1885 / 106 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 07 May 1885 18:00:01 GMT) scan diff

rof. Dr. Hirs, Geb. Rath Prof. Dr. Kob, Geh. Rath Prof. Dr. ?

Medizinal-Rath Dr.

Neumann, Geh. Rath Dr. Sfkrzeczka,

Sanitäts-Rath Dr. S. Piftor, Gezneralarit Dr. Sbubert, Geb. Rath De. Struck, Geh. Rath Prof. Dr. Virchow, Regierungs-Rath Dr. Wolffbügel, treten dies Mol außer dem jeßigen Direktor des Kaiserlien Gesundbeitsamts, Hrn. Geb Rath Koehler, nob die Herren Geh. Rath Dr. von Pettenkofer-München und Geb. Rath Dr. Günther-Dresden. Dur den Zutritt der leßt- genannten Herren war dis frübere deutswe Cholerafommission voll- ständig vertreten. Schon im vorigen Jabre war beabsichtigt, die Ein- [ladung allen früheren Mitgliedern derselben zukommen zu laffen; man nabm aber davon Abstand, weil man nicht glaubte, den außerhalb Ber- lins wobnenden Herren die Reise auferlegen zu sollen. Um so erfreulicher und im Intereffe der Sacheliegend ift es, daß Beide der an fie ergangenen Einladung bereitwillig Folge geleistet haben. Als Scbriftführer fungirt wiederum Hr. Prof. Dr. B. Fraenkel. Die Publikation der Verband- lungen wird auch dies Mal in der „Berl. Klinishen Wochenschrift“ und in der „Deut. Med. Wochenschr.° gescheben.

Die erste Sißung der veuen Serie der Verbandlungen er- ¿öffnete am Montag. den 4. d. Mts, der Vorsißende, Hr. Virbow, mit ciniaen acschâftliden Mittheilungen. Hierauf trat die Versammlung in die Verhandlung über den ersten Punkt der Tagetordnung ODer- selbe lautet: Darleguna und Diskussion der neueren, seit der leßten Sitßung gewonnenen Erfahrungen über die Ckbolera Bakterien mit Fesonderer Berücksihtigung ihrer Dauer fähigkeit. :

Hierzu erbält zuerst das Wort Hr. Geheime Rath Profefsor Dr. Kob. Derselbe beginnt mit einer Besprechuyg der seit der leßten Sitzung der Konferenz publizirten Arbeiten. Die gegneriscéen (Fiukier-Prior, Klein, Emmerich) werden fkritisd widerlegt und aus den bestätigenden der Scbluß gezogen, daß der Kommabacillus nirgendwo anders, als bei Cholera sib findet, hier aber niemals fehlt. Als eine eigene bestätigende Erfahrung erwähnt Koch die Untersucbung von Deckzlöscen, die ihm, mit dem Darminholt von 79 Fällen von Ckolera b.striden, aus Kalfutia zugesandt wurden. Er demorstrirt eine Sette von Reinkalturen des Kommabacillus aus Franfrei, Italien und Deutschland, die alle vollkommen glei sind. Er bâ!t es für bewiesen, daß der Kommabacillus aus\{ließlic dir Cholera zufomme und von allen anderen Bakterien leicht zu untersceiden, also dizagnostisch verwerthbar sei. Hierauf \{ildert er mit Reiykulturen angestellte, gelungene Thierexperimente. Thera- peutishe Versuke an den Cholerathieren haben vor der Hand nur gezeiat, daß aroße Dosen Kalomel oder die Anwendung von Napkbtalin das Leben der Thiere um einen Tag im Durchschnitt verlängern. Der Kommabacillus wird durch Trockenheit und andere Detinfek- tions- i e Abtödturas8verfahren z. B. dur Karbolfäurelösung von è % schnell verrihtet. Den Beobachtungen am Menrscben, die wie ein Infektions-Erperiment betrachtet werden können (Klein, Macnamara), fügt Koch eine neue binzu. Von den 150 Aerzten, die die Cholerafurse im Reichsgesundheits-Amt besuchten, bekam Einr Cbolerine. Jn seinen Dejektionen fanden sb Kommabacillen. Unter der oben erwähnten demorstrativen Serie von Meinkulturen rührten die aus Deutscbland von diesem Falle hcer. Ueber die Haltbarkeit des Kommabacillus zeigen angesteute Versube, daß derselbe im Brunnenwasser 30 Tage lang, in Kanaljauche 7 Tage, in dem Inhalt einer Abtrittsgrube 24 Stunden, auf feucbter Leinewand 3—4 Tage, im Hafenwasser von Marseille (nah Nicati urd Rietich) 81 Tage, auf Agar-Agar länger als 144 Tage lebend erhalten werden kann. Eine cigentliwe den Sporen anderer Bacillen entsprewende Dauer- form lâfit si aber niht nachweisen.

Nach Koch ergreift Hr. von Pettenkofer das Wort. Er erklärt sid für nit durcaus überzeugt. Namentlih {eine thm dos Thier- cxperimeat winia gelungen. Pettenkofer kann den Kommabacillus Ridi als ten ursädlihen Erreger der Cholera ansehen, nimmt viel- mebr an, daß durch die Cholera Bedingungen geschaffen werden, welcbe die Entwidelurng des Kommabacillus begünstigen. So erkläre sich sein regelmäßiges Vorkommen bei der Cholera. Die Gesetze der epidemiologisben Erfaßrung“ üb.er Cholera könnten aber nur gezwungen durch die Annahme erklärt werden, daß der Kommabacillus die Ursate dieser Krankheit sei, Derselbe sei widerstandzl-#, werde durch Trockniß vernichtet , Nieder-Bengalen die trockene Jahreszeit gerade die Cholera begün- itige. Aucb seien die Kommabacillen nur im Darm, nit in den Organen vorhanden. Man müßte also annehmen, daß sie in dem \chwer resorbirenden Choleradarm ein sebr starkes Gift erzeugten. În den Reinkulturen in München hätte sich ein folbes nicht nat- weisen lafsen. Die Cholera steine nibt- eine Kombination von În- feftion und Intorikation zu sein, sondern eine rcine Infektionskrank- heir. Wie aber auch die Entscheidung über die Bacillen auétfallen möge, cs müsse do erst immer wieder die Uebereinstimmung mit den epidemiologisden Gesetzen dargethan werden. Wenn die Cholera- kranken nit direkt anstecken, so fönne es auch der Cholerapilz nit thun, und wenn die Cholera von Ort und Zeit abhängig sei, dann fôrne auch der Cholerapilz nit darüber gebieten.

Hr. B, Fraenfel erwähnt, daß tas einzige Bakterium des Darmes, welbes mit Kommabacillen morphologisch Aehnlichkeit babe, ein im Munte wobnender kfommaähnlicer Vibrio set.

Leyden,

während in |

Hr. Kob werdet sich gegen die Ausführungen des Hrn. von Pettenkofer. Es sei gänzli ohne jedes Analogon, daß dur eine Krankheit ein Bacillus sekundär entftände. der nur bei ihr gefunden werde. Die trockene Jahretzeit made Kalkutta keineswegs trocken, sondern verringere rur den fehr großen Wafserreibthum dieser Stadt. Gegenüber den Müncener negativen Versuben, ein Gift aus den Reinkulturen des Kommabacillus zu gewinnen, baben jolche, die bier gemacht, aber noch nit abgeshlofsen seien, ein positives Resultat ergeben. Es sei fein Fall bekannt, daß die Cholera, wie bei Milz- brand und Pocken, durch trockene Gegenftände verbreitet worden sei. So sprâhe auch die Erfahrung niht für eine Dauerform des Bacillus.

Die Situng wurde sodann vertagt.

Im Verlag des Hofphotographen H. Rückwardt in Berlin ift soeben ein ftattlibes „Album von Varzin“ erschienen, das in 24 Blättern von meifterlider Ausführung ein interessantes Bild der als Besiy des Fürsten von Biêmarck bekannten Herrschaft und vor allem der zu dem Besißer in näherer Beziehung stehenden Partien derselben bietet. Ihre Entftebung verdankt die Publikation dem Fabrikbesitzer Behrend, dem Pächter der Varziner Papiermühlen, der die photographischen Aufnahmen reranlaßte und dem Fürsten von Biêmarck als Festgabe zum 70. Geburtétace ein erstes Exemplar des Albums überreichte. Daß letzteres nit blos durch den Gegenftand der Darstellung an sich, sondern zu- gleich aud dur den fkünstleriiden Gesbmack zu fefseln weiß, mit welchem die Aufgabe erfaßt und durbgeführt ift, bedarf im Hinblick auf die bekannten tüchtigen Leiftungen des Rückwardtschen Ateliers kaum der besonderen Bemerkung. Was die Photographien bieten, find durhweo anziehende Naturstudien, die auf treueste W-:eder- gabe der wirflider Erscheinung ausgehen. Auf eine äußerlich effekt- vcelle Inscenirung der einzelnen Ansichten ist ausnahmélos verzichtet ; der gescbickten Wahl der Stardpunkte und der treflihen Durcb- arbeitung der photographiscen Plat!en gelingt es indeß nittsdefto- weniger, die Mehrzabl der Blätter zu in sch ges&lofsenen Bildern ven carakteristis wer Haltung abzurunden, Eine Gesammt- ansiht WVarzins und der umgebenden Landscaft eröffnet die Reibe der Blätter. Daran {ließen fich die Ansidbten des alten \{mudcklosen Swlofses mit dem neuen Anbau, der dasselbe Gepräge strengfter Einfachheit trägt, wie es dem Beschauer weiterhin in den Interieurs des fürstlihen Arbeits- und des Billardzimmers sowie in den an das Scbloß anstoßenden Parfpartien entgegentritt. Nicht ohne malerishen Effekt sind sodarn die Scenerien der alten, halb- verfallenen Dorfschmiede, der verschiedenen Papiermüblen, des Fäger- bofs und der Förstercei Annenhof, zu denen ferner noch die Ansichten dir Dörfer Seelitß, Puddiger und Wussow sammt der Kirche des ley- teren hinzutreten. Eine Meibhe der trefflibsten Aufnahmen aber \{ildert endlib die zum Theil erst von dem jeßigen Besitzer Varzins ge\caffenen Wald- und Wasserpartien der Seeberge mit den dur das Nadelholz geschblagenen Durchbauen, die von stillen, abgescbiedenen Rubepläßen aus dem Auge eine weite Ausscau über Wald und Feld aewähren. So \cklicht und einfach diese Natur erscheint, fo entbehrt sie do keineëwegs eines eigenartigen landscaftliwen Reizes, und ein Blick auf die vorzügli gelungenen Blätter, in denen sie si in voller Treue widerspiegelt, würde das Album als méisterliche Leistung der Photograpbie selbst dann der Beachtung werth er!cbeinen lassen, wenn es niht überdies durch die Beziehung auf den Besitzer von Varzin ein weiter reichendes historisces Interesse gewönne.

Den in Nr. 99 d. Bl. besprochenen, von Volkmann und Prell gemeinsam ausgeführten Proben farbig bemalter Marmorskulptur hat sib inzwischen ein drittes, etwas größeres Stück binzugesellt, das über die beiden ersten Versucbe in jeder Hin- sicht binauëgeht und noc teutliber erkennen läßt, wie der von den beiden Künstlern eingeslagene Weg direkt ¿u dem Ziele führt, an der Hand einer Rekor struktion der griechis{en Polycbromie für die moderne Plastik das seit den Tagen der Renaifsance für sie verlorene Moment der Farbe wiederzugewinnen. In der neuen Arbeit, die abermals wie das Fraament eines größeren Reliefs wirkt, erscbeint die Aufaabe zunächst rein äuferlih erweitert. Statt eines einzelnen Kopfes bietet sih der Betrachtung ein umfangreicberes Brucbftück dar, das als aus einem Festzug in der Art des Par- tbenonfrieses bherstammend gedaci ift. Es zeigt den Profilkopf eines Jünclings bis zu der von farmoisinfarbenem Gewande bedeckten Schulter berab und dazu den cines Pferdes, cines mit li{tgrünem Zaumzeug aufgeschirrten Shimmels, neben welbem man ihn ein- herscreitend zu denken hat. Die Vorstellung eines größeren Ganzen, einer breit fich entfaltenden, im vcllen Swmuck dcr Farbe prangenden Kompofition, wird dadur in dem Bescauer angeregt und der weiter- bildenden Phantasie in unmittelbarer Lebendigkeit gegenübergestellt, Zu dem erweiterten Rahmen des Eroeriments aber tritt cine nticht unwesentlide Modifizirung dessciben hinzu. von den Künstlern zuerst ausgeführten bärtigen Männer- kopf, der bei völlig antikfeIm Gepräge der Formengebung auch in der gleichsam nachgedunkelten Tönung des Fleisches den

Neben dem

fast täushenden Gindruck ciner alten Arbeit hervorruft, war bereits in dem frischer getönten Mädchenkovf ein Scbritt weiter dazu acthan die Farbe in ihrer ursprünglicen Lebendigkeit wirken zu lassen. Aus der letzte Rest einer leisen Scheu na dieser Seite hin ist jeßt in dem neu auégeftellten Relief vollständig übterwunden, und von jéder fünstliden Patinirung der angewendeten Farbentöne fo unbe- dingt abgesehen, daß die Bemalung den Eindruck des eben erft fertig gewordenen Werkes hervorruft. Das belle Blay des Grundes, das Weiß, mit welhem der Pferdekopf über, zogen ist, der gelblidbe Schimmer im Ansaß der Mähne, das braune Haar, die rothen Lippen und der klare, in der Wange bis ¡um Ohr hinauf von wärmerem Roth durschimmerte Fleishton des Jüng, lingskopfes bringen sich in gleibmäfßig unberübrter Frische zur Geltunc und die damit erreibte Gesammtwirkung fteht an vornehmem künst: lerishen Reiz jenen ersten Versuchen nit im entferntesten nab Besondere Beachtung verdient die niht mehr zu überbictende Meister, saft, mit der in dem ungemein edlen Jünglingskopf sowobl wie in dem des Thieres das Auge behandelt, der lebendice Glanz; desselben zum Ausdruck gebracht, die dunklere Pupille und die beller \{immernde Jris in feiner Nuanciruna des verschiedenartigen Effekts baraîïterisfirt ist. Gerade in dieser Partie und in dem gesammten Fleisbton, gegen desen Wiedergabe man si in den auf die antike Polybromièt bgzüglihen Erörterungen stets am meisten fträubte, tritt die dur die Färbung erziëlte Veredlung des Materials und die mit ihr Hand in Hand gehende Erhöhung der künstlerishen Wirkung am glänzendsten zu Tage. Erhebt die besprocene Arbeit au nur den Arsprucb, als ein weiterer Versu betrachtet zu werden, so if dog die Grenze des bloßen Experiments in ihr bereits ütersritten und die volle Garantie dafür geboten, daß das bier bewiesene künftleristhe Können fi nurmehr au in wirklicher Praxis mit gleichem äfthetishem Erfolg betbätigen würde.

Die Mastvrieh-Ausfstellung wurde beute, am 2. Ausftellungé- tage, während der Morgerstunden in allen ibren Abtbeilungen tin- gebend von dem Staats-Minister Dr. Lucius besichtigt. Für Mittags 1 Uhr war der Besuch Sr. Kaiserliven Hoheit des Kronprirzen an- gekündigt. Von dem Recht, das Vieh am zweiten Tage ge\chladtet auszustellen, haben nur wenige Auësteller Gebrau gemacht. i

Im Königlicen Schauspielhause wurde gestern Goethe's „Faust“ nach längerer Pause mit Neubesezung zweier Hauptrollen aufgeführt. Die Titelrolle gab Hr. Neêëper in zufriedenstellender Weise; die {ône Gestalt dieses Schauspielers und fein wohlklingen- des, mächtiges Organ passen ja zu dieser Rolle ganz ausgezeibnet, und den deklamatoriswen Theil derselben löfte derselve durchaus tadellos, aber es mangelte faft vollständig die Ver- tiefung und innere Durcbgeistigung des hohen Gedankere inbalts. Hrn. Neêëpers Spiel war zwar durchdadbt, und an einigen Stellen gewann der Vortrag au Wärme und Innigkeit, aber der Künstler hat die die Gemüther ergreifenden, die Seelen packenden und ersbütternden Tône nur selten gefunden; nichtsdestoweniger darf man hoffen, daß er bci weiterem fleißigen Studium zukünftig äu diese grofe darstellerisde Aufgabe vollkommen lösen wird. Als „Gretwen“ sahen wir Frl. Rübsam vom Stadttheater in Aachen, wele Dame in der That gute und \{bäßenswertbe Eigenschaften für die Bühne besißt; es treffen hier offenbar ursprünglibes Talent mit ebrliwem Fleiß zusammen, beide vereinigt erft macben die Künst- lerin aus. In den erften naiven Scenen traten die Vorzüge der Debütantin vielleiht wegen der natürliben Befangenheit roeniger hervor als in den folgenden dramatisb lebendigen und ergreifenden Momenten ; aub gelang es der jugendlihen Künstlerin Anfangs nitt immer, die volle Herrschaft über die Klangfarbe und Fülle der Stimme zu béhaupten; um fo überraschender und wirkungsvoller geftaltete sich dieselbe in den von warmer Empfindung und ernster Leidenschaft gesättizgten Scenen. Hier fand Frl. Rübsam die Tône wahren und tiefen Gefühlslebens mit so unwiderfteblicer Wirkung, wie sie eben nur dur reite ursprünglihe Begabung erzielt werden kann. Das Anfangs zurückbaltende Publikum erwärmte sit denn aub mehr und mehr für die Künstlerin und zollte ihr nab den leßten Scenen ungewöhnlib reihzn Beifall. Die vorzüglite Leistung der Fr. Frieb-Blumauer als „Martha*® bedarf feiner erneuten Anerkennung; den „Mephiftcpheles®* gab Hr. Kahle wie früher mit Auszeihnung, auch diese beiden Künstler hatten reihen Antheil an den Ehren des Abends. Zu er wäbnen bleibt noch tie fein durchdadte Leitung des Hrn. Krause als „Wagner“; in der That weiß dieser geniale Schauspieler aus der klcinsten wie aus der uniympathis{sten Rolle immer ein abgerundeteé

köftlihes Lebensbild zu gestalten, welbes der Sympathie Aller sier F : seine wachsende E

ist. Das Haus war ausverkauft und bewies dur en Theilnahme, welce si äußerli oft und stürmisch kund gab, seine lebhafte Anerkennung für die im Ensemble \{öôn gelungene Darstellung,

Im Deutschen Theater acht am nächsten Montag, den 11, |

„Emilia Galotti* neu in Scene. In der Titelrolle wird Frl. Teresina Geßner als Gaft zum ersten Male auftreten.

Oeffentlicher Anzeige. Q

A r ate für den Deutschen Reichs - und Könial. 4 Preuß. Staats - Anzeiger und das Central-Handelë- register nimmt an: die Königliche Expedition

des Deutschen Reichs-Anzeigers und Königlich Prenßishen Staats-Anzeigers : 3 Berlin 8W., Wilhelm-Straße Nr, 32. L

Subhaftationen, Aufgebote, Vorladungen | Lei dem unterzeibneten Geribte : anzumelden, widrigenfalls fie

erben ihre Arsprüche nur insoweit geltend macben können, als der Nablaß mit Aus\{luß aller seit dem Tode des Erblassers aufgekommenen Nutzungen durch Befriedigung der angemeldeten Ansprüche nicht

u. dergl.

[2682] Anfgebot.

1) Die Buchbindergejellen-Krankenkafe in Er- furt, vertreten durd die Bucbbindermeister Bernhard Rhein und Rudolph Seidel zu Erfurt,

hat das Aufgebot des auf die Buwbbindergesellen- Krankenkasse in Erfurt lautenden Sparkafenbuchs der städtischen Sparkaffe in Erfurt Nr. 28219 über 109,58 A,

2) der Pharmazeut Karl Lendrih in Erfurt hat das Aufgebot des auf seinen Namen lautenden Sparkassenbucbs der städtischen Sparkaffe in Erfurt Nr. 67307 über nod 118 M 94 „\ mit dem Be- merfen, daß die Bücber verloren gegangen sind, be- antragt. Die Inhaber der Urkunden werden auf- gefordert, spätestens in dem auf den 23. Oftober 1885, Vormittags 10 Uhr, vor dem unterzeibneten Gerichte, Zimmer Nr. 58, anberaumten Aufgebotstermine ihre Recbte anzu- melden und die Urkunden vorzulegen, widrigenfalls die Kraftloserklärung der Urkunden erfolgen wird.

Erfurt, den 10. März 1885.

Königliches Amtsgericht, Abtbeilung VIII.

erschbôpft wird.

[71827]

zu 500 M,

6989) Aufgebot.

Auf Antrag des Fabrikanten Arthur Franquet zu Braunsbweig, Steir.weg 4, werden alle Natlaß- gläubiger und etwaigen Vermächtnifinehmer des am v. Februar 1885 zu Amalfi geftorbenen Forst- beflissenen Louis Johannes Lorenz Guido von Frarquet aufgefordert, ihre Ansprücke an den Natlaß desselben spät stens in dem Aufgebotstermine :

am 1. Juli 1885, Vormittags 10 Uhr,

folgen wird.

(L. 8.)

. Steckbriefe und Untersuchungs-Sachen. 2, Subbastationen, Aufgebote, Vorladungen u. derg]. . Verkäufe, Verpachtungen, Submissionen etc. Verloosung, Amortisation , Æ u. 8. Ww. von öffentlichen Papieren.

Neuhaldensleben, den 39. April 1885. Königliches Amtsgericht.

Das Königl. Amtsgeriht München 1L., Abtheilung A. für Civilsachen,

hat am 3. März 1885 folgendes Aufgebot erlaffen: Es find durch Entwendung zu Verlust gegangen drei Stück 4/9 Pfandbriefe der bayer. Hypotheken- und Wechselbank : latt L Ne. Nr. 38162 zu 1000 Æ und Litt G. Nr. 10808

vinfulirt unterm 28. Juni 1876 auf den Namen des Georg Eberl, Paulusbauern in Ried.

Auf Antrag des Rechtsanwalts Weiß in Mübl- dorf, als bevollmäctbtigten Vertreters dieses Eberl, wird nun der Inhaber aufgefordert, längstens bis zum Aufaebotstermine:

Freitag, den 9. Oktober lf. Js., i Vormittags 9 Uhr, im diesgerihtliben Sitzungésaale Nr. 18/l. seine Rechte anzumelden und die drei Pfandbriefe vor- zulegen, widrigenfalls deren Kraftloterklärung er-

München, den 4. März 1885, Der geshäftsleitende Kgl. Gerichtsschreiber :

Grosshandel,

7. Literarische Anzeigen, Zinszahlung

9. Familien-Nachrichten. E

J E Beka

Zimmer Nr 5 gegen die Benefizial-

Tember v. J,

ertbeilen im Stande sind,

Hevynacber.

Emden, den 28. April 1885, Lohbftöter.

[6818]

Dietz

von Hausen als

13908 zu 2000 Æ, Létt F,

gericht ¿u Oteraula kamp für Ret :

Grundbus von theilung III

Kulenkamp.

[6795]

Hagenauer.

5, Industrielle Etablissemets, Fabriken und 6. Verschiedene Bekanntmachungen.

8. Theater-Anzeigen. | In der Börsen- beilage, nntmachung.

In der seeamtliben Untersucbungssache wegen des verschollenen Loggers „Mary & Jenny“ K. F.D.T. von Emden werden alle Diejenigen, welche über den Verbleib des in rubro genannten, am 30. Sep- von bier auf den Heringsfang aut- gegangenen und am 25. Oktober v. I. zuletzt ge- sehenen Schiffes und seiner Besaßung Auskunft zu bierdur dem unterzeibneten Secamte bis zum 10, Juni d. J. desfallsige Anzeige zu machen.

Der Vorsitzende des Königlichen Seeamtes:

Jm Namen des Königs! Auf dén Artrag des Bürgermeifters Vormund über Klirpert und defsen Ehcfrau, Anna Catharina, geb Lindemann dortselbst, erkennt das Königlihe Amts- durch den Amtërichter Kulen-

Es wird die Löschung des in Artikel 438 des Oberaula unter Nr. 1 Ab- eingetragenen Pfandrechts wegen 34 Thlr. Kaufgeld für Conrad Hofmann und Frau Chriftine, geb. Splittorf von Hausen aus Vertrag vom 30. Januar 1854 verfügt. Oberaula, den 22. April 1885, Königliches Amtsgeriht.

Bekanntmachung. Der am 8, Oktober 1837 geborene Johann Gott- wald, welcher zuleßt in Kosel bei Patschkau gewohnt

„JZuvalidendank“, Rudolf Mosse, Haasenstein

& Vogler, G. L. Daube & Co., E. Séhlotte,

Büttner & Winter, sowie alle übrigen größeren Aunonce2 - Bureaux.

P

hat, im Jabre 1863 na Amerika ausgewandert if und unter dem 19. März 1874 aus San Franciéco das leßte Lebentzeichen bricflih gegeben hat,

und déffen unbekannte Erben und Erbeserben wer den hiermit aufgefordert, sich bei dem unterzeichneten Geribt und spätestens in dem auf

den 14, Januar 1886, Vormittags 11 Uhr, anberaumten Termine schriftlich oder persönli ¡1 melden, widrigenfalls der Iohann Gottwald für todt erklärt wird, seine unbekannt gebliebenen Erben und Erbeserben aber mit ihren Erbansprüchen au“ gescklofsen werden.

Patschkau, den 18. April 1885,

Königliches Amtsgericht.

aufgefordert,

Iobaanes Johannes

(6 Befanntmacung. In die Liste der bei dem hiesigen Königlichen Amtêgeriht zugelasscnen Rechtsanwälte ift der

zu Lublinitz beut eingetragen worden. Lublinitz, den 4. Mai 1885. Königliches Amtsgericht.

Rechtsanwalt Adolf? Jungmann mit dem Wohnsiß

Redacteur: Riedel,

Berlin: Verlaa der Expedition (Schol z.) Druck: W. Elsner.

Sechs Beilagen einshließlid Börsen-Beilage).

. Erste Beilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

Berlin, Donnerstag, den 7. Mai

1885.

Me M G E L H - E

Nichtamtliches.

Preufen. Berlin, 7. Mai. Jm weiteren Verlauf der gesirigen (94.) Sizung des Reichstages wurde die zweite Berathung des Berichts der XI. Kommission über den der- jelben zur Vorberathung überwiesenen Antrag des Abg. von Wedell-Malchow, betressend Abänderung des Gesegzes wegen Erhebung von Reichs -Stempelabgaben, vom 1. Juli 1881, und des von den Abgg. Dr. Arnsperger und Genossen eingebrahten Gegenentwurfs, fortgeseßt.

Die Berathung begann beim Antrage der Abgg. Richter und Kayser. Der Abg. Richter beantragte, dem Gesetzentwurf folgende Bestimmung als legten Paragraphen (8. 32) hinzu- zufügen :

„Mit dcm Inkrafttreten dieses Gescßcs wird das Gesetz, be- trcffend den Zolltarif u. f. w. vom 15. Juli 1879, dabin abge- ändert, daß für das im Zolltarif Nr. 29 aufgeführte Petrclcum (Erdöl) und andere Mineraiöle anderweitig nit genannt, rob und gereinigt, der Zollsaß aufcehoben wird.“

Der Abg. Kayser beantragte :

Dem Gefeßentwurfe als §, 32 hinzuzusügen: Mit krafttreten dieses Gesetzes ift das Gesciz vom 12. Oktok betiefend die Erhebung der Salzsteuer, aufceboben.

Für den Fall der Ablehnung aber zu bes{ließen: Aus dem Ertrage dicser Steuer wird ein Fonds gebildet, der den Namen „Arteiter-Invalidenfonds" führt und wil(er bis zum Eclaß cines, die Versorgung erwerbéunfähßiger Arkteiter regelnden Gesztzes an- zufammein und zinsbar anzulegen ist. Die Verwaltung dieses Fonds wird durch besonderes Gesetz geregelt.

Der Abo. Richter (Hagen) befürwortete seinen Antrag. Der Reichskanzler habe die Vörsensteuer als eine Forderung moralifscher Gerechtigkeit bezeihnet, wie überhaupt jeßt die

tinister stets neue Steuern mehr mit s{önen moralischen als mit finanziellen. Zwecken zu rechtfertigen pflegten. So habe au fürzlich der Minifter Dr. von Scholz bei den Ge- treidezöllen die wirthschafstliche Seite gegenüber der finanziellen in den Vordergrund gestellt. Gerechtigkeit sei ja eine schöne Sache; aber sie werde ebenso gut hergestellt, wenn man da, wo die Belaftung zu groß sei, etwas abnehme, als wenn man da, wo fie zu klein sei, etwas zuseze, Wolle also der Neichskanzler die Belastung des Jmmobilien- und Mo- bilienverkehrs zu Gunsten des ersteren ausgleihen, nun, so möge der Kanzler denselben entlasten, anftatt den Mobitiar- vertehr neu zu belasten! Jm Jahre 1879 habe der Reichs- kanzler über das Drüdckende des Pachtstempels geklagt; als man den Pachtstempel aber 1881 bei Erlaß des Reichs- Stenpelsteuergesezes habe aufheben tönnen,. sei es ganz still davon gewesen. Fett sei eine Entlastung des Jmmobviliarver- kehrs nicht einmal auf den Prospekt der Steuerreform gestellt. Auch wenn, wie er mit dem Reichskanzler glaube, die Börse die Steuer abwälzen könne, würde es der moralischen Gerech- tigkeit entsprechen, eine den Erträgen dieser neuen Steuer eit- sprehende Entlastung der ärmeren Klassen zu gewähren. Benn der Abg. von H-lldorff seinen Antrag gestern unor- ganis genannt habe, so finde er den Antrag doch z. B. viel orga- nischer, als den Antrag Huene ; denn sein Antrag wolle direkt beim Reich, wenn dieses Mehreinnahmen aus neuen Steuern er- halte, auf der anderen Seitz einen Steuererlaß, während der Antrag Huene das Geld erst vom Reich an die Einzelstaaten, von diesen an die Kreise, von diesen an die Gemeinden über: weisen laffen wolle, wobei natürlih zuleßt niht viel mehr von Steuererleichterung übrig bleiben fönne. Sein Antrag wolle verhindern, daß im Namen der Gerechtigkeit die Steuer- shraube fortwährend schärfer angezogen werde, gleichzeitig die Vertheuerung des Lichts, welches für Familie und Werkstatt gleih unentbehrlih sei, für die Zukunft beseitigen und den fiskalishen, fortwährend auf Steuererhebungen gerichteten Bestrebungen entgegentreten.

Der Abg. Kayser erklärte, er verstehe nit, wie der Abg. Richter, der doch grundsäßlih gegen die Börsensteuer sei, gleich: wohl einen Verwendungsantrcag dieser Steuer stellen könne. Der Abg. Richter habe wohl nur seinem (des Redners) Antrage Kon- kurrenz machen wollen. Weshalb habe der Abg. Richter ih sonst niht mit seiner Partei für die Aufhebung der Salz- steuer verbunden? Seine Partei treibe in ihrer Gegnerschaft gegen die Börse nicht etwa die Politik des Reichskanzlers, wie dieser es gestern anscheinend angenommen habe; im Gegentheil, die Regierung habe oft mit der Börse in naher Verbindung gestanden ; seine Partei aber vertrete eine Volksströmung und treibe durchaus eigene Politik. Seine Partei könne der Re- gierung {hon deshalb keine neue Steuer auf Diskretion bewil- ligen, weil sie dann fürhten müßte, ihre Erträge hauptsächlich für Kolonialpolitik und Marine verwendet zu sehen. Die Herren von der Rechten hätten seit Fahren Steuererleihterungen ver- sprochen; solche aber hätten bis jeßt nicht stattgefunden. Er {lage nun die Aufhebung der Salzsteuer vor, weil kaum eine indirekte Steuer so sehr wie diese gerade den armen Mann treffe, für den die einzige Würze seiner Speisen das Salz sei. Sein Eventualantrag wolle bewirken, daß endlich die ins Stocken ge- rathene Sozialreform mit der Alters- und Jnvalidenversorgung der Arbeiter fortgeführt werde. Früher sei man am Bundes- rathstishe noch penibel gewesen, wenn es fich um den Willen des Kaisers gehandelt habe; jeßt müsse er troß der Kaiser- lihen Botschaft, worin die Sozialreform versprochen sei, dem Minifler zurufen, er möge fleißiger arbeiten, damit die Sache endlich beginnen könne. Aber freilich, Kolonial- politik und dergleihen andere Dinge hätten die Regierung von ihren sozialen Projekten bereits völlig zurückgebracht. Einer Regierung der Ausnahmégesetze, die erst kürzlih wieder gegenüber den Arbeitern an einem Orte den Belagerungs- zustand verhängt habe, könne seine Partei niht das Ver- trauen schenken, welhes in der Bewilligung von Mehrein- nahmen ohne gleiczeitiges Verwendungsgeses liegen würde. Seine Partei müsse daher, wenn ihre Verwendungsanträge abgelehnt würden, gegen das ganze Gescß stimmen.

Hierauf ergriff der Staatssekretär des Reihs-Schaßamts von Burchard das Wort:

Meine Herren! Na der kurzen Begründung, welche die Herren Antragsteller ihren hohwihtigen, für die Lage der Reichsfinanzen fo bedeutungévollen Anträgen gegeben haben, darf ich mi auf einige

12 0G,

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de er 1867,

kurze Bemerkungen beschränken.

aus dem vorliegenden Geseßentwurf erwacbsen werden, anderweitiger indirekter Abaaben zu verwenden. Diese Te denz ftebt in \{neidendem Widerspru zu den Zielen, welche die Steuerreform seit dem Jahre 1878 verfolgt bat, nämlich dem Reiche aus den indirefien Steuern neue Einnabmen zuzuführen, welche dazu verwandt werden sollen, den Druck der direften Steuern in den Ginzelnstaaten und kommunalen Verbänden zu erleibtern. Das ift der Gegensatz zwischen den Anträgen der Herren Antraesteller und zwiscen der Steuerreform, wie sie im Jahre 1878 eingelcitet ist und die Zustimmung der Majorität des jetzigen Reichstages und auch des früberen gefunden bat.

Der Hr. Abg. Richter saat, es würden bloß neue Steuern auf- erlegt; eine Erleihteruna des Druckes resultire daraus nit. Das ist do wobl eine ganz falsbe Vorstellung. Die Mittel, die das Reicb zur Erfüliung seiner Aufgaben verlangt, werden etatsmäßig festgestellt; sie werden zunächst aufgebrabt dur eigene Einnahmen des Reicbes, soweit aber diese eigenen Einnahmen nicht reiden, baben die Einzelstaaten in Form der Matitri beiträge Zuschüsse zu leisten. Den Einzelstaaten ift die D der indireften Abaaben im Wesfentliden entzogen; se müß vorwiegend die Mittel dur direkte Abzaben aufbri.ge Soweit also die Matrikularbeiträge in Anspru genommen werden, resultiren sie aus direkten Abgaben, und je mehr die Einnabmen des Reis aus indirekten Abgaben erhöht werden, um so mebr vermin- dern fid die Matrikularbeiträge und vermindert si damit auc der Druck der direkten Steuern in den Einzelstaaten. Scbon von diesem Standpunkt aus würde der Antrag des Hrn. Abg. Ritter und aub der Prinzipalantrag des Hrn. Abg. Kayser, glaubte ich, vollständig unannebmbar sein,

Es kommt aber hinzu, daß Leide Anträge viel weiter geben, als daß sie einen Ersaß einer indirekten Abgabe dur eine andere in Auësicht nel men. Die Erträge ter Salzaktgabe bezifern si auf un- gefähr 41 Millionen, die Erträge des Petroleumzolles auf Uber 22 Millionen. Wie hoch die Meéhrerträge aus der jeßigen Neform der Böêrsensteuer sich stellen würden, das ist annähernd faum zu übershlagen. Aber ih glaube, keine Verehnuna geht fo wäit, daß auch nur annäbernd cin Mehrertrag von 22 Millionen aus der Reform der Börsensteuer tn Auésiht genommen wird. Es würde also bei Annahme eines dieser Anträge ni©t bloß der Mehrertrag der Börserstcuer zum Erlaß anderer indirekter Abgaben verwandt werden, sondern es würde auch darüber hinaus noch eine Lück: geschaffen werden in den Einnabmen aus den indirekten Abgaben, die dann wieder aus8zefüllt werden müßte durch Steigerung der Matrikular- beiträge.

Was nun insbesondere den Erlaß des Petroleumzolles betr so, glaube ih, hâtle dieser Antrag zum olltarif ellt werden müsen, nt her L t 0 uo bel zrociten Berathung der Zolltarifnorelle im Hause cin, wenn aub richt so weit gebender, doch ährliher Antrag gestellt worden, dea Petroleumzoll auf die Hälfte berabzusetten, Der Antrag ift damals von dem Antragsteller nit näher begründet worden, und auch der Herr Abg Richter hat ihm nur wenige Worte gewidmet; ec ist ab- gelehnt worden. Jett steht run in dem Beschluß der zweiten Be- rathung zum Zolltari7 Petroleumn mit 6 6 verzeihnet. Soll eine Aenderung berbeigeführt werden, dann muß sie, glaube i{, in jenem Gesetz herbeigeführt werden und niht als Antrag zum Börsensteuer- gesetz.

Ich will auf die Gründe für und wider den Petreleumzoll bier nicht näher eingehen; im Jahre 1879 find ße eingehend diékutirt worden, und ich glaube, wenn ein Finanzzoll si bewätrt hat, so ift es in der That der Petroleumzoll. Die Befürchtungen, daß si um den Petroleumzoll die Preise steigern würden, sind nit eingetroffen ; die Preise des Petroleums8 sind immer mebr herabgegangen, das Angebo auf dem inländiswcn Markc bat si außerordentlib vermehrt, nacb- dem auch Rußland mit seinem Petroleum in Konkurrenz getreten ist. Der Zoll wirkt nit vorzugéweise telastend für die minder Wobl- habenden, sondern vertheilt ib nach Maßgabe der Wohlhabenheit, indem unzweifelhaft die Woblhabernderen mehr Petroleum brauchen, als die weniger gut Situir!en. Meine Herren, es sind das materielle Gründe, die ic aber nicht weiter diéfutiren möcbte; ih glaube, dafi, was diesen Antrag des Hrn. Abg. Richter betrifft, er si der Zustimmung der Majorität des hohen Hauses nicht zu erfreuen haben wird.

Was dann die Aufhebung der Salzsteuer betrifft, so ist diese Steuêr seit dem Jahre 1867 in der jeßigen Weise in Kraft; sie trat an die Stelle des Salzmonopols. Ob die Aufhebung des Salz- monovols ein guter, von woblthätigen Folgen begleiteter Schritt war, Eabe i bier nit zu untersuchen; jedenfalls bat f jeßige Salzsteuer eingelebt. ie ist eine Steuer, die, soweit die Regierung ein Utctheil iber fällen fann, in feiner Weise drückend eingewirkt Eine vollständige Aufhebung der Salzsteuer kann ja aub na dem von mir Bemerkten gar nicht in Frage kommen; es könnte sib nur darum handeln, ob etwa eine Verminderung der Salzabgaben in Betradbt zu zieten sei. Na den eingehenden ÜUntersucbungen, die im Iabre 1873 vom Bundesrath vers anlaßt worden find, ift aber anzunehmen, daß cine solde Verminde- rung der Salzfteuer sh in keiner Weise als zweckmäßig erweisen würde ; sie würde finanziell sehr \{werwiegende Einbußen \chafen, ohne do, wenn die Verminderung der Abgabe nicht eine sehr bemerkentwerthe wäre, zu einer wesentlicen, fühlbaren Verminderung des Salzpreiscs zu führen. Es würde also dadurh der Zweck nicht erreicht werden, den der Hr. Abg. Kayser will.

Was entlich den Eventualantrag des Hrn. Akg. Kayser betrifft, aus dem Ertrage der Börsensieuer einen Fonds zu bilden mit dem Namen „Arbeiterinvalidenfonds“, in dem die angesammelten Kapi- talien zixsbar angelegt würden, fo hat der Hr. Abg. Kayser zur Be- aründung dieses Antrages die Bebauptung aufgestellt, die verbündeten Regierungen oder die Reichsverwaltung ließen den Plan einer weiteren Au®gefstaltung der sfozialen Arbeitergeseßzgebung vollständig ruhen. Das ift ein Grundirrthumz; die verbündeten Regierungen baben es von jeber als eine ibrer vornechwsten Aufgaben aner- fannt, auf diesem schwierigen Gebiete eine Erleiterung des Looses der Arkteiter herbeizuführen. Ihnen Allen sind die großen Schwierigkeiten bekannt, die gerade in dieser Materie ruben, Es ift aber nach eingehenden Bemühungen gelungen, sie wenigstens auf zwei Gebieten zu tescitigen: es sind die Gesetze, be- treffend die Krankenversicberung und die Unfallversicherurg, zu Stande gekommen; ich kann aub binzufügen, daß die Regierungen es fort- dauerd als eine ihrer wichtigsten Aufgaben anseben, nun aub den Sclußstein dieser Gese8gebung ins Werk zu seßen; die Altersver- sorgung der Arbeiter.

Soweit meine Kentnisse reihen, sind die Arbeiten auc im besten Fortgang, und fie versprewen in-kürzester Zeit zu einem Res sultate zu führen. Gelingt es, diese ebenso \chwierige wie bedeutsame Aufgabe zu lösen, dann werden auc die Mittel, welhe das Reich beizusteuern hat, um diese Zwecke zu verfolgen, gewiß nit ein Hinderniß bieten können. Die Rücksiwt auf die Finanzen wird unzweifel- boxft zurüdcktreten müfsen gegenüber den bowiwthtigen Zielen, die bet dieser Gesetzgebung verfolgt werden. Dann ift es aber vollständig unzweck- mäßig und auch unnötbig, jeßt etwa einen solchen Fonds zu bilden und die Erträge der Börsfenfteuer zu thefauriren, damit sie eventuell den bezeichneten Zwecken dienen sollen. Es ift das doppelt auf dem

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seitdem die

fig im Hinblick auf den innigen céfinanzen mit den Finanzen der aus diefen Gründen die

Gebiet der Reichéfinanzen unzweckmä Zufammenhang, in welchem die Rei Einzelftaaten steben. Ich bitte Sie also, Anträa1e sämm?lichch abzulehnen.

Demnächst nahm der Staats-Minister von Boetticher das Wort:

Ich höre, daß der Herr Vorredner aus dem Haus

Ausführungen au mit mir beschäftigt hat, und d an die Bebauptuna, daß die Sozialreform ; geratben sei, die Bemerkung geknüpft hat, wesend gewesen fein würde, er mir den Ratk b dle Frage der Sozialréeform crrfter ¿u studiren, fleißiger z damit die Sade endli wieder in Fluß käme und die Ve der Allertöcbsten Botschaft si erfüllten. _ Nun, meine Herren, der Vocrurf, nit fleißig genug gewesen zu sein, und die Mabnurg, mebr zu leisten, tritt beute zum ersten Male an mi heran, und die Stelle, von der sie kommt, würde mib nicht gerade dazu nötbigen, ihre Bere{tigung anzuerkennen. Wenn i aber au untersuce, ob wirkli dieser Vorwurf und diese Mahbruna bes gründet ist, fo kann id mein Erstaurxen nicht zurückhalten, daß dieser Vorrourf und diese Mahbrung in einem Augenb!ick ausge!procen werden, wo die Vorlagen bezüglib der Sozialreform, die aus meinem Ressort gekommen sind, so umfangreic sind, daß der Reichstag selbt nit in der Lage ift, sie in der gegenwärtigen Session zu bewältigen. Wenn der Hr. Abg. Kavfer sib diesen Umstand vergegenwärtigt baben würde, so würde cr, glaube i, seinen Vorwurf zurückgebalten baben. __ Meine Herren, mit Redenhalten ist wirkli die kranke Zeit noch niemals gebeilt worden und sie wird aub jeßt dadurh nit geheilt werden. Dazu gebört eben errfte und aufrichtige Arbeit, und wenn der Hr. Abg. Kavser und seine Freunde diese ernste und aufrichtige Arbeit so intensio leisten wollen, wie mir bewußt bin, fo werden wir dem Ziele, das er auH als das seinige binstellt, ob mit Recht oder Uare&t, lasse ih dahingestellt sehr viel näkter kommen, als dur seine Erpcktorationen ge e î

Der Abg. Richter (Hagen) bemerkte, der Abg. Kyasfer be- haupte, sein Antrag wolle nur dem des Abg. Kayser Kon- kurrenz machen, aber er habe scho 1881 die Aufhebung des Petroleumzolls als Aequivalent für die Einführung der neuen Stempelsteuern verlangt. Ehec sei also umgekehrt der Abg. Kayser durch seine (des Nedners) damaligen Ausführungen zu der heutigen Stellungnahme veranlaßt worden. Sein An- trag sei auch bereits in voriger Woche in einer Fraktions8- sißung beschlossen worden. Der Abg. Kayser habe die merk- würdige Aeußerung gethan, wer eine Steuer nit bewillige, den gehe au ihre Verwendung nicts an. Das wäre doch nur richtig, wenn Diejenigen die Steuer zu zahlen hätten, welche sie hier bewilligen würden. Da aver die Steuern, die hier von der Mehrheit bewiLigten, vom ganzen Lande getragen werzen müßten, so seien die Abgeordneten vom Standpunkt der allgemeinen Volksvertretung aus auch be- retigt, bei der Verwendung der allgemeinen Steuern mitzu- sprehen. Vom Standpunkt des Abg. Kayser aus müßte sich die sozialdemokratishe Partei überhaupt zurücziehen, weil sie ja dem jeßigen Regime grundsäßlih keine Steuern bewilligen wolle, Wenn der Minijter gemeint habe, foviel neue Ein- nahmen, wie der Reichstag sie dem Reih bewillige, soviel könnten die Einzelsiaaten an direkten Steuern erlassen, so hôre si das ganz shón an; es werde nur leider nichts er- lassen. Preußen habe z. B. aus decn höheren Zöllen über 60 Millionen Mark vom Reich überwiesen erhalten und nur 20 Millionen erlassen. Auch würde ein weiterer Erlaß direkter Steuern in den Einzelstaaten vorzugsweise den beser Situirten zu Gute kommen, während die indirekten Steuern, die im Reich erlassen werden follten, als Kopfsteuer wirken und auf den Armen am stärksten drücken würden.

Der Abg. Leuschner erklärte, wenn man sih vergegen- wärtige, welches der Zweck der BVörsensteuer sei, so müsse in erster Linie hervorgehoben werden, daß es sih nicht blos um eine Vermehrung der Einnahmen des Reiches handele, sondern um einen Prozeß ausgleihender Gerechtigkeit. Die Börsen- steuer werde, so weit man es bis jeßt beurtheilen könne, zur Ausführung kommen und werde auch wohlthätig wirken, wenn es eben gelingen würde, die Produzenten von der Steuer frei zu lassen und die Geschäfte, die die Börse im Fnteresse des allgemeinen Wohles macve, das Arbitragegeschäft, möglichst shone. Aber was die Börsensteuer bringen werde, das wisse heut zu Tage kein Mensch. Es würde nach seiner Auffassung die Börsensteuer, die er in dem von ihm beschränkten Sinn für nüglih halte, vollständig in Frage stellen heißen, wenn man an dieselbe diejenigen Bedingungen knüpfe, die von den beiden Antragstellern hier geltend gemacht seien. Aus dem Grunde seien seine politishen Freunde der Meinung, daß beide Anträge, Kayser und Richter, pure abzu- lehnen seien. Es habe ihn sympathish berührt, gestern vom Abg. Kayser zu hören, daß derselbe und dessen Parteigenossen der Vörsensteuer gegenüber eine sympathishe Stellung ein- nehmen würden. Ec sei aber ebenso überrasht, von dem Abg. Kayser vorhin gehört zu haben, daß diese Sympathie, die derselbe im Allgemeinen der Steuer entgegenbringe, doch mehr oder weniger in ein Nichts zerfließen werde, wenn der Aa Savier Qi ven Bedingungen lelthalle, Vie derselbe gestellt habe. Der Erlaß der Salzsteuer, ganz unabhängig von der Frage an sich betrachtet, würde überhaupt der weniger begünstigten Klasse des Volkes, den Arbeitern, gar nicht in vollem Umfange zu Gute kommen, Der Salzkonsum beziffere sich auf 71/, bis 8 Kilo pro Kopf. Dieses Quantum der Durchschnittsberech- nung sei aber durchaus nicht das, was der Mensch direkt durch den Kauf des Salzes zu fih nehme. Man könne annehmen, daß vielleicht die größere Häiste desselben von den Konsumenten in Form von Brot, Fleisch 2c. aufgenommen werde. Der Er- laß der Salzsteuer werde also lediglih Bäckern, Fleischern und einer Reihe anderer Personen nüßlih sein. Außerdem habe die Rechte hon wiederholt die Anschauung hier hervorgehoben, daß das System der indirekten Steuern durchaus weiter aus- gedehnt werden müsse und daß die direkten Steuern, die man hier in einer Ausdehnung habe, wie fast in keinem anderen Kultur- lande, erbeblich reduzirt werden müßten. Die Bedürfniÿse Deutschlands seien nach allen Richtungen hin große, man brauche ja gar nit ängstlih zu sein, was mit den eventuellen Uebershüssen von Neuem gemacht werden solle. Seine Partei stehe niht auf einem theoretishen Standpunkte, sie stehe mitten im prafktishen Leben, und durch alle Reduktion von

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