche auf Gehaltsaufbesserung in dieser Beziehung obwalten. Aber ih kann naturgemäß nicht allein für die Beamten in meinem eigenen Hause etwas tun, sondern muß immer in Rülsicht ziehen au die Exemplifikationen, die daran geknüpft werden. Ih kann nicht für die Beamten meiner Verwaltung etwas tun, ohne für die ähnlichen Kategorien, die Scußleute, Gendarmen usw. das gleihe zu tun. Damit gewinnt die Sache gleich eine ganz außerordentlihe finanzielle Tragweite, und deswegen kann ich nur mit großer Vorsicht an diese Maßregel herangehen. Wir müssen hier gleihes Ret und gleiche Billigkeit für alle walten lasen und dürfen niht eine einzelne Kategorie den andern vorziehen. Ob und wann der Zeitpunkt gekommen sein wird, für diese Kategorien des Außendienstes etwas zu tun, kann ih augenblicklich nicht sagen. Ih darf nur das erwähnen, daß zunächst au der Wohnungsgeldzuschuß für die Beamten aufgebessert worden ist, wenngleich das finanziell für die Grenz- aufseher nicht schr erheblih ist, weil sie sih nicht in den unteren Klassen des Wohnungsgeldzushusses befinden. Ih habe es mir dann ange- legen sein lassen, nah Möglichkeit die Dienstwohnungen zu vermehren. Namentlich an den Grenzen ift, wie der Herr Abg. Trimborn mit Recht gesagt hat, das wertvollste für den Beamten, daß er eine gute Wohnung hat, daß er nicht genötigt ist, in zum teil ganz minder- wertigen Wohnungen Unterkunft zu suhen. Ih habe deshalb nah Möglichkeit an der holländish-belgishen und an der ostpreußisch- russishen Grenze Dienstwohnungen bauen lassen. Wir werden auf diesem Gebiete weiter gehen.

Dann war eine Ausführung des Herrn Abg. Berndt unrichtig, nämlich daß die Avancementsverhältnisse dieser Beamten verschlechtert

eine

worden seien; das Gegenteil ift der Fall. In der Denkschrift, die dem hohen Hause vorgelegt ist, ist angeführt, daß im Interesse einer ¡weckmäßigen gründlichen Abfertigung bei der Zollverwaltung es notwendig geworden ist, eine große Anzahl Af sistentenstellen zu schaffen. In diesem Etat finden Sie 500 Assistentenstellen, und im nähsten Etat werden Sie wieder eine große Anzahl finden. Das ist aus sahlihen Gründen notwendig gewesen, weil die viel größere Detaillierung unseres Zoll- tarifs ein größeres Maß von Spezialkenntnissen erfordert und diese Beamten ein Examen zu absolvieren haben. Es ist aber zugleih auch den Grenz- und Steueraufsehern zugute gekommen, die durch Ablegung dieses Examens in diese höher dotierte Klasse der Assistenten auf- steigen können. 1905 verhielt \sih das Verhältnis der Grenzaufseher und Assistenten folgendermaßen. Wir hatten etwa 1200 Aisistenten und 7400 Grenzaufseher. 1906 sind es etwa 1800 Assistentenstellen, Aufsehec 7200. Also is die Zahl der Assistenten um etwa 600 gestiegen, die der Aufseher um 200 gesunken. Es ist eine wesentlih bessere Aszensionsmözglihkeit für die B?amten geschaffen. Ih komme auf die Frage der Aufhebung der Arresistrafen. Ih würde vom Standpunkt meiner Verwaltung kein Bedenken haben, die Arreststrafe für die Grenz- und Steueraufseher aufzuheben, weil wir davon nur in seltenen Fällen Gebrauch zu machen hatten. Diese Frage fann aber ebenfalls niht für die einzelne Verwaltung entschieden werden, sondern nur einheitlih für den ganzen Bereich der Staats verwaltung für alle Kategorien von Beamten, die militärisch organisiert sind, und ih darf niht hier lediglich vom Standpunkt meines speziellen Ressortsinteresses ausgehen, sondern muß die allgemeinen Nüeksichten wahren. Ob diese dahin führen werden, die Arreststrafe aufzuheben oder niht, vermag ih im Augenblick nicht zu sagen

Abg. Fürbringer (nl.): Die Assistenten sind in ihren Gehalts- bezügen aufgebessert worden. Da nun die Grenz- und Steuerausscher ungefähr dieselben Funktionen haben, so müssen sie ihnen au im Gehalt annähernd gleichgestellt werden, um fo mehr, als au Offiziere fole Stellungen einnehmen. i vet

Das Ordinarium wird darauf bewilligt.

- Zum Extraordinarium bemerkt :

Abg. Met ger (nl.), daß das Hauptsteueramtsgebäude in Flenê- burg seit langem {on fehr baufällig sei. Die Räume seien teilweise so dunkel, daß den ganzen Tag Licht gebrannt werden müsse. Jn besonders kläglihem Zustande befinde sih die Wohnung des Ober- injpektors. Alle übrigen Verwaltungen hätten dem rashen Aufblühen der Hafenstädte Rechnung getragen, nur die Zoll- und Steuerverwal- tung befinde sich im Rüstande. Er hoffe, daß schon im nächsten Etat eine entsprehende Forderung ersheinen werde.

Das Extraordinarium wird genehmigt.

Es folgt die Jnterpellation der Abgg. Brust (Zentr.)

u. Gen.:

„1) Da von dem Ergebnis der amtlichen Untersuchung über die Ursachen des großen Unglücks vom 10. Juli 1905 auf der Kohblengrube „Borussia“ bei Dortmund noch nichts bekannt geworden ist, fragen wir den Herrn Minister für Handel und Gewerbe, ob etwa an dem Grubenunglück \{chuldige Personen zur Verantwortung gezogen worden find. E

2) Hält der Herr Minister die seitens der Königlichen Berg- behörde nah dem Unglüt getroffenen Maßnahmen für ausreichend, um ähnlihen Grubenunfällen vorzubeugen ?*"

Auf die Frage des Präsidenten, ob und wann die Regierung bereit sei, die Jnterpellation zu beantworten, erklärt der

Minister für Handel und Gewerbe Delbrü ck:

Die Königliche Staatsregierung ist bereit, die Anfrage heute zu beantworten.

Zur Begründung der Jnterpellation führt

Abg. Bru (Zentr.) aus: Seit dem roßen Unglück auf der Zeche „Borussia“ sind fast sieben Monate verflossen, und noch immer nicht ist bekannt gegeben worden, ob die Schuldigen zur Verantwortung gezogen worden sind, ebensowenig wissen wir etwas darüber, ob die nach dem Unglück seitens der Bergbehörde getroffenen Maßnahme-n enügen, um ähnlichen Unglücksfällen in Zukunft E ir halten für erforderlich, daß die zuständige Stelle hier im Tb- cordnetenhause eine Antwort. gibt, nahdem im Reichstage die eantwortung einer Interpellation gleichen Inhalts vom Reichékanzler ausdrüdlih haclèhni worden ist, weil es sich um eîne rein preußische Angelegenheit handle. Jedenfalls kann man sih nicht auf die Be- ratung des Bergetats vertröften lassen, um diese Frage zu er- örtern. Der einzige Fordeciqas! der ene „Borussia“ is mit Hol ausgebaut. Die ufbewahrungéstelle für das Grubenholz ist mit einer Petroleumlampe erleuhtet. Diese ist von etnem Arbeiter umge‘toßen worden, und die Flamme hat das Grubenholz und den Fördershacht ergriffen. Die zahlreichen in der Grube beschäftigten Arbeiter waren sämtlich vom Erstickungstode bedroht. Man hat, durch den aus\trömenden Dampf und Qualm aufmerksam gemacht, alsbald die Wetter aus den MWettershächten herausgezogen und fo einer großen Zahl der Bedrohten die Rettung ermögliht; 39 Bergleute aber sind zu Tode gekommen, und die Leichen von 25 sind bis zur Stunde noch nicht geborgen. Es foll auf der Grube „Borussia*® zunähst an den nôtigen Rettungsapparaten gefehlt haben, man hat si dieselben ers von Nachbargruben beschaffen müssen. Nachdem 6 Leichen geborgen waren, stürzte der verbrannte Vordershaht ein. Die dadurch sehr ershwerten Rettungsarbeiten förderten eine weitere Anzahl von Leichen zu Tage. Es ergab sich, daß die Leute mit ihren Kleidern alle Rißen und Fugen zu ver- \stopfen versuht hatten, um sich vor den brennenden Gasen und iftigen Dämpfen zu retten. Selbst die „Rheinish-Westfälische Zeitung“ ein Organ der reinen Unternehmerinteressenten, hat aus diesem Anlasse scharfe Vorwürfe gegen das Oberbergamt und den Ruf nach dem Staatsanwalt erhoben. In der zwei Tage später abgehaltenen Generalversammlung der Gewerken der „Borussia“ wurde der Verwaltung von einem Gewerken vorgehalten, daß die Schächte in keinem guten Zustande und nicht ausgemauert seien. Darauf wurde erwidert, daß diese Vorwürfe nicht zuträfen, dafür sorge hon die ener ilde Kontrolle dur die Aufsichtsbehörde. Warum wurde denn dieser Vorwurf nicht früher öffentlih erhoben ? Dann hâtte die Bergbehörde Hue rechtzeitige Abhilfe geschaffen. Jett er- scheint sie als Mit|chuldige. ie Aktionäre sollten nur olchen Unglüdsfällen energisch vorbeugen, dann könnten sie auch die Kosten für die Hinterbliebenenopfer tragen. Man will jeßt einen Querschahht bauen, um die noh nicht geborgenen 22 Leichen bergen zu können. Die Hinterbliebenen könnten niht einmal ihre Toten wieder- sehen, sie finden nur noch ein Häufchen Moder und Reste der Leichen. Der frühere Minister hat nah dem Unglück eine Untersuchung sämt- liher Schächte veranlaßt, über das Ergebnis der Untersuchung ist mir nichts bekannt geworden. Aber die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung hat das scharfe Wort gesprochen, daß die elementarsten Borsichts- maßregeln unterlassen worden seien, und daß dies eine strenge Unter- suhung veranlasse. Das Oberbergamt in Dortmund hat einen Nach- trag zur Bergpoltzeiverordnung er assen, dessen wichtige Bestimmungen ih auf das Verbot offenen Lichtes in allen nicht ausgemauerten Gruben, die Benußung elektrischer Lampen nur mit Genehmigung des Oberbergamts und die Benußung der _Sicherheitslampen beziehen. Bisher konnten auh an gewissen Füllorten, auch solhen mit olzzimmerung, Petroleumlampen benußt werden. Es fragt

@, ob in dem Schacht „Borussia“ die Petroleumlawpe mit Genehmigung gebrauht wurde. Es hätte von Nechts wegen elektrishe Lampe da sein müssen, abex elbst die