1928 / 161 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 12 Jul 1928 18:00:01 GMT) scan diff

Neihs- und Staatsanzeiger Nr. 161 vom 12. Zuli 1928, S. 2,

S. A

Schlange, ih darf Sie darauf aufmerksam machen, daß ih von einem Jhrer politishen Freunde, von dem früheren Reichstags- abgeordneten Baecker (Berlin), kürzlich im März des ver- gangenen Fahres einen Lobstrih bekommen habe, weil ih anläßlich der Landtagsdebatten im Jahre 1923 mir darauf; auf- merksam zu machen erlaubte, daß in Lebensfragen derx Nation es dieser Nation nicht zieme, über Flaggenfragen derart mörderische Kämpfe zu führen, wie sie im Fahre 1923 tatsählih geführt worden sind. Gerade bei dieser Gelegenheit habe ih betont, daß meines Erachtens auch jeder gute Republikaner sih nichts vergebe, ehrend dex Farben Schwarz-Weiß-Rot zu gedenken. (Abge- ordneter Graf von Westarp: Warum hat die Regierungserklärung das diesmal nicht aus8gesprohen? Lachen links.) Meine sehr verehrten Herren von der Deutschnationalen Partei, wenn Sie eine, sagen wir einmal, tolerantere Einstellung der Republikaner zu den Farben Schwarz-Weiß-Rot erwarten und verlangen, dann, bitte, beobahten Sie do zunächst eine Verpflichtung: Sie müßten sih zu den neuen Farben, zu den jeyt geltenden Farben Shwaxz- Rot-Gold anders, positiv, einstellen. Also, die großen Tage dex Vergangenheit in allen Ehren, aber, meine Hevren von der Deutschnationalen Volkspartei das möchte ih Jhnen auh sagen —: die großen Tage der Gegenwart dürfen Sie dur hämische Kritiken niht herabseßen. (Sehr wahr! links und in der Mitte. Zurufe von den Nationalsozialisten und den Deutschnationalen.)

Der Herx Abgeordnete Schlange hat behauptet, daß das parlamentarishe Deutshland so geshihtslos wie mögli sei. Jch glaube, ih verrate kein Geheimnis, wenn ih an dieser Stelle uo einmal, wie es schon wiederholt geschehen ist, daran erinnere, daß die ganze Welt uns um die Tatsache beneidet, daß wir uns in verhältnis8mäßig kurzer Zeit von dem tiessten Fall, den je ein Volk erlebt hat, erholt haben. (Lebhafte Zustimmung links und in dexr Mitte.) Das ist ein Ehrenzeugnis für das deutsche Volk, das damit auch ein Stück wichtiger und ruhmreihex Geschichte geschrieben hat (sehr rihtig! bei den -Sozialdemokraten), ohne daß diese Geschichte an blutige Siegestage auf Schlachtfeldern an- knüpft. Der 14. März 1920 war ein Geschihtstag in des Wortes

und Thüringen 1923?) Das ist ein Kapitel, das gelegentlich au einmal erörtert werden kann, in diesem Zusammenhang kaum. Meine sehx verehrten Damen und Herren! Man hat die Frage aufgeworfen, ob niht der Tag der endgültigen Rheinland- xäumung am zweckmäßigsten als Nationalfeiertag eingeseßt werden soll. Jh glaube, ih bin nah dem eben Angeführten der Vet- pflichtung enthoben, “diese Frage noch einmal ausdrüdcklich gu ver- neinen. Auch ih habe in meiner amtlichen Stellung ein dringen- des Jnteresse daran, wie wir alle ein dringendes Jnteresse und 4 ' den dringenden Wunsch haben, die beseßten Gebiete recht bald von A N den Besazungstruppen zu befreien. Abex der Termin der end- N gültigen Rheinlandräumung ist jeyt entweder eine Sache der E diplomatishen Konvention oder eine Sache der Vertrags- M j bestimmung. Die Tatsache der Befreiung ist im Jahre 1923 3 durchgeführt, als sich die Dinge ereigneten, von denen ih ge- | sprochen habe, als gegen die Separatistenunruhen Arbeiter, Bürger und Bauern in einer Front standen. (Sehr wahr! bei den : Kommunisten.) Wenn es richtig ist, und ih bin von der Ueber- a / zeugung durhdrungen, daß nux das Gefühl der Arbeiter und : { Kleinbauern, auf dem Boden dieser“ Verfassung auch ihren Staat mitzimmern zu können, sie in die gemeinsame Front hinein- : getrieben hat, dann ist niht mehr ein künftiger Tag der Rheinland- D räumung, dann ist der 11. August, der dieses Gefühl durch die Verabschiedung der Weimarer Verfassung den Massen beigebracht hat, der gegebene Feiertag. (Sehr war! bei den Sozialdemokraten.) Man hat weiter gefragt, ob nicht dem 18. Januar der Vorzug zu geben sei, Die große geshihtlihe Bedeutung der Reichs- gründung vom 18, Januar verkenne ich nicht, Aber darüber dürfen sih die Befürworter dieses Gedankens keiner Täuschung hingeben: Der 18. Fanuar wird um deswillen niemals populär, niemals Nationalfeiertag der Massen werden können, weil er, E abgesehen von allem anderen, das Dreiklassenunreht in den Wahl- S systemen der Einzellandtage und der Gemeindevertretung ver- j ewigt hat. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Von anderer Seite ist der Vorschlag gemaht worden, den 9. November als Nationalfeiertag zu proklamieren, Dex 9. No- vember hat als Geburtstag der Republik ebenfalls eine große

e Bedeutung. (Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Aber ih | tiefster Bedeutung, der 14. März 1920 in dexr Nordmark. Die Tat- möchte nicht unterlassen, darauf hinzuweisen: Dex 9, November sache habe ih in meinen ersten Ausführungen {hon exwähnt. Es

| war kein Bastillesturm, der 9, November war der Zusammenbruh | war die Kunde nah Flensburg und in die umliegenden Städte

f cines Systems, das bereits Tag für Tag langsam gestorben war. gedrungen, daß in Berlin alles drunter und drüber gehe. Aber (Erneute Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Deswegen | derx Kapp-Putsh mit seinen Folgeerscheinungen hat es nicht ver-

eignet sich meines Erachtens auch der 9. November niht zum | mot, die Schleswig-Holsteiner in ihrer Treue zu Deutschland

Nationalfeiertag. und Preußen auch nux einen Augenblick wankend zu machen. Das

Der 11. August ist der Tag des Aufbaus, der 11. August ist | war ein Geschichtstag des parlamentarischen Deutschland. (Leb-

der Tag des deutschen Zukunftsglaubens, der 11. August ist der | hafte Zustimmung links und in der Mitte.) Dann der 20. März

Tag des nationalen Selbstvertrauens, und darum, meine sehr | 1921 als es sich darum handelte, die Schlesier in das besetzte

| verehrten Damen und Herren, lassen Sie uns den 11. August als | Gebiet des Ostens zu dirigieren, damit sie troy aller Nöte, trov

| Nationalfeiertag, als Verfassungstag bestimmen, des eingedenk, | aller Drangsale Zeugnis für den deutshen Gedanken ablegten

| j daß das Volk, das seine Verfassung ehrt, sich damit selbst ehrt. | war ebenfalls ein Geschichtstag, der wert ist, daß ex am Ver- Ra (Veifall bei den Sozialdemokraten. Zischen rets.) fassungstage auch der heranwachsenden Generation eingeprägt E Die : zweite im nas a8 bie Ausführungen. des wird. (Erneute lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.

Zurufe rechts.) Der 30. September 1923 bedeutet ein Ruhmes- blatt in der Geschichte der rheinishen Bevölkerung (sehr richtig! links und in dex Mitte), der 30. September, dexr auf der ganzen Linie Arbeiter, Bürger und Bauern siegreih werden ließ gegen die andringenden Separatisten.

Der Herr Abgeordnete Schlange hat den Ruhm, Deutschland gerettet zu haben, sür die Frontsoldaten, für die Reichswehr und für das alte Beamtentum reklamiert. Jch komme darauf in meinen späteren Ausführungen zurück. Jeßt möchte ih nux darauf aufmerksam machen, daß die Arbeiter und Bauern, die bürgerlihen Gruppen aller Parteien in den September- und Oktobertagen des Jahres 1923 im Westen Deutschlands, in West- falen und Rheinland niht geshüßt und niht irgendwie geführt werden konnten von den Angehörigen dex Reichswehr, von den Frontsoldaten, sondern daß sie sich auf sich selbst stellten (schr gut! bei den Sozialdemokraten), weil in der 50-Kilometer-Zone Reichs- wehrsoldaten sich niht aufhalten durften. Ohne Waffen in dex Hand haben diese Gruppen aller Parteien gegenüber den s{chwer- bewaffneten Separatisten die bedrohten rheinishen Städte ge- rettet. und den Abfall der Rheinlande von Preußen und Deutsch- land verhindert. Auch das war ein Geschihtstag allererster Be- deutung. (Zustimmung links und in dex Mitte. Zuruf von den Deutshnationalen: Das bestreitet ja niemand! Gegenrufe von den Sozialdemokraten: Na also!) Jch erlaube mir nur, darauf aufmerksam zu machen, daß neben den Ruhmestagen des alten monarchischen Systems auch das neue, das republikanische Deutschland ruhmreiche Geschichtstage zu vexzeihnen hat, Tage nationaler Erhebung. (Zurufe von den Deutschnationalen.)

Abg. Schlange-Schöningen (D. Nat.) folgenden Wortlaut:

Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mix ein paar ganz kurze Bemerkungen zu den Ausführungen des Herrn Abgeord- neten Schlange. Er hat die Frage aufgeworfen, ob es angesichts der Krisis auf kulturellem, sozialem und wirtschaftlihem Gebiet, in der sih das deutsche Volk befindet, angezeigt sei, einen neuen Feiertag einzulegen. Fh leugne nicht: alle Anzeichen sprechen dafür, daß wir uns einer wirtschaftlichen Depression nähern. i Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, ih bin anderer- 2A seits der festen Ueberzeugung: wenn wix diese Depression und

alles, was mit ihr verbunden sein könnte, wieder siegreih ohne Schaden für den deutschen Volkskörper überwinden wollen, dann tann es nur auf dem Boden und mit den Mitteln der Weimarer Verfassung geschehen. (Lebhaftes Bravo! bei den Sozialdemo- kraten.) Wenn wir deswegen durch die Einlégung des Verfassungs- tages dieses demokratisch-republikanische Staatsbewußtsein ver- tiefen würden, hätten wir das Mittel verbessert, das uns auch demnächst zur Gesundung unserer wirtschaftlihen und politischen Verhältnisse führen wird. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Nun hat zu meinem großen Erstaunen dex Herr Abgeordnete Slange den Eventualvorschlag gemaht prinzipaliter geht er ja wohl darauf hinaus, so lange zu warten, bis der leßte französische Soldat aus den beseßten Gebieten zurückgezogen ist, um dann der Frage eines Nationalfeiertages näherzutreten —-= eventualiter hat er auch von der Einlegung eines Volkstrauer- tages gesprochen. E Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang an das Wort

gehaltene Rede hat

/ / s j : Jhnen, Herr: Kollege Klönne, konzediere ih gern, quch in Be- tines Großen erinnern, an das Wort eines deutschen J A e N ) Dichters, der da meinte, die 2 d aOdieH bés ts le aniwortung einiger Ausführungen des Herrn Kollegen Schlange,

daß zu den Trägern des passiven Widerstandes, die ih bereits genannt habe, zu den Beamten, Angestellten und Arbeitern die Industriellen getreten sind. Aber darauf darf ih do wohl auch aufmerksam machen: die Ausweisung, die Gefängnishaft für Industrielle waren in wirtshaftliher Beziehung nicht das gleiche wie das, was den Arbeitern zugefügt worden ist. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Die Ausweisung hat für zahlveiche Arbeiterfamilien den Verlust der wirtschaftlichen Existenz für lange Zeit im Gefolge gehabt. (Sehr wahr! bei den Sozialdemo- kräten.) Das kam bei Herrn Canaris, vielleicht sogar bei Herrn Klönne, dann bei Herrn Thyssen usw. niht in Betracht. (Zu- stimmung bei den Sozialdemokraten.) Jn dem Augenblick, wo diese Herren entlassen wurden, konnten sie sih wieder in ihr Heim begeben, das ihnen nicht zertrümmert worden war, oder konnten sich ohne Aufwendung großer Mittel, die ihnen, wenn nötig, zur Verfügung standen, in der Nachbarschaft ihrer Heimat eine neue Existenz gründen. (Abg. Graf v. Westarp: Das hat mit dem Ver- fassung8tag nichts zu tun!)

Nun das Verdienst der Frontsoldaten, das Verdienst der Reichswehr und das Verdienst des alten Beamtentums um die Erhaltung des heutigen Deutschlands! Was die Frontsoldaten anlangt, die sich vom November 1918 bis zur Reorganisation unseres Heerwesens zur Verfügung gestellt hatten, so waven es keineswegs Leute, die Jhnen (zu den Deutshnationalen) politisch oder wirtshaftlih besonders nahegestanden hätten. (Sehr richtig! in der Mitte und links.) Erst das, was nah der Errichtung dex Reichswehx in den Freikorps blieb, konnten Sie füx Jhre

Ttärkere sei, der zugleich auch der Frohere wäre. Jch bin der

\ | Meinung, daß wir allerdings verpflichtet sind, gelegentlich mit allem Ernst, mit aller Würde unserer Toten zu gedenken, daß es aber beim wirtschaftlihen und politischen Wiederaufbau unseres Volkes au notwendig is, Freude in die Herzen unserer Volks- genossen zu pflanzen. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Darum kein Uebermaß an Trauertagen, sondern daneben wollen wir nationale Freudentage einrichten.

Wenn der Herr Kollege Schlange an die Republikanische Be- shwerdestelle erinnerte ih wäre in der Lage, mit einer Retour- kutshe zu dienen und ihm zu sagen: er will wohl den politischen Trommlern und Pfeifern und Klageweibern Beschäftigung ver- schaffen, die zum Wiederaufbau gänzlih ungeeignet sind. (Zurufe von den Deutschnationalen: Au, au!) Nein, „Tränen lassen nichts gelingen; wer schaffen will, muß fröhlih sein!“ Deswegen bedürfen wir auch ih wiederhole es nationaler Feiertage,

t die der Freude, dem Frohsinn, der Hoffnung und dem Zukunsfts- A glauben gewidmet sind. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten, M Zurufe von den Nationalsozialisten.)

Der Herr Abgeordnete Sthlange hat mir dann den Vortwourf gemacht, daß ih die großen Taten der Vergangenheit nicht ehre. Diesen Vorwurf hôötte ih am allerwenigsten vom Herrn Abge- ordneten Schlange erwartet, der genau weiß, daß ih im Preußi- A é shen Landtag shon ret oft darauf hingewiesen habe: wer im A Volksleben die großen Tage nationaler Vergangenheit nicht ehrt, A ist niht wert, eine bessere Zukunft zu erringen. Herx Kollege

‘aber die Drucksahe wieder entfernt worden.

“der Herren Minister, die im

T E

L anz nah Strafe! Cen N S demokraten e

die 9 Kommunisten werden natürli u seyen E, 1 : dep rafe Ao. Der neue Entwurf sei ein Zuchthaus-

politishe Partei veklamieren. Wenn diese Wreikorps gy. | gweiten Hälfte des Jahres 1919 noh ein gewisseg y, O 1 die Konsolidierung der deutschen Zustände erworben tien ruf: Also doch!), so ist dieses Verdienst von den habe

einem Bedarf ändern. Was daten s. B. an die Stelle der

Greikorps im p

: : : A j 1990 leitfertiq aufs Spiel t worden: i die ! er Entwurf widersprehe durchaus deu Lier Be A E L: N denn dieselben E ge ne früherer sozialdemokratischer Parteltage. Es sei ein in d ößte Unalüd 7 ersuch maten, Deut; M iniert ausgeklügeltes System von Straftaten, dem wohl kein O größte nglüdck zu stürzen. (Lebhafte Bustimmung h mer Teufel entrinnen könne. e und links.) Der Kapp-Putsh geht auf daz Konk: j Die Vorlage wird dann einem besonderen Strafrechts- Frontsoldaten. (Erneute Zustimmung.) 0 t auschuß überwiesen. / / Nun die Reich8wehr! J habe als preußischer June», ux ersten Beratung steht ein von den Regierungsparteien meinen größten Ehrgeiz möchte ih fast sagen eni nd dex irtschaftspartei eingebrachter ele wur zux i ged y - darin U erung der Personalabbauverord- die Reichswehr ständig in Bereitschaft zu halten, sie nien, Mt I Des den eine am 81. Juli 1928 ablaufende Frist nung-, ; G j

seßen zu lassen, und in diesem Bestreben bin ih das h Jhnen auch sagen als Vertrauensmann derjenigen nail und Bauernschihten, die in den Grenzen Deutschlands t i haben, unterstüßt worden durch die Haltung dex Arbeit d Richtungen, die ihrerseits ebenfalls bemüht waren, den Ein Ÿ Reichswehr besonders dann zu verhindern, wenn ex nißt Blutvergießen abgegangen wäre. N

Sließlih das Beamtentum! Jh habe die Beamten meh anerkennend erwähnt. Sie, Herr Kollege Schlange, müssen s, Glauben abgewöhnen, als ob das Gros der deutschen Bun etiva noch auf deutshnationaler Seite stände. (Sehr gui! il Mitte und links. Zurufe von den Deutschnationalen,) Wi ein Denk- und Sehfehlex. (Erneute Zurufe rets.) ;

Damit könnte ih meine Ausführungen s\chließen. Jh n jedoh noch eine Aeußerung des Herrn Abgeordneten Gil zurückweisen, nämlich die, daß es sich bei meinen Anregungag begründeten Bemerkungen zu dem Antrage des Reichsrats m Versuch handle, einen parteipolitishen Feiertag den (tba denkenden Bevölkerungsshichten aufzuzwingen. (Zuruf vg Deutschnationalen: Sehr richtig! Abgeordneter q von Westarp: Darum handelt es si!) Aber, Herr Kollege Westarp, die Geschichte des Antrags, den ih heute hier einge habe, ist Jhnen doch sehr genau bekannt. Sie wissen doh f genau: dieser Antrag ist keine Vorlage der Regierung, (Zuri den Deutshhnationalen.) Fh habe eingangs meinex Ausfühn ausdrücklich bemerkt, daß ih als Mittler zwischen Reis Reichsregierung den Antrag begründet habe. Sie wisse genau, daß der Antrag im Reichsrat bereits vor einigen Vi formultert worden und ohne jede Aenderung, auch ohne jedl sondere Stellungnahme der Reichsregierung dem Hause y breitet worden ist. (Abgeordneter Graf von Westarp: Vy preußishe Regierung daran beteiligt?) Aber ich sive doi mehr in der preußischen Regierung, Was also gerade ih diesem Antrage zu tun haben soll, entzieht sich meiner Ken (Lachen bei den Deutschnationalen.) Jh wäre den Herren Eil und Grafen Westarp sehr dankbar, wenn sie mir sagen kin welchen Anteil ih an diesem Antrage habe und welchen (if ih auf die Beratungen der preußishen Regierung ausgeübt (Erneute Zurufe bei den Deutschnationalen.) Aber für ein merkung bin ih Jhnen dankbar, nämli, daß die Reichsregi schon sehr erkennbar meine Züge tragen soll. Wenn Sie dani „Hoffnung“ Ausdruck geben @Herr Kollege Schlange, daß d gelingt, (iw der Reichsregierung ungefähx dieselbe Stellun i zunehmen wie früher in dex preußischen, so teile ith diese nung mit JFhnen (Heiterkeit; lebhafte Bravo-Rufe “und Hin flatshen bei den Sozialdemokraten; Zurufe von dey V nationalen) und versprehe Jhnen, alles zu tun, was Jh wartungèn rechtfertigt. (Heiterkeit.) Abex in diesem spe Fall muß ih ein Vorschußverdienst odex eine Vorschußbelohi ablehnen. Es handelt si hier lediglih um eine Anregung, di Reichsrat gegeben hat und das darf ih auch füx den Ri sagen —, niht um ein kaudinishes Joh für andersdet Volksteile zu errihten (ironishe Rufe bei den Deutschnatio Nein! Nein!), nicht um Klüfte aufzutun, nicht um zu enh (wiederholte Rufe rechts: Nein! Nein!), sondern um eines form zu schaffen, auf der sih alle Guten im Lande zum W aufbau Deutschlands sammeln können. (Stürmischer Beifal Händeklatschen bei den Sozialdemokraten.)

; 31 Fanuar 1929 verlängert wird.

bis dba, Gott einer (D. Nat.) führt aus, daß der Ablauf jeser Frist die sih auf die Behandlung der in den Wartestand yersebten Beamten bezieht, die wohlerworbenen Rechte der Be- amten shädigen würde. Seine Partei lehne die Fristverlängerung, die immer wieder beschlossen sei, ab und verlange eine endgültige Regelung, die in einem usschuß vorbereitet werden müsse, denn inst könnte doch wieder ein Abbau eintreten.

Abg. Dr. F ri ck (Nat, So) spriht sich gleichfalls gegen die Benachteiligung der wohlerworbenen Rechte der Beamten aus. Diese Behandlung der Beamten zeige die ganze Verlegenheit des arlamentarismus. Er wiederhole seinen früheren Antrag, daß die Wartestandsbeamten genau so behandelt werden sollen wie die vensionierten Beamten. Die Sozialdemokraten seien im vorigen Reichstag, als sie niht zur Regierun O für seinen Antrag ingetreten, jeßt wollen sie die Erhaltung der wohlerworbenen Rechte weiter nux befristen. i i E

Abg. Toxglex (Komm.) weist gleihfalls ouf die verschieden- qutige Haltung der Sozialdemokraten in dieser “Frage hin. Jett vertröste man die Bamten not die endgültige Regelung des

Beamtenrechts, auf die man noch lange warten könne. Die Be- mten könnten beanspruchen, daß die Frage nicht immer alle halbe Fahre von neuem aufgeshoben werde. Der § 46 des alten Beamtengeseßes müsse wiederhergestellt werden.

Ministerialdirektior Dr. Lothholz bittet, den vorgelegten Gesehesantrag anzunehmen; die Frage sei bereits im Aus\{huß eingehend besprochen worden. Die Regierung sei mit der end- ültigen Regelung beschäftigt. E

Abg. Dr. Quaaßy (D. Nat.) unterstüßt den Antrag auf Ueberweisung an den Haushaltsausschuß. Die Frage müsse end- gültig geregelt werden, damit bei der Pensionievung der Beamten die Wartestandszeit vollkommen wie die aktive Dienstzeit an- erehnet werde. Fm Auss{chuß könne diese Regelung sofort be- sélossen und dann noch in dieser Tagung verabschiedet werden. Die Deutschnationale Partei sei immer für die Wartestands- beamten eingetreten und habe shon früher entshieden im Aus- cine Regelung der Rechte dex Wartestandsbeamten verlængt. Vorwürfe, die Dr. Frick in diesex Hinsicht erhoben habe, müsse die Partei sih“-verbitten. : f

Abg. Steinkopff (Soz.) weist ebenfalls die Vorwürfe des Abg. Frick zurück. Die Regierung hätte drei Fahre Zeit gehabt, die Frage zu vegeln. Heute sei die Situation eine andere. Man könne nicht sofort alle Fragen des Beamtenrechts jeßt regeln, deshalb solle die Frist für die Erhaltung “der wohlerworbenen Rechte vorläufig verlängert werden. Ein Vakuum dürfe nicht ein- treten. Die Fristverlängerung könnte noh heute beschlossen werden. Auf die Deutschnationalen könne man sich nit verlassen. Bei dem Nationalfeiertag gestern hätten sie auc erst erklärt, sie würden H Ausshußüberweisung zustimmen, hätten dann abex dagegen gestimmt. n

Der deutschnationale Antrag auf Ueberweisung an den Haushaltsausschuß wird abgelehnt. 4 Ju der zweiten Beratung wird dexr Abänderungsantrag JFrick abgelehnt und die Vorlage der Regierungsparteien uwerändert angenommen. Gegen die vom Präsidenten Löbe vorgeschlagene sofortige Vornahme der dritten Lesung erhebt Abg. Dr. Frick (Nat. Soz.) geshäftsordnungsmäßigen Wider- spruch; die dritte Lesung kann also erst in einer der nächsten Sitzungen erfolgen. /

Es folgt die exste Lesung eines Geseyentwurfs zur A us- nus des Viehseuchengeseÿes vom 26. Juni 1909 auf die Bienen, bei deren Begründung die Reichs- regierung u. a. darauf hinweist, daz eine Me Maßnahme besonders deswegen erforderlich ist, um in Württemberg eine \veitere Gefährdung dex dortigen Bienenzucht, die au für den hochentwickelten Obstbau von großer Bedeutung ist, zu ver- üten.

Abg. Hän se (Christl.-Nat. Bauern- u. Landvolkp.): Eine der am ersten noch wirksamen Maßnahmen zur Hebung der shwer daniederliegenden Bienenzucht ist die Bekämpfung der Bienen- feuchen. Wix begrüßen es daher, daß die Regierung in Fortführung der Absichten der leßten Reichsregierung diesen Geseßentwur] einbrahte. Die Bekämpfung der Bienenseuchen ist immer dring- liher und notwendiger geworden. Jm verflossenen Jahrzehnt haben diese, vor allem Faulbrut und Milbenseuche, eine geradezu verheerende Ausbreitung gewonnen und zur Dezimierung der Völker beigetragen. Shlimme Witterungs- und Trachtverhältnisse sowie Futtermangel, besonders mit hervorgerufen durch den Um- stand, daß die kargen Honigerträge keine Mittel übrig ließen, den noch durch Steuer verteuerten Futterzucker in der not- vendigen Menge kaufen zu können, hatten die Völker so ge- (chwäht, daß sie den Ansteckungsverhältnissen nicht genügend iderstand entgegenseßen konnten und in Massen Opfer der he wurden. Die üblen Folgen zeigen sich niht nux in steter unahme derx Einfuhr von Anglardshonig, in steigendem Ver- rauch von Kunsthonig, sondern auch in verstärkter Mang alis keit der pslanzenbefruhtenden Tätigkeit der Bienen. Der jährli Schaden wird von Biologen von Ruf au über 100 Millionen Mark geshägt. Wirksame Fürsorge für die Bienenzucht ist un- bedingt nötig. Die rein shematishe Anwendung des Viehseuchen- (lebes auf die Bienen würde allerdings zu großen Härten führen. ine Anzahl von Ländern, Bezirken und Kreisen hat die Bienen- seuhenbekämpfung selbständig geregelt, ohne strikte Bindungen an die Bestimmungen des Viehseucengesebes. Schwierig bleibt beim andauernden Daniederliegen der Bienenzucht überall die lh der Kostenfrage für Entschädigung vou vernichteten Völkern.

8. Sißung vom 11. Juli 1928. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungéverlit Präsident L ö be eröffnet die Sißung um 3 Uhr,

Auf der Tagesordnung steht zunächst der Einspruh" Abg. Strasser (Nat. Soz.) gegen seinen Ausschluß 1a Donnerstagsizung. Nach der Geschäftsordnung wird diesen Antrag ohne Besprechung entschieden. | Abg. Dr. Fri ck (Nat. Soz.) protestiert dagegen, di Begründung des Einspxuhs dem Reichstag vorenthalten Seine Partei habe die’ Begründung auf eigene Kosten ! lassen und im Reichstag verteilt. Auf Anordnung des Vit

Präsident Löb e erwidert, daß sih aus der Verteilu Begründung wiederholt Unzuträglichkeiten in dex Rit eben hätten, daß die gerügten Ausdrücke wiederholt und di

üge anheimgefallenen Ausdrücke auf Kosten des Reichst#! breitet wurden. Der Aeltestenrat habe deshalb {hon 1m" N e tien den Einspruch künftig niht mehr ! abzudrucken, jondern lediglich die Tatsache des Einspruhs zugeben. Dem habe si Pn Magen ange

Ein Annen Dr. Fri ck (Nat. Soz.), den insprid verlesen, wird a Pelehitt. Auch dex Einspruch des Abg. 1 gegen seinen Ausschluß verfällt der Ablehnuns 8 stimmen nux die Nationalsozialistéèn und dex größte Deutschnationalen untex uno des Grafen (Stürmische Pfuirufe b. d. Mehrh.) 20

Ein nationalsozialistisher Antrag, dex die Eins von dreizehn dent Yus thu gegen den Abg. Dr. G0

weckbmäßige Lösung der Kostenfrage, daneben aber auch die richtige uswvahl der Sachverständigen zux Beurteilung des Seuchenfalles Und dex zu treffenden Maßnahmen. l ahverständigen vorzugsweise aus den Kreisen der Jmkerschaft, wie man dies in Württemberg getan hat, nimmt. Es bleibt die orderung nah einem besonderen Reichsbienengesey bestehen. Die x7 vorgeschlagene Regelung ist eine erwünschte Behelfsmaßnahme. D ihr in der vorgeschlagenen Fassung die Zustimmung Die Vorlage wird in allen drei A angenommen. F n erster Beratung wird der Ge E über den p, Undshafts-, Handels- und Shi dea Frag mit dem Königreich Siam auf Antrag A Abg. Lejeune -Jung (D. Nat.) an den Handels- Vitischen Aus\huß überwiesen. & In allen drei chweden Vesteuerung o

verlangt, wird dem Ausschuß überwiesen. ind

Es folgt die exste des Entwurf? i) Strxafgeseyübuches, der shon den alten Reichs schäftigt hat und auf Grund eines Ueberleitungsge|[e## neuen Reichstag überwiesen war. | s

Abg. Dr. Alexander (Komm.) protestiert j Schaffung eines neuen vere tos Lde das die Stra n alten Geseybuches Kos verscharsen- wolle. Fu der M et Fälle wende sich die Strafjustiz gegen die Proletarier. ft wurf, dex noch vön der Regierung dex Großen Koalitio? il sei ein shlechter, ein reaktionärer Entwuxf. Man

exatun

ne Debatte angenommen.

E di ; ; H Ausust die Beratung des Berichts des Sozialpolitischen

*) Mit Ausnahme dex dur Sperrdruck ervorgehobe r, 4

rtlaute wiedergegebe es über Krisenunterstüyung und den von

für |

Voraus\ezung für die Wirksamkeit des neuen Geseßes bleibt eine

Wix wünschen, daß man die

fahrts- |

den Kommunisten eingebrachten Gesehentwurf über die Weitergeltung von Uebergangsbestimmun en in dec Arbeits- losenvexsichecung und in der Krisenunkeeitlguna (Fortdauer der alten Unterstüzungssägze).

Der Ausshuß beantragt, diesen Gesehentwurf ab- zulehnen und eine Entschließung anzunehmen, nach der die Krisenunterstüßung allgemein auf alle Fabrikarbeiter aus der Berufsgruppe „Lohnarbeit wechselnder Art“ auszudehnen ist, Anträgen auf weitere Einbeziehung neuer Berufêsgruppen alsbald stattzugeben is, soweit die Lage des Arbeitsmarktes es erfordert, bei weiterer Verschlehterung des Arbeitsmarktes die Krisenfürsorge auf sämtliche Becufsgruppen auszudehnen ist,

| ferner die Unterstüzungsdauer in der Krisenfürsorge allgemein

von 26 auf 39 Wochen zu verlängern ist, mit dex Maßgabe, daß sie für Arbeiter über vierzig Jahre um weitere dreizehn Wochen bis zur Gesamtdauer von 52, Wochen ausgedehnt werden kann, die Bedürstigkeitsprüfung neu zu regeln ist. Eine weitere Ausschußentschließung wünscht ‘eine Verlänge- rung dex Beschäftigung der Notstandsarbeiter.

Abg. Dr. Pfeffer (D. Vp.) stimmt der Vorlage im all- gemeinen zu, beantragt jedoch Streichung dexr Bestimmung, daß die Untetltiraungsdauer in der Krisenfürsorge von 26 auf 39 Wochen“verlängert werden solle. Eine Schematisiecung in dieser Angelegenheit müsse vermieden werden. Eine so all- gemeine Vorschrift würde dem Sinne des Geseßes widersprehen und auch finanziell niht unbedenkliche en für das Reich haben, die- man ohne Not nicht heraufbeshwören sollte,

Reichsarbeitsminister W isse kll: Meine Damen und Herren! Jch habe gestern im Auss{huß eine ausführliche Erklärung zu der Frage der Krisenunterstüßung abgegeben und habe auf Wunsch des Ausschusses diese meine Erklärung den Damen und Herren auth s{chriftlich zugehen lassen. Jch glaube, mich daher hier in der Vollversammlung kürzer fassen zu können.

Der Arbeitsmarkt hat sich im Laufe des Frühlings stark ge- bessert, und“ er erfährt auch jeßt noch von den verschiedensten Seiten wirksame Anregungen, so insbesondere vom Baugewerbe, das verhältnismäßig gut beschäftigt ist, und von der Landwirt- haft. Auf der anderen Seite allerdings steht die wirtschaftliche Konjunktur niht mehr auf der gleihen Höhe wie vor etwa einem Jahre, und die Beschäftigung in den verschiedenen Tetlen der Industrie ist recht unterschiedlih, keineswges einheitlich. Diese Lage des Arbeitsmarkts spiegelt sich auch in den Zahlen dex unter- stüßten Erwerbslosen wider. Diese Zahlen sind exfreuliherweise erheblich geringer, als sie noch im Winter waren; aber sie sind doch noch so hoch, daß wir wirklich allen Anlaß zu ernster Sorge haben.

Erfreulich ist, daß die Langunterstüßten keinen schr großen Bruchteil bei den Arbeitslosen bilden. Jch habe den aufrichtigen Wunsch, gerade diesen Langunterstüßten nah Möglichkeit zu helfen, und ih werde auch meine Entscheidungen in der Krisenunterstüßung vor allem unter diesem Gesichtspunkt der Hilfe für die älteren Arbeiter und Angestellten treffen. Auf der anderen Seite ih muß das besonders betonen bin ich natürlich an das Gesetz gebunden, und das Geseh verlangt für die Krisenunterstüßung eine „andauernd besonders ungünstige Arbeitsmarktlage“. Eine solche Arbeitsmarktlage ist heute shon in einzelnen Berufen und Be- zirken zweifellos gegeben. Hier muß dem Geseh entsprehend die Krisenunterstüßung eingeführt werden, soweit dies niht etwa schon geschehen ist. Dagegen kann man glücklicherweise nicht davon sprechen, daß. wir schon heute in allen Berufen und in allen Teilen des Reichs eine „andauernd besonders ungünstige Arbeits- marktlage“ vox uns haben: Sollte es dazu kommen, was ih nit hoffen möchte, so werde ih niht verfehlen, der . Ziffer A3 der Entschließung, die der Ausshuß angenommen hat, unverzüglich zu entsprechen.

Zu meiner Freude kann ih auch feststellen, daß sich auch im übrigen der Fnhalt dex Entschließungen in weitem Umfang mit dem dect, was nah meiner Auffassung und nah Auffassung der Reichsregierung für die Krisenunterstüßten zurzeit getan werden muß. Jh habe {hon im Ausschuß erklärt und wiederhole hier, daß ih bereit bin, Fabrikarbeiter, die gewohnheitsmäßig mit An- gehörigen der sechs generell für die Krisenunterstüßung zugelassenen Berufs8gruppen zusammenaxrbeiten, allgemein zur Krisenunter- stüßung zuzulassen, während bisher eine Entscheidung nux im einzelnen Fall möglih war.

Jch bin weitex bereit, Anträge auf Einbeziehung weiterer BVerufsgruppen in die Krisenunterstüßung weitherzig zu prüfen und ihnen stattzugeben, wenn sih zeigt, daß sie durh die Lage des Arbeitsmarktes in den einzelnen Berufen und Bezirken gereht- fertigt sind. Sollte sih dabei ergeben, daß die Lage einex Berufs- gruppe im ganzen Reich oder in einem Teile des Reichs die Ein- beziehung in die Krisenunterstüßung notwendig macht, so nehme ih auch in Aussicht, diese Berufsgruppe als Ganzes in die Krisen- unterstüßung aufzunehmen. Jh werde die Vorschriften übex die Prüfung der Bedürstigkeit, wie es die Ziffer A5 der Ent- \hließungen verlangt, einer Nahprüfung unterwerfen und Aende- rungen, die sih als notwendig erweisen, unbedingt herbeiführen.

Eine Frage von besonderer Bedeutung ist die Höchstdauer der Krisenunterstüßung, von der in Ziffer A4 der Entschließungen die Rede ist. Der Herr Reichskanzler hat das möchte ih noch einmal hervorheben® bereits in seiner Regierungserklärung an- gekündigt, daß die Reichsregierung die Dauer der Krisenunter- stüßung für die älteren Angestellten und Arbeiter über die gegen- wärtige Grenze hinaus zu „erweitern beabsihtige. Diese Er- klärung habe ih im Ausshuß näher dahin präzisiert, daß ih bereit bin, den älteren Angestellten in Härtefällen die: Krisenunter- stühung bis zur Höchstdaner von 52 Wochen zu gewähren. Diese Erklärung wird in die Entschließung unter A4 aufgenommen. Darüber hinaus wird die Reichsregierung aber ersucht, die Krisen- unterstühung ganz allgemein von 26 auf 89 Wochen zu verlängern. Ob das möglich sein wird, ist eine Frage, die ih zurzeit noh nicht übersehen kann. Es ist niht möglich gewesen, darüber eine Ent- sheidung der Reichsregierung herbeizuführen, zumal die Ent- shließungen ‘ja erst gestern im Auss{chuß angenommen ivurden. Jch muß daher der Reichsregierung die Entscheidung über Ziffer 4 der Entschließungen vorbehalten. Jh selbst bin aber sehr gern

Lesungen wird das Abkommen,mit | bereit, wenn es der Reichstag beschließen sollte, mih im Kabinett

ur Ausgleichung dex in- und ausländischen |

für die Durchführung dieser Entschließung einzusehen. Auf jeden Fall werde ich aber dafür sorgen, daß die Verlängerung der Unter- stüzungsdauer für die älteren Angestellten und Arbeiter auh dann

in Angriff genommen wird, wenn etwa die Verhandlungen über

Reichs- und Staatsanzeiger Nr. 161 vom 12. Juli 1928, S, 3,

die weitergehenden Wünsche des Ausschusses noch niht glei er- ledigt werden sollten.

Meine Damen und Herren, ich habe es begrüßt, daß der Sozialpolitishe Ausshuß auch die Frage der wertschaffenden Arbeitslosenfürsorge in seine Erörterungen einbezogen hat. Jh bin gern bereit, die Anregungen der Entschließung B mit dem Vorstand der Reichsanstalt zu erörtern. Der Herr Präsident der Reichsanstalt hat auf meine Anregung hin seinerseits bereits eine Anweisung an die Landesarbeitsämter ergehen lassen, die der Ziffer 2 dexr Entschließung B entspriht. Die Entschließung unter B3 steht in völliger Uebereinstimmung mit. der Politik, die das Reichsarbeitsministecium in diesen Fragen seit jeher betrieben hat. Diese Politik erfährt nunmehr dur die Entshließungen des Ausschusses eine sehr erwünshte Unterstühung. Die Ent- {ließungen zeigen meines Erachtens mit allex Deutlichkeit, daß der 9. Ausshuß den ganzen Ecnst dex Fragen zu würdigen weiß, die auf dem Gebiet dex Krisenunterstüßung zu lösen sind. Jch kann Jhnen, meine Damen und Herren, nux versichern, daß ih mit gleihem Ernst an diese überaus wihtigen Fragen herangehe, und es ist mir ein Bedürfnis, au all diesen Gruppen unserer notleidenden Volksgenossen, die Gegenstand der Entschließungett sind, wenn irgend möglich die Hilfe zu gewähren, die ihnen heute noch fehlt. (Bravo! bei den Sozialdemokraten.)

Abg. R@&del (Komm.) richtet zunächst Vorwürfe gegen den Abg. Aufhäuser (Sos,) wegen seiner „Wahrheitsliebe“ in Zeitungs- artikeln, wird aber vom Präsidenten Löbe darauf hingewiesen, daß er solche Vorwürfe gegen einen Abgeordneten nicht erheben dürfe. Als ex den Vorwurf der Verlogenheit wiederholt, wird ec gur Ordnung gerufen. Er verurteilt dann die „famose Arbeits losenversicherung“, die die Sozialdemokraten mitgemacht hätten. Die Handhabung des Gesetzes habe in den Händen des bisherigen Arbeitsministers Dr. Brauns gelegen, und diesen hätten die Sogial- demokraten gar zu gerne im Amte gehalten. Und der jebige sozialdemokratishe Minister Wissell sprehe auch davon, daß das Geseß ihm Fesseln anlege, daß nicht weiter gegangen werdem könne, als die Ausschußentshließzung es tue, und daß der koms munistische Antrag weit darüber hinausgehe. Wie stimme das

usammen mit den “sozialdemokratishen Verfprehungen im Wahl» ampf? Der kommunistische Antrag verlange nichts weiter, als daß die Arbeitslosen für die ganze Dauer der Arbeitslosigkeiß die Unterstüßung erhalten. Ueber eine halbe Million Arbeits loser sei ohne Unterstüßung (Widerspruch). Der Arbeitsministes wolle aber erst bei noch weiterer Verschlechterung des Arbeitss marktes eingreifen, Für die Unternehmer sei jeder Arbeits» lose ein Faulenger. Herr Aufhäuser wolle aber mit den Unters nehmern Sogialpolitik machen. Nach der Entschließung des Aus \{chusses soll der Minister neue Berufsgruppen erst einbeziehen, wenn die Lage des Arbeitsmarktes es erfordere, Der Arbcits- markt erfordere es schon jeßt. Die Unterstüßung aus- der Wohls fahrtsfürsorge sei feine Hilfe für die Arbeitslosen, sondern nur, ein Danaergeschenk, das zurüdcgezahlt werden müsse und die Familien in Schulden stürze. Stundenlang könnte man schildern, in welchem Elend sih die Arbeitslosen befänden, abex man lasse sie vor der Tür stehen und lerne deshalb ihre Lage nicht kennen. Einem Erwerbslosen sei die Unterstüßung entzogen worden, weil seine Frau 20 f Wochenlohn verdiene; es sei eine Familie mit Kindern. Ein Erwerbsloser bekomme 48 Pfg., weil seine Kinder Arbeit haben usw. Die Erwerbslosen würden den Sogials demokraten zeigen, daß sie niht wegen deren Koakitionspolitik hungern wollen. ¿ i:

Abg. Müller - Lichtenberg (Soz.) erwidert, daß auch die Sozialdemokraten die Ungleichheiten der Arbeitslosenunterstüßung fritifierten. Die Entschließung wolle ja die Unterstüßung auf. neue Berufsgruppen ausdehnen. Schon jeßt werde großeA Elend gemildert. Dey kommunistische Antrag, der nicht ans- genommen werden könne, diene nur dazu, die Verbesserungen zu vershleppen. (Fortgeseßter Lärm bei den Kommunisten, dert Präsident Löbe rügt und mit einem Ordungsruf straft.) Daß! Verbesserungen nötig seien, müsse anerkannt werden. Auch in Rußland werde Unterstüßung nur gewährt, wenn Bedürftigkeit vorliege. Von den vielen Millionen Arbeitslosen in Rußland würden nur 600000 unterstüßt. Abg. Neugebauer [Komm.} wird wegen fortgeseßter Störung zur Ordnung gerufen.) Jr Rußland (Ruf bei den Kommunisten: Deutschland! Deuisch- land! über alles!) bekämen die Unterstüßten nur 6 Rubel monat- lih. Jn derselben Zeit seien in Rußland 40 Millionen Rubel für die Erwerbslosen gezahlt worden, in Deutschland aber 800 Millionen Mark.

Abg. Aufhäuser (Soz.) betont gegenüber dem A Rädel (Komm.), er stehe nah wie vor auf dem Standpunkt, | die Arbeitslosenversicherung ein Werk der Sozialdemokratie p die vereinigten Kommunisten und Deutschnationalen sei. (Ge- lähter und Zurufe bei den Kommunisten.) Das Avbeitslosen- geseß sei das erste Geseß, das dew unerträglihen Zustand. der Erwerbslosenfürsorge Nt habe. (Erneute Unterbrehungen bei den Kommunisten.) Es bedeute eine wesentlihe Verbesserung gegenüber dem alten Zustand. Da die Kommunisten bei den Zustandekommen des Geseßes nicht mitgewirkt hätten, hätten fie heute auch kein Recht, es zu kritisiecren. Er wende sich entschieden gegen den Versuch, die jebt vorliegende elan A “zu Fall zu bringen und dadurch lediglih die Arbeiterschaft zu s{hädigen. Für den sichtbaren Kurswechsel in der Tebibertori Da ges bühre dem Reichsarbeitsminister Dank. (Widerspruch bei den Kommunisten.) Es sei Pflicht eines sogialdemokratishen Arbeits ministers, mit sofortiger Wirkung durch eine Verbesserung der Krisenfürsorge zu helfen. Sehr viele Wünsche der Kommunisten würden in der Entschließung erfüllt. Die Entschließung müsss sofort angenommen werden. Sie bietet die Gewähr dafür, daß noch vor Wiederzusammentriti des Reichstags diese dringliche Maßnahme beginnt, Die Sogialdemokratie, entschlossen zuu ozialen Tat, lehne es aber ab, die Not der Arbeits osen zw B eiginoiteil zu mißbrauchen. (Beifäll bei den Sozialdemo- fraten. Große Unruhe bei den Kommunisten.) j

Abg. Stöhr (Nat. Soz.) erklärt, die vorliegende Entks \{ließung reihe für den gedachten Zweck niht aus. Seine Freunde würden troßdem dem Ausschußantrag sowie den kom- munistishen Anträgen zustimmen, weil sie immerhin einige, Milderungen bringen. Entschieden wende er fsich gegen den volfs-

rteilihen Aenderungsantrag, der die Hilfe fast nublos mache.

ie Nationalsozialisten stellen die Forderung nach Brot für die Evrwerbstätigen in die erste Linie, erst dann dürfe man Gelder für das Ausland ausgeben. N

Abg. d e l (Komm.) erklärt, noch vor wenigen Tagen habe der „Vorwärts“ viel weitergehende Maßnahmen verlangt. Der Redner verliest aus dem Blatt einige Stellen, an denen sehr viel andere Töne angeschlagen worden seien.

Die Ausschußentshließung wird unter Ablehnung dev kommunistishen und volksparteilihen Abänderungsanträge angenommen. , :

Der Antrag der Wirtschaftspartei auf Aenderung der Verordnung über zollfreie Einfuhr von Gefxierfleisch wird ohne Debatte an den volkswirtschaftlichen Ausschuß über- wiesen. f

Damit ist die Tagesordnung erledigt.

Nächste Cikt di, Mee bing 2 Uhr: Lohnsteuersenkung, Amnestie, kleinere Vors)agen und Anträge.

Schluß 6 Uhr.